Deutschland in Grün - Frank Uekötter - E-Book

Deutschland in Grün E-Book

Frank Uekötter

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Beschreibung

Atomausstieg, erneuerbare Energie, mitgliederstarke Umweltverbände – die ökologischen Errungenschaften der Bundesrepublik sind international anerkannt. Weniger bekannt ist der gewundene Weg zum grünen Musterland. Dieses Buch verfolgt den langen Weg von Umweltbewegungen und Umweltpolitik vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart und diskutiert Leistungen und Blindstellen im internationalen Zusammenhang. Im Mittelpunkt steht die Zeit seit 1970, in der sich Denk- und Bewegungsmuster grundlegend wandelten.

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Seitenzahl: 380

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Frank Uekütter

Deutschland in Grün

Eine zwiespältige Erfolgsgeschichte

Vandenhoeck & Ruprecht

Mit 16 Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-647-99698-1

Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de

Umschlagabbildung: Demonstration unter dem Motto Atomkraft abschalten,Atomausstieg jetzt vor dem Bundeskanzleramt am 6. Juni 2011 © ullstein bild –Boness/IPON

© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG,Theaterstraße 13, 37073 Göttingen /Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sindurheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen alsden gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigenschriftlichen Einwilligung des Verlages.

Satz: textformart, Göttingen | www.text-form-art.de

Für Simona,for so many reasons

Inhalt

1. Umweltgeschichte und Umweltzukunft im 21. Jahrhundert

2. Internationale Probleme, deutsche Antworten

Das Kaiserreich als Wendezeit

3. Krisenjahre

Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zum Ende der nationalsozialistischen Herrschaft

4. Heimat, Schmutz und Reformpolitik

Ambivalenzen im Wirtschaftswunderland

5. Die erste Globalisierung der Umweltdebatte

Gemeinsame Probleme 1945 – 1973

6. Umwelten der siebziger Jahre

Sozialliberale Reformen, gesellschaftliche Aufbrüche, Atomprotest

7. Zwischenbetrachtung

Wieso kam es zur Ökologischen Revolution?

8. Ein bundesdeutscher Sonderweg

Die ökologischen achtziger Jahre

9. Die zweite Globalisierung der Umweltdebatte

Gemeinsame Verträge 1987–1992

10. Vom planwirtschaftlichen Aufbruch zum Raubtierkapitalismus im Dienste des Realsozialismus

Die seltsame Karriere der DDR

11. Konsolidierung und Krise

Ökologische Fragen in Deutschland seit 1990

12. Ansichten einer Baustelle

Eine Umwelt-Bilanz

Nachwort

Anmerkungen

Auswahlbibliographie

Bildnachweis

Register

1. Umweltgeschichte und Umweltzukunft im 21. Jahrhundert

Wer im Ausland über Umweltfragen in Deutschland spricht, hat gelegentlich mit Verständnisschwierigkeiten zu kämpfen. Die Probleme des grünen Deutschlands, aus der Binnensicht schwerwiegend und kompliziert, erscheinen manchem Zuhörer in ganz anderem Licht: Wisst Ihr eigentlich, wie gut Ihr es habt? Strenge Gesetze, Umwelttechnologie von Weltrang, der Atomausstieg, die starken Umweltverbände, die Grüne Partei – wenn Umweltbewegte aus anderen Ländern nach Deutschland schauen, spürt man häufig eine Mischung aus Bewunderung und Neid. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erklärte Deutschland zum Beispiel zu einem »Labor für grünes Wachstum« und lobte Deutschlands Unterstützung »für Umweltpolitik innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus«.1 Ein internationaler Bericht über erneuerbare Energien lobte Deutschland 2014 zusammen mit Dänemark und Spanien als Motor der weltweiten Entwicklung und bezeichnet die bundesdeutschen Ambitionen als »Inspiration für viele andere Länder rund um den Globus, sich für die kommenden Jahrzehnte hohe Ziele zu setzen«.2 Die Energiewende macht als Lehnwort in der englischen Sprache Karriere, und Präsident Obama erwähnte sie 2012 in seiner Rede zur Lage der Nation.3 Im globalen Environmental Performance Index, dem weltweit wichtigsten Ranking der ökologischen Leistungskraft, landete Deutschland 2014 auf dem sechsten Platz.4

Die Deutschen finden das Lob nicht allzu überraschend. Seit Jahrzehnten gibt es einen parteienübergreifenden Konsens, dass Umweltprobleme zu den zentralen Herausforderungen der Gegenwart gehören. Während Zweifel an der globalen Erwärmung in den USA und Großbritannien zum politischen Tagesgeschäft zählen, sind sie in Deutschland ein Randphänomen. Selbst die Atomkraft, die jahrzehntelang die Bundesrepublik in Befürworter und Gegner spaltete, ist seit Fukushima ein Konsensthema. Ein einflussreiches Netzwerk von Verbänden vertritt ökologische Belange auf allen Ebenen, und ihre Vorschläge finden in den meisten Behörden ein offenes Ohr. Kein Zweifel: Die Ökologie gehört zu Deutschland.

So könnte man versucht sein, die Umweltgeschichte der jüngsten Zeit als eine Aneinanderreihung immer neuer Höhepunkte zu schreiben. Eine solche Leistungsbilanz könnte zum Beispiel in den siebziger Jahren beginnen, als in der Bundesrepublik eine der größten Anti-Atomkraft-Bewegungen der westlichen Welt entstand. Sie setzt sich in den achtziger Jahren fort, als die Angst vor dem Waldsterben und Unfälle wie das Sandoz-Feuer 1986 den Kampf gegen Umweltverschmutzung beflügelten. Seit dem Erdgipfel von Rio de Janeiro 1992 gehört die Bundesrepublik zu den energischsten Vorkämpfern einer globalen Klimapolitik. Danach boomten Solarenergie und Windkraft, und das deutsche System der Einspeisevergütungen gilt als eines der frühesten und effektivsten Instrumente zur Förderung regenerativer Energien.5 Kein anderes Land reagierte auf die Atomkatastrophe in Japan mit vergleichbarer Entschlossenheit.

In jüngster Zeit scheint die Ökologie sogar Eingang ins Selbstverständnis der Deutschen zu halten. Beim Blick auf andere Länder, allen voran die USA, regt sich eine Art grüner Patriotismus: ein spürbarer Stolz darauf, Umweltprobleme ernster zu nehmen als andere. Ganz selbstverständlich erwarten die Bundesbürger von ihrer Regierung eine Führungsrolle bei internationalen Umweltverhandlungen, und wenige Dinge verletzten sie mehr als der Hinweis, dass ein anderes Land bereits weiter sei. Der gute Deutsche trennt seinen Müll, nicht selten mit abschätzigem Blick auf manche Nachbarländer, und vielleicht kann man die quasireligiöse Inbrunst, mit der sich die Deutschen dem Recycling verschrieben haben, ohne patriotische Gefühlsregungen tatsächlich nicht erklären. Man möchte es geradezu zu einem versöhnlichen Abschluss der deutschen Nationalgeschichte erklären. Am Ende eines langen, schmerzensreichen Weges haben die Deutschen endlich eine Art von Patriotismus gefunden, vor dem niemand Angst hat.

Das grüne Deutschland hat international unterschiedliche Bewertungen erfahren. Eine freundliche Lesart betont, die Deutschen hätten ein Niveau des ökologischen Bewusstseins erreicht, von dem sich andere Länder ruhig eine Scheibe abschneiden könnten. Eine weniger freundliche Lesart zieht lieber eine Linie zu den finsteren Kapiteln der deutschen Geschichte, und natürlich stehen dabei die Nazis an der Spitze der Beliebtheitsskala. Oft stimmen noch nicht einmal die Fakten, und von einer Reflexion des Gesamtzusammenhangs ist bei solchen Gelegenheiten erst recht keine Rede.6 Während das grüne Deutschland internationale Anerkennung findet, ist seine Geschichte ein Steinbruch für all jene, denen es vor allem auf eine billige Provokation ankommt.

Damit ist das zentrale Anliegen umrissen, das sich mit diesem Buch verbindet: eine Brücke zu bauen zwischen der aktuellen Umweltdebatte in Deutschland, die weithin intensive Beachtung findet, und ihrer Geschichte, für die das in geringerem Maße der Fall ist. Gerne werden Umweltprobleme in Deutschland diskutiert, als ginge es dabei nur um wissenschaftliche Erkenntnisse und aktuelle Interessen. Tatsächlich sind die einschlägigen Debatten intensiv von einer Geschichte geprägt, die inzwischen mehrere Generationen zurückreicht. Bei vielen Gesetzen, Verbänden und Denkmustern muss man nur ein wenig an der Oberfläche kratzen, um dahinter jahrzehntelange Traditionen zu entdecken, und das muss nicht unbedingt bedeuten, dass sich hier etwas bewährt hätte. So manche Tradition des grünen Deutschlands lohnt im 21. Jahrhundert eine kritische Debatte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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