Diagnose: wahre Liebe! - Amy Andrews - E-Book
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Diagnose: wahre Liebe! E-Book

Amy Andrews

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Beschreibung

So süß, so sexy, so reizend: Der berühmte Mediziner Dr. Patrick Costello vergisst alles, als er Miranda auf dem Kongress kennenlernt. Atemlos genießt er mit ihr die heißen Stunden der Leidenschaft - nicht ahnend, dass er sie bald wiedersehen wird. Und zwar als ihr Chef …

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Seitenzahl: 198

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IMPRESSUM

Diagnose: wahre Liebe! erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2013 by Amy Andrews Originaltitel: „One Night She Would Never Forget“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBENBand 95 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Katharina Illmer

Umschlagsmotive: sakkmesterke / Shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751505246

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

September

Miranda Dean beachtete den Mann gar nicht, der zu ihr in den Aufzug stieg, und suchte weiter in ihrer Tasche nach dem Zimmerschlüssel. Warum hatte sie ihn auch nicht hinter das Namensschild gesteckt, das sie um den Hals trug, wie jeder andere?

Plötzlich spürte sie eine Berührung am Ellbogen, und eine tiefe Stimme fragte: „Ihrer?“

Als sie aufsah, hielt ihr eine große, gebräunte Hand einen flauschigen, pinkfarbenen Miniteddy hin. Pinky!

„Oh ja, danke“, murmelte sie und griff nach dem Spielzeug, das in dieser maskulinen Hand besonders mädchenhaft wirkte.

Dankbar lächelnd hob sie den Kopf. Ihr Atem stockte, als sie den unglaublich attraktiven Mann wahrnahm, der ihr Lächeln erwiderte. Er wirkte müde, war unrasiert, seine dunkelbraunen Haare waren zerzaust, aber sein Blick war amüsiert. Und das Grübchen in seinem Kinn? Sündhaft sexy.

„Nehmen Sie ihn überall mit hin?“, neckte er sie, als er ihr Pinky gab und dann seine Hand in seine Hosentasche schob.

Flirtete er … mit ihr? Oder war er einfach nur nett? Miranda errötete.

„Er gehört nicht mir … sondern Lola“, versuchte sie zu erklären. Belustigt zog der Mann eine Augenbraue hoch. „Meine Tochter … Lola ist meine Tochter“, ergänzte sie und strich abwesend mit den Fingern über Pinkys weiches Fell. „Sie ist vier Jahre alt … eigentlich schon fast fünf … Sie ist nicht mit hier …“ Miranda verstummte und wünschte, die Fahrstuhltüren würden sich endlich öffnen, bevor sie sich noch lächerlicher machte.

Und das Universum gehorchte.

„Hier muss ich raus“, sagte sie hastig.

Er lächelte sie an. Amüsierte er sich über sie? „Ich auch“, murmelte er und bedeutete Miranda, dass er ihr den Vortritt ließ.

Na toll! Irgendwie schaffte sie es, einen Fuß vor den anderen zu setzen und verließ den Fahrstuhl, dabei war ihr nur zu bewusst, dass er neben ihr herging. Seine Größe und Statur, die Art, wie er seine Schritte an ihre anpasste. Sein Aftershave – maskulin würzig mit einer süßen Schlussnote – reizte ihre Sinne.

Und ihre Hormone.

„Also … sind Sie wegen der Konferenz hier?“, fragte er.

Stumm nickte Miranda. Sie war ganz begeistert gewesen, als das Krankenhaus ihr, einer kleinen, blutigen Anfängerin, ermöglichte, ein internationales, medizinisches Symposium zu besuchen, das zum ersten Mal in Brisbane stattfand. „Sie auch?“, fragte sie.

Er nickte. „Ich halte morgen einen Vortrag.“

Miranda stockte. „Oh.“ Hätte sie ihn auf den ersten Blick erkennen müssen?

In Gedanken ging sie das Programm durch und versuchte, ihn einzuordnen.

Leise lachte er. „Ich verspreche, so langweilig wird es nicht.“

Während sie den Gang entlanggingen, wandte sich Miranda ihm zu, streckte automatisch die Hand aus und berührte kurz seinen Arm. „Oh, nein … so war das nicht gemeint. Ich …“

Er lachte erneut, und sie konnte sehen, dass er sie nur neckte. Beinahe wäre sie vor Erleichterung gegen ihn gesunken. „Sie machen sich über mich lustig.“

Als Antwort darauf lächelte er sie an, und Mirandas Beine fühlten sich plötzlich an wie Wackelpudding. Bei diesem Lächeln könnte sie glatt vergessen, dass sie eine alleinerziehende, arbeitende Mutter einer beinahe fünfjährigen Tochter war. Es verführte sie dazu, sich zu fragen, wie es wohl sein würde, seinen sündhaft sinnlichen Mund auf ihrem zu spüren.

Es sollte wirklich verboten sein, so zu lächeln.

Erleichtert atmete sie auf, als ihr Zimmer in Sichtweite kam. „Hier wohne ich“, verkündete sie, als sie an ihrer Tür stehen blieb.

Wieder schenkte er ihr dieses sündhafte Lächeln. „Dann sind wir Nachbarn. Ich hoffe, Sie schnarchen nicht.“

Darüber musste er sich wirklich absolut keine Sorgen machen. Jetzt, wo sie wusste, wer nebenan schlief, machte sie wahrscheinlich kein Auge zu! „Es hat sich noch niemand beschwert.“

Das belustigte Funkeln in seinen Augen wich einem sinnlichen Glanz. Erschrocken wurde Miranda klar, was sie gerade gesagt hatte.

Guter Gott, was ist denn heute mit mir los?

Jetzt dachte ihr Nachbar wahrscheinlich, ihr Bett wäre ein wahrer Hort des Lasters. Dabei bestand in den letzten Jahren ihr einziges Vergnügen darin, sonntags auszuschlafen – wenn sie Glück hatte!

„Hm … das war jetzt falsch ausgedrückt“, versicherte sie hastig.

Warum sie den falschen Eindruck unbedingt korrigieren wollte, wusste sie nicht. Der Mann wusste bereits, dass sie eine Tochter hatte, da hielt er sie bestimmt nicht für eine unschuldige Jungfrau. Und warum war es überhaupt wichtig, was er dachte? Er kannte sie schließlich nicht!

Lange starrte er sie an, und Miranda spürte, wie sich ihre Brustspitzen unter ihrem BH aufrichteten, als sein heißer Blick über sie streifte. „Für mich klang das gut“, murmelte er schließlich. Dann nickte er ihr zu. „Gute Nacht, Miranda“, wünschte er ihr über die Schulter und schlenderte weiter.

Miranda? Er kennt meinen Namen? Erstarrt stand sie da, sah ihm nach, wie er die fünf Schritte weiter zu seiner Tür ging und seinen Schlüssel aus seiner Jackentasche zog.

„Woher wissen Sie … wie ich heiße?“

Er drehte sich zu ihr um, lehnte sich lässig mit dem Bizeps gegen die Tür und schenkte ihr wieder dieses gefährliche Lächeln. Als könnte er durch ihre Kleidung sehen. Dann deutete er auf ihre Brust und antwortete: „Ihr Namensschild.“

Verwirrt sah Miranda an sich herunter. „Oh.“

Er grinste frech. „Schöne Träume.“

Als sie wieder aufsah, schloss er gerade seine Tür.

So wie er war, ließ sich Patrick Costello auf das Bett fallen, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Vier Nächte, in denen er kaum geschlafen hatte – drei mit einem kranken Kind und die letzte Nacht im OP mit einer komplizierten Nierentransplantation –, hatten ihm ganz schön zugesetzt.

Aber Miranda Deans süßes Erröten hatte ihn deutlich aufgemuntert.

So lag er im Dunkeln und starrte an die Decke. Es ist so still. Außer dem leisen Summen der Klimaanlage war im Zimmer nichts zu hören. Zu Hause, in der Vorstadt von Sydney, war er umgeben vom ununterbrochenen Schnattern einer Vierjährigen und dem lauten Fernseher, wenn sich seine Schwiegermutter abends ihre Lieblingsshows ansah.

Stille war etwas Neues und fühlte sich für ihn einfach nur falsch an. Wie immer, wenn er von Ruby getrennt war.

Er setzte sich auf, schaltete den Fernseher an und suchte Nachrichtensender. Aber das war nicht dasselbe, und der Raum fühlte sich kalt und leer an.

Ob es nebenan auch so war? Vermisste Miranda ihre Tochter auch?

Sie war ihm sofort aufgefallen, als sich die Türen des Aufzugs öffneten – kein Wunder, schließlich war sie allein gewesen. Aber sie wäre ihm auch in einer Menschenmenge aufgefallen mit dem welligen, schwarzen Haar, das ihr Gesicht versteckte, als sie in ihrer riesigen Tasche kramte. Ihr schmaler, marineblauer Rock mit feinen Nadelstreifen umschmeichelte ihre Kurven. Die glänzende, dunkelgraue Bluse verhüllte sehr schöne Brüste, zwischen denen ihr Namensschild verführerisch baumelte.

Miranda Dean.

Hatte sie den kleinen, pinkfarbenen Teddy immer dabei oder gehörte er nur zu den Dingen, die ihren Weg in Taschen fanden, wenn Kinder im Spiel waren?

Wie interessant, dass sie auch eine vierjährige Tochter hatte.

Sehr interessant.

Er ertappte sich dabei, dass er lächelte, und ließ sich stöhnend wieder aufs Bett fallen. Reiß dich zusammen. Du musst eine Präsentation vorbereiten und Schlaf nachholen. Also geh duschen und mach dich dann an die Arbeit!

Patrick gehorchte der strengen Stimme in seinem Kopf. Schließlich war er nicht hier, um Babyfotos und lustige Kindergeschichten mit einer Frau auszutauschen, die er kaum kannte, nur weil er Ruby vermisste. Es waren doch nur eine Nacht und zwei Tage.

Er ging ins Bad, tauchte unter den Wasserstrahl und wusch etwas von seiner Erschöpfung weg. Doch egal, wie lange er unter der Dusche stand, den verlorenen Schlaf und die Sorgen der letzten vier Jahre würde sie nie wegspülen.

Schließlich verließ er die Dusche, trocknete sich ab, rubbelte durch seine nassen Haare, zog eine saubere Jeans an, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ging zum Tisch; das flackernde Licht des Fernsehers wies ihm den Weg. Er knipste die Schreibtischlampe an, als er sich setzte, klappte seinen Laptop auf, trank einen Schluck Bier und ging an die Arbeit.

Zwei Stunden später gähnte er, streckte sich. Doch jetzt schlafen zu gehen, wäre sinnlos. Vor Mitternacht ins Bett zu gehen, funktionierte bei ihm nie gut.

Vielleicht saßen ja noch einige seiner Kollegen an der Bar. Entspannte Unterhaltungen … ein paar Whiskys …

Das war sein Rezept für Schlaf.

Bedächtig schwenkte Miranda den Rotwein in ihrem Glas und verfolgte den Weg ihres sexy Zimmernachbarn durch die Bar. Sie hatte ihn sofort entdeckt, als er hereingekommen war. Als sich ihre Blicke trafen, hatte er sie angelächelt, und sie hatte sein Lächeln erwidert.

Und obwohl ihr Herz bei seinem Anblick wild in ihrer Brust hämmerte, beruhigte es sich sofort wieder, als er auf sie zukam. Es fühlte sich beinahe unwirklich an, aber gleichzeitig ganz natürlich.

Beinahe wie Schicksal.

Das war eine große Sache für eine Frau, die keine Barbekanntschaften machte. Die nie etwas Unüberlegtes oder Spontanes tat.

Zumindest nicht seit sie siebzehn war.

Aber seltsamerweise konnte sie nicht aufhören, ihn zu beobachten.

Er nahm auf dem Stuhl neben ihr Platz. „Konnten Sie nicht schlafen, Miranda Dean?“

Sein Tonfall war so charmant frech, dass es ihr den Atem raubte. „Nebenan hat jemand geschnarcht, Patrick Costello“, murmelte sie.

„Ah … Sie haben sich über mich schlau gemacht. Sollte ich mich geschmeichelt fühlen?“

Miranda schüttelte den Kopf. „Nicht bei dem Foto von Ihnen – darauf sehen Sie aus wie ein Krimineller.“

Er lachte tief und leise, und Miranda ertappte sich dabei, dass sie noch näher zu ihm rutschen wollte. Seine Haare kringelten sich um seine Ohren und im Nacken. Er trug Jeans und ein legeres, langärmeliges Shirt.

„Ich glaube, das Foto wurde nach einer besonders schrecklichen, neunstündigen OP aufgenommen“, erzählte er, als er den Barkeeper für einen Scotch auf Eis heranwinkte. „Außerdem bin ich nicht sehr fotogen.“

Das zu glauben, fiel Miranda sehr schwer. Er besaß diesen entspannten Sexappeal, den die Kamera liebte.

„So, Miranda, kommen Sie hier aus der Gegend?“

Jetzt musste sie lachen. „Ich komme aus Brisbane, ja, aber ich sollte Ihnen wohl besser sagen, dass ich eine verantwortungsbewusste, alleinerziehende Mutter einer Tochter bin und mich nicht von Männern in Bars aufreißen lasse. Ich gehe nicht einmal in Bars.“

Patrick lächelte. Also war sie ledig. „Würden Sie mir glauben, wenn ich sage, dass ich das auch nicht tue?“

Miranda schüttelte den Kopf. „Nein.“ Er wirkte so, als würde er öfter in Bars abhängen. Und nie allein nach Hause gehen.

Gespielt verletzt seufzte er. „Traurig, aber wahr.“

Und das glaubte sie ihm sogar. „Und wie kommt es, dass Sie jetzt hier sind?“

„Ich konnte nicht schlafen.“ Sein Drink wurde gebracht, und er erhob das Glas. „Auf die Schlaflosigkeit.“

„Darauf trinke ich.“ Miranda stieß mit ihm an und nippte an ihrem Shiraz, während sie über den Rand ihres Glases beobachtete, wie er die bernsteinfarbene Flüssigkeit schluckte.

Patrick spürte das Brennen bis in seinen Magen. Dann stellte er sein Glas auf der Bar ab und wandte sich ihr zu. Aus der Nähe waren ihre dunkelgrünen Augen und ihr herzförmiges Gesicht ohne Falten oder Make-up sogar noch anziehender.

Sie gefiel ihm. Aber noch mehr wollte er sich mit ihr unterhalten.

Das tat doch niemandem weh, oder?

„Wo ist Ihre Tochter heute Abend? Lola, stimmt’s?“

Er beobachtete, wie sie mit dem Stiel ihres Weinglases spielte.

„Auf ihrer ersten Pyjamaparty. Darum habe ich auch Pinky. Lola wollte ihr Lieblingskuscheltier nicht mitnehmen, weil sie jetzt ein großes Mädchen ist, aber Pinky sollte auch nicht ganz allein zu Hause sein, also … habe ich ihn.“ Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert. „Die Logik einer Vierjährigen ist wirklich schwer zu erklären.“

Das wusste Patrick nur zu gut. Er zog seinen Ärmel etwas höher, um das Armband aus gefärbten Makkaroni zu zeigen, das Ruby ihm gebastelt hatte. „Das kenne ich nur zu gut.“

Ungläubig blinzelte Miranda bei den grellen Farben, und bevor sie noch darüber nachdenken konnte, berührte sie vorsichtig die liebevoll gebastelte Kreation. „Oh … wie entzückend.“

In Kombination mit den dunklen Haaren an seinem Handgelenk wirkte es so unglaublich sexy.

Patrick räusperte sich, denn ihre leichte Berührung hatte eine alarmierende Wirkung auf ihn. „Die dazugehörige Kette hat leider die Dusche nicht überlebt. Zum Glück hatte Ruby Verständnis.“

Miranda lachte und sah von seinem Handgelenk auf. Seine Augen waren goldbraun, wie Herbstblätter, und sie musterten sie intensiv. Da bemerkte sie, dass sie ihn noch immer berührte und zog errötend ganz schnell ihre Hand zurück.

„Entschuldigung …“

Patrick schüttelte den Kopf, ihm gefielen ihre geröteten Wangen. „Das muss Ihnen nicht leidtun.“

Als sich ihre Blicke trafen, stockte Miranda der Atem. „Es ist sehr süß, dass Sie das tragen.“

Er zuckte die Schultern. „Ich bin ein süßer Mann.“

Miranda blinzelte und brach den Zauber. Süß … so würde sie ihn nicht gerade beschreiben. Eher sexy, charismatisch, männlich. Süß war zu … passiv für ihn.

Sie nippte an ihrem Wein. „Und Ruby … das ist Ihre Tochter?“

Dankbar, dass Miranda sie auf den Boden zurückholte, nickte Patrick. Er kannte sie kaum und doch hatte sie etwas sehr Hypnotisches an sich. Sie saß kurz vor Mitternacht in Jeans, Sneakern und einem marineblauen Pullover mit V-Ausschnitt in einer Bar – wie Aschenputtel nach dem Ball. Dabei war sie weder laut noch überschwänglich wie die Frauen an einem Tisch am Fenster. Und sie zeigte nicht zu viel Haut oder beugte sich nah zu ihm und flirtete.

Wenn überhaupt, war ihre Reserviertheit interessant. Einerseits errötete sie wie ein junges Mädchen, andererseits saß sie mit der ruhigen Würde einer weitaus reiferen Frau neben ihm.

„Ja.“ Er lächelte, als ihm klar wurde, dass sie auf eine Antwort wartete. „Sie wird im Januar fünf.“

„Oh, Lola auch.“

Patrick erhob sein Glas. „Offensichtlich ein gutes Jahr für Babys.“

Dann zog er seine Geldbörse hervor und zeigte Miranda ein Bild, das er vor einigen Wochen aufgenommen hatte, als Ruby im Garten herumgetobt war und Seifenblasen fangen wollte.

Miranda lächelte beim Anblick des lachenden Rotschopfes mit den geröteten Wangen. „Niedlich. Man sieht, warum Sie sie Ruby genannt haben. Kommt sie nach ihrer Mutter?“

Abwesend nickte Patrick. „Sie hat Katies Haare.“

„Katie ist Ihre Frau?“, fragte Miranda beiläufig, obwohl sie plötzlich Angst hatte vor der Antwort. Als er den Kopf schüttelte, brauchte sie Gewissheit. „Sie sind nicht verheiratet?“

Patrick sah auf seine nackte, linke Hand, strich gedankenverloren über die Stelle, wo sein Ehering, den er schon seit beinahe drei Jahren nicht mehr trug, gesessen hatte. „Nicht mehr.“

Erleichtert wäre Miranda beinahe gegen ihn gesunken. Sie spürte die gelegentliche Berührung seines Armes und die Hitze, die von seinem Oberschenkel ausging. Sie hatte vielleicht keine Erfahrung damit, Männer in Bars aufzureißen – das war auch ganz sicher nicht ihre Absicht gewesen, als sie zu diesem Symposium gekommen war –, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es zwischen ihnen einen Unterton gab. Den sie unter normalen Umständen wohl nie erforschen würde. Doch Lola übernachtete bei einer Freundin, und dank der Großzügigkeit ihrer Großmutter verbrachte sie die Nacht in einem eleganten Hotel.

Außerdem fühlte sie sich ungemein hingezogen zu Patrick Costello. Und wenn sie sich nicht arg täuschte, ging es ihm ähnlich.

Sie waren beide erwachsen. Und sie wollte es. Ihr Puls raste bei der Vorstellung, zur Abwechslung einmal etwas Leichtsinniges zu tun.

Schnell trank sie ihr Glas aus. Konnte sie sich eine verrückte Nacht erlauben?

„Möchten Sie noch einen Wein?“, fragte er.

Miranda erwiderte seinen Blick, fühlte ihn über ihr Gesicht schweifen und dann auf ihrem Mund verweilen.

Wäre sie vernünftig, würde sie jetzt gehen.

Aber sie war es so leid, immer vernünftig zu sein. Darum hob sie ihr Kinn und sah direkt in seine goldbraunen Augen. „Ja, bitte.“

Sie unterhielten sich über ihre Kinder, und Miranda konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so gelacht hatte. Patrick unterhielt sie mit lustigen Anekdoten über Rubys Lispeln, und sie erzählte ihm von Bud, Lolas Goldfisch, der regelmäßig starb, meistens nachdem Lola schlafen gegangen war, und dank des örtlichen Tierladens am nächsten Morgen wiederauferstand.

„Das ist kein Witz“, protestierte Miranda, als er ungläubig lachte. „Ich habe Kevin vom Tierladen auf der Kurzwahl.“

In stillschweigender Übereinkunft fragte keiner von ihnen nach persönlichen Dingen, trotzdem erfuhr sie, dass Ruby bei ihm lebte und seine Exfrau eben nicht mehr. Dass er eine Haushaltshilfe hatte, die bei ihm lebte, was sich für Miranda himmlisch anhörte. Ihre Großmutter war wunderbar und eine große Hilfe, aber Miranda war so wild entschlossen gewesen, zu beweisen, dass sie ihr Kind allein großziehen konnte, dass sie sich auf niemanden mehr verließ als absolut nötig.

Trotz ihrer Plauderei hatte Miranda das seltsame Gefühl, dass sie und Patrick etwas nur hinauszögerten. Als wäre es unvermeidbar, seit er die Bar betreten hatte, und sie spürte es immer nachdrücklicher, je mehr Zeit verging. Aber es gefiel ihr, dass er sie nicht eilig in sein Zimmer zog. Es fühlte sich altmodisch an – auf eine moderne Art – und das machte ihn in ihren Augen noch attraktiver.

Doch irgendwann nach Mitternacht gähnte sie schließlich unwillkürlich. „Entschuldigung.“ Sie hielt sich die Hand vor den Mund. „Normalerweise schlafe ich gegen einundzwanzig Uhr tief und fest.“

Er stöhnte. „Beneidenswert. Ich glaube, ich habe nicht mehr richtig geschlafen, seit Ruby auf der Welt ist.“

Patrick hatte es genossen, mit ihr zu sprechen. Ihm gefielen ihre unterhaltsamen Geschichten und ihr Lachen. Es gefiel ihm, wie entspannt er war. Dass sie nicht offensiv flirtete, er aber trotzdem wusste, dass er ihr gefiel. Jede andere Frau hätte ihm wahrscheinlich angeboten, ihm bei seinem Schlafproblem zu helfen, aber Miranda hatte ihn einfach nur verständnisvoll angelächelt.

„Sollen wir gehen?“, fragte er überraschend heiser.

Miranda nickte. „Ja.“

Schweigend gingen sie durch die Bar und die Lobby, sie wechselten nicht ein Wort, während sie auf den Aufzug warteten. Nicht einmal im Aufzug. Obwohl Patrick an der gegenüberliegenden Wand lehnte und sie nicht eine Sekunde aus den Augen ließ. Die Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch, aber sie hielt seinen Blick, ihr Herz raste erwartungsvoll.

Als sich die Aufzugtüren öffneten, fragte er nur: „Zu dir oder zu mir?“

„Zu mir“, erwiderte sie.

Über One-Night-Stands wusste sie nichts, aber sie hatte genug Gerede im Pausenraum gehört, um zu wissen, dass sie am nächsten Morgen nicht aus dem Zimmer schleichen wollte.

Vor der Tür blieb Patrick stehen und drehte sich zu ihr um. „Schlüssel?“

Sie zog die Plastikkarte aus ihrer Tasche und reichte sie ihm. Er griff danach, aber plötzlich nervös geworden wollte Miranda sie nicht hergeben. Er zog eine Augenbraue hoch. „Geht es dir gut?“

„Das … mache ich sonst eigentlich nicht“, murmelte sie.

Patrick lächelte. „Das dachte ich mir.“ Offensichtlich hin- und hergerissen starrte sie die Tür an. „Hilft es, wenn du weißt, dass ich das sonst auch nicht tue?“

Dankbar lächelte sie. „Ja.“

„Wir müssen das nicht tun, Miranda.“

Überrascht blinzelte sie, musterte sein Gesicht. Meinte er das ernst? Doch Patrick schien absolut bereit, Gute Nacht zu sagen und alles so zu lassen, wie es war.

Und morgen wäre er wieder weg, und sie würde ihn nie wiedersehen.

Aber sie würde sich immer fragen, wie es gewesen wäre.

Sie ließ den Schlüssel los. „Ich will es.“

Patrick hielt den Arm ausgestreckt, der Schlüssel zeigte in ihre Richtung. „Bist du sicher, Miranda? Wirklich, wirklich sicher?“

Noch nie war sie sich einer Sache sicherer gewesen. „Mach die verdammte Tür auf, Patrick.“

Da zog er die Karte durch und öffnete die Tür. „Ladies first.“

Als sie an ihm vorbeiging und ihn dabei leicht streifte, zog sich Patricks Magen erwartungsvoll zusammen; sein Puls beschleunigte sich. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss, und dann gab es nur noch ihn und sie. Sie stand vor ihm und sah ihn besitzergreifend an. Sein Körper pulsierte erregt als Reaktion auf ihren Blick.

Er näherte sich ihr, bis sich ihre Körper beinahe berührten. Sie roch nach Seife und Shiraz, eine berauschende Mischung. Er senkte den Kopf, um sie zu küssen, ihren Geschmack auszukosten und langsam ihren Mund, ihren Hals zu erforschen.

Aber ihr leises Stöhnen kostete ihn die Selbstbeherrschung, und er vertiefte den Kuss. Miranda schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn an sich, und bevor er wusste, wie ihm geschah, drängte er sie gegen die Wand.

Ihre Hände tasteten nach dem Saum seines Shirts, und plötzlich hatte sie es ihm ausgezogen. Ihr Pullover folgte, genauso wie ihr BH. Und als sich ihre Brustspitzen unter seinen Daumen aufrichteten, öffnete sie seinen Reißverschluss und umfasste ihn.

Heftig atmend löste er sich von ihr und unterdrückte ein lauteres Stöhnen. „Bett“, bestimmte er und hob sie auf seine Arme, küsste ihren Mund erneut, als er ungefähr in die Richtung steuerte. An der Minibar hielt er an und keuchte: „Kondome.“ Ohne sich von ihm zu lösen, ergriff sie die Dreierpackung, die neben den gesalzenen Nüssen lag.

Nach vier weiteren Schritten erreichte er das Bett und ließ sie auf die Matratze fallen. Zum Glück hatte sie eine gedämpfte Lampe angelassen, sodass er sehen konnte, wie verführerisch ihre Brüste wippten.

Bis zur Hüfte war sie nackt und atmete schwer. Ihre Haare lagen wild ausgebreitet auf dem weißen Bettzeug.

Drei Kondome würden nie und nimmer ausreichen.

2. KAPITEL

Februar

Der Umkleideraum war ungewöhnlich leer an diesem Morgen, als Miranda ihre OP-Kleidung anzog. Noch immer konnte sie kaum fassen, dass sie eine Stelle im St. Benedict ergattert hatte, und atmete glücklich den frischen Duft des Oberteils ein, als sie es sich über den Kopf zog.

Über die letzten Monate hatte sie unheimlich viel gelernt, und heute begann sie die Anästhesierotation. Sie war aufgeregt wie ein kleines Kind. Darauf wollte sie sich einmal spezialisieren.

Miranda zog ihre OP-Clogs an, die ihr zugeteilt worden waren, und nahm sich eine Einweg-OP-Haube von dem Stapel in ihrem Schrank. Sie band sie am Hinterkopf zusammen und war wieder einmal froh, dass sie sich entschlossen hatte, ihre Haare kurz zu schneiden, so musste sie ihre langen Haare nicht irgendwie unter die Haube zwingen.

Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und zwei erfahrene OP-Schwestern kamen herein. „Ich sage dir, er ist so was von heiß“, schwärmte Lilly Martin. „Dieser Mann trägt pinkfarbene OP-Kleidung. Pink! Stell dir das vor. Und sieht trotzdem wie ein Sexgott aus.“

„Aber ist er nicht verheiratet?“, fragte Denise Grady nach und nickte Miranda zu, als sie an ihr vorbeigingen.

„Schon, aber es gibt verheiratet und verheiratet, stimmt’s Miranda?“

Lillys forsche Art schüchterte Miranda etwas ein. Sie war nur ein paar Jahre älter, aber im Vergleich zu ihr fühlte sich Miranda wieder wie eine unbeholfene Siebzehnjährige.

„Keine Ahnung“, murmelte sie, weil sie keinen Streit wollte. Für Miranda bedeutete verheiratet, dass diese Person tabu war.

Dabei verbrachte sie ihre freie Zeit nicht einmal damit, auf die Jagd nach Männern zu gehen, wie Lilly das scheinbar tat. Sie hatte gar keine freie Zeit. Dank Schichtarbeit und ihrer fünfjährigen Tochter war sie absolut ausgelastet.

Bis auf diese eine Nacht.