Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. Ein neuer Tag dämmerte herauf. Auf dem Hochsitz des Falkenrieder Forstes stand eine hochgewachsene Männergestalt in Jagdkleidung und beobachtete ergriffen das Erwachen der Natur. In den Zweigen der Bäume regte es sich. Erstes Flügelschlagen zeigte an, daß die Vögel erwachten. Ein feines Zirpen ertönte, dann ein Trillern. Und während hinter den Bäumen die glutrote Scheibe der Sonne stetig höher stieg, brachte die gefiederte Sängerschar ihrem Schöpfer ein jubilierendes Morgenständchen. Weit tat sich das Herz des jungen Fürsten Falkenried auf. Als er sich auf den Heimweg zum Schloß machte, umfing ihn der andächtige Zauber des Waldes. Hier und da huschte ein Tier über den Weg, hoppelte Meister Lampe ins geschützte Dickicht. Falko von Falkenried liebte diese Morgenstunde über alles. Er gehörte zu den Frühaufstehern und fand in diesem stillen Spaziergang Kraft und Ruhe für die später auf ihn einstürmende Hektik des Tages. Seine Eltern waren bereits vor drei Jahren an einer Viruserkrankung kurz hintereinander gestorben. Seitdem ruhte die alleinige Verantwortung für den traditionsreichen Besitz der Falkenrieds, der sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen ließ, auf seinen jungen Schultern. Der erst siebenundzwanzigjährige Fürst zeigte sich dieser Aufgabe als pflichtbewußter Schloßherr durchaus gewachsen. Fleißig legte er selbst mit Hand an, wenn eine Arbeitskraft fehlte. Er war beliebt bei seinen Angestellten, denn er kannte keinen Dünkel, wohl den natürlichen Stolz auf sein prachtvolles Erbe. Während er den Waldweg entlangschritt, fielen die Sonnenstrahlen reflektierend über seinen Weg. Bedauernd dachte Falko an seine Verlobte Marina von Eschner, die er sich in diesem Augenblick an seiner Seite wünschte, damit sie gemeinsam das Wunder der Natur erlebten. Leider war Marina jedoch eine Langschläferin. Sie zog es zudem vor, auf Partys zu glänzen und sich in den bewundernden Blicken der Herrenwelt zu sonnen.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2020
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Ein neuer Tag dämmerte herauf. Auf dem Hochsitz des Falkenrieder Forstes stand eine hochgewachsene Männergestalt in Jagdkleidung und beobachtete ergriffen das Erwachen der Natur.
In den Zweigen der Bäume regte es sich. Erstes Flügelschlagen zeigte an, daß die Vögel erwachten. Ein feines Zirpen ertönte, dann ein Trillern. Und während hinter den Bäumen die glutrote Scheibe der Sonne stetig höher stieg, brachte die gefiederte Sängerschar ihrem Schöpfer ein jubilierendes Morgenständchen.
Weit tat sich das Herz des jungen Fürsten Falkenried auf. Als er sich auf den Heimweg zum Schloß machte, umfing ihn der andächtige Zauber des Waldes. Hier und da huschte ein Tier über den Weg, hoppelte Meister Lampe ins geschützte Dickicht.
Falko von Falkenried liebte diese Morgenstunde über alles. Er gehörte zu den Frühaufstehern und fand in diesem stillen Spaziergang Kraft und Ruhe für die später auf ihn einstürmende Hektik des Tages.
Seine Eltern waren bereits vor drei Jahren an einer Viruserkrankung kurz hintereinander gestorben. Seitdem ruhte die alleinige Verantwortung für den traditionsreichen Besitz der Falkenrieds, der sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen ließ, auf seinen jungen Schultern.
Der erst siebenundzwanzigjährige Fürst zeigte sich dieser Aufgabe als pflichtbewußter Schloßherr durchaus gewachsen. Fleißig legte er selbst mit Hand an, wenn eine Arbeitskraft fehlte. Er war beliebt bei seinen Angestellten, denn er kannte keinen Dünkel, wohl den natürlichen Stolz auf sein prachtvolles Erbe.
Während er den Waldweg entlangschritt, fielen die Sonnenstrahlen reflektierend über seinen Weg. Bedauernd dachte Falko an seine Verlobte Marina von Eschner, die er sich in diesem Augenblick an seiner Seite wünschte, damit sie gemeinsam das Wunder der Natur erlebten.
Leider war Marina jedoch eine Langschläferin. Sie zog es zudem vor, auf Partys zu glänzen und sich in den bewundernden Blicken der Herrenwelt zu sonnen. Sie war eine hübsche, junge Dame, deren üppiges, kupferrotes Haar in natürlichem Gelock über die Schultern fiel. Dazu bildeten die unergründlich grünen Augen einen herrlichen Kontrast. Sie hätte auch in Lumpen gekleidet gehen können, denn jedes Kleid umschmeichelte ihre reizvolle Figur wie die einer Königin.
Falko hoffte, daß es ihm gelang, Marina eines Tages zu diesen Morgenspaziergängen zu überreden. Sie war ja auch naturliebend, denn sie ritt leidenschaftlich gern und liebte das stolze Schloß Falkenried mit seinen herrlichen Anlagen von Edelhölzern, Blumen und Stauden wie nichts anderes auf der Welt.
Und sie liebte ihn. Ein zärtliches Lächeln stahl sich in das scharfgeschnittene, männliche Gesicht des Fürsten Falko, eines attraktiven Mannes mit blondem, leichtgewelltem Haar und stahlhart blitzenden, blauen Augen. Auch er liebte Marina von ganzem Herzen. Sie würden ein glückliches Leben miteinander führen. Noch waren sie verlobt, doch die Hochzeit war bereits für die nächste Zeit geplant.
Sehnsucht nach der geliebten Frau stieg in ihm auf. Sie war gerade in diesen Tagen für eine Zeitlang auf Schloß Falkenried. Vielleicht kam Falko noch zurecht, um sie mit einem liebevollen Kuß aus ihrem süßen Schlummer zu wecken.
Aus diesem Grunde wählte er die Abkürzung zum Schloß. Wenige Meter vor dem Jagdhaus der Falkenrieds verhielt er unwillkürlich den Schritt. Durch das Buschwerk hinter der grüngestrichenen Fassade des Hauses leuchtete es rot.
Er beflügelte seine Schritte und stand Minuten später erstaunt von Marinas rotem Sportwagen. Hatte sie geahnt, daß er heute diesen Weg entgegen seiner sonstigen Gewohnheit nehmen würde? Wollte sie ihn überraschen?
Ein Lächeln legte sich um seine Mundwinkel, als er leise um das Haus herumschritt zu der kleinen versteckten Hintertür, die mit Efeu überwuchert war. Sie klemmte ein wenig und quietschte in den Angeln, so daß Falko es vorzog, sie hinter sich offenstehen zu lassen.
Er wollte sein Kommen nicht vorzeitig verraten. Unten in dem behaglich eingerichteten Kaminzimmer fand er Marina nicht vor, entdeckte jedoch verblüfft, daß eine Flasche Wein und zwei Gläser auf dem Tisch standen. Die Flasche war leer, die Gläser waren benutzt.
Seltsam, dachte er, und Unruhe zog unwillkürlich in sein Herz. Neben dem Raum befand sich ein Schlafgemach.
Vorsichtig öffnete er die Tür, dabei stieß er gegen einen Stuhl, der zu dicht neben dem Eingang gestanden hatte. Er fiel polternd um.
In diesem Augenblick flammte eine Nachttischlampe auf. Zwei Menschen richteten sich erschrocken im Bett auf und starrten auf den Eindringling.
Falkos Gesicht erstarrte. Er stand unbeweglich. War das ein Spuk oder böse Wirklichkeit?
Marina faßte sich zuerst. Sie kreischte auf. »Wie kannst du es wagen, hier so formlos und ohne anzuklopfen hereinzuplatzen?«
Falko hatte mühsam seine Fassung zurückerlangt. Seine Mundwinkel bogen sich bitter nach unten. »So sieht also deine Liebe und Treue aus! Du triffst dich heimlich mit meinem Vetter Axel! Ich muß blind gewesen sein, daß ich nie euer gemeinsames Einverständnis bemerkt habe.«
Seine Stimme wurde schärfer, als er sich an Axel wandte. »Du tust klug daran, mir möglichst weit aus dem Weg zu gehen.«
Falko verließ das Zimmer. Krachend fiel die Tür hinter ihm zu.
Er irrte ziellos durch den Wald, denn er war zu aufgewühlt durch dieses Erlebnis. Falko hatte Marina in seiner Liebe blindlings vertraut. Sie aber hinterging ihn auf die schamloseste Weise. Das konnte er einfach nicht fassen. Tiefe Trostlosigkeit überfiel ihn.
*
Falko tauchte erst zum zweiten Frühstück auf Schloß Falkenried auf. Er begab sich sofort in sein Arbeitszimmer. Seinem Butler Johann, der zu gut geschult war, um seine innere Bestürzung über das bleiche, verstörte Aussehen seines Herrn zu zeigen, sagte der Schloßherr, daß er nicht gestört werden wolle.
Der innere Aufruhr hatte sich zwar ein wenig gelegt, aber dennoch konnte er keinen klaren Gedanken über seine Zukunft fassen. Nur eines stand fest: Marina und Axel hatte er aus seinem Gedächtnis gestrichen.
Dennoch sollte es ihm nicht erspart bleiben, mit ihnen konfrontiert zu werden.
Als erstes schob sich nach kurzem Anklopfen Marina von Eschner zur Tür herein. Sie vertraute ihrer weiblichen List und ihrer Schönheit, um sich mit dem begehrten Mann, der sie zur Herrin dieses herrlichen Besitzes machen konnte, auszusöhnen.
Bei ihrem Anblick schoben sich Falkos Augenbrauen jedoch drohend zusammen.
»Was willst du noch von mir?«
Sie wollte ihre Hände schmeichlerisch auf seine Schultern legen, doch er schob sie grob zurück und erhob sich rasch.
Verführerisch schauten ihre schönen Augen ihn an, während sie ganz die Demütige mimte. »Bitte, verzeih mir, Liebster. Ich war angeheitert und wußte nicht mehr, was ich getan habe. Wir lieben uns doch und können uns nicht von einer Stunde zur anderen für immer trennen.«
»Doch, das kann ich. Was ich gesehen habe, genügt mir. Du liebst mich nicht.«
»O doch«, rief sie beschwörend. »Ich liebe dich, und ich werde ein Kind bekommen. Das allein ist Grund genug, daß wir so bald wie möglich heiraten.«
Falkos Gesicht war fahl geworden. Er griff mit den Händen hinter sich und umklammerte die Schreibtischkante so hart, daß die Knöchel weiß hervortraten.
Seine Stimme nahm einen noch härteren Klang an. »Auf diese Weise kannst du mich nicht erpressen, dich zu heiraten. Ich sagte dir doch bereits, daß es zwischen uns aus ist.«
»Du wirst dich besinnen, wenn du wieder bei klarem Verstand bist«, gab Marina auftrumpfend zurück. »Hast du die Falkenrieder Erbbestimmung vergessen? Wenn du mit dreißig Jahren keinen männlichen Erben hast, verlierst du den Besitz deiner Vorfahren. Axel wird dann der Erbe sein. Er wartet längst darauf, hier als Schloßherr einziehen zu können.«
»Es wird ihm nie gelingen. Das schwöre ich dir. Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Noch habe ich Zeit, um die Erbklausel zu erfüllen. Dazu brauche ich dich nicht.«
Marina warf mit blitzenden Augen ihr rotes Haar zurück. »Mein Sohn wird der Erbe von Falkenried, und ich werde hier als Schloßherrin einziehen. Sei versichert, daß ich nicht eher Ruhe gebe, bis ich das geschafft habe.«
Falko maß sie mit verächtlichem Blick. »Nun hast du dich verraten, daß es dir in Wirklichkeit nur um Besitz geht und nicht um die Liebe eines Mannes. Wo habe ich bislang nur meine Augen gehabt? Ich muß vollständig verblendet gewesen sein, daß ich erst jetzt dein wahres Wesen erkannt habe.«
Er trat mit zwei energischen Schritten dicht vor sie hin, ergriff fast brutal ihre linke Hand und streifte ihr den Verlobungsring ab. »Er gehört zu den Erbstücken unserer Familie. Ich werde den Ring wieder zu dem anderen Schmuck zurücklegen, denn du bist es nicht wert, ihn zu tragen.«
Haßerfüllt sprühten ihre Augen ihn an. »Das wirst du noch bereuen, Falko.«
»Verschwinde!« zischte er und trat ans Fenster. Er drehte Marina den Rücken zu und sah nicht mehr ihr haßverzerrtes Gesicht, als sie den Raum verließ und die Tür mit einem harten Knall hinter sich zuwarf.
Trotz der Trauer um diese schmerzliche Liebesenttäuschung fühlte Falko sich gleichzeitig erleichtert, dieses Kapitel hinter sich gebracht zu haben.
*
Die Zeit verstrich. Aus Falko von Falkenried war ein wortkarger Mensch geworden, der sich am liebsten im Falkenrieder Forst verkroch. Er unternahm stundenlange Wanderungen, mied allerdings das Jagdhaus, seitdem er den Verwandten den Schlüssel dafür zugeschickt hatte.
Das war er seinem Onkel Friedrich, Axels Vater, schon schuldig, dem er es gewiß verdankte, daß jener bei Axel ein Machtwort gesprochen hatte, um ihn vom Schloß fernzuhalten. Ein Treffen mit dem Onkel hatte Falko allerdings abgelehnt.
Er sagte auch alle Einladungen ab und lud selbst keine Gäste zu sich ein. Er wollte niemanden mehr sehen.
In Falko von Falkenried war etwas Heiliges zerbrochen. Er konnte die ihm angetane Schmach der Untreue durch die einst geliebte Frau einfach nicht überwinden.
Der langjährige, in Diensten der Falkenrieds ergraute Butler Johann sorgte sich am meisten von allen Angestellten um seinen Herrn, dessen Gesicht hager geworden war. Wenn Falko mit müden Schritten den Schloßhof überquerte, blickten seine Augen ausdruckslos vor sich hin. Die gedrückte Haltung sagte deutlich aus, wie sehr dem Schloßherrn das Leben verleidet war.
Nicht einmal die Gutsherrnpflichten, die er einst so freudig erledigt hatte, ließen ihn sich aufraffen. Es war, als sei ihm auch der Bestand seines herrlichen Besitzes gleichgültig geworden.
Er kämpfte einen harten Kampf mit sich selber, um die bitterste Stunde seines Lebens aus dem Gedächtnis zu streichen. Dabei hoffte er auf die Zeit, die Vergessenheit brachte.
Axel und Marina ließen ihn jedoch nicht zur Ruhe kommen. Sie hüteten sich zwar, seinen Weg zu kreuzen, aber sie versetzten Falko auf andere Weise einen harten Schlag.
Die beiden kannten nämlich keinerlei Gewissensbisse oder Taktgefühl, als sie vier Wochen später Falko nicht nur ihre Vermählungsanzeige schickten, sondern ihn auch zur Hochzeit einluden.
Axel hatte es inzwischen geschickt verstanden, keinen im Zweifel darüber zu lassen, daß er mit Sicherheit der künftige Schloßherr von Falkenried sein würde. Das unterstrich auch schon alles in die Tatsache, daß Marina sich von Falko gelöst und mit fliegenden Fahnen zu Axel übergegangen war.
Ihre Behauptung, um jeden Preis Schloßherrin zu werden, war das einzige, was man ihr glaubte. Im Gegensatz zu Falko hatten die anderen Marinas wahres Wesen viel schneller durchschaut. Sie wußten, daß diese schöne Frau nur einen Lebensinhalt kannte: Geld und Besitz, der ihr zu einem sorgenfreien, vergnüglichen Dasein verhalf.
Man kannte auch ihre starke Vorliebe für das Schloß. Deshalb widersprach ihr auch keiner, dem sie vorlog, ihre Verlobung mit Falko von sich aus gelöst zu haben. Vergeblich wartete man auf eine Richtigstellung ihres einstigen Verlobten.
Falkos Freunde wußten allerdings, daß er aus Anstand schwieg.
Achtung und Mitleid für Falko vermischten sich miteinander. Mehr denn je versuchten Freunde und Gutgesinnte, zu dem Schloßherrn vorzudringen, um ihm dann ihre aufrichtige Verbundenheit zu bezeugen.
Butler Johann wies sie jedoch alle ab mit der Begründung, der Gutsherr sei augenblicklich mit Arbeit überlastet. Man fand jedoch heraus, daß Falkos Lebensmut statt dessen auf dem Nullpunkt angelangt war.
Das kam auch dem Baron Jensbach zu Ohren und rief allergrößte Bestürzung in ihm hervor. Hasso von Jensbach war ein alter Freund der Familie Falkenried und besonders eng mit Falkos Vater befreundet gewesen. Die beiden Männer hatten einander in allen Dingen vertraut.
Als Falkos Vater starb, war Baron Hasso von Jensbach noch oft nach Schloß Falkenried gekommen. Das änderte sich erst, als der junge Graf sich mit Marina von Eschner verlobte.
Diese Herzenswahl beunruhigte Hasso von Jensbach innerlich stark. Auf den ersten Blick hatte er Marinas oberflächliches Wesen erfaßt. Sie würde niemals Falko richtig glücklich machen.
Gewissensbisse plagten ihn, weil er seinem sterbenden Freund versprochen hatte, ein wenig über das Geschick seines Sohnes Falko zu wachen. Der alte Graf hatte das wohl im Hinblick auf die habgierigen Verwandten gemeint.
Damit redete sich Baron Jensbach auch heraus, als er sich zu keiner Einmischung in diese Verlobung entschließen konnte. Dabei waren es ganz andere und für ihn viel triftigere Gründe, die ihn davon abhielten.
Diesmal ließ es ihm jedoch keine Ruhe. Kurz entschlossen fuhr er nach Schloß Falkenried, mit dem Vorsatz, sich nicht abweisen zu lassen.
Indessen dachte der Butler Johann bei Baron Jensbach nicht daran. Er verspürte durch dessen Erscheinen sogar eine derartige Erleichterung, daß er es unwillkürlich zugab und seine Sorgen um Falko offen dem Baron gegenüber äußerte.
Ein glücklicher Zufall wollte es, daß sich Falko zu dieser Stunde im Arbeitszimmer aufhielt. Er saß allerdings untätig hinter dem Schreibtisch, als der Baron nach kurzem Anklopfen eintrat.
Unwillig fuhr er herum und begegnete dem gütigen Blick des alten Freundes, der sich eisern beherrschen mußte, um seine Erschütterung über den Anblick des Schloßherrn, in dessen Gesicht sich harte Linien eingezeichnet hatten, nicht zu zeigen.
Der junge Mann erhob sich. »Onkel Hasso, sei mir willkommen«, sagte er freundlich, wobei seine Stimme leicht zitterte.
Hasso von Jensbach übersah die ihm entgegengestreckte Hand. Er umarmte den jungen Freund, in dessen Augen jäh Tränen traten, weil der Baron ihn unwillkürlich an eine unbeschwert glückliche Zeit erinnerte.
Die beiden Männer hielten sich eine ganze Weile umschlungen. Als sie sich voneinander lösten, wischte sich Falko über die Augen und forderte seinen Gast auf, sich zu setzen. Er ließ sich ihm gegenüber nieder. Zunächst lastete Schweigen zwischen ihnen.
Bis der Ältere es brach und ihn aufmunterte: »Verzage nicht, Falko. Dein Vater würde sagen: Es ist noch nicht aller Tage Abend. Du wirst auch über Marinas häßliches Verhalten hinwegkommen und eines Tages die Frau finden, die viel besser zu dir paßt und dich glücklich macht.«
Ein erbittertes Auflachen folgte diesen Worten. »Ich glaube nicht an Wunder. Nie wieder werde ich einer Frau vertrauen können.« Und mit einem leichten Zögern setzte er hinzu: »Vielleicht ist es gut, daß du gekommen bist und ich mich einem guten Freund anvertrauen kann. Das erleichtert Herz und Seele.«
Ungeschminkt sprach Falko über das schockierende Erlebnis im Jagdhaus. Dabei hätte er längst aufmerksam auf Marinas schändliches Treiben werden müssen. »Aber ich war ja wie vernarrt in Marina. Wie eine Heilige habe ich sie angesehen und geliebt. Ihre Schönheit hat mich geblendet, so daß ich zu spät erkannte, welch seelenloses Geschöpf sie ist.«
»Aber noch nicht zu spät«, warf Jensbach ein, »um glücklich zu werden. Verzeih mir meine Offenheit. Aber ich habe Marina nie getraut, und sie war mir auch keineswegs sympathisch.«
Falko hielt es nicht auf seinem Sitz. Er erhob sich und trat ans Fenster. Der vorher noch wolkenlose blaue Himmel hatte sich bezogen. Graue Wolkenberge türmten sich auf. Schon fielen die ersten Tropfen.
Diesem Naturbild angepaßt war auch seine Stimmung. Er fühlte keinen Lebenswillen mehr in sich, und er sprach seine Gedanken laut aus:
»Wozu soll ich mich abplagen hier auf dem Gut? Eines Tages werde ich es verlassen müssen. Axel wird sich ins Fäustchen lachen, weil ihm ein Mustergut in den Schoß fällt.«
Es begann noch stärker zu regnen. Genau wie vor acht Tagen,
als Falko seinen Geburtstag ganz allein feierte. Er war im strömenden Regen stundenlang durch den Wald gewandert, ohne die Nässe zu achten.
»Zwei Jahre noch«, brach er erbittert das Schweigen. »Wie soll ich es schaffen, in der Zeit die Klausel zu erfüllen? Werde ich je wieder lieben können, nachdem meine heiligsten Gefühle so grausam zerstört worden sind?«