DIE ANTARES SCHWEIGT - Thomas Muir - E-Book

DIE ANTARES SCHWEIGT E-Book

Thomas Muir

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Der britische Forschungsdampfer Antares nimmt im antarktischen Eismeer die Überlebenden eines gesunkenen argentinischen Schiffes auf. Die Geretteten verbergen etwas: Kam der Forscher Mendoza wirklich bei einem Unfall ums Leben? Die Ermittlungen müssen zurückstehen, als im Sturm auch die Antares beschädigt wird. Auf einer öden Eisinsel muss sie notdürftig repariert werden. Am Strand findet sich eine Leiche - mit einem Dolch im Rücken... Der Roman DIE ANTARES SCHWEIGT - ein klassischer, meisterhaft geschriebener Whodunit-Krimi vor ungewöhnlicher Kulisse - des schottischen Schriftstellers und Journalisten Thomas Muir (* 02. Januar 1918; † 8. Oktober 1982) erschien erstmals im Jahr 1950; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1958. Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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Thomas Muir

 

 

Die Antares schweigt

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 181

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DIE ANTARES SCHWEIGT 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

Achtzehntes Kapitel 

Neunzehntes Kapitel 

Zwanzigstes Kapitel 

Einundzwanzigstes Kapitel 

Zweiundzwanzigstes Kapitel 

Dreiundzwanzigstes Kapitel 

Vierundzwanzigstes Kapitel 

Fünfundzwanzigstes Kapitel 

Sechsundzwanzigstes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Der britische Forschungsdampfer Antares nimmt im antarktischen Eismeer die Überlebenden eines gesunkenen argentinischen Schiffes auf. Die Geretteten verbergen etwas: Kam der Forscher Mendoza wirklich bei einem Unfall ums Leben? Die Ermittlungen müssen zurückstehen, als im Sturm auch die Antares beschädigt wird. Auf einer öden Eisinsel muss sie notdürftig repariert werden. Am Strand findet sich eine Leiche - mit einem Dolch im Rücken...

 

Der Roman Die Antares schweigt - ein klassischer, meisterhaft geschriebener Whodunit-Krimi vor ungewöhnlicher Kulisse - des schottischen Schriftstellers und Journalisten Thomas Muir (* 02. Januar 1918; † 8. Oktober 1982) erschien erstmals im Jahr 1950; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1958.  

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

   DIE ANTARES SCHWEIGT

 

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Kapitän Mavor hob sein Glas, aber der traditionelle Trinkspruch, der auf hoher See jeden Sonnabend ausgebracht wird, kam nur mit leiser Stimme heraus: »Wir stoßen an auf das Wohl unserer Frauen und all unserer Lieben!«

»Gott behüte«, sagte Ronald Somerville, der Erste Offizier, der es sich nie verkneifen konnte, eine bissige Bemerkung zu machen.

Ein nachdenkliches Schweigen folgte. Von dem kleinen Messetisch des Forschungsschiffs wanderten die Gedanken der Männer nach England, Schottland, Australien oder Südamerika, dorthin, wo sie ihre Lieben wussten. Roger Crammond, Tiefseeforscher und unermüdlicher Beobachter seiner Mitmenschen, lehnte an der Schiffswand. In der ihm eigenen Art, immer ein wenig unbeteiligt, betrachtete er die Anwesenden und überlegte, welche Gedanken den einzelnen jetzt wohl bewegten.

Im Augenblick mochten sie wohl auf der ganzen Welt die einsamsten Menschen sein.

Mühsam arbeitete sich die Antares durch das schwere Wetter des Weddell-Meeres, an der Grenze des großen antarktischen Kontinents. Das Schiff hob und senkte sich im starken Seegang, erbebte und knirschte; hin und wieder tauchte sein Bug in eine See, die ihre schon halb zu Eis gefrorenen Spritzer auf das Deck prasseln ließ. Aber in der Offiziersmesse, bei der vollaufgedrehten Heizung und dem wohlversorgten Ofen, war es gemütlich warm.

Die Schlingerleisten waren aufgestellt; bei jedem Rollen und Stampfen des Schiffes klirrten Gläser und Flaschen aneinander. Dann ein plötzlicher Lärm aus der Pantry, ein unterdrückter Fluch, und wieder war der Geschirrbestand kleiner geworden.

»Dieser verdammte Steward«, knirschte Somerville, weniger aus Arger als aus Verantwortungsgefühl für die Messe. »Lange wird es nicht mehr dauern, und wir werden aus Konservenbüchsen trinken müssen.«

»Wer sie wohl heute ins Kino führt?«, sagte George Tenby, der Zweite Ingenieur, ohne sich um die Unterbrechung zu kümmern, und leerte sein Glas bis auf den Grund. »Sicherlich einer, der genug Gehirn und Verstand hat, um einen Posten an Land zu haben, möchte ich wetten.« Er war ein breitschultriger, muskulöser Mann aus Newcastle, mit starken, arbeitsgewohnten Händen, großer Nase und vorspringendem Kinn in einem lederartigen, pockennarbigen Gesicht.

»Das ist ja das Gemeine bei dieser verwünschten antarktischen Seefahrt«, bemerkte Somerville, während er sein Glas auf dem Muster des Tischtuches spielerisch hin und her schob, »nicht ein Unterrock auf tausend Meilen im Umkreis!« Auf dem hübschen, gut geschnittenen Gesicht lag ein nachdenklicher Ausdruck, als er hinzufügte: »Mein letztes Abenteuer erlebte ich-mit einer Argentinierin, die ich auf dem Rennen in Palermo traf, und wenn sie mich auch im Stich gelassen hat...«

»Sie brauchen uns nicht immer wieder alles bis ins Detail zu schildern. Es macht weder Ihnen noch dem Mädchen Ehre«, unterbrach ihn in seinem breiten Dialekt James Urquhart, der Chefingenieur, ein dicker, gemütlicher Schotte.

»Schon gut, Chief, fangen Sie in Ihrem Alter nicht auch noch an, moralisch zu werden.«

»Eine Frechheit, von Alter zu reden«, brummte Urquhart gutmütig, während er Tabak aus einer Blechschachtel nahm und sich mit geschickten Fingern eine Zigarette drehte. »Ich bin erst achtundvierzig und nähere mich der Blütezeit des Lebens; bin also in den besten Jahren, - aber das ist etwas, was ihr Jungen nicht zu schätzen wisst, bevor ihr nicht selbst so alt seid. Und Sie, Sie sind mit Ihren dreißig Jahren noch ein Kind, das noch nicht trocken hinter den Ohren ist. Sie haben den Sinn des Lebens noch gar nicht begriffen.«

»Die alte Leier... haben wir schon oft genug gehört«, höhnte Somerville. »Sie meinen Heiraten und einen Haufen Kinder in die Welt setzen.«

»Heiraten ist schon richtig, aber einen Haufen Kinder, nein, das nicht.« Urquhart steckte die mittlerweile fertig gedrehte Zigarette in eine Bernsteinspitze. »Nur zwei - einen Jungen und ein Mädchen, so ist’s bei uns.«

»Was haben Sie davon, wenn Sie sich am Ende der Welt rumschlagen?«

»Sie sind zu unerfahren, um das zu verstehen.« Urquhart wandte sich zu ihm und blies eine Rauchwolke vor sich hin. »Es genügt, dass sie da sind und an einen denken! Aber - was hat’s für einen Zweck, Ihnen das erklären zu wollen. Nicht wahr, Kapitän?«

Kapitän Mavor nickte zustimmend und zündete seine Pfeife an. Er war ein dunkler, gebräunter Mann mit einer Adlernase und sorgfältig gepflegtem Spitz- und Schnurrbart. Einige Ordensbänder, darunter die des britischen Kriegsverdienstordens und der begehrten Polarmedaille, schmückten seine Uniform.

»Meiner Ansicht »ach haben Sie vollkommen recht«, sagte er, mit seinem Bart spielend, »obgleich ich selbst nicht mitreden kann!«

»Aber es wäre hohe Zeit für Sie«, erklärte Urquhart mit der Freiheit, die ihm seine Stellung gab. »Es gibt nichts Besseres als eine Familie, um sich jung zu erhalten. Sehen Sie mich an.«

»Man kommt nicht darum herum«, unterbrach sie die beißende Stimme Mark Ellisons. Er war einer der vier Wissenschaftler der Expedition. »Aber wie dem auch sei - in Ihrem Falle ist es nur eine sentimentale Gefühlsduselei. Ich sehe durchaus nicht ein, warum ein Seemann sein sauer verdientes Geld ausgeben soll, um nach Beendigung einer jeden Reise zu Hause eine reichlich zweifelhafte Freude zu haben. Wahrscheinlich amüsiert die Frau sich während seiner Abwesenheit mit irgendeinem andern, der vernünftig genug ist, nicht zur See zu fahren.«

»Mark versteht’s, uns das ganz klarzumachen«, murmelte Crammond lächelnd. »Er sieht alles im Leben nur aus der biologischen Perspektive.«

»Ganz recht.« Der Chief sah Ellison mit einem missbilligenden Kopfschütteln an. »Sie müssen noch unendlich viel über Frauen hinzulernen, sonst könnten Sie nicht so sprechen. Sie können mir leidtun...«

»Sie sollten mich nicht bedauern«, erwiderte Ellison, während er sich eine Zigarette ansteckte. »Ich ziehe es vor, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen, anstatt mich von romantischen Gefühlen einlullen zu lassen.«

»Also Materialist vom reinsten Wasser«, stellte Crammond fest. »Schadet nichts, Chief. Mark ist so verdreht, dass es ihm schon Freude macht, immer zu widersprechen. In zehn Jahren wird er wahrscheinlich verheiratet sein, mit einem ganzen Haufen Kinder, und vollkommen in seinem Glück aufgehen.«

»Den Teufel werde ich tun!« Mark Ellisons Lippen verzogen sich bissig. »Keine Frau wird es jemals fertigbringen, mich zu heiraten, damit ich sie und ihre Brut erhalte.«

Paul Symons, der Zweite Offizier, der der Unterhaltung aufmerksam gefolgt war, ein ernster junger Mensch mit einem einfachen, klaren Gesicht, dünnem Haar und schütterem Bart, warf ein: »Das ist eine ganz üble Art, die Dinge zu betrachten. Schließlich müssen wir alle einmal heiraten.«

»Warum denn?«

Es hatte den Anschein, als ob sich eine recht lebhafte Debatte entwickeln sollte, aber plötzlich wurde die Unterhaltung durch das Poltern schwerer Seestiefel auf der Treppe, die zu den Messeräumen führte, unterbrochen. Es wurde an der Tür geklopft, und ein Matrose in Düffeljacke, die nur die Nase und die Augen unter der Kapuze sehen ließ, meldete: »Ein Glas - Viertel vor acht, Sir.«

»Danke«, seufzte Crammond mit Bedauern. »Ich bin an der Reihe. - Wie sieht’s oben aus, Dixon?«

»Ist eine Drecksnacht, Sir!«, sagte der Matrose, sichtlich erleichtert, dass seine Wache vorbei war und er bald, warm eingerollt, in seiner Falle liegen würde. »Sieht so aus, als ob es noch dreckiger kommt.«

»Sind ja gute Aussichten!« Crammond klopfte seine Pfeife aus, schob sich hinter dem Tisch hervor und stand breitbeinig da. Er war ein großer Mann mit schmalem, klugem Gesicht und vollem braunem Haar, das an den Schläfen freilich schon leicht ergraut war. Seine tief unter den Brauen liegenden spöttischen Augen hatten den klaren, prüfenden Blick eines Mannes, der gewohnt ist, zu untersuchen, abzuwägen und nachzudenken. Ein Zug von gutmütiger Ironie lag um seinen entschlossenen Mund. Er war einer der Biologen der Expedition, sein privates Steckenpferd jedoch war die Kriminalistik.

»Viel Vergnügen«, sagte Ellison ungerührt. »Bin froh, dass ich nicht raus muss... Sie machen die Wasserproben, Hanbury?«

»Ja«, nickte Edward, Hanbury, ein derb aussehender junger Mann mit unordentlichem Haar und kurzsichtigen Augen hinter starken Brillengläsern, der sich erhob, um Crammond zu folgen. Er glich fast zu sehr dem Bild eines typischen Wissenschaftlers. »Mir macht’s nichts aus, aber eigentlich ist es überflüssig; denn sehen kann ich ja doch nichts, wenn die Eisspritzer gegen meine Brillengläser schlagen.«

»Heute Nacht prallen die Spritzer ab, falls sie nicht gleich die Gläser zerschlagen«, sagte Somerville beruhigend, weil gerade wieder schwere Schauer auf das Oberdeck herabprasselten. »Es hört sich wie festes Eis an.«

»Sie haben immer so unterhaltsame Einfälle«, bemerkte Tenby. »Bei so eitlem Wetter danke ich Gott dafür, dass ich bloß Ingenieur bin.«

»Es gehört eben schon ein bisschen Grütze dazu, etwas anderes zu sein.«

»Einbildung, nichts als Einbildung! Ich kann Ihnen sagen...«

Crammond und Hanbury ließen die Streithähne bei dem ewiggleichen Thema, kletterten die Treppe zur Kajüte des Kapitäns hinauf und gingen zu ihren auf der Steuerbordseite liegenden Kabinen.

Es war Aufgabe der Antares, ein großes Gebiet des Weddell-Meeres wissenschaftlich zu durchforschen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Radioaktivität des Wassers, die Meerestiefe und die Beschaffenheit der Meeresfauna als auch in bezug auf das Vorkommen des Planktons, der mutmaßlichen Nahrung der Wale. Und zu diesem Zweck musste man in regelmäßigen Abständen abstoppen, um Lotungen vorzunehmen und Wasserproben heraufzuholen, die dann im Laboratorium analysiert und auf einer Wasserkarte eingetragen wurden. Die nächsten Beobachtungen mussten um acht Uhr vor sich gehen, und Crammond und Hanbury waren dazu eingeteilt; eine langwierige Arbeit bei dieser Kälte. Die Lotleine musste eine Weile lang ausgerollt, das Planktonnetz versenkt - und auch die Wasserflaschen und Thermometer mussten in die Tiefe gelassen werden. Dann, wenn alles wieder eingeholt war, begann die Aussortierung des Fanges, was bei dem auf- und niedergehenden Schiff und unter den Eisspritzern, die von dem kalten Wind auf das Deck gepeitscht wurden, mit klammen Fingern eine Arbeit von mindestens zwei Stunden bedeutete.

Crammond kleidete sich in seiner Kabine für diese harte Arbeit um. Unter seine wasserfeste Lederjoppe zog er zwei wollene Sweater, über die Füße streifte er dicke Socken, die von mächtigen Langschäftern trockengehalten werden sollten. Die Hände zwängte er in gefütterte Strickhandschuhe, und eine Ölhaut mitsamt dem Südwester vollendete seine arktische Aufmachung. Darauf hängte er sich die wasserdichte elektrische Handlampe um, zog pelzgefütterte Stulpenhandschuhe für die Arbeit über und verließ seine Kabine, um auf der steilen Leiter zum Deck hinaufzuklimmen.

Der immer stärker werdende Sturm warf ihn fast um. Schwere, schaumgekrönte Seen rauschten vorbei, hin und wieder brach eine über die Backbordreling herein und gurgelte dann in den Luken hin und her. Auf den Rettungsbooten und dem Speigatt hatte »ich eine Eiskruste gebildet; der Wind heulte und tobte in der Takelage, und der Mast zeichnete phantastische Muster gegen die niedrig dahinjagenden Wolken, die den dünnen Rauch aus dem stämmigen Schornstein leewärts mit sich rissen.

Die Antares war eine frühere Korvette der Flower-Klasse. Sie vereinigte in sich alle Eigenheiten dieses Typs - vorzügliche Seetüchtigkeit mit stärkstem Schlingern, was sogar den ältesten Seemann umwerfen konnte.

Crammond kletterte an der Reling entlang und arbeitete sich durch das über Deck stürzende Wasser an dem gespannten Seil die Treppe hinunter bis zum hinteren Deck. Hier hatten früher Munition und Torpedos gelegen; jetzt diente der Raum zur Lagerung der Seemessgeräte und als primitives Laboratorium für die erste Prüfung und Sichtung der verschiedenen Wasserproben.

»Eine scheußliche Nacht, Sir.« Eine vermummte Gestalt löste sich aus dem warmen Licht, das aus dem Eingang zum Maschinenraum drang. Es war der Obermatrose Wright in seinem Düffelmantel und Südwester. Mit den herabhängenden Ohrenklappen sah er wie ein großer kummervoll dreinschauender Spaniel aus. Hinter ihm stand der Matrose Shorty Long, der seine Arme um sich schlug, um sich wieder warm zu machen. Sie gehörten zu Crammonds Arbeitsgruppe.

Hanbury und seine Männer suchten ihr Arbeitsgerät zusammen.

Die mechanischen Arbeiten waren allen schon so geläufig, dass kaum Befehle gegeben zu werden brauchten. Die Lote und Wasserflaschen wurden über die Bordwand gelassen, und die elektrische Winde begann zu schnurren, während das Drahtseil ablief. Der Matrose hatte nur die Bremse zu bedienen und auf die Kontrolluhr zu achten. Crammond legte die Planktonnetze aus und warf sie geschickt über Bord, so dass sie gleich klar vom Schiff kamen und an den Seilen in die bestimmten Tiefen absanken. Die Hauptsorge war, darauf zu achten, dass die Seile nicht durcheinander kamen oder sich in der Schiffsschraube verhedderten. Mit der Kommandobrücke bestand telefonische Verbindung, und hin und wieder machte die Schraube ein paar Umdrehungen, um den Bug des Schiffes im Wind zu halten.

»Fünfzehnhundert Faden sind raus!«, rief plötzlich Long, während er die Bremse zog und das abrollende Seil stoppte.

»Gut, holt ein.« Crammond ging zum Brückentelefon, um Meldung zu machen.

Die elektrischen Motoren begannen zu summen, das tropfende Drahtseil rollte sich wieder auf, und die Matrosen wischten es mit Öllappen trocken. Der Vorgang schien endlos, und die zwar gutgemeinten, aber dennoch störenden Fragen Penfolds von der Brücke konnten einen wirklich ärgern. Alle waren bis auf die Knochen durchfroren und hatten jedes Gefühl in den Fingern eingebüßt, - aber verbissen und ruhig arbeiteten sie weiter, mit regungslosen Gesichtern, die selbst für eine einsilbige Unterhaltung zu steif geworden waren, bis endlich alle Netze und Flaschen an der Oberfläche auftauchten.

Schnell nahmen $je die Geräte an Bord. Im geschützten Lagerraum wurden sie sortiert. Inzwischen fingen die Maschinen wieder an zu arbeiten, und das Schiff kämpfte von neuem gegen die Gewalt des Sturmes an. Bei dieser langsamen Fahrt konnte die Antares erst am anderen Morgen gegen acht Uhr die nächste Position erreicht haben, wo die weiteren Beobachtungen angestellt werden mussten. Die beiden Seeleute hatten sich in den Maschinenraum zurückgezogen, um sich wieder aufzutauen und zu trocknen.

Hanbury kam mit seiner Sammlung von Proben, schmiss sie auf eine Bank und begann seine Brillengläser zu putzen. »Gott sei Dank ist das vorbei«, rief er, »ich glaube, ich werde nie wieder warm.«

»Glaub ich von mir auch«, stimmte Crammond bei, während er sich bemühte, die Blutzirkulation in seinen Fingern durch allerlei Bewegungen in Gang zu bringen. Er wollte sich dann gleich an die Aussortierung des Fanges machen.

»Dieser Ellison«, sagte Hanbury, »der sitzt jetzt behaglich und warm in der Kajüte...«

»Denken Sie daran, dass er dafür morgen die Arbeit zu machen hat.«

Hanbury nickte und setzte sich die Brille wieder auf. Der Einfall verschaffte ihm eine große Befriedigung. Fragend sah er auf Crammond, der seinen riesigen Wollschal vom Hals wickelte.

»Sagen Sie mal, was ist eigentlich mit Ellison los? Er scheint jeden Tag bissiger und gehässiger zu werden.«

»Das ist nur seine charmante Art.« Crammond beugte sich über die Beute, um die größeren Tierchen herauszusuchen, bevor diese sich der kleineren, aber meist interessanteren als Nahrung bemächtigen konnten. »Er kann nichts dafür. Er ist nun mal bissig und sarkastisch, wie Penfold eben liebenswürdig ist. Und beide können einem in ihrer Art auf die Nerven fallen.«

Hanbury blinzelte ihn fragend an. »Es scheint aber schlimmer mit ihm zu werden«, beharrte er. »Ich habe es beobachtet, seit wir Buenos Aires verlassen haben.«

»Das ist nun schon über zwei Monate her.«

»Ich weiß. Er war immer ein unerfreulicher Zeitgenosse, aber er ist zweifellos seit Buenos Aires noch unerträglicher geworden. Er kann kaum noch mit irgendjemand ein harmloses Wort wechseln. Er ist einfach ungezogen.«

Crammond war nun damit beschäftigt, kleinere Stücke mit einer Pipette herauszuziehen und sie in Flaschen zu tun. Dabei sagte er: »Auf einem so kleinen Schiff mehrere Monate eingesperrt zu sein, wirkt auf jeden in anderer Weise. Ich habe es oft beobachtet. Wenn man in Betracht zieht, dass wir sechs Monate von Hause fort sind, so sind wir doch immer noch eine ganz erfreuliche Gemeinschaft. Machen Sie sich da nur keine Sorgen. Und nun wollen wir die Temperaturen und spezifischen Gewichte registrieren, damit wir hier heraus können.«

Hanbury wandte sich, nur widerstrebend seiner Arbeit zu. Crammond beobachtete ihn heimlich: Hanbury war irgendwie bekümmert. Er war ein Junge von dreiundzwanzig Jahren und hatte gerade eine ausgezeichnete Hochschulausbildung hinter sich; seine Interessen waren rein intellektueller Art. Jetzt, eingeengt in eine Lage, in der Charakterstärke ebenso viel zählte wie Wissen, fiel es ihm schwer, sich zurechtzufinden.

»Hallo!«, rief Crammond. Eine verstärkte Vibration der Schraube und ein stärkeres Rollen des Schilfes ließen ihn überrascht hochblicken. »Die Maschine scheint mit mehr Umdrehungen zu laufen. Warum denn?«

Einige Minuten später betrat eine stämmige Gestalt den Raum. Es war Dr. Raymond Burnett, der leitende Wissenschaftler der Expedition. Mit seinem roten Gesicht und seinem dicken grauen Schnurrbart sah er mehr wie ein Farmer aus.

»Wieder unser verfluchtes Pech«, sagte er mit grollender Stimme, während er die abendliche Beute durch seine randlose sechseckige Brille musterte. »Die ganze Arbeit geht zum Teufel. Wir haben eben ein SOS von einem Schiff aufgefangen, das sich ungefähr dreihundert Meilen südlich im Packeis festgelaufen hat. Wir müssen alle Arbeiten liegenlassen, um ihm zu helfen.«

»Merkwürdig!«, rief Crammond aus. »Ich dachte, wir seien zurzeit die einzigen Menschen in diesem Teil der Welt. Was für ein Schiff ist es denn?«

»Ein Argentinier, heißt El Toro... Aber, was ist denn los?« Crammond sprang auf, und beide fingen Hanbury auf, der plötzlich schwankte und dann ohnmächtig zusammenbrach.

  Zweites Kapitel

 

 

»Halbe Kraft voraus - Kurs halten!«, kommandierte Kapitän Mavor und beugte sich besorgt über die Backbordseite der Brücke. Jeder an Bord lauschte gespannt, als die Telegrafen klingelten. Die Antares war mitten im Packeis, das sich in einer unendlichen, monotonen Ebene von blendendem Blauweiß bis zum Horizont erstreckte, hin und wieder unterbrochen von kleinen Eishügeln und -wällen, durchzogen von blauen Wasserrinnen, die manchmal nur Risse, manchmal aber breiter als Flüsse waren. Ein Bild von Kälte und äußerster Verlassenheit. Hier musste das Schiff langsam durchnavigiert werden.

Sie erzwangen sich den Weg bis zu einer Wasserrinne, die sie vor sich gesehen hatten und die sich jetzt zu einer Breite von etwa fünfzig Metern erweiterte. Durch diesen natürlichen Kanal konnten sie schneller vorstoßen.

»Sie scheinen von dieser Hilfsexpedition auch nicht gerade begeistert zu sein, Hanbury«, bemerkte Crammond, als sie zusammen in die Messe hinuntergingen, um Kakao zu trinken und sich etwas aufzuwärmen. »Was bedrückt Sie?«

»Ach, nichts!« Hanbury sah ihn einen Augenblick an und wandte sich dann kurz ab.

Wenn man den Ausdruck seiner Augen durch die dicken Brillengläser auch nicht erkennen konnte, so sah man ihm doch an, dass er nicht gerade sehr glücklich war. Crammond betrachtete ihn nachdenklich. Den Ohnmachtsanfall zwei Tage zuvor hatte er auf die scharfe Kälte zurückgeführt, er war schnell darüber hinweggekommen. Aber es schien doch eine Veränderung mit Hanbury vor sich gegangen zu sein, seitdem er gehört hatte, dass man der im Eis eingeschlossenen El Toro zu Hilfe eilen würde. Normalerweise war er in seine wissenschaftliche Arbeit vertieft und gleichgültig gegen alles Geschehen an Bord, was längst eine Quelle von Witzen und Gerede für die Messe bildete. Aber plötzlich nahm er ein fast peinliches Interesse an allem, auch an dem eingeschlossenen Schiff. Es erschien durchaus natürlich und war auch kaum beachtet worden. Nur Crammond hatte als scharfer Beobachter den Eindruck gewonnen, dass Hanbury aus irgendwelchen Gründen hoffte, sie würden die El Toro niemals erreichen.

Warum?

Crammonds Gehirn arbeitete angestrengt, um hierfür einen Grund zu finden. Die El Toro war ein argentinisches Schiff... Und die Mannschaft der Antares war auf ihrer Fahrt von England in Buenos Aires an Land gewesen und dort gastlich aufgenommen worden. Diese zehn Tage an Land waren Hanburys einziger Kontakt mit Südamerika. Was konnte während dieser Zeit geschehen sein?... Er war doch ein ernsthafter, wissensdurstiger Typ, man konnte sich eigentlich nicht vorstellen, dass er irgendein romantisches Abenteuer gehabt hatte. Es war wirklich rätselhaft.

 

Eine angenehme Wärme empfing sie, als sie den Messeraum betraten. Nachdem er seine schwere Wetterkleidung abgelegt hatte, lehnte sich Crammond mit einem Topf dicken, fetten Schiffskakaos gegen die Heizung.

»Was haben wir denn heute geschafft?«, fragte er Symons, den Zweiten Offizier, der ihnen gefolgt war.

»Ungefähr zehn Meilen seit sechs Uhr«, antwortete Symons, hinter seinem Topf hervorschauend. »Wir haben Glück gehabt mit dem letzten Durchbruch, denn das ganze Packeis ist jetzt etwas offener.«

»Und wie weit müssen wir noch kommen?«

»Wir sind ungefähr vierzig Meilen von der Position entfernt, die uns die El Toro zuletzt angegeben hat, aber selbstverständlich kann sie abgetrieben worden sein.«

»Ihr habt sie nicht noch einmal erreichen können, Funker?« Charles Jessop, der Funkoffizier, schüttelte den Köpf: »Seit zwei Uhr gestern Mittag haben wir nichts mehr gehört. Ihre Batterien scheinen leer zu sein; alles, was ich aufnehmen konnte, war: Wir verlassen das Schiff. Seitdem habe ich nicht mehr das geringste Zeichen empfangen, obgleich ich sie regelmäßig angerufen habe.«

»Die armen Teufel! Es ist wirklich kein Vergnügen, bei dieser Temperatur auf einem Eisfeld zu sitzen.«

»Das haben schon andere durchmachen müssen, und mit viel weniger Aussicht, gerettet zu werden«, warf Ellison ein und blickte von seinem Magazin auf, das er gerade durchblätterte. »Denkt an Shackletons Bootsfahrt bei der Endurance-Expedition!«

»Nicht möglich! Die Geschichte hat Sie also doch berührt?« Crammond ging von der Heizung weg, die Wärme wurde ihm zu stark. »Menschliche Gefühle noch nicht gänzlich abgestorben?«

»Ich erwähnte nur ein Beispiel«, brummte Ellison. »Seinerzeit hatten sie bedeutend mehr Mumm in den Knochen als wir heutzutage. Was wollen denn die Argentinier in diesen Gegenden, wo sie doch nichts zu suchen haben? Wenn sie in Schwierigkeiten sind, jammern sie.«

»Sie haben sehr viel Recht, hier zu sein - bedeutend mehr als wir.«

»Aber nicht, wenn sie nicht selbst auf sich aufpassen können.«

»Wir können jeden Tag in die gleiche Lage kommen«, stellte der Zweite Offizier nüchtern fest. Während des Krieges war er zehn Tage auf einem Floß im Südatlantik umhergetrieben und dann von einem griechischen Tramp aufgelesen worden. »Das kann jedem passieren; es ist unsere verdammte Pflicht, zu helfen.«

Ellison brummte etwas über sogenannte Kameradschaft auf See.

Dr. Burnett, im bequemsten Sessel zurückgelehnt, hüstelte. »Selbstverständlich müssen wir versuchen, sie zu finden«, meinte er. »Was anderes kommt überhaupt nicht in Frage. Leider bedeutet das aber eine völlige Umstellung unserer Pläne. Und das ist es wohl, was Ihnen nicht passt, Ellison?«

Ellisons Grunzen konnte sonst etwas bedeuten.

»Es war wohl ziemlich unangenehm, Sir?« bemerkte Crammond zu Kapitän Mavor, der eben in die Messe trat.

Der Kapitän nickte abwesend.

»Mit einigem Glück sollten wir schon vor Dunkelwerden in der Nähe der angegebenen Position sein«, sagte er und stockte dann - ein besonders großer Eisblock stieß an die Bordwand. Langsam fuhr er fort: »Wenn das Packeis sich nicht öffnet, werden wir nicht näher an sie herankommen können. Ich beabsichtige darin, eine Rettungsabteilung auszuschicken. Sie werden das Kommando übernehmen, Mr. Somerville. Suchen Sie sich sechs der tüchtigsten und geeignetsten Männer aus. Ich glaube, ein Ingenieur wäre auch zweckmäßig. Werde mal feststellen, ob der Chief auf Mr. Tenby verzichten kann. Er ist ein sehr brauchbarer Mann. - Das sind alle Leute, die ich entbehren kann - es sei denn, dass jemand von Ihnen, meine Herren...« Er sah die Wissenschaftler fragend an.

»Ich würde sehr gern mitgehen«, erbot sich Crammond.

»Mit mir können Sie auch rechnen«, sagte überraschenderweise Ellison. Hanbury blinzelte nervös. Er schwieg.

»Gut«, nickte der Kapitän. »Es wird nicht so einfach sein, aber Sie beide scheinen geeignet.« Er wandte sich wieder an den Ersten Offizier: »Also, Mr. Somerville, ich überlasse es Ihnen, alles zu organisieren. Bitte, halten Sie sich jederzeit einsatzbereit.« Er schüttete seinen Kakao hinunter, nahm seine Mütze und verließ die Messe. Man hörte ihn schweren Schrittes die -Treppe hinauf und zur Brücke gehen.

»Der Erste Offizier der Antares führt die Rettungskolonne - wie wird sich das als Schlagzeile ausnehmen!«, sagte Symons, bemüht, seine Enttäuschung darüber zu verbergen, dass nicht er für die Rettungsaktion eingeteilt war. »Jetzt ist deine große Chance da, Ronald, du kannst dich mit Ruhm bedecken.«

»Sei ruhig«, erwiderte Somerville. Ihm war dieser Gedanke durchaus nicht unsympathisch, aber er war darauf bedacht, dass sein Auftrag nicht bagatellisiert wurde. »Es ist jetzt nicht die Zeit, Späße zu mähen. Das Ganze ist kein Picknick, ich hoffe, Sie wissen alle, was für eine Aufgabe Sie übernommen haben.«

»So sicher bin ich gerade nicht«, grinste Crammond. »Aber ich muss immer dabei sein, wenn etwas los ist. Ich nehme meine Kamera mit und werde den dramatischen Augenblick festhalten, wenn Sie vortreten und sagen werden: Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, die Besatzung der El Toro vor mir zu haben!«

»Welch ein Jammer, dass Sie keinen Farbfilm haben«, warf Ellison ein.

»Der Kapitän wird Sie wahrscheinlich umarmen«, meinte der Funkoffizier.

»Und an deinem Busen weinen«, fügte Symons hinzu. »In Romanen pflegen sie ihre Gefühle hemmungslos zu zeigen.«

»Sprichst du aus Erfahrung, Paul? Ich dachte, du seist deinem Mädchen zu Hause immer treu...«

Crammond wandte sich den beiden Männern zu, die an der Unterhaltung nicht teilgenommen hatten. Dr. Burnett hörte stirnrunzelnd zu, und Edward Hanbury spielte mit seinem Kakaotopf, offensichtlich beschäftigt, den Bodensatz zu erforschen.

»Möchten Sie uns nicht begleiten, Hanbury?«, fragte Crammond. Der junge Mann sah erschrocken hoch: »Ich glaube, ich wäre nur eine Belastung«, erwiderte er und verzog den Mund zu einem schwachen Lächeln. »Ich bin kein Sportsmann, ich kenne meine Grenzen.«

»Bitte, halten Sie sich bereit«, sagte Somerville zu Crammond und Ellison, »ich werde jetzt die Männer zusammenrufen.«

»Zu Befehl«, sagte Ellison mit einem mokanten Lächeln, wobei seine tiefliegenden, glänzenden schwarzen Augen auf den Ersten Offizier gerichtet waren. »Gehe uns voran, wir folgen - bis zum Südpol - bis zur Hölle, wenn es sein muss. Scott und Shackleton besaßen nichts, was Sie nicht auch haben.«

Somerville blieb an der Tür stehen, er wurde rot. »Wenn Ihnen die Sache komisch vorkommt, wäre es mir lieber, Sie würden zurückbleiben.«

»Dagegen können Sie nichts machen«, entgegnete Ellison achselzuckend, »der Kapitän hat mich eingeteilt. Was ist dabei, wenn ich Ihnen mein Vertrauen ausspreche?«

Somerville zögerte, dann wandte er sich kurz ab und verschwand über -die Treppe,

»Wirklich, das war ein Tiefschlag«, sagte Crammond mit leisem Vorwurf. »Ein unerwünschter und unfairer Tiefschlag!«

Ellison sah ihn von der Seite an. »Na, wenn schon! Haben Sie nicht bemerkt, wie ihn der Gedanke kitzelt, sich bei dieser Rettungsaktion mit Ruhm zu bekleckern? Es steht deutlich auf seinem Gesicht geschrieben. Der Held der Antarktis, - so sieht er sich jetzt schon. Es macht mich geradezu krank.« Er bohrte seine Hände in die Taschen und verließ die Messe.

Hanbury starrte ihm nach, stand auf und stellte seinen Topf laut auf den Tisch. »Wären wir doch niemals hierhergekommen! Es ist geradezu Selbstmord, sich durch dieses Eis durchzuwühlen... Und wir müssen auch wieder zurück - wenn wir Glück haben.« Er schaute sich im Kreise um und eilte aus dem Raum.,

»Na, na, was wissen denn Sie davon!«, rief Symons und sah ihm nach. »Seitdem wir uns mit der El Toro beschäftigen, scheint jeder gleich wie ein Feuerwerk hochzugehen. Der Kapitän ist mit seinen Nerven am Ende, der Erste Offizier ist überempfindlich, Ellison wird so blutrünstig, dass man es nicht mehr mit ihm aushalten kann, und nun fängt Hanbury auch noch an... Was ist denn bloß los?«

Crammond füllte bedächtig seine Pfeife: »Haben Sie das auch bemerkt?«

»Bemerkt? Ha, das muss ja ein Blinder sehen. Bis vor einigen Tagen waren wir eine ganz normale zufriedene Messe, und nun? Nun sitzen wir alle da, und einer würde am liebsten dem anderen den Kopf abbeißen. Ich verstehe das nicht.«

In diesem Augenblick pfiff es aus dem Sprachrohr, das-von der Kommandobrücke in die Messe führte. Symons ging hin und lauschte. Dann sagte er: »Ja, ich habe das schon erwartet... recht so, ich komme rauf.« Er steckte den Stöpsel wieder ins Mundstück und schnitt Crammond eine Grimasse: »Überall voraus festes Packeis. Sicherlich am besten, wir schnallen uns Schlittschuhe an.«

Er ging hinaus, offensichtlich erlöst, endlich eine richtige Aufgabe vor sich zu haben; Crammond und Dr. Burnett blieben zurück.

»Das macht auch Sie nachdenklich, wie?« Dr. Burnett schaute unter seinen buschigen Augenbrauen hervor.

»Ja, sicherlich«, nickte Crammond bedächtig. »Ich bin überrascht. Haben Sie eine Erklärung für die Ausbrüche der verschiedenen Temperamente?«

»Eine verteufelte Sache!«, sagte Dr. Burnett, sein Schnurrbart schien sich zu sträuben. »Man kann nicht Wissenschaft und Gefühl verquicken. Der junge Hanbury hat ganz recht. Wir hätten uns besser in diese Sache gar nicht eingelassen.«

»Sie wollen doch nicht sagen, dass wir die Hilferufe ignorieren sollten?«

»Wir hätten eben vernünftig handeln und die El Toro an die nächsten Häfen melden müssen - in Südamerika oder Australien -, die hätten die Leichen dann einsammeln können, hätten Flugzeuge ausgeschickt, und für die ganze Sache hätten sie viel weniger Zeit gebraucht als wir.«

»Das glaube ich nicht«, erwiderte Crammond. »Es ist fast unmöglich, auf dieser Eiswüste mit einem Flugzeug zu landen - und wahrscheinlich noch viel unmöglicher, wieder zu starten.«

»Das ist mir ganz, gleich, jedenfalls hat es die gesamte Arbeit der Expedition zunichte gemacht.« Dr. Burnett schnob, als er nach seinem Tabaksbeutel suchte. Crammonds Augenbrauen waren grübelnd hochgezogen. War es nicht ungeheuerlich, so zu sprechen?

 

 

 

 

  Drittes Kapitel

 

 

»Gegenstand etwa zwei Strich backbord voraus!«, rief der Mann aus dem Krähennest und gab die Richtung mit seinem Arm an.

Kapitän Mavor horchte bei diesem Ruf auf. »Was kann es sein?«, rief er hinauf.

»Vielleicht Pinguine oder Seehunde... Aber ich glaube fast, es sind Menschen, Sir... Ungefähr zwanzig oder mehr.«

Ein aufgeregtes Raunen lief durch das ganze Schilf. Es war schon später Nachmittag, und während der letzten beiden Stunden hatte man mit dem stetig gefährlicher und bedrohlicher werdenden Eis gekämpft. Große Schneewälle und aufgeschichtete Eisschollen kündigten starke Eispressungen an, und die dauernd wechselnden Positionen der Eisberge zeigten die Gewalt der Strömung.

Der Kapitän kletterte die Stahlleiter am Mast hinauf, am Krähennest vorbei, bis zur Signalrahe unterhalb des Flaggenknopfes. Er stellte sein Fernglas ein. Kleine Punkte, um größere gruppiert, waren zu sehen, wahrscheinlich Boote oder Zelte. Die Entfernung betrug etwa zehn Meilen. Er beobachtete einige Zeit, nahm dann sein Glas von den Augen und kletterte langsam wieder den Mast hinunter.

»Das war eine gute Meldung, Jenkins«, sagte er zu dem Ausguck. »Pass gut auf und melde, sobald sich irgendetwas ändert.«

Offiziere und Wissenschaftler hatten sich erwartungsvoll auf der Brücke versammelt, als er wieder herunterkam. Sein Gesicht war grau und müde. Crammond fand, dass er in den letzten zwei Tagen gealtert sei.

»Fraglos eine Menschengruppe auf dem Eis«, nickte er. »Es sieht so aus, als hätten wir sie gefunden.« Er wandte sich an den Dritten Offizier: »Machen wir noch Fahrt?«

»Nein, wir liegen seit einigen Minuten absolut fest, Sir«, meldete Penfold, »mir scheint, wir kommen nicht mehr weiter.«

Symons kam aus dem Radarraum, blinzelte und starrte auf einen Eisberg, der etwa drei Meilen steuerbord war. »Ich habe ihn ausgemacht, er kommt ziemlich schnell heran. Wir sind direkt in seiner Richtung.«

»Verdammt!« Finster blickte Mavor auf die drohende Eisinsel, einen alten gezackten Eisberg von etwa einer Viertelmeile Länge. Er schritt die Brücke auf und ab und beobachtete den grauverhängten Himmel, an dem die Sonne nur als schwacher roter Kreis schimmerte. Er ging in den Kartenraum, klopfte an das Barometer: es war den ganzen Tag über gefallen; einige Minuten lang blickte er auf die Nadel, dann trat er zurück auf die Brücke, sah wieder auf den näher kommenden Eisberg, fingerte an seinem Bart und bemühte sich augenscheinlich, einen Entschluss zu fassen.

»Sollen wir mal versuchen, uns irgendwie bemerkbar zu machen?«, schlug Somerville vor, der unruhig auf Befehle wartete. »Wir könnten die Sirene gehen lassen und Dampf abblasen.«

»Ja, ja, selbstverständlich, das könnten wir mal versuchen«, antwortete Mavor kurz, mit einem Blick auf den Himmel. »Alle Anzeichen sprechen für einen Sturm. Wenn wir sie nicht heute Abend noch an Bord bekommen, werden wir es nie schaffen... Aber wir müssen hier heraus, bevor uns die verdammten Eisberge erdrücken.« Somerville eilte davon. Die Luft erzitterte von dem tiefen Ton der Dampfpfeife und dem wilden Heulen der Sirene; aus dem Schornstein qualmten schwarze Ruß wölken.

»Sie scheinen keine Notiz davon zu nehmen«, meldete der Ausguck, während er angestrengt die weit entfernten Gestalten beobachtete.

Eine halbe Stunde manövrierte das Schiff, bis es langsam in eine enge Wasserrinne gelangte und so aus der unmittelbaren Bedrohung durch den Eisberg herauskam. Symons verfolgte dessen Bewegungen von der Radarstation aus und konnte schließlich melden, dass der Eisberg, wenn er seinen Kurs nicht ändern würde, achtern an ihnen vorbeigleiten müsste.

Das Wetter änderte sich plötzlich. Ein kalter Wind pfiff durch die Takelage, eine merkliche Dünung setzte ein, das Eis ächzte und krachte. Das Wetter konnte noch schlechter, die Dünung noch stärker werden... Wenn die weite Eisfläche aufbrechen würde zu einer einzigen mahlenden Masse, dann konnte kein Schiff hoffen, heil herauszukommen. Und zehn Meilen trennten sie noch von der abgeschnittenen Besatzung der El Toro.

»Die Idioten müssen blind und taub sein«, brummte der Kapitän, als der Ausguck noch immer kein Zeichen einer Antwort auf ihre Signale meldete. Er schritt die Brücke auf und ab, den Kopf gesenkt. Seine Augen blickten düster. Dann richtete er sich plötzlich auf: »Gut, Somerville, ziehen Sie mit Ihren Leuten los. Wir müssen sie wohl mit Gewalt hereinholen. Ich werde Leuchtraketen abschießen, sobald es dunkel ist, und wir wollen zu Gott hoffen, dass sie uns dann halbwegs entgegenkommen. Ich glaube, das Packeis wird bald aufbrechen... Sie wissen, was das heißt.«

»Jawohl, Sir«, sagte Somerville eifrig. Er begriff, dass wertvolle Zeit versäumt war. »Die Männer stehen schon alle bereit.«

Das Tönen der Dampfpfeife und der Sirene hörte endlich auf. Das Gesicht des Chefingenieurs klärte sich, die große Menge Frischwasser, die in die Luft geblasen war, hatte ihn besorgt gemacht, sie überstieg die Kapazität seiner Dampfkessel. Auch der Signalrauch hatte ihm Sorge gemacht. Der Ruß konnte die Vorwärmung ersticken und dann die Gefahr einer Schornsteinexplosion durch die sich ansammelnden Gase erhöhen.

Crammond hatte alles ruhig beobachtet und ging unter Deck, um seine Kamera zu holen. Die Kabinen der Wissenschaftler unter dem Schutzdeck auf der Steuerbordseite waren kleine Löcher, in denen gerade ein Bett, eine Waschschüssel, ein Klapptischchen und ein Stuhl Platz hatten. Ellisons Kabine lag neben der seinen, und als er vorbeiging, sah er flüchtig durch die offene Tür, wie Ellison eben eine kleine Mauserpistole in die Brusttasche seiner Windjacke schob. Fast wäre Crammond stehengeblieben, aber er ging unbemerkt in seine Kabine. Dass Ellison eine kleine 6,35-mm-Waffe besaß, wusste er wohl, aber mit einer Waffe herumzulaufen und in melodramatischen Gefühlen zu schwelgen, das sah ihm nicht ähnlich. Crammond gab es auf, darüber nachzudenken. Er hängte seine Präzisionskamera um und ging wieder an Deck, wo Ellison schon auf ihn wartete.

Die Antares manövrierte an das feste Packeis heran, der Zweite und Dritte Offizier beaufsichtigten das Auswerfen der Eisanker vor und hinter dem Schiff. Die Landungsgruppe sprang auf das Eis, ausgestattet mit Eisäxten, elektrischen Lampen und der Ausrüstung für Erste Hilfe.

Sie nahmen einen Schlitten mit - für den Fall, dass sich Verletzte unter der Besatzung der El Toro befinden sollten. Als sie abmarschbereit waren, kam der Kapitän zum Zwischendeck herunter und sprach noch ein paar Worte zu Somerville.

»Denken Sie daran, dass Sie für Ihre Leute verantwortlich sind«, sagte er ernst, »und dass Sie keinerlei unnötige Wagnisse eingehen dürfen. Wenn das Eis Anzeichen von Aufbrechen gibt, dann kehren Sie sofort um. Keinerlei Heldentaten, die Sie und uns in Schwierigkeiten bringen können. Sie kennen die Gefahr ebenso gut wie ich, und Sie haben dementsprechend zu handeln. Halten Sie mit der Signallampe Verbindung mit dem Schiff. Ich muss es jederzeit in der Hand haben, Sie zurückzurufen, falls unsere Lage hier zu ungemütlich wird. Haben Sie mich verstanden?«

»Jawohl, Sir, selbstverständlich.«

»Gut. Dann los und viel Glück.«

»Danke, Sir.« Somerville kletterte über die Reling und sprang auf das Eis hinunter. Obermatrose Wright teilte die Männer in Schlittenmannschaft und Ablösungen ein, was von den Zurückbleibenden mit Witzen und Ratschlägen begleitet wurde: »Wo bleibt die Peitsche, Shiner?«

»Gripes Lofty, du siehst noch gar nicht wie ein richtiger Eskimo aus!«.. »Soll ich dir einen Hundekuchen hinunterwerfen?«.. »Deine Alte würde sich freuen, wenn sie dich in dieser Aufmachung sähe!«.. »Hast du auch nicht deine Wärmflasche vergessen?...«

Die Männer auf dem Eis antworteten gutmütig, während Crammond noch eine Aufnahme machte. Ellison stand abseits, lehnte sich auf seinen Eispickel und verfolgte das Tun und Treiben mit unfreundlichen Blicken. 

»Wenn wir erst unterwegs sind, werden sie nicht mehr so guter Dinge sein«, spöttelte er, als sie unter Hurra über das Eis abzogen. »Sie scheinen tatsächlich zu glauben, dass es zu einem Picknick geht.«

»Seeleute sind nun mal so. Alles Ungewöhnliche fassen sie als Jux auf, und das ist auch keine schlechte Einstellung«, antwortete Somerville und stellte mit seinem prismatischen Kompass den Kurs fest. Seine Stimme nahm häufig einen gönnerhaften Ton an, wenn er mit den Gelehrten über Dinge sprach, von denen sie seiner Meinung nach nicht viel verstanden.

»Mir kommt es mehr wie ein zwangsläufiger Reflex vor«, spottete Ellison. »Seit Generationen ist uns eingehämmert worden, dass wir Briten angesichts von Gefahren Witze machen müssen, und das geschieht dann auch automatisch. Ich bin überzeugt, dass ihnen dabei verdammt elend zumute ist.«

»Und Ihnen?«

»Was?«

»Sind Sie nicht auch beunruhigt?«

»Warum?« Ellison lachte sarkastisch. »Wenigstens mache ich mir nichts vor und versuche nicht, ein Besserwisser zu sein.«

Crammond blickte flüchtig auf das gut geschnittene Gesicht, das man ohne den missgünstigen Zug um den Mund und den bitteren Zynismus in den tiefliegenden Augen als hübsch hätte bezeichnen können. Nun waren sie schon sechs Monate unterwegs, und er wusste heute noch nicht mehr von diesem Mann als in den Tilbury-Docks, wo er ihn zum ersten Mal getroffen hatte. Ellison war ein kluger Gelehrter, ein unternehmender und mit eigenen Ideen arbeitender Mann, aber er schien einen bitteren, giftigen Hass auf die Menschheit in sich zu tragen. Crammond hatte wohl versucht, herauszubekommen, was ihn zu einem Menschenverächter gemacht hatte, aber es war ihm nicht gelungen. Er war nach wie vor ein Rätsel, und er schien in dieser Rolle eine krankhafte Genugtuung zu finden. In der Messe hatte ihm das den Namen eines »missgünstigen Heiligen« eingebracht.

»Warum sind Sie eigentlich mitgekommen?« versuchte Crammond zu sondieren; er dachte an die Pistole.

Ellison stolperte einige Schritte weiter über das Eis. »Lediglich zur Abwechslung, vermutlich«, sagte er gedehnt. »Warum sind denn Sie mitgegangen?«

»Ich habe meine Motive noch nicht analysiert. Ich vermute Neugierde.

»Also auch nichts Besseres!«, rief Ellison barsch zurück.

»Mürrischer Bursche«, warf Somerville ein.

»Scheint sogar ansteckend zu sein«, sagte Crammond. »Im Augenblick ist wohl jeder gereizt.«

»Stimmt auffallend, und man weiß nicht, was sie alle bedrückt«, gab Somerville zu.- Er kam mit Crammond besser aus als mit den anderen Wissenschaftlern, hauptsächlich weil sie als ehemalige Marineoffiziere die gleiche Sprache sprachen. »Selbst der Alte benimmt sich launisch wie eine alte Jungfer und scheint nicht zu einem Entschluss kommen zu können.«

»Da kann ich ihm keinen Vorwurf machen. So ein leicht gebautes Schiff wie die Antares durch das Eis zu bringen, ist kein Spaß. Aber von Unentschlossenheit habe ich an ihm auch nichts beobachten können.«

»Selbstverständlich, er ist ein geborener Seemann«, nickte der Erste. »Aber gewünscht hätte ich, er würde uns bereits heute Nachmittag, als wir die Schiffbrüchigen entdeckten, losgeschickt haben, anstatt zwei Stunden Tageslicht zu versäumen.«

»Ich versteh schon, dass er das Risiko einer Rettungsexpedition nicht auf sich nehmen wollte, solange es nicht unbedingt nötig war«, verteidigte Crammond den Kapitän, »es konnte immerhin sein, dass sie uns sehen und dann auf uns zukommen würden.«

»Ich weiß nicht...« Somerville hielt inne, um die Marschrichtung mit dem Kompass zu vergleichen. »Es ist viel wahrscheinlicher, dass sie ganz erschöpft sind und nicht einmal mehr einen Ausguck stellen können. Tatsache ist: wir haben zwei Stunden verpasst! Und das bedeutet, dass wir unsere Aufgabe nicht bei Tageslicht schaffen und in der Dunkelheit herumirren werden... Achtung! Gerade vor uns ist eine Eisrinne aufgebrochen. Hoffentlich geht das nun nicht so weiter.«

Eine schwarze Zickzacklinie öffnete sich langsam vor ihnen zu einer drei Meter breiten Wasserrinne.

»Ein Jammer, dass wir keinen von diesen Amphibien-Jeeps dahaben«, meinte einer der Schlittenzieher, als sie zurückgehen mussten, was einen Umweg von einer halben Meile bedeutete.

Sie kamen auf eine raue, unebene Fläche mit Eishöckern und Schollen, die zusammengeschoben und zusammengefroren waren. Das Ziehen des Schlittens war eine mühselige und anstrengende Arbeit: er klemmte sich immer wieder in den Spalten fest, und über die Eisbuckel musste er vorsichtig geschoben oder hinweggehoben werden. Bei jedem Meter gab es neue Hindernisse. Jeder hatte mit sich genug zu tun, um durchzuhalten. Die Kolonne stolperte weiter, man hörte nur noch wenig sprechen, hin und wieder die notwendigen Befehle für die Ablösung der Schlittenzieher.

Es war ein großes und unendliches Schweigen, unterbrochen von dem unheimlichen Knarren und Mahlen des in sich arbeitenden Eises. Der drohende Himmel schien sich auf sie niederzusenken, die Schwärze drückte gegen das blauweiße Eis; und ohne den Mast der Antares, den sie hin und wieder sahen, wenn sie über Eiswälle hinwegkletterten, konnten sie sich vorkommen wie die letzten Menschen in einer toten Welt. Der auf kommende Wind heulte, und die zunehmende Dunkelheit verstärkte das Gefühl völliger Verlassenheit.

»Was würden Sie jetzt für einen Abend in Sauchiehall Street zahlen?«, fragte Peter McVey, der sich Crammond anschloss. Er war ein kleiner, zäher, heiterer und angriffslustiger Kerl von vierundzwanzig Jahren, mit rotem Haar, lebhaften blauen Augen und messerscharfem Clyde-Dialekt. Der Chief hatte ihn zu seiner Genugtuung, aber zu Tenbys Missvergnügen der Kolonne zugeteilt.

»Wäre ich jetzt bloß in Glasgow und könnte da eine Sohle aufs Parkett legen.«

»Heute Abend wird irgendeiner mit ihr ausgehen.«

»Todsicher. Mir kann diese ganze Gegend gestohlen bleiben.« Er wandte sich an Somerville: »Sind Sie davon überzeugt, dass wir noch nicht an ihnen vorbeigelaufen sind und jetzt gerade auf den Südpol zumarschieren? Ich möchte hier wirklich nicht verlorengehen.«