DEVOTED - Luna Mason - E-Book

DEVOTED E-Book

Luna Mason

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Beschreibung

Luca Vom Pflegekind zum Mafiaboss. Ich war der unverdiente König auf dem Thron, der nach dem Tod meines entfremdeten Vaters in diese Rolle gezwungen wurde. Ich habe alles aufgegeben, um mein Imperium aufzubauen. Bis zu diesem Zeitpunkt war nichts anderes von Bedeutung. Das war, bis ich die Tochter meines Feindes entführte und sie mein Herz eroberte. Rosa Falcone. il mio tesoro – mein Herz. Als das Schicksal Rosa zurück in meine Welt zerrt, kann ich denselben Fehler nicht noch einmal machen. Auch wenn die Zukunft der Mafia von einer arrangierten Heirat abhängt – Ich kann ihr trotzdem nicht widerstehen. Sie gehört mir. Ich kann auf keinen Fall zusehen, wie sie einen anderen Mann heiratet. Selbst wenn das bedeutet, einen Krieg anzuzetteln. Rosa Das lebhafte Kind, die verwöhnte Mafiaprinzessin – Keiner verstand meinen Schmerz, also versteckte ich mich hinter einer Maske. Zumindest, bis Luca Russo mich aus meinem Leben gerissen hat, nur um mich wieder zusammenzusetzen. Ich schenkte ihm mein Herz, und er ließ mich gehen – zurück in die Arme meines Schänders. Dieses Mal habe ich niemanden, der mich beschützt. Zumindest dachte ich das. Luca mag nicht der sein, der für mich bestimmt ist, aber das hält mich nicht davon ab, mich noch mehr in ihn zu verlieben. Aber wenn die Welt gegen uns ist, wie viel sind wir dann bereit zu opfern, um unser Glück zu finden?

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Luna Mason

 

 

Devoted

Beneath The Mask Series

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Übersetzt von Ronja Waehnke

 

Devoted (Beneath The Mask Series)

 

 

© 2025 VAJONA Verlag GmbH

 

Übersetzung: Ronja Waehnke

Copyright © 2024. Devoted: A Dark Mafia Romance (Beneath The Mask Series Book 3) by Luna Mason

 

Deutschsprachige Ausgabe © 2025. Devoted

VAJONA Verlag GmbH

 

Vermittelt durch die Agentur:

BECK LITERARY AGENCY, WL 53910, USA

 

Korrektorat: Aileen Dawe-Hennigs und Susann Chemnitzer

Umschlaggestaltung: VAJONA Verlag unter Verwendung von

Motiven von Canva und 123rf

Satz: VAJONA Verlag, Oelsnitz

 

VAJONA Verlag

Carl-Wilhelm-Koch-Str. 3

08606 Oelsnitz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für all meine bösen Mädchen, die denken, dass Hand-Tattoos nur hübsche Halsketten sind. Das hier ist für euch.

 

Mr. Russo will dich jetzt sehen …

 

 

 

 

 

Hinweis

 

Devoted ist eine düstere Mafia-Romance. Sie enthält Inhalte und Situationen, die für einige LeserInnen belastend sein können.

 

 

 

Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück, als meine Männer das Esszimmer betreten. Grayson und Frankie, zwei meiner Besten, nehmen die Plätze rechts und links von mir ein.

»Boss.« Graysons blaue Augen treffen auf meine. Er zupft an seinem Kragen, bevor er nach der Flasche Scotch vor uns greift. Er schenkt sich selbst ein, bevor er die Flasche über meinem nun leeren Glas schweben lässt. »Nachschenken?«

»Bitte.«

Als der letzte Mann, Enzo, der unseren Sicherheitsdienst leitet, die Tür schließt, räuspere ich mich, denn alle Augen sind nun auf mich gerichtet – ihren Anführer.

Die, die mir in meiner Organisation am nächsten stehen, nehmen am Tisch Platz, die weiteren zwanzig um den Tisch herum stehen stramm. Es hat sich unter ihnen herumgesprochen, dass es seit dem Weggang meines Pflegebruders Keller Unruhe gibt. Unser maskierter Auftragskiller, unsere wichtigste Waffe. Der Mann, der unsere Feinde in Angst und Schrecken versetzte. Das war nie das Leben, das er wollte, sondern das, in das wir hineingezwungen wurden. Ich habe ihm die Freiheit geschenkt, die ich nie werde haben können. Ich musste ihn gehen lassen, damit er und Sienna endlich die Familie gründen können, die er so sehr verdient.

Ich stehe auf und klopfe Grayson und Frankie auf die Schultern. »Marcos Entführung von Nico ist eine Kriegserklärung. Und als solche werden wir darauf reagieren. Niemand von uns wird ein Auge zumachen, bis er wieder zu Hause ist. Wir werden ihn zu seiner Frau zurückbringen und dabei machen wir keine Gefangenen. Jeder Falcone-Wichser, der unseren Weg kreuzt, wird sterben. Diese Stadt gehört uns, und kein Falcone kann sie uns wegnehmen.«

Die Männer jubeln. »Wie locken wir Marco aus seiner Deckung, Boss?«

»Wir zwingen ihn, zu handeln. Jede Lieferung, jedes Lagerhaus, jeden Mann, der unser Territorium betritt, zerstören wir. Er mag viele Leute haben, aber es steckt keine Macht dahinter. Nicht so wie bei uns. Im Moment kommt und geht nichts aus New York heraus, ohne dass ich es gestatte. Wir haben den Kommissar in unserer Ecke, also kämpfen wir.«

Ich kippe den Rest meines Scotchs herunter und knalle das leere Glas zurück auf den Esstisch aus Eichenholz. Ich nicke Enzo zu. »Irgendwelche weiteren Informationen über Marco?«

Er fährt sich mit der Hand durch sein tiefschwarzes Haar. »Ich grabe in seinen familiären Verhältnissen und der Vergangenheit. Ich denke, wenn es etwas zu finden gibt, werde ich es bald haben, Boss.«

Wenn jemand etwas finden kann, dann Enzo. Es gibt nichts, was er nicht anzapfen kann.

Ich erhebe meine Stimme, damit meine Worte kristallklar sind. »Wir stürzen Marco, wenn die Zeit reif ist; wir fangen sie, wir brechen sie.«

Der Raum wird still. Nach Kellers Amoklauf bei den Falcones, bei dem er fünfzehn seiner Männer gefoltert und getötet hat, haben sie zurückgeschlagen, unsere Kokainlieferungen gestohlen, unsere Lagerhäuser niedergebrannt und jetzt auch noch Nico entführt.

Ich balle meine Fäuste.

»Vince, Ramos, ich will, dass ihr Carlos immer im Auge behaltet. Überwacht jede einzelne verdammte Lieferung. Ich werde nichts mehr verlieren. Wenn ich auch nur ein Gramm verliere, werdet ihr die Konsequenzen tragen.«

Ramos schluckt. »Verstanden, Boss.«

»In der Zwischenzeit werden Grayson und Frankie die Takedown-Operationen leiten. Jedes Gebäude, das sie besitzen, wird bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Hört auf ihre Befehle. Enzo wird mit den Sicherheitskräften zusammenarbeiten, um ihre Lager und Verstecke zu finden und die Standorte weiterzuleiten.«

Grayson reibt seine Hände aneinander. Er liebt Explosionen.

»Seid ihr jetzt bereit für die Jagd?« Ich werfe meine Arme siegessicher in die Höhe. Der Raum bricht in Jubel und Gejohle meiner Männer aus.

»Verdammt bereit.« Grayson sieht mit einem teuflischen Grinsen zu mir auf.

»Ich sagte: Wo zum Teufel hält er Nico fest?«

Er krallt sich an meiner Wade fest, schnappt nach Luft und seine Augen sind kurz davor, aus ihren Höhlen zu platzen. Ich mildere den Druck meines Fußes auf dem Hals dieses Falcone-Fuckers.

Er spuckt Blut auf den teuren Stoff meiner Armani-Hose. Ich seufze und drücke mit meinem Körpergewicht wieder auf seine Kehle.

»Lass es uns noch einmal versuchen. Letzte Chance. Wo ist …« Ich halte inne, als zu meiner Linken Schüsse ertönen. Meine rechte Hand, der Ex-Marine Grayson, schießt irgendeinem Arschloch das Hirn raus. Er grinst mich bedrohlich an, während er sich die Blutspritzer von der Stirn wischt.

»Diese nutzlosen Scheißer haben keine Ahnung, Boss«, knurrt Grayson.

Der Esel unter meiner Sohle hustet. »Oh, Entschuldigung.« Ich hebe mein Bein kurz an, sodass er keuchend auf dem Boden des Lagerhauses liegt, und gehe neben ihm in die Hocke, um mein Messer aus der Scheide an meinem Knöchel zu ziehen. »Wo war ich? Ah, ja.«

Tränen fließen über seine Wangen. Ich lache in mich hinein, als ein dunkler Fleck auf seiner grauen Jogginghose erscheint.

»Keine Sorge, es wird bald vorbei sein«, flüstere ich und drücke die Spitze der Klinge unter sein Kinn. »Wo zum Teufel halten sie Nico fest?« Ich greife in sein fettiges Haar und reiße seinen Kopf zurück.

»Ich weiß es nicht«, krächzt er.

Ich glaube ihm. Marco hat eine Armee von völlig ahnungslosen Männern, die zu nichts zu gebrauchen sind und dieser hier ist einer davon. »Nun, das ist wirklich eine Schande.« Ich steche meine Klinge durch seine Kehle, direkt in die Basis seines Gehirns, und ziehe sie wieder heraus, als sein Körper in meinem Griff schlaff wird. Nachdem ich meine Klinge an seinem Pullover abgewischt habe, stehe ich auf und klopfe meinen Anzug ab. »Frankie!«, rufe ich.

»Alles erledigt, Boss«, hallt seine Stimme durch das große Gebäude. Er kommt grinsend um die Ecke, in der Hand eine Handvoll Telefone. So wie es aussieht, hat sich die Zahl der Toten heute Abend vervielfacht.

»Bring die zu Enzo. Er soll seine Magie spielen lassen.« Bei all den Leuten, die hier sind, fällt es mir schwer, zu glauben, dass sie alle ahnungslos waren.

Frankie nickt und fährt sich mit einer blutgetränkten Hand durch sein kastanienbraunes Haar.

»Sind wir bereit, die Scheiße anzuzünden?«, fragt Grayson hinter mir.

»Ich würde es nicht wagen, dich aufzuhalten«, erwidere ich.

Kommissar O'Reilly wird zweifellos etwas zu einem weiteren Lagerhausbrand zu sagen haben. Aber entweder das oder zwanzig Leichen, mit denen er sich beschäftigen muss. Grayson übergießt die leblosen Körper mit Benzin, während Frankie und ich in meinem Bentley warten. Ich zünde mir eine Zigarette an, atme tief ein und lehne meinen Kopf zurück.

Eine weitere Nacht, eine weitere Sackgasse. Aber einen Schritt näher dran, New York von den Falcones zu befreien.

Frustration bildet einen harten Knoten in meinem Kopf, als die Flammen beginnen, das Gebäude zu verschlingen. Grayson springt auf den Rücksitz und knallt die Tür mit so viel Anmut zu, wie es eine beinahe zwei Meter große Killermaschine eben tun kann.

»Alles in Ordnung?« Ich schaue ihn durch den Rückspiegel an.

»Es gibt nichts Besseres als einen Burn-out zum Abschluss des Abends. Ich kann allerdings nicht feiern gehen, ich muss noch woanders hin.« Er holt sein Handy heraus und wirft einen Blick darauf, bevor er mir in die Augen schaut.

»Du meinst, du hast jemanden, bei dem du sein musst?«, erwidere ich und verkneife mir ein Grinsen. Frankie lacht leise neben mir, während Grayson mir einen finsteren Blick zuwirft.

Er und Maddie, das schlechteste Paar der Welt, wenn es darum geht, ihre Beziehung zu verbergen. Der Mann, der sich fast acht Jahre lang geschworen hat, keine Frau zu küssen, hat sie ganz sicher geküsst. Die Wahrheit ist, dass jeder sehen kann, dass das, was sie haben, das einzig Wahre ist, egal, wie sehr sie versuchen, es vor uns zu verbergen.

Ein ganzes Jahr lang mussten wir uns damit abfinden, dass sie sich gegenseitig aus dem Weg gehen, und jetzt sieht es so aus, als hätten sie endlich nachgegeben. Ich habe mit meinem Pflegebruder Keller um zehn Riesen gewettet, dass sie bis zum Ende des Jahres miteinander schlafen werden. Ich sollte die Wette wahrscheinlich auf verheiratet bis zum Ende des Jahres erhöhen. Ich kenne Grayson seit dem Moment, als er vor sieben Jahren nach New York kam. Ich habe ihm hier ein Leben geschenkt, als er vor seinem eigenen in Chicago davonlief. Das war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Ich habe einen weiteren Bruder und eine zuverlässige rechte Hand gewonnen.

»Fick dich«, knirscht er.

»Bleib lieber dabei, Maddie zu ficken, danke.«

Frankie schlägt seine Handfläche auf seinen Oberschenkel. »Wen fickt Grayson?« Er dreht sich zu mir um.

»Maddie, Siennas beste Freundin. Du weißt schon, die Blonde. Sie ist verdammt frech.«

Ich spüre, wie sich Graysons Blick in meinen Hinterkopf bohrt.

»Oh, sich mit dem besten Freund zwei Mädels teilen, sehr schön.« Frankie zwinkert ihm zu.

Grayson versteift sich in seinem Sitz und ich kann nicht anders, als zu lachen. »Wir nehmen dich nur hoch, G. Du weißt, dass ich mich für dich freue.« Das tue ich tatsächlich. Genau wie Keller hat auch Grayson seine Person gefunden. Der mürrische Marine verdient dieses Glück.

Ich lasse den Wagen an und das lodernde Inferno einer einstigen Lagerhalle hinter uns. Als ich vor seinem Haus an den Bordstein fahre, springt Grayson fast heraus, bevor ich überhaupt angehalten habe. Er muss es kaum erwarten können, zu seinem Date mit Maddie zu kommen.

»Viel Spaß dabei, Maddie nicht zu ficken«, rufe ich ihm zu, als er sich auf den Weg zu seiner Wohnung macht.

Ich fahre mit Frankie zu meinem Anwesen. Drinnen angekommen, gehe ich direkt zum Schnapsschrank in der Küche.

Frankie nimmt seinen Scotch dankend an und lehnt sich seufzend gegen den Marmortresen. »Boss, Marco wird nicht aufgeben. Wir müssen härter zuschlagen, etwas tun, das ihn wirklich brechen wird. Diese Männer bedeuten ihm einen Scheißdreck. Sie sind Niemande, die er von der verdammten Straße gepflückt hat.«

Ich nehme mir einen Moment Zeit, um das sanfte Brennen meines Drinks zu genießen. Er hat ja recht. In all diesen Monaten ist Marco unberechenbar gewesen. Aber egal, was wir tun, er rekrutiert einfach mehr seiner seelenlosen Soldaten.

Seit dem Moment, in dem ich nach dem Tod meines leiblichen Vaters die Schlüssel zum Königreich erhielt, waren die Falcones mir immer feindselig gesinnt.

Marco muss mich, die kleine Straßenratte, für ein leichtes Ziel gehalten haben. Nun, ich habe bewiesen, dass der Wichser falschlag, denn ich habe es geschafft, die ganze Zeit die Macht in meinen Händen zu behalten.

Die Feindschaft war zum Stillstand gekommen, bis er den größten Fehler der Welt beging: Er initiierte die Entführung von Kellers Frau. Damit begann er einen Krieg, den ich voll und ganz beabsichtige, zu gewinnen. Selbst der Kommissar unterstützt mich.

»Wir müssen etwas Großes tun. Aber wir können Nicos Sicherheit nicht riskieren. Wir wissen, dass Marco aus der Bahn geworfen wurde.« Frankie betritt das Wohnzimmer und lässt sich auf die schwarze Ledercouch sinken. Einen Knöchel auf dem Knie abgestützt, sieht er in meinem Wohnzimmer entspannter aus, als ich mich die meiste Zeit über fühle.

»Enzo hat mir die Akten über Marcos Töchter geschickt.« Ich habe sie mir heute Morgen kurz angesehen, aber ich hatte noch keine Gelegenheit, tiefer zu graben.

Das Kissen knarrt, als er sich nach vorn lehnt, und seine dunklen Brauen heben sich.

»Er kann sie nicht verstecken.« Ich ziehe mein Handy heraus, öffne die E-Mail und klicke auf das erste Bild. Zwei italienische Mädchen starren mich an.

»Eva, die Jüngste, auf der linken Seite. Rosa, rechts«, murmele ich und lese den Inhalt der E-Mail.

Die Rothaarige auf der linken Seite ist jünger, aber nicht viel jünger. Sie sieht der Frau auf der rechten Seite, von der ich den Blick kaum abwenden kann, überhaupt nicht ähnlich. Sie ist kleiner als ihre Schwester, hat eine Taille, die nach meinen Händen zu betteln scheint, und eine Hüfte, die bestimmt perfekt zu meiner passen würde. Ihre großen, braunen Augen sehen mich direkt über ihren tiefroten Fick-mich-Lippen an. Ich kann es nicht leugnen – obwohl sie die Tochter des Feindes ist, ist sie wunderschön.

Ich reibe mir mit der Hand über meine Bartstoppeln, während mein Blick immer noch auf sie gerichtet ist. Rosa. Mein Schwanz beginnt, gegen meinen Reißverschluss zu zucken. Ich rutsche in meinem Sitz hin und her und versuche, ihn zu richten. Was zum Teufel ist los mit mir? Das ist nicht unsere Art, Dinge zu tun. Wir respektieren Frauen, immer. Das ist nicht verhandelbar. Meine Pflegemutter würde mir das Herz aus der Brust reißen, wenn ich einer Frau Schaden zufüge.

»Das könnte ihn brechen.« Frankie nimmt einen weiteren langen Schluck und beobachtet mich genau über den Rand hinweg. Das könnte der Weg sein, die Sache zu beenden.

»Es sollte nicht schwer sein, sie zu finden. Ich werde mich mit Grayson darum kümmern. Das ist ein gewagter Schritt. Sie könnten Nico töten«, sagt Frankie und reißt mich aus meinem Dämmerzustand.

Zweifel bohren sich in meine Brust. »Oder sie nehmen einen von uns. Zum Teufel, sie könnten Maddie als Nächstes angreifen. Sie haben bewiesen, wie tief sie sinken können. Das kann ich Grayson nicht antun.«

Seine grauen Augen treffen meine, und er nickt.

»Komm schon, lass uns gehen und uns einen richtigen Drink besorgen.« Scharf ausatmend, stecke ich mein Handy weg.

Ich muss dringend einen Scotch trinken und dann in einer Frau versinken. Vorzugsweise in einer Italienerin, mit großen, braunen Augen, langem, lockigem, tiefschwarzem Haar und einem Wahnsinnskörper.

 

 

»Rosa, komm sofort her!« Der tiefe Nachhall seiner Stimme dringt bis zum Balkon hinauf.

»Nein!«, schreie ich meinen Vater die Treppe hinunter an.

Ich schlage meine alte Zimmertür zu und lehne mich von innen gegen das schwere Holz. Das ist der Grund, warum ich nie nach Hause komme. Als ob es nicht schon genug wäre, dass ich von seinen Spionen verfolgt werde, jetzt will er mich auch noch verheiraten. Das alles interessiert mich nicht. Ich komme nur aus einem Grund her: wegen seiner Versorgung.

Schmerz durchzuckt meine Wirbelsäule, als ich auf den Boden geschleudert werde, weil er durch die Tür stürmt. Meine Wahrnehmung wird durch die Tatsache, dass ich seinen Wodka-Vorrat bereits geplündert hatte, bevor er mich erwischte, vernebelt.

»Raus hier!« Ich strample mit den Beinen und schiebe mich über den glatten Boden, weg von ihm.

Er reißt mich am Arm hoch. Seine dunklen Augen, ähnlich wie meine, bohren sich in mich. Das braune Haar ist an den Seiten ergraut, aber er zeigt keine Schwäche, als sich seine Finger brutal in mich krallen.

Ich versuche, ihn wegzuschieben, aber er hält mich fest, überragt mich. »Du musst dich zusammenreißen, Mädchen.«

»Ich mache nichts falsch. Ich habe nur Spaß.« Das ist die Lüge, die jeder um mich herum kennt. Die unbekümmerte Mafia-Prinzessin, die jede Nacht Party machen geht.

»Du kannst nicht für immer weglaufen, Rosa.«

Ich richte meine Wirbelsäule auf. »Wovor, Dad?« Ich spucke seinen Namen mit Bitterkeit aus. »Weißt du was?« Ich muss lachen. »Du kannst es nicht einmal aussprechen, nicht wahr? Du kannst nicht akzeptieren, was mit mir passiert ist! Wenn du nicht darüber sprechen kannst, wie zum Teufel soll ich dann damit fertig werden? Hast du eine Ahnung, wie verdammt schwer das ist?«

Ich entreiße ihm meinen Arm. Er seufzt und geht einen Schritt von mir weg. Ermutigt drücke ich mich näher an ihn heran. Das Einzige, was man hat, wenn man ständig betrunken und high ist: den Mut, der damit einhergeht.

»Ich gehe damit um, wie ich es am besten kann. Du hast dich entschieden, ihn am Leben zu lassen; du hast mich nicht beschützt. Genauso wie du Mom oder Nonna nicht beschützt hast.« Seine Augen blitzen vor Wut, sein Gesicht rötet sich. Er hebt die Hand und ich zucke zurück. Das ändert nichts an der Tatsache, dass er die volle Verantwortung für ihren Tod trägt. Was mir zugestoßen ist, ist auf sein Versagen zurückzuführen.

»Mach dich sauber. Nächste Woche spreche ich über eine Heiratsvermittlung für dich. Niemand wird einen Junkie heiraten wollen.«

Ich neige meinen Kopf. Tränen brennen in meinen Augen. Ich will nicht so sein, meine Dämonen mit jedem Gift verjagen, das ich finden kann. Alles, damit ich mich betäubt fühle, damit die Albträume aufhören, die Angst. Die Peinlichkeit.

Keiner versteht das. Nicht einmal mein eigener Vater.

»Nun, dann werde ich nicht heiraten. Wie du gesagt hast, kein Mann will eine Frau wie mich.«

»Geh zur Therapie, zum Entzug. Du musst einen Weg finden. So kannst du nicht leben.« Das ist der einzige Weg, den ich kenne. »Entweder du oder Eva.« Er verschränkt die Arme vor der Brust, und sein Kiefer spannt sich an, während er mich mit geblähter Nase anstarrt.

Meine jüngere Schwester, mein Licht in der Dunkelheit. Ich habe sie beschützt, seit Mom gestorben ist. Sie ist die einzige Person, für die ich versuche, besser zu sein. Der Grund, warum ich mich selbst am Leben halte; ich kann sie nicht mit Dad allein lassen. Ich traue seinen Männern nicht. Ich traue diesem Leben nicht. Ich werde nie zulassen, dass ihr etwas zustößt.

Ich verenge meine Augen. »Das würdest du nicht tun.«

»Ich muss versuchen, einen Deal mit Romano zu machen. Ich brauche seine Unterstützung, um diesen Dreckskerl Russo zur Strecke zu bringen.« Er knirscht mit den Zähnen, während er spricht, die Fäuste an den Seiten geballt.

Wow, dieser Russo-Typ ist ihm wirklich unter die Haut gegangen. Das ist gut.

»Das ist nicht mein Problem. Ich dachte, Romano sei der Feind?«

»Das war er. Der Unfall ist schon lange her. Dieser Deal ist meine Eintrittskarte in Russos Revier.« Der Unfall. Er meint den Tod meiner Mutter.

»Du kannst mich nicht zwingen, jemanden zu heiraten«, flüstere ich.

Tief im Inneren weiß ich, dass er es kann. Ein bisschen wie jeder Mann; sie können dir die Wahl mit einem Fingerschnippen entreißen.

Er hebt aggressiv mein Kinn an. »Du wirst tun, was ich sage. Und stiehl mir kein Koks mehr. Ich habe meinen Vorrat weggeschlossen. Wenn du so verzweifelt bist, musst du deinen eigenen Weg finden. Vergiss die Vergangenheit und werde erwachsen, verdammt.« Er lässt mich los.

Ich stolpere zurück und sehe zu, wie er hinausstürmt und die Tür hinter sich zuschlägt. Ich ziehe an meinen Haaren. Fuck! Das kann doch nicht sein Ernst sein.

Meine Hände beginnen, zu zittern, während Wut und Panik durch mich hindurchströmen. Ich will nicht fühlen. Ich brauche meinen Schuss, bevor sich die Welt wieder einschleicht.

Ich hole mein Handy heraus und rufe Liv an, meine beste Freundin. Sie ist der Mittelpunkt jeder Party, sie wird wissen, wo man das gute Zeug bekommt.

»Girl, wo bist du?« Ich kann sie wegen der Musik kaum verstehen.

»Ich bekomme nichts von Dad«, flüstere ich und beiße mir auf die Haut um die Nägel.

»Nun, Miss Mafia-Schwanzbändigerin, sieht so aus, als müsstest du heute Abend die Männer an der Bar mit deinen Wimpern bezirzen, denn ich bin raus, bis Carlos mir mehr besorgen kann.«

Mein Herz sinkt mir in die Kniekehlen. Ich hasse es, so etwas tun zu müssen. Mit fremden Männern zu sprechen, egal, wie betrunken ich bin, macht mich nervös. Meine Freunde nennen mich ›die Schwanzbändigerin‹, weil sie denken, ich benutze diese Männer für die Drogen, will aber nicht weiter gehen als einen Blowjob. Alle halten mich für eine Jungfrau, die sich für die Ehe aufspart. Eine einfache Lüge in diesem Leben.

Sie haben keine Ahnung, dass es daran liegt, dass ich Angst davor habe, mit einem Mann intim zu werden. Dass ich befleckt bin. Dass ich seit ihm von niemandem mehr berührt worden bin. Und ich bin mir nicht sicher, ob das jemals wieder passieren wird.

 

 

Der Rauch schlängelt sich vom angezündeten Ende meiner Zigarette über das Lenkrad, bevor er langsam aus dem offenen Fenster zieht, wo ich meinen Ellbogen anlehne. Ich nehme einen weiteren Zug und lockere meine Krawatte.

Der heutige Tag begann auf die denkbar schlechteste Weise. Vor zwei Tagen wurde ein Karton mit einer grausigen Überraschung geliefert: Nicos Kopf. Mein Blut kocht vor Rachegelüsten.

»Wie sieht es aus?«, frage ich Grayson, als er mir einige der Überwachungsfotos überreicht, die er gemacht hat.

»Alles gut, Boss. Sollte ein einfacher Fang sein. Sie ist die meiste Zeit über beschissen drauf. Ich habe in meinem Leben noch nie so viel Zeit in beschissenen Clubs verbracht. Es gibt ein paar Bodyguards; nichts, was wir nicht in den Griff kriegen könnten.«

Ich nicke, ein Grinsen bildet sich auf meinen Lippen, während ich mich ihm zuwende.

»Ich würde gern Marcos Gesicht sehen, wenn wir seine kostbare ›Prinzessin‹ mitnehmen. Wir werden dieses Arschloch dafür bezahlen lassen.« Er dachte wohl, er hätte uns übertrumpft, als er Nicos enthaupteten Kopf vor meiner Haustür ablieferte. Kein Wunder, dass keiner seiner Männer eine Ahnung hatte, wo Nico war – wahrscheinlich war er da schon tot. Was ich geplant habe, wird seine Welt erschüttern.

»Die Entführung seiner Tochter ist ein guter Anfang. Was sind deine Pläne mit ihr?« Grayson hat ein verschmitztes Funkeln in seinen blauen Augen.

»Das hängt davon ab, wie Marco sich verhält. Wenn er keinen Rückzieher macht, habe ich nichts dagegen, die Welt von einer weiteren Falcone zu befreien.« Ich zucke mit den Schultern.

Frankie räuspert sich auf dem Rücksitz. Als ich in den Rückspiegel schaue, bemerke ich, dass meine grünen Augen blutunterlaufen sind. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal richtig geschlafen habe, nicht seit Nicos Tod.

Frankie fährt sich mit der Hand durch sein kastanienbraunes Haar, und ich hebe eine Braue. »Alles in Ordnung da hinten?«

Frankie ist mein neuester Rekrut, der sich schnell zu einem meiner besten Leute entwickelt hat. Er ist rücksichtslos, wie Grayson. Im Gegensatz zu ihm hat Frankie allerdings Mafia-Erfahrung: Er hat ein paar Jahre mit Romano Capri in Italien gearbeitet. Die Top-Organisation in Europa.

»Ist die Entführung seiner Tochter wirklich der beste nächste Schritt? Er hat sich zurückgezogen, seit wir fast alle seine Stützpunkte vernichtet haben. Wir haben mehr als die Hälfte seiner Männer getötet. Er ist schwach.« Frankie rutscht in die Mitte und stößt jeweils mit einem Knie gegen die Vordersitze.

»Ganz genau. Ich will ihn nicht nur auf den Knien haben. Er käme zurück wie ein Krebs. Ich will, dass er gebrochen ist und alles, was er liebt, sterben sieht. Erst dann werde ich ihn töten.« Ich kann hören, wie meine eigene Stimme fast bricht, weil ich versuche, die Wut, die in mir brodelt, zu zügeln.

»Aber …«

»Wie wär's, wenn du dich daran erinnerst, mit wem du verdammt noch mal redest?« Ich drehe meinen Kopf herum und schaue Frankie an. »Hast du ein Problem damit, wie ich führe?«, unterbreche ich ihn.

Grayson gluckst neben mir.

Ich tue das, damit es das nächste Mal nicht einen aus meiner Familie trifft. Ich werde sie immer beschützen, egal, was passiert.

Frankie schmunzelt und hebt seine Handflächen zum Zeichen des Rückzugs nach oben. »Ich bin froh, dass wir das geklärt haben«, murre ich und drehe mich wieder zu Grayson um, der sich ein Lachen verkneift. »Halt die Klappe.« Ich habe heute nicht die Geduld für seinen Humor. »Okay, also wann findet es statt? Es hätte schon gestern erledigt sein müssen.«

Ich werfe den Zigarettenstummel aus dem Auto auf die Einfahrt eines unserer Lagerhäuser. Es gab eine Beschwerde über die Art und Weise, wie wir unser Koks verpacken, also gehe ich hinein und bringe es auf Vordermann.

»Freitag. Sie hat vor, mit ein paar Freunden ins Trance zu gehen. Wir sehen uns das heute Abend an und überlegen, wie wir am besten vorgehen. Sie scheint dich zu mögen, Boss. Zeig ihr einfach eine kleine Tüte mit dem guten Zeug und sie wird dir hinterherlaufen.« Er deutet auf das gedrungene Backsteingebäude, vor dem wir geparkt haben.

Ich lache. »Ich werde sicher kein Problem haben. Glaubst du etwa nicht, dass du dem Job gewachsen bist? Hast du schon vergessen, wie man Frauen abschleppt?«

Grayson fährt sich über seine perfekt getrimmten Bartstoppeln. »Ich … äh …« Ein Hauch von Röte bahnt sich seinen Weg über seine Wange.

»Du bist ein geknebelter Mann. Ich denke, das ist es, was du sagen willst?« Ich kann mir mein Grinsen nicht verkneifen.

»Verpiss dich, Luca.« Grayson presst seinen Kiefer zusammen und starrt aus dem Fenster.

Frankie bricht im Hintergrund in schallendes Gelächter aus. »Ihr zwei seid wie ein verdammtes Ehepaar.«

Wir drehen uns beide um und sehen ihn an. »Sei nicht eifersüchtig, Frankie. Es ist noch Platz für dich. Nennt man das jetzt nicht ein Dreiergespann?« Ich zwinkere ihm zu, bevor ich mich wieder Grayson zuwende. »Ich werde am Freitag da sein. Schick mir alle Informationen, die du über sie gesammelt hast. Ich will wissen, mit wem und was ich es zu tun habe. Mafia-Prinzessinnen können ganz schön garstig sein. Ich habe keine Zeit für so was.«

»Wird gemacht, Boss«, nickt Grayson. »Gut, jetzt zurück an die Arbeit. Ich werde Ramos die Scheiße aus dem Leib prügeln. Der nutzlose Wichser kann nicht mal richtig Koks verpacken.«

Ich schiebe die Tür auf, richte meinen dunklen Anzug und straffe meine Krawatte.

Grayson lehnt sich aus dem Fenster und ruft meinen Namen. »Hast du nicht etwas vergessen?« Er fuchtelt mit meiner schwarzen Pistole in der Luft herum und grinst. Fuck.

Ich muss meinen Kopf wieder auf Touren bringen. »Töte ihn nicht. Der arme Junge ist erst einundzwanzig. Er wird es schaffen«, sagt Grayson und hält die Glock fest.

Ich verdrehe die Augen, reiße ihm die Waffe aus der Hand und stecke sie in den Bund meiner Hose.

»Keine Versprechungen. Und jetzt verpisst euch und geht wieder an die Arbeit.«

 

 

Ich ziehe mein enges schwarzes Kleid nach unten, während ich durch die Tür zum Trance gehe, unserem Lieblingslokal für einen Freitagabend. Bobby, mein Leibwächter, öffnet mir die Tür. Als ich eintrete, packt er mich am Handgelenk. Ich drehe mich mit einem finsteren Blick zu ihm um. »Fass mich nicht an«, zische ich.

»Ich habe deinem Vater versprochen, dass ich nicht zulasse, dass du dich lächerlich machst. Er hat morgen eine wichtige Besprechung, und das Letzte, was er braucht, ist, wieder hinter dir aufzuräumen.« Sein Atem, der nach Whiskey riecht, ekelt mich an.

Ich schnaube angewidert und entreiße ihm meinen Arm. Als ob das meinen Bastard von einem Vater interessieren würde. Er hat an dem Tag aufgehört, mein Vater zu sein, als meine Mutter starb. Er wollte nicht akzeptieren, was einer seiner Männer mir angetan hat. Sobald ich es ihm erzählt hatte, konnte er es nicht ertragen, in meiner Nähe zu sein. Alles, was er ist, ist ein machtgieriger Schläger.

»Nun, er braucht sich keine Sorgen zu machen. Mir geht es ausgezeichnet. Ich amüsiere mich prächtig und lebe mein Leben, danke der Nachfrage.« Trotzig verschränke ich die Arme und drücke meine Wirbelsäule durch. Ich bin gut darin geworden, so zu tun, als ginge es mir gut. Ich setze diese Maske jedes Mal auf, wenn ich das Haus verlasse.

»Sieh doch, dass du ihm wichtig bist. Er hat nur im Moment viel um die Ohren.« »Ist das dein Ernst? Er hat seit Jahren ›zu tun‹!« Ich kann den Schmerz in meiner Stimme nicht verbergen. »Ich werde dieses Gespräch nicht mit dir führen.«

Bobby runzelt die Stirn, ich drehe ihm den Rücken zu und gehe weiter, wobei mich der Drang überkommt, einen Wodka zu trinken. Wenn ich nüchtern bin, fühle ich. Ich fühle so verdammt viel, dass es mich lähmt.

Er schüttelt den Kopf und nimmt seine Position für die Nacht ein, um mich zu beobachten. Ich stürme los und suche in dem Meer von Gesichtern nach meinen Freunden. Als ich Livs blondes Haar entdecke, gehe ich zu ihrem Tisch im hinteren Teil des Clubs.

Der Tisch ist mit einer Reihe von Getränken bestückt. Liv und Jas beäugen mich misstrauisch, als ich mir einen ordentlichen Schluck genehmige, bevor ich auch nur ein Wort sagen kann, während der Wodka meinen Körper in Brand setzt. Er betäubt mich.

Genau wie ich es mag.

Aber das ist nicht genug. Nichts ist jemals genug. Das ist mein Leben. Tag für Tag, Drink für Drink. Nur so kann ich den wiederkehrenden Albtraum von ihm beenden. Wenn auch nur vorübergehend.

»Hey, Bitches!«, rufe ich und setze ein Lächeln für sie auf.

»Stressiger Tag?«, fragt Jas und schaut mich grinsend über den Rand ihres fast leeren Glases an.

»So ähnlich«, murmele ich.

»Was ist der Plan für heute Abend?«, fragt Liv und wirft sich ihr blondes Haar über die Schulter.

Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Ich entdecke Bobby zu meiner Linken, der mich vom Eingang zu den Toiletten wie ein Falke beobachtet.

»Das Gleiche wie in allen unseren Nächten. Erst betrunken und dann ohnmächtig werden, vielleicht ein paar Typen abschleppen, die uns wach halten«, unterbricht Jas, bevor ich antworten kann. Sie trinkt ihr Glas Wein in einem Zug aus und leckt sich dann über ihre knallroten Lippen. »Komm, kleine Mafia-Prinzessin, du gehst besser an die Bar. Du siehst nämlich aus, als müsstest du etwas aufholen.« Liv rutscht auf mich zu.

Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal einen Kater hatte; das ist vor allem dem Kokain zu verdanken. Seit ich vom College geflogen bin, sind wir drei zusammengezogen und haben seitdem viel gefeiert. Sobald ich wieder nüchtern bin, spüre ich, wie sich seine Zähne in mein Fleisch graben, wie das Gewicht seines Körpers mich in die Matratze drückt. Seine kalten Hände, die meine Hüfte umklammern.

Ich erzittere in meinem Sitz und spüre fast, wie sein warmer, Whiskey verseuchter Atem mich würgen lässt. Magensäure brennt in meinem Rachen und ich schlucke sie wieder hinunter. Alkohol wird heute Abend nicht ausreichen. Diese Erinnerungen kommen immer häufiger zurück.

»Du hast recht. Ich brauche ein paar Spritzen und vielleicht noch etwas mehr.« Meine Freundinnen sehen mich beide mit einem wissenden Lächeln an. »Du gehst am besten an die Bar und suchst uns einen Kerl; sie geben immer für dich aus, Little-Miss-Perfect-Body. Wie du es schaffst, dafür nicht mit ihnen zu schlafen, werde ich nie erfahren«, kichert Liv und kippt ihren Shot herunter.

Ich scanne den Barbereich, der mit Männern in Anzügen gefüllt ist. Einer von ihnen wird bestimmt das haben, was ich brauche. Ich hasse es, das zu tun, aber seitdem mein Vater mir die Versorgung abgeschnitten hat, überkommt mich die Verzweiflung.

»Na gut«, sage ich schnaufend.

Mein Vater, der Drogenbaron, hat offenbar etwas dagegen, dass ich nehme, was er liefert. Was er nicht weiß, ist, dass diese kleine Menge an weißem Pulver das Einzige ist, was seine Tochter bei Verstand hält.

Er will so tun, als wäre mir nichts passiert. Von mir aus. Aber ich kann den Moment nicht vergessen, in dem mein Leben von einem seiner Männer zerstört wurde. Also habe ich meinen eigenen Weg gefunden, um zu vergessen. Die wilde Partyprinzessin zu sein und meinem Ruf gerecht zu werden.

»Und?«, fragt Jas und reißt mich aus meinen Gedanken.

»Ich bin dabei«, sage ich und stehe auf, rücke mein Kleid über meinem Hintern zurecht und richte meinen BH, damit meine Brüste den tiefen Ausschnitt perfekt ausfüllen. Ich stütze meine Arme auf meinem Lieblingsplatz ab und gebe dem ziemlich attraktiven, dunkelhaarigen Barkeeper ein Zeichen.

»Was darf ich dir bringen, meine Liebe?«, grinst der Barkeeper.

»Wodka-Cola, bitte«, klimpere ich mit den Wimpern.

Er nickt und beginnt, einzugießen. »Der geht auf mich«, ruft der Barkeeper mir zu und lenkt damit meine Aufmerksamkeit auf ihn.

Ich beiße mir auf die Unterlippe und frage mich, ob er das hat, wonach ich suche. »Danke.«

Er zwinkert mir zu und nimmt die Bestellung der nächsten Frau auf. Ich schwenke den Strohhalm in meinem Glas und nehme einen Schluck. Wenn ich es schnell genug trinke, kann ich ihn vielleicht zurückrufen und ihn fragen, ob er weiß, mit wem ich sprechen sollte.

Ich brauche nur noch ein paar davon und einen Schuss, und schon werde ich nicht mehr an ihn denken. Eine tiefe Stimme dröhnt hinter mir.

»Asher, einen doppelten Scotch auf Eis, bitte.«

Asher unterbricht sofort seine Arbeit und schenkt den Scotch ein. Ich drehe mich um und lasse meinen Blick den schwarzen Maßanzug hinauf wandern, bis ich von smaragdfarbenen Augen getroffen werde.

Wow.

Sein dunkles Haar hat die perfekte Länge, um mit den Fingern hindurchzufahren. Einen Tag alte Bartstoppeln umrahmen seine scharfe Kieferpartie. Dieser Kerl hat eine sexy, raue Ausstrahlung. »Was macht eine so schöne Frau wie du hier und bestellt ihre eigenen Drinks?«

Ich starre auf seine vollen Lippen, während er spricht. Ich blinzle ein paarmal und schüttle meinen Kopf, um mich wieder zu konzentrieren.

Dann drücke ich die Schultern zurück und schaue ihm in die Augen. »Weil wir das einundzwanzigste Jahrhundert haben?«

Er schließt den Abstand zwischen uns, und ich habe das Gefühl, in dem berauschenden Duft seines Aftershaves zu ertrinken.

Was zum Teufel passiert hier gerade? Das bin nicht ich. Männer kommen nicht an mich heran.

Ich schließe meine Augen, als er sich zu mir lehnt und seine Lippen meine Wange streifen. »Stimmt das?«, murmelt er.

Hitze breitet sich in einer Welle auf meiner Brust aus und krabbelt meine Wangen hinauf. Ich drehe mein Gesicht zu ihm und flüstere: »Es gibt etwas, das ich brauche.«

Er gluckst und mein Herzschlag beschleunigt sich. Der Schnitt seines Anzugs und die Leichtigkeit, mit der er seine schwarze Amex aus dem Portemonnaie zieht, schreien nach Geld. Solche Männer sind immer diejenigen, die das gute Zeug haben. Genau das, was ich brauche, um mein Gehirn zu betäuben.

Seine Arme kesseln mich an der Theke ein und ich spüre die Wärme seines Körpers um mich herum, als er seine vollen Lippen noch mal an mein Ohr senkt. »Und was wäre das?« Er hebt eine Braue und grinst mich schelmisch an, während er mit der Hand in die Innentasche seiner Designer-Anzugjacke greift.

Ich bemerke ein kleines Tattoo, das unter seiner Manschette hervorschaut, als er das kleine Tütchen mit dem weißen Pulver herauszieht.

Dann lehnt er sich langsam zurück und sein Atem trifft meine Wange. »Und, hast du einen langen Abend geplant?«

Bingo.

»Ja.« Ich beiße mir auf die Unterlippe und spiele meine Rolle, indem ich ihn mit meinem besten Augenaufschlag anhimmele. Der Fremde tritt einen Schritt zurück und lässt seine Augen über meinen Körper wandern. Er fährt sich mit der Hand über die Bartstoppeln, atmet scharf aus und lässt seinen Blick zu den Toiletten schweifen. Der Flur, der jetzt ohne Bodyguard ist. »Nicht hier.« Seine Stimme ist leise. Er streckt seine Hand aus, aber ich zögere einen Moment lang. Seine grünen Augen hypnotisieren mich, und ich spüre etwas Seltsames in meiner Brust.

Scheiß drauf.

Wenn es bedeutet, dass ich für die Nacht wieder gefühllos sein kann, dann nehme ich, was ich kriegen kann.

In der Sekunde, in der sich unsere Handflächen berühren, springt der Funke über, sodass ich versuche, meine Hand zurückzuziehen. Aber er lässt mich nicht, er drückt sie nur fester.

Ich folge ihm in Richtung Waschräume. Nicht gerade mein Lieblingsort, aber für den Moment reicht es. Aufregung durchströmt mich.

»Hey, wie heißt du?«, frage ich aus Neugierde.

»Luca.« Er sieht mich nicht an, sondern geht mit mir an der Hand durch den kleinen Flur zur Feuerleiter.

Als er die Tür aufstößt, frage ich: »Willst du meinen gar nicht wissen?«

Er dreht sich wieder zu mir um und hebt die Brauen. »Ich brauche nicht zu fragen. Ich weiß Bescheid, Fräulein Rosa Francesca Falcone.«

Ich bleibe stehen und schaue ihn noch einmal von oben bis unten an. Die Macht, die er ausstrahlt, der Anzug, sein italienischer Look.

»Fuck«, flüstere ich.

»Ja, fuck, in der Tat«, raunt er und dreht sich zu mir um. Seine Augen bohren sich in meine. Das Grinsen und die Verspieltheit seiner Miene sind verschwunden.

Panik erstickt meine Worte. »Bitte, tu das nicht. Ich kann mit meinem Vater sprechen. Was immer du willst, er kann es dir geben …«

»Dafür ist es zu spät«, unterbricht er mich, öffnet die Tür und zerrt mich hinaus. Der Schock des Tageslichts brennt mir in den Augen. Als das Blenden nachlässt, sehe ich Blutspritzer auf dem Boden.

»Nein!« Ich entdecke Bobbys leblosen Körper hinter dem Müllcontainer neben mir.

Bevor ich nach Luft schnappen kann, um zu schreien, presst sich eine Hand von hinten auf meinen Mund und erstickt mich. Ich schlage um mich, so gut ich kann, und ringe nach Atem.

Aber ich gebe auf.

Mein Leben ist es nicht wert, darum zu kämpfen.

 

 

Ich fahre mir mit der Hand durch die Haare, als ich sehe, wie Grayson eine bewusstlose Rosa auf den Rücksitz von Frankies Auto legt. Die Angst in ihren großen, dunklen Augen hat mir nicht den Nervenkitzel gegeben, den ich erwartet hatte.

»Boss, los geht's!«, ruft Grayson und klopft auf das Dach seines Wagens, wodurch ich aufschrecke, als ich sehe, wie Frankie mit Rosa davonrast.

Ich las mir die Notizen durch, die Grayson mir gab, und starrte tagelang auf die Fotos von ihr. Grayson hat nicht gelogen, als er sagte, die Männer stünden bei ihr Schlange. Als ich heute Abend hinter ihr herging und sie in natura sah, wurde mir klar, dass die Bilder ihr nicht gerecht wurden. Sie war zurechtgemacht, und ihr langes, tiefschwarzes Haar fiel in Wellen über ihren Rücken, fast bis zu ihrem perfekten, runden Hintern. Aber als sie sich zu mir umdrehte und ihre vollen, roten Lippen meine Wange berührten, bekam ich richtig Herzklopfen.

So sehr, dass ich sogar darüber nachdachte, ob ich sie auf dem Weg nach draußen auf die Toilette mitnehmen könnte. Ich vergaß, wer ich war und was ich tat.

Ich wische meine verschwitzten Handflächen an meiner Hose ab und gehe zu Grayson, um auf dem Beifahrersitz seines Audis Platz zu nehmen.

»Das war zu einfach.« Grayson reißt seine Krawatte ab und setzt seine Sonnenbrille auf. »Frankie bringt sie zu dir nach Hause in den Keller. Ich habe heute Abend große Pläne mit Maddie.«

»Wer wird auf Rosa aufpassen? Frankie?«

Grayson wirft mir einen Seitenblick zu, als wir vom Parkplatz fahren. »Kannst du das nicht tun?« Fuck.

»Ich muss mich mit dem Kommissar treffen. Ich werde Ramos anrufen, damit er Rosa für ein paar Stunden händelt, bis ich nach Hause komme. Sag Frankie, er soll die Nachricht an Marco schicken.«

Ich krame in meiner Jackentasche und ziehe meine Zigarettenschachtel heraus. Warum zittern meine Hände bei einem einfachen Job so sehr?

»Bin dabei. Sollen wir einen Körperteil schicken? Sie braucht sowieso nicht alle zehn Finger.« Grayson grinst und sieht mich über seine Fliegerbrille hinweg an.

Meine Augen werden groß. »Nein«, antworte ich zu schnell. »Was zum Teufel ist los mit dir? Du weißt doch, dass wir Regeln haben, selbst für die görenhaften Töchter unserer Feinde.«

»Das war ein Scherz. Sie wirkt nicht wie eine typische Mafia-Prinzessin. Wenn überhaupt, dann ist sie auf der Flucht vor der Mafia.« Der dunkle Umriss des Clubs verblasst im Rückspiegel.

Warum versucht sie, zu fliehen?

»Hmm.« Ich werde dieses Gefühl nicht los, diesen seltsamen Schmerz in meiner Brust. Diese Frau wird mein Leben auf den Kopf stellen, das spüre ich.

Ich überprüfe meine Krawatte im Spiegel und streiche mein Haar zurück. Kommissar O'Reilly hat mich herbestellt. Das kann nur zweierlei bedeuten: Er will mehr Geld, oder er weiß etwas.

Ich warte an den Docks und stecke mir eine Zigarette an. Der stechende Geruch des Wassers wird langsam schwächer, während ich versuche, ihn aus meinen Nasenlöchern zu brennen. Dumpfes Geschrei und die schweren Geräusche von Maschinen werden von seinen schweren Schritten übertönt, die hinter mir auftauchen. Ich schmunzle, als ich höre, wie deutlich seine Schritte für ihn sprechen. »George.«

»Mr. Russo.« Er bleibt neben mir stehen, und wir beobachten das Frachtschiff, während die Jungs die letzte Ladung verladen.

»Du hast da draußen ein ziemliches Chaos angerichtet, Luca.« Seine Fingerknöchel werden weiß, als er sich an das Geländer klammert.

Ich rolle mit den Augen und nehme einen Zug. »Es ist eine geschäftige Zeit. Du wolltest, dass die Falcones ausgelöscht werden. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um mir zu sagen, dass ich aufhören soll. Hast du mich deshalb herbestellt?«

Ich drehe mich zu ihm um, in seiner kompletten NYPD-Uniform, mit aufgereihten Dienstmarken. Unsere Polizei ist ein verdammter Witz.

»Die Capris kommen nach New York. Die Falcones erwarten morgen Abend eine Lieferung. Wir brauchen dich, um sie abzufangen. Wir können nicht zulassen, dass Marco oder Romano diese Stadt regieren. Ich werde das nicht zulassen. Sobald du Marco ausgeschaltet hast, musst du Romano laut und deutlich zu verstehen geben, dass er hier nicht willkommen ist.« George presst den Kiefer zusammen, als er auf die Schiffe blickt.

»Warum die Capris?« Ich bleibe stumm und warte auf seine Antwort. Bei ihm gibt es immer mehr, und er hat mein Interesse geweckt.

George dreht sich zu mir, lehnt sich mit der Hüfte an das Geländer und verschränkt die Arme. »Sie sind der Abschaum der Menschheit. Waffenhändler, Menschenschmuggler. Was auch immer es ist, sie tun es. Sie sollten mit ihrem Gift auf der anderen Seite des Teiches bleiben.« Wie um seinen Standpunkt zu unterstreichen, spuckt er neben seinem polierten Schuh auf den Boden.

»Aber du arbeitest mit mir?« Dieser Typ ist manchmal verwirrend.

»Dein Vater war, ob du es glaubst oder nicht, ein guter Mann. Er hat mir ein paarmal den Arsch gerettet. Du bist das kleinere von zwei Übeln, Luca. Du bist menschlich, du respektierst Frauen und Kinder. Du hast ein Herz. Deshalb musst du diese Stadt kontrollieren. Nicht Marco. Und schon gar nicht Romano.«

Ich nehme seine Worte auf und schlucke. Er weiß nicht, dass ich Rosa in meinem Keller gefesselt habe. »Das werde ich.«

Ich habe genug über Romano Capri gehört, um zu wissen, dass man es nicht auf die leichte Schulter nimmt, ihn zu bestehlen. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass Marco glaubt, er könne in meiner Stadt Waffengeschäfte machen. Wenn das irgendjemand tut, dann bin ich es. Und es hört sich so an, als wolle der Kommissar, dass es so bleibt.

»Tu das. Halte mich auf dem Laufenden. Du weißt, wo ich bin, wenn du mich brauchst.« Er stößt sich vom Geländer ab und streckt seine Hand mit der Innenfläche nach oben aus.

Ich nicke, drücke meine Zigarette auf dem Kies aus und ziehe den Umschlag mit dem Geld aus meiner Anzugjacke. »Der Anteil für diesen Monat.«

Er schiebt ihn unter das Revers seiner Uniform und rückt seine Krawatte zurecht. »Ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Mr. Russo.«

Ich beobachte, wie er schwerfällig an den Docks entlanggeht und in den Schatten verschwindet.

 

 

Meine Augen flattern auf und mein Mund ist trockener als beim Aufwachen nach einer dreitägigen Sauftour.

Das Hämmern in meinem Kopf lässt meine Sicht verschwimmen. Ich blinzle ein paarmal und nehme meine Umgebung in Augenschein. Schlichte, graue Wände, nur ein Metallwagen steht in der Ecke. Ich atme tief ein und bemerke die Blutflecken, die in den weiß gekachelten Boden geätzt sind.

»Scheiße.« Ich ziehe an den Seilen an meinen Handgelenken, die mich an den Holzstuhl fesseln. Als ich zur Tür aufschaue, sehe ich einen roten Punkt aufblitzen.

Eine Kamera.

Ich nehme mir einen Moment Zeit, um meine Arme zu betrachten – kein einziger Kratzer. Ich ziehe erneut an den Fesseln und versuche es mit denen um meine Knöchel. Als sie sich nicht rühren, stoße ich einen enttäuschten Seufzer aus.

Die Tür geht quietschend auf. Es ist nicht der Typ aus dem Club, Luca.

Nein, dieser Typ ist viel jünger, sieht irgendwie osteuropäisch aus. Sein Blick ist auf mich gerichtet.

Ich klimpere mit den Wimpern und spreche mit der süßesten Stimme, die ich aufbringen kann. »Bitte, könnten Sie mich losbinden? Ich muss auf die Toilette.«

Er antwortet nicht, grinst nur und hockt sich neben mich.

Mir läuft ein Schauer über den Rücken und ich schlucke die Galle herunter, als er mit dem Zeigefinger über meine nackte Wade fährt.

Eher lasse ich mir zwischen die Augen schießen, als von ihm angefasst zu werden.

»Du bist eine Schönheit«, flüstert er und schiebt seine Handfläche meine schlanken Beine hinauf.

Mein Herz bleibt mir in der Kehle stecken, als er mit seinem Finger an meiner Kniescheibe vorbeifährt. Ich drücke meine Augen zu.

Bitte nicht.

Wenn ich so lange überlebt habe, kann ich es auch jetzt. Dieses Mantra wiederhole ich immer wieder und weiß, dass ich mich selbst belüge.

Sein Gesicht wird in meinen Albträumen mit dem von Dante verschmelzen. Ein Knall lässt ihn zusammenzucken, und er weicht zurück.

Ich wende mein Gesicht von ihm ab. Er darf mich nicht sehen. Er kennt meine Angst, Männer wie er leben davon.

»Ich komme wieder und hole dich«, sagt er, während er aufsteht. Seine Zunge fährt über seine Unterlippe. Ein Schauer läuft mir über den Rücken.

Ich höre nur seine schweren Schritte, gefolgt von der zuschlagenden Tür.

Ich wurde von einer Hölle in eine andere gebracht.

 

 

Ich wende meine Aufmerksamkeit dem Monitor zu, lehne mich in meinem Stuhl zurück und nippe an meinem Scotch. Rosa, Rosa, Rosa.

Sie fasziniert mich. Sie hat nicht einmal mit der Wimper gezuckt, hat nicht geweint oder geschrien.

Ich habe ihre Stärke unterschätzt.

Das enge, schwarze Kleidchen zeigt all ihre Kurven. Das wird sie nicht mehr tragen können, wenn ich sie behalte.

Da ich mir vorstelle, wie es wäre, wenn meine Geisel nackt wäre, schicke ich Keller eine kurze SMS mit der Bitte, mir von seiner Frau ein paar Kleider für meinen weiblichen Gast zu leihen.

Ich bin froh, dass er nicht weiter nachfragt; ich weiß nicht, ob ich schon so weit bin, ihn in dieses kleine Abenteuer einzuweihen.

Ich nehme einen tiefen Zug von meiner Zigarette und beobachte, wie sie ihren Kopf zurücklehnt und ihre dunklen Locken über die Stuhllehne fließen lässt. Ich musste los und die schönste Frau entführen, die ich je gesehen habe. Als ihr Atem im Club an meiner Wange kitzelte, pochte mein Schwanz.

Die Tür öffnet sich, was meine Aufmerksamkeit erregt. Ich schnippe meine Glut in den Aschenbecher, setze mich aufrechter hin und genieße die Show.

Ramos pirscht sich an sie heran, aber sie bewegt sich nicht. Ihr Blick ist immer noch auf den Boden gerichtet.

Ich habe ihn nicht gebeten, nach ihr zu sehen. Ich bin nur nach oben gekommen, um mich umzuziehen, bevor ich sie aus dem Keller holen würde. Zwei Stunden sind mehr als genug Zeit für sie da unten. Sie stellt keine Bedrohung für mich dar.

Ich setze mich nach vorn, stütze meine Ellbogen auf den Eichenschreibtisch und drehe den Ton lauter. »Ich sagte doch, ich komme wieder, hübsches Mädchen.«

Sie zerrt an den Fesseln an ihren Handgelenken. Das ist die erste Reaktion, die ich von ihr sehe.

Er beugt sich über sie und streicht mit einem Finger über ihre Wange, zieht an ihrem langen Haar, damit sie ihn ansieht. Aber sie tut es nicht; sie schaut direkt an ihm vorbei in die Kamera und damit direkt in meine Seele.

Pure Angst strahlt von ihr ab.

Ihr Brustkorb hebt und senkt sich immer schneller, und alle Farbe verschwindet aus ihrer gebräunten Haut. Ich schnappe mir meine Pistole vom Schreibtisch und eile die Treppe hinunter.

»Bitte nicht. Ich flehe dich an. Mach alles mit mir, nur das nicht. Ich werde das nicht noch einmal überleben.« Ich kann sie hören, wie sie hysterisch durch die Tür schreit.

Noch einmal.

Ich umfasse den Griff meiner Waffe fester und gebe den Code ein, um die Kellertür zu öffnen.

Ich muss zu ihr gelangen.

Wie konnte er sie so schnell losbinden?

Alles, was ich sehen kann, sind ihre Beine, während er sie spreizt und an seinem Reißverschluss fummelt.

»Halt's Maul«, höre ich ihn brummen, während er sein Gewicht gegen ihre Schulter drückt und sie noch fester auf den Boden presst.

Ihr Schrei schallt durch den kleinen Raum und füllt meine Ohren, bis sie klingeln. Die Wut verzehrt mich völlig.

»Lass sie verdammt noch mal los. Sofort!«

Ramos dreht seinen Kopf mit einem ekelhaften Grinsen zu mir herum. Rosa strampelt mit den Beinen, während ihre Schreie in ein Schluchzen übergehen. Das überwältigende Bedürfnis, sie zu beschützen, macht sich in mir breit. »Boss, ich habe nur ein bisschen Spaß. Du kannst doch nicht so ein schönes, kleines Ding mitbringen und uns nicht probieren lassen. Die Schlampe hat darum gebettelt. Ich meine, schau dir das winzige Kleid an, das sie anhat.«

Ich schreite auf ihn zu, die Waffe hinter dem Rücken. »Steh auf«, befehle ich. Rosa fällt ganz still unter ihm zusammen.

Er tut, was ich sage, und seine lockere Hose hängt tief auf der Hüfte, sodass sein nackter Hintern zum Vorschein kommt.

»Boss, was zum Teufel? Es ist doch nur eine Hure.«

Das war's.

Ich ziehe die Pistole heraus und ziele zwischen seine Augen.

»Kein Mann in meiner Organisation behandelt Frauen mit solcher Respektlosigkeit. Männer wie du verdienen es nicht, auf meinen Straßen zu leben.«

Er öffnet seinen Mund, um zu antworten, und ich drücke ab. Blut spritzt an die Wand. Ich gebe ihm einen kräftigen Schubs und er fällt zu Boden.

So eine Sauerei.

Ich lasse meine Pistole fallen, sie klappert auf dem Beton. Dann hebe ich meine Hände in Kapitulation und gehe auf Rosa zu. Sie hat sich an die Wand gekauert und das Vorderteil ihres Kleides hochgezogen.

»Das mit ihm tut mir leid.«

Ihre warmen, braunen Augen treffen meine, und der gesamte Sauerstoff wird aus meiner Lunge gesogen. Als ich mich ihr nähere, weicht sie nicht zurück.

Ihre Augen mustern mich von oben bis unten.

»Darf ich dir aufhelfen?« Ich biete ihr meine Hand an und warte auf ihre Zustimmung.

Sie starrt einen Moment lang darauf, bevor sie langsam den Arm ausstreckt und ihre kühle Hand in meine legt. Ein elektrischer Schlag durchfährt mich, als sie aufsteht.

Verdammt, er muss wirklich an ihr gezerrt haben. Unbewusst reibe ich über die roten Flecken an ihren Handgelenken. Sie reißt sie weg und zieht ihr Kleid hoch, um ihren schwarzen Spitzen-BH zu bedecken.

»Fass mich nicht an«, schnieft sie.

Ich trete einen Schritt zurück und hebe wieder die Arme zum Zeichen des Friedens. »Du kannst mir vertrauen, Rosa. Ich werde dir nicht wehtun. Das schwöre ich bei meinem Leben.« Ich lege meine Hand auf mein Herz und lächle sie an.

Ihre schokoladenfarbenen Augen verengen sich, als sie mich anstarrt. »Und das kommt von dem Kerl, der mich entführt hat.«

Ich zucke mit den Schultern. »Aber ich habe gerade einen meiner Männer für dich getötet.« Langsam lasse ich meine Arme sinken und deute auf den peinlichen Abschaum meiner Organisation, der nun wie erstarrt neben uns liegt.

Sie blickt auf Ramos' leblosen Körper auf dem Boden, dann wieder zu mir. Dabei zieht sie ihre volle Unterlippe zwischen die Zähne. Ihre Brauen schieben sich zusammen, als ihr wachsamer Blick den meinen trifft.

»Warum?«

»Weil er versucht hat, dir wehzutun. Er hat dich ohne deine Erlaubnis angefasst«, antworte ich ehrlich und lehne mich gegen den Türrahmen.

Sie schlingt ihre Arme über ihr zerrissenes Kleid, bis sich ihre Finger in die weiche Haut über ihren Ellbogen graben. »Und wer sagt mir, dass du mir nicht wehtun wirst? Ich kann dir nicht trauen.«

Ich weiß nicht, warum ich mir die Mühe mache, mit ihr darüber zu streiten. Ich könnte sie einfach hochheben und mit ihr nach oben gehen. Doch etwas hält mich davon ab. Die Art und Weise, wie sie ›nicht noch einmal‹ geschrien hat, bringt mich ins Grübeln. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich vorsichtig mit ihr umgehen muss.

Als ich mir mit der Hand durch die Haare fahre, zuckt sie zusammen, weil ich meinen Arm hebe. Was zum Teufel ist mit ihr passiert?

»Wie wäre es damit: Ich brauche dich nur so lange, bis Marco zustimmt, keine Geschäfte mehr mit den Capris zu machen. Während du hier bist, kannst du in meinem Haus leben. Was mir gehört, gehört dir. Ich werde dich dafür entschädigen, was dieses Arschloch getan hat. Du wirst die verwöhnteste Gefangene aller Zeiten sein.« Ich versuche, ihr mein charmantestes Lächeln zu schenken.

»Oder du lässt mich nach Hause gehen?« Sie klimpert mit den Wimpern und schenkt mir ein verführerisches Lächeln.

»Du weißt, dass ich das nicht tun kann. Du weißt doch, wie dieses Leben funktioniert, Rosa.« Ihr Name klingt so natürlich, wenn er mir über die Lippen kommt.

Mit einer ausladenden Geste winkt sie ab. »Pff. Mein Vater ist besessen von Macht. Er wird nicht aufhören, bis du tot bist. Er ist nicht an mir interessiert, nur an sich selbst.«

Ich kann den Schmerz in ihrer Stimme hören, weil ich weiß, wie es ist, unerwünscht zu sein. Das muss ein Laster sein, das die meisten Kinder von Mafiabossen mit sich tragen müssen. »Zur Kenntnis genommen.«

Sie bückt sich und hebt ihre Schuhe auf, die sie an den dünnen Riemchen baumeln lässt. Ohne die Absätze ist sie im Vergleich zu mir winzig.

»Komm, ich führe dich herum.« Ich biete ihr wieder meine Hand an und sie nimmt sie an, legt ihre manikürte Hand in meine und verdammt, mein Schwanz zuckt.

Rosa wirft noch einen Blick auf Ramos, bevor ich sie aus dem Keller führe. »Ich kann nicht glauben, dass du ihm das gerade angetan hast.« Ich kann spüren, wie ihre Finger zittern.

»Ich habe jedes Wort ernst gemeint. Jeder Mann, der Frauen so behandelt, verdient den Tod. Vorhin hast du gesagt, du könntest das nicht noch einmal überleben.« Ich halte kurz inne, als sie an Ort und Stelle verharrt und ihre Hand aus meiner gleiten lässt. Mit prüfendem Blick drehe ich mich zu ihr um, und ihre Augen glänzen vor Tränen.

So eine Scheiße.

»Hey, ist schon okay. Wenn du nicht darüber reden willst, werden wir es auch nicht tun. Keine Tränen mehr heute.« Ich schließe den Abstand zwischen uns.

Sie schnieft und lächelt mich an. Ich kann nicht anders, als sie ebenfalls anzulächeln, während ich ihr ein weiteres Mal meine Hand anbiete.

Rosa schnappt sie sich und mein Herz schlägt schneller. Was zum Teufel soll das?

Ich führe sie durch den großen Flur und in den Aufenthaltsraum. Mein Haus hat die höchste Sicherheitsstufe, die man sich vorstellen kann. Sie wird hier nicht rauskommen. Es macht also keinen Unterschied, ob sie im Keller ist oder im Haus herumläuft.

»Setz dich hin. Ich werde Kaffee kochen.« Meine Hand fühlt sich leer an, ohne die Wärme ihrer Finger. Ein Teil von mir möchte sie weiter mit mir ziehen. Aber das Schwanken ihrer Schritte sagt mir, dass sie sich entspannen muss.

»Hast du etwas Stärkeres?«, ruft sie mir nach.

Ich ignoriere sie. Grayson hat mich vor ihren Gewohnheiten gewarnt. Ich weiß nicht, wovor sie davonläuft, aber ich habe die feste Absicht, es herauszufinden. Irgendwie muss ich wiedergutmachen, was Ramos getan hat, und ein Teil von mir will sie beschützen. Das schulde ich ihr.

 

 

Während ich an meinem Kaffee nippe, zittern meine Hände unkontrolliert. Was zur Hölle? Ich brauche einfach etwas Stärkeres, irgendetwas, um meine Nerven zu beruhigen.

»Ich brauche einen Drink, Luca.«

Luca wendet seine Aufmerksamkeit von seinem Telefon mir zu und runzelt die Stirn. Die schwarzen Schränke und weißen Wände beginnen zu schwanken. Ich brauche etwas Luft.

Als ich den Kaffee abstelle, überkommt mich Übelkeit. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich etwas getrunken habe. Gestern Abend? Ich habe im Haus meines Vaters zugeschlagen.

Scheiße, ich fühle mich überhaupt nicht gut.

Ich stehe auf, stolpere nach vorn und fange mich am Couchtisch ab. Ich schlucke den übermäßigen Speichel in meinem Mund hinunter, und dann wird mir klar … Gott, mir wird schlecht.

Ich habe zu viel Angst, mich zu bewegen. Alles ist verschwommen. Liege ich im Sterben? »L- Luca? Mir geht's nicht gut.«

Bevor er antworten kann, erschaudert mein Körper, und mein Magen fühlt sich an, als würde er sich um sich selbst drehen. Ich beuge mich vor und versuche, den Würgereiz zu unterdrücken, der sich in meiner Kehle breitmacht. Doch ich verliere die Kontrolle über meinen Körper und übergebe mich auf den Marmorboden. Das mindert nicht die kalten Schweißausbrüche, die mich überkommen.

»Einen Drink, Luca. Ich brauche einen Drink, oder eine Pille? Bitte!«

Ich schlucke den bitteren Geschmack in meinem Mund hinunter, das Zittern in meinen Händen wird nur noch schlimmer. Ich reibe mir über das Gesicht und stürze zur Spüle in der Küche, als eine weitere Welle über mich hereinbricht und mein Kopf sich anfühlt, als würde jemand von innen gegen meinen Schädel hämmern.

Ich übergebe mich immer und immer wieder, bis ich nach Luft schnappe.

Ich klammere mich an den Tresen, damit sich der Raum nicht dreht. »Drink … Luca.« Ich kann kaum sprechen.

»Hier.« Er drückt mir ein Glas in die Hand und hilft mir, einen Schluck zu nehmen.

Als die geschmacklose Flüssigkeit in meinen Mund gelangt, schüttle ich den Kopf. »Nein, ich brauche etwas Stärkeres. Du verstehst das nicht.«

»Rosa, du musst das durchstehen.« Sein Ton ist sanft, aber bestimmt. Er nimmt meine Hand und führt mich in ein mit weißem Marmor ausgekleidetes Badezimmer.

»Ich kann nicht.« Ich bin nicht stark genug, um das zu tun. Mein ganzer Körper schmerzt.

Ich beginne zu weinen, als die Galle wieder aufsteigt und mein Inneres brennt.

»Bitte, hilf mir.« Meine Beine geben nach und ich lasse mich auf den kühlen Boden fallen. Die Porzellantoilette wirkt fast einladend.

»Ich verspreche, dass ich nicht von deiner Seite weiche.«

Das ist nicht das, was ich meine, aber in der Sekunde, in der seine Hand über meinen Rücken streichelt, ist der Trost da, obwohl ich das Gefühl habe, zu sterben.

Ich übergebe mich, bis ich nichts mehr in mir habe. Mein Magen krampft immer noch bei dem Versuch, die winzigen Schlucke Wasser wieder loszuwerden, mit denen Luca mich immer wieder versorgt. Alles, woran ich denken kann, ist, einen Weg zu finden, aus dieser Situation herauszukommen.

Nur ein Drink und ich wäre wieder okay.

Schwach und zitternd gibt mein Körper schließlich vor Erschöpfung auf. Meine Glieder sind schwer und Schweißperlen stehen mir auf der Stirn. Luca ist nur noch eine unscharfe Gestalt am Rande meines Blickfelds.

»Rosa? Rosa!« In seiner Stimme schwingt Panik mit, genau wie in meinem eigenen Gefühlstaumel. Ich versuche, meine Augen zu öffnen, aber es hat keinen Zweck.

Ich bin einfach so müde.

 

 

Scheiße.

Ihr Körper erschlafft auf der Toilette. Wie kann sie so völlig grau und trotzdem so verschwitzt sein? Scheiße, Scheiße, Scheiße.

Ich hebe sie in meine Arme und lege sie auf mein Bett. Eines meiner Kissen wird gegen ihren Rücken gedrückt, um sie auf der Seite zu halten, nur für den Fall, dass sie sich wieder übergibt. Sie ist völlig weggetreten. Grayson hat mir gesagt, dass er glaubt, dass sie ein kleines Problem haben könnte. Ich nahm an, dass es nur daran lag, dass sie viel gefeiert hat. Was sie jetzt durchmacht, ist ein kalter Entzug. Die Panik setzt ein, als mir klar wird, dass sie daran sterben könnte.

Ich stehe an der Bettkante und fahre mir mit der Hand durchs Haar. Was zum Teufel soll ich tun? Ich kann sie nicht sterben lassen, aber ich habe keine Ahnung, was helfen könnte.

Ihr dunkles Haar klebt an ihrem verschwitzten Gesicht, auch wenn ihr zerbrechlicher Körper heftig zittert. Ich lege meinen Handrücken sanft auf ihre Stirn. »Scheiße.«

Sie ist kochend heiß.

Mein Herz zuckt, als sie zu husten beginnt, und ich hebe sie schnell in eine sitzende Position. Als ich sie aufrecht halte und ihr die Haare aus dem Gesicht ziehe, spuckt sie die beißende Galle auf meinen Fußboden.

»Rosa, es wird alles gut«, flüstere ich.

Sie schüttelt den Kopf und stöhnt, während sie ihre zitternden Hände auf den Knien verschränkt.