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Drei deutsche Polizisten werden bei Recherchen um den Schuldigen der Morde durch den Goldenen Schuss entführt. Können sie noch lebend gefunden werden? Steckt Dr. Helmut Gottwald wirklich hinter all diesen Verbrechen? Wenn ja, welches Motiv hat der Mann? In dem idyllischen Urlaubsort in Tunesien scheinen alle Fäden zusammenzulaufen, und es sieht so aus, als wenn es endlich all die Antworten auf die noch offenen Fragen gibt …
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Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Der unliebsame Zeuge: Thriller: Tödliches Wissen - Band 5
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von Corinna Kosche
Drei deutsche Polizisten werden bei Recherchen um den Schuldigen der Morde durch den Goldenen Schuss entführt. Können sie noch lebend gefunden werden? Steckt Dr. Helmut Gottwald wirklich hinter all diesen Verbrechen? Wenn ja, welches Motiv hat der Mann?
In dem idyllischen Urlaubsort in Tunesien scheinen alle Fäden zusammenzulaufen, und es sieht so aus, als wenn es endlich all die Antworten auf die noch offenen Fragen gibt …
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
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Deutschland 1997
Ines Bleckert zitterte am ganzen Körper, als sie ihre Dessous entdeckte. Hier musste ein Wahnsinniger gewütet haben, denn einzig und allein ihre Unterwäsche war mit einem Messer bearbeitet worden. Zu der Angst kam jetzt auch noch ein Gefühl von Scham hinzu.
Sie ging weiter und kam so an der Küche vorbei. Sämtliche Lebensmittel waren aus ihren Dosen, Gläsern, Tüten und sonstigen Behältern geholt worden und hatten sich mit dem Inhalt mehrerer Tüten Milch zu einem Brei vereint, der nun die gesamte Küche und den PVC-Fußboden zierte. Ines Bleckert konnte es nicht glauben.
Sie ging ins Wohnzimmer, wohl wissend, dass auch hier totales Chaos herrschte. Wie Recht sie doch hatte! Der Farbfernseher war hinten aufgeschraubt, ebenso der Videorecorder, die Stereoanlage bestand nur noch aus Einzelteilen, da auch sie total auseinandergenommen worden war. Der Inhalt der Schränke lag hier ebenfalls auf dem Teppich und die Wohnzimmercouch war regelrecht aufgeschlitzt worden.
Plötzlich hörte sie hinter sich ein Geräusch. Entsetzt drehte sie sich um und erkannte einen der beiden Männer sofort wieder. Es war Michael Wagner. Der andere kam ihr zwar bekannt vor, sie konnte ihn im Moment aber nicht einordnen.
„Ganz ruhig bleiben, Ihnen passiert überhaupt nichts!“, versuchte Michael Wagner Ines Bleckert zu beruhigen. Langsam ging er auf sie zu. Die hob jedoch mit der linken Hand drohend ihren Regenschirm hoch. Der rechte Zeigefinger legte sich gleichzeitig auf den Sprühknopf des Deos.
„Keinen Schritt weiter oder sie werden einparfümiert. Ihre Augen werden begeistert sein!“
Michael Wagner blieb sofort stehen. Er schien keine Bekanntschaft mit dem Zeug machen zu wollen. Aus sicherer Entfernung sagte er etwas, was Ines Bleckert zumindest neugierig machte: „Ich weiß, was die hier gesucht haben. Sie haben es aber nicht gefunden. Weil ich es habe!“
Ines Bleckert fragte Michael Wagner daraufhin interessiert: „Was haben diese Einbrecher denn nicht gefunden?“
Trotz aller Neugier blieb sie den beiden Männern gegenüber misstrauisch und senkte weder Regenschirm noch Deo.
Michael Wagner rührte sich angesichts dieser drohenden Gefahren keinen Millimeter von der Stelle.
Es war ein komisches Bild, aber es passte zu dem Chaos, das zu dem Zeitpunkt in der ganzen Wohnung herrschte.
„Ein Fotograf hätte jetzt bestimmt seine helle Freude“, versuchte Michael Wagner die Situation zu entkrampfen. Doch das funktionierte noch nicht.
„Werden Sie jetzt bloß nicht witzig, verstanden?!“
Er nickte gehorsam und vergaß für einen Moment, dass hinter ihm noch jemand stand.
Einige Sekunden herrschte totale Funkstille in der durchwühlten Wohnung und Michael Wagners Gedanken glitten für einen kurzen Augenblick in die Vergangenheit ab.
Plötzlich schüttelte er den Kopf, als wenn er sie damit wieder loswerden könnte.
Diese unvorsichtige Bewegung setzte Ines Blekkert zu seinem Bedauern wieder in höchste Alarmbereitschaft. Sie drückte instinktiv kurz auf den Sprühknopf ihre Deos und schon steckten beide mitten in einer Duftwolke.
„So, jetzt reicht’s mir aber“, meinte der Mann im Hintergrund. Wütend hielt er sich die Hand vor Nase und Mund und schob sich an Michael Wagner vorbei, der gerade mit Husten beschäftigt war.
Da es der Frau nicht viel besser erging, war es für ihn nun kein Problem mehr, sie zu überwältigen. Im Handumdrehen nahm er ihr die „Waffen“ weg und stellte mit Unbehagen fest, dass Ines Bleckert damit leider immer noch nicht außer Gefecht gesetzt war. Sie schrie plötzlich mit krächzender Stimme laut um Hilfe. Das konnte er sich natürlich nicht gefallen lassen und er hielt ihr deshalb unsanft den Mund zu.
„Lass sie los“, schimpfte Michael Wagner, dem diese rohe Behandlung offenbar gar nicht gefiel.
„Aber was soll ich denn machen? Die kapiert anscheinend immer noch nicht, dass wir ihr nichts tun wollen!“
„Wenn du ihr so ankommst, wird sich dieser Verdacht auch bestimmt nicht legen.“
„Also gut, Frau Bleckert, ich lass sie sofort los, wenn Sie mir versprechen, dass Sie nicht mehr schreien“, meinte der Mann nun bedeutend sanfter.
Die Frau nickte ergeben und riss die Augen weit auf, als nun auch Michael Wagner auf sie zukam. Waffenlos befand sie sich zwischen zwei Männern, die ihr gefährlich nahe auf die Pelle rückten. Dass sie ihr nichts tun wollten, glaubte sie den beiden nicht die Bohne. Sie war nahe dran, ihre Nerven zu verlieren. Das war alles zu viel für sie. Erst das stundenlange Warten auf ihre Freundin, dann die Nachricht von ihrer Ermordung und die Identifizierung der Leiche, dieses Chaos in ihrer Wohnung und nun auch noch den Hauptverdächtigen in unmittelbarer Nähe. Sie bedauerte zutiefst, sich nicht in irgendein Mauseloch verkriechen zu können. Als Michael Wagner dann auch noch die Hand auf ihre linke Schulter legte, zuckte sie wie unter einem Stromschlag zusammen und sie hatte Mühe, nicht in Ohnmacht zu fallen. Sie fragte sich, wie viel ein Mensch wohl noch aushalten konnte.
„Bitte glauben Sie mir doch. Wir wollen Ihnen wirklich nichts tun!“, versicherte der Mann ihr gerade hoch und heilig.
Ines Bleckert schloss ergeben die Augen. Die konnten ihr jetzt erzählen, was sie wollten, sie würde das Spiel erst mal mitmachen und auf ihre Chance warten, sich aus dieser ziemlich miesen Lage zu befreien.
Wenn sie Angst hatte, wurde sie oft sarkastisch: „Ach bitte, möchten Sie sich nicht setzen?“, fragte sie daher übertrieben höflich und machte dabei eine einladende Handbewegung.
Michael Wagner warf einen Blick durch das verwüstete Wohnzimmer und meinte lächelnd: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Und ehe sich Ines Bleckert versah, verzogen sich auch bei ihr ungewollt die Mundwinkel. Sie ärgerte sich sehr darüber.
„Na also, wer sagt’s denn. Sie hat es kapiert“, freute sich der Mann, der ihr gerade noch den Mund zugehalten hatte.
Michael Wagner reagierte nicht darauf und stellte sich und seinen Begleiter stattdessen erst mal vor: „Mich kennen Sie ja bereits. Ich habe angeblich Ihre Freundin auf dem Gewissen. Dass ich es nicht war, glauben Sie mir im Moment ja sowieso nicht, was ich unter diesen Umständen auch durchaus verstehen kann. Das ist übrigens mein Freund und Arzt Dr. Schäfer.“
„Was für ein Arzt?“, fragte Ines Bleckert automatisch.
„Urologe“, beantwortete der Mediziner die Frage selbst. „Wir haben uns übrigens schon einmal ganz kurz gesehen. Auf dem Polizeipräsidium nämlich, da sind Sie an mir vorbeigerauscht.“
Jetzt erinnerte sie sich wieder. Deshalb war er ihr so bekannt vorgekommen.
„Und um endlich mal ihre Frage zu beantworten, was die hier gesucht haben“, setzte Michael Wagner zu einer Erklärung an, „sie haben versucht, die Filme zu finden.“
„Aha, Filme“, wiederholte Ines Bleckert und verstand überhaupt nichts. „Wie konnten die es wagen, wegen läppischer Filme die ganze Wohnung zu verwüsten?“, regte sie sich auf und warf erneut einen Blick über das angerichtete Chaos. Was sie sah, tat ihr in der Seele weh.
„Es tut mir leid, dass sie hier nichts gefunden haben“, meinte Michael Wagner leise und schien es ehrlich zu meinen.
„Glaubst du etwa, die hätten hier wieder aufgeräumt, wenn sie fündig geworden wären?“, fragte Dr. Schäfer voll beißendem Spott.
„Ach, ich weiß auch nicht. Es ist so schrecklich, solch eine Zerstörungswut zu sehen. Wer weiß, ob sie gerade in meiner Wohnung dasselbe veranstalten.“
„Und wenn sie da logischerweise auch nichts gefunden haben, gehen sie wahrscheinlich anschließend noch zu mir. Die haben uns doch bestimmt längst beschattet.“
Dr. Schäfer verdrehte kurz die Augen, denn diese Aussicht gefiel ihm verständlicherweise überhaupt nicht.
„Was sind denn das nun eigentlich für Filme und warum haben Sie keine Angst, dass man die Dinger bei Ihnen findet? Ich denke, Sie haben sie?“
„Sie sind an einem sicheren Ort versteckt“, lautete die Antwort. Das klang überzeugend.
„Sie haben die Dinger einfach in mehrere Plastiktüten gesteckt und im Wald vergraben“, schmunzelte Dr. Schäfer.
„Stimmt, und zwar ganz in der Nähe von Dr. Gottwalds Waldhütte“, bestätigte Michael Wagner.
„Würden Sie jetzt bitte endlich mal deutlicher werden? Ich verstehe immer nur Bahnhof!“, beschwerte sich Ines Bleckert zu recht.
„Okay“, nickte dieser. „Also, ich kann Ihnen sagen, als wir entdeckten, was da für eine Schweinerei im Gange war, da standen uns die Haare zu Berge.“
„Total verständlich“, unterbrach Dr. Schäfer die geforderte Erklärung und erntete dafür zwei missbilligende Blicke.
Beleidigt ging er daraufhin einen Raum weiter, nämlich in die Küche, und ließ die beiden erst mal allein. Er hob gerade einen umgeworfenen Stuhl auf, um es sich wenigstens ein bisschen bequem zu machen, als er Michael Wagner nebenan sagen hörte: „Cornelia und ich, wir haben uns durch Dr. Gottwald kennengelernt.“
„Das ist für mich nichts Neues“, unterbrach Ines Bleckert ihn gleich wieder und hoffte, bald mal etwas Außergewöhnliches zu hören. Wenn die beiden Männer so unschuldig waren, wie sie behaupteten, dann wurde es langsam Zeit, dass diese sie auch davon überzeugten.
„Es war zwischen uns beiden nicht gerade Liebe auf dem ersten Blick“, setzte Michael Wagner seine Ansprache unbeirrt fort. „Ich hatte von Frauen im Prinzip die Nase voll und Cornelia stand erst nur auf ältere Männer. Im Laufe der Therapie änderte sich das dann. Eins muss man diesem Dr. Gottwald nämlich lassen. Er versteht was von seinem Handwerk. Die Gruppentherapie lief wirklich gut. Er konnte uns beiden und auch einigen anderen Leidensgenossen in der Tat weiterhelfen.“
„Netter Mensch, ich habe ihn bereits kennenlernen müssen“, warf Ines Bleckert ein.
„Das Vergnügen kann nur groß gewesen sein, denn wenn er will, hat der Mann eine wahnsinnige Ausstrahlung. Wie gesagt, fachlich war an ihm überhaupt nichts auszusetzen. Aber was der in seinem Privatleben veranstaltet hat, das war wirklich unter aller Würde! Da mussten wir einfach was gegen unternehmen.“
„Mal ganz davon abgesehen, dass ich da eine ganz andere Meinung von Dr. Gottwald habe, was hat der Mann denn nun verbrochen?“ Langsam riss Ines Bleckert der Geduldsfaden.
Michael Wagner ging nicht sofort darauf ein, sondern holte noch einmal weiter aus.
„Wie gesagt, durch Dr. Gottwalds Hilfe lösten Cornelia und ich tatsächlich unsere Probleme so gut wie vollständig und wir verliebten uns nach und nach ineinander. Aber ein bisschen litt ich immer noch unter der Sache mit meiner Frau. Das wusste auch Dr. Gottwald. Er beobachtete uns eine Weile, sah, wie Ihre Freundin und ich uns immer näher kamen und schlug uns eines schönen Tages vor, einmal ein Wochenende in seiner Hütte zu verbringen. Ganz zwanglos und unverbindlich. Zwei Tage in der totalen Abgeschiedenheit, Urlaub von allen Problemen, die uns belasteten. Wir nahmen das Angebot dankend an. In der Hütte kam es dann tatsächlich dazu, zumindest mehr oder weniger, wenn sie verstehen was ich meine. Wie vorausgesehen, hatten wir unsere Schwierigkeiten beim Sex. Wir mussten wie zwei junge Teenager wieder ganz von vorne anfangen.“
Ines Bleckert war von diesem offenen Geständnis peinlich berührt und wurde im Gesicht erst blass dann rot.
Michael Wagner bemerkte das sofort: „Keine Angst, ich gehe nicht weiter ins Detail. Aber können Sie sich vielleicht vorstellen, wie geschockt wir waren, als wir nach mehreren Wochenenden dort zufällig bemerkten, dass wir bei all diesen Dingen von einer versteckten Kamera gefilmt wurden?“
„Oh, mein Gott! Das ist ja abartig! Dass der Mann ’ne Macke hatte, also, das war mir ja von Anfang an klar. Aber so was?“
„Wir haben nach Entdeckung der Kamera sofort die ganze Hütte durchsucht und sind dann schließlich auch fündig geworden. Es waren eine Menge Filme. Natürlich haben wir uns die nicht erst angesehen, sondern gleich in der Nähe der Hütte im Wald vergraben. Anschließend haben wir Dr. Ulrich Braun angerufen, da er es ja schließlich war, der uns beide an Dr. Gottwald überwiesen hatte. Wir haben ihn sofort mit unserem Verdacht konfrontiert, dass er mit seinem Kollegen unter einer Decke steckte und nur ganz bestimmte Patienten an ihn überwies. Cornelia war zu diesem Zeitpunkt besonders geschockt. Wie sie mir gestand, dass sie mit Dr. Braun ein Verhältnis gehabt hatte, schrillten in mir dann endgültig sämtliche Alarmglocken! Ich war fest davon überzeugt, dass beide Männer sich entweder an solchen heimlichen Videoaufnahmen ergötzten oder aber, was ich noch viel schlimmer fand, an entsprechende Abnehmer verkauften.“
„Oder die Opfer wurden erpresst, um genau das zu verhindern“, schlug Dr. Schäfer vor, der inzwischen endgültig keine Lust mehr hatte, sich im Hintergrund aufzuhalten. Unauffällig war er ins Wohnzimmer zurückgekehrt und froh, dass ihn jetzt keiner wieder ’rauswarf. Nur leider strapazierte er den Geduldsfaden von Ines Bleckert aufs Neue, als er hinzufügte: „Aber das ist ja noch längst nicht alles! Michael, erzähl ihr den Rest doch auch noch, vielleicht glaubt sie uns dann endgültig, dass wir harmlos sind.“
Michael Wagner nickte und erklärte weiter: „Ich wusste wohl, dass Cornelia ein Verhältnis mit Dr. Braun gehabt hatte, aber das war vor unserer Beziehung.“
„Und wussten Sie auch, dass sie schwanger war?“, fragte Ines Bleckert.
Michael Wagner sah sie entsetzt an.
„Nein, das wusste ich nicht!“
Er schien wirklich geschockt zu sein. Ganz blass wurde er im Gesicht und Dr. Schäfer kam sofort auf ihn zugelaufen, um ihm schützend den Arm um die Schulter zu legen. Ein Bild echter und tiefer Freundschaft, was Ines Bleckert nicht entging. Sie fing langsam an, sich zu entspannen. Vielleicht waren diese beiden Männer doch harmlos und sie hatte ihnen Unrecht getan.
„Ich wollte es dir nicht sagen“, meinte Dr. Schäfer gerade behutsam.
„Du wusstest es?!“ Michael Wagner schüttelte jetzt den Arm seines Freundes wie eine lästige Fliege ab. „Seit wann?“
„Noch nicht lange“, versuchte der Arzt ihn zu beruhigen. „Als Frau Bleckert heute Morgen auf dem Präsidium so stürmisch an mir vorbeirauschte, beschloss ich, noch ein bisschen zu lauschen. Ich hörte mir eine Weile das Gespräch zwischen den beiden Beamten und dieser Dame hier an, dann drehte ich mich schnell um und lief ein paar Schritte in die entgegengesetzte Richtung, als ich hörte, wie du mit dem einen Polizisten aus dem Büro kamst.
Er durfte schließlich nicht merken, dass ich gelauscht hatte. Das konnte er aber annehmen, wenn ich mich immer noch direkt neben der Tür aufhielt. War er doch schon bei meiner eigenen Aussage im Raum und hätte mich mit Sicherheit wiedererkannt.
In Windeseile suchte ich also nach einem geeigneten Versteck. So blöd das klingt, aber ich hockte mich hinter den ersten großen Blumenkübel, der ganz in der Nähe stand. Die Pflanzen darin waren hoch genug, um vom Flur aus nicht gesehen zu werden. Direkt daneben befand sich eine Sitzgruppe. Ich hab ein unverschämtes Glück gehabt, dass dort gerade keiner saß, der mich hätte verpfeifen können. Durch die Blätter hindurch beobachtete ich also den Flur und bekam auf einmal esstellergroße Augen.
Da lief doch glatt jemand auf das Büro zu, den ich schon aus Studentenzeiten kannte. Ein unliebsamer Zeitgenosse. Ich habe damals nie verstanden, was mein Freund an diesem Kerl fand. Die beiden waren jedoch eng miteinander befreundet und fast wäre ich eifersüchtig geworden. Aber Uli hat es immer wieder verstanden, mir das Gefühl zu geben, kein Außenseiter oder drittes Rad am Wagen zu sein. Er traf sich mal mit mir, mal mit ihm, nur unternahmen wir nie zu dritt etwas.“
„Und wer war das nun?“, fragte Ines Bleckert, obwohl sie die Antwort schon im Voraus kannte.
„Natürlich unser lieber Dr. Gottwald. Jetzt platzte ich geradezu vor Neugier. Kaum war er im Büro der beiden Kripobeamten verschwunden, stellte ich mich auch schon wieder direkt neben der Tür auf. Nachdem, was ich da zu hören bekam, verstehe ich Uli erst recht nicht mehr, was er an diesem Kerl fand.“
„So pervers der Mann auch sein mag. An seiner Arbeit war nichts auszusetzen“, warf Michael Wagner erneut ein, der hin- und hergerissen zu sein schien.
„Der Mann war schon immer ein brillanter Schauspieler. Kein Wunder also, dass er es gut verstand, andere Menschen einzulullen. Aber wenn er seine Samariter-Maske fallen ließ, war er wirklich erbärmlich.“
„Ich habe den Kerl auch erlebt. Einfach ekelhaft“, bestätigte Ines Bleckert. Dabei nickte sie energisch. Obwohl er ihr vorhin den Mund zugehalten hatte, wurde Dr. Schäfer ihr langsam aber sicher immer sympathischer.
Auch Michael Wagner schienen alle zu Unrecht zu beschuldigen. Es war zwar mehr ein Gefühl, aber sie hoffte, dass auch bald ihr Verstand derselben Meinung war, denn wenn sie ihn sich so ansah, dann bekam sie große Probleme mit sich selbst. Einerseits konnte er durchaus der Mörder ihrer besten Freundin sein, andererseits sah er für ihre Begriffe traumhaft gut aus. Sie hoffte, dass der Mann wirklich nichts verbrochen hatte und sie sich nach Aufklärung des Falles unter anderen Umständen etwas näher kennenlernen würden. Vielleicht würden sie dann ja irgendwann mal durch ihre gemeinsame Trauer näher zusammenrücken. Wer konnte das so genau sagen?
Ihr augenblicklicher Wunschtraum ließ sie jedoch nicht unvorsichtig werden. Drohend fragte sie: „Würden Sie mir jetzt endlich mal diesen berühmten Rest auch noch erzählen, damit ich Sie tatsächlich für harmlos halten kann?“
Michael Wagner nickte und bat sie um Entschuldigung: „Es tut mir leid, aber dass Cornelia schwanger war, hat mich echt umgehauen. Das muss ich jetzt erst mal verdauen. In welchem Monat war sie denn?“
„Hat das was mit dem Mord an meiner Freundin zu tun?“, fragte Ines Bleckert ungeduldig. „Wenn nicht, möchte ich Sie nämlich bitten, endlich zur Sache zu kommen. In welchem Monat sie war, können wir nachher immer noch klären, oder? Die Hauptsache ist doch, dass Sie mir endlich Ihre Unschuld beweisen!“
„Also gut. Cornelia rief mich am Tag ihrer Ermordung an und bat mich aufgeregt, in Dr. Gottwalds Waldhütte zu kommen. Sie erwarte mich dort dringend.“
„Um wie viel Uhr war denn das?“
„Das war so gegen siebzehn Uhr.“