Der Totschläger - Chris Carter - E-Book
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Der Totschläger E-Book

Chris Carter

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Beschreibung

Er sagt, du hast keine Wahl. Er sagt, du kannst nur zusehen. Es liegt nicht in deiner Macht, seine Taten zu verhindern. Aber es gibt immer Wege. Und du wirst jeden einzelnen gehen. Bis du ihn gefunden hast. Detective Robert Hunter erhält einen Anruf. Spiel mit mir, sagt die anonyme Stimme. Doch Mord ist für Hunter kein Spaß. Zug um Zug wird er zum echten Spielverderber.  

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Das Buch

Detective Robert Hunter erhält einen mysteriösen Anruf: Der anonyme Anrufer sagt ihm, er solle eine Website auf­suchen. Auf der Seite läuft ein Video – auf dem ein Mensch brutal gefoltert und ermordet wird. Hunter muss hilflos zusehen. Bevor Hunter und sein Kollege Garcia auch nur einen Schritt in ihren anschließenden Ermittlungen vorankommen, erhält Hunter einen weiteren Anruf. Er öffnet die Website: ein weiteres Video, ein weiterer brutaler Mord vor laufender Kamera. Und dieses Mal hat der Anrufer Hunter und Garcia eine ganz eigene Rolle in seinem kranken Spiel zugedacht: Sie müssen entscheiden, wie das Opfer sterben wird. Doch Hunter und Garcia lassen sich so einfach nicht manipulieren …

Der Autor

Chris Carter wurde 1965 in Brasilien als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Er studierte in Michigan forensische Psychologie und arbeitete sechs Jahre lang als Kriminalpsychologe für die Staatsanwaltschaft. Dann zog er nach Los Angeles, wo er als Musiker Karriere machte. Gegenwärtig lebt Chris Carter in London. Seine Thriller um Profiler Robert Hunter sind allesamt Bestseller. Weitere Informationen finden Sie unter www.chriscarterbooks.com.

Von Chris Carter sind in unserem Hause bereits erschienen:

One Dead

Der Kruzifix-Killer

Der Vollstrecker

Der Knochenbrecher

Totenkünstler

Der Totschläger

Chris Carter

Der Totschläger

Thriller

Aus dem Englischen

von Sybille Uplegger

Ullstein

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Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch

1. Auflage Juni 2014

© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH,

Berlin 2014

© Chris Carter 2013,

Published by Arrangement with Luiz Montoro

Titel der englischen Originalausgabe: One by One (Simon & Schuster Inc.)

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Titelabbildung: Stephen Mulcahey/Arcangel Images

ISBN 978-3-8437-0723-7

Alle Rechte vorbehalten.

Unbefugte Nutzung wie etwa Vervielfältigung,

Verbreitung, Speicherung oder Übertragung

können zivil- oder strafrechtlich

verfolgt werden.

E-Book: LVD GmbH, Berlin

1

Ein einzelner Schuss in den Hinterkopf wie bei einer Exekution. Viele Menschen halten das für einen grausamen Tod. Doch in Wahrheit ist er das nicht – zumindest nicht für das Opfer. Die Zeit, die ein Neunmillimeter-Geschoss benötigt, um in den Schädel einzudringen und auf der anderen Seite wieder auszutreten, beträgt drei Zehn­tausendstelsekunden. Dabei zertrümmert es zunächst die Schädeldecke, um dann mit derartig hoher Geschwindigkeit die Gehirnmasse zu durchschlagen, dass das Nervensystem keine Zeit hat, Schmerzreize zu senden. Bei korrektem Eintrittswinkel geht die Kugel in aller Regel durch die Großhirnrinde, das Kleinhirn, sogar den Thalamus, und das Gehirn hört auf zu funktionieren, was den sofortigen Tod zur Folge hat. Ist der Winkel ungünstig, kann das Opfer überleben, allerdings nicht ohne eine massive Schä­digung des Gehirns. Die Eintrittswunde ist meistens nicht größer als eine kleine Weintraube, die Austrittswunde hingegen kann den Durchmesser eines Tennisballs haben, je nachdem, welche Munition verwendet wurde.

Das männliche Opfer auf dem Foto, das Detective Robert Hunter vom Raub- und Morddezernat des LAPD gerade ­betrachtete, war einen schnellen Tod gestorben. Die Kugel war sauber quer durch den Schädel gegangen und hatte dabei Kleinhirn, Temporal- und Frontallappen durchschlagen. Eine tödliche Schädigung des Gehirns innerhalb von drei Zehntausendstelsekunden. Weniger als eine Sekunde danach hatte der Mann tot am Boden gelegen.

Es war nicht Hunters Fall; er gehörte Detective Terry Radley aus dem Hauptbüro. Die Ermittlungsfotos waren durch ein Versehen auf Hunters Schreibtisch gelandet. Gerade als er das Foto zurück in die Akte schob, klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch.

»Detective Hunter, Morddezernat I«, meldete er sich. Wahrscheinlich war es Radley, der wissen wollte, wo seine Bilder abgeblieben waren.

Schweigen.

»Hallo?«

»Spreche ich mit Detective Robert Hunter?«, hörte er eine raue Männerstimme in ruhigem Tonfall fragen.

»Ja, ich bin Detective Robert Hunter. Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?«

Hunter hörte, wie der Anrufer ausatmete.

»Das werden wir gleich sehen, Detective.«

Hunter runzelte die Stirn.

»In den nächsten paar Minuten benötige ich Ihre volle Aufmerksamkeit.«

Hunter räusperte sich. »Tut mir leid, ich habe Ihren Na…«

»Detective. Halten Sie den Mund und hören Sie mir zu«, schnitt der Anrufer ihm das Wort ab. Nach wie vor ließ seine Stimme nicht die kleinste Gefühlsregung erkennen. »Das hier ist keine Unterhaltung.«

Hunter schwieg. Das LAPD bekam jeden Tag Dutzende, manchmal sogar Hunderte merkwürdiger Anrufe – von Betrunkenen, von Junkies auf einem Trip oder von Gangmitgliedern, die der Polizei imponieren wollten; von Hellsehern, von Leuten, die eine Verschwörung in höchsten ­Regierungskreisen oder eine Invasion durch Außerirdische melden wollten, ja sogar von Spinnern, die behaupteten, Elvis in ihrem Restaurant gesehen zu haben. Doch etwas im Tonfall dieses Mannes, in seiner Art zu sprechen, verriet Hunter, dass es ein Fehler wäre, den Anruf als Scherz abzutun. Er beschloss, fürs Erste mitzuspielen.

Hunters Partner, Detective Carlos Garcia, saß an seinem Schreibtisch gegenüber. Ihr kleines Büro lag im fünften Stock des Police Administration Building im Zentrum von Los Angeles. Garcia, der sich die langen dunkelbraunen Haare zu einem glatten Pferdeschwanz zurückgebunden hatte, las gerade etwas am Bildschirm und bekam von dem Gespräch seines Partners nichts mit. Er hatte sich auf seinem Stuhl nach hinten gelehnt und die Hände entspannt hinter dem Kopf verschränkt.

Hunter schnippte mit den Fingern, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, deutete dann auf den Hörer an seinem Ohr und machte eine Kreisbewegung mit dem Zeigefinger, um zu signalisieren, dass Garcia den Anruf aufzeichnen und eine Rückverfolgung einleiten sollte.

Sofort griff Garcia nach seinem eigenen Telefon, wählte die Nummer der Einsatzzentrale und hatte in weniger als fünf Sekunden alles in die Wege geleitet. Er machte Hunter ein Zeichen, der ihm daraufhin bedeutete, das Gespräch mitzuhören.

Garcia klinkte sich in die Leitung ein.

»Ich gehe davon aus, dass Sie einen Computer auf dem Schreibtisch stehen haben, Detective«, sagte der Anrufer. »Und dass dieser Computer über einen Internetanschluss verfügt?«

»Das stimmt, ja.«

Eine angespannte Pause.

»Gut. Ich will, dass Sie die Adresse, die ich Ihnen gleich nennen werde, in Ihren Browser eingeben … sind Sie bereit?«

Hunter zögerte.

»Vertrauen Sie mir, Detective. Sie werden das hier garantiert sehen wollen.«

Hunter beugte sich über seine Tastatur und rief seinen Internet-Browser auf. Garcia tat dasselbe.

»Okay, ich bin so weit«, meldete Hunter in ruhigem Ton.

Der Anrufer nannte Hunter eine Internetadresse, die nur aus Zahlen und Punkten bestand. Sie enthielt keinen einzigen Buchstaben.

Hunter und Garcia tippten die Zahlenreihe in die Adresszeile ihres Browsers ein und drückten auf »Enter«. Ihre Monitore flackerten ein paarmal, bevor die Website geladen wurde.

Beide Detectives erstarrten. Im Büro war es totenstill.

Bis der Anrufer leise auflachte. »Ich glaube, jetzt habe ich Ihre volle Aufmerksamkeit.«

2

Das FBI hat sein Hauptquartier in der Pennsylvania Avenue Nummer 935 in Washington, D. C., wenige Blocks vom Weißen Haus entfernt, direkt gegenüber des US-Justizministeriums. Neben der Zentrale unterhält das FBI, auf die fünfzig US-Bundesstaaten verteilt, insgesamt sechsundfünfzig Außenstellen. Den meisten dieser Außenstellen sind darüber hinaus eine Anzahl kleinerer Dienststellen, Büros genannt, untergeordnet.

Die FBI-Außenstelle am Wilshire Boulevard in Los Angeles ist eine der größten in den gesamten Vereinigten Staaten. Ihr unterstehen zehn Büros. Außerdem ist sie eine der wenigen mit einer eigenen Abteilung für Cyberkriminalität.

Die Hauptaufgabe der Abteilung für Cyberkriminalität des FBI ist es, gegen jede Art von Hightech-Verbrechen vorzugehen, darunter fallen etwa Cyberterrorismus, Hacking, sexuelle Ausbeutung im Internet sowie schwere Fälle von Internetbetrug. In den Vereinigten Staaten haben sich allein in den letzten fünf Jahren die Fälle von Cyberkriminalität verzehnfacht. Die Netzwerke der US-Regierung sind jeden Tag mehr als einer Milliarde Angriffe aus der ganzen Welt ausgesetzt.

Im Jahre 2011 wurde dem Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Verkehr ein Gutachten vorgelegt, in dem die durch Cyberkriminalität erwirtschafteten Gewinne allein auf dem Territorium der USA auf jährlich annähernd achthundert Millionen Dollar beziffert wurden. Das macht die Cyberkriminalität zum profitstärksten illegalen Wirtschaftszweig in den USA, noch vor dem Drogenhandel.

Tausende Webcrawler des FBI, auch »bots« oder »spiders« genannt, durchsuchen unablässig das Netz nach Hinweisen auf jede Art von digitalem Verbrechen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Vereinigten Staaten. Es ist eine Herkulesaufgabe, und beim FBI ist man sich der Tatsache bewusst, dass das, was die Crawler finden, lediglich die Spitze eines gigantischen Eisbergs ist. Für jede Bedrohung, die sie identifizieren, bleiben tausend andere unerkannt. Das war auch der Grund, weshalb an jenem Herbstnachmittag Ende September kein FBI-Webcrawler auf die In­ternetseite stieß, die Detective Hunter und sein Partner im Police Administration Building soeben aufgerufen hatten.

3

Hunters und Garcias Blicke klebten förmlich an ihren Monitoren, während sie versuchten, die seltsamen Bilder zu deuten, die sie sahen. Da war zunächst einmal ein großer rechteckiger Behälter. Er schien aus Glas zu bestehen, doch es konnte auch Acryl oder ein anderes transparentes Material sein. Hunter schätzte, dass die Seiten des Behälters etwa anderthalb Meter lang und mindestens einen Meter achtzig hoch waren. Der Behälter war oben offen und sah selbstgebaut aus. Ein Rahmen aus Metall sowie dicke Streifen weißer Dichtungsmasse hielten die vier Wände zusammen. Die Konstruktion hatte Ähnlichkeiten mit einer verstärkten Duschkabine. Im Innern des Behälters, einander gegenüber, befanden sich zwei Metallrohre von etwa sieben Zentimetern Durchmesser. Sie führten senkrecht vom Boden in die Höhe und oben aus der Kabine hinaus. Die Rohre hatten zahlreiche Löcher, die in etwa so groß waren wie ein handelsüblicher Bleistift.

Es gab zwei Dinge, die Hunter beunruhigten. Das eine war der Umstand, dass es sich bei den Bildern offenbar um ein Live-Streaming handelte. Das Zweite war das, was sich in der Mitte des Behälters, genau zwischen den beiden Rohren, befand.

Dort saß, an einen stabilen Metallstuhl gefesselt, ein Mann. Er war hellhäutig, schätzungsweise Mitte bis Ende zwanzig und hatte dunkelblondes, kurz geschnittenes Haar. Als einziges Kleidungsstück trug er gestreifte Boxershorts. Er war korpulent mit rundem Gesicht, Paus­backen und dicken Armen. Er schwitzte stark, und obwohl er nicht verletzt zu sein schien, ließ sein Gesichtsausdruck keinen Zweifel daran, was er empfand: nackte Angst. Er hatte die Augen weit aufgerissen und atmete schnell und flach durch den Stoffknebel in seinem Mund. Die hektische Bewegung seiner Bauchdecke verriet Hunter, dass der Mann kurz davor war zu hyperventilieren. Er zitterte am ganzen Leib, und sein Blick huschte umher wie der einer orientierungslosen, verängstigten Maus.

Die Bilder hatten einen Grünstich, ein Hinweis darauf, dass sie von einer Kamera mit Nachtsichtobjektiv aufgenommen wurden. Wer auch immer dieser Mann war, er saß also in einem dunklen Raum.

»Ist das echt?«, zischte Garcia, die Hand über der Muschel des Telefonhörers.

Hunter zuckte die Achseln, ohne den Blick vom Monitor abzuwenden.

Wie aufs Stichwort meldete sich der Anrufer zurück. »Falls Sie sich fragen, ob das hier live ist, Detective, erlauben Sie mir, dass ich es Ihnen demonstriere.«

Die Kamera schwenkte nach rechts zu einer nicht weiter bemerkenswerten gemauerten Wand, an der eine runde Uhr hing. Die Zeiger standen auf zwei Uhr siebenundfünfzig. Hunter und Garcia sahen auf ihre Armbanduhren – vierzehn Uhr siebenundfünfzig. Als Nächstes machte die Kamera einen Schwenk nach unten. Auf dem Boden am Fuß der Wand lag eine Tageszeitung. Die Kamera zoomte auf das Datum im Titel. Es war eine Ausgabe der aktuellen L. A. Times.

»Zufrieden?« Der Anrufer lachte leise.

Kurz darauf nahm die Kamera wieder den Mann im durchsichtigen Behälter aufs Korn. Dem lief mittlerweile der Rotz aus der Nase, und sein Gesicht war tränenüberströmt.

»Der Behälter, den Sie hier sehen, ist aus verstärktem Glas hergestellt – stark genug, um einer Kugel standzuhalten«, erklärte der Anrufer mit eiskalter Ruhe. »Die Tür hat einen überaus sicheren Schließmechanismus und ist luftdicht versiegelt. Sie lässt sich nur von außen öffnen. Kurz: Der Mann, den Sie auf Ihrem Bildschirm sehen, ist gefangen. Er hat keine Möglichkeit zu entkommen.«

Der verängstigte Mann blickte direkt in die Kamera. Rasch betätigte Hunter die Tastenkombination für einen Screenshot und sicherte diesen in der Zwischenablage seines Rechners. Jetzt hatte er ein Bild vom Gesicht des Mannes, anhand dessen man ihn, so hoffte er zumindest, später würde identifizieren können.

»Also. Der Grund, weshalb ich Sie anrufe, Detective, ist folgender: Ich brauche Ihre Hilfe.«

Der Mann im Bild begann heftig zu keuchen. Sein ganzer Körper war mit Angstschweiß bedeckt. Jeden Moment würde er eine Panikattacke bekommen.

»In Ordnung, ganz ruhig«, antwortete Hunter, um einen besonnenen, aber festen Ton bemüht. »Sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.«

Schweigen.

Hunter wusste, dass der Anrufer noch in der Leitung war. »Ich tue, was ich kann, um Ihnen zu helfen. Sagen Sie mir nur, wie.«

»Nun …«, erwiderte der Anrufer. »Sie können entscheiden, wie er sterben soll.«

4

Hunter und Garcia wechselten einen beunruhigten Blick. Garcia ging sofort aus der Leitung und tippte erneut die Durchwahl der Zentrale ein.

»Bitte, sagen Sie mir, dass Sie wissen, wo sich dieser Verrückte aufhält«, sagte er, kaum dass am anderen Ende jemand abgenommen hatte.

»Noch nicht, Detective«, gab die Frau zurück. »Wir brauchen noch ungefähr eine Minute. Sorgen Sie dafür, dass er weiterredet.«

»Er will aber nicht mehr reden.«

»Wir haben es gleich, wir brauchen nur noch ein bisschen Zeit.«

»Verdammt!« Garcia schüttelte den Kopf und signalisierte Hunter, den Anrufer unbedingt am Reden zu halten. »Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie was wissen.« Er beendete das Gespräch und klinkte sich wieder in Hunters Leitung ein.

»Feuer oder Wasser, Detective?«, fragte der Anrufer nun.

Hunter runzelte die Stirn. »Was?«

»Feuer oder Wasser?«, wiederholte der Anrufer leicht belustigt. »Die Rohre im Glasbehälter, die Sie auf dem Bildschirm sehen können, sind sowohl in der Lage, Feuer zu spucken, als auch den Behälter unter Wasser zu setzen.«

Hunters Herzschlag geriet ins Stocken.

»Also wählen Sie, Detective Hunter. Was würden Sie lieber sehen? Wie er durch Feuer oder durch Wasser umkommt? Soll ich ihn ertränken oder bei lebendigem Leibe verbrennen?« Es klang nicht nach einem Scherz.

Garcia rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her.

»Warten Sie«, bat Hunter, mühsam beherrscht. »Sie müssen das nicht machen.«

»Das weiß ich, aber ich will. Das wird doch bestimmt lustig, meinen Sie nicht?« Der Gleichmut in der Stimme des Anrufers hatte etwas Hypnotisierendes.

»Mach schon, mach schon«, knurrte Garcia durch zusammengebissene Zähne, während er die Blinklichter für die verschiedenen Leitungen an seinem Telefonapparat beobachtete. Noch immer keine Rückmeldung aus der Zentrale.

»Wählen Sie, Detective«, befahl der Anrufer. »Ich will, dass Sie entscheiden, wie er stirbt.«

Hunter schwieg.

»Ich empfehle Ihnen, sich für eine Todesart zu entscheiden, Detective, denn eins kann ich Ihnen versprechen: Die Alternative wäre ungleich schlimmer.«

»Sie wissen, dass ich diese Entscheidung nicht treffen kann …«

»WÄHLEN SIE!«, donnerte der Anrufer.

»Schon gut.« Hunter blieb gefasst. »Ich wähle keine von beiden.«

»Das steht nicht zur Auswahl.«

»Doch, das tut es. Lassen Sie uns kurz über die Sache reden.«

Der Anrufer lachte zornig auf. »Nein, lassen Sie uns das nicht tun. Die Zeit zum Reden ist vorbei. Jetzt ist die Zeit für Entscheidungen, Detective. Wenn Sie nicht wählen … dann tue ich es. So oder so – er stirbt.«

An Garcias Apparat begann ein rotes Licht zu blinken. Rasch wechselte er die Leitung. »Sagen Sie mir, dass Sie ihn haben.«

»Wir haben ihn, Detective.« In der Stimme der Frau schwang Erregung mit. »Er ist in …« Sie verstummte. »Mist, was ist denn das jetzt?«

»Was?«, drängte Garcia. »Wo ist er?«

»Was zum Teufel ist hier los?«, hörte Garcia die Frau sagen, aber er wusste, dass sie nicht zu ihm sprach. Er hörte unverständliches Getuschel am anderen Ende der Leitung. Irgendetwas stimmte nicht.

»Kann mal bitte jemand mit mir reden?« Garcias Stimme kletterte eine halbe Oktave in die Höhe.

»Es hat keinen Zweck, Detective«, sagte die Frau endlich. »Wir dachten, wir hätten ihn in Norwalk, aber dann ist das Signal plötzlich nach Temple City gesprungen, dann nach El Monte, und jetzt wird uns angezeigt, dass der Anruf aus Long Beach kommt. Selbst wenn er noch eine Stunde in der Leitung bleibt, wir können ihn nicht orten.« Sie machte eine kurze Pause. »Das Signal ist gerade nach Hollywood weitergewandert. Tut mir leid, Detective. Der Kerl weiß, was er tut.«

»Scheiße!« Garcia wechselte erneut die Leitung und schüttelte den Kopf. »Er lenkt das Signal um«, raunte er Hunter zu. »Wir können ihn nicht orten.«

Hunter kniff die Augen zusammen. »Warum tun Sie das?«, fragte er den Anrufer.

»Weil ich es will«, lautete die Antwort. »Sie haben drei Sekunden Zeit, Ihre Wahl zu treffen, Detective Hunter. Feuer oder Wasser? Werfen Sie eine Münze, wenn’s sein muss. Fragen Sie Ihren Partner. Ich weiß, dass er zuhört.«

Garcia schwieg.

»Warten Sie«, sagte Hunter. »Wie kann ich die Entscheidung treffen, wenn ich nicht mal weiß, wer der Mann ist oder weshalb er in diesem Behälter sitzt? Kommen Sie schon, reden Sie mit mir. Erklären Sie mir, worum es hier geht.«

Erneut lachte der Anrufer. »Das müssen Sie schon selbst rausfinden, Detective. Zwei Sekunden.«

»Tun Sie das nicht. Wir können uns doch gegenseitig helfen.«

Garcias Augen ruhten jetzt nicht mehr auf seinem Monitor, sondern auf Hunter.

»Eine Sekunde noch, Detective.«

»Bitte, reden Sie mit mir«, drängte Hunter den Mann abermals. »Gemeinsam kriegen wir das hin. Was auch immer das Problem ist, wir können eine bessere Lösung dafür finden.«

Garcia hielt den Atem an.

»Die Lösung lautet Feuer oder Wasser, Detective. Aber wie auch immer, die Zeit ist abgelaufen. Also, was soll es sein?«

»Hören Sie, es muss doch einen anderen Weg geben, wie wir …«

TOCK, TOCK, TOCK.

Das Geräusch, das aus ihren Hörern kam, war so laut, dass sie unwillkürlich zurückzuckten, als wären sie ins Gesicht geschlagen worden. Es klang, als habe der Anrufer seinen Telefonhörer dreimal gegen eine harte Oberfläche geschlagen, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.

»Anscheinend hören Sie mir nicht richtig zu, Detective Hunter. Wir sind fertig mit dem Reden. Das einzige Wort, das ich jetzt noch aus Ihrem Mund hören will, lautet entweder Feuer oder Wasser. Sonst nichts.«

Hunter schwieg.

»Wie Sie wollen. Wenn Sie sich nicht entscheiden möchten, tue ich es eben. Und ich entscheide mich für Feu…«

»Wasser«, sagte Hunter mit Nachdruck. »Ich wähle Wasser.«

Der Anrufer schwieg, dann lachte er belustigt. »Wissen Sie was, Detective? Es war mir klar, dass Sie sich für Wasser entscheiden würden.«

Hunter erwiderte nichts.

»Es lag auf der Hand. Sie haben sich die zwei Möglichkeiten durch den Kopf gehen lassen, und ein Tod durch Ertrinken kam Ihnen weit weniger grausam vor als ein Tod durch Verbrennen. Vergleichsweise schmerzfrei, human und schnell, stimmt’s? Aber haben Sie schon mal jemandem beim Ertrinken zugesehen, Detective?«

Schweigen.

»Haben Sie jemals den Blick in den Augen eines Menschen gesehen, der verzweifelt die Luft anhält, solange er nur kann, obwohl er weiß, dass der Tod überall um ihn her­um lauert und ihn gleich holen wird?«

Hunter fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare.

»Haben Sie je gesehen, wie ein Ertrinkender in Panik um sich blickt, als würde er nach einem Wunder Ausschau halten, das niemals eintreten wird? Ein Wunder, das es nicht gibt?«

Noch immer Schweigen.

»Haben Sie gesehen, wie der Körper wie unter Strom zu zucken beginnt, wenn der Betreffende irgendwann aufgibt und seinen ersten Mundvoll Wasser einatmet? Wie ihm die Augen fast aus dem Schädel treten, wenn sich seine Lunge mit Wasser füllt und er qualvoll erstickt?« Der Anrufer ­atmete absichtlich langsam aus. »Wussten Sie, dass es unmöglich ist, die Augen geschlossen zu halten, wenn man ertrinkt? Das ist eine automatische motorische Reaktion, wenn das Gehirn nicht ausreichend Sauerstoff bekommt.«

Garcias Blick wanderte zurück zu seinem Computerbildschirm.

Erneut ließ der Anrufer ein Lachen hören. Diesmal klang es regelrecht aufgeräumt. »Bleiben Sie dran, Detective. Die Show ist im Begriff, noch viel besser zu werden.«

Dann war die Leitung tot.

5

Plötzlich kam aus den Löchern in den beiden Rohren innerhalb des Glasbehälters mit unglaublicher Geschwindigkeit Wasser herausgeschossen. Der an den Stuhl gefesselte Mann erschrak und fuhr heftig zusammen. Seine Augen wurden noch größer, als er begriff, was sich da abspielte. Trotz des Knebels in seinem Mund begann er panisch zu schreien, doch Hunter und Garcia an ihren Bildschirmen hörten keinen Ton.

»O mein Gott«, sagte Garcia und presste sich die Faust vor den Mund. »Der blufft nicht. Der macht’s wirklich. Der will den Kerl tatsächlich ertränken. Verdammt.«

Der Mann auf dem Stuhl begann zu zappeln und zerrte mit aller Kraft an seinen Fesseln, doch die gaben keinen Zentimeter nach. Er konnte sich nicht befreien, so sehr er sich auch anstrengte. Der Stuhl war fest mit dem Boden verschraubt.

»Das ist doch Wahnsinn«, sagte Garcia.

Hunter saß ganz still, ohne zu blinzeln, und starrte auf seinen Bildschirm. Er wusste, dass sie vom Büro aus nicht das Geringste tun konnten – außer Hinweise zu sammeln. »Gibt es eine Möglichkeit, das aufzuzeichnen?«, wollte er von Garcia wissen.

Der zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Glaube nicht.«

Hunter griff nach seinem Telefonhörer und rief in der Zentrale an.

»Stellen Sie mich zum Leiter der Abteilung Computerkriminalität durch, sofort. Es ist dringend.«

Zwei Sekunden später hörte er es klingeln. Nach vier weiteren Sekunden erklang am anderen Ende eine Baritonstimme.

»Dennis Baxter, LAPD, Abteilung Computerkrimina­lität.«

»Dennis, hier ist Detective Hunter von Mord I.«

»Hallo, Detective, was kann ich für Sie tun?«

»Sagen Sie, gibt es eine Möglichkeit, wie ich eine Live-Übertragung aus dem Internet aufzeichnen kann, während ich sie an meinem Computer anschaue?«

Baxter lachte. »Wow, ist die Braut so scharf?«

»Gibt es die Möglichkeit oder nicht, Dennis?«

Hunters Tonfall vertrieb den Schalk aus Baxters Stimme.

»Nur wenn Sie eine spezielle Screen-Recording-Software auf Ihrem Rechner installiert haben«, antwortete er.

»Und? Habe ich so was?«

»Auf einem LAPD-Bürorechner? Da ist das kein Standard. Sie können einen Antrag stellen, dann spielt Ihnen die EDV innerhalb der nächsten ein, zwei Tage so ein Programm auf die Platte.«

»Das nützt mir nichts. Ich muss aufzeichnen, was ich jetzt gerade auf meinem Bildschirm sehe.«

Eine kurze Pause.

»Also, ich könnte das von hier aus machen«, bot Baxter an. »Wenn Sie was live im Netz sehen, geben Sie mir einfach die Domain, dann rufe ich die Seite auf und nehme es für Sie auf. Würde Ihnen das helfen?«

»Besser als nichts. Versuchen wir es.« Hunter nannte Baxter die Ziffernfolge, die ihm der Anrufer wenige Minuten zuvor diktiert hatte.

»Eine IP-Adresse?«, sagte Baxter.

»Genau. Kann man die nicht normalerweise zurückverfolgen?«, fragte Hunter.

»Doch. Das ist sogar ihr eigentlicher Zweck. Sie ist eine Art Nummernschild für jeden Computer, der Verbindung zum Internet hat. Mit ihrer Hilfe kann ich so ziemlich den exakten Standort des Rechners ermitteln, von dem die Übertragung kommt.«

Hunter runzelte die Stirn. Konnte der Anrufer tatsächlich einen derart dummen Fehler gemacht haben?

»Soll ich eine Suche initialisieren?«, wollte Baxter wissen.

»Ja.«

»Okay. Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich was habe.« Er legte auf.

Das Wasser reichte dem Mann bereits bis zur Hüfte. Hunter schätzte, dass es bei der momentanen Fließgeschwindigkeit noch eine Minute, vielleicht zwei, dauern würde, bis der Mann komplett unter Wasser war.

»Die Zentrale hat gesagt, es gibt keine Möglichkeit, den Anruf zurückzuverfolgen?«, wandte sich Hunter an Garcia.

»Ja, genau. Das Signal springt quer durch die ganze Stadt.«

Das Wasser hatte den Bauch des Mannes erreicht. Er versuchte nach wie vor, sich zu befreien, doch verließen ihn allmählich die Kräfte. Sein Zittern war stärker geworden – eine Folge seiner Angst, aber auch der Wassertemperatur, vermutete Hunter.

Es gab nichts, was Hunter und Garcia hätten sagen können, also breitete sich eine drückende Stille im Büro aus, während sie zusahen, wie der Tod dem Mann auf dem Bildschirm Zentimeter um Zentimeter näher kam.

Dann klingelte abermals das Telefon auf Hunters Schreibtisch.

»Detective, ist das echt?«, wollte Dennis Baxter wissen.

»Im Moment haben wir keinen Anlass zu glauben, dass es nicht echt ist. Zeichnen Sie es auf?«

»Ja, mache ich.«

»Glück gehabt beim Zurückverfolgen der Adresse?«

»Noch nicht. So was kann ein paar Minuten dauern.«

»Melden Sie sich wieder, sobald sich was ergibt.«

»Wird gemacht.«

Das Wasser ging dem Mann mittlerweile bis zur Brust, und die Kamera zoomte langsam auf sein Gesicht. Er schluchzte. Die Hoffnung war aus seinen Augen gewichen. Er war kurz davor, sich in sein Schicksal zu ergeben.

»Ich glaube, ich kann mir das nicht ansehen«, sagte Garcia, stand von seinem Schreibtisch auf und begann im Raum hin und her zu gehen.

Das Wasser hatte die Schultern des Mannes erreicht. Noch eine Minute, dann wäre es ihm bis über die Nase gestiegen, und mit dem nächsten Atemzug würde das Sterben beginnen. Der Mann schloss die Augen und wartete. Er versuchte nicht länger, sich zu befreien.

Das Wasser leckte an der Unterseite seines Kinns, dann hörte es ohne jede Vorwarnung auf zu fließen. Kein Tropfen kam mehr aus den Rohren.

»Was soll denn das jetzt?« Hunter und Garcia wechselten einen Blick, dann starrten sie wieder auf ihre Monitore. Sie wussten nicht, was sie davon halten sollten.

»Es war doch nur ein gottverdammter Scherz«, sagte Garcia und trat neben Hunter. Ein nervöses Lächeln zuckte auf seinen Lippen. »Irgendein Bekloppter, der uns verarschen wollte.«

Hunter war sich da nicht so sicher.

Genau in dem Moment klingelte erneut das Telefon.

6

Das Geräusch zerriss die Stille mit der Wucht eines Donnerschlags, der über den nächtlichen Himmel schallt.

»Sie sind sehr clever, Detective Hunter«, lobte der Anrufer.

Hunter machte Garcia sofort ein Zeichen. Wenige Sekunden, dann wurde auch dieser Anruf aufgezeichnet.

»Fast hätten Sie mich überlistet«, fuhr der Anrufer fort. »Ich fand Ihre Sorge um das Opfer wirklich sehr anrührend. Sobald Ihnen klar wurde, dass Sie ihn nicht retten können, haben Sie sich für diejenige der beiden Todesarten entschieden, die Ihnen weniger sadistisch und qualvoll vorkam. Aber das ist nur die eine Hälfte der Geschichte, nicht wahr?«

Garcia machte ein verwirrtes Gesicht.

Hunter schwieg.

»Ich habe den wahren Grund hinter Ihrer Entscheidung durchschaut, Detective.«

Keine Antwort.

»Ihnen ist klargeworden, dass ich drauf und dran war, Feuer zu wählen, also haben Sie mich ganz schnell unterbrochen und sich für Wasser entschieden.« Ein selbstbewusstes Lachen. »Denn Wasser bedeutet Hoffnung, habe ich recht?«

»Hoffnung?«, formte Garcia lautlos mit den Lippen, während er Hunter stirnrunzelnd ansah.

»Die Hoffnung, dass, wenn – oder falls – Sie irgendwann die Leiche finden, Ihr –«, als er weitersprach, klang seine Stimme affektiert, »superfortschrittliches Hightech-Kriminallabor möglicherweise irgendwelche Spuren sicherstellen kann. Vielleicht auf seiner Haut, in seinen Haaren, unter seinen Nägeln oder in seinem Mund. Wer kann schon sagen, was für mikroskopisch kleine Hinterlassenschaften von mir an ihm zu finden wären, nicht wahr, Detective Hunter? Feuer hingegen hätte all das zerstört. Es hätte seinen gesamten Körper und alles, was ihm anhaftet, karbonisiert. Ergo: keine Spuren, nicht einmal mikroskopisch kleine.«

Dieser Gedanke war Garcia noch gar nicht gekommen.

»Aber wenn er ertrinkt, bleibt die Leiche intakt«, fuhr der Anrufer fort. »Der Tod tritt durch Ersticken ein … Haut, Haare, Nägel … nichts davon wird zerstört. Es ist alles noch da und kann analysiert werden.« Der Anrufer hielt kurz inne, um Atem zu schöpfen. »Sie könnten eine Million Dinge finden. Selbst das Wasser in seiner Lunge könnte Ihnen Aufschlüsse liefern. Deswegen haben Sie sich für Wasser entschieden, stimmt’s? Wenn Sie ihn schon nicht retten können, dann wollen Sie wenigstens das Nächstbeste tun.« Der Anrufer ließ ein lebhaftes Lachen hören. »Sie denken immer wie ein Detective. Ach, das macht ja keinen Spaß mit Ihnen.«

Hunter schüttelte kaum merklich den Kopf. »Mit der ersten Annahme hatten Sie recht. Mir ging es um das Leiden des Opfers.«

»Natürlich. Aber wissen Sie was? Auf den Fall war ich vorbereitet.«

Der Mann im Glaskasten hatte inzwischen die Augen wieder geöffnet. Er zitterte noch immer. Trotz der Dunkelheit blickte er um sich, abwartend … lauschend.

Nichts. Kein Geräusch. Das Wasser hatte aufgehört zu fließen.

Hinter dem Knebel verzog sich sein Mund zu einem zaghaften Lächeln. Ein Fünkchen Hoffnung glomm in seinen Augen auf, als wäre alles nur ein böser Traum gewesen … ein grausamer Scherz. Er schluckte schwer, schloss dann die Augen und legte den Kopf in den Nacken, als danke er Gott. Tränen quollen unter seinen geschlossenen Lidern hervor und liefen ihm über die Wangen.

»Bleiben Sie dran, Detective.« In der Stimme des Anrufers schwang Stolz mit. »Was Ihnen gleich geboten wird, ist der Cirque du Soleil unter den Live-Shows.« Mit diesen Worten legte er auf.

Am Bildschirm konnten sie beobachten, wie der Wasserpegel zu sinken begann.

»Er lässt das Wasser ab«, bemerkte Garcia.

Hunter nickte.

Es ging schnell. Binnen weniger Sekunden war der Wasserspiegel bis auf Brusthöhe gesunken.

Dort blieb er stehen.

»Was soll das jetzt schon wieder?«, fragte Garcia und rang die Hände.

Hunter schüttelte den Kopf. Er war voll und ganz auf den Bildschirm konzentriert.

Die Kamera zoomte ein klein wenig weiter weg, und plötzlich passierte etwas mit den Rohren unterhalb des Wasserspiegels. Wie bei einem Whirlpool begann das Wasser zu brodeln, als von neuem Flüssigkeit in den Glasbe­hälter gepumpt wurde. Doch diesmal war etwas anders. Als die farblose Flüssigkeit aus den Löchern der Rohre strömte und sich mit dem Wasser vermischte, ließ sich ein merkwürdiger Effekt beobachten: Es sah aus, als wäre die neu hinzugekommene Flüssigkeit schwerer als das Wasser.

Hunter beugte sich dichter zum Bildschirm.

»Das ist kein Wasser«, verkündete er.

»Was?«, fragte Garcia, der unmittelbar neben ihm stand. »Was meinst du damit?«

»Andere Dichte«, gab Hunter zurück und deutete auf den Monitor. »Was auch immer er da gerade in den Tank pumpt, diesmal ist es kein Wasser.«

»Was ist es dann?«

In diesem Augenblick begann in der rechten oberen Ecke des Bildes etwas zu blinken. Vier Buchstaben in Klammern. Der erste, dritte und vierte Buchstabe waren groß geschrieben.

(NaOH)

»Ist das eine chemische Formel?« Garcia deutete darauf.

»Ja«, hauchte Hunter.

»Wofür?« Garcia eilte an seinen eigenen Rechner und öffnete ein neues Browserfenster.

»Spar dir die Mühe, Carlos«, sagte Hunter düster. »Das ist das Formelzeichen für Natriumhydroxid … Ätznatron.«

7

Garcia spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. Vor Jahren einmal, als er noch in Uniform gewesen war, hatte man ihn zu einem Vorfall von häuslicher Gewalt gerufen. Ein eifersüchtiger Mann hatte seiner Freundin einen Becher Natronlauge ins Gesicht geschüttet. Der Mann war vom Tatort geflohen, konnte aber fünf Tage später festgenommen werden. Garcia erinnerte sich noch daran, wie er den Sanitätern dabei geholfen hatte, die Frau auf die Trage zu schnallen. Ihr Gesicht war nur noch eine Masse aus rohem Fleisch und verätzter Haut gewesen. Ihre Lippen hatten ausgesehen, als wären sie mit den Zähnen verschmolzen. Ihr rechtes Ohr und ihre Nase hatten sich vollkommen aufgelöst, die Lauge hatte sogar Löcher in einen ihrer Augäpfel gebrannt.

Garcia warf Hunter über seinen Monitor hinweg einen Blick zu. »Das ist nicht wahr. Bist du sicher?«

Hunter nickte. »Ich bin mir sicher.«

»Dieses Schwein.«

Erneut klingelte das Telefon auf Hunters Schreibtisch. Diesmal war es Dennis Baxter von der Computerkrimina­lität.

»Detective«, sagte er mit drängendem, besorgtem Unterton in der Stimme. » NaOH, das ist Natronlauge. Natriumhydroxid.«

»Ja, ich weiß.«

»Scheiße, Mann. Das Zeug ist hochgradig ätzend. Viel schlimmer als Säure. Wenn man Natriumhydroxid mit einer so großen Menge Wasser mischt, ist die Lösung natürlich anfangs stark verdünnt und nicht besonders gefährlich, aber früher oder später …« Er verstummte.

»Verwandelt sich der Behälter in ein Laugenbad«, führte Hunter Baxters Gedanken zu Ende.

»Genau. Und Sie sind sich im Klaren darüber, was dann passieren wird?«

»Ja, bin ich.«

»Verdammt, Detective. Was geht hier ab?«

»Ich weiß es nicht genau. Konnten Sie die Übertragung zurückverfolgen?«

»Ja. Sie kommt aus Taiwan.«

»Was?«

»Genau. Wer auch immer dahintersteht … er ist gut. Entweder es ist eine gekaperte IP-Adresse, oder er hat sich kurzerhand eine aus dem taiwanesischen Server-Pool geklaut. Im Klartext bedeutet das: Wir können sie nicht lokalisieren.«

Hunter legte auf. »Über die Internetverbindung kriegen wir ihn auch nicht«, meldete er Garcia.

»Scheiße. Gott, das ist doch total krank.«

Der Mann im Bild begann erneut zu zittern, doch Hunter sah, dass es diesmal nicht an seiner Angst oder an der Kälte des Wassers lag. Diesmal waren es die unerträglichen Schmerzen. Die Konzentration der Lauge wurde immer stärker und begann seine Haut anzugreifen. Er öffnete den Mund und stieß einen Schrei aus, den weder Hunter noch Garcia hören konnten. Insgeheim waren beide Detectives froh, dass die Übertragung keinen Ton hatte.

Als immer mehr Natronlauge ins Wasser gepumpt wurde, trübte sich das Wasser milchig ein.

Der Mann kniff die Augen zusammen und begann den Kopf wild hin und her zu werfen, als litte er an einem Krampfanfall. Das Laugenbad fraß an seiner Haut wie eine Schleifmaschine. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sich die ersten Hautfetzen von seinem Körper lösten.

Hunter rieb sich das Gesicht mit beiden Händen. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt.

Mehr und mehr Hautfetzen trieben an die Oberfläche, und das Wasser wechselte die Farbe von milchig weiß zu rosa. Der Mann blutete am ganzen Körper.

Die Kamera zoomte an etwas heran, das im Tank schwamm.

»Was ist das?«, fragte Garcia und verzog das Gesicht.

Hunter kniff sich in die Unterlippe. »Ein Fingernagel. Sein Körper löst sich auf.«

Die Kamera nahm einen weiteren Fingernagel aufs Korn, dann noch einen. Die Lauge hatte bereits die Nagelhaut und einen Großteil der Nagelbette an Fingern und Zehen des Mannes weggeätzt.

Das Wasser wurde immer blutiger, bis man irgendwann gar nichts mehr sehen konnte. Das Gesicht des Mannes jedoch befand sich nach wie vor oberhalb des Wasserspiegels.

Mittlerweile hatte das Opfer die Kontrolle über seine Muskelfunktionen verloren. Er zuckte unablässig unter den schrecklichen Schmerzen. Von seinen Augen war nur noch das Weiße zu sehen, und sein Gesicht war zu einer Fratze des Grauens verzerrt. Weil seine Kiefer die ganze Zeit auf­einandermahlten, blutete bereits sein Zahnfleisch. Auch aus Nase und Ohren lief Blut.

Das Wasser begann zu schäumen.

Der Körper des Mannes bäumte sich ein letztes Mal auf. Sein Brustkorb wölbte sich so stark nach vorn, dass es aussah, als säße etwas darin fest, das mit aller Macht auszubrechen versuchte. Schließlich sackte ihm das Kinn auf die Brust, so dass sein Gesicht in die blutige Lauge eintauchte.

Dann war alles still.

Die Kamera zoomte weiter weg und zeigte den gläsernen Behälter in der Totalen.

Hunter und Garcia konnten nicht sprechen. Sie konnten auch nicht wegschauen.

Wenige Sekunden später erschien eine Nachricht auf dem Bildschirm.

ICH HOFFE, DIE VORSTELLUNG HAT IHNEN GEFALLEN.

8

Die Chefin des Raub- und Morddezernats des LAPD, Captain Barbara Blake, war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, und nach vielen Jahren bei der Polizei schockierte sie fast nichts mehr. An diesem Nachmittag allerdings saß sie totenstill und mit ungläubiger Miene in ihrem Büro im fünften Stock des PAB. Es war ein recht geräumiges Büro, an der südlichen Wand standen Regale mit gebundenen Büchern darin, die Wand gegenüber hing voller gerahmter Fotos, Urkunden und Auszeichnungen. Die Ostwand bestand aus einem vom Boden bis zur Decke reichenden Panoramafenster mit Blick auf die South Main Street. Vor ihrem Schreibtisch standen zwei bequem aussehende Ledersessel, allerdings hatte keine der drei Personen, die sich außer ihr noch im Raum befanden, darin Platz genommen.

Hunter, Garcia und Dennis Baxter standen hinter Blakes Schreibtisch und starrten genau wie sie auf ihren Monitor. Sie schauten sich an, was Baxter wenige Minuten zuvor aus dem Internet aufgezeichnet hatte. Die Zentrale hatte Hunter bereits eine Kopie des mitgeschnittenen Telefonats zwischen ihm und dem geheimnisvollen Anrufer zukommen lassen.

Captain Blake hörte sich den Mitschnitt an und sah sich das Video von Anfang bis Ende an, ohne ein Wort zu sagen. Als sie hinterher zu Hunter und Garcia aufblickte, war ihr Gesicht blasser als zuvor.

»War das echt?«

Ihr Blick ging zu Baxter. Er war ein großer Mann, aber alles andere als muskulös. Er musste ungefähr Mitte vierzig sein, hatte blonde Locken, ein Mondgesicht, das durch das Doppelkinn noch rundlicher wirkte, und einen dünnen Oberlippenbart, der eher wie der Flaum auf einem Pfirsich aussah.

»Ich meine«, setzte sie hinzu, »mir ist klar, dass man heutzutage mit Hilfe von CGI so ziemlich alles echt aussehen lassen kann. Können wir sicher sein, dass das Ganze nicht bloß digitale Manipulation oder Kameratrickserei ist?«

Baxter zuckte mit den Schultern.

»Sie sind Leiter der Abteilung Computerkriminalität.« Blakes Tonfall wurde scharf. »Machen Sie eine klare Aussage.«

Baxter legte den Kopf schief. »Ich habe das Ganze gerade erst aufgezeichnet, kurz nachdem der Anruf von Detective Hunter kam. Ich hatte noch keine Gelegenheit, es zu analysieren, aber auf den ersten Blick … So aus dem Bauch heraus würde ich sagen, es ist echt.«

Blake fuhr sich mit der Hand durch die langen, tiefschwarzen Haare, bevor sie sich wieder Hunter und Garcia zuwandte.

»Es ist zu clever gemacht und zu dreist, als dass es ein Scherz sein könnte«, meinte Hunter. »Die Zentrale konnte den Anruf nicht zurückverfolgen. Das Signal ist alle fünf Sekunden gesprungen.« Er deutete auf Baxter. »Dennis sagt, die Internetübertragung kam aus Taiwan.«

»Was?« Captain Blakes Blick richtete sich erneut auf ­Baxter.

»Das stimmt. Wir hatten eine IP-Adresse, das ist eine unverwechselbare Identifikationsnummer, die jedem mit dem Internet verbundenen Computer zugewiesen wird. Damit kann man leicht den Hostrechner lokalisieren. Die IP-Adresse in unserem Fall stammte von einem Server aus Taiwan.«

»Wie kann das sein?«

»Ganz einfach. Das Internet macht aus der Welt einen globalen Markt. Zum Beispiel: Wenn Sie eine Website einrichten wollen, gibt es kein Gesetz, das Ihnen vorschreibt, dass Sie dafür einen Server in den USA verwenden müssen. Sie können das beste Angebot im Netz raussuchen und Ihre Domain auf einem Server Gott weiß wo anmelden – in Russland, Vietnam, Taiwan, Afghanistan … völlig egal. Sie ist ja trotzdem für jeden zugänglich.«

Captain Blake ließ sich das eine Zeitlang durch den Kopf gehen. »Keine diplomatischen Beziehungen«, sagte sie schließlich. »Nicht nur haben die USA da drüben keinerlei juristische Handhabe, selbst eine Lösung auf diplomatischem Weg, wie etwa die Serverfirma anzurufen und sie um Auskunft zu bitten, hätte vermutlich keinen Erfolg.«

»Stimmt. Außerdem kann es auch sein, dass er die IP-Adresse gekapert hat«, fügte Baxter hinzu. »Das ist so, wie wenn man geklaute Nummernschilder an sein Auto schraubt, um nicht geschnappt zu werden.«

»Kann er so was denn machen?«, fragte Captain Blake.

»Wenn er gut ist, sicher.«

»Das heißt, wir haben nichts in der Hand.«

Baxter schüttelte den Kopf. »Obwohl ich gestehen muss, dass wir in der Abteilung Computerkriminalität nur über begrenzte Möglichkeiten verfügen.« Er schob die Drahtbrille auf seiner knolligen Nase nach oben. »Unsere Ermittlungen beschränken sich in der Regel auf Verbrechen, die mit computerverwalteten Daten verübt wurden, beziehungsweise auf Fälle von Sabotage solcher Daten. Mit an­deren Worten: Angriffe auf Datenbanken oder sonstige ­Online-Informationssysteme – sei es bei Einzelpersonen, Schulen, Banken oder Unternehmen. Mit so was wie dem hier kriegen wir es in der Regel nicht zu tun.«

»Fantastisch«, lautete Blakes säuerlicher Kommentar.

»Die Abteilung für Cyberkriminalität des FBI hingegen«, fuhr Baxter fort, »hat wesentlich mehr Möglichkeiten. Dort befasst man sich mit jeder Art von digitaler Kriminalität. Da hat man sogar die Befugnis und die Mittel, jede Internetübertragung innerhalb der USA zu blockieren.«

Captain Blake verzog das Gesicht. »Wollen Sie damit sagen, wir sollten das FBI um Hilfe bitten?«

Es war kein Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen dem FBI und normalen Polizeidienststellen, gleich in welchem Bundesstaat, nicht gerade das beste war – auch wenn Politiker und Abteilungsleiter gerne etwas anderes behaupteten.

»Nicht unbedingt«, gab Baxter zurück. »Ich habe einfach nur eine Feststellung gemacht. Im Moment könnte das FBI sowieso nichts tun. Der Link ist tot. Warten Sie, ich zeige es Ihnen.« Er wies zum Rechner auf Blakes Schreibtisch. »Darf ich?«

»Nur zu.« Captain Blake schob ihren Stuhl einen Meter zurück.

Baxter beugte sich über die Tastatur, tippte die IP-Adresse in die Adresszeile des Internetbrowsers ein und betätigte die Return-Taste. Gleich darauf erschien eine Seite mit der Meldung: ERROR 404 PAGE NOT FOUND.

»Die Seite existiert nicht mehr«, erklärte Baxter. »Ich habe schon ein kleines Programm installiert, das die Adresse alle paar Sekunden überprüft. Wenn sie wieder online geht, wissen wir sofort Bescheid.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Aber falls es dazu kommt, sollten Sie vielleicht wirklich darüber nachdenken, mit der Abteilung Cyberkriminalität vom FBI wenigstens Kontakt aufzunehmen.«

Captain Blake belegte ihn mit einem strafenden Blick und sah dann zu Hunter, der jedoch nichts dazu sagte.

»Die Leiterin der Abteilung hier in L. A. ist eine gute Bekannte von mir, Michelle Kelly. Sie ist nicht die typische FBI-Agentin. Glauben Sie mir, wenn es um den Cyberspace geht, ist sie unsere Frau. Das FBI ist viel besser ausgerüstet als das LAPD, um Verbrecher im Internet aufzuspüren. Wir von der Computerkriminalität arbeiten oft mit denen zusammen. Das sind keine versnobten Agenten in schwarzen Anzügen mit dunklen Sonnenbrillen und Knopf im Ohr. Das sind Computer-Nerds.« Baxter grinste. »Wie ich.«

»Ich würde sagen, darüber denken wir nach, wenn es so weit ist«, meinte Hunter mit Blick zu Baxter. »Wie Sie gesagt haben, im Moment könnten sie ohnehin nichts für uns tun. Außerdem deutet nichts darauf hin, dass es sich um einen Fall für die Bundespolizei handelt, von daher sehe ich im Augenblick keinen Sinn darin, das FBI einzuschalten. In diesem frühen Stadium würde das nur alles verkomplizieren.«

»Sehe ich genauso«, pflichtete Blake ihm bei. »Sollte es zu einem späteren Zeitpunkt notwendig werden, Verbindung zu ihnen aufzunehmen, werden wir das tun, aber fürs Erste kein FBI.« Dann richtete sie das Wort wieder an Baxter. »Könnte noch jemand anders die Übertragung gesehen haben? Irgendjemand aus der Bevölkerung?«

»Theoretisch ja«, antwortete Baxter. »Es war keine sichere Übertragung, soll heißen, man brauchte kein Passwort, um Zugang zur Seite zu bekommen. Falls irgendjemand zufällig über die Website gestolpert ist, hätte er sich die Übertragung ansehen können, genau wie wir. Allerdings halte ich das für ziemlich unwahrscheinlich.«

Captain Blake nickte und wandte sich an Hunter. »Okay, wir müssen also davon ausgehen, dass die Sache echt ist. Meine erste Frage lautet: Warum Sie? Der Anruf ist auf ­Ihrem Apparat gelandet, und der Kerl hat am Telefon ausdrücklich nach Ihrem Namen gefragt.«

»Die Frage habe ich mir auch schon gestellt, und im Moment lautet meine Antwort: Ich weiß es nicht«, erwiderte Hunter. »Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, wie ein Anruf von draußen bei einem Detective landen kann. Entweder der Anrufer wählt die Nummer des Raub- und Morddezernats und gibt die Durchwahl des Detectives ein, wenn er von der automatischen Ansage dazu aufgefordert wird, oder aber er ruft in der Zentrale an und bittet darum, dass man ihn zu einem bestimmten Detective durchstellt.«

»Und?«

»Der Anruf kam nicht über die Zentrale. Das habe ich schon nachgeprüft. Der Anrufer hat direkt meine Nummer gewählt.«

»Das beantwortet nicht meine Frage«, beharrte Blake. »Warum ausgerechnet Sie? Und wie ist er überhaupt an Ihre Nummer gekommen?«

»Vielleicht ist ihm irgendwo mal eine meiner Visitenkarten in die Hände geraten«, mutmaßte Hunter.

»Oder er hat ganz einfach eine Weile vor dem Telefonat in der Zentrale angerufen und sich nach der Durchwahl erkundigt«, sagte Garcia. »Mann, mich würde es nicht wundern, wenn er sich in unser System gehackt und eine Liste aller Detectives besorgt hätte. Er hat das Anrufsignal quer durch die Stadt umgelenkt wie ein Profi, und seine Sicherheitsmaßnahmen waren so ausgeklügelt, dass die Leute von der Computerkriminalität es nicht geschafft haben, ihn aufzuspüren. Ich würde sagen, er kennt sich im Cyberspace aus.«

»Dem kann ich nur zustimmen«, sagte Baxter.

»Sie meinen also, dass er sich Roberts Namen rein zufällig aus einer Liste aller Detectives meines Dezernats hätte aussuchen können?«, fragte Captain Blake.

Baxter zuckte die Achseln. »Möglich wär’s.«

»Merkwürdiger Zufall, finden Sie nicht?«, fügte Blake hinzu. »Wenn man bedenkt, dass ein UV-Fall wie der hier sowieso auf Roberts Schreibtisch gelandet wäre.«

Innerhalb des Raub- und Morddezernats gehörte Hunter einer besonderen Einheit an. Das Morddezernat I war ins Leben gerufen worden, um sich mit Morden und Serienverbrechen zu befassen, die stark im Licht der Öffentlichkeit standen und viel Ermittlungszeit und Ressourcen in Anspruch nahmen. Doch Hunters Aufgabe war noch spezieller. Aufgrund seines Hintergrundes in Kriminalpsychologie wurde er stets mit solchen Fällen betraut, bei denen die Täter außergewöhnlich brutal oder sadistisch vorgegangen waren. Intern wurden solche Fälle als UV – ultra violent – bezeichnet.

»Vielleicht war es ja auch gar kein Zufall«, spekulierte Baxter. »Vielleicht wollte er, dass Robert den Fall übernimmt, und hat auf diese Weise sichergestellt, dass das passiert.«

Captain Blakes Augen weiteten sich ein wenig – eine Aufforderung an Baxter, seine These weiter auszuführen. Was dieser auch tat.

»Roberts Name war schon oft in den Zeitungen und im Fernsehen. Er hat in den letzten … keine Ahnung, wie viele Jahre es genau sind … mehr große Fälle gehabt als jeder andere im Dezernat, und normalerweise fasst er den Täter immer.«

Das entsprach der Wahrheit. Erst wenige Monate zuvor hatte Hunters Name in allen Zeitungen gestanden, als er und Garcia den Fall eines Serienmörders, den die Presse »der Totenkünstler« getauft hatte, erfolgreich zum Abschluss gebracht hatten.

»Vielleicht hat der Anrufer Robert wegen seines Rufs ausgewählt«, fuhr Baxter fort. »Vielleicht hat er seinen Namen in der L. A. Times gelesen oder sein Gesicht in den Abendnachrichten gesehen.« Er deutete auf Blakes Bildschirm. »Sie haben die Aufnahmen gesehen; Sie haben den Mitschnitt des Telefonats gehört. Dieser Typ ist dreist. Er traut sich was. Er ist lange in der Leitung geblieben, weil er genau wusste, dass sein Anruf nicht zu lokalisieren war. Und er wusste auch, dass wir ihn nicht über die Website kriegen können.« Baxter machte eine Pause und kratzte sich an der Nase. »Im Ernst, er hat Robert gezwungen zu entscheiden, wie das Opfer sterben soll, und dann hat er die Regeln plötzlich geändert. Es ist, als würde er ein Spiel spielen. Und das will er nicht gegen irgendeinen beliebigen Detective spielen. Sondern gegen den, über den die Medien berichten.«

Captain Blake dachte einen Moment lang nach. »Na großartig«, sagte sie schließlich. »Genau, was wir brauchen – ein neuer Psychopath, der Fang mich, wenn du kannst mit uns spielen will.«

»Nein«, gab Hunter zurück. »Er spielt Fang mich, bevor ich zum zweiten Mal töte.«

9

Hunters und Garcias Büro war eine zweiundzwanzig Quadratmeter große Betonschachtel im hintersten Winkel des Stockwerks, auf dem das Raub- und Morddezernat beheimatet war. Es gab darin nicht viel mehr als zwei Schreibtische, drei altmodische Aktenschränke und eine große weiße Tafel, die zugleich als Pinnwand für ihre Ermittlungen diente. Trotzdem war es beengt.

Sie waren an ihre Schreibtische zurückgekehrt, wo sie sich nun wieder und wieder die Aufzeichnung aus dem Internet ansahen und den Anruf abhörten. Baxter hatte Hunters und Garcias Computer mit einer Software ausgestattet, die es ihnen erlaubte, den mitgeschnittenen Stream Bild für Bild zu betrachten. Und genau das war es, was sie während der letzten viereinhalb Stunden getan hatten. Sie hatten jeden Quadratzentimeter jedes einzelnen Bildes analysiert und nach Hinweisen abgesucht, egal wie klein.

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