Die Beeren-Apotheke - Barbara Willen - E-Book

Die Beeren-Apotheke E-Book

Barbara Willen

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Beschreibung

Alles, was man zu Himbeeren & Co. wissen muss! Erdbeeren, Johannisbeeren und Co. enthalten nicht nur viele Vitamine, sie stecken auch voller Anthocyane, die gegen Viren helfen, Entzündungen hemmen und den Blutdruck regulieren, insgesamt unser Immunsystem stärken. Sie sind also richtige Power-Früchte! Die Schweizer Expertin für Naturheilkunde und erfahrene Langdistanz-Wandererin Barbara Willen lebt seit vielen Jahren zurückgezogen in den beerenreichen Wäldern Lapplands. Sie ist nicht nur darauf angewiesen, sich allein in der Natur zurechtzufinden, sondern kann sich auch mit natürlichen Mitteln selbst helfen. Besonders fasziniert war sie schon immer von der Heilkraft der Beeren und den zahlreichen möglichen Anwendungen. Sie nutzt die leckeren Beeren, um sich gesund und fit zu halten, zur Versorgung von Wunden, zur Linderung körperlichen Unwohlseins und als Notfallapotheke für akute Beschwerden wie Zahnschmerzen, Bronchitis oder Virusinfektionen. Als Expertin gewährt sie Ihnen einen Einblick inklusive praktischer Heil-Rezepte in die zahlreichen medizinischen Möglichkeiten, die Ihnen Beeren als Powerfood schenken. Ob pur oder als Tee, Saft, Sirup, Mus und Tinktur: Beeren sind wahre Allround-Talente für Körper und Seele.

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Seitenzahl: 152

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Barbara Willen

mit Andrea Micus

Die Beeren-Apotheke

Einfache Hausmittel direkt aus der Natur

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Alles, was man zu Himbeeren & Co. wissen muss!

 

Erdbeeren, Johannisbeeren und Co. enthalten nicht nur viele Vitamine, sie stecken auch voller Anthocyane, die gegen Viren helfen, Entzündungen hemmen und den Blutdruck regulieren, insgesamt unser Immunsystem stärken. Sie sind also richtige Power-Früchte!

Die Schweizer Expertin für Naturheilkunde und erfahrene Langdistanz-Wandererin Barbara Willen lebt seit vielen Jahren zurückgezogen in den beerenreichen Wäldern Lapplands. Sie ist nicht nur darauf angewiesen, sich allein in der Natur zurechtzufinden, sondern kann sich auch mit natürlichen Mitteln selbst helfen. Besonders fasziniert war sie schon immer von der Heilkraft der Beeren und den zahlreichen möglichen Anwendungen. Sie nutzt die leckeren Beeren, um sich gesund und fit zu halten, zur Versorgung von Wunden, zur Linderung körperlichen Unwohlseins und als Notfallapotheke für akute Beschwerden wie Zahnschmerzen, Bronchitis oder Virusinfektionen.

Als Expertin gewährt sie Ihnen einen Einblick inklusive praktischer Heil-Rezepte in die zahlreichen medizinischen Möglichkeiten, die Ihnen Beeren als Powerfood schenken. Ob pur oder als Tee, Saft, Sirup, Mus und Tinktur: Beeren sind wahre Allround-Talente für Körper und Seele.

Inhaltsübersicht

Einführendes Zitat

Vorwort

1. Beeren

Was sind eigentlich Beeren?

Warum sind Beeren so beliebt?

Was sind Antioxidantien und warum sind sie so gesund?

Beerenblätter und Beerenwurzeln

Beeren schützen vor Krebs – ist da etwas dran?

2. Beeren genießen und nutzen

Welche Beeren sind die besten?

Wild oder Kultur?

Frisch, gefroren oder getrocknet?

Beeren im Dörrautomaten trocknen

Beeren im Backofen trocknen

Beeren an der Luft trocknen

Gefriergetrocknet liegt im Trend

Pulverisierte Beeren

Blätter

Saft

Sirup

Extrakt

Kalte Extrakte

Warme Extrakte

Mus

Wein

Schnaps

3. Meine zwölf Lieblingsbeeren

Moltebeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirken Moltebeeren

Brombeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Brombeere

Erdbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Erdbeere

Himbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Himbeere

Holunderbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt Holunder

Stachelbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Stachelbeere

Johannisbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Johannisbeere

Sanddornbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt Sanddorn

Preiselbeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Preiselbeere

Cranberry – die beliebte Verwandte aus Übersee

Heidelbeeren oder Blaubeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Heidelbeere

Gojibeeren

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Gojibeere

Hagebutten

Hintergrund und ein bisschen Drumherum

So wirkt die Hagebutte

Vergessen Sie die Kerne nicht!

4. Was hilft bei ...?

Arthritis, Rheuma, Muskel- und Gelenkschmerzen

Übergewicht

Magen- und Verdauungsprobleme

Kopf- und Zahnschmerzen

Atemwegsprobleme und Erkältung

Herz-Kreislauf-Beschwerden

Hautprobleme und Wunden

Frauenleiden

Immunsystem

Schönheitspflege

Depressionen und Stimmungstiefs

Nieren, Leber und Diabetes

5. Leckeres aus Beeren

Salate

Schwedischer Halloumi-Himbeer-Salat

Suppen

Beerensuppe für heiße Sommertage –ein Mittsommernachtstraum

Hauptgerichte

Pasta mit Gojibeeren und Tomaten

Snacks und Frühstück

Moltebeeren-Kompott auf warmem Porridge – mein schwedisches Winterfrühstück

Desserts

Hollermousse mit Beeren

Kuchen und Gebäck

Blaubeerbrot – Schlemmen in nordischer Tradition

Getränke

Lapin Lemmenjuomm – finnischer Drink für Verliebte

6. Gesunde, wohltuende Naschereien selber anbauen

Beeren griffbereit – so geht’s!

Beeren im Kübel überwintern – so geht’s

Die idealen Beeren für Anbau-Einsteiger

Dankbare Johannisbeeren

Hello, die Exoten kommen!

Danke!

»Die Natur macht nichts vergeblich.« (Aristoteles)

Vorwort

Wenn ich auf der Bank vor meinem wunderschönen Tiny House sitze, blicke ich auf einen silbrig schimmernden See, gerahmt von einer waldreichen, leicht hügeligen Landschaft. Es gibt hier keine Straße, keine Autos, keine Menschen, nur Singschwäne und Rebhühner, Rentiere und Elche, ab und zu Bären – zumindest angeblich. Ich habe in all den Jahren in Skandinavien nur einmal einen gesehen, 600 Kilometer von hier entfernt, und er hat gleich Reißaus vor mir genommen; Bären sind scheue Tiere.

Hier, wo ich wohne, gibt es Natur pur und ich empfinde mein Leben jeden Tag als ein Geschenk. Ausblicke, Gerüche, Geräusche – alles zusammen ist ein magisches Ganzes, das Körper und Seele streichelt und ganz tief erdet. Oft schließe ich in diesen Momenten auf der Bank die Augen und muss mich kneifen, um glauben zu können, dass all das hier wirklich wahr ist. Ich liebe diesen Ort inmitten der Natur aus ganzem Herzen.

Seit einigen Jahren lebe ich schon allein in dieser betörenden Wildnis, genauer im schwedischen Teil Lapplands, nördlich des Polarkreises. Zur groben Orientierung: Bis nach Kiruna, der nördlichsten Stadt in Schweden, sind es von mir aus 60 Kilometer.

Es ist eine Region voller unberührter und fruchtbarer Wälder, kristallklarer Seen und Flüsse, faszinierend weiter Mooslandschaften mit spärlicher Tundrenvegetation, weitab jeglicher Umweltverschmutzung. Es ist aber auch eine Region voller Extreme. Im Winter wird es bis zu minus35 Grad kalt und 20 Tage lang nie richtig hell. Im Sommer bis zu 25 Grad warm und 50 Tage lang nie dunkel. Es ist etwas ganz Besonderes, um Mitternacht das milde Sonnenlicht auf der Haut zu spüren.

Fast acht Monate im Jahr liegt Schnee, oft meterhoch. Es gibt Wochen, da schneit es durch und man schippt sich fast um den Verstand. Aber Klagen bringt nichts. Man muss da durch!

Und irgendwann kommt der Frühling, dann meist mit aller Macht. Innerhalb weniger Tage schmelzen die gigantisch hohen Schneemassen und die Natur bricht auf. Es sprießt überall wie ein hellgrünes Feuerwerk. Die Spitzen der Nadelbäume, die Gräser und Sträucher, die zahllosen Flechten und Moose. Es ist, als ob im Winter unter der Erde ein Vulkan brodelt und alles, was lebt, im Frühling mit einem Mal ans Licht schleudert.

Ich liebe diese Zeit. Sie bedeutet Aufbruch. Und wenig später, wenn sich die Sommersonne etabliert und die Temperaturen ansteigen, feiern die Menschen in Skandinavien ein ganz besonderes Fest: ihr Beerenfest. Und weil es so schön ist, gleich wochenlang. Singles, Familien und Freundesgruppen, Alte und Junge, Kollegen und Vorgesetzte – gefühlt jeder durchstreift mit jedem die lichte Landschaft nach köstlichen Beeren. Die Heidelbeere ist dabei die Königin. Sie wächst allein in Schweden auf 15 Prozent der Landfläche, und weil hier sonst nicht viel frisches Obst wächst, genießt man die lilablauen Kullerfrüchte umso mehr. Aber auch Walderdbeeren und Brombeeren wachsen hier oben, neben Preiselbeeren und Himbeeren und viele weiteren Beeren, die kaum jemand jenseits Skandinaviens kennt. Man sammelt und nascht, kocht, trocknet, rührt und serviert Beeren, lädt Familie, Freunde und Nachbarn ein und genießt diese einzigartigen Schätze der Natur und das lockere, fröhliche Zusammensein.

Aber nicht nur darum geht es. Beeren sind traditionell viel mehr als leckeres Naschwerk. Schon bei der als Jäger, Sammler und Fischer lebenden Urbevölkerung, den Samen, waren Beeren auch immer Medizin. Eine, die man, richtig präpariert, das ganze Jahr nutzen konnte. Dieses Volkswissen hat sich verankert und gehört bis heute in vielen skandinavischen Familien zum Standardheilkundewissen. Man setzt die beerenstarken Helfer gegen alle möglichen Beschwerden ein. Ob frisch, gefroren oder als Saft – die Menschen schwören darauf. Heidelbeeren helfen zum Beispiel bei Bluthochdruck, verhindern einen zu hohen Cholesterinspiegel, stoppen Durchfall und Zahnfleischentzündungen. Das macht sie fast schon zu wertvoll, um einfach nur genascht zu werden.

Also: Natürlich heilen mit Preiselbeeren und Co., statt einfach nur Pillen schlucken? Zugespitzt formuliert trifft das den Kern. Das ist auch den landschaftlichen Besonderheiten geschuldet. Die Wege hier oben sind nicht nur lang, sondern auch beschwerlich. Es ist häufig dunkel, die Witterungsverhältnisse belastend. Man geht nicht einfach in den Supermarkt und holt sich ein paar Äpfel. Das Gleiche gilt für Apotheken. Die Skandinavier setzen deshalb auf gesunde Vorratshaltung. Und Beeren sind dafür ideal!

Meine Liebe zu den Beeren habe ich allerdings nicht erst in Skandinavien entdeckt. Sie begleitet mich seit meiner Kindheit. Ich hatte sie schon im Rucksack dabei, als ich hierhergekommen bin.

Ich möchte Sie, liebe Leserin und lieber Leser, auch für diese Köstlichkeiten begeistern und zu Fans machen. Denn Beeren schmecken nicht nur köstlich, sondern können auch positiv auf Körper und Geist wirken.

Aber bevor ich weiter davon schwärme, wie wertvoll Beeren für uns sind, möchte ich, dass Sie etwas mehr über mich erfahren, damit Sie meine Liebe zu diesem wohlschmeckenden Geschenk der Natur besser verstehen.

Ich komme aus der Schweiz, genauer aus dem Berner Oberland. Mit meinen Eltern und meiner Schwester ging es bei jedem Wetter in die Berge. »Nirgends ist man Gott näher als hier«, sagte mein Vater immer, und so waren wir bei allen Temperaturen unterwegs, haben in kleinen Zelten übernachtet und auf einem Gaskocher leckeres Essen gezaubert. Beerenpflücken war schon damals eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Einen Teil haben wir Kinder vom Strauch weggenascht, den anderen in unser morgendliches Müsli gegeben und uns dabei vom einzigartigen Geschmack des Essens und der spektakulären Natur überwältigen lassen. Ich sehe alles wie gemalt vor mir: das grauschimmernde Steinmassiv im Rücken, ein in Morgensonne getauchtes Tal zu Füßen, dazwischen Bäume, von Bergblumen überzogene Wiesen, hüpfende Gämsen und über allem kreist ein Greifvogel. Das sind meine Jugendbilder und ich bin meinen naturbegeisterten Eltern sehr dankbar, dass sie uns Kinder so reich aufgezogen haben. Denn bei uns drehte sich alles um gesunde Natur, von der wir Menschen ein rücksichtsvoller und achtsamer Teil sein sollten. Meine Eltern sind Experten, kennen jede Pflanze, jedes Tier. Beide sind Vegetarier, ungeheuer tierlieb und Naturheilkunde ist ihnen bestens vertraut. In unserem Haus gab es keine Medikamente. Man heilte mit Pflanzen. Wenn ich Wunden hatte, legte meine Mutter Erdbeeren darauf, wenn ich erkältet war, gab sie uns Holunderblütentee und gegen Magenschmerzen Heidelbeermus. Sie kennt viele andere wertvolle Pflanzenrezepturen, aber weil wir Kinder Beeren liebten, hat sie uns meistens damit wieder fit gemacht.

Natürlich kamen die Beeren nicht immer aus den Bergen, sondern meistens aus dem eigenen Garten. Unser Elternhaus lag sehr ländlich. Wir hatten ein großes Grundstück, auf dem alles wuchs, was wir gern aßen und uns guttat. Unsere Stachelbeerbüsche waren übrigens so spektakulär, dass immer wieder Passanten stehen blieben und fasziniert die Fülle an grün-blau schimmernden Beeren bestaunten.

Nach der Schule haben wir begeistert bei Anbau und Ernte mitgeholfen und in der Küche mit meiner Mutter leckeren Saft, Kompott und Marmeladen hergestellt.

Ich liebte schon damals mit ganzem Herzen die Natur, den Schnee, das Unter-freiem-Himmel-Sein.

Dazu kam das Reisen. Ich wollte die Welt sehen, auch unbekannte Naturräume erleben und mich mit ihnen verbunden fühlen. Ich war viel unterwegs. Auch den Süden Europas habe ich mit meinen Eltern besucht, allerdings nicht in einer Ferienanlage, sondern beim Wandern und Campen, natürlich in einem Zelt, mal am Strand, mal im Korkeichenwald oder im Palmenhain. Und jeder Tag war zeitgleich eine Unterrichtseinheit, denn unser Umgang mit der Natur brachte jede Menge kostbare Informationen über Flora und Fauna, die ich bis heute fest in meinem Kopf abgespeichert habe. Unsere Mahlzeiten haben wir auch auf diesen Reisen am Gaskocher zubereitet, großenteils mit in der Natur zusammengesuchten Zutaten. Ich erinnere mich noch an eine Mahlzeit mit spanischen Brombeeren. Lecker!

Irgendwann wurden die Reiseziele exotischer – ich habe beispielsweise Australien und Kanada erwandert beziehungsweise mit dem Rad erstrampelt.

Beruflich bin ich übrigens Kauffrau geworden und habe später als Marketingleiterin in Bern gearbeitet. Damals war mein Leben richtig sortiert. Ich hatte einen gut bezahlten Job, für den ich Anerkennung erhielt, und lebte mit meinem Partner, einem Lehrer, in einer wunderschönen Wohnung mit Seeblick. Auch mein Partner zog jetzt an den Wochenenden mit der ganzen Familie in die Berge. Er sprach von Heirat. Meine Eltern waren begeistert von dieser Vorstellung. Es passte alles.

Hier hätte die Geschichte enden können. Aber es kam ganz anders. In mir rumorte es. Dabei war im Grunde nichts falsch an meinem Leben. Ich kann das bis heute schlecht erklären, nur so viel: Ich spürte tief in mir Enge und war fortan auf der Suche. Und dann mischte sich das Schicksal ein. Weil ein beruflicher Auftrag abgesagt wurde, hatte ich plötzlich Urlaub. Mein Freund bekam nicht frei. Exakt zu der Zeit fiel mir ein Prospekt in die Hände, auf dem ein knuffiger Husky zu sehen war. Er gehörte zu einer finnischen Schlittenhundefarm und ich buchte spontan eine Woche auf einer Lodge in der Nähe von Rovaniemi. Volltreffer! Dort angekommen war ich auf Anhieb restlos begeistert. »Die Ruhe, die Einsamkeit, das Zusammenspiel von Tier und Mensch, das wird mich nicht mehr loslassen«, schwärmte ich damals am Telefon meinen Eltern vor.

Und genauso war es. Drei Jahre lang flog ich immer wieder auf die Lodge, gab für das Leben in der Wildnis meinen sicheren Arbeitsplatz und die Partnerschaft auf und verliebte mich erst in die treuen Huskys und dann in ihren finnischen Eigentümer Samu.

Ich war Ende zwanzig, als mein Leben schließlich den größten Haken schlug und ich nach Finnland auswanderte, um mit meiner, so dachte ich damals, großen Liebe das Schlittenhundeunternehmen in Schwung zu bringen. Es klappte. Wir bauten, auch dank meiner Marketingkenntnisse, ein gut gehendes Touristikunternehmen auf. Im Winter boten wir Hundeschlittentouren an, im Sommer Wandertouren und Kanufahrten.

Meine Liebe zu den Beeren bekam damals weiteren Aufschwung. Denn in Finnland sind Beeren eine Art Nationalgut. Seit Urzeiten ist das Sammeln fester Bestandteil der finnischen Kultur und bis heute ein beliebtes Hobby. Ich war regelmäßig mit Vilma, Samus Mutter, in den Wäldern unterwegs und sie zeigte mir, wie man in Finnland Beeren genießt und in der Naturheilkunde nutzt.

Wussten Sie, dass Moltebeerenöl ein wunderbares Anti-Falten-Mittel ist? Moltebeerentee hat sie mir zum Gurgeln verabreicht, wenn ich Halsschmerzen hatte, und Preiselbeersaft bei Schüttelfrost und Kopfweh. Was wir nutzten, sammelten wir selbst. Unsere Wanderungen durch die Wälder werde ich nie vergessen. Man kommt dabei ganz entspannt ins Gespräch und vertraut sich dem Gegenüber voll und ganz an.

Doch leider war mein privates Glück nicht stabil. Samu und ich stritten immer öfter; es ging vor allem um Eifersucht und mein Bedürfnis nach Freiheit. Er verstand nicht, dass ich in unregelmäßigen Abständen ausgiebige Touren brauchte, auf denen ich allein durch die Natur wanderte, meine Grenzen testete, Ruhe und Alleinsein genoss. Ich war damals mit Rucksack und Fahrrad in Kanada und Südamerika unterwegs. Samu konnte das nicht ertragen und die Eifersucht machte ihn immer rebellischer. Schließlich gab es Dauerstress, in dem ich regelrecht unterzugehen drohte. Vilmas liebevoll gerührtes Beerenmus zur Stabilisierung des Immunsystems half nicht mehr. Mein Körper bremste mich aus. Nach sechs Jahren blieb mir nur die Trennung. Damit war alles weg: mein Partner, mein Zuhause, meine Existenz. Ich stand vor dem Nichts.

Doch zu keinem Zeitpunkt dachte ich daran, zurück in die Schweiz zu gehen. Das Leben in der Heimat war mir fremd geworden und vor allen Dingen zu eng. Ich hatte mich an die Weite und die Abgeschiedenheit Skandinaviens gewöhnt. Es fasziniert mich, stundenlang, nein tage- und wochenlang durch unberührte Natur zu wandern, ohne einem Menschen zu begegnen. Dazu begeistert mich die reine Luft, die Stille, die Vielfalt. Ich empfand den Norden Europas von Anfang an als Paradies.

Also blieb ich, gründete die Boreal-Tours, meine eigene Firma für Wander-, Schneeschuh- und Skitouren, und war mit Gästen erst in Finnland und später auch im benachbarten Schweden unterwegs. Denn dort gibt es andere, teils bergige Landschaften, die viele Menschen schätzen.

Doch damals kam ich erneut an meine Grenzen. Ich musste mit den Tieren ständig zwischen den beiden Ländern hin- und herfahren, dazu die Firmen verwalten und Buchungen betreuen. Zeit für mich allein, für Rückzüge, für lange Wanderungen, die gab es damals nicht mehr. Ich wurde unglücklich – wieder.

Als ich in Schweden die Chance bekam, ein kleines Wildniscamp zu kaufen, die Lappeasuando Lodge, stellte ich mein Leben erneut auf den Kopf und schuf mir und meinen Tieren endlich wieder ein Nest, baute noch ein Restaurant und Unterkünfte an und pflanzte auf meinem Gelände jede Menge Beerensträucher. Meine Gäste haben die schwedischen Beerenleckereien geliebt.

Von jetzt an hatte ich Managementaufgaben, arbeitete in der Gästebetreuung, führte einen Mitarbeiterstab und war erfolgreich. Das Hotel lief gut, zu mir kamen Urlauber aus der ganzen Welt.

Doch glücklich wurde ich so auch nicht. Klar, ich machte Karriere, verdiente gut, wurde aber immer stiller. Ich lebte wieder nicht das Leben, das ich mir wünschte. Heute weiß ich: Mir fehlte das Alleinsein in der Natur. Damals begann ich, vor den vielen Eindrücken zu fliehen. Wenn es besonders hektisch wurde, ließ ich mich vertreten, stellte mich auf meinen Hundeschlitten und fuhr hinaus in die Einsamkeit. Stunden, manchmal auch mehrere Tage. Mit bis zu 30 Stundenkilometern düste ich durch Wälder und über zugefrorene Seen, genoss die gleißende Sonne, die sich im glitzernden Schnee spiegelte. Ich übernachtete in einsamen Hütten oder im Zelt, starrte in den sternenklaren Himmel, ließ mich vom mystischen Polarlicht betören.

Wenn man allein Zeit verbringt, lernt man sich selbst besser kennen, entwickelt innere Stärke und entdeckt, was man wirklich braucht, um glücklich zu sein.

Auf einer dieser Touren fiel bei mir der Groschen: Ich brauchte das Alleinsein – nicht nur als Ausgleich zu meinen Pflichten und oberflächlichem Zeitvertreib. Es gehörte zu mir, der echten Barbara. Ich erkannte, dass ich mich trotz der vielen Veränderungen in meinem Leben noch immer abhängig von Anerkennung, Zuneigung und Bestätigung von außen gefühlt hatte. Ich hatte mich nie wirklich getraut, ich selbst, also die echte Barbara zu sein.

Ich wollte ab jetzt echt sein, mich niemandem anpassen müssen, sondern so leben, wie ich es fühlte.

Entschlossen, aber auch schweren Herzens, gab ich mein Hotel wieder auf. Ausgerechnet eine Schweizer Lehrerin mit Liebe zu Lappland machte mir ein Angebot und war bereit, sich in das Abenteuer als Lodgebesitzerin zu stürzen. Übrigens mit Erfolg.

Ich habe mir stattdessen ein kleines, einsam gelegenes Grundstück an einem See gekauft, fünf Kilometer von dem 200-Seelen-Örtchen Skaulo entfernt, und später ein Tiny House daraufstellen lassen. Hier wohne ich jetzt, allein, oder genauer neben dem Auslauf meiner acht Huskys, die mich tagsüber mit ihrem fröhlichen Gebell erfreuen, und bin endlich rundherum glücklich.

»Mein Umzug in die Wildnis war die beste Entscheidung meines Lebens«, sage ich gern. »Denn endlich lebe ich so, wie es mir guttut.«