Der Traum, der sie zur Liebe führte - Norma Winter - E-Book

Der Traum, der sie zur Liebe führte E-Book

Norma Winter

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. Daniela von Eckwarden beschattete ihre Augen mit der Hand. Ihr Bruder lächelte nur spöttisch, als er es sah. »Er ist es«, bestätigte er ihr in einem höhnisch klingenden Tonfall. »Herr Schönfeld…« Danielas Stimme klang anders, unbewußt voller Wärme und Zuneigung. Ihr Bruder Herwart ärgerte sich darüber. »Du wirst gleich Gelegenheit haben, ihn aus nächster Nähe anhimmeln zu dürfen«, knurrte er. »Willst du ihm nicht gleich die Schuhe putzen?« »Das solltest du ruhig tun. Es würde dir nichts schaden. Bis du einmal so bist wie er, dauert es noch lange, mein Lieber. Schönfeld ist ein Mann, und du…« Graf Herwart ballte die Rechte zur Faust. Sein Atem ging schwer. »Ich möchte nur einmal wissen, was ihr alle an diesem hergelaufenen Kerl findet. Vater hat ihn aus dem Waisenhaus geholt…« »Ein sehr guter Gedanke von ihm, finde ich«, reizte die entzückend aussehende kleine Komteß ihn.

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Fürstenkrone Classic – 4 –

Der Traum, der sie zur Liebe führte

Norma Winter

Daniela von Eckwarden beschattete ihre Augen mit der Hand. Ihr Bruder lächelte nur spöttisch, als er es sah. »Er ist es«, bestätigte er ihr in einem höhnisch klingenden Tonfall.

»Herr Schönfeld…« Danielas Stimme klang anders, unbewußt voller Wärme und Zuneigung. Ihr Bruder Herwart ärgerte sich darüber. »Du wirst gleich Gelegenheit haben, ihn aus nächster Nähe anhimmeln zu dürfen«, knurrte er. »Willst du ihm nicht gleich die Schuhe putzen?«

»Das solltest du ruhig tun. Es würde dir nichts schaden. Bis du einmal so bist wie er, dauert es noch lange, mein Lieber. Schönfeld ist ein Mann, und du…«

Graf Herwart ballte die Rechte zur Faust. Sein Atem ging schwer. »Ich möchte nur einmal wissen, was ihr alle an diesem hergelaufenen Kerl findet. Vater hat ihn aus dem Waisenhaus geholt…«

»Ein sehr guter Gedanke von ihm, finde ich«, reizte die entzückend aussehende kleine Komteß ihn. Sie wußte genau, womit sie den Bruder ärgern konnte, und manchmal ritt sie der Teufel, es auch zu tun. Dabei verstanden sich die Geschwister im allgemeinen ganz ausgezeichnet.

»Er reitet wie ein Angeber«, stellte der junge Graf gehässig fest.

»Er reitet wie ein Mann, der etwas von Pferden versteht. Und nicht wie einer, der sich von einem wilden Gaul abwerfen läßt.«

Herwarts Wangen röteten sich beängstigend. »Das kann jedem einmal passieren«, sagte er knirschend. »Ich hatte den rechten Fuß noch nicht im Steigbügel, sonst hätte der Satan mich nicht geschafft!«

»Entschuldige, ich wollte dich nicht ärgern.« Abbittend legte Daniela ihre Rechte auf seinen Arm. »Es wurmt mich nur, wenn du immerzu an Herrn Schönfeld herummeckerst. Vater hält große Stücke auf ihn, und wenn wir ihn nicht hätten…«

»Vater vergißt ganz, daß er einen Sohn hat.« Herwart kaute auf seiner Unterlippe herum. »Manchmal kommt es mir vor, als wäre ich für ihn nur das fünfte Rad am Wagen. Alles Wichtige bespricht er mit Schönfeld, und ich, sein Sohn und Erbe, darf nur zuhören und zustimmen. Und wenn ich einmal anderer Meinung bin als die hohen Herren…«

»Sie verstehen eben mehr von der Bewirtschaftung eines Gutes«, wandte Daniela vernünftig ein.

»Vater hat einen Narren an diesem Menschen gefressen. Und unserem Herrn Verwalter ist das zu Kopf gestiegen. Er vergißt ganz und gar, wohin er gehört.«

»Und wohin gehört er deiner Meinung nach?« wollte Daniela wissen. Sie lehnte sich lässig gegen die Wand des Pferdestalles und genoß die warme Sonne, die nach drei Regentagen endlich wieder schien.

»Er gehört nicht zu uns. Er ist ein Junge aus dem Waisenhaus, und hätte Vater ihn nicht so gut erziehen lassen... Wozu braucht so einer das Abitur, kannst du mir das einmal sagen?«

»Es hat noch keinem Menschen geschadet.«

»Aber einer aus dem Waisenhaus... Keiner weiß, wer sein Vater ist. Vielleicht sogar seine eigene Mutter nicht. Wahrscheinlich hat sie sich herumgetrieben.«

»Schäm dich, so etwas zu sagen, wenn du es nicht sicher weißt.«

Herwart senkte den Kopf. Er besaß Ehrgefühl genug, um zu begreifen, daß er mit seiner Abneigung weit über das Ziel hinausgeschossen war.

»Mir gefällt nicht, wie er hier den Herrn spielt und sogar über mich befehlen will.«

»Vater hat ihn gebeten, dich ein bißchen unter seine Fittiche zu nehmen. Von ihm kannst du viel lernen. Wäre Vater gesund, dann sähe hier alles anders aus.«

»Aber daß ausgerechnet Schönfeld mir etwas sagen soll...« Herwart Graf von Eckwarden schüttelte verbissen den Kopf. »Am liebsten würde ich als Volontär irgendwohin gehen.«

»Und dort alle Dreckarbeit machen?« fragte Daniela spöttisch. »Herr Schönfeld erspart es dir, den Kuhstall auszumisten. Ich weiß, er meint es nur gut mit dir, Herwart. Du solltest es ihm nicht so schwer machen. Für ihn kann es doch auch nicht angenehm sein, wenn sein künftiger Chef ihm ständig Schwierigkeiten macht.«

»Ich bin nicht sein künftiger Chef, da sei ganz unbesorgt.« Herwart reckte seine schlanke, noch eckige und magere Gestalt. »Wenn ich einmal hier Herr bin, dann fliegt der gute Schönfeld. Ich dulde ihn keinen Tag länger auf Eckwarden als unbedingt nötig.«

»Warum haßt du ihn nur?« fragte Daniela verwundert. »Er hat dir doch nie etwas getan. Oder doch?«

Herwart schwieg verbissen. Keiner verstand, was in ihm vorging. Er war der Erbe, der junge Herr, der künftige Chef. Und keiner respektierte ihn, alle wandten sich an diesen hergelaufenen Kerl aus dem Waisenhaus, wenn sie ein Anliegen hatten. Und dann wunderte Daniela sich noch, daß er diesen Schönfeld nicht mochte.

»Was macht er da?« fragte Daniela, als der Reiter sein Pferd parierte und sich seitlich aus dem Sattel beugte.

Herwart stieß einen Knurrlaut aus. »Ich kann es mir schon denken. Er hat wahrscheinlich festgestellt, daß der Zaun beschädigt ist. Ich soll ihn ausbessern.«

»Und?« fragte Daniela ahnungsvoll.

»Ich bin noch nicht dazu gekommen, mein liebes Kind.« Daniela war ein Jahr jünger als er, und Herwart betonte gern, daß er der Ältere war.

»Au Backe«, murmelte Daniela. »Er wollte doch heute das Jungvieh auf diese Weide treiben lassen. Das hast du doch auch gewußt.«

»Soll er seinen verdammten Zaun selbst flicken! Bin ich denn ein Knecht?«

»Unsere Leute sind woanders beschäftigt… Warum tust du so etwas immer, Herwart? Er muß doch glauben, daß man sich auf dich nicht verlassen kann.«

»An seinem Urteil liegt mir auch gerade etwas. Soll er von mir denken, was er will, und meinetwegen soll er mich ruhig bei Vater verpetzen. Er hetzt unseren alten Herrn sowieso gegen uns auf.«

»Das stimmt nicht.« Danielas Blick folgte dem Verwalter Schönfeld, der langsam am Weidezaun entlangritt. Sie verstand, wie es in ihm aussehen mußte, denn er pflegte die Arbeiten genau einzuteilen, und wenn einer der Leute nicht spurte, dann geriet alles ein bißchen durcheinander.

»Bin gespannt, was er jetzt sagt.« Herwart wußte nicht, wie jung er mit seinem trotzigen Gesicht aussah, als er den Kopf zu Frederik Schönfeld drehte.

Der Verwalter nickte den beiden zu, sprang aus dem Sattel und gab dem herbeieilenden Knecht die Zügel.

Daniela lächelte, und der Verwalter erwiderte ihr Lächeln herzlich. Dann verschwand er hinter dem Knecht im Stall. Wenige Augenblicke später kehrte er mit einer Rolle Stacheldraht, einem Hammer und Krampen zurück.

Danielas Augen wurden groß. »In einer Viertelstunde essen wir«, murmelte sie. »Er will doch nicht etwa selbst…«

Frederik Schönfeld ging mit gelassenen, ausgreifenden Schritten auf den Weidezaun zu. Schönfeld war sehr groß, ohne dabei im geringsten massig zu wirken, obwohl er breit in den Schultern war.

»Hilf ihm«, forderte Daniela den Bruder auf.

Herwart verschränkte als Antwort die Arme vor der Brust. Es wurmte ihn maßlos, daß Schönfeld kein Wort des Tadels für ihn gehabt hatte. Seine schweigende Verachtung traf ihn viel tiefer.

»Dann eben nicht, du dummer Junge.« Daniela stieß sich von der Stallwand ab und lief hinter Frederik Schönfeld her. »Ich helfe Ihnen bei dem Zaun«, bot sie ihm an, als sie ihn erreicht hatte.

Der Mann lächelte von seiner imponierenden Länge auf sie hinab. Das Lächeln veränderte sein Gesicht völlig, ließ es jung und sehr sympathisch erscheinen. Er lächelte allerdings nur selten. »Sie haben keine Arbeitshandschuhe, gnädiges Fräulein, und außerdem ist der Umgang mit Stacheldraht nichts für eine junge Dame. Ich schaffe es auch allein. Vielen Dank für Ihr Angebot.«

»Ich ärgere mich ja so über Herwart«, stieß Daniela hervor. »Er..., ich weiß nicht, was ich von ihm denken soll. Er wußte doch, daß das Jungvieh heute nachmittag auf diese Weide soll.«

»Er hatte sicherlich etwas Besseres vor.«

»Daß Sie das so ruhig hinnehmen können«, ging Daniela in die Luft. »Ich werde Vater sagen, daß er sich Herwart einmal vornimmt. So kann es doch nicht weitergehen. Er hat Ihnen Herwart zur Ausbildung anvertraut, und wenn mein Bruder doch tut, was er will… Wie soll er dann etwas Vernünftiges lernen?« Unter dem Blick des Mannes errötete Daniela.

»Er ist klug, und eines Tages wird er schon einsehen, daß es keine Schande ist, etwas von mir zu lernen.«

»Eigentlich sind Sie gar nicht viel älter als wir, wenn man es richtig nimmt«, stellte die junge Komteß fest. »Und doch scheinen Sie irgendwie viel älter... So vernünftig. Ich rede wohl dummes Zeug, wie?« fragte sie verlegen.

»Ganz und gar nicht, gnädiges Fräulein. Sehen Sie, ich habe von Anfang an gewußt, daß ich etwas leisten muß, wenn ich es im Leben zu etwas bringen will. Ihr Herr Bruder dagegen…«

»Dem wird einmal alles in den Schoß fallen«, ergänzte Daniela von Eckwarden das, was Frederik aus Höflichkeit nicht in Worte faßte.

»Aus ihm wird auch mal ein Mann werden. Ich finde, er hat viel von Ihrem Herrn Vater.«

»Ich wünschte, Sie hätten recht.« Inzwischen waren sie bei dem Zaun angelangt, und Daniela schaute zu, wie geschickt der Mann den Draht spannte. Seine Bewegungen wirkten nicht im geringsten hastig, und doch ging ihm die Arbeit unerhört schnell von der Hand.

Herwart stand noch immer am Stall und schaute zum Himmel empor, und seine Arme waren immer noch vor der Brust verschränkt.

»Fühlen Sie sich bei uns eigentlich wohl?« stieß Daniela hervor. Als der Mann den Kopf wandte und sie kurz anschaute, errötete sie über und über. »Ich wollte es immer schon einmal fragen. Aus Ihnen wird man nämlich nicht richtig klug. Früher haben wir uns geduzt…«

»Damals waren wir Kinder.«

»Ja, das stimmt schon. Und doch... Halten Sie es für richtig, daß wir so förmlich miteinander verkehren?«

Frederik Schönfeld schmunzelte. »Wir verkehren so miteinander, wie es sich gehört, meine ich. Wie käme ich dazu, Sie zu duzen, gnädiges Fräulein?«

»Also, mir wäre es schon lieber. Vater sagt doch auch du zu Ihnen.«

»Das ist etwas anderes. Graf von Eckwarden ist für mich…« Er zögerte, als hätte er Scheu, das Wort auszusprechen, das ihm auf der Zunge lag.

»Er ist wie ein Vater für Sie«, half ihm Daniela. »Das wollten Sie doch sagen.«

»Ja. Auch wenn es vielleicht vermessen klingt für einen Jungen aus dem Waisenhaus.«

»Wir sind alle froh, daß Sie zu uns gekommen sind. Wir haben wenigstens jemanden, auf den wir uns voll und ganz verlassen können. Es ist fast so, als hätte Vater geahnt, daß er durch seinen Unfall einmal nicht mehr imstande sein würde, Eckwarden zu bewirtschaften.«

»So etwas wollen wir lieber nicht denken. Sie müssen nach Hause, gnädiges Fräulein.«

»Sie auch.«

»Es geht leider nicht. Wenn ich mit dem Zaun fertig bin, werde ich mir von der Mamsell eine Schnitte Brot geben lassen. Zwei Stunden habe ich wohl noch zu tun.«

»Sie wollen Ihre Mittagspause... Nein, das darf nicht sein. Sie haben den ganzen Vormittag schwer gearbeitet. Sie haben Anspruch auf etwas Ruhe. Dieser Herwart…« In hilflosem Zorn ballte sie die Hände zu Fäusten. »Bitte, kommen Sie doch mit.«

»Um vierzehn Uhr werden die Jungtiere hier hereingetrieben. Eine überschlagene Mahlzeit wirft mich nicht um, gnädiges Fräulein. Sie müssen sich beeilen, wenn Sie pünktlich sein wollen.«

»Herwart möchte ich rechts und links ein paar herunterhauen«, murmelte Daniela, bevor sie sich umwandte und zurücklief. Ihre Eltern liebten es gar nicht, wenn man sich zu den Mahlzeiten verspätete. Herwart befand sich gleichfalls auf dem Weg zu dem Gutshaus. Er ging sehr steif, den Kopf hielt er hochmütig im Nacken, und doch konnte man ihm ansehen, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte.

*

»Wo bleibt Herr Schönfeld?« fragte Gräfin Irena, als ihre Familie vollzählig am Eßtisch versammelt war.

Daniela warf einen fragenden Blick auf ihren Bruder. Sie fand, daß Herwart die Erklärung abgeben müßte, um Frederik Schönfeld zu entschuldigen.

Aber ihr Bruder machte ein verbissenes Gesicht und schien nicht daran zu denken, den Mund aufzutun.

»Er bittet um Entschuldigung, er kann heute nicht zum Essen kommen«, ergriff sie das Wort. »Er hat draußen dringend zu arbeiten.«

»In der Mittagspause?« fragte ihre Mutter und zog ihre Brauen in die Höhe.

»Was heißt das?« fragte Graf Adalbert streng. Er spürte, daß irgend etwas nicht stimmte.

»Der Zaun war noch nicht fertig.«

»Was für ein Zaun?« Adalbert von Eckwarden ließ sich nicht mit ungenügenden Auskünften abspeisen.

Daniela gab ihm die erwünschte Erklärung.

»Hatte er vergessen, rechtzeitig einen Mann zum Ausflicken einzuteilen?« wunderte sich Gräfin Irena. »Das paßt doch gar nicht zu ihm, Adalbert.«

Herwarts Kopf rötete sich. Schon ein paarmal hatte er als Anlauf zum Sprechen tief Luft geholt, es sich aber im letzten Moment immer wieder überlegt. »Ich sollte den Zaun... Ich habe es vergessen.« Er kaute auf seiner Unterlippe herum, eine kindliche Angewohnheit, die seinem Vater ein Stirnrunzeln entlockte.

»So!« war alles, was Adalbert von Eckwarden dazu sagte.

»Ich habe es vergessen, das kann doch vorkommen«, verteidigte Herwart sich hitzig. »Alle sind eben nicht so vollkommen wie dein geliebter Frederik, Vater.«

»Das habe ich leider schon bemerkt. Du enttäuschst mich in letzter Zeit reichlich oft. Ich hatte mehr von dir erwartet. Fangen wir mit dem Essen an. Hast du dich übrigens bei Herrn Schönfeld entschuldigt?«

»Ich denke nicht daran.« Herwarts Röte wich einer fahlen Blässe. »Wie käme ich dazu, mich bei unserem Verwalter zu entschuldigen? Seine Stellung hier steigt ihm zu Kopf, Vater. Er braucht ab und zu einen kleinen Dämpfer.«

»Willst du die Entscheidung darüber nicht lieber mir überlassen? Was soll aus dir einmal werden, wenn du es so an Pflichtgefühl fehlen läßt? Man muß sich auf einen Menschen verlassen können, Herwart.«

Der Junge kaute wieder auf seiner Unterlippe herum. Ihm war der Appetit gründlich vergangen, obwohl das Essen lecker und appetitlich war wie immer. Er stocherte nur auf seinem Teller herum.

»Ich bringe Herrn Schönfeld nachher etwas hinaus«, schlug Daniela beim Nachtisch vor.

»Tu das, Kind. Und heute abend möchte ich Herrn Schönfeld sprechen. Richte es ihm bitte aus.«

»Und wünschen Sie ihm guten Appetit von mir«, bat die Mamsell, als sie Daniela einen Korb mit leckeren Sachen für den Verwalter gepackt hatte. »Es ist ein Jammer, wieviel Herr Schönfeld hier arbeiten muß. Und achten Sie darauf, daß er alles aufißt, gnädiges Fräulein.«

»Werde ich. Und vielen Dank noch.« Daniela lief leichtfüßig hinaus, aber ihr Schritt stockte, als sie sah, daß Frederik Schönfeld nicht mehr allein war. Er arbeitete zwar, aber neben ihm stand eine junge Dame, die Daniela auch auf diese Entfernung hin sofort erkannte.

Ihr Gesicht überschattete sich, als sie weiterging. Jetzt ließ sie sich Zeit. »Essen für Sie, Herr Schönfeld.« Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie dem Verwalter den Korb hinreichte. »Guten Tag, Kerstin«, warf sie der jungen Dame hin, die ihr Pferd lässig an den Zügeln hielt und sich vorher mit Frederik Schönfeld unterhalten hatte.

»Guten Tag. Ich kam hier zufällig vorbei. Ich wollte nur fragen, ob Gustav unsere Obstbäume im Herbst veredeln will.«

Daniela schob die Unterlippe vor. Sie hätte sich ruhig eine bessere Ausrede einfallen lassen können, die Kerstin von Hohnheim. Daß sie sich gar nicht schämte, Frederik nachzulaufen. Und es freute sie, daß der Verwalter sich offensichtlich nichts aus ihr machte. Sonst hätte er doch nicht einfach weitergearbeitet, nicht wahr?

»Vielen Dank, aber es wäre nicht nötig gewesen, gnädiges Fräulein.«

»Machen Sie ruhig eine Pause. Sie haben viel geschafft, Herr Schönfeld. Gustav findest du jetzt im Gesindehaus, Kerstin.« Die Verabschiedung war deutlich.

Aber Kerstin von Hohnheim, schlank und zierlich, ein bildhübsches Mädchen, lächelte nur ein wenig von oben herab. »Das habe ich mir schon gedacht«, erwiderte sie freundlich, ohne Anstalten zu machen, sich zu verabschieden. »Wie geht es in der Schule?«

Daniela preßte die Zähne einen Moment in die Unterlippe. »Ganz gut.« Es ärgerte sie, daß sie noch zur Schule ging. Und am meisten ärgerte sie sich, daß sie in Mathematik solche Schwierigkeiten hatte. Anfang nächster Woche wollten sie eine Klassenarbeit schreiben, und sie war sicher, daß sie sie verhauen würde. Kerstin hatte die Schule schon hinter sich. »Wie verbringst du deine Tage?«

Kerstin zuckte die Achseln. »Es gibt immer genug zu tun.«

»Ja, und wenn man nur eine halbe Stunde weit reitet, um einen Gärtner zu fragen, ob er im Herbst Zeit hat, ein paar Bäume zu veredeln. Hoffentlich brichst du nicht einmal unter Arbeits­überlastung zusammen.«

Kerstin kniff die Augen bei diesem Angriff zusammen. Sie musterte Daniela und dann nickte sie, als hätte sie plötzlich etwas verstanden.

»Richten Sie der Mamsell meinen herzlichen Dank aus.« Frederik stellte den Korb, aus dem er gegessen hatte, neben Daniela ins Gras. Dann griff er nach Hammer und Krampen und arbeitete weiter.

»Kommst du noch ein bißchen zu uns rein?« rang sich Daniela ab, obwohl ihr diese Höflichkeit ausnahmsweise schwerfiel. »Du könntest vielleicht eine Tasse Kaffee trinken.«

»Gern. Aber etwas später. Ich hatte gerade ein sehr interessantes Gespräch mit Herrn Schönfeld.«

»Das ich störte. Entschuldige. Dann unterhalte dich weiter gut mit Herrn Schönfeld.« Sie warf den Kopf trotzig in den Nacken, nahm den Korb und ging zurück.

»Was hat sie nur?« murmelte Frederik. Er unterbrach seine Arbeit einen Moment, um der jungen Dame flüchtig nachzublicken.

Kerstin stützte die Rechte auf einen Weidepfahl. »Sie ist eifersüchtig«, sagte sie dann leichthin.

Perplex richtete sich der Mann auf. »Eifersüchtig?« wiederholte er ungläubig und schüttelte den Kopf. »Wieso?«

Kerstin von Hohnheim lachte gezwungen. »Sie sind doch sonst nicht so schwer von Begriff, Frederik. Daniela schwärmt für Sie. Und sie glaubt…, sie denkt…« Jetzt war sie es, die ins Stocken geriet. Aber sie dachte daran, die Lider vor Frederik Schönfelds Blick zu senken. Ihr Atem ging ein wenig schwerer als vorher.

Der Mann runzelte die Stirn. »Sie müssen sich irren, gnädiges Fräulein.«

»Ich irre mich nicht. Übrigens heiße ich Kerstin.«

»Ich weiß, gnädiges Fräulein.« Frederik war nicht schwer von Begriff, aber er zog es vor, diese Anspielung zu überhören.

»Früher waren Sie netter zu mir. Habe ich Ihnen etwas getan, Frederik?«

»Nein, gnädiges Fräulein.« Der Mann drehte ihr beim Arbeiten den Rücken zu. Dabei spürte er den Blick des Mädchens auf seinem Rücken, und unwillkürlich verkrampfte sich seine Haltung.

»Ich bin nicht des Gärtners wegen gekommen.«

Der Mann schlug heftig auf eine Krampe ein, obwohl sie schon fest saß.

»Wollen Sie gar nicht wissen, weshalb ich hierhergeritten bin?« Es fiel Kerstin leichter, zu seinem Rücken zu sprechen. Wenn er sie anschaute, fiel es ihr stets schwer, ihre Gedanken zusammenzuhalten.

»O doch«, antwortete der Mann mit frostiger Höflichkeit.

Kerstin kämpfte mit sich. »Warum sind Sie so häßlich zu mir?« fragte sie, und es war zu hören, daß sie gegen Tränen ankämpfte.

»Ich bitte um Entschuldigung. Mir war nicht bewußt, unhöflich gewesen zu sein.«

»Du weißt, daß ich deinetwegen gekommen bin, Frederik…«

Der Mann richtete sich auf. Der Hammer in seiner rechten Hand pendelte leicht durch die Luft. »Das gnädige Fräulein wartet mit dem Kaffee auf Sie.«

»Frederik, sieh mich doch einmal an…«

»Ich habe zu tun.« Der Mann bückte sich, um seine Arbeit fortzusetzen.