Die 10 Kompetenzen für Hunde - Kate Kitchenham - E-Book
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Die 10 Kompetenzen für Hunde E-Book

Kate Kitchenham

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Beschreibung

Kluge Hunde sind glückliche, alltagstaugliche und gern gesehene Begleiter. Doch wie wird mein Hund klüger und ausgeglichener und was kann ich als Besitzer dafür tun? Die Hundeexpertin Kate Kitchenham erklärt, wie Hunde lernen und wie man die wichtigen Kompetenzen seines Hundes trainiert. Dazu gehören Offenheit und Gelassenheit, Vertrauen, Zuverlässigkeit, Sozialverträglichkeit, selbstständiges Denken und Grenzen akzeptieren. Bei allen Kompetenzübungen wird erklärt, für welche Hunde sie sich anbieten und was sie im Alltag für positive Folgen für das Zusammenleben haben. Sämtliche Step-by-Step Trainings lassen sich gut in den Alltag integrieren. Sie verbessern Einfühlungsvermögen, Konzentration, Impulskontrolle und Selbstbewusstsein des Hundes und stärken die Bindung im Mensch-Hund-Team.

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Seitenzahl: 289

Veröffentlichungsjahr: 2023

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DER TOLLSTE HUND DER WELT

… das ist (oder wird) euer Hund sowieso sein für euch! Dafür ist es erstmal ganz egal, ob ihr dieses Buch lest oder nicht.

Und das ist gut und genau richtig so! Denn unsere Hunde verzaubern uns. Wir lieben diesen einzigartigen Hund – auch wenn’s mal nicht so gut läuft. Schon morgen haben wir ihm wieder alles verziehen.

Doch hin und wieder ist es gut zu gucken, ob da noch mehr geht. Ob wir vielleicht mehr Freiheit für ihn und Entspannung für uns erreichen könnten, beispielsweise durch einen noch zuverlässigeren Rückruf, mehr Alltagssicherheit und Fröhlichkeit im Umgang miteinander.

Hunde gut auszubilden, bedeutet für mich dabei niemals Kadavergehorsam – oder einen kleinen Roboter an meiner Seite zu haben, der mich (oder das Leckerli in meiner Hand) anhimmelt. Ein kluger Hund zeichnet sich dadurch aus, dass er durch Erziehung und viele eigene Erfahrungen Kompetenzen erwerben konnte, die ihn zuverlässig, eigenständig und gelassen haben werden lassen. Dadurch kann er viele Freiheiten genießen, Hund sein – und mich damit wiederum sehr glücklich machen.

Bei der Ansprache im Text sind alle drei Geschlechter gemeint. Wir nutzen die männliche und die weibliche Form nach dem Zufallsprinzip. Dafür wird das Buch leichter lesbar.

SICH AUFEINANDER-VERLASSEN KÖNNEN

Denn auch ich habe Träume. Ich möchte bei Hunderunden durch die Natur meine Seele baumeln lassen, statt ihm schweißgebadet im Wald hinterher zu stolpern. Ich möchte entspannt in Cafés mit ihm sitzen, gemeinsam mit ihm in den Urlaub fahren, ohne mich für ihn schämen zu müssen, weil er fremde Hunde anbellt oder dem Kellner vor die Füße rennt. Voraussetzung dafür, dass sich meine und seine Hundeträume gleichermaßen erfüllen, ist, dass wir uns aufeinander verlassen können – unser Hund sich auf uns, und wir uns auf unsere Hunde.

Mit Hunden und Menschen ist es ein Geben und Nehmen, wie in allen anderen gut funktionierenden Beziehungen auch. Kein Hund liebt bedingungslos, genauso wenig wie wir. Hunde können nur nicht ihre Koffer packen und uns verlassen. Aber trotzdem haben sie Bedürfnisse und nur wir sind dafür verantwortlich, dass sie erfüllt werden können. Und je besser sie erfüllt werden, desto inniger, tiefer, wertvoller, selbstverständlicher kann Bindung werden. Auch zu diesem Zweck und weil es mehr Spaß macht, mit entspannten, klugen Hunden zu leben, die uns sehr lieben, müssen wir sie dabei unterstützen, die wichtigsten Kompetenzen für ein möglichst freies und entspanntes Hundeleben an unserer Seite erwerben zu können. Das Schöne dabei ist: Je mehr ein Hund kann, desto schneller und freudiger wird er Neues lernen – denn er hat gelernt, gern zu lernen.

In diesem Buch möchte ich zehn Kompetenzen vorstellen, mit denen Hunde ihr riesengroßes soziales und geistiges Potenzial an unserer Seite entfalten können, damit das Zusammenleben für alle Beteiligten erfüllend ist.

Ihr fühlt euch von diesem Gedanken abgeholt? Dann ist es vielleicht doch nicht egal, ob ihr dieses Buch lest oder nicht. Ganz viel Freude und Inspiration – aber auch viel Gelassenheit beim Üben! – wünscht euch dabei

Eure Kate

© Anna Auerbach/Kosmos

Gemeinsan das Leben genießen, Freude aneinander haben – das ist das Ziel!

WAS IST EIN KLUGER HUND?

— Die Kluge-Hund-Faktoren

© Anna Auerbach/Kosmos

WAS MACHT KLUGE HUNDE AUS?

Ist das ein Hund, der Männchen machen, zehn Frisbees in 30 Sekunden fangen oder durch unsere Beine rückwärtslaufen kann? Oder ein Hund, der ständig zu seinem Menschen „schaut“ in der Erwartung, dass dieser ihm sagt, was richtig oder falsch ist? Eher nicht.

Natürlich macht Trickdogging viel Spaß, aber im Alltag sind andere Fähigkeiten gefragt, damit Hunde ein möglichst freies, glückliches Leben führen können. Was also macht so einen „klugen Hund“ aus, von dem wir insgeheim alle träumen?

ER IST SOUVERÄN

Ein kluger Hund ignoriert auf Hundewiesen den kläffenden, unsicheren Halbstarken und geht einfach weiter. Nur wenn der zu frech wird, sagt er ihm kurz und klar Bescheid, um ihm danach eine neue Chance zu bieten, es dieses Mal besser zu machen. Anschließend begrüßt er freundlich die nette, ältere Hundedame von nebenan, ohne sie zu belästigen. Ein kluger Hund durfte viel ausprobieren, auf die Nase fallen, es besser machen lernen – wie man sich freundlich gegenüber anderen verhält, deeskaliert in Konflikten, Grenzen zieht, aber auch Grenzen akzeptiert. Er hat durch diese Selbsterfahrungen ein Gefühl für das Gegenüber entwickelt, kann die Perspektive anderer einnehmen und ihre Motivationen verstehen. Eine Fähigkeit, die auch als „Empathie“ bezeichnet wird und bei sozial lebenden Tierarten die Voraussetzung ist, harmonisch in Gruppen leben und im Team zusammenarbeiten zu können.

ER IST FAIR

Ein gut sozialisierter Hund hat gelernt, im Spiel und in Konflikten fair zu sein, sich zu entschuldigen, sich mit Niederlagen abzufinden und nach Siegen ein Friedensangebot zu senden.

ER FÜHLT SICH SICHER

Auf Kindergeburtstagen zieht er sich zurück, wenn der Lärm ihn nervt, denn er weiß, dass er auf seinem Rückzugsort garantiert seine Ruhe haben wird. Ein kluger Hund trägt viel Vertrauen in uns in sich, dass wir notfalls da sind und Situationen für ihn regeln.

ER IST SELBSTÄNDIG

Gleichzeitig hat er lernen dürfen, selbst zu handeln, kann eigenständig Entscheidungen für soziale oder stressige Situationen fällen, ohne ständig bei uns nachzufragen, ob das okay ist, was er gerade macht. Dadurch ist er nicht zur Hilflosigkeit erzogen worden, sondern im Gegenteil handlungsfähig, autark geworden. Sowohl was die Kommunikation mit Artgenossen als auch die Bewältigung von geistigen Herausforderungen anbelangt, denen er sich mit Beharrlichkeit widmet.

ER IST ERFAHREN

Ein kluger Hund ist weltgewandt. Er kann überall entspannt dabei sein, egal ob im Restaurant, bei Omas 80. Geburtstag oder im ICE auf der Fahrt von Köln nach München, weil ihm das in kleinen Schritten mit viel Gelassenheit beigebracht wurde.

WIR KÖNNEN UNS AUF IHN VERLASSEN

Selbst dann, wenn wir mal unpopuläre Entscheidungen fällen. Unser Rüde muss leider bei uns bleiben, auch wenn ihm auf der anderen Straßenseite eine läufige Hündin verführerisch zuzwinkert. Wir gehen an anderen Hunden vorbei, wenn wir „Weitergehen!“ sagen, und auf Entfernung setzt sich unser Traumhund ab, wenn wir auf eine schlecht einzusehende Kreuzung im Park treffen. Der Hund unserer kühnsten Träume wartet an Bordsteinkanten, bis wir ihn freigeben, geht an die Seite, wenn uns ein ängstlicher Jogger entgegenkommt („An die Seite!“) und bleibt im Wald immer auf dem Weg („Raus da!“). Er kann sich gut kontrollieren, weil wir das von Anfang an intensiv, aber immer mit viel Spaß geübt haben. Deshalb findet er zwar nicht jede unserer Entscheidungen toll, die ihn direkt betreffen. Aber es fällt ihm nicht sehr schwer, darauf zu reagieren, weil er es in kleinen Schritten lernen durfte. Und weil er im Gegenzug für so viel Zuverlässigkeit viel Freiheit und Spaß im Leben hat.

Begleitet durch unsere einfühlsame Anleitung hat dieser kluge Hund viele Kompetenzen erwerben können, die ihm ein abwechslungsreiches, maximal freies Leben an unserer Seite ermöglichen.

Doch bevor wir zum Kompetenzen-Training kommen, ist es wichtig, fünf Faktoren zu kennen, die potenziell klugen Hunden den Weg bereiten. Diese Faktoren sind in der Umwelt zu finden, die den Hund beim Aufwachsen beeinflussen, und die dazu führen können, dass Hunde ein offenes und gelassenes Naturell entwickeln. Natürlich wird nicht jeder Hund einen optimalen Start erleben. Doch auch wenn nicht alle Voraussetzungen ideal waren, vieles können wir noch nachträglich üben. Genau dafür habt ihr euch schließlich dieses Buch gekauft! Die folgenden Faktoren sind aber ideale Wegbereiter für einen klugen Hund an eurer Seite, damit ihr mit ihm erfolgreich ins Kompetenzen-Training einsteigen könnt.

© Anna Auerbach/Kosmos

Zuverlässigkeit hat viel damit zu tun, ob man Frustrationserlebnisse aushalten lernen durfte.

1. KLUGER-HUND-FAKTOR: EINE GUTE KINDERSTUBE

Wer schon einmal bei einem richtig guten Züchter zu Besuch war, wird die berührenden Bilder nicht mehr vergessen. Dort lebt nicht nur eine Hündin allein mit einem Haufen Welpen, sondern eine Gruppe Hunde unterschiedlichen Alters teilt sich die Aufzucht des Wurfes.

Im Haus herrscht Fröhlichkeit und das Leben läuft seinen normalen Gang. Die Welpen werden von den älteren Hundemitgliedern mit erzogen, die Mutter hat nach den anstrengenden ersten Wochen der intensiven Fürsorge für ihre Kinder jetzt etwas Pause und kann sich von Woche zu Woche mehr zurückziehen und entspannen. Die Welpen wurden von ihr in den ersten drei Wochen sehr intensiv umsorgt, viel geleckt und gewärmt. Denn die Anzahl an Stunden, die eine Hündin mit ihren Welpen verbringt, und die Zeit, die sie in die zärtliche Fürsorge investiert, haben einen direkten Einfluss auf das endokrine System der Welpen, also die Aktivierung vieler Botenstoff-Rezeptoren im Gehirn, die für schnelles Lernen und eine positive Haltung dem Leben gegenüber wichtig sind. In Schweden hat eine Forschergruppe Kameras in den Wurfplätzen installiert, die Dauer festgehalten und die Intensität dokumentiert, die Schäferhündinnen die ersten drei Lebenswochen in die Pflege ihres Nachwuchses investierten. 18 Monate später wurden die ehemaligen Welpen in Eignungstests für ihre Tauglichkeit als Diensthund beim Militär überprüft. Gleichzeitig wurde von den Forschern geschaut, ob die Intensität der frühen Fürsorge durch die Mutter einen Einfluss auf die erreichte Punktezahl haben könnte. Und tatsächlich erreichten die Welpen, die in diesen ersten drei Lebenswochen mehr Zeit und Zärtlichkeit von ihren Müttern erfahren hatten, bessere Testergebnisse in den Kategorien „körperliche Einsatzbereitschaft der Hunde“, „Bereitschaft, sich mit ihrem Hundehalter zu beschäftigen und sozial auszutauschen“ und „Kontrollierbarkeit des Aggressionsverhaltens“ (Foyer et al., 2014 & 2016).

© Anna Auerbach/Archiv

Fürsorgeverhalten von Mutterhündin und Züchter ist essentiell wichtig für die Gehirnentwicklung.

DIE HUNDEGRUPPE UNTERSTÜTZT

Doch der Einfluss von sozialer Interaktion auf die Gehirnentwicklung hört mit drei Wochen nicht auf. Deshalb ist es so wichtig, dass die Hündin in dem Moment, in dem die Welpen beginnen, die Welt außerhalb der Wurfbox zu erobern, jetzt Unterstützung vom Rest der Hundegruppe erfährt. Eine entspannte Mutterhündin spielt und säugt natürlich noch bis meist zur siebten Lebenswoche weiter, aber die Sozialisation kann sie sich dann mit anderen vierbeinigen Pädagogen teilen. Diese sind nicht nur sehr zärtlich mit den jungen Hunden, liegen mit ihnen auf dem Boden, kuscheln körperlich – die Zärtlichkeiten gehen in erste Spiele über, die nicht nur ebenfalls körperlich sehr innig sind – parallel wird hierbei viel Oxytocin ausgeschüttet, das wiederum die vorhandenen Oxytocin-Rezeptoren im Gehirn aktiviert und die jungen Weltentdecker auf Offenheit programmiert (siehe 1. Kompetenz).

ERSTE GRENZEN ZIEHEN

Bei kleinen Grenzüberschreitungen während dieser Kuschelphasen und Rangeleien der Jungspunde werden ganz nebenbei erste Grenzen ausgetestet, vom Gegenüber klar gezogen und Ruherituale etabliert. So muss ein Welpe, der überdreht, einmal kurz stillliegen und sich geruchlich vom Onkel oder der Tante kontrollieren lassen. Aus seinem Überschwang, in dem viel Dopamin in seinen Blutkreislauf ausgeschüttet wurde, muss er sich kurz beherrschen und stillliegen lernen. Das erfolgt ganz sanft und sieht gar nicht gefährlich aus – die Welpen scheinen dies sogar zu genießen. Aber in diesem Moment des Stillhaltens wird neben einer Prise Cortisol vor allen Dingen Serotonin aktiviert, ein Botenstoff, der für die Fähigkeit zur Impulskontrolle zuständig ist. So kann ein überdrehtes Spiel oder gar Mobbing einzelner Welpen durch Geschwister gar nicht erst entstehen oder wird sofort von den „Erziehungsberechtigten“ unterbrochen. Der Persönlichkeitsfaktor „Geselligkeit“ und die „Soziabilität“ des einzelnen Hundes wird in diesen Lebenswochen ausgebildet – und in dieser Hundefamilie entsprechend breit angelegt. Denn eine Züchterin und Mutterhündin, die auf so eine „Familiengruppe“ zurückgreifen kann, kann sich nicht nur mehr entspannen, sondern wird den neuen Hundehaltern Welpen anvertrauen, die in ihren ersten zehn Lebenswochen bei ihr oder ihm optimal sozialisiert und auf eine sehr positive Haltung Artgenossen und dem Leben gegenüber „programmiert“ wurden.

© Anna Auerbach/Archiv

Ideal sind mehrere Hunde vor Ort, die mit den Welpen zärtlich und erzieherisch interagieren.

2. KLUGER-HUND-FAKTOR: REZEPTOREN & AKTIVIERUNG

Welpen schlafen in den ersten Lebenswochen viel, doch in ihren kleinen Gehirnen finden schon jetzt wichtige Vernetzungen von Nervenzellen und die Aktivierung von Botenstoff-Rezeptoren im Gehirn statt, wie wir eben sehen konnten. Die gute Kinderstube ist also wahnsinnig wichtig, um das Potenzial zum hochsozialen, klugen Hund, das in jedem Welpen schlummert, aktivieren zu können.

Das Belecken, Beknabbern und das körperliche Interagieren durch die Mutter, mit den Geschwistern und anderen älteren Hunden vor Ort sorgt dafür, dass vorhandene Botenstoff-Rezeptoren im Gehirn aktiviert werden und so vom Hund wunderbare Gefühle wie Liebe, Zusammengehörigkeit und Erfolgserlebnisse verstärkt erlebt werden können. Dafür sind natürlich auch die Menschen vor Ort verantwortlich, die durch gezieltes, liebevolles Anfassen, Kuscheln und der Konfrontation mit altersgemäßen Spielsachen und Herausforderungen dafür sorgen, das Gehirn ebenfalls zu stimulieren. Die Effekte, die gute Züchter dabei erzielen können, sind enorm. So konnte beispielsweise eine italienische Studie zeigen, dass so fachkundig und liebevoll aufgezogene Welpen in merkwürdigen Situationen deutlich aufgeschlossener, mutiger und weniger gestresst waren, als Hundekinder, die in ihren ersten Lebenswochen in einem Zwinger außerhalb des Hauses gelebt und weniger Aufmerksamkeit, Nähe und Input von Menschen erfahren hatten (Gazzano et al., 2008).

EINFLUSS DER GENE

Doch nicht nur das fürsorgliche Hunde- und Menschenumfeld macht kleine Hunde zu lernbegeisterten Entdeckertypen. Auch Gene spielen eine wichtige Rolle dabei, was mit Freude und was eher ungern gelernt wird. Neue genetische Untersuchungen lassen vermuten, dass es tatsächlich bei den vielen Rassen unterschiedliche Schwerpunkte in der Anzahl der Rezeptoren für bestimmte Botenstoffe gibt (Gnanadesikan et al., 2020; Hejjas et al., 2007; Hori et al., 2013; Wan et al., 2013). So wird vermutet, dass es zum Beispiel eine unterschiedliche Vielgestaltigkeit für Dopamin-Rezeptorgene gibt, die dafür sorgt, dass manche Rassen sehr leicht erregbar sind und andere sich eher durch eine stoische Ruhe auszeichnen. Natürlich hat die Selektion bestimmter Eigenschaften, die zum Hüten großer Schafherden und Kommunikation mit dem Menschen auch auf weite Distanzen, zur engen Kooperation bei der Verbrecherjagd oder dem größenwahnsinnigen Jagen von Füchsen in Bauten untertage dazu geführt, dass Hunderassen nicht nur sehr unterschiedlich aussehen, sondern sich auch oft ziemlich unterschiedlich verhalten. Ein Pyrenäenberghund braucht keine ausgefeilte Kommunikation mit dem Schäfer auszubilden – ihm reicht eine innige Beziehung zu seinem Menschen und die Gegenwart einiger Hundekumpels und idealerweise eine Herde Schafe und Ziegen, die er im Ernstfall beschützen kann. Er soll sie aber nicht hektisch jagen, sondern zufrieden sein, mit ihnen zu ziehen und viel zu ruhen, um bei echter Gefahr innerhalb von Sekunden präsent und verteidigungsbereit zu sein.

© Anna Auerbach/Kosmos

Hunde sehen nicht nur sehr unterschiedlich aus, sondern haben auch rassetypisch verschiedene Talente.

VERSCHIEDENE BOTENSTOFFSYSTEME

Dieses sehr unterschiedliche Wesen spiegelt sich in den Genen und sorgt dafür, dass Malinois, Australian Kelpies oder Jack Russell Terrier sehr schnell auf Reize reagieren oder neue Dinge lernen – sich aber auch sehr schnell in etwas hineinsteigern, Süchte oder stereotype Verhaltensweisen entwickeln, wenn man sie nicht oder falsch „auslastet“. Oder auch sehr schnell die falschen Dinge lernen, die sich dann auch noch verdammt schnell etablieren und sehr schwer wieder abzugewöhnen sind. Schuld ist hier das Dopamin, die sogenannte „Lerndroge“, die bei Erfolgserlebnissen ausgeschüttet wird und von der man immer mehr haben möchte, weil sich das so gut anfühlt. Es sei denn, man ist ein Bernhardiner, dann braucht man sehr geschickte Lehrer, die einen motivieren können, viele tolle Tricks zu lernen. Sein Botenstoffsystem ist einfach auf eine andere Nische programmiert. Diese Unterschiede bedeuten nicht, dass manche Rassen klüger sind als andere. Sie sollten uns nur dazu ermahnen, genau hinzugucken, was unseren individuellen Hunden tatsächlich Spaß machen wird zu lernen und was wir getrost vergessen können. Dann kann so manchem Herdenschutzhundehalter viel Enttäuschung und Stress beim Dummytraining erspart bleiben. Und das Wissen um die durch starke Präsenz von Dopaminrezeptoren im Gehirn vorhandene leichte Erregbarkeit anderer Rassen kann dazu beitragen, zu verhindern, dass Hunde zu unkontrollierbaren Jägern oder traurigen Balljunkies werden.

3. KLUGER-HUND-FAKTOR: SICHERHEIT & ORIENTIERUNG

Die Welt entdecken können Hunde am besten mit Menschen an ihrer Seite, auf die sie sich verlassen können. Genau wie kleine Kinder brauchen Hunde einen „sicheren Hafen“, zu dem sie immer zurückkommen und Mut auftanken können, wenn die Welt zu aufregend ist. Und eine „sichere Basis“, weil sie gelernt haben, dass wir immer da sind und sie auf unsere Unterstützung zählen können.

© Anna Auerbach/Kosmos

So konnte eine Studie zeigen, dass der Schlaf von Hunden tiefer und erholsamer zu sein scheint, wenn die Besitzer vor Ort sind (Carreiro et al., 2022). Die Präsenz ihrer Bindungspartner macht Hunde sicherer und sie können Probleme besser lösen – ein Ergebnis, dass auch Entwicklungspsychologen mit kleinen Kindern in vergleichbaren Versuchssituationen gewinnen konnten (Horn et al., 2013). Spannend sind hierbei die Erkenntnisse von Studien aus Wien unter Leitung von Iris Schöberl, die einen Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit des Menschen und der Persönlichkeitsentwicklung von Hunden, speziell in Bezug auf das Management von Stresssituationen, finden konnte (Schöberl et al., 2017, 2016, 2012). Sie hat in ihren vielschichtigen Studien zum Beispiel nicht nur bei Hunden, sondern auch bei Menschen die Cortisolwerte in den sogenannten „Strange Situation Tests“ gemessen. Hier befinden sich Mensch und Hund meist in einem fremden Raum, in dem sie auf einen sehr merkwürdig angezogenen und agierenden Menschen treffen. Das spannende Ergebnis: Die Cortisolwerte glichen sich bei den Hund-Mensch-Paaren. Waren die Menschen stressresistenter, waren es auch die Hunde. Und umgekehrt hatten Menschen mit anhaltend hoher Cortisol-Ausschüttung auch Hunde mit entsprechenden Werten. Besonders spannend war hier auch die Analyse der Cortisol-Varianz. Die Cortisol-Varianz macht deutlich, wie schnell sich ein Individuum von einem Schreck oder Stressmoment wieder erholen kann und ist damit ein guter Indikator für eine hohe Resilienz, also psychische Belastbarkeit. Auch diese Cortisol-Varianz hatte sich zwischen den jeweiligen Mensch-Hund-Teams angeglichen! Das zeigt, welche große Bedeutung wir als Vorbild für unseren Hund gerade in aufregenden Momenten des Lebens haben können. Wenn wir uns mit unserem jungen oder Tierschutzhund an aufregenden, lauten, reizstarken Orten aufhalten, sollten wir deshalb nicht nur die Belastung für den eigenen Hund gut einschätzen und erträglich gestalten, sondern auch die Stimmungsübertragung immer gut im Blick haben.

4. KLUGER-HUND-FAKTOR: VIEL SPIELEN UND ERLEBEN

Natürlich müssen wir mal streng sein, aber am allerbesten können Hunde neue Fähigkeiten erwerben, wenn Lernen in einem entspannten Rahmen stattfindet und mit positiven Gefühlen verknüpft wird. Deshalb erobern viele junge Tiere, inklusive uns Menschen, sich und die Welt spielerisch.

© Anna Auerbach/Kosmos

Ausgelassenes Spiel mit Gleichaltrigen ist wichtig für die geistige und psychische Entwicklung.

Wir durchspielen das Leben in aller Vielfalt, bevor es ernst wird, als Kinder „Kaufmannsladen“ und „Mutter-Vater-Kind“, als Hunde „Jagen, Erlegen, Sex haben und Kämpfen“. Alle Fähigkeiten, die wir als Spezies später für ein erfolgreiches Überleben in der Welt brauchen, trainieren wir dabei ganz heimlich, nebenbei und spielerisch. Nicht nur die motorischen Fähigkeiten, denn wir werden immer geschickter im Kampfspiel, können Höhen, Entfernungen, Geschwindigkeiten besser einschätzen und immer schneller auf Reize reagieren. Aber auch die sozialen Fähigkeiten werden trainiert, denn wir können immer schneller verstehen, was ein Gegenüber von uns möchte, was seine Intention, ihr Interesse ist und wie sie oder er als Persönlichkeit so tickt – wir werden sozial flexibler, also „fit fürs Leben“. Deshalb ist es so wichtig, unseren Hunden die Möglichkeit zum spielerischen Erkunden der Welt zu bieten. Das erfordert viel Interaktion oder Erleben unterschiedlichster Herausforderungen wie Bahnfahren, Familienfeiern, Erkundungstouren mit uns zusammen oder der Aufbau von Freundschaften sowie der Austausch von Informationen mit gut sozialisierten Artgenossen.

Ein reicher Erfahrungshorizont macht Hunde selbstsicher, weil sie viel erlebt haben und darauf in den unterschiedlich herausfordernden Situationen des Lebens zurückgreifen können – sie werden handlungsfähig, sind alles andere als hilflos. Wir sollten unseren Hunden also einen sicheren Freiraum bieten, innerhalb dessen sie bei all den Alltagsaktivitäten ihre eigenen Erfahrungen sammeln dürfen. Hunde müssen die Gelegenheit bekommen, auszuprobieren, mit welchen Strategien sie im sozialen Miteinander mit Artgenossen Erfolg haben – auch das natürlich unter unserer aufmerksamen Aufsicht, sollte sich unser Hund zum Raufbold oder Opfer entwickeln (siehe hier). Parallel

zu dem Erfahrungsreichtum sorgt eine fröhliche spielerische Interaktion mit uns dazu, dass Hunde die Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen, irgendwann ohne Schleppleine laufen zu dürfen: ein sicheres Kommen und Bleiben sowie Aus-Geben (siehe ab hier). Deshalb sollten wir fröhliche Interaktion unbedingt nutzen, um Lernstoff fest und freudig zu etablieren.

© Anna Auerbach/Kosmos

Im fröhlichen Spiel lernen auch Mensch und Hund sich besser kennen und einschätzen.

© Anna Auerbach/Kosmos

Zerrspiele auf Augenhöhe und …

© Anna Auerbach/Kosmos

… kleine Herausforderungen sind Bindungs-Booster!

5. KLUGER-HUND-FAKTOR: HÖHERE BILDUNG

Nicht nur ein tolles Elternhaus, ein großer Erfahrungshorizont, ein guter Grundgehorsam und eine wunderbare Bindung an uns macht Hunde klug und frei. Sie werden noch gelassener und glücklicher, wenn sie eine Aufgabe von uns bekommen, die über den Erwerb von Grundkompetenzen wie Sitz, Platz, Fuß und Bleib hinausgeht.

© Anna Auerbach/Kosmos

Beobachten, Erinnern, Suchen, Finden – diese Fähigkeiten kann man fördern!

Wie genau diese Aufgabe aussehen kann, ist individuell sehr unterschiedlich. Die verschiedenen Rassen, Mischlinge und Persönlichkeiten bringen ihre eigenen Vorlieben und Talente mit. Es liegt an uns, das perfekte „Hobby“ oder auch einen richtigen „Job“ für unsere Teamplayer auf vier Pfoten zu finden. Ganz ähnlich wie bei uns Menschen verschafft das „Können“ verschiedener Handlungen sowie die erfolgreiche Bewältigung von Herausforderungen ein großes inneres Zufriedenheitsgefühl. Besonders wenn Hunde für ihre großartige Leistung Anerkennung erfahren, also großen Applaus bekommen von uns. Oder wenn sie diese Aufgaben zusammen mit uns gelöst haben – denn gemeinsame Erfolgserlebnisse verbinden und schweißen uns noch fester zusammen. Endorphine, Oxytocin und Dopamin kreisen durchs Blut und sorgen für ein starkes Glücks- und Zufriedenheitsgefühl. So waren Hunde mit einer „höheren Ausbildung“, wie Such- oder Rettungshunde, allgemein ausgeglichener als Familienhunde (Hare et al., 2018). Sie reagierten weniger „furchtsam“ oder gar „aggressiv“ auf unbekannte Objekte, fremde Artgenossen oder Menschen, aber lernten schneller neue Dinge. Auch die Problemlösefähigkeit scheint mit dem Grad der Ausbildung zusammenzuhängen. So wurde die „Hartnäckigkeit“ beim Finden der Lösung eines Problems von Familien-, Assistenz- und Therapiebegleithunden verglichen (insgesamt 90 Hunde nahmen teil). Familien- und Therapiebegleithunde schauten dabei am meisten zum Menschen, wahrscheinlich um sich Hilfe zu erhoffen. Hunde mit höherer Ausbildung zeigten die größte Hartnäckigkeit bei der Lösung des Problems. Ein vielfältiges Training kann also die Ausgeglichenheit im Alltag, aber auch Problemlösefähigkeit steigern.

Und noch ein Studienergebnis sollte uns dazu motivieren, unseren Hunden zumindest ein Hobby zukommen zu lassen. Im „Senior Dog Project“ der Universität Budapest konnten die Forscher einen Zusammenhang zwischen einer höheren Aufmerksamkeitsspanne bei alten Hunden und lebenslangem Training finden (Chapagain et al., 2017). Das bedeutet, dass unsere Hunde wahrscheinlich auch länger geistig fit bleiben können, wenn sie ihr Gehirn ihr Leben lang einsetzen und seine Funktionalität dadurch am Leben erhalten dürfen. Noch ein sehr guter Grund, ein Hundeleben lang mit ihnen Abenteuer zu suchen und gemeinsam Neues zu lernen.

© Annika Ridder/Kosmos

Gerüche differenzieren und sich lange konzentrieren können, wie z. B. beim Mantrailing, …

© Annika Ridder/Kosmos

… sind Fähigkeiten, die man als Hund immer weiter verbessern kann.

WIE HUNDE LERNEN

— Gehirn, Botenstoffe, Erinnerungsvermögen

© Anna Auerbach/Kosmos

HUNDE SIND SOZIALE LERNTIERE

Hunde sind hochsoziale Lerntiere, die mit dem Potenzial geboren werden, nicht nur das Verhalten ihrer Artgenossen, sondern auch unsere Körpersprache und sogar viele Wörter lernen zu können.

ARTEN DES LERNENS

SOZIALES LERNEN

Ausgestattet mit dieser Fähigkeit zur feinen Beobachtungsgabe kommen sie in unsere Welt und nehmen mit ihren Sinnen alle Eindrücke wahr und verarbeiten sie mit einem Gehirn, das ganz ähnlich wie unseres funktioniert. Durch dieses Aufsaugen an Eindrücken aus ihrer Umgebung entwickeln Hunde ihr Welt-, Menschen- und Artgenossen-Bild. Hunde haben dementsprechend eine ganze Menge zu lernen, um an unserer Seite, unter Hunden sowie in dieser Gesellschaft gut und glücklich leben zu können. Wir können sie dabei sehr unterstützen – indem wir uns als Vorbilder verhalten und ihnen viele gute Erlebnisse ermöglichen, um sinnvolle Erfahrungen sammeln zu können. Denn Hunde brauchen den direkten Austausch mit uns, mit Artgenossen und der restlichen Welt, um lernen zu können, wie Leben geht. Andere Lebewesen zu beobachten, ihre Reaktionen zu testen und sich die Welt spielerisch zu erobern, hilft ihnen zu verstehen, was lohnenswertes und weniger lohnenswertes oder angebrachtes Verhalten ist, um all das soziale und geistige Potenzial, das in ihnen schlummert, auch entfalten zu können. Diese Form des Lernens nennen Verhaltensbiologen deshalb das „Soziale Lernen“.

© Anna Auerbach/Kosmos

Welpen lernen schnell Wörter und Signale.

LERNEN DURCH BEOBACHTEN

Wenn Welpen beim Züchter groß werden, dann lernen sie durch die Beobachtung ihrer Mutter oder anderer erwachsener Hunde, wie man sich mit Menschen oder unter Artgenossen benehmen kann. Die „Großen“ fungieren als Vorbilder, an denen sich die „Kleinen“ orientieren und das Verhalten abgucken. Auch Menschen sind für Hunde solche Vorbilder, an denen sie sich schon mit acht Wochen orientieren, zum Beispiel in merkwürdigen Situationen, und sich an unsere Reaktionen angepasst verhalten (Fugazza et al., 2018). Im Laufe des Hundelebens können wir diese Fähigkeit zum feinen Hinschauen immer weiter ausbauen, indem Hunde uns zum Beispiel immer länger beobachten müssen, wo wir entlanggehen, oder wenn wir verschwinden und ohne ein Spielzeug wieder auftauchen. Dann müssen sie aus ihrer Beobachtung den Schluss ziehen, wo sich das verschwundene Objekt befinden könnte – und können es dadurch immer schneller finden (siehe ab hier).

MODEL RIVAL

Hier beobachtet ein „Lehrling“ einen anderen Hund, der etwas gut kann, bei einer Aktion. Interessant wird es für den Lehrling in dem Moment, in dem das „Vorführ-Modell“ für seine Arbeit von uns Menschen gelobt wird. Das weckt in Hunden den „Rivalitätsgedanken“ – sehr viele Hunde wollen auch eine Belohnung und bemühen sich, dem „Rivalen“ nachzueifern. Wenn man mit „Modellhunden“ arbeitet, kann man auf diese Weise mit Lehrlingen häufig viele einzelne, kleine Trainingsschritte überspringen oder motivieren, die Handlungen überhaupt vollführen zu wollen. Mit dieser Methode wurde zum Beispiel Hunden beigebracht, bis zu acht Minuten regungslos im MRT (Magnetresonanztomographen) zu liegen, ohne dabei gestresst zu sein. Sie hatten durch das Beobachten ihrer „Vorführhunde“ eine hohe Eigenmotivation entwickelt und konnten von der ungarischen Forscherin Martha Gacsi relativ schnell dazu gebracht werden, ebenfalls in dem merkwürdigen Gerät still zu liegen. So konnte Martha ihre Gehirne bei der Verarbeitung von Reizen beobachten und viele spannende Erkenntnisse gewinnen.

DO AS I DO

So heißt eine Trainingsmethode, bei der Hunde lernen, eine von uns vorgemachte Handlung zu wiederholen. Sie geht auf die Fähigkeit der Beobachtung zurück: Unsere Handlungen genau im Blick zu behalten, liegt vielen Hunden im Blut. So gibt es Individuen, die irgendwann anfangen, Türen zu öffnen, indem sie die Türklinke herunterdrücken – weil sie es bei uns so oft gesehen haben, versuchen sie es selbst – bei Erfolg wird die Handlung wiederholt und kann sich als neue Fähigkeit etablieren.

TRY AND ERROR

Hunde testen bei ihren Gruppenmitgliedern – also in diesem Fall uns Menschen – sozial aus, was passiert, wenn sie sich so oder so verhalten. Dabei werden sie gerne „frech“, sobald sie sich sicher fühlen – auch um unsere Willensstärke und unsere Gesetze hin und wieder auf dauerhafte Gültigkeit zu überprüfen. Diese kleinen Grenzüberschreitungen und „Versuche“ dienen letztendlich dazu, uns nach dem Weg zu fragen. Wir sind als ihre Erzieher verpflichtet, diese Fragen zu beantworten, Grenzen zu ziehen und Regeln zu etablieren (siehe Kompetenz Nr. 6 „Grenzen akzeptieren“).

© Anna Auerbach/Kosmos

Mimik und Verhalten lesen lernen gehört zum Lehrplan im ersten Jahr.

GEHIRN, INTELLIGENZ UND FÄHIGKEITEN

Um zu verstehen, wie Hunde schnell und gerne lernen, hilft ein kleiner Exkurs in die Neurobiologie. Sie ermöglicht uns einen Einblick in die Wahrnehmungswelt der Hunde und lässt uns erkennen, wie neuer Lernstoff erfolgreich abgespeichert wird.

WIE DAS GEHIRN ARBEITET

All die Eindrücke des Sozialen Lernens müssen Hunde sortieren, gegebenenfalls abspeichern, um später darauf zurückgreifen und im Laufe ihres Lebens (hoffentlich) immer klüger werden zu können.

Denn genau wie bei uns Menschen ist das Gehirn auch bei Hunden der Sitz des Bewusstseins, mit dem er die Welt wahrnimmt. Durch viele neurobiologische Studien wissen wir heute, dass der Grundaufbau des Gehirns bei allen Wirbeltieren gleich ist. Auch bei nichtmenschlichen Tieren sind entsprechende Bereiche des Gehirns für Handlungen und Empfindungen, Steuerungen der Körperfunktionen oder Motorik zuständig und vielfältig miteinander verbunden. Lernprozesse laufen entsprechend ganz ähnlich wie bei uns ab, befeuert oder gehemmt durch die Ausschüttung der gleichen Botenstoffe. Damit wird jedes Erlebnis und jede Erfahrung unseres Hundes dazu beitragen, das Hundegehirn entsprechend zu verändern in seiner Funktionsfähigkeit und Effektivität, Stressresistenz oder -empfindlichkeit.

IN DIE WELT HINEINWACHSEN

Die Verantwortung, die wir mit der Haltung dieser individuellen Hundepersönlichkeit übernommen haben, lautet also nicht weniger, als ihn dabei zu unterstützen, in unsere Welt hineinzuwachsen und ihr mit all den großen und kleinen Herausforderungen des Alltags gewachsen zu sein.

Zur Erinnerung, für Hunde sind das in unserer Umwelt meistens ziemlich hohe Anforderungen. Denn Hunde sollen sich nicht nur angemessen mit all den anderen Artgenossen verhalten können, die ihnen ständig und überall über den Weg laufen. Hunde sollen sich auch in der Öffentlichkeit gut benehmen und nebenbei zu sehr angenehmen Begleitern unseres Lebens werden. Uff!

FREUDE AM LERNEN

Hunde haben ganz schön viel zu lernen und zu leisten! Und dadurch wir. Aber bevor wir vor der Aufgabe erschaudern, die wir uns vorgenommen haben, gibt es eine entscheidende, gute Nachricht: Hunde lernen gerne!

Hunde sind soziale Lerntiere, die – bei den richtigen Voraussetzungen – die Welt mit viel Neugierde und Spielfreude erkunden und sich fröhlich zu eigen machen. Genau dafür lieben wir sie und lachen so gerne über sie. Und genau diese Unbeschwertheit und Freude am Lernen sollten wir in unseren Trainingsplan übernehmen.

FUNKTIONSWEISE DES GEHIRNS

Doch bevor wir mit dem spielerischen Spaß starten, um unsere Hunde immer klüger und fitter fürs Leben zu machen, sollten wir ein bisschen über die Funktionsweise des Hundegehirns und des effektiven Lernens lernen. Warum? Weil es sinnvoll ist, die Welt aus Hundeperspektive zu betrachten – um mit ihnen kommunizieren und im Team viel erarbeiten zu können. Und weil ihr mit ein bisschen Hintergrundwissen gezielt Botenstoffausschüttungen im Gehirn eures Hundes veranlassen oder verhindern könnt. Und damit das Lernen herrlich beflügelt!

HUNDE- UND MENSCHENGEHIRN IM VERGLEICH

Im Vergleich zwischen dem Hunde- und Menschengehirn fällt sofort der Größenunterschied des Großhirns und Riechkolbens ins Auge. Das Großhirn ist unsere Spezialisierung, die Vernetzung der verschiedenen Bereiche ermöglicht uns – zumindest theoretisch – ein besonders abstraktes, reflektiertes Denken und die Fähigkeit zu vielen sozialen Kontakten. Wir können kreativ entscheiden, was in bestimmten Situationen zu tun sein könnte, können mehrere Sprachen lernen oder Wolkenkratzer und leider auch Bomben bauen. Dagegen sind wir stümperhaft in der Analyse von Gerüchen – wir finden etwas eklig oder lecker, jemand ist uns sympathisch oder wir können ihn nicht riechen – für mehr reicht es schon fast nicht. Hunde dagegen leben in einer Geruchswelt, die höchst kompliziert mit ihrer Großhirnrinde vernetzt ist und ihnen dadurch ein Vielfaches mehr an geruchlichen Informationen über ihr Umfeld bietet – eine Sicht auf die Welt, die uns unser Leben lang verschlossen bleiben wird. Sie wissen aufgrund weniger Fußabdrücke, in welche Richtung ein Mensch vor ein paar Tagen gegangen ist, dass die alte Hundeseniorin, die sich heute Morgen am Fliederbusch gelöst hat, sehr krank ist, und dass gleich unsere nette Nachbarin um die nächste Hausecke kommen wird, weil der Wind ihnen schon ihren Geruch entgegenweht. Deshalb fangen sie plötzlich an zu wedeln, während wir uns wundern, was mit dem Hund los ist. Hunde wissen aber nicht nur vor uns, wer gleich zu sehen sein wird, sie sind auch in der Lage, mit hoher Genauigkeit Corona aufgrund von Schweißproben aus unserer Ellenbogenbeuge oder Blasenkrebs aus Atemluft zu diagnostizieren.

© Frieder Krohmer

Die Gehirne von Mensch und Hund haben den gleichen Grundbauplan, aber unterschiedliche Spezialisierungen.

WAS IST INTELLIGENZ?

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Wissenschaft immer weiter davon entfernt, „Intelligenz“ definieren zu wollen. Gehirne diverser Lebewesen können zwar im Aufbau miteinander verglichen werden, aber die Leistungen, die sie erbringen können, sind durch Anpassung an die jeweiligen Lebensräume entstanden.

SPEZIALISTEN

So haben sich Spezialisten geformt, die faszinierende Aufgaben bewältigen können, wie die Schallortung der Fledermäuse und Delfine oder eben die Riechleistungen unserer Hunde, die wir uns in vielen Bereichen zunutze machen. Doch warum halten wir eine Katze für intelligenter als eine Kröte? Die Antwort ist wohl im sozialen Gehirn zu finden, dessen Aufbau uns mehr oder weniger intensiv mit anderen Arten verbindet. Mit dem Grad an sozialem Zusammenhalt und Anzahl von Beziehungspartnern steigt die Größe und Flexibilität des sozialen Gehirns. Dazu kommen Verhaltensweisen, die uns vertraut sind, wie das Säugen eines neugeborenen Tieres durch seine Mutter. Deshalb empfinden die meisten von uns mehr Mitleid und Verbundenheit mit einem Kaninchen als mit einem Flusskrebs. Und das ist wohl auch der Grund, warum viele von uns sich einer Tierart besonders nahe fühlen, die uns in einem Bereich besonders ähnelt: dem Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit zueinander.

BEZIEHUNG ZUM MENSCHEN

Hunde sind tatsächlich einzigartig in ihrer Beziehung zum Menschen. Sie sind nicht nur das älteste Haustier, im Zuge des langen Zusammenlebens hat es parallel entscheidende Veränderungen in der embryonalen Entwicklung und den Stoffwechselprozessen im Gehirn gegeben, die sie dazu befähigen, auf diese innige und effektive Art und Weise mit uns Menschen zusammenleben und -arbeiten zu können, wie sie es tagtäglich tun.

© Anna Auerbach/Kosmos

Rassen sind Spezialisten für bestimmte Aufgaben.

GENETISCHE VERÄNDERUNGEN

Hunde sehen nicht nur anders aus als ihre nächsten Verwandten in der Wildnis, die Wölfe. Zum Glück verhalten sie sich auch anders. Sonst wäre das Zusammenleben mit ihnen wenig erfreulich, für beide Seiten.