Die 5-Elemente-Küche für Einsteiger - Christiane Seifert - E-Book

Die 5-Elemente-Küche für Einsteiger E-Book

Christiane Seifert

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  • Herausgeber: TRIAS
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Rezepte zwischen Yin und Yang. Die Entfernung zwischen China und Deutschland? Gar nicht so weit, wenn es um Ernährung geht... Denn das Grundprinzip der 5-Elemente-Küche begegnet uns unbewusst oft im Alltag: Die heiße Hühnersuppe nach einem durchgefrorenen Winterspaziergang. Oder das leichte Gemüsegericht an einem heißen Sommertag. Dann wird spürbar, dass unser Essen eine enorme Wirkung auf unseren Körper hat. Nahrung heilt, lindert Beschwerden und stärkt unsere Mitte. TCM trifft heimische Küche Diese Ernährungslehre wird in China seit Jahrtausenden bewusst genutzt - und funktioniert auch prima in der deutschen Küche. Wie Sie ein harmonisches Gleichgewicht aus Yin und Yang, also Wasser und Feuer, im Körper herstellen und dabei zu Gesundheit und Wohlgefühl gelangen, erklärt Christiane Seifert anschaulich und unkompliziert. Mit 134 einfachen Rezepten - lassen Sie es sich gut schmecken.

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Seitenzahl: 265

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Hans-Christian Meiser, Christiane Seifert

Die Fünf-Elemente-Küche

Gesund essen nach der chinesischen Ernährungslehre

Vorwort

Die Ernährung nach den Fünf Elementen ist keiner bestimmten Küche zugeordnet. „Auch nicht der chinesischen?“, werden sich viele von Ihnen wundern. Nein – sie basiert jedoch auf den Grundprinzipien der chinesischen Ernährungslehre. Aber wenn man diese genauer studiert, stellt man fest: Sie finden sich auch in jeder anderen traditionellen Esskultur. Denn verständlicherweise haben Rezepte und Zubereitungsmethoden nur dann überlebt, wenn sie für den Menschen gut verträglich waren. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten hat vor allem die Bekömmlichkeit einer Speise darüber entschieden, ob sich ein neues Rezept als Fehlversuch herausstellte oder ob es wert war, weitergegeben und überliefert zu werden.

Würden die Menschen auch heute noch auf ihren Bauch hören, dann wären viele der neuen, in den letzten Jahrzehnten entstandenen Ernährungsgewohnheiten, bei denen es in erster Linie um schnelle Küche mit Fertiggerichten und um Fast Food geht, schon längst wieder verschwunden. Frühstücksmüsli aus rohen Flocken und häufig nicht ausgereiftem, saurem Obst, Bananenquark für Kleinkinder, Salat und Joghurt zu Mittag sowie das „schnelle Essen“ aus der Mikrowelle könnten den Bekömmlichkeitstest bei den meisten Menschen nicht bestehen. Meilenweit entfernt von einem spürbar wohltuenden, kräftigenden Essen, werden diese Gerichte als gesund propagiert und immer wieder verzehrt. Das muss damit zu tun haben, dass wir die Sprache unseres Bauches – in China würde man sagen, unserer Mitte – nicht mehr verstehen und die Anzeichen einer schlechten Nahrungsverwertung nicht zu deuten wissen.

Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Kurz und sehr gut verständlich beschreibt Christiane Seifert die wunderbare Umwandlung von guter Nahrung in Lebenskraft und gibt klare Richtlinien, wie man die Qualität der eigenen Ernährung selbst beurteilen und steigern kann.

Beispielsweise ist es ein Unterschied, ob eine Tomate im August an Sonne und frischer Luft gereift ist, ob sie aus dem Treibhaus stammt oder ob sie von weither angereist ist und zuvor im Dezember unreif geerntet wurde. Wie viel Gaumenfreude und Abwechslung gehen verloren, wenn wir die Schätze der Jahreszeiten verpassen! Der Verlust an Genuss von hoch aromatischen, voll ausgereiften Früchten ist aber noch das Wenigste. Denn der facettenreiche Geschmack ist lediglich der oberflächliche Ausdruck der Lebenskraft und der Vitalstoffe, die in einer an der Sonne langsam gereiften Frucht stecken. Vor allem auf sie haben die Menschen es seit Jahrtausenden bei der Suche nach lebenspendender Nahrung abgesehen.

Mit künstlichen Aromastoffen, Süßstoff und Geschmacksverstärkern wie Glutamat kann die Lebensmittelindustrie, offensichtlich erfolgreich, unseren Geschmackssinn austricksen. Aber keinesfalls unseren Stoffwechsel, der bleibt dabei auf der Strecke. Er hat schließlich die beiden wichtigen Aufgaben, das kostbarste Gut des Menschen – unseren komplexen Organismus mit all seinen körperlichen und geistigen Komponenten – fortwährend zu nähren und zu entgiften. Einerseits sind unsere Verdauungs- und Stoffwechselfunktionen auf die dynamisierende Kraft in Kräutern, Gewürzen, Gemüse und Früchten angewiesen. Andererseits werden sie von Stoffen überfordert, die auf unnatürliche Art biochemisch oder genetisch verändert wurden.

Wir wissen heute, dass der menschliche Stoffwechsel sich nur im Verlauf von vielen Generationen an tief greifende Ernährungsveränderungen gewöhnen kann. Ob er sich jemals an das heutige, „ganz normale“ industriell gefertigte Lebensmittelangebot anpassen kann, ist fraglich, und die durch die aktuelle Fehlernährung verursachten immensen Gesundheitsschäden und Krankenkosten sind seit vielen Jahren in der Bevölkerung bestens bekannt. Daran wird auch die zunehmend forcierte Weiterentwicklung der Lebensmitteltechnologie nichts ändern. Nach über zwei Jahrzehnten Praxis in der Ernährungsberatung bin ich der festen Überzeugung, dass ein hausgemachtes Essen mit guten, natürlichen Zutaten durch nichts zu ersetzen ist.

Deshalb freue ich mich – seit Erscheinen meines Grundlagenbuches über die Ernährung nach den Fünf Elementen (Joy Verlag 1992) – über jedes neue Fünf-Elemente-Kochbuch. Denn die beste Theorie taugt nur so viel, wie sie sich in der Praxis bewährt.

Dieses Buch von meiner Kollegin Christiane Seifert, mit der ich über 10 Jahre lang eng zusammengearbeitet habe, hat für mich einen ganz besonderen Wert. Sie hat nicht nur westliche Medizin in ihrer Heilpraktikerausbildung, chinesische Heilkräuter und Akupunktur in ihrer TCM-Ausbildung gelernt, sondern auch Chemie und Biologie studiert. Dieser Hintergrund befähigt sie, die östlichen und westlichen Sichtweisen auf fruchtbare Weise zusammenzuführen. Mit viel Geschick stellt sie diese komplexen Zusammenhänge leicht verständlich dar. Der theoretische Teil des Buches bringt die Erfahrungen mit der Ernährung nach den Fünf Elementen auf den neuesten Stand und berücksichtigt wichtige neue Erkenntnisse aus der westlichen Ernährungslehre.

Die umfangreiche und kreative Zusammenstellung der Rezepte beruht auf langjähriger praktischer Erfahrung. Aus der Ferne habe ich miterlebt, wie Christiane voller Begeisterung an Kochkursen in Thailand und an Lehrgängen über therapeutisches Kochen in China teilgenommen hat. Wie sie mit der gleichen Begeisterung täglich für sich und ihren Mann kocht, für unser Team bei einer Arbeitssitzung oder bei Feierlichkeiten und für unzählige Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei ihren Kochkursen.

Obwohl wir uns seit Jahren intensiv mit den theoretischen Inhalten unserer Ausbildungslehrgänge in Ernährungsberatung beschäftigen, die wir in Deutschland und der Schweiz mit viel Freude durchführen, weiß ich, dass Christianes Herz für das praktische Kochen schlägt. Aus diesen Gründen war es geradezu unvermeidbar, dass dieses Kochbuch zustande kam, auf das viele unserer Kollegen und Kolleginnen schon gewartet haben.

Ich bin sehr froh, dass dieses nützliche „Werkzeug“ einer guten Küche nun vielen interessierten Menschen zur Verfügung steht. Aber auch uns Ernährungsberatern und Ernährungsberaterinnen wird es die Arbeit sehr erleichtern: Nun können wir einfach denen, die bei uns Rat suchen und alles ganz genau wissen wollen, „Die Fünf-Elemente-Küche für Einsteiger“ in die Hand drücken.

Barbara Temelie

am Zuger See (Schweiz) 2005

PS: Seit der ersten Auflage des Buches im Jahr 2005 – vor dieser überarbeiteten, sehr schön und übersichtlich gestalteten Neufassung – freue ich mich immer wieder über das begeisterte Feedback meiner Ausbildungsteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer zu diesem Praxis- und Rezeptbuch, das zugleich alle nötigen Hintergrundinformationen über die Nahrungsverwertung, die Qualität der Zutaten und die 5-Elemente-Ernährung bereit hält. Selbst Anfänger/Neueinsteiger/Menschen, die erstmals mit der 5-Elemente-Küche zugange sind, finden hier einen leichten Einstieg, um mithilfe von genussvollen, ausgewogenen und bekömmlichen Speisen tagtäglich ihre Vitalität zu stärken und ihre Regenerationsfähigkeit in Bezug auf den guten Schlaf und eine bessere Entspannung zu fördern.

Barbara Temelie, Hamburg 2013

Einleitung

Oft komme ich mir vor wie die Hüterin eines wertvollen Schatzes, der für die Nachwelt bewahrt werden muss. Wenn ich zum Beispiel im Winter ein Glas eingekochte Kirschen als Nachtisch präsentiere und als Kommentar zu hören bekomme: „Das kenne ich von meiner Oma.“ Oder wenn ich eine Hühnersuppe stundenlang köcheln lasse, um ihren Geschmack zu intensivieren, statt wie meine Freundin eine Tüte zu verwenden. Dann kommt mir dieses einfache, für mich selbstverständliche Tun vor wie eine vertraute Pflanze, die selten geworden und nun vom Aussterben bedroht ist; und ich habe das Gefühl, dass ich das wertvolle Wissen weitergeben muss an alle, die die Botschaft von selbst gekochtem, genussreichem Essen heute gerne wieder hören und umsetzen möchten.

Es gibt aber natürlich auch noch weitere Gründe, die mich bewegt haben, dieses Buch zu schreiben. Ich nenne Ihnen an dieser Stelle die zwei wichtigsten:

Häufig geht es mir wie Don Quichotte, der gegen Windmühlen kämpft, weil ich in Ernährungsberatungen und Kursen immer wieder erklären muss, warum Rohkost nicht günstig ist, wenn man sowieso schon friert, und dass nicht alle Vitamine beim Kochen spurlos verschwinden oder warum Fleisch für viele Frauen durchaus sinnvoll sein kann. Diese und andere wichtige Tatsachen aufzuschreiben, zu erklären und die Zusammenhänge zu erläutern, ist mir schon lange ein Bedürfnis. Aufgrund dieses Wissens können Sie als interessierte Leserinnen und Leser selbst entscheiden, was und wie Sie essen sollten, um Ihr Wohlbefinden zu steigern.

Nicht zuletzt haben die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Kochkurse in den letzten zehn Jahren mit ihren positiven Reaktionen auf meine Rezepte wesentlich dazu beigetragen, dass dieses Buch entstanden ist. Bei ihnen allen bedanke ich mich recht herzlich. Ich möchte Sie mit meinen Hinweisen und Rezepten vor allem inspirieren, mehr auf das saisonale und regionale Angebot an Gemüse, Obst und Salat zu achten, um sich den Reichtum des jahreszeitlichen Wechsels auch beim Essen zu erschließen. Damit versorgen Sie Ihren Körper optimal mit dem, was er in den unterschiedlichen Phasen des Jahres wirklich braucht, um sich wohlzufühlen.

Der therapeutische Ansatz aller Rezepte ist die Stärkung der sogenannten Mitte. Dies ist unabhängig von Alter, Geschlecht, Beruf, Konstitution usw. für alle Menschen gleichermaßen wichtig, um innere Ausgeglichenheit und Gesundheit zu erlangen. Sie können diesen Ansatz gerne Wellness für den Bauch nennen. Wenn Sie dabei den Begriff „Bauch“ sehr weit fassen, sodass Darm, Herz, Gefühl und Verstand miteingeschlossen sind, sind Sie auf der richtigen Spur, um die ganzheitliche Sichtweise der Ernährung nach den Fünf Elementen zu verstehen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und wohltuende Erkenntnisse beim Lesen, und insbesondere viel Erfolg beim Nachkochen meiner Rezepte. Meine Mission ist erfüllt, wenn Sie Ihre Lieblingsrezepte finden und so oft kochen, dass Sie das Buch gar nicht mehr brauchen. Wenn Sie kreativ einzelne Zutaten austauschen und die Rezepte nach Ihrem Geschmack, dem Inhalt Ihres Kühlschranks oder den Wünschen Ihrer Gäste mühelos anpassen können, dann bin ich froh.

Christiane Seifert

Harxheim

Valentinstag 2013

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Teil I Die Basics der TCM

1 Die Fünf-Elemente-Ernährung und ihre Grundlagen in der TCM

1.1 Das Konzept des Drei-Erwärmers

1.1.1 Der dreifache Erwärmer

1.1.2 Was schadet dem Verdauungsfeuer?

1.1.3 Wie stärkt man die Mitte?

1.1.4 Kochen mit Feuer – Kochen mit Wasser

1.1.5 Die Nahrungsmittelpyramide

1.2 Das Konzept von Yin und Yang

1.2.1 Saft und Kraft haben

1.2.2 Die thermische Wirkung der Nahrungsmittel

1.2.3 Der Tag-Nacht-Rhythmus

1.2.4 Die Konstitution des Menschen

1.3 Die Fünf Geschmäcker

1.3.1 Die Wirkungen von süß, sauer, salzig, scharf und bitter

1.3.2 Die Nahrungsmitteltabelle

1.3.3 Das Kochen mit den Fünf Elementen

1.3.4 Beweisen Sie guten Geschmack: Essen Sie gesund

2 So macht das Kochen Spaß

2.1 Praktische Helfer in der Küche

2.1.1 Das Vorbereiten der Zutaten

2.1.2 Töpfe und Pfannen

2.1.3 Weitere flotte Helfer

2.1.4 So wird es richtig lecker

2.1.5 Die Grundausstattung an Kräutern und Gewürzen

2.1.6 Gewürzmühlen, Mörser und Reiben

2.1.7 Unraffiniertes Meersalz

2.1.8 Essig und Öl – nicht nur für leckere Salate

2.1.9 Für die süßen Leidenschaften

2.1.10 Soja, Miso, Meeresalgen und andere Exoten

2.2 Einkauf und Vorratshaltung

2.2.1 Haltbares, das Sie immer im Haus haben sollten

2.2.2 Frische Zutaten

2.2.3 Selbst gemachte Vorräte

2.3 Das Kochen im Zyklus

2.4 Und nun ran an den Kochlöffel!

3 Rezepte

3.1 Erläuterungen zu den Rezepten

3.2 Frühstücksrezepte

3.3 Frühlingsrezepte

3.4 

3.5 Herbstrezepte

3.6 Winterrezepte

4 Nahrungsmitteltabellen

4.1 Alphabetische Nahrungsmittelliste

4.2 Nahrungsmitteltabellen

Anhang

Lieferanten, Herstellernachweis, Bezugsquellen

Literatur

Kontaktadressen

Dank

Autorenvorstellung

Sachverzeichnis

Impressum

Teil I Die Basics der TCM

1  Die Fünf-Elemente-Ernährung und ihre Grundlagen in der TCM

2  So macht das Kochen Spaß

3  Rezepte

4  Nahrungsmitteltabellen

Um die Auswahl der Nahrungsmittel, die Zusammenstellung der Speisen und die Wirkung von Kräutern und Gewürzen besser zu verstehen, ist es hilfreich, sich einen Überblick über die Grundprinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zu verschaffen.

1 Die Fünf-Elemente-Ernährung und ihre Grundlagen in der TCM

Die Ernährung nach den Fünf Elementen hat ihre Wurzeln in der chinesischen Ernährungslehre, die zusammen mit Akupunktur, Arzneimitteltherapie, Massagen und Bewegungstraining das Schatzhaus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bildet. Auch wenn die Ursprünge der Fünf-Elemente-Ernährung in China liegen, geht es bei uns nicht darum, exotische Nahrungsmittel oder fremdartige Zutaten zu verwenden. Vielmehr wird das Konzept der chinesischen Medizin dazu genutzt, unsere heimischen Nahrungsmittel und Produkte nach diesem – seit Jahrhunderten bewährten – System zu klassifizieren. Der Einteilung der Nahrungsmittel liegt eine energetische Sicht zugrunde, die zuverlässige Aussagen über die gesundheitliche Wirkung unserer Speisen ermöglicht - jenseits von Kalorienangaben, Vitamin- und Nährstoffgehalten.

Um zu verstehen, warum und wie Nahrungsmittel aufgrund ihres Geschmacks, ihrer thermischen Wirkung und ihres Qi-Gehalts beurteilt werden, muss man sich ein wenig mit den Inhalten der chinesischen Medizin beschäftigen. Dazu werde ich auf den folgenden Seiten einige Grundkonzepte wie zum Beispiel den Drei-Erwärmer und die Vorstellung von Yin und Yang erläutern.

Doch zunächst beschreibe ich kurz, was man unter Qi (oder Chi) versteht. Diesen Begriff haben Sie vermutlich schon häufiger gelesen oder gehört; er bezeichnet ganz allgemein die „universelle Lebensenergie“. Qi ist ein wichtiger und zentraler Aspekt der chinesischen Medizin, ja des fernöstlichen Denkens ganz allgemein. Der Begriff Qi wird oft mit „Energie“ übersetzt, was der Komplexität der dahinterstehenden Bedeutungen – wie sie im chinesischen Denken verankert sind – nur zum Teil gerecht wird. Denn Qi hat sowohl energetische als auch materielle Aspekte. Es gibt allein im menschlichen Organismus schon viele verschiedene Arten von Qi, die unterschiedlichste Funktionen haben. Dabei überwiegt mal der eine, mal der andere Aspekt. So steht der energetische, dynamische Aspekt von Qi im Vordergrund, wenn es seine Aufgaben des Bewegens, Wärmens und Schützens wahrnimmt. Dagegen stellen die Funktionen der Umwandlung, des Nährens und des Bewahrens einen stärker materiellen, substanziellen Aspekt dar.

Um Qi für all die oben genannten Funktionen zur Verfügung zu haben, muss unser Organismus es „produzieren“. Die „Maschine“ für die Qi-Produktion ist der Drei-Erwärmer. Den „Brennstoff“ für diesen Prozess liefern uns Atmung und Nahrung.

1.1 Das Konzept des Drei-Erwärmers

Der Drei-Erwärmer hat nicht nur die überaus wichtige Aufgabe der Qi-Produktion, er spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Verdauung und Verstoffwechselung der Nahrung. Und das, obwohl es dieses sogenannte „Organ“ in der westlichen Anatomie gar nicht gibt. Auch in der chinesischen Medizin ist es „ein Organ ohne Form, aber mit Funktion“. Damit soll ausgedrückt werden, dass der Drei-Erwärmer kein anatomisches Gebilde ist, sondern vielmehr eine funktionale Einheit, die sich aus verschiedenen Komponenten mit speziellen Aufgaben zusammensetzt, die wir im Westen bestimmten anatomischen Organen zuordnen, wie zum Beispiel dem Magen, der Bauchspeicheldrüse usw.

Wie der Name schon sagt, gibt es drei Erwärmer: einen oberen Erwärmer, zu dem die Herz- und Lungenfunktionen gehören; einen mittleren Erwärmer, zu dem Milz/Bauchspeicheldrüse und Magen gehören; und einen unteren Erwärmer, zu dem die Nieren gehören.

1.1.1 Der dreifache Erwärmer

Der Energiehaushalt des Menschen bzw. aller lebenden Wesen setzt sich prinzipiell aus zwei Komponenten zusammen: Da ist zum einen die „nachgeburtliche Energie“, die wir in Form von Nahrung und über die Atmung tagtäglich aufnehmen – vom ersten Schrei bis zum letzten Atemzug. Und zum anderen die „vorgeburtliche Energie“, die wir von unseren Eltern vererbt bekommen haben.

 Dreifacher Erwärmer

Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Energiequellen ist folgender: Die nachgeburtliche Energie wird über Nahrung und Atmung immer wieder aufgefüllt, während die vorgeburtliche Energie ein begrenztes Reservoir darstellt, von dem wir ein Leben lang zehren. Dieser Energievorrat wird zum Zeitpunkt der Zeugung aus dem Ei der Mutter und dem Samen des Vaters angelegt und in der Zeit der Schwangerschaft über das Blut der Mutter genährt. Nach der Geburt haben wir keine Möglichkeit mehr auf eine Vermehrung dieser Energie. Wir können nur sorgsam mit ihr umgehen, auffüllbar ist sie nicht.

Sie wird im Laufe unseres Lebens unweigerlich aufgebraucht, denn sie ist wie ein „Zündfunke“, der für alle Transformationsprozesse im Körper benötigt wird. Wir können aber sehr wohl entscheiden, ob wir diese kostbare Energie durch einen exzessiven, selbstzerstörerischen Lebenswandel und schlechtes Essen schnell verpulvern oder ob wir durch genussvolle Lebensgestaltung, regelmäßiges, gesundes Essen und ausreichende Ruhephasen lange etwas von dieser vorgeburtlichen Energie haben, sodass uns ein hohes Alter in Gesundheit beschert sein kann.

Das ist wie mit den Finanzen in einer Firma. Wird nicht genügend Geld erwirtschaftet, um alle laufenden Kosten zu decken, muss immer wieder das Kapital angegriffen werden. Ist dieses schließlich aufgebraucht, ohne dass wieder Gewinne erzielt wurden, macht die Firma Konkurs. Genauso ist es im menschlichen Organismus: Nehmen wir über Nahrung und Atmung weniger Energie auf, als wir für unsere Aktivitäten und Stoffwechselvorgänge benötigen, wird die vorgeburtliche Energie angezapft, um das Defizit zu decken. Das Problem beim Menschen ist jedoch – im Gegensatz zu einer Firma –, dass diese Anleihe nicht mehr zurückgegeben werden kann: Was weg ist, ist weg.

Wenn man diese Denkweise verinnerlicht hat, wird klar, warum zum Beispiel das Fasten nicht zum Gesundheitsprogramm der Traditionellen Chinesischen Medizin passt. Sobald wir nichts mehr essen, muss unser Energiebedarf aus den Reserven bedient werden. Und das sind – nach chinesischer Vorstellung – nicht nur Fettpolster, die so manche Menschen loswerden wollen, sondern immer auch ein großer Teil der kostbaren vorgeburtlichen Energie.

Ein an der eigenen Gesundheit interessierter Mensch, der von der chinesischen Medizin überzeugt ist, wird vielmehr darauf bedacht sein, tagtäglich durch das Essen so viel Qi wie möglich aufzunehmen. Welche Nahrungsmittel aber enthalten viel Qi?

Entscheidend bei der Einschätzung des Qi-Gehalts der Nahrung ist die Funktionsweise des Drei-Erwärmers. Nur solche Nahrung, die das „Verdauungsfeuer“ im mittleren Erwärmer nährt und erhält, ist im Sinne der chinesischen Medizin gesund. Um dieses Verdauungsfeuer zu stärken, muss eine Speise die Funktionen von Milz/Bauchspeicheldrüse und Magen ausreichend unterstützen, damit möglichst wenig aus dem unteren Erwärmer „zugefeuert“ werden muss. Gerichte, die aus frischen und wenig verarbeiteten Nahrungsmitteln – wie Gemüse, Getreide und etwas Fleisch, Fisch oder Tofu – leicht bekömmlich zubereitet sind, entsprechen diesen Vorstellungen am ehesten. Das soll im Folgenden genauer erläutert werden.

1.1.2 Was schadet dem Verdauungsfeuer?

Dem Verdauungsfeuer schaden

ständiges Essen und Naschen

große Mengen Rohkost und rohes Obst

eiskalte Speisen und Getränke

große Mengen Sauermilchprodukte

künstliche Nahrungsbestandteile

Tiefkühlkost und Mikrowelle

Wie auf der Abbildung des Drei-Erwärmers zu sehen ist, befindet sich im mittleren Erwärmer der „Magentopf“ mit einem Feuer darunter, das die Funktion von Milz und Bauchspeicheldrüse symbolisiert. Alles, was wir essen und trinken, landet zuerst im Magentopf. Das Feuer unter dem Topf sorgt dafür, dass aus diesem mehr oder weniger suppigen, trüben Gemisch die reine Nahrungsessenz, die die Chinesen als „Gu-Qi“ bezeichnen, herausdestilliert wird. Das Gu-Qi ist die Grundlage unseres gesamten Energiehaushalts und Ausgangsbasis für körpereigene Substanzen, Blut, Qi, Wärme und Dynamik. Man kann sich das wie eine richtige Destille vorstellen, bei der als Endprodukt eine klare, feine Essenz herauskommt. Diese Nahrungsessenz wird durch die hebende Kraft der Milz in den oberen Erwärmer gebracht, wo sich in Verbindung mit dem Sauerstoff aus der Atmung körpereigenes Qi, Substanz und Blut bilden, die dann von Lunge und Herz im ganzen Organismus verteilt werden.

Alles, was zum Beispiel beim fachmännischen Schnapsbrennen zu beachten ist, spielt auch für unsere Verdauung eine wichtige Rolle: Ist der Topf gefüllt und hat der Destillationsvorgang begonnen, darf er nicht unterbrochen werden. Deshalb sollte nach einer ausreichenden Mahlzeit 3 bis 4 Stunden lang nichts gegessen werden. Nur so kann die Nahrungsessenz vollständig herausdestilliert, in den oberen Erwärmer gebracht und – was mindestens genauso wichtig ist – der unverwertbare Rest sauber ausgeschieden werden.

Das Feuer unter dem Topf muss die richtige Hitze haben. Ist das Feuer zu groß, kocht der Topf über, und die feine Essenz wird durch Trübes verunreinigt. Ist das Feuer zu klein, findet keine richtige Destillation statt, und es kommt keine Essenz heraus. Die Stärke des Verdauungsfeuers ist entscheidend abhängig von der Art der Nahrung und Getränke, die wir in den Topf füllen. Das können Sie sich ganz leicht folgendermaßen vorstellen: Sie haben zwei gleich große Töpfe. In den einen geben Sie eiskaltes Wasser und tiefgefrorenes Gemüse, in den anderen warmes Wasser und frisches Gemüse. Dann schalten Sie die Herdplatten ein. Es ist klar, welche Suppe schneller kocht, oder?

Den Magentopf mit eiskalten Speisen und Getränken, rohem Gemüse und rohem Obst zu füllen bedeutet, dass das Verdauungsfeuer viel Arbeit leisten muss, um diese „Suppe“ zu erwärmen, damit die Destillation überhaupt in Gang kommt. Wird ihm über längere Zeit diese Mehrarbeit zugemutet, erschöpft es sich. Die chinesische Medizin nennt diesen Zustand „Milz-Qi-Mangel“. Er ist gekennzeichnet durch Völlegefühl und Müdigkeit nach dem Essen, Energiemangel, Verdauungsprobleme, schwaches Bindegewebe und vielleicht sogar leichtes Übergewicht. Die genannten Symptome lassen sich einfach erklären: Das erschöpfte Verdauungsfeuer kann nur noch eine unvollständige Destillation ermöglichen, wodurch zu wenig Gu-Qi entsteht, aus dem unsere Energie und Dynamik gespeist werden: Wir fühlen uns müde und energielos. Nach der Mahlzeit dauert es viel zu lange, bis die „Suppe“ kocht: Völlegefühl und Müdigkeit nach dem Essen. Auch die Ausscheidung der nicht verwertbaren Nahrungsbestandteile benötigt Energie. Ist diese nicht ausreichend vorhanden, bilden sich Schlacken und Ablagerungen insbesondere im Bindegewebe: Wir bekommen Verdauungsprobleme, Cellulite und Übergewicht. Die chinesische Medizin verwendet für diesen krankhaften Prozess der Schlackenbildung durch ein unzureichendes Verdauungsfeuer den Begriff „Feuchtigkeit aufgrund von Milz-Qi-Mangel“ und nimmt dieses Problem sehr ernst, weil das Zurückbleiben und Ansammeln von „Feuchtigkeit“ ernsthafte Gesundheitsprobleme hervorrufen können.

Neben den rohen, eiskalten und tiefgekühlten Nahrungsmitteln gibt es noch eine weitere Kategorie, die das Verdauungsfeuer schwächt. Es handelt sich um die Milchprodukte, vor allem die gesüßten Sauermilchprodukte wie Früchtejoghurt, Quark mit Obst, Sahnecreme, Buttermilchdrink, Speiseeis usw. Folgendes Bild kann die Wirkung der Milchprodukte auf das Verdauungsfeuer erklären: Stellen Sie sich einen Holzkohlengrill vor – die Kohlen glühen, jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt, um die Würstchen auf den Rost zu legen. Nun gießen Sie eine große Portion Joghurt über die glühenden Kohlen. Es zischt, stinkt und qualmt, das Feuer erlischt oder wird zumindest stark beeinträchtigt. Sie können es sich sparen, die Würstchen noch aufzulegen. Sie würden nicht mehr gar werden. Aber auch die Milchprodukte selbst werden natürlich nur langsam und schlecht verarbeitet, was die Bildung von Feuchtigkeit stark fördert.

Da das Verdauungsfeuer selbst seine Energie – wie alle anderen Körperfunktionen auch – aus dem Gu-Qi bezieht, das aus der Nahrung herausdestilliert wird, sind alle Nahrungsmittel ungünstig, die wenig Gu-Qi liefern. Hierbei handelt es sich vor allem um Nahrungsmittel, die industriell so verändert wurden, dass Substanzen entstehen, die in dieser Form in der Natur nicht vorkommen. Bei dem hier zur Veranschaulichung als Destillation beschriebenen Vorgang handelt es sich in Wirklichkeit um eine Vielzahl enzymgesteuerter Prozesse. Enzyme sind Biokatalysatoren, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip arbeiten und auf ganz bestimmte Substrate fixiert sind. Weicht die Bauform des Substrats auch nur geringfügig ab, kann das Enzym keine Stelle zum Andocken finden und das Nahrungsmittel nicht oder nur sehr schwer verdaut werden. Künstliche Aromen, modifizierte Stärke, gehärtete Fette, Farbstoffe und genveränderte Nahrungsmittel sind Beispiele dafür, dass unserem Körper Stoffe zugemutet werden, die es in der Natur so nicht gibt und aus denen nur wenig Gu-Qi gewonnen werden kann. Kurz gesagt: Fertigprodukte aus Tüten, Dosen und Päckchen machen zwar den Bauch voll, liefern aber nur wenig von der feinen Nahrungsessenz, die wir benötigen, um auch langfristig fit, vital und gesund zu bleiben.

Auch die Mikrowelle und das Tiefgefrierenwirken sich ungünstig auf unsere Nahrungsmittel aus. Die räumliche Anordnung der komplexen Eiweißmoleküle zum Beispiel wird durch sogenannte Wasserstoffbrücken gewährleistet. Diese nicht sehr stabilen Bindungen werden durch die schnelle Schwingung, die das Erhitzen in der Mikrowelle herbeiführt, oder durch die Ausdehnung der Wassermoleküle beim Einfrieren gelöst, und an anderen, zufälligen Stellen bilden sie sich wieder. Die räumliche Struktur der komplexen Eiweißmoleküle wird auf diese Weise leicht verändert, was die Arbeit der Verdauungsenzyme erschwert und zu einer verminderten Ausbeute an Gu-Qi führt.

Schaut man sich unsere moderne westliche Ernährung an, die zu einem großen Teil aus Rohkost, Tiefkühlgerichten und eiskalten Getränken besteht,ist es kein Wunder, dass die TCM-Therapeuten bei fast all ihren Patienten eine Milz-Qi-Schwäche diagnostizieren können und sich so viele Menschen müde, erschöpft und kraftlos fühlen.

1.1.3 Wie stärkt man die Mitte?

Hilfreich für das Verdauungsfeuer sind

knackig gekochtes Gemüse statt Rohkost

Kompott aus einheimischen Früchten statt Südfrüchte und rohes Obst

gekochtes, warmes Essen statt Brotmahlzeiten

Getreide in gekochter Form statt Flocken, Frischkornbrei und Vollkornbrot

lang gekochte Kraftsuppen

täglich kleine Mengen Fleisch oder Hülsenfrüchte bzw. Sojaprodukte

In der chinesischen Küche gibt es keine Rohkostsalate, denn kein Chinese würde sein Qi verschwenden, um rohes Gemüse erst im Magentopf zu erhitzen und in eine verdaubare Form zu bringen. Diese energiezehrende Aufgabe können besser Herd und Wok erledigen. Das immer wieder angeführte Argument, dass beim Kochen Vitamine verloren gehen, zieht hier nicht. Denn nur die Vitamine kommen dem Körper zugute, die er auch aufnehmen kann. Rohes Gemüse, das sich am nächsten Tag unverdaut in der Toilette findet, wurde nicht aufgenommen und verwertet. Unsere westlichen Ernährungswissenschaftler haben mittlerweile ebenfalls herausgefunden und veröffentlicht, dass zum Beispiel das Vitamin A vom menschlichen Körper viel besser aus gekochten Karotten aufgenommen werden kann als aus Rohkost. Außerdem lösen sich beim kurzen, schonenden Garen von Gemüse nicht alle Vitamine in Luft auf. Der Vitamingehalt reduziert sich zwar etwas, dafür wird der verbleibende Rest aber viel besser absorbiert. Und das ist der entscheidende Vorteil: Das Verdauungsfeuer wird nicht unnötig geschwächt.

Ähnliches gilt für Obst. Nur sehr reifes, weiches, süßes einheimisches Obst sollte in kleinen Mengen roh gegessen werden. Leider gibt es im Handel kaum wirklich reifes Obst zu kaufen, denn die Ernte erfolgt in unreifem Zustand, damit die Ware lange Transportzeiten und Lagerung übersteht. Deshalb sind zum Beispiel Pfirsiche, Nektarinen und Aprikosen in der Regel sauer, hart und knackig statt süß, weich und saftig. Wie ich im Kapitel über die Fünf Geschmäcker noch ausführlich beschreiben werde, gehören die Eigenschaften sauer, hart und knackig zum Holz-Element. Durch die Sonnenkraft, die dem Feuer-Element entspricht, werden die Früchte ins Erde-Element überführt, wo sie sich süß, weich und saftig präsentieren. Durch das Kochen von Obst zu Kompott wird der natürliche Reifeprozess nachgeahmt: Wir fügen Feuer hinzu, was die Früchte „erdiger“ macht und damit leichter verdaulich. Ob und wie viel rohes Obst Ihr Verdauungsfeuer verträgt, können Sie ganz leicht selbst feststellen. Haben Sie Blähungen, wenn Sie rohes Obst gegessen haben? Wenn ja, ist Ihr Verdauungsfeuer zu schwach. Probieren Sie es einmal aus und essen Sie Ihr Obst eine Woche lang als Kompott. Ich bin ganz sicher, dass sich die Blähungen verabschieden.

 Die Mitte stärken

Gekochtes Essen ist wohltuender und bekömmlicher für unsere Verdauungsorgane als Brotmahlzeiten. Auch das Sättigungsgefühl zum Beispiel nach einem Teller Kartoffelsuppe ist größer als nach einem Sandwich. Die Suppe ist schon deshalb befriedigender, weil sie einen deutlicheren Erdcharakter hat. Dies werde ich im nachfolgenden Kapitel über die Fünf Geschmäcker noch näher ausführen.

In großen Teilen Chinas wird als Getreide fast ausschließlich gekochter Reis gegessen, ergänzt durch etwas Weizen für Nudeln, Teigtaschen und gedämpfte Klöße. Und die Chinesen essen – wie fast alle Asiaten – weißen, geschälten Reis. Vollkornbrot, rohe Getreideflocken oder gar Frischkornbrei halten sie für unverdaulich. Wenn ich an die vielen Patienten in der Ernährungsberatung denke, die über Blähungen und Völlegefühl klagen, weil sie „gesundes“, vollwertiges Getreide essen, kann ich dem nur zustimmen. Auch die so oft gepriesene Mittelmeerküche kennt fast keine Vollkornprodukte außer gekochten Couscous und Bulgur. Rund ums Mittelmeer wird Weißbrot zum Gemüse gegessen und ins Olivenöl getunkt. Im ganzen Korn sind lediglich Hirse, Quinoa, Perlgerste und Reis wirklich bekömmlich. Bulgur und Couscous sind sehr leicht verdauliche Vollkornweizenprodukte, aus denen man in Kombination mit Gemüse leckere Gerichte zaubern kann. Alle anderen Getreidesorten empfehle ich nur in Form von Grieß oder Mehl für gebundene Suppen, Breie oder Klößchen – nicht als Brot.

Im Wort Kraftsuppe stecken die Begriffe „Kraft“ und „Suppe“ – es geht also um eine Suppe, die uns Kraft verleiht. Kraft im Sinne von Körperkraft und Power, aber auch in dem Sinn, dass Verdauungskraft gefördert wird. Eine Suppe darf sich dann Kraftsuppe nennen, wenn sie lange gekocht hat – 4, 6 oder gar 10 Stunden. Während dieser langen Kochzeit wird praktisch permanent Energie in Form von Hitze zugeführt, die sich in der Suppe „ansammelt“ und sich nach dem Essen auf die Verdauungsorgane und den ganzen Menschen überträgt. Lang gekochte Kraftsuppen gelten daher in der chinesischen Ernährungslehre als Mittel, um Energieschwäche, Müdigkeit und Erschöpfung auszugleichen. Auch bei uns wird lang gekochte Hühnersuppe schon seit Generationen verwendet, um Kranke und Schwache aufzupäppeln – lange bevor Maggi, Knorr und Co. die Suppe in Tüten gepackt haben.

Fleisch wird in der chinesischen Ernährungslehre Yang zugeordnet. Dies bedeutet, dass es ein starkes Potenzial hat, Kraft zu liefern – auch Verdauungskraft. Kleine Mengen Fleisch regelmäßig – das heißt etwa 100 g täglich – genossen, kräftigen den Organismus, verhindern Blut-" und Eiweißmangel und stärken das Verdauungsfeuer. All diese Eigenschaften haben Käse und Milchprodukte, die von Vegetariern gerne als Ersatz für Fleisch verzehrt werden, nicht. Hülsenfrüchte und Sojaprodukte dagegen können Fleisch recht gut ersetzen, aber auch nur, wenn sie regelmäßig, also täglich, gegessen werden.

1.1.4 Kochen mit Feuer – Kochen mit Wasser

Würde man einen Chinesen vor die Wahl stellen, Gekochtes oder Rohes zu essen, würde er auf jeden Fall das Gekochte bevorzugen und vielleicht auch noch erklären, dass man überhaupt nur Gekochtes essen soll. Wir wissen aber, dass Menschen, die nur gekochte Speisen zu sich nehmen, krank werden. Wie kommt es also, dass so viele Millionen Chinesen, die sich an diese Richtlinie halten, nur Gekochtes zu essen, gesund und munter sind?

Das Geheimnis liegt in dem chinesischen Schriftzeichen für „kochen“. Es hat die Bedeutung, dass Speisen bearbeitet werden müssen, um sie für den Menschen verdaulich und bekömmlich zu machen. Dieses Bearbeiten kann zum einen durch Erhitzen geschehen – was dem „Kochen mit Feuer“ entspricht. Oder es kann auch das „Kochen mit Wasser“ gemeint sein, wobei die Nahrungsmittel bekömmlich gemacht werden, ohne sie zu erhitzen.

Bei der milchsauren Vergärung wird aus rohem Gemüse, welches das Verdauungsfeuer schwächen würde, ein bekömmliches Produkt mit mehreren Vorteilen:

Es hat einen angenehmen, leicht säuerlichen Geschmack, der sehr erfrischend und belebend wirkt.

Das vergorene Gemüse ist lange haltbar, aber trotzdem noch "lebendig".

Es enthält neben Vitaminen außerordentlich viele lebendige Enzyme.

 Kochen mit Feuer – Kochen mit Wasser

Mit Feuer

Mit Wasser

kochen

keimen

braten

milchsauer vergären (Sauerkraut, Pickles)

dämpfen

Essiggärung

backen

alkoholische Gärung

grillen, rösten

fermentieren (Sojasoße, Miso)

schmoren

blanchieren

Der hohe Enzymgehalt der „mit Wasser gekochten“ Speisen stellt ihren eigentlichen Wert dar. Alle Stoffwechselprozesse und Verdauungsvorgänge werden von Enzymen gesteuert. Sie sind absolut lebensnotwendig, auch wenn sie nur in kleinen Mengen gebraucht werden, denn sie wirken als sogenannte Biokatalysatoren.

Enzyme bestehen aus komplexen Eiweißkörpern, die beim Erhitzen über 40 °C zerstört werden und damit ihre Funktion verlieren. Auch beim Pasteurisieren von Milch, Fruchtsäften, Sauerkonserven usw. werden Temperaturen von deutlich über 40 °C erreicht und damit die Enzyme zerstört.

Lebendige Enzyme sind also nur in rohen, nicht erhitzten Nahrungsmitteln vorhanden. Rohes wirkt sich allerdings schwächend auf das Verdauungsfeuer aus, wie wir weiter oben gesehen haben. Nahrungsmittel, die „mit Wasser gekocht“ wurden, sind die Lösung für dieses Problem. In vielen Ländern Asiens finden wir dafür Beispiele im traditionellen Essverhalten. Die Japaner zum Beispiel lieben Rettichsprossen – sie gehören zu jeder Mahlzeit – genauso wie Miso, das als Würzmittel und in Form von Suppe zum festen Bestandteil der japanischen Küche gehört. Dabei wird das Miso erst ganz am Schluss zum Abschmecken verwendet und nicht wirklich mitgekocht, damit es seine Enzymwirkung nicht verliert. Koreanisches Essen ist ohne Kimchi – milchsauer vergorener, mit Chili und Knoblauch geschärfter Chinakohl – nicht vollständig.

Die Chinesen verwenden fermentierte, scharfe Bohnenpasten zum Würzen der Speisen bei Tisch. Auch fehlt ein Tellerchen mit milchsauer vergorenem Kohl bei keiner Mahlzeit.

In Europa haben wir andere Traditionen, um unseren Enzymbedarf zu decken. Der Blattsalat mit Essig-Öl-Dressing als Beilage zu gekochten Speisen, reichlich Petersilie auf den Kartoffeln, der Löffel rohes Sauerkraut und auch die Zitronenscheibe auf dem Wiener Schnitzel zeigen, dass dieses Wissen auch bei uns vorhanden ist. Es ist lediglich nötig zu beachten, dass der Essig unpasteurisiert ist, das Sauerkraut nicht aus der Dose kommt und frische Kräuter verwendet werden. Nutzen Sie sinnvoll das jahreszeitliche Angebot, um Ihren Enzymbedarf abwechslungsreich zu decken. Im Sommer gibt es reichlich Blattsalate, im Herbst Endivien, im Winter eingelagerten Chicorée, in den frostfreien Perioden Feldsalat und im Frühling junge Kräuter und Sprossen. Im Winter und Frühling kann man die Blattsalate mit rohem Sauerkraut oder selbst gemachten Pickles ergänzen. Im Sommer bieten sich kleine Mengen reife Früchte an. Auch das Ziehen von Sprossen lohnt sich ganz besonders. Verwenden Sie aber zum Keimen keine Hülsenfrüchte, da diese Sprossen roh nicht zum Verzehr geeignet sind und beim Blanchieren die wertvollen Enzyme verloren gehen. Besser sind zum Beispiel Kresse, Alfalfa, Senfsamen, Rettichsamen, Radieschensamen, Rucolasamen und Bockshornkleesamen. So wird ein Salat aus in Dampf gegartem Gemüse mit unpasteurisiertem Essig, gutem Olivenöl, etwas frischer Petersilie und reichlich Kresse nicht nur zu einer Vitamin-, sondern auch zu einer Enzymbombe. Wenn Sie Ihre Speisen bei Tisch dann noch mit unpasteurisierter Sojasoße nachwürzen statt mit Salz, können Sie Ihren Enzymbedarf mühelos decken – ohne Ihrem Verdauungsfeuer zu schaden.

Milchsauer vergorenes Gemüse (Pickles)

Man kann jedes Gemüse verwenden, um es milchsauer zu vergären, außer grünen Bohnen (sind ungekocht giftig), Grünkohl und Wirsing (bleiben sehr zäh) und Spinat (wird zu weich).

Besonders geeignet und lecker sind Rote Bete, Karotten, Sellerie, Chinakohl, Rettich und Radieschen.

Abgesehen von dem Gemüse brauchen Sie noch Salz, Gewürze nach Belieben und – um ganz sicherzugehen – einen Starter. Ich verwende dafür gerne Umeboshi-Pflaume