Diabetes Typ 2 zurückbilden – packen Sie es an!
Die Zuckerkrankheit ist kein Schicksal, mit dem Sie leben müssen! Das zeigt der renommierte Präventivmediziner Dr. Johannes Scholl anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Mit diesem motivierenden und praktischen Ernährungsratgeber und Kochbuch durchbrechen Sie den gefährlichen Teufelskreis von hohen Insulinspiegeln und Leberverfettung und werden wieder gesund - schon nach wenigen Wochen ist der Stoffwechsel wieder im Lot, selbst wenn die Veranlagung für Diabetes in der Familie liegt. Auch bei einem Prädiabetes erreichen Sie damit die Normalisierung Ihres Zuckerstoffwechsels.
So bringen Sie Ihren Stoffwechsel auf Trab:
Tschüss Diabetes – starten Sie in Ihr neues Leben!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Dr. med. Johannes Scholl, Dipl. oec. troph. Bettina Snowdon
1. Auflage 2023
Liebe Leserin, lieber Leser,wenn es um die eigene Gesundheit geht, darf man nichts dem Zufall überlassen. »Für eine bessere Medizin und mehr Gesundheit im Leben«: So lautet das Qualitätsversprechen der Marke Thieme. Ärztlich Tätige, Pflegekräfte, Physiotherapeuten oder Hebammen – sie alle verlassen sich darauf, dass sie von Thieme, dem führenden Anbieter von medizinischen Fachinformationen und Services, die entscheidenden Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bekommen. So können sie die Menschen, die sich ihnen anvertrauen, bestmöglich unterstützen. Auch Sie können sich auf die TRIAS Ratgeber mit dem Thieme Qualitätssiegel verlassen! Diese Informationsangebote helfen Ihnen dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn es um Ihre Gesundheit geht, selbst daran mitzuwirken, gesund zu werden, sich gesund zu erhalten oder das Fortschreiten einer Erkrankung zu vermeiden. Mit einem TRIAS Titel aus dem Hause Thieme überlassen Sie Ihre Gesundheit nicht dem Zufall!Ihr TRIAS Team
Hat man bei Ihnen einen Typ-2-Diabetes festgestellt? Befürchten Sie, ein erhöhtes Risiko für Diabetes zu haben? Oder ist in Ihrer Familie jemand von Diabetes betroffen? Dass eine dieser drei Möglichkeiten zutrifft, ist recht wahrscheinlich. Denn knapp 10 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind mittlerweile zuckerkrank, von den über 65-Jährigen ist es sogar mehr als jeder Vierte! Und über 20 Millionen Menschen in Deutschland haben einen Prädiabetes und sind deshalb besonders gefährdet, zuckerkrank zu werden.
Ich selbst hätte ebenfalls beste Chancen, einen Typ-2-Diabetes zu bekommen: In meiner Familie gibt es bei Großeltern, Eltern, Onkeln und Tanten jede Menge Diabetesfälle und allgemein eine Tendenz zu Übergewicht und Adipositas. Das wird mir nicht passieren. Denn ich habe rechtzeitig über Ernährung und Sport gegengesteuert und werde Ihnen zeigen, wie auch Sie dieses Konzept erfolgreich umsetzen können. Meine klare Aussage: Den Typ-2-Diabetes kann man vermeiden. Und man kann ihn auch wieder zur Rückbildung bringen.
Die Lethargie, mit der unsere Gesundheitspolitik den Typ-2-Diabetes als schicksalhafte Erkrankung hinnimmt, ist meines Erachtens ein Skandal. Mir scheint, dass die Vermeidung oder Rückbildung eines Typ-2-Diabetes zumindest in Teilen der Fachwelt als ein »unerwünschtes Ergebnis« angesehen wird.
Als ich 2017 beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden ein Diabetes-Symposium besuchte, fiel mir auf, dass es nur um neue Medikamente, jedoch überhaupt nicht um den Lebensstil ging. Auf meine Frage, warum man denn nicht erst einmal über Ernährung und Sport eine Rückbildung des Typ-2-Diabetes versuchen würde, antwortete die Moderatorin der Veranstaltung: »Ach Herr Scholl, Sie wissen doch: Die Patienten schlucken viel lieber eine Tablette, als dass sie etwas an ihrem Lebensstil ändern.«
Wenn Sie auch so denken und lieber ein paar Medikamente nehmen wollen, dann legen Sie dieses Buch einfach beiseite und lassen Sie Ihren Diabetes weiter »verwalten«. Sollten Sie aber eine solche pauschale Entmündigung durch die Expert*innen ablehnen und stattdessen Interesse daran haben, Ihr Schicksal und Ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen, dann ist das genau das richtige Buch für Sie. Bleiben Sie dran und lesen Sie weiter. Es wird sich für Sie lohnen!
Mein Anliegen als Arzt ist, dass meine Patient*innen genau verstehen, was mit ihnen los ist und wie sie eigenverantwortlich ihre Gesundheit verbessern können. Bei Prevention First, meinen Praxen für Präventivmedizin, übersetze ich die neuesten wissenschaftliche Erkenntnisse in verständliches Deutsch. Dieses Buch soll kein Lehrbuch für Ärztinnen und Ärzte oder Ernährungsberater*innen sein, sondern ein praktischer Ratgeber für Menschen, die durch einen gesunden Lebensstil den Diabetes zur Rückbildung bringen bzw. vermeiden wollen.
Denjenigen, die sich genauer mit den wissenschaftlichen Details und Studien befassen möchten, empfehle ich, auf meiner ▶ Website nachzusehen. Dort finden sich viele weitere Infos und Videos zum Thema.
Johannes Scholl
Wenn wir »Tschüss Diabetes« sagen, versprechen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass es möglich ist, einen bestehenden Diabetes rückgängig zu machen bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. Und wenn Sie bereit sind, dafür Ihren Lebensstil zu verändern, dann haben Sie allerbeste Chancen, ganz ohne Medikamente normale Blutzuckerwerte zu erreichen und so Ihren Diabetes zurück auf Null zu bringen.
Im Zentrum der Diabetesrückbildung steht die Ernährungsumstellung. Es geht dabei nicht um eine kurzzeitige Diät, sondern um eine neue Art der Ernährung auf Dauer. Sie müssen am Ball bleiben und das wird sicher funktionieren, wenn Sie Ihre neue Ernährungsweise nicht als Einschränkung, sondern im Gegenteil als das Kennenlernen neuer Genüsse erleben!
Ich möchte Ihnen mit meinen Rezepten die Umstellung mit abwechslungsreichen, bunten und dabei genussreichen Rezepten so leicht wie möglich machen. Dabei habe ich Wert darauf gelegt, auch solche Rezepte aufzunehmen, die in der herkömmlichen Form viele Kohlenhydrate enthalten. Probieren Sie es aus: Brot und Brötchen, Pizza, Lasagne und vieles mehr schmecken auch mit wenig Kohlenhydraten sehr gut und machen satt.
Bettina Snowdon
Dr. Scholls Favoriten – Low Carb schnell und einfach
Rezepte für zwei – zum Frühstück, für zwischendurch und fürs Abendessen
Herzhaftes Frühstück mit Lachs
Für 2 Portionen (450 g/Portion)
10 Min.
200 g Tomaten200 g Salatgurken4 EL Olivenöletwas ZitronensaftSalz und Pfeffer4 Eieretwas Schnittlauch200 g Räucherlachs (in Scheiben)Tomaten und Gurken waschen und in Scheiben schneiden. Schnittlauch in Röllchen schneiden.
Aus 3 EL Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer ein Dressing anrühren und mit den Tomaten und Gurken mischen.
1 EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, die Eier darin aufschlagen und zu Spiegeleiern braten.
Den Räucherlachs mit je 2 Spiegeleiern auf zwei Tellern anrichten, die Eier mit Schnittlauchröllchen bestreuen und den Salat dazu servieren.
Nährwerte für 1 Portion 662 kcal (147 kcal/100 g) · 36 g E (22 %) · 55 g F (74 %) · 6 g KH (4 %)
Fruchtiges für zwischendurch
Für 2 Portionen (395 g/Portion)
5 Min.
250 g zuckerarmes Obst der Saison (z. B. Erdbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren, Papaya oder Aprikosen)500 g Skyr (natur)40 g CashewkerneFrüchte waschen und ggf. klein schneiden.
Skyr verrühren, mit den Früchten mischen und auf 2 Schalen verteilen.
Die Skyr-Frucht-Mischung mit den Cashewkernen bestreuen.
Nährwerte für 1 Portion 287 kcal (83 kcal/100 g) · 27 g E · 3 g F · 20 g KH
Rindersteak und Sommergemüse vom Grill
Für 2 Portionen (813 g/Portion)
15 Min.
2 Rindersteaks à 200 g2 Auberginen2 Zucchini3 EL OlivenölKräuter der ProvenceSalz und PfefferAuberginen und Zucchini waschen und in 1 cm dicke Scheiben schneiden.
Steaks mit etwas Olivenöl bepinseln.
Auberginen- und Zucchinischeiben mit 2 EL Öl bepinseln und mit Kräutern der Provence bestreuen.
Die Steaks im Backofen bei starker Hitze von beiden Seiten 2–3 Minuten grillen, Gemüse von beiden Seiten 3–4 Minuten grillen. Salzen und pfeffern.
Nährwerte für 1 Portion 664 kcal (63 kcal/100 g) · 56 g E (34 %) · 37 g F (50 %) · 20 g KH (12 %)
Titelei
Auf einen Blick
Wie wirken sich die verschiedenen Lebensmittel auf Ihren Blutzucker aus?
Wie steht es um den Kohlenhydratgehalt von Bier?
Sagen Sie Tschüss zu Ihrem Diabetes!
Diabetes verstehen
Volkskrankheit Diabetes
Zurück auf Null ist möglich – ein Fallbeispiel
Welche Folgen kann Diabetes Typ 2 haben?
Diabetes steigert das Risiko bei Covid-19
Krebs- und Demenzerkrankungen nehmen zu
Wichtig: die erhöhte Diabetesgefährdung früh erkennen
Kein Interesse an der Prävention — Fehlsteuerung im Gesundheitswesen
Das Schweigen der Diabetologen
Diabetes verwalten oder zurückbilden?
Typ-2-Diabetes – neue Einteilung in Cluster
Wie Typ-2-Diabetes entsteht
Wie entsteht die Insulinresistenz?
Was ist die Folge der Insulinresistenz?
Personalisierte Medizin – der Typ-2-Diabetes nach Clustern
Cluster 1: LADA (Late-Onset Autoimmune Diabetes in the Adult)
Cluster 2: schwere Störung der schnellen Insulinausschüttung
Cluster 3: schwere, angeborene Insulinresistenz
Cluster 4: moderate, erworbene Insulinresistenz bei Adipositas
Cluster 5: milder Diabetes im höheren Alter
Risikomanagement bei Prädiabetes und Diabetes
Normale Blutzuckerwerte sind nicht alles
Ist strenge Blutzuckersenkung gefährlich? Kommt darauf an
Die Studienergebnisse führten zu einem Umdenken
Das Ziel: Risikofaktoren minimieren
»Know your numbers« – Zahlen, die Sie kennen müssen
Blutdruck: Das Ziel ist < 130/< 80 mmHg
Neue Perspektive: Non-HDL-Cholesterin
Wenn Sie die Zielwerte für das Non-HDL-Cholesterin nicht erreichen
Und das HDL-Cholesterin?
Lipoprotein(a) – der übersehene Risikofaktor
Beschwerdefrei, aber schwer herzkrank?
Wie körperliche Aktivität bei Diabetes wirkt
Mit Sport und Ernährung die Krankheit besiegen
Was Sportmuffel und Raucher verbindet
Warum wirkt Muskelarbeit bei Insulinresistenz?
Wer braucht schon Sport, um in Bewegung zu bleiben?
»Make Your Diabetic Patients Walk«
Wie viel körperliche Aktivität muss es mindestens sein?
Das optimale Sportprogramm bei Typ-2-Diabetes
Achten Sie auf Ihr subjektives Belastungsempfinden
Krafttraining für alle
Was ist besser für den Zuckerstoffwechsel: Ausdauer- oder Krafttraining?
Ernährungswissen up-to-date
Gesunde Ernährung – die Basics
Der Mythos von schädlichem Eierverzehr
Weniger Fett hilft nicht beim Abnehmen
Fleisch liefert wertvolles Eiweiß
Die Diskussionen über gesunde Ernährung
Falsche Empfehlungen lösten Adipositas-Epidemie aus
»Cholesterin vermeiden« hatte sich tief in den Köpfen festgesetzt
Herzinfarktrisiko ist bei Fettreduktion nicht geringer
Auf die Fettqualität kommt es an
Meiden Sie Trans-Fettsäuren
Wichtig sind Omega-3-Fettsäuren
Kaffee: Wie viel ist erlaubt?
Vitamin D – Wer braucht wie viel?
Warum und wie Low Carb funktioniert
Die früher übliche Diabetestherapie
Neue Studien liefern lückenlose Beweiskette
Zwei Ernährungsvarianten bei Diabetes: Welche ist besser?
Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig
Auslosung bei der Geburt – Mendelsche Randomisierung
Der genetische Risikofaktor: Veranlagung zum Diabetes
Virta Health: Online-Beratung zur ketogenen Ernährung
Extreme Ausdauerbelastung und Low Carb
Positive Auswirkungen der ketogenen Diät
Rückbildung der Leberverfettung in einer Woche
Der Effekt der ketogenen Diät
Chrononutrition und Intervallfasten
Essen mit Blick auf die Uhr
Intervallfasten
Ist Intervallfasten bei Diabetes hilfreich?
Frühstück oder Abendessen weglassen?
Intervallfasten mit High Carb ist widersinnig
Intervallfasten und Low Carb – die ideale Kombination
Bei der Planung der Mahlzeiten sind Sie flexibel
Wie sinnvoll ist Mahlzeitenersatz-Therapie?
Unser Körper wehrt sich gegen eine Gewichtsabnahme
Formula-Diät bei Typ-2-Diabetes?
Ein Teufelskreis: die Zweirad-Hypothese des Typ-2-Diabetes
Diabetesrückbildung in der Direct-Studie
Abnehmen und das Gewicht halten – so gehtʼs
Mahlzeitenersatz-Therapie – für wen und wie lange?
Und wenn ich nach den Shakes Hunger habe?
Alkohol bei Diabetes?
Verkürzt Alkohol das Leben?
Die »Wahrheit« steckte im Anhang der Studie
Gibt es eine »gesundheitsfördernde Alkoholdosis«?
Was bezeichnet man als moderaten Alkoholkonsum?
Wein oder Wasser? – Eine Untersuchung
Ein wenig Wein zum Essen ist erlaubt
Das Programm zur Diabetesrückbildung
Das Sportprogramm – individuell gestaltet
Wie Sie das Sportprogramm im Alltag umsetzen können
Low Carb: Umsetzung in der Praxis
Erkennen, worin wie viele Kohlenhydrate stecken
Auf einen Blick: die Zuckerlöffeltabelle
Kontinuierliche Glukosemessungen CGM
Ist es sinnvoll, Ketonkörper zu messen?
Wichtig: die Phase der Gewichtsstabilisierung
Meine Empfehlung zur Gewichtsstabilisierung
Rückfall? Ein Reset ist jederzeit wieder möglich!
Blutdrucksenker bei Low-Carb-Ernährung
Wie streng muss die Kohlenhydratreduktion sein?
Cluster 1: LADA (Late-Onset Autoimmune Diabetes in the Adult)
Cluster 2: schwere Störung der schnellen Insulinausschüttung
Cluster 3: schwere, angeborene Insulinresistenz
Cluster 4: moderate, erworbene Insulinresistenz bei Adipositas
Cluster 5: milder Diabetes im höheren Alter
So vermeiden Sie die »Keto-Flu«
Die zehn Bausteine zur Diabetesrückbildung
Baustein 1: Risikoabschätzung
Baustein 2: Mahlzeitenersatz-Therapie (Formula-Diät)
Baustein 3: Very-Low-Carb, ketogene Ernährung
Baustein 4: Low-Carb-Ernährung
Baustein 5: Intervallfasten
Baustein 6: mind. 1 Stunde körperliche Aktivität pro Tag
Baustein 7: Ausdauertraining in der Trainingszone 1
Baustein 8: Kraftübungen und Gleichgewichtstraining
Baustein 9: Kraftausdauer-/Zirkeltraining im Fitnessstudio
Baustein 10: Hypertrophietraining
Rezepte
Wochenpläne
Frühstück – fruchtig und herzhaft
Salate und Suppen
Schnelle Gerichte
Mittagessen
Für Gäste und Feste
Aufstriche und Snacks
Desserts
Service
Quellenangaben
Autorenvorstellung
Sachverzeichnis
Impressum/Access Code
Typ-2-Diabetes muss kein Schicksal sein – Sie können die Krankheit selbst in den Griff bekommen. Doch dafür sollten Sie zunächst ihre Ursachen kennen.
Immer mehr Menschen erkranken immer früher an Diabetes und noch immer wird bei der Behandlung vorwiegend auf Medikamente zurückgegriffen. Das muss nicht sein!
Bei mehr als 8 Millionen Menschen in Deutschland ist ein Typ-2-Diabetes bekannt, und vermutlich wissen weitere 2 Millionen gar nicht, dass sie zuckerkrank sind. Jährlich erkranken mehr als 560 000 Menschen neu an einem Typ-2-Diabetes. Studien prognostizieren, dass im Jahr 2040 12,3 Millionen Menschen in Deutschland an einem Typ-2-Diabetes leiden werden. ▶ [1]
Müssen wir uns mit dieser Prognose abfinden und uns darauf einstellen, dass in Zukunft immer mehr Menschen durch Diabetes erhöhten Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind und lebenslang Medikamente einnehmen müssen? Die Antwort lautet ganz klar: »Nein!«
Im März 2018 erhielt ich einen Telefonanruf: »Hallo Johannes, bin gerade in einem Hotel in Hamburg, wo ich dienstlich zu tun habe. Ich weiß, ich hätte dich schon vor fünf Jahren anrufen sollen, als man bei mir einen Diabetes festgestellt hat. Aber jetzt komme ich wirklich nicht mehr weiter: Ich schlucke täglich drei Tabletten und mache alles, was man mir in der Diabetesschulung geraten hat. Trotzdem habe ich aktuell einen Blutzucker von 450 mg/dl. Ich muss viel Wasser lassen und habe ständig Durst. Was soll ich machen?«
Alexander Meyer war ein Schulkamerad, der schon in seiner Kindheit stark übergewichtig war.
»Wie hoch war denn dein letztes HbA1c?« Das ist der Wert, der den durchschnittlichen Blutzuckerverlauf der letzten 2 bis 3 Monate widerspiegelt. Normal wären < 5,7 Prozent.
»Mein letztes HbA1c lag bei 11,1 Prozent. Und ich nehme schon Metformin, Januvia® und Jardiance® ein. Meine Hausärztin meint, weil das nicht mehr ausreicht, müsste ich nun Insulin spritzen.«
In unserem zehnminütigen Gespräch erklärte ich Alexander, dass es auch anders gehe und wie er zunächst rasch den Blutzucker senken könnte: »Setz dich zwei Stunden auf das Fahrradergometer im Fitnessraum und iss ab sofort nichts mehr, was Zucker oder Stärke enthält, also kein Brot, keine Nudeln, keine Kartoffeln, keinen Reis und selbstverständlich auch keine Süßigkeiten. Zum Abendessen gibt es Gemüse oder Salat und ein Fischfilet oder Steak, aber keine Kohlenhydratbeilage. Du musst viel trinken, erlaubt sind aber nur Wasser, Tee, Kaffee und vielleicht noch ein Glas trockener Wein am Abend. Und miss regelmäßig den Blutzucker, morgen früh wird er definitiv unter 200 mg/dl liegen.«
Tatsächlich lag der Wert am darauffolgenden Tag schon bei 150 mg/dl. Zwei Wochen später kam Alexander zum Check-up in meine Praxis. Das HbA1c war in dieser kurzen Zeit bereits auf 9,8 Prozent gesunken, der Blutzucker lag nüchtern bei 133 mg/dl. Und er hatte die ersten vier Kilogramm abgenommen.
Nun schmiedeten wir einen Plan zur Diabetesrückbildung: Bis auf Metformin ließ Alexander ab sofort alle blutzuckersenkenden Medikamente weg, um eine Unterzuckerung zu vermeiden. Ich gab ihm konkrete Vorschläge mit, wie er seine täglichen drei Mahlzeiten gestalten sollte. Und wir besprachen ein Sportprogramm, das für ihn sowohl vom Umfang als auch von der Intensität her maßgeschneidert war.
Innerhalb eines Jahres nahm Alexander 25 kg an Gewicht ab und senkte sein HbA1c schließlich ganz ohne Medikamente auf unter 6 Prozent (siehe Abbildung unten). Und das nach fünf Jahren Diabetes! Seine Blutdruckmedikamente konnte er ebenfalls absetzen, da der Blutdruck infolge der Gewichtsreduktion wieder völlig normal war.
Wollen Sie Näheres darüber wissen, wie auch Sie das schaffen können? Dann lesen Sie einfach weiter …
Beeindruckender HbA1c-Verlauf – und das nach fünf Jahren Diabetes!
Gesundheitsdaten zum Diabetes gibt es für die Bundesrepublik erst ab 1989. In der DDR hatte man deutlich früher ein Diabetesregister aufgebaut, aus dem man Rückschlüsse bis in die 1960er Jahre ziehen kann. Demzufolge war der Typ-2-Diabetes damals eine Seltenheit: Von etwa 0,6 Prozent der Erwachsenen im Jahr 1960 stieg die Häufigkeit auf 4,1 Prozent im Jahr 1989 an. Und danach ging es weiter steil bergauf bis auf fast 10 Prozent in den letzten Jahren. Natürlich ist vielen bewusst, dass Diabetiker*innen ein höheres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall haben als Menschen mit normalem Zuckerstoffwechsel. Diabetes kann zur Erblindung führen, weil er die kleinen Gefäße in der Netzhaut schädigt. Er kann die Nieren angreifen mit der Folge eines Nierenversagens. Und er beschädigt die Nervenbahnen, was man »diabetische Polyneuropathie« nennt. Langjährige Diabetiker mit Polyneuropathie spüren deshalb häufig nicht mehr, wenn sie sich an den Füßen verletzen, und bekommen schwere Wundinfekte, die im Extremfall Amputationen notwendig machen können.
Diabetiker erkranken auch häufiger an banalen Infekten, weil ihr Immunsystem anfälliger ist. Auch Abwehrzellen wie die T8-Helferzellen benötigen Energie, um Antikörper gegen äußere Feinde wie Viren und Bakterien zu produzieren. Und diese Energieversorgung ist beim Typ-2-Diabetes gestört. ▶ [2] Auch deshalb ist für Diabetiker die Wahrscheinlichkeit, einen schweren Verlauf von Covid-19 mit invasiver Beatmung durchzumachen, deutlich erhöht.
Selbst an der »harmloseren« Omikron-Variante, die sich Anfang 2022 allerdings weltweit rasend ausbreitete, verstarben gerade in den von der Diabetes-Epidemie besonders betroffenen USA bis zu 2500 Menschen pro Tag, darunter sehr viele Diabetiker*innen.
Doch viele wissen nicht, dass der Diabetes auch das Risiko für Krebserkrankungen und Demenz steigert. Schon lange bevor man ihn feststellt, richten ständig erhöhte Insulinspiegel (Hyperinsulinämie) als Folge einer verminderten Wirksamkeit des Insulins (Insulinresistenz) im menschlichen Körper eine Menge Schäden an.
Grundsätzlich nimmt das Diabetesrisiko mit dem Alter zu (siehe ▶ Abb.), doch ist festzustellen, dass die Menschen heutzutage schon früher an einem Typ-2-Diabetes erkranken als die Generation ihrer Eltern oder Großeltern. Und dieser Trend scheint sich zu beschleunigen: Den höchsten Zuwachs an Übergewicht und Adipositas in Deutschland verzeichnet aktuell die Altersgruppe der 18- bis 29-jährigen Erwachsenen. Sie haben keine anderen Gene als ihre Vorfahren, aber sie essen anders.
Schon 20 bis 30 Jahre bevor schließlich der Typ-2-Diabetes auftritt, könnte man ein erhöhtes Diabetesrisiko feststellen. Ein erhöhter Bauchumfang, leicht erhöhte Blutzuckerwerte, ein zu hoher Insulinspiegel am Morgen und eine Verfettung der Leber sind die typischen Vorboten.
In den Check-up-Untersuchungen bei Prevention First, unseren Praxen für Präventivmedizin, finden wir bei Menschen im mittleren Alter um die 50 Jahre häufig einen Prädiabetes ▶ [3]: Knapp die Hälfte der untersuchten Männer und ein Viertel der untersuchten Frauen sind davon betroffen.
Das Diabetesrisiko nimmt mit dem Alter zu.
Jeder dritte Mann und jede fünfte Frau, die wir untersuchen, haben eine im Ultraschall erkennbare Leberverfettung. Diese ist ein ernst zu nehmendes Warnsignal, denn in einem Teufelskreis verstärkt die verfettete Leber nochmals die Störung des Zuckerstoffwechsels, was wiederum zu einer noch stärker ausgeprägten Fettspeicherung in der Leber und einer noch schlechteren Insulinwirksamkeit führt.
Das Kuriose daran (wir werden später noch genauer darauf eingehen): Wenn man wollte, könnte man den Leberfettgehalt in einer Woche um 30 Prozent reduzieren und spätestens nach vier Wochen vollständig normalisieren. Dann wären auch der Blutzucker und die Insulinwirksamkeit in der Regel schon wieder im Normbereich.
Auf dem Präventionskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie habe ich 2018 in Ljubljana/Slowenien eine Auswertung von fast 1400 Patient*innen mit Prädiabetes im Langzeitverlauf vorgestellt. ▶ [4] Durch die Prevention-First-Beratung zu einer mediterranen Low-Carb-Ernährung und einem wirksamen Trainingsprogramm traten im Verlauf von fünf Jahren 80 Prozent weniger Fälle von Typ-2-Diabetes auf, als man in dieser Gruppe eigentlich hätte erwarten müssen. ▶ [5]
Wenig später hatte ich die Gelegenheit, vor dem Vorstandsvorsitzenden einer gesetzlichen Krankenkasse und seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern einen Vortrag zu halten. Meine Ausführungen zum Potenzial der Diabetesprävention und zur Möglichkeit, einen bestehenden Diabetes wieder zurückzubilden, stießen zunächst auf große Begeisterung. Der Vorstandsvorsitzende meinte, hier müsse man dringend etwas unternehmen, und regte eine gemeinsame Veranstaltung mit Gesundheitspolitikern in Berlin an. Eine Woche später wurde alles abgesagt, denn man hatte verstanden, dass wirksame Diabetesprävention unter den aktuellen Gegebenheiten des deutschen Gesundheitswesens einer Krankenkasse nicht nur keinen Gewinn bringen, sondern für sie sogar einen wirtschaftlichen Schaden verursachen würde.
Achtzig Prozent der Menschen könnten den Typ-2-Diabetes vermeiden, mindestens 50 Prozent ihn wieder loswerden. Doch im deutschen Gesundheitswesen interessiert das niemanden.