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Keller Von einem armen Straßenkämpfer aus dem Untergrund stieg ich zum Weltmeister im Schwergewichtsboxen auf. Niemand wusste, dass ich auch ein Monster war, das im Verborgenen jagte. Gefangen in der Mafia, bis meine Schulden beglichen waren. Ein einfacher Deal entschied über meine Freiheit: Ich sollte meine Gürtel im Boxen vereinen. Es schien leicht, bis ein bezaubernder britischer Feuerwerkskörper auf meinem Schoß landete und mich vom Kurs abbrachte. Sie zu wollen, war für uns beide gefährlich, aber ich riss sie dennoch mit. Sie stellte mich vor die Wahl, für meine Freiheit oder die ihre zu kämpfen. Könnte sie mich noch lieben, wenn die Wahrheit ihre Maske verlor? Würde die Liebe ausreichen, um unsere Dämonen zu bekämpfen und als Sieger hervorzugehen? Sienna Als frischgebackener Single, der sich in New York ein neues Leben aufbauen will, habe ich den Männern vorerst abgeschworen. Keiner ist je lange genug geblieben, um mich an Märchen glauben zu lassen. Das war so, bis er in mein Leben trat. Er versuchte, sich vor mir zu verstecken, aber ich konnte mich nicht fernhalten. Wenn die Maske zerbricht und die Wahrheit ans Licht kommt, kann ich dann noch immer bleiben? Selbst wenn mein Leben auf dem Spiel stand? Können wir unsere Angst vor der Liebe überwinden und für unser Happy-End kämpfen?
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Luna Mason
Distance
Beneath The Mask Series
Übersetzt von Ronja Waehnke
Distance (Beneath The Mask Series)
© 2025 VAJONA Verlag GmbH
Übersetzung: Ronja Waehnke
Copyright © 2023. Distance: A Dark Mafia Romance (Beneath The Mask Series Book 1) by Luna Mason
Deutschsprachige Ausgabe © 2024. Distance
VAJONA Verlag GmbH
Vermittelt durch die Agentur:
BECK LITERARY AGENCY, WL 53910, USA
Korrektorat: Aileen Dawe-Hennigs und Susann Chemnitzer
Umschlaggestaltung: VAJONA Verlag unter Verwendung von
Motiven von Canva und 123rf
Satz: VAJONA Verlag, Oelsnitz
VAJONA Verlag
Carl-Wilhelm-Koch-Str. 3
08606 Oelsnitz
Dieses Buch ist für all meine LeserInnen da draußen, die der Realität entfliehen wollen. Die von einem morally-grey Mafiakiller mit Tattoos gesagt bekommen müssen, sie seien ein braves Mädchen.
Fliegt durch die Seiten.
Keller wartet auf euch …
Distance ist eine düstere Mafia-Romance. Sie enthält Inhalte und Situationen, die für einige LeserInnen belastend sein können.
Das war’s. Zehn Tage sind genug für diese Mitleidsparty.
Mein winziges Schlafzimmer ist in Dunkelheit gehüllt, dank der wunderbaren Erfindung der Verdunkelungsrollos. Ich liege eingekuschelt in meiner Bettdecke, umgeben von vollgeweinten Taschentüchern. Die Salvatore-Brüder sind das, was ich an menschlicher Interaktion am ehesten erlebe – mein Leben ist ein einziges Desaster nach dem anderen.
Vor zehn Tagen erwischte ich meinen Verlobten – jetzt Ex-Verlobten – dabei, wie er eine langbeinige Blondine über den Küchentresen beugte. Meine Welt brach zusammen und mein Herz zerbrach. Er war zu sehr damit beschäftigt, seinen Gast zu unterhalten, um zu bemerken, wie ich ihm meinen Verlobungsring an den Kopf warf und hinausstürmte. Ich schaudere noch immer bei der Erinnerung.
Das hartnäckige Arschloch hingegen ist offensichtlich von Schuldgefühlen geplagt, denn obwohl er von mir auf jede erdenkliche Weise abgeblockt wird, streckt er weiterhin die Hand aus.
Während meiner zehn Tage, in denen ich das Sonnenlicht gemieden und mich im Selbstmitleid gesuhlt hatte, dämmerte mir die Erkenntnis: Meine Traurigkeit galt nicht speziell dem Betrug von Jamie. Ich glaube, ich war eher in die Vorstellung von ihm verliebt, als in ihn selbst.
Vielleicht bin ich einfach nicht liebenswert.
Ich seufze und ziehe die Bettdecke noch fester um meine Schultern. Vom eigenen Vater verlassen und von der alkoholkranken Mutter vernachlässigt zu werden, ist nicht gerade förderlich für das Selbstwertgefühl. Genau das versuchen mein Therapeut und ich, loszuwerden. Irgendwie hatte ich mich von der Illusion leiten lassen, einen Mann zu lieben und zu brauchen, und mein Urteilsvermögen getrübt. Alles, was ich will, ist jemand, der mir zeigt, dass ich genug bin.
Ich hatte mein ganzes Leben damit verbracht, für mich selbst zu sorgen, bevor ich mein toxisches Elternhaus in London verließ. Mit achtzehn habe ich mein Leben für ein Soziologie-Stipendium an der Columbia University entwurzelt. Die Teenagerin, die ich damals war, wäre stinksauer, wenn sie mich jetzt in diesem Zustand sehen würde.
Ich schnappe mir mein Handy von dem kahlen Nachttisch, das Display blendet mich beinahe. Ich muss durch meinen Tränenschleier blinzeln, um mich zu konzentrieren. Vierundzwanzig verpasste Anrufe und drei SMS. Ich reibe mir die Schläfen und versuche, die pulsierenden Kopfschmerzen zu lindern, als ich den letzten Ansturm von Jekyll und Hyde-Nachrichten öffne.
Unbekannt: Babe, bitte, ruf mich zurück. Es tut mir so leid. Es ist nicht so, wie du denkst.
Wow, ich wusste gar nicht, dass man seinen eigenen Schwanz verwechseln kann, wenn er in eine andere Frau hinein- und wieder herausgleitet. Das hier bringt mich fast zum Lachen.
Unbekannt: Ich brauche dich. Ich vermisse dich. Bitte, ruf mich an.
Unbekannt: Du weißt, dass du mich brauchst. Komm einfach drüber weg.
Ich: Scheiß drauf.
Wut schießt durch mich hindurch, als ich mein Handy mit einem Poltern auf den Boden schleudere. Ich werfe meinen Kopf nach hinten gegen meine rosa, flauschigen Kissen und die Tränen laufen mir über die Wangen.
Ich war fast glücklich, mit einem guten, festen Job als Anwaltsgehilfin in einer Top-Ten-Kanzlei in Manhattan. Es war nur nicht mein Traumjob, in der Sozialfürsorge zu arbeiten. Ich hatte einen Verlobten. Es war keine alles verzehrende Leidenschaft und Liebe gewesen, aber ich fühlte mich sicher. Zwar hatte ich gewusst, dass etwas fehlte, aber ich hatte keine Lust, mich damit auseinanderzusetzen. Denn immerhin hatte ich es geschafft, meinem alten Leben in London zu entfliehen. Wenigstens das war besser als zuvor.
Das ist immer mein Problem: Ich sehne mich nach mehr – mehr vom Leben, mehr von meinen Beziehungen und das hat mich so hierher gebracht. Ich habe ein Feuer in mir, das mir sagt, dass ich es besser machen kann, also arbeite ich hart daran, nicht wie meine Mutter zu werden. Aber wenn man mir jetzt eine Flasche Wodka einschenkt, dann ist die Ähnlichkeit da. Eine absolute Tragödie.
»Ich werde mich immer für dich entscheiden.« Damons tiefe Stimme dröhnt von dem kleinen Flachbildschirm, der auf meiner Kommode steht, durch mein Zimmer. Lieben wir nicht alle insgeheim einen bösen Jungen?
Jamie war süß, zuverlässig und sicher. Drei Dinge, von denen ich dachte, dass ich sie brauche, nicht wollte. Er drängte mich, einen Job zu finden, um finanziell abgesichert zu sein und eine Grundlage für meine Träume zu schaffen. Er nahm mich mit zu Verabredungen. Er fragte mich, wie mein Tag war, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam. Aber es fehlte immer etwas. Da war nie dieser Funke. Das ist eine Sache, über die ich erleichtert bin. Ich werde ihm nie wieder einen Orgasmus vortäuschen müssen. Er war in dieser Hinsicht kein schlechter Partner, aber er war einfach nicht genug. Nachdem ich ihn gebeten hatte, mich am Hals zu packen, hörte er auf und sah mich an, als hätte ich zwei Köpfe. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich ihn in dieser Hinsicht nie wieder um etwas anderes gebeten habe. Junge, habe ich davon geträumt, einen Mann zu finden, der Dinge tun würde …
Jamie öffnete mir Türen mit einem süßen Lächeln, aber er gab mir nie einen Klaps auf den Hintern, wenn ich durchging. Ich sehne mich nicht nach süßer Zuneigung; ich habe nie wirklich so etwas wie eine Umarmung von meiner Mutter an meinem Geburtstag bekommen. Ich sehne mich nach dem Gefühl, beansprucht, besessen und benutzt zu werden. Es mag falsch sein, dass ich in jeder anderen Hinsicht von klein auf so unabhängig war, aber dieser Teil von mir muss zum Leben erweckt werden.
Vielleicht eines Tages.
Nicht falsch verstehen – ich habe meinen Anteil an Liebesromanen gelesen. Aber nicht die süße, schwärmerische Art, mit einem perfekten Happy End. Ich lese die dunkelsten der dunklen. Die Art, in der ihr Alpha-Liebhaber ihr die Hand des Feindes in einem Paket schickt und die Hälfte des Buches in schmutzigen, verruchten Spielchen versinkt. Vielleicht verstehe ich diese ganze Romantik-Sache auch einfach falsch.
Die Wohnungstür kracht auf, gefolgt von dem Klirren von Schlüsseln, die in eine Glasschale geschleudert werden. Das Klacken von Stilettoabsätzen auf dem Eichenparkett hallt durch die Wohnung und wird immer lauter.
Scheiße, ich habe Maddie versprochen, dass heute der Tag ist, an dem ich meinen Scheiß auf die Reihe kriege. Meine derzeitige Lage ist das genaue Gegenteil davon.
»SIENNA ANDERSON, ich schwöre bei Gott, es wäre besser, dass Damon Salvatore nicht aus deinem Zimmer auf dem Fernseher zu hören ist, sonst vergesse ich mich!«, brüllt Maddie aus dem Flur, und ich erschaudere.
Ich muss die schlechteste Zimmergenossin aller Zeiten sein.
Also stürze ich mich auf die Matratze des plüschigen Doppelbetts, wühle mich durch die wahnsinnigen Mengen an Zierkissen, die sich dort stapeln, und suche verzweifelt nach der Fernbedienung des Fernsehers. Doch plötzlich brennen mir die Augen vom Tageslicht, als die Tür auffliegt. Mein Gott, vielleicht verwandle ich mich in einen Vampir.
Ich hebe meinen Blick zu meiner besten Freundin und gebe ihr meinen besten Bitte-verzeih-mir-Schmollmund.
»Nein. Du bist fertig, Si. Ich kann nicht länger zusehen, wie du dir das antust.« Sie stapft herüber und holt die Fernbedienung unter einem rosa Rüschenkissen hervor.
»Wage es ja nicht, sie auszuschalten, Maddison«, knurre ich. Ja, ich knurre. Und versuche, mit einer Ninja-Bewegung die Fernbedienung zurückzuerobern, aber es ist sinnlos. Die plötzliche Stille ist fast ohrenbetäubend.
Maddie starrt mich mit gerunzelten Brauen an. »Sienna, ich weiß, du hast eine beschissene Zeit hinter dir, aber bitte, ich brauche dich zurück. Ich brauche meine beste Freundin, und vor allem musst du aufhören, dich für Jamies Fehler zu bestrafen.« Ihre Züge werden weicher, als sie sich auf das Fußende des Bettes hockt.
»Ha! Beschissen ist eine Möglichkeit, es zu beschreiben, Mads. Ich meine, sieh dir an, wie ich aussehe!« Ich seufze und werfe meine Hände hoch. »Was ist nur los mit mir? Warum verdiene ich nicht, geliebt zu werden?« Jetzt schniefe ich, weil es sich anfühlt, als würde man mir ins Herz stechen, nur Jamies Namen zu hören.
»Hör zu, Jamie ist und war schon immer ein Mistkerl. Ihn dabei zu erwischen, wie er eine Blondine fickt und Kokain von ihren Titten schnupft, war zwar nicht ideal, aber du musst einsehen, dass du so viel mehr verdienst.« Ich zucke bei ihren Worten zusammen.
Ich war nicht nur betrogen worden, sondern auch so dumm, nicht zu erkennen, dass er süchtig war. Der süße und berechenbare Jamie war nicht der, für den ich ihn gehalten habe. Maddies seidiges Haar ergießt sich über meine Schulter, als sie ihren Kopf dort ablegt und mich tröstet.
»Bitte, sag mir, dass du jetzt mit dem Suhlen fertig bist. Du stinkst zum Himmel, das Zimmer ist voller rotziger Taschentücher, und du hast seit über einer Woche kein Sonnenlicht mehr gesehen.«
Ich schaue zu ihr hinunter, grinse und rümpfe meine Nase. »Eigentlich sind es schon zehn Tage«, antworte ich sarkastisch mit einem Lächeln. Aber sie hat recht. Ich bin eine Kämpferin und lasse mich davon nicht unterkriegen. Das kann ich nicht.
Ich schmiege meinen Kopf an Maddies Schulter, genieße ihre Wärme und den Geruch ihres typischen süßen, blumigen Parfüms. Als ob sie merkt, dass sich mein Körper entspannt, fliegt sie wieder vom Bett hoch und stößt mich nach hinten. Ihr Grinsen ist so breit, dass ihre Augen ganz schmal werden.
»Genau! Raus aus dem Bett, ab unter die Dusche und mach dich schick. Du hast genau eine Stunde Zeit, bevor die Geburtstagsfeier beginnt!« Sie sagt das, während sie ihr lockiges, platinblondes Haar über die Schulter wirft und sich schnell auf dem Absatz umdreht, um zu gehen, ohne auf meine Antwort zu warten. »Ich lieb‘ dich, Si«, kichert sie aufgeregt und ist schon auf dem Flur.
Vielleicht ist ein Mädelsabend genau das, was ich brauche.
Eine Stunde später habe ich ein sauberes Zimmer, meine Sammlung zerknüllter Taschentücher in den Mülleimer verfrachtet, das Bett perfekt gemacht, und ich rieche nicht mehr nach Scheiße.
Maddie hatte recht. Ich roch wie ein billiger Burger, und als ich mich im Spiegel betrachtete, erkannte ich mich unter den rot geschwollenen Augen und dem fettigen, schlaffen Haar kaum wieder. In meiner kleinen Selbstmitleidsparty hatte ich ganz vergessen, dass wir heute unseren Geburtstag feierten. Das war immer eine Tradition von mir und meinem Vater gewesen. Seit er vor über fünfzehn Jahren beschlossen hat, mich zu verlassen, habe ich diese Tradition mit Maddie fortgesetzt.
Ich werfe einen letzten Blick in den Spiegel und vervollständige meinen Look, indem ich meinen roten Lieblingslippenstift über meine vollen Lippen ziehe. Da ich so zurechtgemacht bin, kann ich nicht verhindern, dass Jamie mich mit seinen Worten in meinem Kopf verhöhnt.
»Ist das wirklich das, was du anhast, Sienna? Das ist verdammt eng.«
Mein Griff um den Lippenstift wird fester und fester, weil ich mich daran erinnere.
Als ich schließlich das Wohnzimmer betrete, schenkt mir Maddie ein aufrichtiges Lächeln, das ihren Ausdruck aufhellt.
»Verdammt noch mal. Meine Sienna ist doch noch irgendwo da drin. Ich wusste es«, spottet Maddie und wackelt mit den Augenbrauen. Sie ist offensichtlich überglücklich über ihre spitzen Sprüche.
Ich verdrehe nur die Augen und laufe an ihr vorbei zum Kühlschrank, um die frische Flasche Rosé, die schon meinen Namen ruft, aus dem untersten Fach zu holen.
»Ist das Kleid auch kurz genug, Si?« Maddie lacht hinter mir. »Ich kann deinen Arsch von hier hervorragend sehen.«
Schnell richte ich meine Wirbelsäule auf, während ich am Saum meines Kleides zupfe und ihr einen Blick zuwerfe. Bis vor Kurzem war ich mir meines Aussehens nie unsicher. Ich arbeite hart daran, meine Figur in Schach zu halten, während ich esse und trinke, was immer ich will. Ich bin auf keinen Fall ein Model. Meine Liebe zum Essen und zum Wein würde das nicht zulassen. Im Gegensatz zu Maddie habe ich definitiv nicht die Körpergröße oder die langen Beine für einen Catwalk. Was ich aber habe, ist ein toller Arsch und ein gutes Paar Brüste, mit denen ich angeben kann. Als ich nach unten schaue, um die Länge meines Kleides zu überprüfen, reiße ich mich schnell von diesen Gedanken los. Die Wochen, in denen Jamie auf subtile Weise an meinem Selbstvertrauen genagt hat, haben eindeutig ihren Tribut von mir gefordert. Aber verdammt, ich sehe heute Abend verflucht heiß aus.
»Nun, was denkst du? Gut genug, um heute Abend ein paar Gratis-Shots abzugreifen?«, frage ich und mache eine Dreihundertsechzig-Grad-Drehung für sie.
»Oh, verdammt ja. Du siehst total fickbar aus.«
»Halt die Klappe.« Ich kann mir ein Kichern nicht verkneifen. Das Kleid ist kurz, aber es bleibt an Ort und Stelle.
Ich erhasche einen Blick in unseren bodenlangen Spiegel im Wohnzimmer. Darin sehe ich, dass mein Make-up mir den Blick einer rauchigen Verführerin verleiht und meine eisblauen Augen hervorstechen lässt. Meine leicht gebräunte Haut leuchtet dank eines Bronzers, und meine Lippen habe ich in einem tiefen Kastanienrot geschminkt, das sich von meinem kurzen, schwarzen Kleid abhebt. Mein Haar sitzt knapp über meiner Brust. Vor Kurzem erst habe ich ein paar karamellfarbene Strähnchen hinzugefügt, um einen Kontrast zu meinen natürlichen schokoladenbraunen Wellen zu schaffen, die mit diesen schwungvollen Locken noch besser zur Geltung kommen. Vorher waren meine Haare so fettig, dass ich sie nicht einmal sehen konnte. Maddie hat recht. Ich sehe aus wie ein völlig neuer Mensch.
Ich lehne mich über den weißen Marmortresen, greife nach zwei großen Weingläsern und starre ziellos auf die einfließende Flüssigkeit. Es macht dieses gluckernde Geräusch, das mich immer an meine Mutter erinnert und mich deshalb zusammenzucken lässt. Ich nehme Maddie ein Glas ab und wir stoßen an.
Sie kichert, zwinkert mir zu, wirft den Kopf zurück und stürzt das ganze Glas Wein hinunter.
»Der Uber ist in fünf Minuten da. Reiß dich zusammen und kipp den Wein runter«, verkündet Maddie und läuft hektisch in der Wohnung herum, um ihren Mantel und ihre Tasche einzusammeln.
»Mads, wo gehen wir eigentlich heute Abend hin? Brauche ich meinen ganzen Wochenlohn?« Wie ich Maddie kenne, ist es irgendwo in einem Etablissement gehobener Klasse, wo sie mit den Unternehmens-Arschlöchern um die Wette strahlen kann. Im Grunde ein Zimmer voller Jamies. Genau das, was ich brauche.
»Der neue Nachtclub in der 10th Avenue. Warst du in der letzten Woche nicht in den sozialen Medien, Si?« Sie hebt anklagend eine Braue. »Er heißt The End Zone. Offenbar gehört er einem sexy, mysteriösen, unerreichbaren Boxer, wie es in einem Artikel des New York Magazine über die begehrtesten Junggesellen heißt. Die Premiere ist heute Abend, und ich habe es geschafft, uns Karten von einem Kunden bei der Arbeit zu besorgen.«
»Das klingt tatsächlich ganz cool.«
Ich hole mein Handy aus der Tasche und schaue mir The End Zone an. Wie ich es vorausgesagt habe, ist es edel und sexy, also sollte ich mein bestes Flirtlächeln für die Barkeeper und die Gratis-Shots heute Abend aufsetzen. Mit neuem Schwung schnappe ich mir meine Lederjacke, mache mich auf den Weg aus der Wohnung und zu meinem ersten Abend als Single in der Stadt.
Meine Beine wippen im Uber unruhig auf und ab – den ganzen Weg bis zur 10th Avenue. Ich versuche, den Lärm in meinem Kopf zu unterdrücken. Das hier ist der Beginn meines neuen Lebens – wieder einmal. Ich bin frei.
Maddie habe ich die dunklen Details verschwiegen. Die letzten Nächte, in denen Jamie völlig zusammenbrach, schrie und die Wohnung zertrümmerte. Nachdem ich tagelang über unsere Beziehung gegrübelt hatte, dämmerte mir die Erkenntnis, dass ich mich völlig verloren hatte.
Maddie machte sich schon genug Sorgen um mich, weshalb ich mich auf das Atmen konzentrieren musste, um die aufsteigende Panik, die durch meinen Körper strömte, herunterzukochen. Ich hatte ihr versprochen, dass ihre quirlige beste Freundin zurückkommen würde, und das wird sie auch.
Ich lege meine Finger auf den Puls an meinem Handgelenk und versuche, mich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Trotz der eisigen Temperaturen fahre ich mein Fenster ein paar Zentimeter herunter und atme tief ein. Die kalte Luft lässt mich erschaudern, die Abgase des Verkehrs sind erdrückend.
Mit dem Gesicht zum Fenster schließe ich meine Augen und atme weiter, um meine Gedanken zu beruhigen. Mein Körper beginnt sofort, sich in dem Ledersitz zu entspannen. Ich kann meine Angst kontrollieren, wenn ich sie schnell genug bemerke, so wie jetzt. Sie ist immer da, im Hintergrund, und wartet darauf, sich anzuschleichen.
»Si, geht es dir gut?«, flüstert Maddie.
Ich lege meine Hand auf ihre und lasse die Luft entweichen, die ich angehalten hatte.
»Geht gleich wieder, versprochen. Ich muss mich nur auf die Party mit meiner besten Freundin vorbereiten.« Ich zeige ihr mein bestes gefaktes Lächeln, das ich aufbringen kann, und sie scheint das zu spüren, denn Maddie nickt langsam, als wollte sie mich nicht weiter bedrängen.
Maddie war die erste Person, die ich traf, als ich vor sieben Jahren hierherzog. Ich erinnere mich, wie ich auf Zehenspitzen in mein neues Wohnheim schlich, nur mit einem kleinen rosa Koffer mit all meinen Habseligkeiten. Ich wollte niemanden mitten in der Nacht stören. Maddie sprang vor Aufregung schreiend aus dem Bett und umarmte mich so fest, wie ich es wohl noch nie erlebt hatte. In diesem Moment wusste ich, dass wir verdrehte Zwillinge waren. Man sagt ja, dass jeder Skorpion einen Wassermann in seinem Leben braucht.
Das abrupte Anhalten des Ubers reißt mich aus meinen Gedanken. »Vielen Dank. Schönen Abend noch«, sage ich, während ich die Autotür öffne und die kalte Luft mir beinahe den Atem raubt.
»Mads, beeil dich! Es ist verdammt eiskalt. Ich brauche einen höheren Pegel, um das auszuhalten!«, rufe ich, während ich meine Arme um mich schlinge, um nicht zu frösteln. Zum Teil auch, um die Tatsache zu verbergen, dass meine Nippel in diesem Kleid viel zu gut zu sehen sind. Gott, mein Gehirn fängt an, sich wie Jamie anzuhören.
Halt die Klappe, halt die Klappe, halt die Klappe.
»Wie gut, dass ich uns VIP-Karten besorgt habe, dann müssen wir nicht da anstehen.« Ihr perfekt manikürter Fingernagel zeigt auf die Menschen, die sich den Bürgersteig entlangschlängeln und warten. Maddie tritt vor mich, ihre hohen Absätze klackern auf dem Asphalt, und hakt sich bei mir unter. »Lass uns feiern gehen«, verkündet sie und die ganze Straße kann es hören. Ein Lachen entweicht mir. Sie ist immer das Partyanimal.
»Wie recht du doch hast.«
Wir gehen auf den roten Teppich zu, der zu einer überdimensional mächtigen, goldenen Tür führt. Die Aufregung schießt durch mich hindurch. Gott, ich brauche einen Tequila, pronto.
Wir schieben uns an der Schlange vorbei, in der sich allesamt den Hintern abfrieren und darauf warten, in den Club zu gelangen. Der Laden brummt, und die Musik erfüllt die Straßen. Wir reichen den großen, stämmigen Türstehern unsere Ausweise. Der glatzköpfige ältere Mann reißt ihn mir aus der Hand, wirft einen kurzen Blick darauf und dann auf mein Gesicht. Mit einem Grunzen gibt er mir den Ausweis wieder.
Ich schenke ihm ein breites Lächeln und gehe über den roten Teppich durch den Eingang. Die warme, neblige Luft des Clubs umhüllt meinen Körper und stoppt das Frösteln. Mit Maddies Arm, der immer noch mit meinem verschränkt ist, übergeben wir unsere Mäntel einer Frau, die in der Kabine auf einem Stift herumkaut, und sie reicht uns Tickets, ohne auch nur einen Blick in unsere Richtung zu werfen. Ich gebe Maddie einen Seitenblick, als wir uns auf den Absätzen umdrehen und durch die nächste Reihe von gläsernen Doppeltüren gehen.
Der Beat der Musik trifft mich als Erstes und nimmt mir beinahe die Luft, während der Bass durch meinen Körper dröhnt. Wir stehen am Rande des Clubs und ich nehme alles in mich auf. Ja, dieser Ort ist schick. Aber nicht auf eine schnöselige, langweilige Weise, nein. Dieser Ort ist aufregend und heiß. Dieser Ort ist wow.
Die Wände sind in einem tiefen Rot gestrichen, und massive Kristalllüster reflektieren die Stroboskopbeleuchtung. Die Tanzfläche befindet sich in der Mitte des Raums. Schwarzer Boden, gesprenkelt mit Glitzer, umgeben von schwarzen Lederkabinen mit goldenen Tischen – massivem Gold, würde ich wetten. Dieser Ort trieft vor Reichtum und Glamour. Er ist gefüllt mit unscheinbaren, meist dunkel gekleideten Männern mit Kapuzen, die an der Tanzfläche stehen und der Szenerie zuschauen, wie Löwen, die ihre Beute jagen.
Mein Blick schweift schnell durch den Raum und richtet sich auf den wichtigsten Teil des Clubs: die Bar. Ich ergreife Maddies Hand, während ihr Blick ebenfalls durch den Raum wandert und die Aufregung in ihrem Gesicht brodelt.
»Wow, Sienna, dieser Ort ist unglaublich … und hast du gesehen, wie heiß all diese Männer sind? Ich habe noch keinen gesehen, der nicht ein absoluter Sex-Gott ist!« Männer anzuschauen oder auch nur an sie zu denken, ist das Letzte, was ich heute Abend tun möchte, aber ich bin nicht abgeneigt, für ein oder zwei Shots mein Lächeln aufzusetzen.
»Lasst uns mit der Party beginnen!«, verkündet der DJ aus der großen, verspiegelten Kabine in der Ecke, während Eminems Real Slim Shady aus den Lautsprechern dröhnt.
Ich drehe mich um und schenke Maddie ein freches Grinsen, und ihre Augen leuchten amüsiert auf. »Sollen wir?«, frage ich und halte ihr meine Hand hin.
»Oh, das werden wir.« Die unzähligen Nächte, in denen wir jeden von Eminems Texten mit rappten und dabei Wein tranken, sollen sich auszahlen.
Wir stürmen in die Mitte der Tanzfläche, schwingen die Hüften, unsere Haare wehen um uns herum, während wir jeden Text Wort für Wort mitsprechen. Offensichtlich gehören die meisten dieser Frauen zu einer gehobeneren Klasse als wir, denn sie weichen alle an den Rand der Tanzfläche zurück und starren uns dabei an, da sie offensichtlich kein Wort von diesem schmutzigen Rap-Song verstehen.
Wir mögen hier völlig fehl am Platz sein, aber das ist uns egal. Wir recken die Hände in die Luft und singen die letzte Strophe. Als der DJ zum nächsten Lied übergeht, brechen wir beide in ein unaufhaltsames Kichern aus. Ich schlage meine Hände auf meine Knie und beuge mich vor, um wieder zu Atem zu kommen. Meine Lunge brennt vom Schreien zur Musik.
»Mads, wir müssen dringend etwas trinken. Der Wein hat ausgedient.« Sie gluckst daraufhin und ihre Wangen erröten.
»Si, ich vergesse immer, wie britisch du bist, und dann sagst du so einen Scheiß.« Ich rolle mit den Augen und drehe mich auf meinen lächerlich hohen Stilettos in Richtung der Bar hinter mir.
Meine Beine beginnen, zu wanken. Diese verdammten Absätze. Die Welt dreht sich in Zeitlupe, als die Stange in Sichtweite kommt. Mein Knöchel knickt unter meinem Gewicht um, und ich beginne, zur Seite zu taumeln. Ich kneife die Augen zusammen, strecke die Hände aus und bereite mich auf den unvermeidlichen Aufprall auf den Boden vor. Schmerz strahlt von meinem Knöchel aus in mein Bein.
Doch dann stoßen meine Finger auf etwas Steinhartes vor mir.
Ein elektrischer Schlag durchfährt meinen Körper, als eine starke Hand meinen Hintern umfasst und ein brennendes Gefühl darunter hervorruft. Die Luft knistert um mich herum, und ein starker Moschusgeruch steigt mir in die Nase. Ich kneife meine Augen fester zusammen, weil ich mich diesem unangenehmen Moment nicht stellen will. Ich spüre, wie sich sein Brustkorb unter meinen Händen stetig hebt und senkt. Bis auf die drückende Hand auf meinem Hintern ist er beinahe reglos.
Ich lasse meine linke Hand langsam nach unten gleiten und suche blindlings nach etwas, an dem ich mich festhalten kann, um mich wieder hochzuziehen. Meine Hand lässt sich nieder und greift nach der harten Ausbuchtung, die ich für den Tisch halte. Ich atme tief ein, bereit für meinen Abgang, und höre, wie er zischt.
Nein, warte, das kommt mir bekannt vor.
Die Erkenntnis dämmert mir und ich bin mir zu neunundneunzig Komma neun Prozent sicher, dass ich einen steinharten Schwanz in der Hand halte. Einen verdammt großen noch dazu.
Ich stehe still wie eine Statue, weil ich dieses Szenario für keinen von uns beiden noch schlimmer machen will.
Okay, Sienna, wir müssen das hinter uns bringen. Reiß das Pflaster ab und lauf weg, weit, weit weg, und komm nie wieder.
Mit all dem Mut, den ich aufbringen kann, blinzele ich mit einem Auge und versuche, zu erkennen, mit wem ich es zu tun habe. Meine Hand ist immer noch fest um einen pochenden Penis gewickelt.
Ich lasse meinen Blick über seinen dunklen Smoking schweifen, sein Körper ist ein Berg aus Muskeln. Mein Blick trifft auf das Gesicht eines Mannes, der buchstäblich einem meiner Schmuddelbücher entsprungen sein könnte. Seine tiefen, dunklen Augen mustern mich. Ich habe noch nie so stechende Augen gesehen; es ist, als ob sie sich in meine Seele bohren würden. Ich kann nicht aufhören, ihn anzustarren, fasziniert von dem heißesten Mann, der mir je unter die Augen gekommen ist. Sein tiefschwarzes Haar ist oben gerade lang genug, um eine Handvoll davon zu greifen, und an den Seiten kurz rasiert. Sein gemeißelter Kiefer wird durch das dunkle Engelsflügel-Tattoo, das sich über seinen gesamten Hals erstreckt, noch mehr hervorgehoben. Ich halte den Atem an und öffne meine Augen ganz. Ich muss ihn mir genau ansehen. Während ich das tue, räuspert er sich. Das holt mich schnell in die Realität zurück, in die Realität, in der ich immer noch meine Hand auf seinem Schwanz habe, der aggressiv in meiner Hand pulsiert.
Ich reiße meine Hand zurück, als ob ich mich verbrannt hätte und drücke mich weg von ihm. Der Griff um meinen Hintern wird nur noch fester, als er mich nach vorn kippt und seine Lippen an mein Ohr presst. Sein Atem kitzelt auf meiner empfindlichen Haut und hinterlässt eine Gänsehaut. Mein ganzer Körper zittert und Hitze kriecht mir den Hals hinauf. Ein Feuer entflammt in mir, als seine Lippen über meine Wange streichen. Ich schließe die Augen und ein leises Stöhnen entweicht meinen Lippen.
Scheiße.
Verdammt noch mal, wie viel dieser Scharade habe ich noch vor mir? Ich schaue auf meine Rolex. Drei Stunden und der Countdown läuft – großartig. Verärgert tippe ich mit den Fingern auf den massiven Goldtisch. Wenn ich heute Abend noch einmal mit einem dieser aufgeblasenen Trottel Smalltalk halten muss, werde ich jemandem die Kinnlade einschlagen.
Heute Abend ist die Eröffnung meines neuen Nachtclubs – das ist es, was diese Fassade für die Medien darstellt. Für mich ist es ein weiterer Schritt, meine Schulden bei Luca zu begleichen. Ich muss schmunzeln, wenn ich nur an dieses Arrangement denke. Mein Pflegebruder, der zum Anführer der größten Mafia-Organisation in New York geworden ist, hatte die glänzende Idee, der Mafia vorzuspielen, dass ich legitime Schritte unternehme, um meine Schuld bei ihnen zu begleichen. Die kleine Schuld dafür, dass sie mein verdammtes Leben gerettet haben.
Ich bin nicht mehr Keller, der Straßenboxer, der eine lebenslange Gefängnisstrafe absitzt, weil er beinahe jemanden im Untergrund umgebracht hätte. Stattdessen trete ich als Keller The Killer Russo an und kämpfe um den unangefochtenen Weltmeistertitel im Schwergewicht. Ich lebe und atme den Kampf.
Es gibt nichts Besseres als die Euphorie, wenn ich meine innere Bestie freilasse und meinem Gegner die Scheiße aus dem Leib prügeln kann. Das ist alles, was ich je gekannt habe. Nur, dass ich es jetzt für Multimillionen-Dollar-Deals tun kann.
Ich fahre mit der Hand an der gepolsterten Lederkopfstütze der Kabine neben der Tanzfläche entlang, lehne meinen Kopf zurück und schließe die Augen.
Nur noch drei verdammte Stunden, denke ich, während ich tief einatme. Der Bass der Musik dröhnt durch meinen Körper. Ich nehme einen großen Schluck Scotch, lasse das Brennen tief in meine Kehle ziehen und überblicke dann den Raum. Der Club ist voll mit verzweifelten Frauen und diesen Firmenarschlöchern, die sich nach ihnen verzehren.
Eine gackernde Weiberschar bleibt stehen und drängt sich in mein Blickfeld, um kichernd meine Aufmerksamkeit zu erregen. Mit verdrehten Augen richte ich meinen Blick nach vorn und ignoriere ihre Annäherungsversuche. Ich bin heute Abend nicht in der Stimmung.
Offensichtlich haben sie den letzten Scheißartikel über mich nicht gelesen. New Yorks begehrtester Junggeselle ist nicht mehr auf dem Markt. Oder noch besser: sie haben es getan und es ist ihnen einfach scheißegal. Ich bin zwar runter vom Markt, aber nicht aus den Gründen, die sie denken.
Die Geschichte vom bösen Jungen, der vom Tellerwäscher zum Millionär wird, bringt sie so richtig in Fahrt; sie versuchen ihr Glück, um die Frau zu sein, für die ich endlich meine Deckung aufgebe und mich in sie verliebe. Allein der Gedanke daran lässt mich erschaudern. Die meisten Frauen nutzen meinen Reichtum, um ihren verschwenderischen Lebensstil zu finanzieren, und tun so, als wären sie glücklich, während ich in der Nacht verschwinde, im Schatten für die Mafia jage und meinen Schwanz in die erstbeste Pussy stecke. Die einzigen Frauen, an denen ich interessiert bin, sind diejenigen, die meinen Namen schreien, während sie meinen Schwanz reiten, und dann schnell verschwinden, um nie wieder gesehen zu werden. Einfache Transaktion, kein Drama, und absolut keine Gefühle.
Obwohl … ich nehme an, das wäre eine Möglichkeit, die Zeit totzuschlagen. Mein Büro ist oben und muss noch eingeweiht werden. Vielleicht kann ich das heute Abend tun. Der polierte Eichentisch würde gut aussehen, wenn sich eine Frau darüber beugt. Der Gedanke daran lässt mich unbehaglich hin und her rutschen. Verdammt, ich muss einfach raus aus dieser Kabine. Ich habe den Raum vielleicht entworfen, aber mit meinen ein Meter achtzig habe ich nicht annähernd genug Beinfreiheit unter dem Tisch, um hier die ganze Nacht zu sitzen und auf Grayson zu warten.
Der Club pulsiert, Körper reiben sich auf der Tanzfläche aneinander. Ich kann den Tequila riechen, der aus ihren Poren sickert. Die Lichter verblassen und verleihen dem Raum eine erotische Stimmung. Ich kippe den Rest meines Scotchs in einem Zug herunter und knalle das Glas auf den Tisch.
Wenn Grayson zu spät kommt, muss ich mir die Zeit eben auf andere Weise vertreiben.
Dieser verdammte Smoking macht mir eine Gänsehaut. Selbst wenn er von den besten Schneidern New Yorks gemacht wurde, ist es schwer, meine massive Statur hineinzuzwängen. Ich öffne den Knopf unter der Fliege und werde sofort weniger klaustrophobisch.
Eisige Luft streift meinen Nacken, und mein Kiefer krampft sich zusammen, während ich meinen Kopf herumwirble. Verdammte, nutzlose Türsteher. Der letzte Eintritt für Gold-VIP war vor einer halben Stunde. Ich balle meine Fäuste und begebe mich an den Rand der Kabinen, um mich auf sie zu stürzen. Doch dann komme ich abrupt zum Stehen und alle Luft strömt aus meiner Lunge.
Heilige Scheiße.
Der Raum steht still, als ich sie durch die Tür huschen sehe, Arm in Arm mit einer langbeinigen Blondine. Die Art, von der ich mir vorstellen kann, dass man nach einer Stunde in ihrer Nähe verdammte Kopfschmerzen bekommt.
Aber ich kann meine Augen nicht von dieser Göttin abwenden.
Ich beobachte, wie Türsteher Nummer zwei grinst und auf ihren Hintern starrt, während sie vorbeigeht und dem Türsteher Nummer eins zuzwinkert. Allein das bringt mein Blut in Wallung, und ich möchte am liebsten auf sie losgehen und ihnen die hässlichen Visagen polieren.
Mein Blick landet sofort wieder bei ihr. Sie ist umwerfend, wie keine andere Frau, die ich je gesehen habe. Frauen wecken bei mir selten sofortiges Interesse; ich lasse sie für dieses Privileg arbeiten. Aber diese hier – nur ein Blick und mein Schwanz zuckt. Ich reibe ihn unter dem Tisch und versuche, ihn zu zähmen.
Ich gehe auf die dreißig zu und sitze hier mit einem Steifen wegen einer Fremden. Perfekt.
Ihr dunkles Haar, das ihr Gesicht umspielt, hat die perfekte Länge, um es um meine Hand zu wickeln. Das würde mir die perfekte Möglichkeit geben, um ihren Kopf nach hinten zu ziehen und ihre schlanken Schlüsselbeine freizulegen.
Selbst aus dieser Entfernung sind ihre hellblauen Augen fesselnd und bohren sich direkt in meine Brust. Ihre Figur ist an den richtigen Stellen durchtrainiert, und sie hat einen Hintern, den ich unbedingt anfassen möchte. Das enge, schwarze Kleid reizt mich. Allein der Gedanke daran, es zu zerreißen und zu sehen, was sich darunter verbirgt, jagt meinem Schwanz Stromstöße ein.
Scheiße, ich muss mich zusammenreißen.
Ich stöhne in meine Hände, während ich sie über mein Gesicht reibe.
Ich muss mich verdammt noch mal von dieser Frau fernhalten.
Keine Ahnung, was sie mit mir gemacht hat, aber es erfüllt mich mit Unbehagen. Ich drücke mich zurück in die Kabine und richte mich unter dem Tisch neu aus. Sofort hebe ich zwei Finger und signalisiere dem Barkeeper, mir einen weiteren Drink zu holen – ich muss das jetzt ertränken. Zwei weitere Scotch später ist mein Kopf wieder im Spiel. Grayson, das verspätete Arschloch, ist auf dem Weg, Gott sei Dank. Ich brauche die Ablenkung, weil ich meinen Blick nicht davon abhalten kann, sie in dem Meer von Menschen zu finden. Ich bin fasziniert von ihr, wie sie leidenschaftlich und ohne Scham zu Eminem rappt, mitten auf der Tanzfläche. Aus diesem Blickwinkel habe ich einen Sitz in der ersten Reihe bei einer der besten Shows, die ich je gesehen habe. Ihr perfekt runder Hintern hat mich die letzte halbe Stunde verhöhnt.
Scheiß auf den Broadway, das ist der beste Platz im ganzen Haus. Ich könnte ihr die ganze Nacht zusehen.
Ich bin eindeutig nicht der einzige geile Typ, der sie bemerkt. Jeder Mann beobachtet sie, bewundert etwas, das er niemals haben könnte. Während die Frauen sie aus der Ferne mit finsterem Blick und aufeinander gepressten Lippen betrachten. Sie ist anders als die anderen Frauen hier. Sie gehört nicht dazu, und das ist ihr offensichtlich völlig egal. Es ist erfrischend.
Ich schnaufe und schlucke die Reste meines Glases hinunter. Ich bin sofort angepisst, dass ich im selben Boot wie diese lechzenden Kerle sitzen könnte. Aber wenn ich sie nicht haben kann, dann kann das verdammt noch mal auch niemand anderes.
Ich muss hier weg, eine kalte Dusche nehmen und ins Bett gehen, verflucht. Ich greife in meine Tasche und hole mein Handy heraus, um Grayson eine SMS zu schreiben:
Killer Keller: Warte, bis ich dich morgen beim Training sehe. Halte ein paar Eisbeutel bereit. Wo, zum Teufel, warst du?
Er antwortet sofort:
Grayson: Ich freue mich darauf.
Ich musste lachen; dieses eingebildete Arschloch. Ich schiebe das Telefon zurück in meine Anzugjacke und bleibe dabei ganz ruhig. Pure Elektrizität schießt durch mich hindurch. Was soll der Scheiß?
Ein Schrei neben mir versetzt mich instinktiv in den Kampfmodus. Ich reiße meinen Körper herum und strecke meine Hand aus, um die um sich schlagende Frau zu packen, die zu Boden stürzt. Sobald meine Hand ihren Körper berührt, entfacht das ein Feuer in mir, das von meiner Hand direkt in meinen Schwanz schießt. Scheiße, ich weiß genau, wer das ist. Die eine Frau, die ich mental entschieden habe, nicht haben zu können und zu wollen, landet direkt auf meinem Schoß und benutzt meinen Schwanz als Joystick.
Ich schaue nach unten und betrachte ihr zerknittertes Gesicht, in dem pures Entsetzen aufblitzt. Sie blinzelt jetzt, als ob sie versucht, die Kraft aufzubringen, mir in die Augen zu sehen. Ihre Hand umklammert noch immer meinen Schwanz, als würde sie zu Boden fallen, wenn sie ihn loslässt. Sie ahnt nicht, was diese Hände anrichten können.
Ihr Körper, der sich eng an meinen presst, durchströmt mich mit Wärme. Ich senke langsam meinen Kopf, um sie nicht zu erschrecken, und atme tief ein; sie riecht köstlich – nach Pfirsichen. Zweifellos süß, genau wie sie.
Noch mal, Keller – nicht das richtige Mädchen für dich, erinnere ich mich.
Schmunzelnd sehe ich, wie sich ihr linkes Auge leicht öffnet. Sie ist steif wie ein Brett, ihre Augen schweifen über meine Erscheinung. Es muss ihr gefallen, was sie sieht, denn ich spüre, wie ihr Atem stockt und ihr Herz sichtbar in ihrem schlanken Hals flattert.
Ohne klare Gedanken senke ich meinen Mund auf ihre Ohrmuschel und streiche ihre weichen Locken zur Seite. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was von mir Besitz ergreift: die Hitze, die durch meine Adern fließt, ihre Hand, die meinen harten Schwanz so fest umklammert, oder einfach nur ihre schiere Schönheit. Ein gehauchtes Stöhnen entweicht ihr, als ich ihren süßen Geruch einatme. Ich stelle mir vor, wie ich sie noch mehr zum Stöhnen bringen könnte.
»Hey, Süße, solltest du einem Mann nicht erst einen Drink spendieren, bevor du ihm an den Schwanz fasst?« Ich weiche zurück, grinse und warte auf ihre Reaktion.
Wie ein Reh im Scheinwerferlicht und schwer atmend versucht die Göttin, von meinem Schoß zu springen, aber zum Teufel, das lasse ich nicht zu. Ich ziehe meinen Griff um ihren Arsch fester, um sie dort zu halten, wo sie hingehört. Irgendetwas an dieser Frau zieht mich direkt zu ihr. Ich will nicht, dass sie meinen Schoß verlässt. »Behandelst du so den Mann, der dich davor bewahrt hat, dein Gesicht in den Boden zu rammen? Ich wüsste ein paar Möglichkeiten, wie du dich revanchieren könntest.« Ich dränge sie weiter, um zu sehen, wie sie auf mich reagieren wird.
Ich erwarte einen Blick des Ekels. Sie scheint zu rein zu sein, um sich mit meinem Scheiß abzufinden. Stattdessen überkommt mich der Schock, als sich ihre Gesichtszüge mit einem schelmischen Funkeln in ihren Augen aufhellen. Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, aber sie packt den Nacken meines Anzugs, um sich über mich zu hieven und ihr glattes Bein auf meinen Schoß zu legen. Jetzt ist ihr Gesicht nur noch Zentimeter von meinem entfernt. Mein Atem wird flacher, während wir uns in die Augen sehen. Seufzend fahre ich mir erneut mit der Hand über das Gesicht, versuche, meinen Verstand wiederzuerlangen und mein Gehirn wieder in Gang zu bringen.
Sie kaut auf ihrer Unterlippe zwischen ihren perfekten weißen Zähnen, während sie mich mustert, an meinem Körper auf und ab geht und mich mit ihren Augen verschlingt. Sie lehnt sich leicht zurück und reibt ihren Hintern direkt an meinem Schwanz. Heiliger Himmel, wo kommt diese Frau her?
Ich ziehe eine Braue hoch und fordere sie zum Sprechen auf, während ich versuche, mein Gehirn davon abzuhalten, an diese vollen, roten Lippen zu denken, die meinen Schwanz umschließen.
Sie zieht sich näher an mich heran, sodass wir zusammenrutschen und sie ihre Lippen an mein Ohr legen kann. Konzentriere dich, Keller, ignoriere das Gefühl ihrer Brüste, die an dich gepresst werden. Ihr Atem kitzelt meinen Nacken.
»Nun, Sir, danke, dass Sie meinen Arsch gerettet haben«, raunt sie.
Instinktiv keuche ich auf und befeuchte mit der Zungenspitze die Lippen, während ich ihren Hintern umklammere und sie auf mir festhalte. Gerade als ich etwas erwidern will, rutscht sie von meinem Schoß, richtet ihr Kleid und schenkt mir ein breites Lächeln, das ihre perfekt geraden, weißen Zähne entblößt. Dann zwinkert sie mir zu, dreht sich auf dem Absatz und geht mit schwankendem Schritt zur Bar, während ihr Hintern hin und her schwingt.
Ich kann meinen Blick nicht von dieser Frau abwenden. Ihr unschuldiges Lächeln und dass ihr das Bewusstsein darüber, wie sexy sie wirklich ist, fehlt, überdecken einen inneren Hunger. Ich wette, sie würde perfekt darauf reagieren, wenn ich meine Hand fest um ihre Kehle lege, während sie sich auf meinen Schwanz senkt. Allein der Gedanke daran lässt mich wieder in meinem Sitz umherrutschen.
Ich sehne mich nach mehr. Ich will sie.
»Das ist nicht das letzte Mal, dass du mich siehst«, flüstere ich ins Nichts. Ich ertrinke in den Resten meines Scotchs und starre auf sie wie ein Jäger auf seine Beute.
Ich habe diese geheimnisvolle Schönheit ins Visier genommen, und ich kämpfe immer für das, was ich will.
Was zum Teufel habe ich mir dabei gedacht? Ich habe den Mann nicht nur betatscht, sondern ihm auch noch zugezwinkert und ihn Sir genannt. Mein Verstand taumelt, die Verlegenheit erhitzt meine Wangen, aber meinem Körper ist das egal. Er brennt immer noch von seiner Berührung.
Auf wackligen Füßen schaffe ich es schließlich zur Bar. Ich lasse meinen Kopf nach vorn fallen und lehne mich an die kühle Metalloberfläche, um meine Temperatur zu senken.
Sein Blick brennt sich auf meinen Hintern während des ganzen Wegs dorthin. Ich habe darauf geachtet, dass ich für ihn einen extra Schwung in meinen Schritt lege. So habe ich mich noch nie verhalten; eine selbstbewusste, sexy Sienna ist aus der Asche auferstanden.
Ich glaube, ich mag sie.
Seine Berührungen entzündeten ein Streichholz in mir. Seine tiefe, raue Stimme ließ meine Pussy krampfen. In seinen verhangenen Augen liegt eine Dunkelheit, die weit über die Farbe seiner Iriden hinausgeht. Dieser Mann bedeutet Ärger, aber das gibt mir einen ganz neuen Kick.
»Vier Tequilas, einen doppelten Wodka und eine Cola, bitte«, rufe ich dem Barkeeper fast atemlos zu. Er zwinkert mir zu und beginnt mit dem Einschenken. Einen Shot nach dem anderen werfe ich meinen Kopf in den Nacken und freue mich über das brennende Gefühl, das in meine Kehle dringt. Das ist nichts im Vergleich zu dem Feuer, das durch seine Hände auf mir in meinem Körper brennt. Ich brauche den Rausch des Alkohols, um das Selbstvertrauen zu haben, wieder an ihm vorbeizugehen.
Igitt, warum ist Maddie nicht schon längst hierhergekommen? Das würde mein Leben definitiv viel einfacher machen.
Ich schätze, sie ist immer noch auf der Suche nach ihrem Traumprinzen. Sie liest viel zu viele schnulzige Liebesromane und träumt immer von einer Märchenhochzeit mit zwei Kindern und einem weißen Gartenzaun. Sie hat das letzte Jahr damit verbracht, einige Frösche zu küssen, um ihren Prinzen zu finden. Erst vor ein paar Wochen, als ich nach einem langen Arbeitstag die Füße auf dem Sofa hochlegte, wurden meine Ohren von ihren schrillen Tönen der Leidenschaft betäubt … Parker war glaube ich sein Name – warte, war es Peter? Wie auch immer – er war eindeutig nicht der Richtige. Zu sehen, wie sie ihre Freizeit der Suche nach der Liebe widmet, erschöpft mich, aber wenn ihre Augen aufleuchten, weil sie beschreibt, wonach sie sucht, hält mich das davon ab, aktiv mit den Augen zu rollen.
Sie sucht den Raum ab und ihr platinblondes Haar schwebt über die Tanzfläche, während ihr neuester großer, schlanker Mann ihr hinterher schmachtet. Der nächste potenzielle Märchenprinz beugt sich zu ihr herunter und flüstert ihr etwas ins Ohr. Ich erkenne an der mangelnden Begeisterung in ihrem Gesicht, dass sie dringend einen Ausweg braucht. Ich schnappe mir unsere Drinks, atme tief ein, halte den Atem an, zähle bis vier, und lasse ihn dann langsam wieder entweichen.
Ich nehme Maddie ins Visier und gehe Schritt für Schritt auf sie zu, behalte sie im Auge. Sieh ihn nicht an, sieh ihn nicht an. Es hat keinen verdammten Sinn. Meine Augen werden angezogen von seinem Körper, verdammt, ich bin von seinem Körper magnetisiert. Ich kann nicht anders. Er ist der umwerfendste Mann, der mir je unter die Augen gekommen ist. Seine Gegenwart strahlt Macht und Gefahr aus, aber das macht ihn nur noch unwiderstehlicher. Er ist auf seine Art ein Gott. Selbst als er mit überschlagenen Beinen, den Knöchel seines Fußgelenks auf dem Knie des anderen Beines, in der Nische sitzt, mit seiner tätowierten Hand, die den Scotch an seine Lippen führt, verströmt der Mann Sex, und zwar nicht den vanilligen Typ. Sondern der perverseste, schmutzigste, den man sich vorstellen kann. Seine tiefe, raue Stimme ist so verdammt heiß, und der Gedanke daran, von ihm im Schlafzimmer Befehle zu empfangen, lässt es zwischen meinen Beinen pochen. Er ist ein Mann, der weiß, was er tut. Darauf würde ich alles setzen.
Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich stehengeblieben bin, um diesen schönen Mann anzustarren, bis sein Blick in den meinen eindrang, der innere Konflikt auf seinem Gesicht zu sehen war und hinter seinen Augen flackerte. Ich berühre ihn genauso sehr wie er mich. Allein das lässt meine Wangen heiß werden. Er hebt sein Glas in die Luft und nickt mir anerkennend zu. Mit einem Lächeln, als wolle er mich necken. Ich schenke ihm ein kurzes Grinsen und gehe an ihm vorbei auf die Tanzfläche.
Ich habe keine Zeit für so etwas. Ich bin fertig mit Männern. Klägliche Versuche, mich zu zwingen, mich zu erinnern.
Maddie dreht sich um, wirft mir einen wissenden Blick zu und lässt den Mann zurück, der sich direkt auf die nächste Frau stürzt.
»Scheiße, Sienna, das war heiß. Wenn ich sehe, wie er dich jetzt anstarrt, macht mich das an«, schreit sie über die Musik hinweg, während sie sich dramatisch mit der Hand Luft zufächelt.
»Nicht doch, Mads. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist«, antworte ich und versuche, die Situation aufzulockern, ohne sie noch weiter anzustacheln.
»Du meinst, du willst, dass er in dich fährt?«, kichert sie. Gott, dieses Mädchen. Ich kann nicht anders als zu lachen.
»Ich meine, sieh ihn dir an. Wer würde das nicht?«, feixe ich und ziehe die Brauen hoch. »Aber vergiss nicht, ich habe auf absehbare Zeit Männerverbot«, füge ich hinzu und versuche, das Thema zu wechseln.
»Nein, Si, ein Beziehungsverbot, nicht das Verbot, jemanden abzuschleppen. Denk daran, dass du unter jemanden kommen musst, um über jemanden hinwegzukommen …«
Ich rolle mit den Augen. Wenn ich mir vorstelle, wie er mich an die Wand drückt und verschlingt, turnt mich das so sehr an, dass mir heiß wird.
»Si, du wirst ja rot!« Um das Gespräch zu beenden, werfe ich den Strohhalm aus meinem Getränk und kippe den Inhalt hinunter. Ich bin viel zu nüchtern für diesen Scheiß. Dann ergreife ich ihre Hand und wirble sie herum, um uns tiefer auf die Tanzfläche zu ziehen, denn sie kann mich nicht ausfragen, wenn sie zu sehr mit Tanzen beschäftigt ist. Als Antwort darauf lacht sie nur und wackelt mit den Brauen. Sie weiß, was ich vorhabe.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Wir tanzen, lachen und trinken. Es ist verdammt voll. Wie in einer Sardinenbüchse gibt es auch Platz, sich zu bewegen. Ich habe die letzte halbe Stunde damit verbracht, dass sich verschiedene Männer an mich gedrängt haben. Keiner von ihnen hat meinen Körper in Aufruhr versetzt, keine einzige Berührung hat meine Seele so sehr entflammt, dass ich mich auch nur umdrehen wollte. Die ganze Zeit über war ich zu sehr darauf konzentriert, keinen Blickkontakt mit ihm herzustellen. Wie Beute, die verfolgt wird, kann ich seinen hungrigen Blick auf mir spüren. Irgendetwas sagt mir, dass ich nicht zurückkehren werde, wenn ich diesen Weg gehe.
Gedankenverloren schließe ich meine Augen und lasse meine Hüften zur Musik kreisen, vergesse den Herzschmerz, die Peinlichkeit und das Leid der letzten Wochen. Ich erlaube mir einfach, frei zu sein, während die Musik mich durchströmt, atme ich die Mischung aus Alkohol und Moschus-Aftershave ein und spüre, wie mir die Schweißperlen über die Stirn laufen. Ich fühle mich schwerelos.
Ich werde in die Realität zurückgeholt, als ich höre, wie mir von hinten »Babygirl!« zugerufen wird.
Sofort versteift sich mein Rücken und meine Hände ballen sich zu Fäusten. Das kann doch nicht wahr sein!
»Sienna!« Seine nervige Stimme kommt immer näher, aber bevor er wieder den Mund aufmachen kann, drehe ich mich um und schneide ihm den Weg ab.
»Was willst du, Jamie?« Ich stehe meinem Ex-Verlobten gegenüber und recke mein Kinn.
Seine Augen weiten sich bei meinem Tonfall und werden wieder weich, als er sich zu mir herabbeugt, wodurch ich eine Gänsehaut bekomme.
»Du hast weder auf meine Anrufe noch auf meine SMS geantwortet, also habe ich die Tracking-App benutzt, die wir hatten, um dich zu finden. Du hast endlich das Haus verlassen.« Ein eisiger Schauer durchfährt meinen Körper. Er hat mich beobachtet? Er weiß, dass ich zu Hause war und mir die Seele aus dem Leib geheult habe? Aber heute ist der Tag, an dem er beschließt, mich aufzusuchen?
»Bitte, Si, komm mit raus und rede mit mir. Wir müssen das klären«, fleht er verzweifelt und rückt immer näher an mein Ohr.
Ich würde fast glauben, dass es echt ist, aber mein Gehirn springt wieder an. Sofort erinnere ich mich daran, wie er diese Schlampe auf dem Tresen fickte. Ich spotte. »Wie wäre es, wenn du dich verpisst und mich in Ruhe lässt, Jamie? Wir. Sind. Vorbei«, schnauze ich ihn an und stoße meinen Acrylnagel in seine Brust. Scheiße, das fühlt sich gut an. Wenn ich ihn jetzt ansehe, weiß ich nicht, warum ich so lange bei ihm geblieben bin.
Zugegeben, er sieht nicht schlecht aus. Das typische Anwaltsgesicht, etwas über einen Meter achtzig groß, schlank, aber muskulös, blondes Haar, immer im Anzug. Er sieht nicht so frisch aus wie sonst, seine Bartstoppeln sind schon ein paar Tage alt, seine Augen rot, und sein Haar ist ein reines Durcheinander. Seine smaragdgrünen Augen blicken entsetzt auf mich herab.
»Komm schon, Si, das bist doch nicht du. Du trinkst nicht, und du sprichst auch nicht so.« Er sieht mich von oben bis unten an. »Trägst nicht so nuttige Klamotten«, spottet er und mustert meine nackten Beine.
Ich kann diesen Scheiß heute Abend nicht gebrauchen. Ich drehe mich um, um von ihm wegzugehen, aber eine Hand ergreift gewaltsam mein Handgelenk, drückt fest zu und zieht mich zurück zu ihm. Plötzlich bin ich an seine Brust gepresst.
Ich atme zittrig aus und zucke zusammen, als der Schmerz in meinem Handgelenk in meinen Arm ausstrahlt. Mein Herz klopft in meiner Brust. Sein Atem bläst gegen meinen Hals, während er immer noch mein Handgelenk in seiner Hand drückt. »Ich habe nur mit dir so viel Geduld, Sienna.« Sein Tonfall trieft vor Ärger.
Meine Wut bricht aus. Wie kann er es wagen, mit mir zu reden, als ob ich ihm gehöre, nachdem er mich monatelang heruntergemacht, betrogen und belogen hat?
Ich reiße meine Hand ruckartig aus seinem Griff und stoße mit dem Ellbogen gegen seinen Oberkörper. Er stöhnt als Antwort und lässt mich los. Ich bewege mich schnell von ihm weg und drehe mich um, um zu sehen, wie er sich aufrichtet. Seine Augen sind jetzt dunkel und starren mich an, während sein Kiefer mahlt.
Oh Scheiße, ich weiß, was dieser Blick bedeutet.
Das Blut pocht in meinen Ohren, während ich die Galle hinunterschlucke, die in meinem Hals aufsteigt.
»Du verdammte Schlampe!«, brüllt er, stürzt sich in den kleinen Abstand, den ich zwischen uns geschaffen habe, und packt meine beiden Oberarme so fest, dass seine Knöchel weiß hervortreten. Seine Nägel graben sich jetzt in meine Haut, schneiden sie fast auf. Der Druck reicht bis in meine Knochen und ich winde mich vor Schmerz.
»Du tust mir weh! Lass mich los!«, kreische ich, mein Körper zittert. Warum hilft mir niemand? Wo zum Teufel ist Maddie?
Jamies Griff um mich lockert sich leicht, seine Augen huschen an mir vorbei und sind voller Angst.
»Du hast die Lady gehört. Nimm deine dreckigen Hände von ihr. Sofort!«
Ohne mich umzudrehen, weiß ich, wer es ist. Ich spüre, wie er sich mir von hinten nähert. Jamie lässt mich los. Endlich überkommt mich Erleichterung, als er seinen Griff löst. Gott sei Dank ist er gekommen. Ich fühle mich sofort sicherer. Das wird einen blauen Fleck geben, denke ich, als ich auf meinen Arm schaue, wo seine Hände mich festgehalten haben.
»Ganz ruhig, ich hatte nur eine freundliche Unterhaltung mit meiner Verlobten.«
Mein Beschützer versteift sich hinter mir, nur für eine Sekunde, bevor er einen schützenden Arm um meine Mitte legt und mich dicht an sich zieht. Sein Moschus-Aftershave, mit Scotch versetzt, steigt mir in die Nase. Mein Körper kribbelt als Reaktion auf seine starke Hand, die sich über meinen Bauch ausbreitet.
»Wenn ich sehe, dass du sie noch einmal anrührst, mache ich dich fertig. Hast du das verstanden?«
Jamie weicht zurück, seine Augen sind auf die Hand meines Beschützers gerichtet. Auch ich schaue auf seine Hand, die mit dunklen Tattoos bedeckt ist. Seine weißen Hemdsärmel sind jetzt hochgekrempelt, die Tätowierungen schlängeln sich an seinen Unterarmen empor. Als seine Hand weiter um meinen Bauch gleitet, treten die Adern unter seiner Haut hervor. Scheiße, sogar seine Unterarme sind sexy.
Ich drehe meinen Kopf zu ihm hoch; er überragt mich und Jamie. Er muss über einen Meter achtzig groß sein – sein massiver, muskulöser Körper beherrscht den Raum.
Jamie wirft mir einen Blick zu, gefolgt von einem teuflischen Grinsen, das mich für ein oder zwei Sekunden den Atem anhalten lässt.
»Ja, wie auch immer«, spuckt er seine Worte aus, dreht sich um und geht in die Menschenmenge hinein. Mein Körper entspannt sich.
»Bist du okay?«, fragt der Fremde mit besorgtem Tonfall.
Bin ich das?
Ich bin rot, mein Atem ist stockend und meine Beine zittern leicht. Kann er spüren, dass ich zittere? Nicht wegen dem, was mit Jamie passiert ist. Nein. Mein Körper reagiert auf seine Berührung.
Ich nicke leicht und streiche mit dem Rücken meiner Hand über seine feste Brust. Ich gleite durch seinen festen Griff und drehe mich zu ihm um. Seine starke Hand liegt jetzt fest auf meinem Hintern. Das allein macht mein Höschen feucht. Ich lehne meinen Kopf zurück und blicke in seine dunklen, verhangenen Augen.
»Ich danke dir. Dafür, dass du mir heute Abend zweimal den Arsch gerettet hast.« Ich lächle und nutze die Absätze meiner Stilettos, die mich ihm näherbringen, um meine wunden Arme um seinen Hals zu legen.
Ich drücke ihm einen sanften Kuss auf die Wange und hinterlasse einen dunklen Lippenstiftfleck direkt über seiner Kieferkontur. Als Antwort kommt ein leises Keuchen über seine Lippen. Ich spüre, wie sich seine Erektion an mir reibt, was mein Feuer nur noch mehr entfacht.
Ich will diesen Mann.
»Komm mit mir«, sagt er, sein Gesicht bleibt ausdruckslos, als er seine Finger mit meinen verschränkt und mich von der Tanzfläche zieht. Meine Beine machen doppelte Schritte und versuchen, mit seinem Tempo mitzuhalten. Vorbei an der Bar nehmen wir einen Seiteneingang an der Rückseite des Clubs.
»Arbeitest du hier oder so etwas?«
»Oder so etwas«, antwortet er unverblümt, ohne in seinem Vorhaben innezuhalten.
»Oookay«, antworte ich und versuche, die Stimmung aufzulockern. »Ich nehme an, du würdest Jamie nicht umbringen, wenn er mich wieder anfasst?«
Ich schweife ab, wenn ich nervös bin. Natürlich wird er meinen Ex nicht umbringen, aber vielleicht ist es eine gute Idee, abzuschätzen, ob ich heute Abend mit einem anderen Verrückten durchbrenne.
Meine Frage lässt ihn innehalten, und ich krache beinahe in ihn hinein, als er sich umdreht. Sein harter Blick trifft den meinen, und mit Feuer in den Augen dringt er in meinen Geist ein, sein warmer Atem kitzelt jetzt an meinem Hals.
»Ich mache keine leeren Drohungen, Prinzessin.« Seine tiefe Stimme lässt Wellen in meinem Körper entstehen. Seine Worte sollten mir Angst einjagen. Ich glaube, das will er auch, aber es hat den gegenteiligen Effekt. Ich weiß nicht, ob es am Alkohol liegt oder an seinem ganzen dominanten Alphamännchengehabe, aber mein Höschen ist triefend nass.
Ohne meine Antwort abzuwarten, ergreift er wieder meine Hand, und wir marschieren weiter den dunklen Gang entlang. Wir müssen in den Personalräumen oder so sein, denn die schwarzen Türen sind alle geschlossen. Er greift in seine Tasche, zieht eine Karte heraus und streicht sie an der Seite der Tür entlang. Als ein grünes Licht blinkt, stößt er die Tür auf und zieht mich hinein. Die schwere Tür schlägt hinter mir zu und ich zucke zusammen.
Mein Körper erschlafft sofort, als er meine Hand loslässt, der Verlust des Kontakts lässt mich kalt. Vielleicht ist das auch gut so; ich brauche Abstand von diesem Mann. Er löscht alle meine Sinne aus und vernebelt mir den Verstand.
Er öffnet einen Kühlschrank neben einem massiven Eichentisch und macht eine Geste. »Drink?«
»Alles, was Alkohol enthält, ist gut.«
Ich ziehe den Saum meines Kleides herunter und betrachte den Raum um mich herum.
Wie der Rest des Clubs ist auch dieses Zimmer protzig, mit Wänden aus schwarzem Samt, einem weichen Ledersofa – natürlich in Schwarz – und einem massiven Schreibtisch mit goldenen Elementen. Als ich mich weiter umschaue, entdecke ich im hinteren Teil des Raums ein makelloses, glänzendes Badezimmer. Diese vier Wände allein sind wahrscheinlich mehr wert als meine gesamten Ersparnisse. Ich lasse mich auf das Sofa fallen und sinke hinein, das Leder kühlt mich ab. Das Zimmer riecht frisch gestrichen und männlich, wie er. Schritte lassen mich aufhorchen. Er kommt mit zwei Getränken in der Hand auf mich zu.
»Ist Tequila okay?«
»Ja, mein Favorit. Danke.« Ich nehme das Glas, wirble das Eis gegen das Kristall und schenke ihm ein aufrichtiges Lächeln.
»Mein Name ist übrigens Sienna. Sienna Anderson«, sage ich und strecke meine freie Hand nach ihm aus, wobei ich mich für meine Unbeholfenheit ohrfeigen könnte.
Offensichtlich bin ich ein wenig aus der Übung, um es mal so auszudrücken.
Er blickt nach unten und wieder in mein Gesicht. Dann legt sich seine dunkle, tätowierte Hand auf meine, so groß, dass sie sie vollständig bedeckt, und bringt meinen Blick zurück zu ihm.
»Nun, Sienna Anderson«, beginnt er mit dem besten britischen Akzent, den er aufbringen kann, »es freut mich, Sie kennenzulernen.« Dann macht er einen leichten Knicks vor mir.
Warum Amerikaner glauben, dass alle Briten vornehm sind, werde ich nie verstehen.