Der Stufenweg zum Selbst - Walter Stanietz - E-Book

Der Stufenweg zum Selbst E-Book

Walter Stanietz

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Beschreibung

Nach dem indischen Weisen Bhagavan Sri Ramana Maharshi Um mit dem Unendlichen, dem eigenen Selbst, dem „Ich Bin“ zu verschmelzen, gibt es viele Wege. Der Weg Sri Ramana Maharshis – er gilt in allen spirituellen Kreisen und insbesondere bei anderen berühmten Meistern als Vollendeter – ist wohl einer der direktesten, natürlichsten, einfachsten, was nicht heißen muss, dass er der leichteste ist. Ramana Maharshi gab uns Menschen eines modernen Zeitalters eine messerscharfe Waffe in die Hand, um die letzte Wahrheit im eigenen Selbst zu finden, mit der Frage: „Wer bin ich?“ Es ist dieselbe Wahrheit, die Jesus mit den Worten ausdrückte: „Das Himmelreich ist in euch!“ und: „Sucht die Wahrheit, ihr werdet sie erkennen und sie wird euch frei machen.“Stufenweise steigt der Mensch zum strahlenden Thron der eigenen Göttlichkeit empor. Auf jeder Stufe lässt er etwas vom Menschlich-Allzumenschlichen zurück und auf jeder Stufe erblüht ihm eine größere Freude, bis er zuletzt in einem Ozean des Friedens und der Glückseligkeit versinkt, hier und jetzt. Von nun an lebt er sein tägliches Leben mehr und mehr im Einklang mit seinem eigenen Selbst, das er in allen Lebewesen sieht. Er fährt fort, seinem Nächsten zu dienen in der Liebe und Verehrung des Einen, der das Selbst aller ist.

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Walter Stanietz

Der Stufenweg zum Selbst

Inspiriert von der WeisheitSri Ramana Maharshis

HEINRICH SCHWAB VERLAGARGENBÜHL-EGLOFSTAL

ISBN 978-3-7964-0505-1

2. überarbeitete Auflage 2012

Alle Rechte für die deutsche Ausgabe vorbehalten

© 1964 by Heinrich Schwab Verlag

D-88260 Argenbühl-Eglofstal

Tel. 0049-7566-941957

http://www.heinrichschwabverlag.de

Der Stufenweg zum Selbst

1.

Nach einem Ausspruch des Weisen Sri Ramana Maharshi aus Tiruvannamalai ist einem wahren Weisen das Nacht, was den meisten Menschen Tag ist, und umgekehrt das Tag, was den meisten Nacht ist.

Dieser Aussagesatz ist zunächst für uns Abendländer völlig unverständlich. Wir wollen ihn also zergliedern und untersuchen, was der Weise unter Tag und Nacht versteht. Der Weise, so wird uns berichtet, befindet sich in einem Zustand der Losgelöstheit von der physischen Welt, er weilt in einer Sphäre, in der es keine Unterschiede mehr gibt. Diese Sphäre wird als reines Bewusstsein oder als reines Innesein bezeichnet, im Gegensatz zu der Sphäre, in der wir uns befinden, die Unterschiede kennt und ein gemischtes Bewusstsein voraussetzt. Das reine Innesein ohne jede Unterschiede, ohne Verfärbung, ist also der Tag des Weisen, und der Mischzustand, in dem Gegensätze und vergleichende Unterschiede zu finden sind, ist die Nacht des Weisen. Also ist ihm unsere gewohnte Welt, in der wir denken, sprechen, handeln, Nacht. Uns hingegen ist die reine Sphäre des Inneseins, in dem ein unterschiedloses und ununterbrochenes Bewusstsein herrscht, Nacht.

Vom Standpunkt des Weisen aus kennen wir den Tag nicht. Wir kennen lediglich den physischen Tag, nicht aber den rein geistigen.

Da wir aber dem physischen Tage so lange unterworfen sind, bis sich unser Bewusstsein von seinen Verfärbungen und Reizmischungen gereinigt hat, wollen wir diesen, unseren gewohnten Tag, den wir ebensogut die Schöpfung nennen können, betrachten. Wir tun das am Anfang unserer Betrachtungen, denn später wird dazu weder Zeit noch Gelegenheit sein, weil wir ja gerade diesen unseren Tag hinter uns lassen sollen, um den anderen, den rein geistigen Tag des Weisen zu begreifen.

Schöpfung, daran sollten wir immer denken, ist eine Aufwärtsentwicklung, eine Evolution, die von einem Zustande in einen anderen überleitet. Wir werden also in unserem Tagleben pausenlos von einer Erfahrungsstufe in die nächste überführt. Das, was wir gemeinhin als Fortschritt bezeichnen, ist der Weg, der physisch erfassbare und sichtbare Weg innerhalb dieser Evolutionsreihe. Wir Abendländer haben ein brennendes Interesse an diesem Weg und seinen Stationen, das beweist vor allen die Königin unserer Tage, die Wissenschaft.

Unser Ordnungs- und Planungsbedürfnis ist so groß, dass wir unser ganzes Leben darangeben, den Weg und seine einzelnen Stationen gründlich zu erforschen. Dass wir dabei immer nur zu Teilergebnissen kommen, wurde gleichfalls einleitend schon betont, aber das stört unseren Forschungsdrang nicht.

Um aber zu begreifen, wenigstens annähernd zu begreifen, was Schöpfung eigentlich ist und wie sie funktioniert, müssen wir uns den Elementen zuwenden, aus denen sich Schöpfung aufbaut. Hier sind aber nicht nur die physischen Elemente gemeint, sondern die ursächlichen, geistigen Elemente, der Ur- und Grundbaustoff unserer Schöpfung, unseres Weltentages. Diese Elemente sind die sieben Strahlen, die mit ihren Ton- und Farbwerten, einzeln oder gemischt, das ergeben, was wir als Schöpfungswelt oder Formenwelt bezeichnen. Schöpfung in unserem Erdensinne tritt stets als Form auf, formlos begreifen unsere Sinne die Schöpfung nicht. Wir sind dann geneigt von einer Leere, von einem Nichts zu sprechen, weil uns gedanklich und sprachlich die Voraussetzungen fehlen, das zu erkennen, was in jedem von uns als leerem Zustande behaupteten Sein, oder wie wir sagen – Nichtsein, lebt.

Der als „Tibeter“ benannte Weise Djwahe Khuul, bezeichnete sieben Grundkategorien oder Strahlungen als die Ursache unserer physisch sichtbaren und erfassbaren Welt. Das ist 1. die Energie oder Strahlung des Willens, der Zielsetzung oder Macht, die von uns Abendländern der göttliche Wille genannt wird. Das ist 2. die Energie oder Strahlung der Liebe-Weisheit, die als Liebe Gottes bezeichnet wird. Das ist 3. die Energie der Strahlung der aktiven Intelligenz, die auch als Denkkraft Gottes bezeichnet wird. Das ist 4. die Energie oder die Strahlung der Harmonie durch Konflikt, die besonders stark auf die Menschheit wirkt. Das ist 5. die Energie oder Strahlung des konkreten Wissens oder der Wissenschaft, die gegenwärtig so stark wirksam ist. Da ist 6. die Strahlung der Devotion oder des Idealismus, die unsere heutigen Ideologien ins Leben ruft. Das ist 7. die Energie oder Strahlung der Zeremoniellen Ordnung, die neue Formen der Zivilisation entstehen lässt.

Diese sieben Grund- und Verursachungsstrahlungen also bestimmen all das, was wir als Erscheinungsformen in unser menschliches Bewusstsein aufnehmen können. Formen und Formwerte werden durch sie geschaffen und bestimmt, und all das geht nach präzisen Gesetzen vor sich. Unaufhörlich sind wir einem wahren Bombardement dieser Strahlen ausgesetzt, und jedes Lebewesen – und alles lebt – nimmt jenen Anteil an den sieben Strahlen und ihren Unterabteilungen in sich auf, der seiner jeweiligen Reifestufe entspricht. Also entstehen vor unseren physischen Sinnen die Kategorien und Gegensätzlichkeiten, die wir auf dem Wege des Vergleichs und des Unterscheidens kennen lernen, und nach denen wir leben und uns einrichten. Das was ein Wesen nicht begreifen kann, fließt von ihm wieder ab, aber es geht keineswegs verloren, es wartet auf seine Stunde, in der es wirken kann. Das, was ein Wesen aber begreift, formt sich in ihm in Gedanken, im Sprechen und Tun zu seiner, ihm fassbaren Formenwelt aus.

In einer vom menschlichen Zeitsinn bestimmten Periode, die wir als Kulturepoche und Zivilisationsstufe bezeichnen, wirkt sich nun jeweils eine bestimmte Formengruppe dominierend aus, die von der Majorität der jeweils in ihr Lebenden geprägt wird. In der nächsten Periode dominiert dann die ihr nahe stehende und geistig verwandte Formengruppe, und so geht es von Periode zu Periode, von Kulturerfahrung zu neuer Kultur- und Zivilisationserfahrung unaufhaltsam nach den Gesetzmäßigkeiten der sieben Grund- und Ordnungsstrahlungen weiter.

Der menschliche Körper spielt dabei die Rolle einer elektromagnetischen dynamischen Batterie, die alle jene ihr zukommenden Strahlungsenergien auffängt und in neue Werte umsetzt. Der Prozess jenes Auffangens und Umsetzens in neue Werte ist ein sehr komplizierter, aber wir wissen ja auch, dass unsere Physis, bzw. unser nervliches System ein höchst vielfältig angelegtes Zu- und Ableitungsnetz ist, dessen Funktionen wir nur auf der rein physischen Ebene beobachten und uns nutzbar machen können. Wir wissen nicht oder noch nicht, dass jenem physischen Zu- und Ableitungsnetz ein feingeistiges System zugrunde liegt, dessen Empfangs- und Sendewerte wir höchstens in einer menschlichen Sternsekunde ahnungsvoll wie einen flüchtigen, uns streifenden Erleuchtungsblitz wahrzunehmen vermögen.

Die Reflexbewegungen unseres sinnlichen Systems, denen wir aufgrund des ständigen Bombardements der verursachenden sieben Hauptstrahlungsenergien ausgesetzt sind, bezeichnen wir schlechthin als unser Leben. Dieses Leben also ist seiner von uns so geprägten und zugeschnittenen Form nach ein reines Körper- und Sinnenleben. Wir haben Körperbewusstsein, und wir unterliegen diesem Körperbewusstsein in allen unseren Gedanken, unserem Reden und Tun. Darum, und nur darum können wir das nicht verstehen und für uns nutzbar machen, was jenseits des Körperbewusstseins vorhanden ist. Vorhanden ist nach dem unwiderlegbaren Zeugnis aller wahren Weisen das, wofür unsere Sprache keinen Namen hat. Das was wir als Gott, als Es empfinden, streift unser körperlich zu stark in Anspruch genommenes Bewusstsein nur flüchtig, wir empfinden es viel zu wenig als greifbare Realität. Dabei ist es gerade die Realität, die der Weise seine Tag nennt, während für uns die Nacht herrscht.

Aber auf dem Wege der Evolution, die jene hochempfindsamen sieben Grundenergien ins Bewusstseinsfeld ruft, steigen wir schritt- und stufenweise von der Nacht in den Tag hinein. Und das, nur das, ist der Sinn der Schöpfung, der Ursinn aller Formenwelt, die uns die Schöpfungswelt symbolisch vor Augen führt.

2.

Der westliche Mensch ist seit langen Zeiten daran gewöhnt, sich mit der Schöpfungs-Formenwelt auseinanderzusetzen. Unzählige Fragen steigen in ihm auf und verlangen eine Antwort, die seinem rationellen Tagesdenken entspricht. er will vor allem wissen und schlussfolgert daraus, dass derjenige, der viel wisse, ein Weiser sei.

Anders der fernöstliche Mensch. Für ihn ist Wissen im Sinne unserer Erfahrungs- und Beobachtungswelt ein zweitrangiges Problem. Ihn interessiert nicht so sehr das „Außen“ wie das „Innen“. Darum lautet die Definition eines Weisen in der fernöstlichen Anschauungsweise ganz anders als die unsrige. Für ihn ist ein Weiser eine Wesenheit, die durch lange Innenschau ein Innen-Wissen erlangt hat, das mit der so genannten äußeren Welt nur in einem sehr lockeren Zusammenhang steht. Das hat Asien dazu verleitet, zivilisatorische Dinge sehr gering einzuschätzen, ja, sie völlig beiseite zu schieben und zu vernachlässigen.

Der westliche Mensch hingegen hat seine ganze Kraft dem äußeren Welt- und Formengeschehen zugewandt und – das Innen vernachlässigt.

Hier begegnen uns also zwei ausgeprägte Extreme, und es entsprach ihrer jeweiligen Veranlagung, sich eher zu meiden als zu suchen. Das ist nun anders geworden, oder es steht im Begriff sich zu verändern.

Der Übergang vom Fische- zum Wassermannzeitalter bedingt eine Annäherung der beiden so extremen Standpunkte. Der westliche Mensch erkennt mehr und mehr, dass ihn das so genannte „Äußere“ nicht allein glücklich und zufrieden macht, und der fernöstliche Mensch begreift, dass er durch die Vernachlässigung alles Äußeren sich schweren Schaden zugefügt. hat. Die Wahrheit ruht nämlich hier, wie in allen Dingen, in der geheiligten Mitte. Innen und das so genannte Außen sind eines, sagen die Meister und Weisen, man darf keine willkürliche Trennung vornehmen, sonst wird man von der einen oder von der anderen Seite versklavt und gerät in gefährliche, einseitige Abhängigkeit. Der Mensch, der trennt, der teilt und einseitig aussondert, vergeht sich gegen ein geistiges Gesetz. Dieses Gesetz besagt, dass es in Wahrheit nur die Einheit gibt und nichts anderes, es beinhaltet weiter, dass die Vielfältigkeit äußerer Erscheinungsformen lediglich eine Reflexspiegelung von innen her ist. Mit anderen Worten: Vielfältigkeit ist Zerstreuung, Einfältigkeit ist Sammlung.

Sammlung aber ist zugleich Glück und Friede. Der Weise vom Arunachala, Sri Ramana Maharshi, stellt in seiner kleinen Schrift, die er auf Verlangen einiger Schüler abfasste, ausdrücklich fest, dass Glück des Menschen eigentliche Heimat sei. Glück, so sagt er, sei der dem Menschen eingeborene Zustand. Der Mensch habe einen Anspruch auf dieses Glück, es sei sein Göttliches Erbrecht.

Der westliche Mensch sucht sein Glück vornehmlich im „Außen“. Wenn man genauer zusieht, sind aber alle seine Glücksvorstellungen mit dem Wörtchen „wenn“ gekoppelt. „Wenn“ er dies oder jenes erreicht haben werde, dann würde er glücklich sein. „Wenn“ er Macht hätte, „wenn“ er Geld hätte, „wenn“ er gesund sei, „wenn“ er seine familiären Verhältnisse in Ordnung gebracht hätte, „wenn“ er in einem Staate leben könnte oder würde, der seiner Vorstellung entspräche, „wenn“ er die Liebe seines Herzens gefunden hätte, „wenn“ er das zu essen und zu trinken hätte, wonach ihm der Sinn stünde, „wenn“ er diese und jene Verbindung mit einem erfolgreichen Mitmenschen aufgenommen hätte, „wenn“ er das oder jenes erst hinter sich gebracht hätte, was ihn jetzt ängstige, dann würde er glücklich und zufrieden sein. Das Leben auf der äußeren Sinnen- oder Körperbewusstseinsebene lässt aber den andauernden Glückszustand nicht zu, weil alle Dinge und der Mensch selbst dauernd in Bewegungsrhythmen stehen, weil alles im Flusse ist und sich unaufhaltsam verändert.

Die Gesundheit von heute ist nur relativ, die von morgen kann ganz anders aussehen, der Reichtum von heute kann morgen trotz sorgfältigster Planung zerstoben sein, der Freund von heute kann morgen der Feind sein, die Liebe von heute kann morgen in Hass umschlagen, der Genuss von heute kann morgen dem Ekel vor denselben Dingen weichen, die man im heute vergötzt und vergöttert hat, der Staat von heute kann morgen dem Staat ganz anderer Prägung gewichen sein, die Macht von heute kann morgen der Ohnmacht weichen und so fort –. Da alle Dinge und der Mensch selbst nur relativen Charakter haben, kann man keinen Dauerzustand von ihnen erwarten. Trotzdem bringt der Mensch das unglaubliche Kunststück zuwege, unentwegt von vorn anzufangen, immer in der Hoffnung, morgen das erjagen zu können, was ihm heute scheinbar entgangen ist.

Unsere Wissenschaften gehen denselben Amoklaufweg. Sie versuchen, sich von Experiment zu Experiment, von Beobachtung zu Beobachtung vorzutasten, immer in der Hoffnung einmal das Endgültige, den Schluss-Stein aller Weisheit zu finden. So großen Respekt man diesem Arbeitseifer entgegen bringen kann, so dürftig nimmt er sich vor dem Hintergrund des wahren Weisen aus.

In der relativen Welt, in der man die Münze umdrehen kann, gibt es keinen endgültigen Schluss-Stein, keinen Ruhepunkt. Hier ist alles in fortwährender, flutender, auf- und absteigender Bewegung. Impulse kommen, Impulse gehen, das Eine tritt auf, das Andere verschwindet. So ist es auch mit den Ur-Energien, den sieben Strahlen. Der eine Strahl wird aktiv, der andere, der seinen Sinn erfüllt hat, wird zurückgezogen und so fort im ewigen Wechsel. Nach der Aussage des „Tibeters“ wird die kommende Wassermann-Periode vornehmlich vom 7. Strahl, dem der neuen zeremoniellen Ordnung bestimmt sein, während der 6. Strahl allmählich zum Erlöschen kommt. Mit anderen Worten: der kommende 7. Strahl wird vor allem am Neubau einer anders gearteten Zivilisation beteiligt sein, während der 6. Strahl in seinem negativen Aspekt zu dem ihn die Menschheit gemacht hat, ausgedient hat. Der negative Aspekt dieses 6. Strahls führte zur Formerstarrung auf allen Gebieten; er führte die Menschheit in die starre, unbewegliche Dogmatik hinein, er band sie an alte, weit überholte Formen, die dem modernen Denken nicht mehr gemäß sind.

Der kommende 7. Strahl, unter dessen ersten Auswirkungen wir heute stehen, wird alte Formen zerbrechen und neue an deren Stelle setzen. Das geschieht nach dem Gesetz der Evolution vollkommen planmäßig und in drei Intervallen. Zweitausend Jahre lang werden wir unter der Herrschaft dieses 7. Strahlenwunders stehen und dabei Dinge erleben, die heute noch unvorstellbar sind.

Aber auch dann, am Endpunkte der kommenden zweitausend Jahre, wird kein Dauerzustand gewährleistet sein. Auch dem wird eine neue Formveränderung und -Bewertung Platz greifen, und so geht es von Stufe zu Stufe evolutionär aufwärts, dem Gesetz der Relativität gemäß. Trotzdem, auch wenn neue, bessere Verhältnisse eingetreten sein werden, wird das menschliche Fragen und Jagen nicht aufhören.

Der Weise Sri Ramana Maharshi sagt dazu kurz und bündig, wie es seine Art ist, der Mensch in seinem so genannten äußeren Zustande, sei an die Familie des Hangens und Bangens versklavt. Er macht den Amoklauf nach dem vermeintlichen Glück im Außen so lange mit, bis er begriffen hat, dass es auf dieser Ebene keinen Dauerzustand gibt, der ihm ein ungestörtes Glück verbürge. Denn, so wissen wir es aus eigener Erfahrung, wir hangen heute an dem und morgen an dem anderen, wir bangen heute um dieses und morgen um jenes, also hält uns die Familie „Hangen und Bangen“ dauernd in Atem. Und da sie uns keine Ruhepause von wirklichem Wert gönnt, sind wir am Ende erschöpft und zerbrochen, ohne das ersehnte Dauerglück gefunden zu haben.

Diesen Amoklauf hat die westliche Welt seit tausenden von Erdenjahren mitgemacht, und da sich jedes Ding, das der Mensch allzu sehr strapaziert, abnutzt und ausschöpft, musste der Umschlag kommen. Er kommt langsam, aber er kommt sicher auf uns alle zu. Immer mehr Menschen finden sich nicht mehr beruhigt und zufrieden unter den obwaltenden turbulenten Zuständen, immer mehr Menschen suchen neue Wege, neue Antworten – auf uralte Fragen.

3.

Der westliche Mensch bezweifelt nun aus seinen Erfahrungen, wie er es nennt, dass es überhaupt jemals einen Dauerzustand des Glückes geben könne. Das, was er Glück nennt, abgesehen davon, dass er es stets mit Genuss verwechselt, stellt sich ihm nur in kurzfristigen Zuständen vor, und, so meint er dann, vollkommenes Glück sei nirgendwo zu haben.

Es bieten sich ihm Ersatzlösungen an, und er jagt, vom Gesetz der Relativität getrieben, von einer Ersatzlösung zur anderen. Er schließt sich Institutionen und Organisationen privaten und öffentlichen Charakters an, immer in der Hoffnung, das morgen zu finden, was er heute vergeblich gesucht hat. Menschliche Verbände sind aber vor allem Zweckverbände und unterliegen gleichfalls dem ehernen Gesetz der Verwandlung. Was in irgendeiner Institution heute noch so geheiligt ist, kann morgen anderen Begriffssetzungen weichen. Es kann nicht nur, es muss.

Die großen Religionsgründer waren zweifellos weise Menschen. Sie lebten das Leben vor, wie es gelebt werden sollte; aber ihre Nachfolger vergaßen sehr bald ihre Vorbilder und richteten sich, vor allem nach dem immanenten Trägheitsgesetz, in den vom Ideal zum Idol gewordenen dünnen Lehrgebäuden ein. So kam es, dass das Vorbild des Initiators vergessen wurde und statt dessen der Götze Dogma regiert.

Das lebendige, geschmeidige Lebensvorbild geriet in Erstarrung, der Kult trat an die Stelle des wahren Seins, die äußerliche Befolgung von Riten wurde verbindlich, und der suchende Mensch wurde mit papierenen Worten abgespeist. In dieser Situation griff der langsam verzweifelnde Mensch zur Notlüge. Er redete sich dahingehend hinaus, er sei nur ein Hälmchen, ein Wurm, er könne keinen Einfluss auf herrschende Zustände haben, er sei zu schwach, zu klein und daher ohnmächtig.

Das ist eine perfekte Notlüge aus der festgefahrenen Situation heraus, die der Mensch nicht mehr meistern konnte. Da er ausschließlich auf das „Außen“ reagierte, konnte ihm dieses „Außen“ nicht mehr auszahlen als er an Anfangskapital darin investiert hatte. Die verwickelten und verworrenen Zustände waren von ihm selbst verschuldet, eben weil er das „Innen“ vernachlässigt hatte.