Die Beendigung der Kurzarbeit - Theresa Maria Hess - E-Book

Die Beendigung der Kurzarbeit E-Book

Theresa Maria Hess

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Beschreibung

Die Einführung und die Beendigung von Kurzarbeit stellt für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer eine Herausforderung dar, deren rechtliche und praktische Aspekte berücksichtigt werden müssen. Um den Herausforderungen zu begegnen, ist eine Prognose des Verlaufs vonseiten des Arbeitgebers unerlässlich. In einigen Fällen wird bei der Einführung von Kurzarbeit deshalb das Enddatum festgelegt. Es gilt jedoch, dass je früher sich die Auftragslage verbessert, desto besser für den Betrieb. Sobald die Krise überwunden ist, soll wieder zur Normalarbeit zurückgekehrt werden. Gerade dieser wünschenswerte Ausgang, dass die Kurzarbeit vorzeitig beendet werden kann, wird zumeist aber nicht bedacht und dementsprechend nicht geregelt. Der Übergang zurück zur Normalarbeit – die "Gestaltung der Landebahn" der Kurzarbeit – wird nicht antizipiert. Der Arbeitgeber hat aber ein Interesse daran möglichst schnell wieder zum Status quo ante zurückzukehren. Schließlich hat er die Kurzarbeit als flexibles Instrument zur Krisenüberwindung gewählt. Auf der anderen Seite hat der Arbeitnehmer womöglich auf eine eingeführte Kurzarbeit (Null) vertraut. Diese mitunter schützenswerten Interessen müssen mit dem flexiblen Kriseninstrument der Kurzarbeit in Einklang gebracht werden. Der Frage, ob und wie die Kurzarbeit (vorzeitig) beendet werden kann und wie dabei im Hinblick auf schützenswerte individual- und kollektivrechtliche, aber auch tatsächliche Interessen der Parteien Rücksicht zu nehmen ist, geht die Arbeit nach.

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Seitenzahl: 465

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die Beendigung der Kurzarbeit

Theresa Maria Hess

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss. iur., 2024

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN 978–3–8005–1973–6

© 2025 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Mainzer Landstr. 251, 60326 Frankfurt am Main, [email protected]

www.ruw.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung

außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, 99947 Bad Langensalza

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2024/2025 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Februar 2025 berücksichtigt.

Ich danke meinem Hochschullehrer Professor Dr. Markus Stoffels herzlich für die Betreuung dieser Arbeit. Herrn Professor Dr. Thomas Lobinger danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Dank schulde ich ferner der Deutschen Lufthansa AG für die Möglichkeit, mich durch Kurzarbeit Null intensiv dieser Arbeit widmen zu können, sowie für die damit verbundene finanzielle Unterstützung während der Corona-Pandemie und die Inspiration für diese Arbeit.

Großen Dank schulde ich meinen Studienkollegen und Freunden, die mir stets unermüdliche Motivatoren und wertvolle Ratgeber in allen Fragen waren. Besonderer Dank gilt Johannes Tegel, Dr. Lennert Thormählen, Dr. Katharina Weidl und Jannik Duttlinger für die engagierte Durchsicht des Manuskripts.

Ein besonderes Bedürfnis ist es mir meiner wunderbaren Familie und insbesondere meinen Eltern zu danken, die sich mit jedem Fortschritt freuten und mich stets motiviert haben weiter zu schwimmen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Theresa Maria Hess

Inhaltsübersicht

Vorwort

A. Einleitung

I. Problemstellung und Relevanz des Untersuchungsgegenstandes

II. Gang der Untersuchung

B. Grundlagen

I. Begriff der Kurzarbeit

II. Historische Entwicklung der Kurzarbeit

III. Einführung von Kurzarbeit mit Kurzarbeitergeld

IV. Gründe für eine Beendigung der Kurzarbeit

V. Zwischenergebnis

C. Rechtsgrundlage für die Einführung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber

I. Weisungsrecht des Arbeitgebers

II. Individualvertragliche Rechtsgrundlagen

III. Tarifvertrag

IV. Betriebsvereinbarung

V. Einführung von Kurzarbeit aufgrund gesetzlicher Bestimmungen

VI. Zwischenergebnis

D. Rechtsgrundlage für die Beendigung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber

I. Beendigung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts

II. Konsequenzen für die Diskussion

III. Rechtsgestalterische Möglichkeiten zur Beendigung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber

IV. Zusammenfassung

E. Arbeitnehmerschutz im Rahmen der Beendigung der Kurzarbeit

I. Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit

II. Ankündigungsfrist zur Rückholung

III. Erreichbarkeit des Arbeitnehmers

IV. Auswahlentscheidung bei mehreren Arbeitnehmern

V. Zwischenergebnis

F. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei Beendigung der Kurzarbeit

I. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmung beim Abbau von Kurzarbeit

II. Meinungsspektrum im Hinblick auf die Mitbestimmung bei der Beendigung der Kurzarbeit

III. Eigene Auffassung

IV. Ausgewählte Sonderkonstellationen

V. Ergebnis

G. Ergebnisse

H. Literaturverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

A. Einleitung

I. Problemstellung und Relevanz des Untersuchungsgegenstandes

II. Gang der Untersuchung

B. Grundlagen

I. Begriff der Kurzarbeit

1. Erscheinungsformen von Kurzarbeit

2. Keine Erscheinungsform der Kurzarbeit

3. Ergebnis

II. Historische Entwicklung der Kurzarbeit

1. Ende der 19. Jahrhunderts

2. Anfang des 20. Jahrhunderts

3. Die Entwicklung von 1918 bis 1945

4. Nachkriegsentwicklung und Wiedervereinigung

5. Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009

6. Covid-19-Pandemie 2020–2022

7. Zwischenergebnis

8. Exkurs: Kurzarbeit im Rechtsvergleich

III. Einführung von Kurzarbeit mit Kurzarbeitergeld

1. Formen der Kurzarbeit

a) Saison-Kurzarbeit(ergeld)

b) Transfer-Kurzarbeit(ergeld)

2. Ursachen für die Einführung von Kurzarbeit

3. Voraussetzungen für das sozialrechtliche Kurzarbeitergeld

a) Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall

aa) Wirtschaftliche Gründe oder unabwendbares Ereignis

bb) Vorübergehender Arbeitsausfall

cc) Unvermeidbarer Arbeitsausfall

dd) Volumen des Arbeitsausfalls

b) Betriebliche Voraussetzungen, § 97 SGB III

c) Persönliche Voraussetzungen, § 98 SGB III

d) Sonstige Voraussetzungen

e) Zusammenfassung

4. Interdependenzen/Verbindung zwischen Arbeits- und Sozialrecht

5. Voraussetzungen für arbeitsrechtliche Kurzarbeit

6. Zwischenergebnis

IV. Gründe für eine Beendigung der Kurzarbeit

1. Wegfall der Voraussetzungen oder der Anlassbestimmung

2. Wegfall des Kurzarbeitergeldes

3. Beendigung, wenn Arbeitgeber neue Arbeitnehmer einstellt

4. Beendigung durch Anbieten der Arbeitskraft durch Arbeitnehmer

5. Beendigung durch Kündigung des Arbeitgebers

6. Beendigung durch Kündigung des Arbeitnehmers

V. Zwischenergebnis

C. Rechtsgrundlage für die Einführung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber

I. Weisungsrecht des Arbeitgebers

II. Individualvertragliche Rechtsgrundlagen

1. Bedeutung der individualrechtlichen Vereinbarung

a) Betriebsratsloser Betrieb

b) Leitende Angestellte

2. Vertrag aus konkretem Anlass

3. Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag

a) Verortung im Arbeitsvertrag

b) Unzulässigkeit bedingungsloser Direktionsrechtserweiterung

c) Inhaltliche Anforderungen an die Klausel

aa) Erheblicher Arbeitsausfall als Voraussetzung

bb) Machtüberlegenheit des Arbeitgebers

cc) Koppelung an das Kurzarbeitergeld

dd) Begrenzung der prozentualen Reduzierung

ee) Bezugnahme oder Benennung

ff) Festlegung von Umfang, Dauer und Ausmaß der Kurzarbeit

gg) Ankündigungsfrist

hh) Zwischenergebnis

d) Billigkeitskontrolle

4. Änderungskündigung

a) Grundsätzliche Zulässigkeit

b) Ordentliche Änderungskündigung

c) Außerordentliche Änderungskündigung

d) Nachteile der Änderungskündigung

5. Kritik an individualrechtlichen Vereinbarungen

III. Tarifvertrag

IV. Betriebsvereinbarung

1. Grundsätzliche Tauglichkeit der Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage zur Einführung von Kurzarbeit

a) Die rechtliche Ermächtigung aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

b) Bedenken im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip

2. Regelungen in der Betriebsvereinbarung

V. Einführung von Kurzarbeit aufgrund gesetzlicher Bestimmungen

VI. Zwischenergebnis

D. Rechtsgrundlage für die Beendigung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber

I. Beendigung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts

1. Meinungsspektrum

a) Beendigung kraft Weisungsrechts möglich

b) Differenzierung nach befristet oder unbefristet eingeführter Kurzarbeit

c) Enddatum der Kurzarbeit als Höchstfrist

d) Differenzierende Lösung nach Rumpff und Dröge

e) Gedanke der Spiegelbildlichkeit

f) Keine Beendigung kraft Weisungsrechts möglich

2. Stellungnahme

II. Konsequenzen für die Diskussion

1. Anwendung der actus-contrarius-Doktrin

a) Interessenlage bei der Einführung von Kurzarbeit

b) Interessenlage bei der Beendigung der Kurzarbeit

aa) Arbeitgeberinteressen bei der Beendigung

bb) Arbeitnehmerinteressen bei der Beendigung

cc) Exkurs: Hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Faulheit?

dd) Eingriffsintensität und Schutzwürdigkeit der Interessen des Arbeitnehmers

c) Zwischenergebnis

2. Ergebnis

III. Rechtsgestalterische Möglichkeiten zur Beendigung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber

1. Individualvertraglich

a) Aufhebungsvertrag

b) Einseitiges Beendigungsrecht des Arbeitgebers

c) Die Regelung der Beendigung der Kurzarbeit in der Kurzarbeitsklausel

aa) Beendigungsklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung

bb) Beendigungsklausel in Form eines Widerrufsvorbehalts

cc) unangemessene Benachteiligung

dd) Anknüpfung an den Wegfall des Kurzarbeitergeldbezuges

d) Keine Vorabregelung zur Beendigung

aa) Teilkündigung

bb) Ergänzende Vertragsauslegung

(1) Ausgangslage

(2) Lücke in Vertrag und Gesetz

(3) Auslegung des Parteiwillens

(4) Vertragsergänzung oder Vertragsausgestaltung?

(5) Stellungnahme

(6) Andere Bewertung bei befristeter Einführung der Kurzarbeit?

(7) Koppelung an das Kurzarbeitergeld

cc) Zwischenergebnis

e) Besonderheiten bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne vorherige Vereinbarung

aa) Zulässigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung

bb) Auslegung

cc) Zwischenergebnis

f) Ergebnis

2. Betriebsvereinbarung

a) Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit in der konkreten Situation

aa) Fristablauf

bb) Ende im Zeitpunkt der Zweckerreichung

cc) Einigung

dd) Kündigung der Betriebsvereinbarung

(1) Vorab vereinbartes Kündigungsrecht

(2) Gesetzliches Kündigungsrecht

(3) Außerordentliche Kündigung

(4) Teleologische Reduktion des § 77 Abs. 5 BetrVG

(5) Möglichkeit der ergänzenden Auslegung im Hinblick auf die Verkürzung der Kündigungsfrist

(6) Ergänzende Auslegung der Betriebsvereinbarung

ee) Zwischenergebnis

b) Betriebsvereinbarung, die ein (generelles) einseitiges Einführungsrecht für Arbeitgeber vorsieht

c) Ergebnis

3. Tarifvertrag

a) Befristung und auflösende Bedingung

b) Beendigung der Kurzarbeit aufgrund Rechts aus Tarifvertragsklausel

c) Beendigung des gesamten Tarifvertrages

d) Zwischenergebnis

IV. Zusammenfassung

E. Arbeitnehmerschutz im Rahmen der Beendigung der Kurzarbeit

I. Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit

1. Grundsätzliche Rechte und Pflichten

2. Einseitiges Beendigungsrecht des Arbeitnehmers

II. Ankündigungsfrist zur Rückholung

1. Notwendigkeit einer Ankündigungsfrist?

a) Wofür braucht der Arbeitnehmer eine Ankündigungsfrist?

b) Angemessene Ankündigungsfrist als zwingende Folge der Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit Null

c) Ankündigungsfristen als arbeitsrechtlicher Grundgedanke?

2. Länge der Frist

a) Meinungsspektrum

b) Rechtliche und praktische Herangehensweisen

c) Rechtsfolge zu kurzer oder fehlender Fristen

3. Ankündigungsfrist bei Unterbrechung der Kurzarbeit?

III. Erreichbarkeit des Arbeitnehmers

1. Art der Kontaktaufnahme

2. Meinungsstand

3. Einordnung in bestehende Systeme des Arbeitsrechts

4. Anwendung der Grundsätze über den Zugang von Willenserklärungen

a) Private (E-Mail-)Adresse

b) Dienstliche E-Mail-Adresse bzw. Postfach

5. Tägliche Erreichbarkeit als arbeitsvertragliche Nebenpflicht

IV. Auswahlentscheidung bei mehreren Arbeitnehmern

V. Zwischenergebnis

F. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei Beendigung der Kurzarbeit

I. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmung beim Abbau von Kurzarbeit

1. Sachverhalt

2. Entscheidung und Begründung

II. Meinungsspektrum im Hinblick auf die Mitbestimmung bei der Beendigung der Kurzarbeit

1. Kein Mitbestimmungsrecht bei der Beendigung der Kurzarbeit

2. Mitbestimmung bei der (vorzeitigen) Beendigung der Kurzarbeit

III. Eigene Auffassung

1. Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

a) Kurzarbeit und betriebsübliche Arbeitszeit

b) „vorübergehend“ als zeitliches Element

c) Mitbestimmungsrecht „bei“ der Kurzarbeit

2. Systematische Stellung des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

a) Vergleich zu § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG

b) Vergleich zur Situation beim Abbau von Überstunden

3. Historische Auslegung

4. Telos des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

a) Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG

b) Mitbestimmung „bei“ Kurzarbeit

c) Keine Notwendigkeit für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

5. Zwischenergebnis

IV. Ausgewählte Sonderkonstellationen

1. Mitbestimmung bei einer Unterbrechung der Kurzarbeit

2. Mitbestimmungsrecht bei länger andauernder Kurzarbeit

3. Mitbestimmung bei einem schrittweisen Ausstieg aus der Kurzarbeit

V. Ergebnis

G. Ergebnisse

H. Literaturverzeichnis

A. Einleitung

Während der Covid-19-Pandemie erwies sich die Kurzarbeit als das arbeitsrechtliche Mittel der Stunde. Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit und der drastischen Rückgänge in der Auftragslage nutzten zahlreiche Unternehmen dieses flexible Instrument, um Beschäftigungsverhältnisse aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die finanziellen Belastungen zu minimieren. Kurzarbeit ermöglichte es den Betrieben, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu reduzieren und die daraus resultierenden Lohneinbußen durch Kurzarbeitergeld teilweise zu kompensieren. Dies schuf eine vorteilhafte Lösung für beide Seiten: Arbeitgeber konnten ihre Belegschaft trotz temporärer Einbrüche in der Auftragslage behalten, und Arbeitnehmer behielten ihre Arbeitsplätze sowie ein Mindestmaß an Einkommenssicherheit. Die Kurzarbeit wurde so zu einem unverzichtbaren Instrument, das half, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern und die strukturelle Integrität des Arbeitsmarktes zu bewahren.

Die Einführung und die Beendigung von Kurzarbeit stellt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer eine Herausforderung dar, deren rechtliche und praktische Aspekte sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist eine Prognose des Verlaufs vonseiten des Arbeitgebers unerlässlich. In einigen Fällen wird bei der Einführung von Kurzarbeit deshalb das Enddatum im Voraus festgelegt. Es gilt jedoch, dass je früher sich die Auftragslage verbessert, desto besser für den Betrieb. Eine vorzeitige Rückkehr zur Normalarbeit ist wünschenswert. Die Krise ist überwunden, die Auftragslage hat sich verbessert und es kann zur Normalarbeit zurückgekehrt werden. Gerade dieser Ausgang, dass die Kurzarbeit vorzeitig beendet werden kann, wird in den meisten Fällen aber nicht bedacht und dementsprechend nicht geregelt. Der Übergang zurück zur Normalarbeit oder die „Gestaltung der Landebahn“1 der Kurzarbeit wird nicht antizipiert. Dabei ist von Anfang an beiden Seiten klar, dass die einmal eingeführte Kurzarbeit auch wieder beendet werden muss – idealerweise so früh wie möglich.

Die Covid-19-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass die Rückkehr in die Vollarbeit zuweilen auch schneller erfolgen kann als erwartet. Teilweise änderte sich die Lage stündlich. Es wurden neue Meldungen zur Situation veröffentlicht, Pläne umgeworfen oder Prognosen neu aufgestellt.2 Dennoch haben einige Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer vorsorglich für längere Zeiträume, stellenweise auch für mehr als ein Jahr, in Kurzarbeit (Null)3 geschickt. Als sich die Auftragslage verbesserte, konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden.

In einem solchen Fall möchte der Arbeitgeber verständlicherweise möglichst schnell wieder starten. Schließlich hat er die Kurzarbeit als besonders flexibles Instrument zur Krisenüberwindung gewählt. Auf der anderen Seite hat der Arbeitnehmer womöglich auf die zunächst eingeführte Kurzarbeit (Null) vertraut. Diese mitunter schützenswerten Interessen müssen mit dem flexiblen Kriseninstrument der Kurzarbeit in Einklang gebracht werden.

Der Frage, ob und wie die Kurzarbeit (vorzeitig) beendet werden kann und wie dabei im Hinblick auf schützenswerte individual- und kollektivrechtliche, aber auch tatsächliche Interessen der Parteien Rücksicht zu nehmen ist, geht diese Arbeit nach.

I. Problemstellung und Relevanz des Untersuchungsgegenstandes

Grundsätzlich gilt, dass jeder Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, gemäß seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit beschäftigt zu werden.4 Im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse existiert aber auch fortlaufend das Bedürfnis, eben jenes an geänderte Rahmenbedingungen rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Natur anzupassen.5 Krisen führen zu Phasen wirtschaftlicher Unsicherheiten. Aufträge und Nachfragen gehen zurück, Lieferketten stocken oder brechen weg und Unternehmen sehen sich gezwungen, darauf zu reagieren. Ein Betrieb kann gezwungen sein oder sich dazu entscheiden, die Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer zu verkürzen oder einzuschränken.6 Um den Rückgang des Arbeitsvolumens zu bewältigen7, steht dem Arbeitgeber zur Veränderung oder Anpassung der Arbeitszeit das Instrument der Kurzarbeit zur Verfügung.8 Mit der Kurzarbeit wird die betriebsübliche regelmäßige Arbeitszeit mit der Folge der entsprechenden Lohnkürzung verkürzt, vor allem um so dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz und dem Arbeitgeber das eingearbeitete Personal zu erhalten. Die Kurzarbeit ist gemeinsam mit dem Kurzarbeitergeld das vorgesehene arbeitsrechtliche Rettungsinstrument, um derart Krisen durchzustehen und danach, wenn der wirtschaftliche Aufschwung wieder da und die Krise damit überwunden ist, zu gewohnten Mustern zurückzukehren.

Die jüngst wohl überstandene Covid-19-Pandemie hat die Wirtschaft schwer belastet. Zur Pandemiebekämpfung staatlich angeordnete Schließungsverfügungen und andere Maßnahmen haben auch die Arbeitgeber gezwungen, sich schnell auf die Begebenheiten einzustellen. Dabei war die Kurzarbeit wieder einmal das Instrument der Stunde.9 Die schnelle Reaktion der Unternehmen, Kurzarbeit einzuführen, die Anzahl der Arbeitnehmer, die sich dadurch in Kurzarbeit befanden oder auch die politischen Schrauben, die hinsichtlich des Kurzarbeitergeldes gedreht wurden, machten die Kurzarbeit mit einem Schlag wieder omnipräsent. Zuletzt wurde das erneut deutlich, als, ausgelöst durch den Ukrainekrieg, die erleichterten Zugangsvoraussetzungen zum Kurzarbeitergeld, die eigentlich als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie festgesetzt wurden, abermals verlängert wurden.10 Diese Verlängerung veranschaulicht, dass die Kurzarbeit weiterhin praktische Bedeutung hat. Der historische Überblick wird zeigen, dass Krisen immer wieder die Betriebe einzelner Branchen in die Kurzarbeit gedrängt haben und vermutlich auch in Zukunft drängen werden.

Insbesondere aus der Covid-19-Pandemie lässt sich lernen. Diese hat mit den aufeinanderfolgenden Infektionswellen wiederholt für Anpassungsbedarf in den Betrieben gesorgt. Bedingt durch den wellenartigen Verlauf der Inzidenzen und Positivraten, haben Verschärfungen und Lockerungen einander während der Pandemie abgelöst. Die Kurzarbeit zielt als Instrument der flexiblen Arbeitszeitanpassung darauf ab, dementsprechend reagieren zu können.11 Wenn eine Zeit des Auftragsmangels herrscht, gilt es, durch Kurzarbeit die Arbeitszeit zu reduzieren und wenn Aufträge wieder verzeichnet werden, ist das Interesse hoch, auch darauf wieder schnell zu reagieren. Dabei ist es Aufgabe des Arbeitgebers stetig zu überprüfen, ob es Anpassungen der Arbeitszeit bedarf.12 Die Bundesagentur für Arbeit fordert Arbeitgeber und Betriebsvertretungen aktiv dazu auf, sich „laufend darum zu bemühen, den Arbeitsausfall zu verringern oder zu beenden.“13 Schließlich ist es auch im Interesse des Staates, nicht weiter durch Kurzarbeitergeld finanziell unterstützen zu müssen. In dieser Phase, in der der Arbeitnehmer sich noch in Kurzarbeit befindet und der Arbeitgeber wieder Arbeitsbedarf hat, setzt die vorliegende Arbeit an.

Denn genau an diesem Punkt herrscht Rechtsunsicherheit.14 Unter Umständen liegt dies daran, dass bei der Kurzarbeit den Parteien vieles selbst überlassen wird. Der Gesetzgeber hat die arbeitsrechtlichen Fragen schlicht nicht geregelt. Das zeigt ein Blick auf die verschiedenen Ebenen der Normhierarchie: Das Grundgesetz erwähnt die Kurzarbeit nicht. Einfachgesetzlich sind Teilaspekte der Kurzarbeit geregelt. Zum einen findet sie sich im dritten Sozialgesetzbuch im sechsten Abschnitt, in welchem der Verbleib in Beschäftigung geregelt ist. Allerdings regelt das Recht zur Arbeitsförderung in den §§ 95ff. SGB III in erster Linie die sozialrechtlichen Aspekte und damit das Kurzarbeitergeld und die Sonderformen des Kurzarbeitergeldes. Unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten findet die Kurzarbeit an zwei Stellen Erwähnung: Zunächst im Zusammenhang mit dem Transferkurzarbeitergeld in § 19 KSchG. Der Gesetzgeber macht in § 19 Abs. 2 KSchG deutlich, dass Kurzarbeit im Arbeitsverhältnis mit einer Lohnkürzung einher geht. An anderer Stelle hält § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG fest, dass der Betriebsrat bei der vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen hat. Insoweit gibt es kollektivrechtliche Regelungen. Die konjunkturelle Kurzarbeit findet in individualvertraglicher Hinsicht einfachgesetzlich keine weitere Erwähnung. Es bleibt die Ebene der vertraglichen Regelungen im Arbeitsverhältnis. Tarifverträge enthalten in Bezug auf die Thematik der Kurzarbeit regelmäßig lediglich Öffnungsklauseln für Betriebsvereinbarungen. Folglich ist man im Rangverhältnis in den Bereichen, in denen die Gestaltung den Arbeitsvertragsparteien überlassen wird. Dies führt zu Rechtsunsicherheit.

Diese wird weiter dadurch verstärkt, dass es zur Beendigung bislang nur eine höchstrichterliche Entscheidung des BAG von 1978 gibt, welche darüber hinaus nur die kollektivrechtliche Frage behandelt, ob der Abbau der Kurzarbeit der Mitbestimmung unterliegt.15 Der erste Senat des Bundesarbeitsgerichts erkannte schon zu dieser Zeit, dass es sich um eine „kontrovers beurteilte betriebsverfassungsrechtliche Frage, die (…) in Zukunft jedenfalls inhaltlich wieder auftreten kann“,16 handelt. Auch in der Literatur wurde die Frage, wie die Beendigung ablaufen kann, in Fachaufsätzen17 und Monographien18 nur spärlich behandelt und dabei zumeist nur im Rahmen der soeben genannten Entscheidung kollektivrechtlich betrachtet. Wegen der aktuellen Brisanz und der Erkenntnis, dass die Kurzarbeit in ihrer internationalen Vorreiterrolle auch in Zukunft wieder herangezogen wird, besteht ein Bedürfnis an einer weiteren Studie, die sich den individual-, wie auch kollektivrechtlichen Fragestellungen widmet, die sich bei der Beendigung der Kurzarbeit stellen.

Bei der Einführung der Kurzarbeit ist in Betrieben mit Betriebsrat nicht nur die individualrechtliche, sondern auch die mitbestimmungsrechtliche Hürde zu beachten.19 Auch der Frage, ob und wie es diese Hürden auch bei der Beendigung zu nehmen sind, geht diese Arbeit nach.

Auch aus Arbeitnehmersicht gilt es die Beendigung der Kurzarbeit zu beleuchten. So stellt sich für den Arbeitnehmer, der vorsorglich für einen längeren Zeitraum Kurzarbeit angekündigt bekommen hat, die Frage, inwiefern er sich für eine Rückkehr zur Vollarbeit jederzeit bereithalten muss. Es bleibt auch zu klären, wie der Arbeitnehmer erreichbar sein muss und wie kurzfristig er mit einer Rückholung rechnen muss. Diese eher praktische Problematik gilt es rechtlich zu untersuchen.

II. Gang der Untersuchung

Nach der Einführung in die Thematik bildet das Grundlagenkapitel den Ausgangspunkt der Untersuchung. Diese Arbeit behandelt die Beendigung der konjunkturellen Kurzarbeit. Daher werden die Besonderheiten zur Transferkurzarbeit allenfalls am Rande erwähnt und zur Abgrenzung und zu Argumentationszwecken angeführt. Nicht näher eingegangen werden soll indessen auf die streikbedingte Kurzarbeit.

Beginnend mit einer Begriffsklärung wird im Anschluss die historische Entwicklung der Kurzarbeit dargestellt. Bereits dort wird deutlich werden, dass die arbeitsrechtliche Kurzarbeit und das sozialrechtliche Kurzarbeitergeld untrennbar miteinander verbunden waren und es teilweise heute noch sind. Diese Verzahnung trägt sich durch die gesamte Arbeit und wird im darauffolgenden Unterkapitel erneut deutlich, wenn die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit und das Beziehen von Kurzarbeitergeld beleuchtet werden. Bevor sich die Arbeit im weiteren Verlauf um die rechtlichen Aspekte der Beendigung der Kurzarbeit drehen wird, wird dem eine beispielhafte Aufzählung vorangestellt, welche tatsächlichen Gründe zu einer (vorzeitigen) Beendigung der Kurzarbeit führen können. Dies bildet den Übergang in die rechtliche Betrachtung.

Die ersten Hauptkapitel widmen sich sodann den Rechtsgrundlagen der Kurzarbeit. Die umfassende Untersuchung beginnt in C. mit der Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit. Im Rahmen dessen wird nicht nur die individualvertragliche Möglichkeit der Einführung der Kurzarbeit behandelt. Es wird vor allem beleuchtet, was zu beachten ist, wenn Kurzarbeit durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eingeführt wird, und die kollektivrechtlichen Instrumente zur Einführung der Kurzarbeit auf ihre Tauglichkeit untersucht.

Im Anschluss beschäftigt sich die Arbeit in Kapitel D mit der Gegenseite, also der Rechtsgrundlage für die Beendigung der Kurzarbeit. Zuerst wird die Frage beantwortet, ob der Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht kraft seines Direktionsrechts beenden kann. Im Zusammenhang mit der Betrachtung der Konsequenzen dieser Diskussion wird der Versuch der dogmatischen Systembildung vorgenommen und es werden Institute wie die actus-contrarius-Theorie oder interdisziplinäre wie sozialrechtliche und rechtstatsächliche Ansätze verfolgt, bevor im Kapitel D.III. rechtsgestalterische Möglichkeiten der Beendigung der Kurzarbeit umfassend beleuchtet werden.

Während sich die Hauptkapitel C und D mit der arbeitgeberseitigen Möglichkeit der Beendigung beschäftigen, folgt in Kapitel E. die kritische Begutachtung eines womöglich notwendigen Arbeitnehmerschutzes vor allem im Rahmen der Ausübungskontrolle. Vor diesem Hintergrund werden zunächst die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit und im Hinblick auf deren Beendigung evaluiert. Unter Einbeziehung aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes werden dann die Notwendigkeit und die mögliche Ausgestaltung einer Ankündigungsfrist zur Rückholung des Arbeitnehmers aus der Kurzarbeit (null) untersucht. Um eine solche Ankündigungsfrist auch in Gang setzen zu können, wird anschließend näher auf die Frage der Erreichbarkeit des Arbeitnehmers vor allem während der Kurzarbeit Null eingegangen. Das Kapitel schließt mit Überlegungen, ob der Arbeitgeber bei einer Auswahlentscheidung zwischen mehreren Arbeitnehmern soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen hat.

Der letzte Teil der Arbeit (F.) ist den Mitbestimmungsfragen rund um die Beendigung der Kurzarbeit gewidmet. Dabei wird vor allem die einzige hierzu ergangene höchstrichterliche Entscheidung des 1. Senats des BAG vom 21. November 1978 untersucht und im Anschluss die Frage beantwortet, ob dem Betriebsrat bei der vorzeitigen Beendigung der Kurzarbeit ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Sodann werden ausgewählte Folgefragen, die auch im Rahmen der Arbeit an anderen Stellen als Sonderkonstellationen aufkommen, im Hinblick auf das Kollektivrecht beantwortet. Beispielhaft sei hier die Frage genannt, ob es im Hinblick auf die Mitbestimmung bei der Beendigung einer anderen Bewertung bedarf, wenn die Kurzarbeit bereits über eine sehr lange Dauer bestand.

In Kapitel G werden abschließend die gewonnen Erkenntnisse thesenartig zusammengefasst. Aus den erarbeiteten Ergebnissen ergibt sich sodann die Antwort auf die aufgeworfene Forschungsfrage, wie die Kurzarbeit (vorzeitig) zu beenden ist, worauf zu achten ist und insbesondere, welche und inwiefern individual- und kollektivrechtliche Interessen zu berücksichtigen sind.

  1Dahl/Göpfert/Helm, Arbeitsrechtlicher Umgang mit Pandemien, S. 245; eine ähnliche Metapher aufgreifend: Petzold, European state aid law quarterly 2020, 161 (161), welcher aber von dem fliegenden Start zurück in die Vollarbeit spricht.

  2Dahl/Göpfert/Helm, Arbeitsrechtlicher Umgang mit Pandemien, S. 38, Rn. 25.

  3 Definition und nähere Begriffserläuterungen, siehe S. 9ff.

  4 BAG, Beschluss vom 27.02.1985 – GS 1/84, NZA 1985, 702; BAG, Urteil vom 13.06.1985 – 2 AZR 410/84, NZA 1986, 562; Schaub/Schindele, Kurzarbeit, Rn. 21.

  5Müller-Franken, Die Befugnis zu Eingriffen in die Rechtsstellung des einzelnen durch Betriebsvereinbarungen, S. 318; Fastrich, RdA 1994, 129 (135); Reuter, RdA 1991, 193 (195).

  6Jahn, Die Beteiligung des Betriebsrats bei arbeitskampfbedingten Maßnahmen des Arbeitgebers, S. 96.

  7Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 274.

  8Eckert, in: Hohenstatt/Sittard, Arbeitsrecht in Zeiten von Corona, III, 1; Helm/Göpfert, top issues of German Labour Law, S. 180; Schweiger, NZS 2017, 135 (136).

  9Glombik, WzS 2020, 267 (270); Steiner, NZW 2022, 687 (688).

 10Brand, NJW 2023, 128 (129).

 11Pototzky/Gimmy, BB 2021, 2292 (2293).

 12Pototzky/Gimmy, BB 2021, 2292 (2297).

 13 Bundesagentur für Arbeit, Merkblatt Kurzarbeitergeld, S. 14, https://www.arbeitsagentur.de/datei/merkblatt-8a-kurzarbeitergeld_ba015385.pdf (zuletzt abgerufen am 06.02.2025).

 14Heimann, SPA 2021, 36 (38).

 15 BAG, Beschluss vom 21.11.1978 – 1 ABR 67/76, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 2.

 16 BAG, Beschluss vom 21.11.1978 – 1 ABR 67/76, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 2.

 17 An dieser Stelle vor allem: Bischof, NZA 1995, 1021 (1021ff.); Ulber, AiB 2007, 5 (12f.); Stoffels, in: FS Henssler 2023, 643 (652ff.).

 18Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 1ff.; Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 1ff.; Caspers, Kurzarbeit, S. 1ff.; Conze, Die Einführung von Kurzarbeit, S. 1ff.; Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 1ff Feindura, Kurzarbeit, S. 1ff.

 19Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 383.

B. Grundlagen

Im Fokus der Untersuchung steht die (vorzeitige) Beendigung der konjunkturellen Kurzarbeit. Denn es ist sowohl denkbar, dass eine unbefristet eingeführte, als auch eine befristet eingeführte Kurzarbeit vorzeitig beendet werden soll. Zumeist wird die Kurzarbeit befristet eingeführt. Es ist aber nicht erforderlich, dass bei der Einführung der Kurzarbeit das Ende zeitlich genau bestimmt oder bestimmbar ist.20 Im wohl unproblematischsten Fall treffen die Prognosen des Arbeitgebers genau zu und bei einer befristet eingeführten Kurzarbeit ist mit Erreichen der Frist auch kein Arbeitsausfall mehr zu verzeichnen. Es wird mithin zur Vollarbeit zurückgekehrt. Die Kurzarbeit ist beendet und hat in diesem Fall ihren Zweck vollständig erfüllt. Zudem fallen bei korrekter Prognose bei einer Befristung etwaig notwendige Ankündigungsfristen zur Rückholung weg.

Teilweise wird vertreten, dass eine unbefristete Einführung von konjunktureller Kurzarbeit nicht möglich sein soll.21 Dafür soll schon der Zweck der Kurzarbeit als vorübergehendes Instrument sprechen.22 Letztendlich kommt es auf den Einzelfall an. Beispielsweise ist bei Lieferschwierigkeiten eines bestimmten Bauteils möglicherweise eine exaktere Prognose möglich, wann dieses wieder lieferbar ist und somit wieder Arbeit anfällt, wohingegen der Fortgang einer Pandemie nur schwer zu prognostizieren ist. Demzufolge ist auch eine unbefristete Einführung der Kurzarbeit zuzulassen.23

Bei der unbefristeten Einführung von konjunktureller Kurzarbeit sind die Arbeitsvertragsparteien aber umso mehr gehalten, stetig zu überprüfen, ob die Kurzarbeit noch erforderlich ist. Allerdings wäre die vorzeitige Beendigung auch bei der befristet eingeführten Kurzarbeit ein wünschenswerter Fall, wenn sich die Auftragslage früher als erwartet wieder verbessert hat, oder auch eine Unterbrechung der Kurzarbeit wegen kurzfristig anstehender Mehrarbeit.

 20Farthmann, RdA 1974, 65 (69). Teilweise wird vertreten, dass eine Befristung nicht sinnvoll sei, da es dann für jede Verlängerung der erneuten Zustimmung der Gegenpartei bedürfe und eine Prognose mit einem festen Enddatum nur schwer anzustellen sei; dafür bietet die Befristung dem Arbeitnehmer und auch dem Arbeitgeber eine Form von Planungssicherheit, Bauer/Günther, NZA 2020, 419 (421).

 21Meyer/Wall, Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld, S. 90.

 22Schaub/Schindele, Kurzarbeit, Rn. 36.

 23 So auch: Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 104ff.; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch, Bd. 1, S. 216; Elert/Raspels, Flexible Einsatzformen von Arbeitnehmern, Kapitel 22, Rn. 105f.

I. Begriff der Kurzarbeit

Der Begriff der Kurzarbeit ist gesetzlich nicht (mehr) definiert.24 In älteren Gesetzen lassen sich noch Definitionen finden, wie zum Beispiel in § 130 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927.25 Danach sind eben jene Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen, die in einer Kalenderwoche infolge Arbeitsmangels die in ihrer Arbeitsstätte übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreichen und deswegen Lohnkürzungen unterworfen sind. Dabei wird die Kurzarbeit lediglich aus dem sozialrechtlichen Blickwinkel betrachtet.26

Heute finden sich an diversen Stellen, wie bereits aufgezeigt, Regelungen zu Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld, es fehlt indessen eine Definition oder Begriffsklärung.

Es ist zuerst darauf hinzuweisen, dass die Kurzarbeit grundsätzlich dem Arbeitsrecht und das Kurzarbeitergeld dem Sozialrecht zugewiesen ist.27 Eine zwingende Verbindung besteht dabei nicht; es existieren jedoch starke faktische Wechselwirkungen.28 Dies zeigt bereits der Sinn und Zweck des Kurzarbeitergeldes. Dieser liegt auf der einen Seite darin, den Betrieben die eingearbeiteten, miteinander und mit dem Betrieb verbundenen Arbeitnehmer zu erhalten. Auf der anderen Seite behalten Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze und ihnen wird ein Teil des durch die Kurzarbeit bedingten Lohnausfalls ersetzt.29 Es herrscht indessen Einigkeit darüber, dass der arbeitsrechtliche Begriff der Kurzarbeit mit dem sozialrechtlichen identisch ist.30 Aus diesem Grund können für die Begriffsklärung auch die Regelungen des Sozialrechts herangezogen werden.31

Die §§ 95ff. SGB III zeigen auf, wann Arbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben und gehen sodann auf die einzelnen Voraussetzungen ein. In §§ 95 S. 1 Nr. 1, 96 SGB III wird deutlich, dass es für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld eines erheblichen Arbeitsausfalls bedarf. Dieser erhebliche Arbeitsausfall ist die Verbindung zur arbeitsrechtlichen Kurzarbeit.

Die Europäische Kommission spricht im Rahmen der Kurzarbeit von einer Weiterbeschäftigung bei demselben Unternehmen, wobei die Tätigkeit vorübergehend unterbrochen ist.32

Im alltäglichen Sprachgebrauch versteht man unter Kurzarbeit den Zustand, in welchem die betriebsübliche Arbeitszeit herabgesetzt wird bei gleichzeitiger entsprechender Lohnkürzung.33 Sie wird daher vielfach schlicht als arbeitszeitliches Pendant zur Mehrarbeit gesehen.34 Es liegt mithin in der Natur der Sache, dass es bei der Kurzarbeit um die Verkürzung der Arbeitszeit mit entsprechender Lohnkürzung geht.

Zentrale Voraussetzung ist der vorübergehende Arbeitsmangel. Das Merkmal „vorübergehend“ ist dabei sehr ähnlich wie bei den Voraussetzungen zum Kurzarbeitergeld auszulegen.35 Danach kann ein Arbeitsausfall „so lange als vorübergehend bezeichnet werden, solange anhand der konkreten Umstände oder nach den Vorstellungen der Vertragspartner nach einem überschaubaren Zeitraum eine Rückkehr zur Vollarbeit zu erwarten ist.“36 Dabei ist zu beachten, dass eine vertraglich vereinbarte Teilzeit nicht vorübergehend, sondern vielmehr eine dauerhafte Reduzierung der Arbeitszeit ist.37 Darüber hinaus ist das Merkmal „vorübergehend“ nicht schon deshalb abzulehnen, weil ein Endtermin der Kurzarbeit noch nicht festgelegt wurde.38

Weiterhin gilt es jedoch herauszuarbeiten, auf welchen Arbeitszeitbegriff dabei Bezug genommen wird.39 Vielfach wird dabei von der betriebsüblichen Arbeitszeit gesprochen.40 Grundsätzlich wird darunter die im Betrieb regelmäßig geleistete Arbeitszeit verstanden.41 Kritisiert wird das Heranziehen der betriebsüblichen Arbeitszeit mit dem Argument, dass diese ein Begriff aus dem Sozialrecht und damit für den arbeitsrechtlichen Kurzarbeitsbegriff untauglich sei, da das Sozialrecht dem öffentlichen Recht zuzuordnen, das Arbeitsrecht hingegen Teil des Privatrechts sei.42 Aus diesem Grund wird teilweise der Begriff der vertraglichen Arbeitszeit bevorzugt, weil er den privatrechtlichen Aspekt verdeutlicht.43 Allerdings spricht § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, der zweifellos dem Privatrecht zuzuordnen ist, ebenso von der betriebsüblichen Arbeitszeit. Dabei wird der Begriff der betriebsüblichen Arbeitszeit arbeitsrechtlich vor allem im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes verwendet. Wie aufgezeigt, sind der sozialrechtliche und der arbeitsrechtliche Kurzarbeitsbegriff nach dem heutigen Verständnis aber identisch, was zur Folge hat, dass zumeist von der betriebsüblichen beziehungsweise der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit gesprochen wird44 und keine Differenzierung zu einem sozialrechtlichen Arbeitszeitbegriff vorgenommen wird.

Zu berücksichtigen ist, dass Kurzarbeit in diversen Erscheinungsformen zutage treten kann, dabei aber auch zu beachten ist, dass es ähnliche, aber nicht der Kurzarbeit unterzuordnende Erscheinungsformen gibt.45 Um Klarheit zu schaffen ist der Begriff der Kurzarbeit weitergehender darzustellen und dabei zu potentiell vergleichbaren Abweichungen der ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit abzugrenzen.

1. Erscheinungsformen von Kurzarbeit

In einem ersten Schritt sollen diverse Erscheinungsformen der Kurzarbeit dargestellt werden.

Allen voran steht die Kurzarbeit Null als offensichtlichster Unterfall: Kurzarbeit Null liegt vor, wenn die betriebliche regelmäßige Arbeitszeit derart verkürzt wird, dass überhaupt keine Arbeit mehr zu leisten ist.46 Dabei soll der Arbeitsvertrag aufrecht erhalten werden, ist aber vorübergehend nicht mehr auf den Austausch von Arbeit und Lohn gerichtet.47 Denn bei einer vollständigen Kürzung der Arbeitszeit verliert der Arbeitnehmer dementsprechend auch seinen Vergütungsanspruch.48 Das ArbG Osnabrück hat jüngst definiert, dass unter Kurzarbeit Null „die Reduzierung der Arbeitszeit gänzlich für einen längeren Zeitraum, jedenfalls für einen Wochen- oder Monatszeitraum“49 zu verstehen ist. Es war lange umstritten, ob Kurzarbeit Null überhaupt noch Kurzarbeit sein kann, weil schon nach dem Begriffsverständnis nicht verkürzt, sondern gar nicht gearbeitet wird.50 Relevant war dieses Problem primär für die Frage, ob bei Kurzarbeit Null auch Kurzarbeitergeld gezahlt werden muss.51 Spätestens mit der Änderung des § 96 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. SGB III im Jahr 2011 hat der Gesetzgeber jedoch klargestellt, dass der Entgeltausfall auch 100 Prozent betragen kann und somit Kurzarbeitergeld auch bei Kurzarbeit Null zu zahlen ist.52 Deutlich wird dies auch daran, dass nicht Kurzarbeit der zentrale Begriff im SGB III ist, sondern der Arbeitsausfall im Mittelpunkt steht, bei dem denklogisch auch ein totaler Arbeitsausfall möglich ist. Insofern ist Kurzarbeit Null die extreme Form der Kurzarbeit und – wie dem Begriff zu entnehmen ist – auch der Kurzarbeit unterzuordnen.53

Ferner kann es für den Arbeitgeber sinnvoller sein, die Arbeitszeitverkürzung nicht durch eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit herbeizuführen, sondern dadurch, dass die tägliche Arbeitszeit gleichbleibt und stattdessen eine oder mehrere Schichten pro Woche vollständig ausfallen, sog. Feierschichten.54 Diese stellen ebenfalls einen Unterfall der Kurzarbeit dar.55 Der Begriff „Feierschichten“ stammt aus der Bergbauindustrie.56 Kritisiert wird teilweise der laienhafte Begriff; die korrekte juristische Terminologie wäre daher eine Reduzierung der Arbeitszeit auf Null an einigen Arbeitstagen.57

Das Aussetzen der Arbeit stellt einen weiteren Unterfall der Kurzarbeit dar.58 Teilweise wird diese Zuordnung abgelehnt mit der Begründung, dass Kurzarbeit nur ein Herabsetzen der betriebsüblichen Arbeitszeit sei und ein Aussetzen der Arbeit eine vorübergehende Nichtbeschäftigung.59 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Kurzarbeit auch in Form der Kurzarbeit Null bestehen kann.60 Insofern ist das Aussetzen der Arbeit eine besondere Erscheinungsform der Kurzarbeit.

Vorübergehende Betriebsschließung bedeutet, dass die Arbeit für mehr als einen Tag ausfällt.61 Sie ist eine Unterform der Kurzarbeit, sofern das Arbeitsverhältnis weiter besteht und bei gleichzeitigem Bestehenbleiben des geminderten Lohnanspruchs vorübergehend nicht gearbeitet wird.62 Wenn die Betriebsstilllegung auf Dauer und nicht mehr nur vorübergehend durchgeführt werden soll, wird der Bereich der Kurzarbeit verlassen.63

2. Keine Erscheinungsform der Kurzarbeit

Auf den ersten Blick ähnliche, aber nicht der Kurzarbeit unterzuordnende Erscheinungsformen sind Betriebsferien, unbezahlter Urlaub, Zeiten des Überstundenabbaus, Teilzeit, Arbeitszeitverlegungen und in bestimmten Fällen auch Gleitzeitsysteme:

Betriebsferien sind gegeben, wenn Urlaub für alle Arbeitnehmer des Betriebes oder für bestimmte Arbeitnehmergruppen einheitlich in eine bestimmte Zeit gelegt werden soll.64 Dafür müssen betriebstechnische oder branchenbezogene Gründe sprechen; beispielhaft sei hier die Schließung einer Arztpraxis während der Sommerferien genannt.65 Betriebsferien sind dem Urlaubsrecht zuzuordnen.66 Sie stellen mithin ein aliud zur Kurzarbeit dar.67 Zudem müssen Betriebsferien mit ausreichendem Vorlauf angekündigt werden,68 sodass sie (trotz der auch im Recht der Kurzarbeit bestehenden Ankündigungsfrist) häufig kein Mittel des Arbeitgebers sind, schnell und effektiv auf konjunkturelle Schieflagen zu reagieren.

Unbezahlter Urlaub liegt vor, wenn der Arbeitnehmer auf seinen eigenen Wunsch von der Arbeit freigestellt wird, weil er diese freie Zeit zu privaten Zwecken nutzen möchte.69 Dabei werden die beiderseitigen Hauptleistungspflichten suspendiert.70 Bei der Kurzarbeit bleibt der Lohnanspruch jedoch gemindert bestehen – anders bei der Kurzarbeit Null. Es besteht allerdings ein großer sozialversicherungsrechtlicher Unterschied: Während der Kurzarbeit bleibt der Sozialversicherungsschutz bestehen; während des unbezahlten Urlaubs wird das Fortbestehen der Beschäftigung dagegen lediglich für einen Monat zum Erhalt des Versicherungsschutzes fingiert, vgl. § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV.71 Der unbezahlte Urlaub ist kein Unterfall der Kurzarbeit.72

Bei der Kurzarbeit wird die betriebsübliche regelmäßige Arbeitszeit gekürzt. Bei dem Abbau von Mehr- oder Überstunden wird nicht zeitgleich Kurzarbeit eingeführt.73 Der Abbau von Überstunden stellt mithin auch keinen Fall der Kurzarbeit dar.74

Viele Ähnlichkeiten weist die Kurzarbeit mit der Teilzeitarbeit auf.75 Beide haben gemeinsam, dass sie eine Herabsetzung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Minderung des Lohns vorsehen, § 2 TzBfG. Die zentralen Unterschiede sind jedoch die Dauer der Maßnahme sowie deren Zweck: Während die Kurzarbeit eine vorübergehende Maßnahme zur Erhaltung von Arbeitsplätzen darstellt, ist die Teilzeit eine dauerhafte Regelung, die der außerbetrieblichen Freizeit zugutekommt.76 Es handelt sich bei der Teilzeit um keinen Unterfall der Kurzarbeit.

Eine Verkürzung der Arbeitszeit kann weiterhin auch durch eine Arbeitszeitverlegung verursacht werden.77 Eine Arbeitszeitverlegung und mithin keine Kurzarbeit liegt vor, wenn bei der Addierung der Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum eine Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit nicht eingetreten ist.78

Eine Besonderheit stellen Arbeitszeitkonten und Gleitzeitsysteme dar. Haben nämlich Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto vereinbart, bei dem der Arbeitgeber beispielsweise ein Minus von 10 Stunden erreichen kann, liegt Kurzarbeit erst vor, wenn der Arbeitsausfall so hoch ist, dass die nach unten gesteckte Grenze unterschritten wird.79 Bei Gleitzeitsystemen hat der Arbeitnehmer meist die Möglichkeit, Arbeitszeit anzusparen und nachzuholen.80 Bei einem solchen System ist Kurzarbeit erst dann anzunehmen, wenn die Grenzen des zulässigen Zeitsaldos überschritten sind.81

3. Ergebnis

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es jedenfalls unzutreffend ist, jede Verkürzung der Arbeitszeit als Kurzarbeit zu bezeichnen.82 Hinzukommen muss der vorübergehende Charakter.83 Während der Kurzarbeit ist der Arbeitnehmer nicht mehr verpflichtet, aber auf der anderen Seite auch nicht mehr berechtigt, die Arbeitsleistung zu erbringen, während der Arbeitgeber in entsprechendem Umfang von seiner Vergütungspflicht frei wird.84 Wenn die Kürzung der Arbeitszeit zu einer vorübergehenden Einstellung der Arbeit führt, liegt ein Fall der „Kurzarbeit Null“ vor. Überdies wird die Kurzarbeit, anders als unbezahlter Urlaub, im Normalfall nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern auf Betreiben des Arbeitgebers zur Arbeitsplatzerhaltung eingeführt, wobei sie gleichzeitig im Interesse von Arbeitnehmer, Betrieb (und Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung) ist.85

Mithin kann man die Kurzarbeit als die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen regelmäßigen Arbeitszeit – ohne Berücksichtigung der Überstunden – mit der Folge einer entsprechenden Lohnkürzung86 bei anschließender, auch schrittweiser, Rückkehr zum status quo ante definieren.87

 24Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 268; Ulber, AiB 2007, 5 (5).

 25 Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, 16. Juli 1927, Bundesarchiv R 5201/83, Bl. 190 (212).

 26Caspers, Kurzarbeit, S. 48.

 27 Ausführlich zu dem Verhältnis von Arbeits- und Sozialrecht: Hanau/Peters-Lange, NZA 1998, 785 (785ff.); Maydell, in: FS Kissel 1994, 761 (761ff.); Seiter, in: FS 25J. BSG 1979, Bd. 2, 515 (515ff.); Schmidt, RdA 1999, 124 (124ff.).

 28Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 41f.; Boecken, RdA 2000, 7 (7f.); Dahl/Göpfert/Helm, Arbeitsrechtlicher Umgang mit Pandemien, S. 12; Cohnen/Röger, BB 2009, 46 (49); Voelzke, jurisPR-SozR 8/2022 Anm. 1; Klocke, RdA 2020, 331 (332) spricht dabei von Verbindungslinien; andere bezeichnen es als Zusammenspiel, so Zieglmeier, DStR 2020, 729 (730).

 29 BAG, Beschluss vom 04.03.1986 – 1 ABR 15/84, NZA 1986, 432 (433); Steiner, NZW 2022, 687 (688), Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit zu Kurzarbeitergeld, Nr. 8a, Stand Juni 2020, S. 10.

 30Bieback, in: BeckOGK SGB III, § 95, Rn. 124.

 31Conze, Die Einführung von Kurzarbeit, S. 5.

 32 Beschluss der Kommission Nr. 205 vom 17.10.2005, Amtsblatt der Europäischen Union, L 130/37 (38), Nr. 2; dazu: EuZW 2006, 388.

 33Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1961, S. 642; Caspers, Kurzarbeit, S. 3; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 47, Rn. 1; Farthmann, RdA 1974, 65 (69).

 34Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 272.

 35 Siehe dazu Kapitel zu den Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld, S. 29ff.

 36Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 271; Seidler/Josephs, NZA 2020, 1227 (1227f.); Ulber, AiB 2007, 5 (6); ausschlaggebend ist wiederum die Absicht zur Rückkehr zur Vollarbeit: Farthmann, RdA 1974, 65 (69).

 37Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 271.

 38Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 25; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1961, S. 643.

 39Bieback, NZS 2011, 241 (242).

 40Hinze, Mildere Mittel zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 213; Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 63; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 47, Rn. 1; Bieback, in: BeckOGK SGB III, § 95, Rn. 124; Bähringer/Spiegelhalter, Kurzarbeit, S. 55; Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 376; Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 12.

 41 BAG, Beschluss vom 26.10.2004 – 1 ABR 31/03, NZA 2005, 538 (540); BAG, Beschluss vom 16.07.1991 – 1 ABR 69/90, NZA 1992, 70 (71); Richardi/Maschmann, in: Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, § 87, Rn. 347.

 42Caspers, Kurzarbeit, S. 49f.; Conze, Die Einführung von Kurzarbeit, S. 6f.

 43Caspers, Kurzarbeit, S. 50.

 44Schaub/Schindele, Kurzarbeit, Rn. 2; ausführlich zu der Berechnung und Bestimmung der regelmäßigen Arbeitszeit: Bähringer/Spiegelhalter, Kurzarbeit, S. 55f.

 45Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 62 weist dahingehend auch auf Arbeitszeitverlegung hin.

 46 BSG, Urteil vom 14.09.2010 – B 7 AL 21/09 R, SGb 2011, 231 (232); Pristin, AiB 2020, 10 (11).

 47Klocke, RdA 2020, 331 (335).

 48Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 269.

 49 ArbG Osnabrück, Urteil vom 08.06.2021 – 3 Ca 108/21, juris, Rn. 45.

 50 BSG, Urteil vom 14.09.2010 – B 7 AL 21/09 R, SGb 2011, 231 (232); Bieback, NZS 2011, 241 (242); Fischinger, SGb 2011, 231 (235).

 51Bieback, NZS 2011, 241 (241).

 52 So auch schon der gesetzgeberische Gedanke 1991, deutlich wird dies in BT-Drs. 12/222, 1991, S. 8; dazu: Zieglmeier/Rittweger, NZA 2020, 685 (686); Kritik daran: Klocke, RdA 2020, 331 (332).

 53 Einen Überblick über denkbare Durchführungsmodalitäten der Kurzarbeit Null bietet Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 33f.

 54Farthmann, RdA 1974, 65 (69).

 55Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 29; Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 377; Farthmann, RdA 1974, 65 (69); Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 64; Sprick, Arbeitszeitbegriff und mitbestimmungspflichtige Tatbestände i.S.d. § 87 I Nr. 2, 3 BetrVG, S. 111; Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 14; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1961, S. 643.

 56 BAG, Urteil vom 30.01.1958 – 2 AZR 397/55, AP Nr. 9 zu § 611 BGB Lohnanspruch; Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 29.

 57Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 377.

 58Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 64; Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 29.

 59Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. I, S. 213; im Prinzip so auch Schaub/Schindele, Kurzarbeit, Rn. 2.

 60Bieback, NZS 2011, 241 (244).

 61Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 377.

 62Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 28; Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 377; Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 64; anderer Auffassung: Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 14; Ehmann, Betriebsrisikolehre und Kurzarbeit, S. 46; Caspers, Kurzarbeit, S. 52.

 63Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 377.

 64Salamon, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 4, § 324, Rn. 14; ausführlich zu Betriebsferien während einer Pandemie: Dehmel/Hartmann, BB 2020, 885 (889); abzugrenzen sind die Betriebsferien von der Werksbeurlaubung, dazu: Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 27; Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 14; BB 1947, 289; Conze, Die Einführung von Kurzarbeit, S. 13; BAG, Urteil vom 11.07.1990 – 5 AZR 557/89, NZA 1991, 67 (67); Trittin, AiB 1991, 94 (94f.); Feindura, Kurzarbeit, S. 390b.

 65Bayreuther, NZA 2020, 1057 (1059).

 66Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 28.

 67Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 64; Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 28.

 68Bayreuther, NZA 2020, 1057 (1060).

 69Hoyningen-Huene, NJW 1981, 713 (714).

 70Röller, in: Küttner Personalbuch, Ruhen des Arbeitsverhältnisses, Rn. 5; Eckert/Reinbach/Burmeister, GWR 2020, 216 (217); Trabandt, BB 1952, 863 (863f.).

 71Eckert/Reinbach/Burmeister, GWR 2020, 216 (217).

 72Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 64; Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 29; Hoyningen-Huene, NJW 1981, 713 (714).

 73Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 26.

 74Bieback, in: BeckOGK SGB III, § 95, Rn. 124.

 75Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 270.

 76Conze, Die Einführung von Kurzarbeit, S. 12; Caspers, Kurzarbeit, S. 51.

 77Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 62.

 78Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 24; Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 63 weist aber darauf hin, dass einer einmal eingeführten Kurzarbeit der Kurzarbeitscharakter nicht dadurch genommen wird, dass durch die Anordnung von Überstunden wieder insgesamt die Durchschnittsarbeitszeit erreicht wird.

 79Ulber, AiB 2007, 5 (6); Hahn, Flexible Arbeitszeit, B, Rn. 272.

 80Maschmann, in: BeckOGK GewO, § 106, Rn. 203.

 81Ulber, AiB 2007, 5 (6).

 82Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 13.

 83 BAG, Urteil vom 30.11.2021 – 9 AZR 234/21, NZA 2022, 634 (636 Rn. 32), Petrak, NZA-Beil. 2010, 44 (46).

 84 BAG, Urteil vom 11.07.1990 – 5 AZR 557/89, NZA 1991, 67; Conze, Die Einführung von Kurzarbeit, S. 13; Feindura, Kurzarbeit, S. 390b; Sprick, Arbeitszeitbegriff und mitbestimmungspflichtige Tatbestände i.S.d. § 87 I Nr. 2, 3 BetrVG, S. 111; Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 14; dass die Lohnweiterzahlung mit entsprechender Kürzung wesentliches Merkmal der Kurzarbeit ist, zeigt sich auch im Gesetz. Denn der § 19 Abs. 2 KSchG macht für einen speziellen Fall der Kurzarbeit deutlich, dass es zu einer entsprechenden Kürzung von Lohn oder Gehalt kommen kann.

 85 BAG, Urteil vom 30.11.2021 – 9 AZR 234/21, NZA 2022, 634 (637 Rn. 34).

 86 BAG, Urteil vom 10.10.2006 – 1 AZR 811/05, NZA 2007 637 (638); Patett, Arbeitskampffernwirkungen, Lohnrisiko und Mitbestimmung, S. 376; Rumpff/Dröge, Kurzarbeit, S. 24; Schaub/Schindele, Kurzarbeit, Rn. 1; Barnhofer, Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 62; Hinze, Mildere Mittel zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, S. 213; Petrak, NZA-Beil. 2010, 44 (45); Bauer/Rennpferdt, BB 1993, 1078 (1078); Jene, Kurzarbeit und betriebliche Mitbestimmung, S. 12.

 87 BAG, Urteil vom 30.11.2021 – 9 AZR 234/21, NZA 2022, 634 (636 Rn. 32).

II. Historische Entwicklung der Kurzarbeit

Im Folgenden soll untersucht werden, wie sich die Kurzarbeit entwickelt hat.88 Der historische Überblick verdeutlicht, dass die Kurzarbeit das arbeitsrechtliche Kriseninstrument schlechthin ist und davon auszugehen ist, dass auf die Kurzarbeit auch in Zukunft immer wieder zurückgegriffen werden wird. Gerade während der Covid-19-Pandemie hat die Kurzarbeit erneut einen dominierenden Stellenwert eingenommen.89

1. Ende der 19. Jahrhunderts

Der wohl erste Vorläufer des heutigen Kurzarbeitergeldes war das Wartegeld Ende des 19. Jahrhunderts.90 Das Wartegeld verfolgte im Wesentlichen das gleiche Ziel wie das Kurzarbeitergeld. Bei Auftragsmangel und einem Aussetzen der Arbeit wurde den Arbeitnehmern zur Überbrückung dieser Phase vom Betrieb ein Wartegeld gezahlt, um diese vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren und zugleich die angelernten Arbeitskräfte zu erhalten und an den Betrieb zu binden.91 Auch dieses Geld musste von den Arbeitnehmern nicht zurückerstattet werden und es wurde keine Gegenleistung dafür verlangt.92 Der größte Unterschied zum heutigen Kurzarbeitergeld ist, dass das Wartegeld keine staatliche Unterstützung war, sondern vom Betrieb bezahlt werden musste.93

2. Anfang des 20. Jahrhunderts

Anfang des 20. Jahrhunderts gab es dann Kurzarbeitsregelungen für einzelne Branchen.94 Die erste gesetzliche Fixierung eines Vorläufers des Kurzarbeitergeldes fand sich 1909 in der Änderung zum Tabaksteuergesetz. Wegen einer Erhöhung der Tabaksteuer erwartete man einen Rückgang des Verbrauchs und der Produktion und dementsprechend Einbußen bei den Arbeitern im Tabakgewerbe.95 Art. II a des Änderungsgesetzes sah deshalb eine Unterstützung geschädigter Arbeiter vor, sofern sie Einbußen nachweisen konnten.96 Die Zahlung aus der Reichskasse hatte einen Schadensersatzcharakter und sollte zudem nicht die Armenkassen belasten.97 Die Arbeitnehmer sollten nach Art. II a S. 1 des Änderungsgesetzes versuchen, anderweitig entsprechende Beschäftigung zu finden; dies bedeutete, dass die Zahlung des Kurzarbeitergeldes beendet war, sobald diese Suche erfolgreich gewesen war.

Ferner trat 1910 das Gesetz über den Absatz von Kalisalzen in Kraft,98 welches die Kompensation des Arbeits- und Verdienstausfalles im Kalibergbau regelte. Dabei wurde eine Kurzarbeiterfürsorge an die Arbeitnehmer gezahlt. Weil es damals Produktionsquoten gab,99 war es im Grunde eine Sanktionsnorm für die Arbeitgeber, damit diese die Kapazitätsreduzierungen auf ein Minimum beschränkten, und eine Schutznorm für die Gemeinden, um diese vor wirtschaftlichen Schäden zu bewahren.100

Im Rahmen von Sonderregelungen während des 1. Weltkrieges wurde sodann erstmals der Begriff der Kurzarbeiter verwendet.101

3. Die Entwicklung von 1918 bis 1945

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde eine branchenübergreifende Verordnung über Erwerbslosenfürsorge beschlossen.102 Bei Nichterreichen der üblichen Arbeitszeit zahlten die Gemeinden eine Erwerbslosenunterstützung.103 Der Anspruch auf die Unterstützungszahlung bei teilweiser Erwerbslosigkeit war nicht abhängig von einer Bedürftigkeit.104

In § 12 der Verordnung über die Einstellung und Entlassung von Arbeitern und Angestellten während der Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung vom 12.02.1920 wurde erstmals geregelt, dass der Arbeitgeber arbeitsrechtlich Kurzarbeit mit Lohnkürzungen einführen kann.105 Diese Regelung war unabhängig von den fürsorgerechtlichen Vorschriften.106

Die Folgeregelung, § 2 Abs. 2 und 3 der Verordnung über Betriebsstilllegungen und Arbeitsstreckung vom 08.11.1920107 in der Fassung vom 13.10.1923 sah dann in gewissen Fällen eine von der Behörde angeordnete Arbeitsstreckung vor.108

Anfang der Zwanzigerjahre wurde der Vorgänger des Kurzarbeitergeldes teilweise als versteckte Subventionierung von Unternehmen ausgenutzt. Der Arbeitgeber konnte auf diese Weise Löhne sparen, während der Staat zahlte.109 Unternehmen, die sich in dauerhaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden, zögerten so notwendige Betriebsschließungen hinaus. Das Institut wurde daraufhin kurzzeitig vollständig beseitigt.110 Im Verlauf der Weltwirtschaftskrise wurde es wieder eingeführt, die Bezugsvoraussetzungen wurden verschärft und die Ausgestaltung den Ländern überlassen.111

1927 wurde die Kurzarbeiterunterstützung dann als fakultative Leistung der Arbeitslosenversicherung mit einer gesetzlichen Definition in § 130 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16.07.1927 verankert.112 Anfang der Dreißigerjahre konnte man eine Fortentwicklung des Kurzarbeitergeldes beobachten, welches sich weg von einer Versicherungsleistung und hin beziehungsweise zurück zu einer Fürsorgeleistung entwickelte.113 Im Rahmen der Weltwirtschaftskrise 1932 waren bis zu 20% der Arbeitnehmer in Kurzarbeit.114

Zur Zeit des Nationalsozialismus hielt man an dem Institut der Kurzarbeit vor allem aus kriegstaktischen Gründen fest, es verlor aber weitgehend an Bedeutung.115

4. Nachkriegsentwicklung und Wiedervereinigung

Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden zunächst die Kurzarbeitergeldzahlungen des Staates ausgesetzt.116 Nach verschiedenen Regelungen der Militärregierungen und später auch der Länder wurde 1957 auf Bundesebene die Kurzarbeiterunterstützung gesetzlich festgesetzt.117 Die Unterstützungszahlung heißt seither Kurzarbeitergeld.118 Sie wurde dabei an strenge Voraussetzungen geknüpft und zudem zeitlich begrenzt.119 1969 folgte sodann das Arbeitsförderungsgesetz, welches sich vom Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung insofern unterschied, als dass das Kurzarbeitergeld eine Pflichtleistung der Arbeitslosenversicherung wurde.120

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zudem die Wichtigkeit einer arbeitsrechtlichen Grundlage für die Einführung der Kurzarbeit in den Fokus gerückt.121 Das BAG hat in der Folge Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag als taugliche Rechtsgrundlagen für die Einführung der Kurzarbeit in Betracht gezogen.122

Mitte der Siebzigerjahre und Anfang der Achtzigerjahre wurde die Kurzarbeit sodann „neu entdeckt“.1231975 waren fast eine Million Arbeitnehmer in Kurzarbeit.124 Im Rahmen der Ölpreiskrisen wurde unter anderem die Bezugsfrist auf 24 Monate verlängert,125 in der Hoffnung, dass die Kurzarbeit die Krise abfedern würde.

Im Laufe der Jahre wurden auch die Modalitäten des Kurzarbeitergeldes für den Arbeitgeber verändert. Beispielsweise wurden bis 1988 die Sozialversicherungsbeiträge dem Arbeitgeber erstattet.126 Sukzessive ging die Entwicklung dahin, dass der Arbeitgeber diese vollständig tragen musste.127

Einen deutlichen Höhepunkt erlebte die Kurzarbeit kurz nach der deutschen Wiedervereinigung: Zu dieser Zeit erhielten knapp 1,8 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland Kurzarbeitergeld.128 Kurzarbeit war zu dieser Zeit das Instrument der Stunde, vor allem um den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu begrenzen, aber auch um Zeit für die Etablierung anderer Arbeitsmarktinstrumente im vereinten Deutschland zu gewinnen.129 Das Instrument der Kurzarbeit hatte den Vorteil, direkt umsetzbar zu sein, da es keine besonderen Verwaltungsstrukturen voraussetzte.130 Vor allem für den Umbruch der volkseigenen Betriebe der ehemaligen DDR hin zur Privatisierung hatte die Kurzarbeit als erste Hilfe eine Brückenfunktion.131 Kurz darauf nahm die Zahl der Kurzarbeiter schnell wieder ab.132

Die Regelungen zum Kurzarbeitergeld fanden 1998 sodann Eingang in das SGB III133 und waren fortan Bestandteil der aktiven Arbeitsförderung.134

5. Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009

Im Rahmen der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 wurde die Kurzarbeit als wesentlicher Grund für das „deutsche Beschäftigungswunder“ gesehen.135 Durch den Einsatz der Kurzarbeit fiel der Anstieg der Arbeitslosenzahlen weitaus weniger dramatisch aus als man erwartet hatte.136 Der Schwerpunkt lag dabei vor allem in den exportorientierten Branchen, da durch die Wirtschaftskrise die Nachfrage aus dem Ausland zurückgegangen war.137 Dabei wurde Kurzarbeit in dieser Krise auch sehr langfristig eingesetzt.138 Die Bezugsdauer wurde zeitweise auf 24 Monate verlängert und die Schwelle der von Entgeltausfall betroffenen Arbeitnehmer herabgesetzt.139 Damit hatte die Kurzarbeit den Charakter eines Instruments zur kurzfristigen Stabilisierung größtenteils abgelegt.

6. Covid-19-Pandemie 2020–2022

Aufgrund der positiven Erfahrungen, die man mit der Kurzarbeit während der Krise an den Finanzmärkten gemacht hatte, griff man gerade zu Beginn der Covid-19-Pandemie140 wieder auf dieses Mittel zurück.141 Auch in Zeiten der Pandemie erwies sich die Kurzarbeit als wesentliches Stabilisierungsinstrument.142 Grund dafür war die durch die erleichterten Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld143 mögliche, effektive Soforthilfe.144 Der Bezugszeitraum für das Kurzarbeitergeld war dabei zeitweise auf bis zu 28 Monate ausgelegt.145 Die Zahl der Leistungsbezieher von Kurzarbeitergeld während der Pandemie überstieg die Zahl jener während der Finanzkrise deutlich.146 Neu war allerdings einerseits, dass Branchen betroffen waren, die in der Vergangenheit kaum je von Kurzarbeit Gebrauch machen mussten147 und andererseits, dass die Kurzarbeit schubweise notwendig war, da sich Infektionswellen und damit Schärfungen und Lockerungen der Regelungen ständig abwechselten.

Im Rahmen der Pandemie wurde gefordert, für betriebsratslose Betriebe die Einführung der Kurzarbeit kraft Direktionsrechts zuzulassen, um im Vergleich zu Betrieben mit Betriebsrat nicht schlechter dazustehen; etwaige Korrekturen seien dabei durch das billige Ermessen im Rahmen von § 106 GewO, bzw. § 315 BGB vorzunehmen.148 Es ist aber Bonin/Walser zuzustimmen, dass auch das Gesetz der befristeten Erleichterungen zum Bezug des Kurzarbeitergelds nichts daran ändert, dass weiterhin keine einseitige Anordnung der Kurzarbeit möglich ist.149 Einer solchen Forderung ist der Gesetzgeber nicht nachgekommen, und auch bei der nochmaligen befristeten Erleichterung zum Bezug des Kurzarbeitergeldes ist er diesbezüglich nicht tätig geworden.

Zum Ende des Jahres 2022 ist der Anteil der in Kurzarbeit Beschäftigten auf unter 1% gesunken,150 wobei die Zugangserleichterungen zum Kurzarbeitergeld bis zum 30.06.2023 verlängert wurden.151

7. Zwischenergebnis

Bei der Betrachtung der historischen Entwicklung der Kurzarbeit wird deutlich, dass diese stark abhängig ist von wirtschaftlichen und politischen, sowie in der jüngsten Krise auch Ereignissen der öffentlichen Gesundheit.152 Es wird zu Recht behauptet, dass die Zahl der Kurzarbeiter „ein Spiegelbild der Wirtschaftslage eines Landes“ ist.153 Es wird offensichtlich, dass die Voraussetzungen zur Einführung der Kurzarbeit geringer und die Regeln zur Kurzarbeit in den Krisen großzügiger wurden.154

Es ist festzuhalten, dass sozialrechtliches Kurzarbeitergeld und arbeitsrechtliche Kurzarbeit untrennbar miteinander verknüpft waren. Diese Verknüpfung wird auch heute noch immer wieder für Argumentationen herangezogen, gerade im Hinblick auf Koppelungen im Rahmen von Kurzarbeitsklauseln oder der Auslegung von „vorübergehend“ im Hinblick auf die sozialrechtlichen Bezugszeiträume.

8. Exkurs: Kurzarbeit im Rechtsvergleich

Deutschland gilt als ein Land mit einer langen Tradition an sozialer öffentlicher Kurzarbeitsunterstützung.155 Durch die Vorreiterrolle und die guten Erfahrungen Deutschlands mit der Kurzarbeit in der Wirtschaftskrise 2008/2009 wurde in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern ebenfalls ein Kurzarbeitsmodell eingeführt.156 Alle diese Modelle eint im Großen und Ganzen das Ziel der Arbeitsplatzerhaltung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.157 Die Ausgestaltung der Kurzarbeit weist jedoch gravierende Unterschiede auf.158 So variiert schon die Einordnung des Kurzarbeitergeldes: Während das Kurzarbeitergeld in Deutschland als Versicherungsleistung Teil der Arbeitslosenversicherung ist, wird es beispielsweise in Österreich mit einem Qualifizierungsaspekt verbunden und als Förderleistung angesehen.159 Auch ist nicht in jedem Land eine „Kurzarbeit Null“ möglich.160 Zentraler Unterschied bei der Ausgestaltung ist die Frage, wie viel Einkommensverlust die Beschäftigten hinnehmen müssen.161 In einigen nordischen Ländern muss zum Beispiel gar kein Verlust hingenommen werden, da bis zu 100 Prozent gezahlt werden.162 In Deutschland ist mit 60, bzw. 67% der Nettoentgeltdifferenz nach § 105 SGB III im europäischen Vergleich eine größere Einbuße hinzunehmen; es ist zu berücksichtigen, dass sich die Leistungssätze in der Höhe an den Leistungen des Arbeitslosengeldes orientieren.163 Zudem wird in Deutschland vielfach im Tarifvertrag geregelt, dass der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufzustocken hat. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, Polen oder Portugal, wird das Kurzarbeitergeld an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt.164

In USA oder China gibt es bislang keine vergleichbaren Instrumente.165 Im Rahmen der Covid-19-Pandemie 2020 versuchte die USA eine wenig erfolgreiche Abfederung mit der Zahlung eines einmaligen Helikoptergeldes.166

 88 Bei einem historischen Überblick zur Kurzarbeit ist es nahezu unmöglich, zwischen Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld zu differenzieren, weil die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage für die Kurzarbeit und dadurch die Unterscheidung erst in der Nachkriegszeit an Bedeutung gewonnen hat, siehe auch: Heinze, RdA 1998, 14 (17).

 89 Aktuelle Nachrichten, FD-ArbR 2021, 438786.

 90Muth/Rützel/Schulten/Oerder, Audiobeitrag: Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld: Historische Erfahrungen und aktuelle Wirkungen vom 01.10.2020, Friedrich-Ebert-Stiftung, ab 07:50 min; Will, Kurzarbeit als Flexibilisierungsinstrument, S. 4.

 91Holzmayer, Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld, S. 6ff.

 92Bönnen, Geschichte der Stadt Worms, S. 804; Der erste Betrieb in Deutschland, der Wartegeld bezahlt hat, war die Lederfabrik Cornelius Heyl in Worms, die für ihre Arbeit direkt vom Sonnenlicht abhängig war. Bei schlechterem Wetter wurde dann den betroffenen Arbeitergruppen Wartegeld ausgezahlt, um diese Arbeitnehmer vor der Entlassung zu bewahren.

 93Imle, Kritisches und Positives zur Frage der Arbeitslosenfürsorge, S. 54f.; laut Imle auch gerechtfertigt, da die Arbeitgeber schließlich auch die „Hauptnutznießer“ dieser Leistung sind; so auch Goerrig, Die Rechte des Arbeiters im neuen Deutschland, S. 29; Kritik von Holzmayer, Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld, S. 9: Die heute zentrale arbeitsplatzbewahrende Funktion dieses Wartegeldes hat Imle dabei völlig außer Acht gelassen.

 94Goerrig, Die Rechte des Arbeiters im neuen Deutschland, S. 26ff.; Goerrig sieht in der Entstehung der Arbeitslosenversicherungen die Verwirklichung des sicheren Rechts auf Arbeit.

 95Holzmayer