Der siebte Sünder: Ein Fall für Jacqueline Kirby - Band 1 - Elizabeth Peters - E-Book
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Der siebte Sünder: Ein Fall für Jacqueline Kirby - Band 1 E-Book

Elizabeth Peters

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Beschreibung

Ein Mord kommt selten allein: Der unterhaltsame Kriminalroman »Der siebte Sünder – Ein Fall für Jacqueline Kirby« von Elizabeth Peters als eBook bei dotbooks. Die perfekte Gelegenheit für einen Neuanfang: Schriftstellerin Jacqueline Kirby greift mit beiden Händen zu, als man ihr eine ruhige Bibliothekarsstelle an der römischen Universität anbietet. Jetzt ist Schluss mit ihrer Vorliebe dafür, ihre hübsche Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken! Jacquelines Vorsätze geraten jedoch kräftig ins Wanken, als sie sich mit einer Gruppe Studenten anfreundet – und kurze Zeit später einer von ihnen tot in den Katakomben Roms gefunden wird. Hat ihn seine verrückte Idee, ein Grab mit heiligen Reliquien zu suchen, etwa das Leben gekostet? Jacqueline ist sich sicher: ihre neuen Freunde schweben in Gefahr – höchste Zeit, dem Mörder eine Falle zu stellen! »Eine großartige Erzählerin!« Mary Higgins Clark »Niemand ist besser darin, mit brennenden Fackeln zu jonglieren, während sie auf einem hohen Drahtseil tanzt als Elizabeth Peters.« Chicago Tribune Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Krimi-Highlight »Der siebte Sünder – Ein Fall für Jacqueline Kirby« – Band 1 der erfolgreichen Krimireihe von Elizabeth Peters. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 298

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Über dieses Buch:

Die perfekte Gelegenheit für einen Neuanfang: Schriftstellerin Jacqueline Kirby greift mit beiden Händen zu, als man ihr eine ruhige Bibliothekarsstelle an der römischen Universität anbietet. Jetzt ist Schluss mit ihrer Vorliebe dafür, ihre hübsche Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken! Jacquelines Vorsätze geraten jedoch kräftig ins Wanken, als sie sich mit einer Gruppe Studenten anfreundet – und kurze Zeit später einer von ihnen tot in den Katakomben Roms gefunden wird. Hat ihn seine verrückte Idee, ein Grab mit heiligen Reliquien zu suchen, etwa das Leben gekostet? Jacqueline ist sich sicher: ihre neuen Freunde schweben in Gefahr – höchste Zeit, dem Mörder eine Falle zu stellen!

»Eine großartige Erzählerin!« Mary Higgins Clark

»Niemand ist besser darin, mit brennenden Fackeln zu jonglieren, während sie auf einem hohen Drahtseil tanzt als Elizabeth Peters.« Chicago Tribune

Über die Autorin:

Hinter der US-amerikanischen Bestsellerautorin Elizabeth Peters steht Barbara Louise Gross Mertz (1927–2013), die auch unter dem Pseudonym Barbara Michaels erfolgreich Krimis und Thriller schrieb. Die Autorin promovierte an der University of Chicago in Ägyptologie. So haben auch ihre über 20 Kriminalromane, für die sie zahlreiche Preise gewann, meist einen historischen Hintergrund.

Die Kriminalromanreihe um Jacqueline Kirby bei dotbooks umfasst: »Der siebte Sünder: Ein Fall für Jacqueline Kirby – Band 1« »Der letzte Maskenball: Ein Fall für Jacqueline Kirby – Band 2« »Ein preisgekrönter Mord: Ein Fall für Jacqueline Kirby – Band 3« »Ein todsicherer Bestseller: Ein Fall für Jacqueline Kirby – Band 4«

Ebenfalls bei dotbooks erscheint ihre Krimireihe um die abgebrühte Meisterdetektivin Vicky Bliss: »Vicky Bliss und der geheimnisvolle Schrein – Der erste Fall« »Vicky Bliss und die Straße der fünf Monde – Der zweite Fall« »Vicky Bliss und der blutrote Schatten – Der dritte Fall« »Vicky Bliss und der versunkene Schatz – Der vierte Fall« »Vicky Bliss und die Hand des Pharaos – Der fünfte Fall«

***

eBook-Neuausgabe Februar 2019

Dieses Buch erschien bereits 1973 unter dem Titel »Das Geheimnis der Sieben« bei Heyne und 1999 unter dem Titel »Der siebente Sünder« bei Econ & List.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1972 by Elizabeth Peters

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1972 unter dem Titel »The Seventh Sinner« bei Warner Books Inc., N.Y.

Copyright © der deutschen Ausgabe 1973 by Heyne Verlag, München

Copyright © der Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München

Published by Arrangement with BARBARA G. MERTZ REVOCABLE TRUST

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Bildmotiven von shutterstock/bluehand, Rashad Ashur, Romas Photo und aikikuis

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96148-442-3

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

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***

Besuchen Sie uns im Internet:

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blog.dotbooks.de/

Elizabeth Peters

Der siebte Sünder

Ein Fall für Jacqueline Kirby

Aus dem Amerikanischen von Beate Darius

dotbooks.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Lesetipps

Für Theron

Mit Dank für die vielen Jahre konstruktiver Kritik und Unterstützung, ganz besonders hinsichtlich der Patenschaft über dieses Buch.

Kapitel 1

Ihre erste Begegnung mit Jacqueline Kirby würde Jean niemals vergessen. Noch Jahre später trieb ihr der Gedanke an diese Episode die Schamesröte ins Gesicht. Eine Bekanntschaft, die mit einem – zugegebenermaßen unbeabsichtigten – tätlichen Angriff und Körperverletzung ihren Anfang nimmt, steht nicht unbedingt unter günstigen Vorzeichen.

In gewisser Weise war Jeans Verhalten allerdings entschuldbar. Den ganzen Morgen hatte sie in der Institutsbibliothek gearbeitet – oder es zumindest versucht. Aber sie wurde abgelenkt. Die Sphärenklänge der Stadt lagen allgegenwärtig über den staubigen Bücherregalen. Paris im April ist phantastisch, doch der Mai in Rom hat eine Faszination, die die Ziele der ehrgeizigsten Studenten ins Wanken bringt. Die Stadt Michelangelos und die Dolce vita, der Vatikan und die Cäsaren – was auch immer es ist, Rom bietet die Erfüllung aller Wünsche. Jeans Forschungsstipendium an einer der weltweit renommiertesten Einrichtungen für Kunst und Archäologie geriet in den Hintergrund angesichts eines Frühlingsmorgens in Rom, und die Motivation zur Pflichterfüllung war weniger ausgeprägt als Odysseus' Widerstand gegenüber dem Gesang der Sirenen.

Michael war ein weiterer Ablenkungsgrund; wenn auch nicht so überwältigend wie die Stadt, befand er sich doch in unmittelbarer Nähe. Auch er hätte arbeiten sollen, vernachlässigte sein Studium jedoch ebenso wie sein ungepflegtes, schulterlanges Haar. Ziellos schlenderte er entlang der Regale, beobachtete Jean durch die zwischen den Buchreihen entstandenen Lücken und stellte ihr nach, sobald sie sich in einer dunklen Ecke aufhielt.

Aufgebracht und verwirrt aufgrund dieser Annäherungsversuche, mußte sich Jean eingestehen, daß sie sie beileibe nicht so konsequent zurückwies, wie sie das eigentlich hätte tun sollen. Wenn sie sich in ihr Büro zurückzog und die Tür verschloß, würde Michael sie in Ruhe lassen. Die kleinen, fensterlosen Räume, die den Stipendiaten zur Verfügung standen, waren spartanisch eingerichtet und verfügten lediglich über einen Schreibtisch, einen Stuhl und einige Bücherregale. War die Tür geschlossen, wollte man nicht gestört werden. Lediglich ein Großbrand oder ein politischer Umsturz hätten ein Klopfen gerechtfertigt.

Während sie unschlüssig vor ihrer Bürotür verharrte, gesellte sich Michael erneut zu ihr. Als sein Arm ihre Taille umschlang, war Jeans Konzentration schlagartig wiederhergestellt. Dann allerdings mußte sie feststellen, daß ihr Körper Bereitwilligkeit signalisierte. Sie entzog sich ihm. Es hätte ihr gerade noch gefehlt, in inniger Umarmung von einem der Mitglieder des Komitees erwischt zu werden, das in zwei Wochen über eine weitere Verlängerung der Stipendienfonds für die Studenten entschied.

»In Ordnung«, zischte sie wütend. »Ich gebe auf ... Nein, verflucht, so habe ich das nicht gemeint! Ich meine, laß uns von hier verschwinden.«

Jean war sich nie ganz sicher, wer von ihnen beiden für den unglücklichen Zwischenfall verantwortlich zeichnete. Die Hallen des Instituts waren beeindruckende Fluchten aus blankpoliertem Marmor. Als Jean aus der Bibliothek trat, fiel ihr Blick auf den verlassenen Flur – ein langer, schneeweißer Parcours gähnender Leere, glänzend wie Eis und genauso spiegelglatt. Sie rannte los, und Michael nahm begeistert die Verfolgung auf.

Gemeinsam stürmten sie um die Ecke. Für Sekundenbruchteile nahm Jean ein Gesicht mit fassungslos offenstehendem Mund wahr, einen unterdrückten Schrei, einen dumpfen Aufprall, und dann befand sie sich auch schon in einem Gewirr aus rudernden Armen und Beinen. Ihr und Michael gelang es irgendwie, sich wieder aufzurichten, und sie starrten auf eine reglos am Boden liegende Gestalt.

»Heiliger Herrgott«, entfuhr es Michael. »Ist sie tot?«

Die gestürzte Frau wirkte nicht mehr sonderlich lebensbejahend. Im Verlauf der vorangegangenen Wochen hatte Jean sie wiederholt in der Bibliothek gesehen und sie desinteressiert als zeitweilige Besucherin eingestuft – irgendeine Dozentin oder Wissenschaftlerin. Gewöhnlich trug sie schlichte Schneiderkostüme und eine Hornbrille, und ihr Haar war zu einem strengen Knoten hochgesteckt.

In ihrer derzeitigen, mißlichen Lage sah sie vollkommen verändert aus. Der Inhalt einer riesigen Handtasche breitete sich, vergleichbar mit den Folgen eines mittleren Erdbebens, in großzügigem Radius auf dem Boden um die Frau herum aus. Der sittsame, knielange Rock war hochgerutscht und entblößte Beine, die Michael einen bewundernden Pfiff entlockten. Das einfallende Sonnenlicht glitt über den Kopf und die Schultern der Frau und lenkte die Aufmerksamkeit auf ein blasses, ernstes Gesicht – hohe Wangenknochen, energisches Kinn, wohlgeformte Lippen wie die einer klassischen griechischen Statue. Ihr Haar war bemerkenswert. Aufgrund des Sturzes hatte es sich gelöst und umrahmte ihr friedliches Gesicht wie geschmolzene Bronze.

»Haben wir sie umgebracht?« wollte Michael wissen.

»Sei nicht albern ... Ich hoffe nicht!«

Ohne jede Vorwarnung schlug sie plötzlich die Augen auf. Sie waren von einem klaren stechenden Grün, einer für Menschen ungewöhnlichen Augenfarbe. Durchschimmernd wie Meerwasser fixierten sie Jean mit dem Ausdruck konzentrierter Feindseligkeit, der im Gegensatz zu ihren entspannten Gesichtszügen höchste Alarmstufe signalisierte.

Die zusammengepreßten Lippen der Frau öffneten sich.

»O Gott, hier etwa auch?« stöhnte eine mitleiderregende Stimme. Jean, die eine Gehirnerschütterung in Erwägung gezogen hatte, korrigierte ihre Diagnose. Ein eindeutiger Fall von einem leichten Dachschaden. Rasch kniete sie sich neben die Frau. »Versuchen Sie, nicht zu sprechen«, sagte sie aufgebracht. »Bewegen Sie sich nicht. Haben Sie sich verletzt? Haben Sie –«

»Ob ich mich verletzt habe?« Die feindseligen grünen Augen musterten Michael, der unbehaglich von einem Fuß auf den anderen trat. »Ich habe gar nicht die Absicht, mich zu bewegen. Für den Rest des Tages werde ich hier liegenbleiben. Das scheint mir der sicherste Ort zu sein. Sofern Sie keine hilflosen Opfer niedertrampeln.«

Jean ließ sich auf ihre Fersen zurücksinken. »Ich denke, Ihnen fehlt nichts.«

»Mit mir ist alles in Ordnung. Es geht mir zwar nicht berauschend, aber es könnte schlimmer sein ... So wie jetzt rede ich eigentlich immer. Wer sind Sie?«

»Jean Suttman, Michael Casey«, erwiderte Michael. »Möchten Sie, daß ich Ihnen aufhelfe?«

»Nein«, entgegnete sein Opfer entschieden.

Michael setzte sich auf den Boden. »Und wer sind Sie?« fragte er höflich.

»Jacqueline Kirby.«

»Angenehm.«

»Wie man's nimmt.«

Jean blickte von Michael, der wie ein indischer Fakir im Schneidersitz hockte, zu Jacqueline, die nach wie vor am Boden lag und den Eindruck erweckte, diese Haltung auf unbestimmte Zeit beizubehalten. Sie fing an zu lachen. Als die beiden anderen sie mißfällig betrachteten, erheiterte deren säuerlicher Gesichtsausdruck sie nur noch mehr. Nachdem sie sich schließlich beruhigt hatte, sagte Jacqueline in strengem Ton: »Wenn Sie jetzt fertig sind, können Sie meine Habseligkeiten zusammensuchen.«

»Selbstverständlich«, erwiderte Jean und fügte vorsichtig hinzu: »Würde es Ihnen etwas ausmachen aufzustehen, Miss ... Mrs .... Doktor ...?«

»In Anbetracht des ungezwungenen Charakters unserer Begegnung können Sie mich ruhig Jacqueline nennen. Warum wollen Sie eigentlich, daß ich aufstehe? Ich empfinde meine derzeitige Situation als überaus angenehm.«

»Es geht ihr weniger darum, wie Sie sich fühlen«, erklärte Michael sachlich. »Vermutlich möchte sie die Spuren des Verbrechens beseitigen, bevor einer der Fellows vorbeirauscht. Das Komitee setzt sich bereits in Kürze zusammen, um darüber zu entscheiden, wer von uns ein weiteres Jahr hier studieren darf«

»Ach wirklich«, sagte Jacqueline nachdenklich.

Jean hielt mitten in ihrer Suche nach Puderdose, Kugelschreibern, Postkarten und einer kleinen Flasche, die Crème de Menthe zu enthalten schien, inne.

»›Ach wirklich‹ klingt irgendwie nach Erpressung«, meinte sie. »Sie würden doch nicht ... Oder etwa doch?«

»Schätzungsweise eher nicht«, erwiderte Jacqueline mit Bedauern. »Also gut. Würden Sie mir bitte aufhelfen, Michael?«

Nach einem letzten anerkennenden Blick auf Jacquelines wohlgeformte Knie gehorchte Michael. Jacqueline war dieser Blick nicht entgangen; sanft entzog sie sich Michael, der willkürlich an ihr zerrte, und bemerkte: »Danke. Für alles ... Die Vorstellung ist beendet. Ich werde mich wieder in mein Alter ego zurückverwandeln.«

Sie griff in ihr Haar und schlang es erneut zu einem Knoten zusammen.

»Warum tun Sie das?« wollte Michael wissen. »Tragen Sie es doch einfach offen. Sie haben wunderschönes Haar, Madam.«

»Ich weiß«, entgegnete Jacqueline kühl. »Aber es paßt nicht zu meinem derzeitigen Erscheinungsbild. Jean, haben Sie meine Haarnadeln gefunden?«

»Hier.«

Scheinbar willkürlich rammte Jacqueline sie in ihren Knoten, dennoch hatte die Frisur tadellosen Sitz. Jean sprang auf und reichte ihr die Tasche.

»Sie haben die Schachtel Heftpflaster vergessen«, sagte Jacqueline. »Hinter der Topfpflanze. Und das da unter der Büste des Aristoteles ist mein Stein.«

»Ihr Stein«, wiederholte Jean verständnislos. Sie sammelte besagten Gegenstand, das Heftpflaster und außerdem noch einen Augenbrauenstift ein und mußte der Versuchung widerstehen, Jacqueline zu fragen, ob sie nicht auch gleich Aristoteles dazupacken sollte. Die stechenden, auf sie fixierten grünen Augen nahmen ihr jedoch jeglichen Mut. Aber als sie ihr die Tasche überreichte, konnte sie sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Bislang hielt ich die Männer für ungerecht, die sich über Frauenhandtaschen lustig machten.«

»Ich habe gern alles griffbereit.« Mit zusammengekniffenen Augen spähte Jacqueline in die Tiefen ihrer Tasche. »Ich glaube nicht, daß Sie alles eingesammelt haben, Jean. Ich sehe weder die Taschenlampe noch die Flasche –«

»Vielleicht sollten Sie Ihre Brille aufsetzen«, schlug Jean vor und reichte sie ihr.

»Trage ich sie denn nicht? Ach nein, tatsächlich nicht. Vielen Dank.«

Jacqueline setzte ihre Brille auf, und Jean starrte sie an. Die Verwandlung war perfekt. Die Brille, die strenge Frisur, die schlichte Garderobe – eine gebildete Dame mittleren Alters wühlte in ihrer vollgestopften Handtasche, während sie damenhaft schickliche Begriffe wie »verflucht« und »zum Teufel« murmelte.

»He«, meinte Michael grinsend. »Ich denke, wir haben eine Freundin gefunden, Jean. Kommen Sie, Jacqueline. Wir spendieren Ihnen einen Drink zur Nervenstärkung.«

»Warum nehmen Sie nicht einfach einen Schluck davon?« schlug Jean vor, als Jacqueline mit einem Seufzer der Erleichterung die winzige grüne Flasche aus den Tiefen ihrer Handtasche hervorkramte.

Jacqueline starrte sie an. »Davon? Das ist für meine Katze.«

»Natürlich«, sagte Michael. »Zweifellos ein Aphrodisiakum für Katzen. Oder verwandelt es die Katze bei Mondlicht in eine Frau?«

»Eine kleine alte Dame in Trastevere stellt das her«, erklärte Jacqueline. »Aber eigentlich gehört die Katze nicht mir. Sie –«

»Sie gehören ihr. Ganz klar.« Entschlossen zog Michael sie am Ellbogen. »Kommen Sie mit, Jacqueline. Sie können eine Stärkung vertragen. Ich weiß zwar nicht genau, was, aber ein Espresso kann nie schaden.«

»Bei Gino's?« meinte Jean verunsichert. »Michael, meinst du, daß die anderen –«

»Ich möchte mich nicht aufdrängen«, bemerkte Jacqueline spröde.

Korrekt gekleidet und mit Brille strahlte sie die würdevolle Zurückhaltung aus, die Jean mit altjüngferlichen Tanten und Lateinlehrerinnen in Verbindung brachte. Jean fand sie furchteinflößend, hatte sie doch eine völlig veränderte Person vor sich als die grünäugige, auf den Marmorboden des Instituts gestürzte Hexe. Michael blieb unbeeindruckt. Seine Umklammerung von Jacquelines Arm wurde lediglich fester, als er sagte: »Die anderen werden begeistert sein.«

Jean war immer wieder fasziniert von dem Gegensatz zwischen Institutsgelände und der um seine Mauern verlaufenden Straße. Das Institut war in einer der repräsentativen alten Villen in der Nähe des Tibers untergebracht und von wunderschönen Parkanlagen umgeben. Pinien und Zypressen bildeten einen dunklen Kontrast zu farbenprächtigen Azaleen, Bougainvillea und Oleander und spendeten den weißen, ringsum stehenden Bänken ihren kühlenden Schatten.

Die elegante Villa hob sich vornehm von den sie umgebenden Bürgerhäusern und von der lauten, belebten Straße ab. Aufdringlich warben die Geschäfte für die von ihnen feilgebotenen Waren, und das dunkle, abbröckelnde Mauerwerk trug noch die Spuren der einstigen Herrschaft. Es waren unauffällige Hinweise, die häufig mit schmutzigen Papierfetzen überklebt waren, doch Jean würde niemals das unbeschreibliche Gefühl vergessen, als sie zum ersten Mal die schwarzen, in Stein gehauenen Lettern bemerkte, die auf Roms Größe vor zweitausend Jahren hindeuteten. S. P. Q R. – Senatus Populusque Romanus. Der Senat und das römische Volk. Trotz der zunehmenden Korruptheit und Funktionsuntüchtigkeit dieses symbolträchtigen Begriffs stand er doch immer noch für die erste mächtige Republik.

Gino's Café war klein und hatte eine offene Fensterfront mit einigen wackligen Tischen und Stühlen auf dem Bürgersteig. Gegenüber den anderen in dieser Gegend besaß es nur einen Vorteil – die Aussicht. Auf der Spitze eines Hügels gelegen, bot es seinen Gästen den Blick über Baumkronen und Dächer bis hin zum wolkenverhangenen Petersdom. In der anderen Richtung genoß man an klaren Tagen die Aussicht über die Altstadt. Solche Tage waren allerdings selten, da die Automobilabgase die Stadt der Cäsaren meist in eine diesige Nebelwolke hüllten.

Als sie den Hügel hinaufschlenderten, stellte Jean fest, daß drei ihrer Freunde bereits im Café eingetroffen waren. Mittlerweile waren ihr diese Gesichter so vertraut, daß sie gar nicht mehr genau hinschaute. Doch im Beisein einer Fremden sah sie sie heute mit anderen Augen und wesentlich kritischer. Sie hatte das Gefühl, sich Jacquelines Brille ausgeliehen und damit deren Einschätzung übernommen zu haben.

Ein Mitglied der Gruppe wirkte wenig originell; in Rom wimmelt es von Priestern sämtlicher Glaubensrichtungen, Nationen und Rangordnungen. Padre Ximenez trug die lange schwarze Kutte, die ihm sein Orden während seines Romaufenthalts vorschrieb. Auf Außenstehende, dachte Jean und bemerkte schlagartig, was sie seit Beginn ihrer Freundschaft unbewußt verdrängt hatte, mußte Josés dunkle mediterrane Ausstrahlung vermutlich überaus anziehend wirken.

Die Scovilles waren Bruder und Schwester, allerdings schien es auf die Entfernung hin fast unmöglich, sie zu unterscheiden. Die Ähnlichkeit war phänomenal; größtenteils resultierte sie aus der gängigen Mode. Ann trug die gleiche ausgebleichte Jeans und ein ähnliches Oberhemd wie ihr Bruder. Die rotgoldene Mähne der Scovilles ähnelte den Frisuren bekannter Persönlichkeiten wie Struwwelpeter oder Art Garfunkel. Ihre Frisur war identisch, außer daß Andys Haar eine Idee länger war als das seiner Schwester und sein Gesicht wie einen Heiligenschein umgab. Ansonsten boten Andys Gesichtszüge keine weiteren Anzeichen auf einen Heiligen; schwierig, sich einen Heiligen mit Sommersprossen vorzustellen, und Andys blaue Augen besaßen ein Funkeln, das man eher der gegenläufigen Überzeugung zugesprochen hätte. Neben ihm wirkte seine Schwester fade und unauffällig.

Michael war in eine seiner nachdenklichen Stimmungen verfallen. Er ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen, kramte einen Skizzenblock hervor, den er immer bei sich trug, und überließ Jean die Erklärungen für Jacquelines Anwesenheit. Andy fand die Geschichte höchst amüsant. Er brach in schallendes Gelächter' aus, das allerdings abrupt endete, als er Jacquelines stechenden Blick bemerkte.

»Es tut mir leid«, murmelte er wenig überzeugend. »Sicherlich war das alles andere als lustig.«

»O doch, das war es«, meinte Jacqueline sanft. »Sofern Sie, verflucht noch mal, ein Fan von Tortenschlachten sind ... Wissen Sie, ich bin nicht aus freien Stücken hier. Man hat mich überrumpelt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich hier sein will. Was für eine Gruppe stellen Sie eigentlich dar? Eine Keimzelle der internationalen Verschwörung? Eine Gesellschaft für die Verhinderung von irgendwas?«

Die Reaktionen der drei, die zum ersten Mal mit Jacquelines spitzer Zunge konfrontiert wurden, waren ebenso unterschiedlich wie ihre Persönlichkeiten. Ann wirkte verunsichert. Sie war ein ruhiger, schüchterner Typ, der Kontroversen verabscheute. José grinste. Andy, der einen ebenbürtigen Gegner witterte, entspannte.

»Wenn überhaupt, dann sind wir eine Gesellschaft zur Ermutigung und nicht zur Verhinderung von irgendwas. Wir sind nur ein Teil der Gruppe. Unser Motto –«

»Halt den Mund!«, herrschte ihn Jean an. Sie blickte zu Jacqueline. »Wir haben uns angewöhnt, uns hier jeden Morgen zum Kaffee zu treffen. Vier von uns sind Stipendiaten. Das Institut bewilligt diese Stipendien für einen einjährigen Studienaufenthalt in Rom –«

»Ich bin mir dieser Funktion des Instituts sehr wohl bewußt.«

»Nun, wir vier haben ein Stipendium für dieses Jahr erhalten. José studiert Buntglasdesign bei einem der Künstler am Institut, und die beiden anderen Mitglieder unserer Truppe sind ebenfalls ausländische Studenten, die teilweise die Institutsbibliothek nutzen«, erklärte Jean.

»Also insgesamt sieben«, stellte Jacqueline fest.

»Es hat sich einfach so ergeben. Eigentlich sind wir kein Geheimbund.«

»Das denkt sie«, mischte sich Andy todernst ein, »aber sie verkennt die Numerologie – ihre tiefere Bedeutung. Wir wurden zusammengeführt. Es liegt ein Sinn in unserem Hiersein, daß wir uns aus allen Ecken der Welt in der Ewigen Stadt zusammengefunden haben.«

»Hmhm«, meinte Jacqueline. Sie schob ihren Stuhl zurück, um Andy genauer zu betrachten. Ohne von seinem Skizzenblock aufzusehen, hielt Michael ihren Stuhl fest. Als ihm Jacqueline einen verwirrten Blick zuwarf, beruhigte sie Jean: »Machen Sie sich nichts draus. Wenn er sprechen könnte, würde er Ihnen erklären, daß er Sie gerade zeichnet und Sie sich deshalb nicht bewegen dürfen.«

»Aber er kann sprechen, das habe ich doch mit meinen eigenen Ohren gehört. Warum –«

»Er ist Künstler«, erwiderte Andy. Michael, der seine Skizze nicht aus den Augen ließ, entfuhr ein leises Knurren, als Andy fortfuhr: »Maler, um genau zu sein. Die sind echt ausgeflippt, diese Kunsttypen ... In Ordnung, Michelangelo, aber irgendeine Bezeichnung muß ich dir schließlich verpassen. Würde dir ›Bohemien‹ eher zusagen? Nein, ich glaube nicht ... Wie auch immer, meine eigene Schwester gehört auch dazu. Sie ist Bildhauerin. Und nennen Sie sie bloß nicht Bildhauer, wenn Sie an Ihrem Leben hängen. Man sollte gar nicht glauben, daß Menschen, die mit den Händen arbeiten, solche Wortklaubereien betreiben, was?«

»Das macht schließlich jeder«, sagte Jacqueline. Sie lächelte Ann zu, die ihr Lächeln zwar vorsichtig erwiderte, jedoch weiterhin schwieg. »Dann repräsentieren Michael und Ann also die ›Kunst‹ des Instituts für Kunst und Archäologie. Und Sie und Jean sind die Archäologen, Andy?«

»Das Institut diskriminiert die Archäologen«, entgegnete Andy. »Jean verkörpert die Kompromißlösung. Kunsthistorikerin.«

»Darauf läuft es schließlich hinaus«, meinte Jean in ernstem Ton. »Sie versuchen, ein gewisses Gleichgewicht zu erzielen.«

»Sie ist in mehrfacher Hinsicht ein Kompromiß.« José grinste Jean an. »Sie versucht, Frieden unter uns zu stiften. Das ist nicht immer leicht.«

»Das glaube ich Ihnen.« Jacquelines smaragdgrüne Augen musterten ihn, was er entspannt lächelnd zur Kenntnis nahm. Ihr Blick schweifte zu Michael. Jacquelines Gesichtsausdruck blieb unverändert, doch Jean konnte nicht anders, als sich zu fragen, was sie wohl von diesem jungen Exzentriker hielt. Er wirkte so ästhetisch wie ein Raufbold. Mit Ausnahme seines wohlgeformten Mundes – der sicherlich nur einem scharfen Beobachter auffiel – waren seine Gesichtszüge grob und ungeschlacht. Seine großen Hände mit den dicken schwieligen Fingern hätten, gemessen an den Prinzipien der Handlesekunst, eher zu einem Bauern als zu einem bildenden Künstler gepaßt. Seine breiten Schultern, die er gelegentlich einzog, ließen ihn kleiner als seine knapp 1,80 Meter wirken. Sein Hemd ähnelte dem bei jungen Amerikanern beliebten Batiklook, doch Michaels schreiend bunte Version war ein Zufallsprodukt seiner im Laufe des Jahres verwendeten Farbpaletten. Er trug das Hemd offen, nicht etwa bis zur Taille, sondern eher bis zu den Hüften, wo der Gürtel seiner verwaschenen Jeans Halt gefunden zu haben schien.

Über ihre Schulter hinweg spähte Jacqueline zum Eingang des Cafés, der dunkel und abstoßend wie der Schlund einer Höhle aufklaffte. Im Inneren bemerkte sie kein Lebenszeichen.

»Wo bleibt denn Ihr genialer Kellner?« wollte sie wissen. »Ich könnte einen Kaffee vertragen.«

Das abrupte Gelächter der anderen veranlaßte sie zu einem Stirnrunzeln.

»›Genial‹ ist das treffende Wort!«, rief Andy, der selbsternannte Sprecher der Gruppe, belustigt. »Gino haßt uns. Ich würde es am liebsten unter Fremdenfeindlichkeit verbuchen, aber ich glaube, er kann uns persönlich nicht ausstehen.«

»Deshalb läßt er Sie warten«, sagte Jacqueline gedankenverloren. Dann drehte sie sich schlagartig um und brüllte in einer Lautstärke, die noch einen Straßenzug weiter hörbar war: »Senta!«

Alle außer Michael, der viel zu sehr in Gedanken versunken war, zuckten zusammen. Wie ein heraufbeschworener dienstbarer Geist tauchte Gino im Türrahmen auf. Seine dichten schwarzen Brauen waren zu einem bedrohlichen Stirnrunzeln zusammengezogen, seine aufgedunsenen, unrasierten Wangen gerötet. Die weiße Schürze vor seinem Bauch war mit Kaffee-, Wein- und anderen undefinierbaren Flecken übersät. Jean beschlich der Verdacht, daß ihn reine Neugier und nicht etwa Arbeitseifer ins Freie getrieben hatte, aber niemand hinterfragte seine Motive.

»Un cappuccino, per favore«, erklärte Jacqueline mit dunklem Timbre in der Stimme. Die anderen nutzten Ginos sprachlose Wut aus, um ihre Bestellungen aufzugeben, und schließlich verschwand der Kellner mit finsterem Blick.

»Magnifico«, meinte José bewundernd. »Wo haben Sie das denn gelernt?«

»Zehn Jahre lang war ich als lauteste Mutter im ganzen Viertel bekannt«, bemerkte Jacqueline selbstgefällig. »Meine Kinder kamen schon freiwillig eine halbe Stunde eher nach Hause, damit ich meine berühmt-berüchtigte Stimme nicht einsetzen mußte.«

»Wie viele Kinder haben Sie?« fragte Jean.

»Zwei.«

»Nun? Wollen Sie uns nicht deren Fotos zeigen?« fragte Andy mit einem Blick auf die voluminöse Handtasche zu Jacquelines Füßen. Der unförmige weiße Sack hatte eine entsetzliche Ähnlichkeit mit der Ledertasche, die in M. R. James' schaurigsten Gespenstergeschichten ein grauenvolles Eigenleben führte; Jean rechnete jeden Augenblick damit, daß die Tasche winzige Tentakel ausstreckte, um sich der Fußgelenke der Anwesenden zu bemächtigen.

»Nein. Ich habe auch nicht vor, über die beiden zu reden.«

»Warum nicht?«

»Weil ich«, Jacqueline seufzte, »zwanzig Jahre lang von und mit ihnen geredet habe. Dies ist der erste Sommer, den sie allein verbringen. Ich denke, sie haben meine Erziehung recht gut überstanden, aber ich will nicht über sie sprechen. Wechseln wir das Thema. Wo sind die anderen Mitglieder Ihrer geheimen Verbindung?«

Andy deutete eine dramatische Geste an. »Friede, lasset ab, seht, daß sie kommen«, zitierte er unkorrekt.

Jean schoß durch den Kopf, daß sie diesen Hügel nie wieder so unbefangen hinaufschlendern würde. Für einen kritischen Beobachter war das Café ein günstiger Aussichtspunkt.

Klein, schmächtig und ernst, wirkte Ted mit seiner dicken Brille und dem kurzen Bürstenhaarschnitt wie ein Sechzehnjähriger. Doch die lange weiße Narbe auf seinem Oberarm war das Resultat einer Bajonettverwundung aus dem Sechstagekrieg, und in akademischen Kreisen galt er bereits als Fachmann für Felsengräber. Er war in Israel geboren und folglich ein echter Sabre; sein Vater, ein hochrangiger Regierungsbeamter und einer der Kriegshelden von 1948, lebte in Tel Aviv. Das war alles, was sie über Teds familiären Hintergrund wußten; er redete das Blaue vom Himmel herunter, aber nie über sich selbst.

Für Dana hingegen gab es kaum ein anderes Thema. Nachdem sie sich der Gruppe angeschlossen hatte, erfuhren die anderen in den ersten Wochen so viel über Jagden, Personal und Rasentennis, daß sie mißtrauisch wurden. Schließlich äußerte Andy einen sarkastischen Kommentar hinsichtlich der Oberschicht, und Dana verstand den Wink. Wenn sie sich vergaß, erinnerte ihr Akzent stark an die Beatles – ein waschechter Liverpooler Dialekt, was, wie Jean vermutete, Danas wirkliche Kinderstube verriet.

Irgend jemand hatte Jean gegenüber einmal bemerkt, daß sie und Dana wie Schwestern aussähen: glattes braunes Haar, dunkle Augen, rundliches Gesicht, Stupsnase. Sie hatten in etwa die gleiche Größe von 1,65 Meter, doch Dana wog knapp 10 Pfund mehr als Jean mit ihren 53 Kilogramm. Das hätte ein Pluspunkt für Jean sein können; sie nahm sehr leicht zu und lag im ständigen Kampf mit der italienischen Pasta, einem der für Studenten erschwinglichen Hauptnahrungsmittel. Dennoch mußte sie zugeben, daß Danas Übergewicht an den richtigen Stellen saß.

Während Jean diese Gedanken durch den Kopf gingen, begrüßte sie die Neuankömmlinge und beobachtete höflich lächelnd, wie Dana sich auf einen Stuhl zwischen Michael und Andy zwängte. Gino tauchte mit einem Tablett auf und verteilte die Tassen. Offensichtlich verärgert, knallte er die meisten Tassen mit der gewohnten Ungeschicklichkeit auf den Tisch; doch Jacquelines Cappuccino wurde sorgfältig vor ihr plaziert.

José hob seine Tasse von dem überschwappenden Unterteller. »Meine Tasse hat es wie üblich am ärgsten erwischt«, verkündete er düster. »Mit Sicherheit ist Gino kirchenfeindlich eingestellt. Vermutlich ein Kommunist.«

»Ein Kirchenfeind muß nicht zwangsläufig Kommunist sein«, meinte Ted. »Er muß lediglich logisch denken.«

»Mein Lieblingsgegner«, erklärte der Priester Jacqueline. »Vermutlich ist Ihnen nicht entgangen, daß wir eine überaus tolerante Gruppe sind?«

»Aber natürlich. Katholisch, evangelisch, jüdisch, freidenkend –« Andy verbeugte sich spöttisch.

»Und atheistisch«, fuhr José mit einem Kopfnicken zu Michael fort, der unbeirrt weiterzeichnete.

»Was Ihnen fehlt, ist ein Moslem«, bemerkte Jacqueline.

Andy brach in schallendes Gelächter aus.

»Ich weiß zwar nicht, wer und was Sie sind, Madam, aber Sie stehen wirklich Ihren Mann. Ständig werfen Sie mir neue Spielbälle zu. Aber ich habe mein Pulver verschossen. Alles, was mir zu diesem Thema noch einfällt, ist – haltet die Luft an. Da kommt er.« Jean drehte sich um. Auf halber Höhe in Richtung Café bemerkte sie die Gestalt, auf die Andy deutete.

»Das ist doch bloß Albert«, meinte sie frustriert. »Du bist ein Idiot, Andy.«

»Wer ist denn dieser Albert?« fragte Jacqueline. »Ein weiteres Mitglied der Gruppe?«

»Nein, wie ich Ihnen bereits erklärte, handelt es sich bei uns um eine magische Zahl. Die sieben Sünder.«

»Warum Sünder?«

»Der Begriff stammt von Andy«, erklärte Ted. »Er hält ihn für lustig. Sein Sinn für Humor ist ziemlich unterentwickelt.«

»Aber wir sind doch alle Sünder«, erklärte Andy. »Durch die Bank bedauernswerte Sünder in einer sündhaften Welt. Stimmt's, José?«

Den Blick gen Himmel gerichtet, fluchte der Geistliche lautstark. Unbeirrt fuhr Andy fort: »Albert ist eine der widerwärtigen Prüfungen in unserem Leben. Geduldig ertragen wir dieses Kreuz, weil wir uns zu läutern versuchen. Deshalb wurde uns Albert gesandt. Sollte es uns jemals gelingen, Albert zu lieben, sind wir in der Lage, Gottes gesamte Schöpfung zu lieben.«

Jacqueline rückte ihre Brille zurecht, die ständig von ihrem Nasenrücken herunterrutschte, und starrte auf die schwerfällige Gestalt.

»Was ist denn so schrecklich an ihm? Oder sind Sie einfach nur antimuslimisch eingestellt?«

»Er ist kein Moslem«, entgegnete Ted frostig. »Wie üblich ist Andy unkorrekt. Er ist Maronit – ein libanesischer Christ. Und Andy haben wir seine reizende Anwesenheit zu verdanken – eine weitere Verfehlung in Andys umfangreichem Sündenkatalog. Sie waren Jugendfreunde in Beirut.«

»Freunde, zum Teufel damit«, protestierte Andy. »Vor Jahren unterrichteten sein Alter Herr und mein Alter Herr an der Amerikanischen Universität, und wir beide besuchten dieselbe Schule. Hör auf, mich zu schikanieren, Ted. Albert hätte sich uns selbst dann aufgedrängt, wenn er keinen von uns gekannt hätte. Er ist eben ein widerlicher Kriecher.«

Niemand antwortete. Der Neuankömmling stand vor ihnen.

Jean mußte zugeben, daß Albert nicht nur häßlich, sondern auch unsympathisch war. Diese beiden Eigenschaften sind nicht zwangsläufig gleichzusetzen. Physische Häßlichkeit kann durchaus ansprechend, sogar attraktiv wirken. Sie hatte schon unscheinbarere Männer als Albert kennengelernt – wenn auch nicht viele. Er besaß wirklich nichts Anziehendes.

Fettige schwarze Locken verdeckten einen Teil seiner Stirnglatze. Sein Gesicht war von tiefen Aknenarben gezeichnet. Aufgrund seiner vorstehenden Schneidezähne wirkte seine Oberlippe unglaublich verzerrt; sein konturloses Profil hatte Ähnlichkeit mit dem eines Menschenaffen. Außerdem war er dick – nicht mollig oder untersetzt, sondern regelrecht fettleibig. Genau wie Michael trug er seinen Gürtel auf den Hüften statt um die Taille, doch während die Schwerkraft Michaels Gürtel aufgrund seiner schlanken Erscheinung nach unten zog, schloß Alberts riesiger Bauch jegliches Vorhandensein einer Taille aus. Seine kleinen Schweinsaugen verschwanden beim Lachen zwischen seinen feisten Wangen und den wulstigen Brauen. Die abgewetzte Aktentasche, die er mit sich trug, schien seine Schulter nach unten zu ziehen, so daß sein Gang merkwürdig schleppend wirkte.

Dennoch war es nicht Alberts Aussehen, das ihn abstoßend machte, sondern sein Verhalten. Seine unangenehme Aura war wie Körpergeruch. Insgeheim tat er Jean leid, doch als er einen Stuhl neben den ihren schob und ihr mit seiner schwammigen Hand das Knie tätschelte, mußte sie sich zwingen, ihn anzulächeln, statt wie vor einem Aussätzigen die Flucht zu ergreifen.

Eine von Alberts entsetzlichen, aber auch bemitleidenswerten Eigenschaften war seine Ahnungslosigkeit, wie er auf Menschen wirkte. Schmierig grinsend begrüßte er die Anwesenden. Dann verstaute er sorgfältig die Aktentasche unter seinem Stuhl. Die Schweinsaugen musterten die anderen in der Runde, verweilten am längsten auf Jean und Dana – die mit einem angedeuteten Grinsen reagierte – und entdeckten schließlich Jacqueline.

»Albert Gébara«, stellte er sich vor, wobei er seinem Vornamen die französische Betonung verlieh.

»Angenehm. Ich bin Jacqueline Kirby.«

»Keinesfalls Studentin«, meinte Albert, sie taxierend. »Zu alt, was? Madame ou mademoiselle Kirby? Docteur, peut-être?«

»Schlicht und einfach Jacqueline.«

»Mais non, ce n'est pas bien de parler à une dame d'un certain age –«

Andy stöhnte.

»Unser taktvoller Albert. Du Kretin, weißt du eigentlich nicht, daß es unhöflich ist, auf das Alter einer Dame anzuspielen? Und sprich um Himmels willen Englisch. Das kannst du doch, oder? Wenigstens einigermaßen ... Es ist taktlos, sich in einer Sprache zu artikulieren, die deine Mitmenschen nicht verstehen.«

Alberts Knopfaugen blieben weiterhin auf Jacqueline fixiert.

»Mais vous comprenez francais, vous comprenez fort bien ce que je vous dis –«

»Un peu«, räumte Jacqueline vorsichtig ein.

»Alors. Madame Kirby? Madame la professeur? Madame la –«

»Nein«, erwiderte Jacqueline. »Ich bin keine Dozentin. Ich bin Bibliothekarin.«

»Une bibliothécaire.« Zufrieden nickte Albert. Er stand auf, nahm seinen Stuhl und seine Aktentasche und gesellte sich zu Jacqueline.

Aufgrund des sich daran anschließenden Gesprächs brummte Andy leise: »Gott sei Dank, daß noch jemand der französischen Sprache mächtig ist. Ich war es leid, Alberts einziger Vertrauter zu sein. Allerdings hat seine Gesprächsführung auch Vorteile, er bekommt die gewünschten Informationen. Eine Bibliothekarin! Darauf wäre ich nie gekommen.«

»Wirklich nicht?« Dana machte sich nicht die Mühe, leise zu sprechen. »Männer sind wirklich schlechte Beobachter. Ich habe mir das gleich gedacht. Langweilig, weltfremd, kleinbürgerlich.«

»Im Gegensatz zu dir«, erwiderte Andy. »Der Prototyp der Liebenswürdigkeit – unsere Dana.«

Dana schwieg. Andy war der einzige, der sie empfindlich treffen konnte.

Mittlerweile war Albert zu Höchstform aufgelaufen. Er sprach Englisch; offenbar hatte Jacquelines »dürftiges« Französisch versagt. In Alberts Gegenwart erstarb jegliche Unterhaltung. Seine laute Stimme übertönte die der anderen, und seine ungeheuerlichen Äußerungen zogen seine Zuhörer unwillkürlich in ihren Bann.

»Ich bin Christ, verstehen Sie«, erklärte er einer skeptischen Jacqueline. »Sie glauben vielleicht, daß ich ein dreckiger Moslem bin. Aber ich bin –«

»Nein«, sagte Jacqueline. »Nicht unbedingt.«

Der Sarkasmus entging Albert.

»Kein dreckiger Moslem«, wiederholte er genüßlich. »Guter Christ, wahrer Christ. Ich verehre die Heilige Mutter Gottes und alle Heiligen. Ich kam hierher, ich arbeite, ich studiere, und das alles für diese verflixten Heiligen. Die Kirche hat keine guten Christen. Heute nicht mehr. Sie braucht gute Christen wie mich, um wieder besser zu werden.«

Jacqueline blickte zu José, erhielt jedoch keine Unterstützung von seiner Seite. Der Blick des Priesters wirkte verklärt.

»Sie wollen die Kirche verbessern?« wiederholte Jacqueline. »Inwiefern?«

Anerkennend tätschelte Albert ihr Knie. Dieser Teil der weiblichen Anatomie schien ihm sichtlich am Herzen zu liegen.

»Heilige retten«, erklärte Albert. »Die Kirche sagt nicht – sie sagt – à renoncer les saints. Mais les histoires des saints sont incontestables. Les saints –«

»Das ist ein Tick von ihm«, bemerkte José, unfähig, sich noch länger zu beherrschen. Seine Worte waren unmittelbar an Jacqueline gerichtet, als versuchte er, Alberts Gegenwart zu verdrängen. »Er bezieht sich auf die Revision des Kalenders der Heiligen vor einigen Jahren. Und ich kann ihn nicht davon überzeugen, daß das keine Verwerfung derjenigen Heiligen darstellt, die eliminiert worden sind. Sie werden nach wie vor verehrt. Aber die Legenden–«

»Nein, nein, du befindest dich im Unrecht«, bemerkte Albert mit dem ihm eigenen Taktgefühl – und in einem Englisch, das er auf wundersame Weise optimierte, sobald er eine Beleidigung oder einen Widerspruch ausdrückte. »Du bist dumm. Die Kirche verleugnet – verleugnen ist der zutreffende Begriff – die alten Heiligen. Sankt Christophorus, die heilige Barbara, les autres. Alle echt. Alle wahrhaftig. Ich kann es beweisen. Der Papst irrt sich und ist genauso dumm wie du.«

»Ich gebe es ungern zu, aber ich konnte dem Heiligen Vater nie verzeihen, daß er Christophorus fallengelassen hat.« Michael blickte von seiner Zeichnung auf. Er besaß die verblüffende Angewohnheit, sich plötzlich wieder mit einer Bemerkung einzuschalten, die bewies, daß er eine Diskussion aufmerksam verfolgt hatte. »Eine Woche nachdem er ihn rausgeschmissen hatte, prallte ich mit meinem Motorrad gegen einen Baum.«

Seine Äußerung erzielte die gewünschte Wirkung. Unwillkürlich grinste José und entspannte.

»Ich gebe zu, daß du auf einem Motorrad sicherlich jede nur erdenkliche Hilfe gebrauchen kannst, Michael. Aber die Legendenbildung um diese Heiligen wurde schon seit langem in Frage gestellt. Daran ist auch nichts Verwerfliches, schließlich praktiziert das sogar die Kirche. Die frühen Theologen besaßen nicht das geschichtliche Wissen; sie mißinterpretierten –«

»Nein, nein, nein«, mischte sich Albert ein. »Keine Mißinterpretation. Alles wahr. Gott ist die Wahrheit, die alleinige Wahrheit. Wir kennen die Wahrheit bereits. Aber die Zweifler brauchen Beweise. Ich werde sie finden.«

»Albert«, sagte Andy, »warum hältst du nicht endlich den Mund?«

Albert grinste ihn an. »Ich erbringe Beweise. Sieben heilige Jungfrauen –«

José legte beide Hände auf die Tischplatte, als versuchte er, sie im Auge zu behalten, damit sie keine Gewalttat begingen.

»Es gibt keine sieben heiligen Jungfrauen«, stieß er hervor. »Es gibt Hunderte davon. Oder zweiundvierzig oder neun oder gar keine. Aber nicht sieben. Das ist eine magische Zahl, ein Relikt des Heidentums –«

»Sieben«, wiederholte Albert halsstarrig. »Ich werde es beweisen.«

Er zerrte die sperrige Aktentasche unter seinem Stuhl hervor und machte sich an deren Verschluß zu schaffen.

Andy erhob sich. »Ich klinke mich aus«, verkündete er. »Ich habe genug. Bis dann, Freunde.«

»Ich auch«, sagte Dana. »Heute bin ich nicht in der Stimmung, über Jungfräulichkeit zu diskutieren. Kommst du mit zurück in die Bibliothek, José?«