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In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. Es war, als stünde der riesige silberne Vogel still, der in zehntausend Meter Höhe über einer Landschaft schwebte, die wie eine in sanfte Hügel und grüne Täler gebettete Spielzeugstadt aussah. Prinzessin Margherita blinzelte, nahm die Sonnenbrille mit den großen runden Gläsern aus ihrer Krokodilhandtasche und setzte sie auf. Interessiert verfolgte sie den Lauf eines winzig erscheinenden Flüsschens, das in Wirklichkeit ein breiter Strom war und von vielen Schiffen befahren wurde. »Es ist wundervoll!«, murmelte die Prinzessin halblaut. »Finden Sie nicht?« Sie wandte sich mit einem Lächeln, das ihre Begeisterung verriet, ihrem Nachbarn zu, der die ganze Zeit unbemerkt das schöne klassische Profil der Prinzessin betrachtet hatte, das von den weichen Wellen ihres dunklen Haares eingerahmt wurde. Ehe der dunkelblonde Mann mit dem schmalen, intelligenten Gesicht, der an Prinzessin Margheritas Seite saß, antworten konnte, lachte die Prinzessin leise auf. »Was für eine Frage stelle ich Ihnen da!«, rief sie lebhaft aus. »Wie können Sie den wundervollen Ausblick genießen, wenn ich auf dem Fensterplatz sitze und Sie mir nur über die Schulter schauen können!« Das ernste Gesicht des Mannes, der etwas über dreißig Jahre sein mochte, bekam durch das feine Lächeln, das um seine Mundwinkel spielte, einen warmen Ausdruck, der ihn sehr sympathisch machte. »Nicht einmal das würde ich wagen, Königliche Hoheit!«, erwiderte er. »Was?« Margherita sah ihn fragend an. »Ihnen über die Schulter zu schauen!« Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, nur der humorvolle Ausdruck in seinen graugrünen Augen blieb zurück. Margherita warf mit einer stolzen Bewegung den Kopf zurück. »Ich halte nichts vom Zeremoniell!«
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Es war, als stünde der riesige silberne Vogel still, der in zehntausend Meter Höhe über einer Landschaft schwebte, die wie eine in sanfte Hügel und grüne Täler gebettete Spielzeugstadt aussah.
Prinzessin Margherita blinzelte, nahm die Sonnenbrille mit den großen runden Gläsern aus ihrer Krokodilhandtasche und setzte sie auf. Interessiert verfolgte sie den Lauf eines winzig erscheinenden Flüsschens, das in Wirklichkeit ein breiter Strom war und von vielen Schiffen befahren wurde.
»Es ist wundervoll!«, murmelte die Prinzessin halblaut. »Finden Sie nicht?«
Sie wandte sich mit einem Lächeln, das ihre Begeisterung verriet, ihrem Nachbarn zu, der die ganze Zeit unbemerkt das schöne klassische Profil der Prinzessin betrachtet hatte, das von den weichen Wellen ihres dunklen Haares eingerahmt wurde.
Ehe der dunkelblonde Mann mit dem schmalen, intelligenten Gesicht, der an Prinzessin Margheritas Seite saß, antworten konnte, lachte die Prinzessin leise auf.
»Was für eine Frage stelle ich Ihnen da!«, rief sie lebhaft aus. »Wie können Sie den wundervollen Ausblick genießen, wenn ich auf dem Fensterplatz sitze und Sie mir nur über die Schulter schauen können!«
Das ernste Gesicht des Mannes, der etwas über dreißig Jahre sein mochte, bekam durch das feine Lächeln, das um seine Mundwinkel spielte, einen warmen Ausdruck, der ihn sehr sympathisch machte. »Nicht einmal das würde ich wagen, Königliche Hoheit!«, erwiderte er.
»Was?« Margherita sah ihn fragend an.
»Ihnen über die Schulter zu schauen!« Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, nur der humorvolle Ausdruck in seinen graugrünen Augen blieb zurück.
Margherita warf mit einer stolzen Bewegung den Kopf zurück. »Ich halte nichts vom Zeremoniell!«, sagte sie mit fester, entschiedener Stimme. »Sie brauchen mich nicht mit dieser konventionellen Höflichkeit zu behandeln, Monsieur Bordelaine!«
In den Augen des Mannes blitzte es für eine kurze Sekunde auf, als er dem Blick der Prinzessin begegnete. Dann wandte er sich ab und bekam eine verschlossene und äußerst zurückhaltende Miene.
Ich wünschte, sie hätte diese Worte nicht gesagt, dachte er unruhig.
Warum hatte er nicht einfach abgelehnt, sich während des Fluges um die Prinzessin zu kümmern, als die Herzogin de Malmaison ihn gestern darum gebeten hatte?
Lag es nur daran, dass er seit seiner Kinderzeit die Mutter des jungen Herzogs, der vorgestern auf dem schottischen Schloss eine Cousine der Prinzessin Margherita geheiratet hatte, verehrte und liebte und ihr nichts abschlagen konnte?
Er dachte an den schwebenden Walzer, den er vor zwei Tagen im verschwenderisch erleuchteten Festsaal des Schlosses mit einem schönen schlanken und stolzen Mädchen getanzt hatte – ein Mädchen, das nicht nur durch den eleganten Schnitt ihres perlenbestickten Abendkleides, durch die festliche Frisur und den wertvollen Schmuck die Blicke aller auf sich zog – nein, es war ihre Schönheit, ihre ganz persönliche Ausstrahlung von Anmut, Stolz und Würde, gepaart mit einer liebenswerten Eigenwilligkeit, die auch André Bordelaines Herz unruhig schlagen ließ.
Der Tanz war zu Ende gegangen, und seine schöne Partnerin, die zweifellos die Königin dieses Festes war und sogar die bezaubernde Braut ausstach, wurde von vielen anderen Festgästen umschwärmt, sodass es ihm nicht gelungen war, sie um einen weiteren Tanz zu bitten.
Und nun saß dieses verwirrend schöne Geschöpf wie irgendeiner der vielen Fluggäste neben ihm – schon seit zwei Stunden! Sie trug ein elegantes sandfarbenes Wollkostüm mit einem Kragen aus Saphirnerz. Sie sprach mit ihm ohne Scheu in fast kameradschaftlichem Ton und war doch trotz der Faszination, die von ihr ausging, durch die Würde ihrer Haltung auf eine gewisse Weise unnahbar. Und André Bordelaine, der junge Diplomat mit der hoffnungsvollen Karriere, musste sich bemühen, seine Gedanken und Empfindungen in sich zu verschließen, denn niemals durfte die Prinzessin erfahren, was in ihm vorging und in welch innerem Konflikt er sich befand.
»Gestatten Sie, dass ich rauche, Hoheit?«, fragte er, darauf bedacht, seine Nervosität nicht spüren zu lassen.
»Gern«, erwiderte sie fröhlich. »Ich werde Ihnen dabei Gesellschaft leisten!«
Er ließ sein silbernes Etui aufschnappen und bot ihr eine Zigarette an.
Prinzessin Margherita klopfte mechanisch mit der Zigarette auf die Armlehne ihres Sitzes, während sie das verschlungene Wappen auf Bordelaines Etui betrachtete.
Ein Erbstück, fragte sie sich. Oder ein Geschenk?
Er gab ihr Feuer.
Während das kleine flackernde Flämmchen des Feuerzeugs unruhige Schatten über sein Gesicht huschen ließ, betrachtete sie ihn hinter einem Rauchring.
Er gefällt mir, dachte sie. Schon vorgestern hat er mir gefallen, als er mit mir tanzte. Und dabei wusste ich noch nicht einmal seinen Namen.
Margherita kehrte aus ihren Gedanken in die Wirklichkeit zurück. Unter halb geschlossenen Lidern sah sie Bordelaine verstohlen von der Seite an.
Wer ist das – André Bordelaine?, überlegte sie.
Sie streifte gedankenvoll die Asche von ihrer Zigarette. Dann wandte sie sich Bordelaine zu. »Sind Sie eigentlich mit den Malmaisons verwandt?«, erkundigte sie sich in ihrer offenen Art.
»Nein – o nein!«, wehrte Bordelaine hastig ab. »Aber ich bin mit dem jungen Herzog de Malmaison schon seit vielen Jahren befreundet. Er ist nur wenig jünger als ich. Eine Zeit lang haben wir auf der gleichen Universität studiert.«
»Erzählen Sie mir etwas mehr von sich!«, bat Margherita. »Ich weiß fast gar nichts von Ihnen.«
Ihr schien es, als ob sich in diesem Moment sein Gesicht verschloss, auch der Ausdruck der Augen wurde unergründlich, ja, es ließ sich nicht einmal mehr ihre Farbe bestimmen.
»Ich bin gebürtiger Franzose. Das wissen Sie ja. Ich habe Staatswissenschaften, Wirtschaftspolitik und Nationalökonomie studiert. Augenblicklich lebe ich in Rom – aber wahrscheinlich nicht mehr lange. Ich bin im diplomatischen Dienst.« Er sah sie kurz an. »Genügt Ihnen das, Königliche Hoheit?« Trotz des schmalen Lächelns wirkte seine Miene verschlossen.
»Verheiratet?« Sie stellte diese Frage bewusst in dem Ton gönnerhafter Herablassung, den sie äußerst selten und nur dann anwandte, wenn sie sehr ungehalten war oder sich in einem inneren Zwiespalt befand.
»Nein, nicht verheiratet«, entgegnete er. Ein Schatten flog über seine Züge.
»Warum nicht?« Margherita verspürte das brennende Bedürfnis, ihn aus seiner Reserve herauszulocken.
»Die Sache ist aussichtslos«, antwortete er trocken.
»Liebt sie einen anderen?« Jetzt war ihre Stimme nicht mehr aggressiv, sondern verhaltenes Mitgefühl sprach aus ihren Worten. Margheritas Unmut verflog. Sie glaubte, dem Grund seiner Verschlossenheit auf der Spur zu sein. »So ähnlich«, gab er einsilbig zurück.
»Vergessen Sie sie!«, meinte die Prinzessin energisch und sah ihn mit einem charmanten Lächeln an, das er jedoch nicht wahrnahm, da er sich ihr nicht zuwandte.
»Das ist unmöglich!«, sagte er beinahe hart. »Dafür dauert die Angelegenheit schon zu lange!« Er vermied es, das Wort »Liebe« auszusprechen.
Die Prinzessin war betroffen über den knappen, sachlichen Ton, mit dem er ein so empfindliches Thema behandelte.
Hatte sie sich etwa in ihm getäuscht, als sie geglaubt hatte, dass aus seinen Augen Sensibilität und Wärme sprachen?
»Wie lange dauert diese Angelegenheit denn schon?«, griff sie mit der Andeutung eines spöttischen Lächelns seine Worte auf.
»Eine ganze Reihe von Jahren!« Der Zigarettenstummel verglühte schon fast zwischen seinen Fingern, er merkte es jedoch nicht. Mein Gott, wann wird sie endlich aufhören zu fragen, dachte er. Ich kann mit ihr nicht über diese Dinge sprechen, von denen niemand etwas weiß!
»In einer knappen Stunde sind wir da«, sagte Margherita nach einem Blick auf ihre zierliche, mit Brillanten besetzte Armbanduhr.
»Ja«, antwortete er, und seine Stimme klang belegt, »in einer Stunde sind wir da!«
Dann werden wir uns höflich und korrekt voneinander verabschieden, dachte er, sie wird ihre Eltern auf dem Exilschloss des ehemaligen Monarchen besuchen, und ich werde in die Botschaft nach Bonn fahren, um morgen weiterzufliegen nach Rom.
Prinzessin Margherita aber würde er nie wiedersehen.
Und das war gut so …
Schloss Johannisbrunn war im zwölften Jahrhundert gebaut.
Es gab immer noch mächtige Türme, Pechnasen und Wehrgänge, die jedoch nur die Erinnerung an vergangene Zeiten verkörperten und nicht mehr kriegerischen Zwecken dienten. Die Türme hatten längst ihren Schrecken verloren, und die Wehrgänge wurden nur noch als Zugänge zu den verschiedenen Appartements benutzt.
Die Brücke, die früher als schmaler und gefahrvoller Zugang zum Schloss über die Wassergräben geführt hatte, war durch eine breite Betonbrücke ersetzt worden, die in gerader Fortsetzung der Landstraße unmittelbar in den Schlosshof führte und vergessen ließ, dass man einen Wasserarm überqueren musste, um in die ehemals wehrhafte Burg zu gelangen.
Die Sonne stand als glutroter riesiger Ball über den dichten, von fern fast schwarz wirkenden Wipfeln des Waldes, der den Schlosspark an der rückwärtigen Seite begrenzte. Einzelne Strahlen des versinkenden Feuerballs schienen durch die Kronen der alten hohen Bäume, die wie eine majestätische Wand vor dem Dämmergrau des rot überhauchten Himmels aufwuchsen.
Rot glänzte auch der Widerschein der versinkenden Sonne auf dem Dach und den Türmen des Schlosses, als der dunkelgraue Mercedes über die von breitästigen Platanen eingefasste Allee fuhr, die hier schon durch den Landbesitz führte, der zu Schloss Johannisbrunn gehörte.
Margherita lehnte sich im Fond zurück und ließ ihren Blick über die friedliche Natur schweifen, die hier in der Abgeschiedenheit tiefe Ruhe und Harmonie atmete.
Wendler, der Chauffeur, der auf seinem mausgrauen Dienstanzug unauffällig das königliche Wappen trug, hatte während der ganzen Fahrt kein Wort gesprochen. Nur am Flugplatz hatte er, als er die Prinzessin untertänig begrüßte, höflich gefragt, ob sie einen guten Flug gehabt hätte. Mehr zu sprechen, war dem grauhaarigen Mann, der seit über zwanzig Jahren in den Diensten des Exkönigs stand, nicht gestattet. Die strengen Vorschriften des ehemaligen Monarchen verboten, dass ein Mitglied der königlichen Familie angesprochen werden durfte, ohne dass dafür ein ausreichender Grund vorhanden war.
Prinzessin Margherita, die sich sonst gern mit den Angestellten des Schlosses unterhielt und sie zu einem Gespräch aufforderte, war heute über das Schweigen des Chauffeurs ausnahmsweise froh.
So konnte sie ungestört ihren Gedanken nachhängen.
Sie dachte an André Bordelaine, der sich auf dem Flugplatz mit zuvorkommender Höflichkeit von ihr verabschiedet hatte. Doch diese Korrektheit hatte Margherita fast verletzt. Vergebens suchte sie nach dem warmen Schimmer in seinen graugrünen Augen, den sie am Abend des Hochzeitsfestes entdeckt zu haben glaubte. Vergebens wartete sie auf ein persönliches Wort oder die Frage nach einem eventuellen Wiedersehen.
André Bordelaine war fremd und unnahbar geblieben, seine Miene hatte sogar einen angespannten, fast feindlichen Ausdruck gehabt, als er sich zum Abschied vor ihr verneigt hatte.
Margherita warf ärgerlich den Kopf zurück.
Ich werde ihn vergessen, nahm sie sich in einem plötzlichen Entschluss vor. Ich werde einfach nicht mehr an ihn denken!
Doch das war nicht so leicht.
Der Wagen bog in den Schlosshof ein und hielt.
Wendler sprang heraus und half Prinzessin Margherita beim Aussteigen.
Einen Augenblick blieb die Prinzessin stehen und lauschte auf das frohe Zwitschern der Vögel und das leise Rauschen der Bäume im Abendwind.
Würziger Duft wehte vom Wald herüber. Es roch nach Tannen und Kiefern, ein wenig nach feuchter, aufgebrochener Erde und frisch gemähtem Gras.
»Es ist schön hier«, murmelte die Prinzessin leise.
Wendler, der in respektvoller Entfernung von ihr stand, nickte. »Ja, sehr schön, Königliche Hoheit«, erwiderte er. Es klang nicht überzeugend.
Margherita scheute sich, auf den Haupteingang des Schlosses zuzugehen, der noch feiner ausgearbeitet war als die Seitenfronten und über zwei Stockwerke hinweg doppelte Fensteröffnungen hatte, die in kunstvoll ziselierten Giebeln endeten. Sie wusste, wenn sie den Eingang betreten hatte, der zu einer geraden, mit kunstvollen Caisson-Gewölben prachtvoll dekorierten Treppe führte, würde das Hofzeremoniell sie umgeben, das in Schloss Johannisbrunn noch ebenso streng gehandhabt wurde wie seinerzeit vor mehr als zwanzig Jahren im Schloss des regierenden Monarchen.
Die Prinzessin seufzte unterdrückt auf. Sie hätte sich gewünscht, ihre Eltern wie ein normales junges Mädchen besuchen zu können – frei von der Etikette und dem Zwang, die einen Status repräsentierten, der schon längst nicht mehr existierte.
Am Fuß der Treppe stand der Haushofmeister Baron von Hall. Der Schein der rotgoldenen Sonne, der durch eines der oberen Fenster fiel, tauchte das lederne Gesicht des hageren Barons in ein seltsames, brennendes Licht, das nicht zu dem erloschenen Ausdruck seiner Augen zu passen schien.
»Wie schön, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen, Baron!«, rief Margherita erfreut aus. »Vor meinem Abflug nach Schottland waren Sie krank, nicht wahr? Ich hoffe, es geht Ihnen jetzt wieder besser?«
»Danke, Königliche Hoheit, ich habe mich gut erholt«, antwortete der Baron mit einer trockenen, etwas monoton klingenden Stimme. »Hatten Sie einen guten Flug, Königliche Hoheit?«
Margherita verbiss sich ein Lächeln. Sie ahnte, dass ihr diese Frage heute wahrscheinlich noch öfter gestellt werden würde. »Ja, es gab weder eine Notlandung noch die Gefahr eines Absturzes!«, erwiderte sie heiter.
»Seine Majestät erwartet Sie zur Begrüßung in seinem Arbeitszimmer, Königliche Hoheit«, meldete er. »Seine Majestät lässt Sie bitten, pünktlich um sieben Uhr bei ihm zu sein, Königliche Hoheit. Um halb acht Uhr wird im großen Saal gespeist.«
»Im großen Saal?« Margherita runzelte die Brauen. »Das bedeutet also festliche Kleidung?«
»Jawohl, Königliche Hoheit!«
»Haben meine Eltern Besuch?«
»Fürstin Ludmilla von Reylsheim weilt seit zwei Tagen auf dem Schloss, und gestern sind Gräfin von Wussow und die Komtess Sybille von Wussow eingetroffen.«
»Sibylle ist da?«, rief Margherita aufgeregt.
Von Hall nickte gemessen. »Die Komtess wollte Sie in Johannisbrunn erwarten, Königliche Hoheit, um dann mit Ihnen und ihrer Tante nach Schloss Arcadia weiterzufahren.«
Baron von Hall hatte geläutet, und oben auf der Treppe erschien mit raschen, trippelnden Schritten eine zierliche Kammerzofe. Sie blieb knicksend auf dem oberen Treppenabsatz stehen. »Königliche Hoheit befehlen?«, fragte sie mit leiser Stimme.
Margherita strich der hübschen schwarzhaarigen Zofe mit einer raschen Bewegung über die rosig angehauchten Wangen. »Bitte, Nina, richten Sie mir ein Bad. Und dann packen Sie meine Koffer aus!«
»Sehr gern, Königliche Hoheit«, flüsterte Nina, die niemals ihre Heimat kennengelernt hatte, weil ihre Eltern als treue Anhänger ihres Königs in das Exil nach Deutschland gefolgt waren.
Margherita stieg eilig die Treppen hinauf, und das Mädchen ging im gebührenden Abstand immer zwei Schritte hinter ihr.
Ehe die Prinzessin ihre Gemächer erreicht hatte, die ihr im elterlichen Schloss jederzeit zur Verfügung standen, begegnete sie noch mehreren Schlossangestellten, die die Prinzessin mit ehrfürchtiger Hochachtung grüßten.
Eine halbe Stunde später stand Margherita vor dem ovalen goldgerahmten Spiegel in ihrem lichtblauen Schlafzimmer und betrachtete sich prüfend.
Das elegante Silberbrokatkleid, das die Prinzessin trug, hatte einen einfachen Schnitt. Fast gerade fiel der Stoff nach unten und betonte kaum die schmale Taille der Prinzessin. Den besonderen Effekt dieses raffiniert gearbeiteten Kleides bildete der tiefe, im Rücken spitz zulaufende Ausschnitt, während die hochgeschlossene Vorderseite mit einem schmalen, ein wenig abstehenden Kragen ihren Abschluss fand.
Der kleine, moderne Reisewecker, der sich in dem Schlafraum der Prinzessin, das von dem riesigen, mit einem blauen Baldachin überdachten Bett beherrscht wurde, wie ein Fremdkörper ausnahm, zeigte fünf Minuten vor sieben Uhr.
Margherita ergriff das zierliche Abendtäschchen, das aus dem gleichen Stoff wie das silberne Brokatkleid gefertigt war, und verließ ihre Gemächer.
Trotz der Abendstunde befand sich Pietro Donelli, der schon als Sekretär des Exkönigs fungiert hatte, als dieser noch regierender Monarch in seinem Heimatland war, im Vorzimmer des königlichen Arbeitszimmers.
Er erhob sich hinter dem breiten Schreibtisch aus Eichenholz, legte seine dunkelrandige Brille ab. Ein Lächeln flog über sein Gesicht, das die schlaffen Züge belebte und erkennen ließ, dass trotz seiner Korpulenz noch eine erstaunliche Vitalität in dem mittelgroßen, etwa fünfzigjährigen Mann wohnte. Nicht umsonst war sein Fanatismus, mit dem er die Pläne des Exkönigs unterstützte, bei den Gegnern des ehemaligen Monarchen unbeliebt.
Margherita trat auf Donelli zu, der ihr mit raschen bebenden Schritten entgegenkam. »Guten Abend, Pietro!«, sagte sie herzlich und gab ihm die Hand, Staatssekretär Donelli beugte sich über Prinzessin Margheritas Hand. »Herzlich willkommen auf Johannisbrunn, Königliche Hoheit!«, sagte er. »Hatten Sie einen angenehmen Flug? Das Wetter war ja ausnehmend gut, nicht wahr?«
»Ja, sogar in Schottland schien die Sonne!«, gab die Prinzessin lächelnd zur Antwort.
»Seine Majestät erwartet Sie bereits«, erwiderte Donelli und geleitete Margherita zu der getäfelten Verbindungstür.
»Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Margherita«, meldete Donelli, während die Prinzessin an ihm vorüberging und den lang gestreckten Arbeitsraum ihres Vaters durchquerte.
Der dicke, flauschige Teppich, mit dem der ganze rechteckige Raum ausgelegt war, verschluckte ihre Schritte und brachte Margherita die fast beklemmende Stille im Arbeitszimmer ihres Vaters zum Bewusstsein, die nur durch das gleichmäßige Ticken einer riesigen barocken Standuhr unterbrochen wurde.
Im Barockstil war der ganze übrige Raum eingerichtet, und auch der Schreibtisch des Exkönigs war nichts anderes als ein überdimensionaler Tisch mit der verschwenderischen Fülle des barocken Dekors, die sich in breiten, weit geschwungenen Füßen mit vielfältiger Verzierung und fantasievollen Schnörkeln ausdrückte. Hinter diesem riesigen, in seiner Pracht etwas überladenen Arbeitstisch wirkte der Exkönig beinahe klein, als er sich jetzt erhob und den schweren Barockstuhl zurückschob. Doch als er auf die Tochter zutrat, sah man, dass er mittelgroß und untersetzt war, aber trotz seines zur Fülle neigenden Körpers eine kräftige, gut durchtrainierte Figur hatte. Das ehemals dichte dunkle Haar hatte sich gelichtet und war an den Schläfen grau. Mit der hohen Stirnpartie, der stark ausgeprägten Nase und dem für einen Mann erstaunlich vollen Mund war Exkönig Paul unbestreitbar ein ausgesprochen romanischer Typ. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch die dunklen lebhaften Augen, von denen eine eigenartige Faszinationskraft ausging, der man sich nur schwer entziehen konnte.
Auch Margherita empfand es sofort wieder, als sie ihrem Vater gegenüberstand.
»Grüß Gott, Papa«, sagte sie zärtlich und küsste ihn auf beide Wangen.
Exkönig Paul sah seine Tochter aufmerksam an. »Deinem Aussehen nach zu urteilen, hast du dich auf Sophias Hochzeit gut amüsiert und eine angenehme Zeit in Schottland verbracht. Ich nehme an, du hattest einen guten Flug.«
Margheritas Lächeln vertiefte sich. »Nachdem mir schon Wendler, Nina und Pietro die gleiche Frage gestellt haben, will ich sie auch dir noch beantworten, Papa. – Ja, ich hatte einen wundervollen Flug!«
Flüchtig dachte sie in diesem Moment an André Bordelaine. Doch es war merkwürdig – hier, in den Räumen des königlichen Schlosses, die so stark von der Ausstrahlung Exkönig Pauls beherrscht wurden, erschien ihr der französische Diplomat, der sie noch vor Kurzem so intensiv beschäftigt hatte, auf einmal in unendlich weiter Ferne.