Die Besonderheiten der Etikette - Raymond Bernard - E-Book

Die Besonderheiten der Etikette E-Book

Raymond Bernard

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Beschreibung

„Keine Angst vor der Etikette! Tatsächlich ist darunter nichts anderes zu verstehen als höfliches Benehmen, wie es eigentlich in allen Lebenslagen angebracht ist.“ Tischmanieren, Esskultur, Kleidungsstil und Respekt. Werden diese Tugenden verdrängt: Von Fastfood jederzeit? Von Jogginghosen allerorten? Von enthemmten Kommentaren voller Hass und Häme? Kurz gefragt: Sind Benimmregeln old school und Schnee von gestern? „Ganz und gar nicht! Gelebte Etikette ist der Schlüssel für ein schönes, entspanntes und friedvolles Zusammenleben.“ Das sagt einer, der sich auskennt wie kein Zweiter in diesem Metier: Raymond Bernard. Er war über vier Jahrzehnte als Butler am königlichen Hof in Luxemburg tätig, wo er neben den Königlichen Hoheiten Bundeskanzler, Präsidenten, Minister, Kaiser, Reiche und Schöne aus aller Welt bediente. Mit Witz, Charme und großem Sachverstand erzählt er von seinen Erlebnissen und lässt uns teilhaben an einer Welt, die den meisten verschlossen ist und wohl immer bleiben wird. Er berichtet sowohl von Etikettenprofis als auch von -banausen und bleibt dabei diskret – ganz so, wie es die Etikette verlangt. Dieses sehr persönliche Buch ist nicht nur eine Sammlung lustiger, skurriler, teils absurder Anekdoten, sondern auch ein echter Erkenntnisgewinn und eine Einladung: Werden Sie zur Expertin und zum Experten in Sachen Etikette!

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Die Besonderheiten der Etikette

1. Auflage, erschienen 5-2022

Umschlaggestaltung: Romeon Verlag

Text: Raymond Bernard

Layout: Romeon Verlag

Karikaturen: Cynthia Bernard

Titelbild:

Luxemburger Wort – Photographe – Lex Kleren – Tous droits réservés – Des licences d’utilisation de droits d’auteur peuvent être obtenues à travers www.luxorr.lu

Fotos:

Jean-Claude Lazard – Bonn – Gedeckte Tische, Ingo Zwank – Bild mit Seiner Königlichen Hoheit Großherzog Henri

ISBN: 978-3-96229-712-1

www.romeon-verlag.de

Copyright © Romeon Verlag, Jüchen

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten. Ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Gewissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Verlages. Er übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

DIE BESONDERHEITEN DER

ETIKETTE

RAYMOND BERNARD

You’re so vain,

you probably think this song is about you

Carly Simon

Wer sich zu erkennen glaubt, ist selber schuld

INHALT

Einleitung

Danke!

Der Rat des Edelmannes

Das Betrachten

Der erste Eindruck

Der Schein trügt

Die innere Ruhe

Aufgepasst: Rutschgefahr! - Königin Margrethe von Dänemark

Wer bin ich?

Herr Gernegroß

Herr Manierlos

Das Verhalten

Der Stil

Die Ausstrahlung

Die Körpersprache

Die Bewegung

Immer das Gleiche und immer wieder

Die Körperhaltung

Die Körpersignale

Körperpflege

Doch jetzt eine kleine Verschnaufpause

Frau Vermögend

Die Ausdruckweise

Das Zusammenleben

La comédie humaine – Die menschliche Komödie

Zu Hause

Abendessen bei Familie Kommando

Verwandte, Freunde und Bekannte

Die arme Reiche

Was für ein Wochenende

Die Ohrfeige

Männer von Welt -Bundeskanzler Helmut Schmidt

Kunden

Ein Abend im Hause Chaos

Amtlich

Die Obdachlosen

Verkehr

Eine Geschichte, voll aus dem Leben gegriffen

Politik

„Bonjour Monseigneur!“

Was ist Politik

Politiker und Politikerinnen

Wie ärgert man einen Diplomaten?

Etikettenmissbrauch-Eine Firma, die nur das produziert, was sie wirklich kann

Ein Flegel?

Unsere Prinzenhochzeit

Vor diesen Politikern ziehe ich den Hut

Diplomatie

Manchmal kann es sehr lustig sein

Der Botschafter, Seine Exzellenz

Nichts als Peinlichkeiten!

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Ein schlimmer Fauxpas

Der Königliche Hof

Zum Schutz des Staatsoberhaupts

Aber auch diesmal: Kein Business as usual

Plaudereien - Bundeskanzler Helmut Kohl

Die königliche Familie: Ein Leben im Dienst des Volkes

Mein erstes Patenschaftsprojekt:

Mein zweites Patenschaftsprojekt: Tafelgläser für die Monarchie

Welches Outfit zu welcher Gelegenheit?

Die königliche Manschette

Die Wertschätzung

Begrüßung

Herr Sigmar Gabriel - Ehemaliger Bundesminister

Bankgeschichten

Eine kleine Episode zum Lächeln

So wird begrüßt

So wird nicht begrüßt

Promialarm im Golfclub

Begrüßungszeremonie

Sie laden einen akkreditierten Botschafter ein

Wenn der Botschafter Sie einlädt

Regierungsmitglieder

Monarchen – Staatpräsidenten

Der Monarch

An diesem Abend im Jahr 1982 - Großherzog Jean von Luxemburg

Pünktlichkeit

Strafe muss sein!

Respekt

Staatsbesuch am Königlichen Hof - Staatspräsident François Mitterrand

Diese Familie mag nur bedient werden. Gefühl ist Nebensache

Danken

Lieber einmal zu viel als gar nicht danken

Herr Knurrbart tritt auf den Plan

Oktober 2000 - Der Tag, an dem unsere Königliche Hoheit Großherzog Jean zugunsten seines Sohnes seine Abdankung unterschrieb.

Trinkgeld

Was hätten Sie in diesem Fall erwartet?

Im freien Fall (aber nicht die Börsenkurse)!

Die Etikette

Die Nullnummer

Der wandelnde Blumenstrauß

Verkehrsrowdy zum Nationalfeiertag

Tourist, oder?

The Table Manners – Sie sind eingeladen

Cutlery Etiquette

Der Etiketten-Schutz

Kaiserlicher Staatsbesuch – Japanischer Kaiser Akihito

Einige Regeln

Urteilen Sie selbst!

Das Protokoll

Königlicher Gutschein - König von Spanien Juan Carlos I. und Königin Sophia von Griechenland

Die Esskultur

Das Messer

Der Löffel

Löffelzauber

Die Gabel

Das Tafelporzellan

Bringen Scherben Glück?

Die Gläser

Bruchlandung im Schloss

Ons Grande Duchesse - Großherzogin Joséphine Charlotte von Luxemburg

Die Tisch-Serviette

Die Dame mit dem Erdbeermund

Tischlein, deck dich!

Trilogie

Seine Königliche Hoheit Großherzog Henri und ich

Die verschiedenen Bedienungsarten

Service à la française

Service à la russe

English Service

Der Tellerservice

Vergeudete Zeit

Service ist nicht gleich Service

La touche finale

EINLEITUNG

DANKE!

Auch wenn das Dankeschön in der Regel am Ende eines Buches erfolgt, möchte ich diesen Dank an den Anfang setzen - mein Herz rät mir dazu.

Mit Liebe und Zuneigung danke ich meiner Frau, die immer wieder zurückstecken musste, damit ich dieses Buch schreiben konnte.

Meiner Tochter, die mir mit viel Liebe, Geduld und gutem Rat stets eine kostbare Hilfe war. Sie ist es, die für mich die gelungenen Karikaturen gezaubert hat, die den Text ansprechend illustrieren.

Ich danke all jenen Personen, die mich immer wieder motivierten und antrieben, dieses Werk zu schreiben, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen.

Mein Buch hat eine jahrzehntlange Vorgeschichte: eine lange Zeit, die mich geformt und geschult hat, die geprägt war von interessanten Menschen, die meine Weiterentwicklung nach Kräften förderten.

Auch wenn ich als Kind die Schulbank nur höchst ungern drückte, habe ich mit der Zeit das Lernen lieben und achten gelernt und vieles nachgeholt.

So wagte ich mich an die Niederschrift meines Lieblingsfachs „Die Etikette“.

Nutzt mein kleines Buch wie ihr im Straßenverkehr die Hinweisschilder nutzt und lernt aus diesen mitten aus dem Leben gegriffenen Anekdoten.

Es handelt sich um kleine Wegweiser durch das Minenfeld des guten Benehmens, durch schwieriges Gelände, das allerdings gar nicht so gefährlich ist, wenn man gut aufpasst und sich an einige Regeln hält. Genau das ist es, was ich den Leserinnen und Lesern mitteilen will.

Genießt den Gang durch mein Kuriositätenkabinett voller kleiner Malheurs und Missgeschicke, die aber, Hand aufs Herz, meist nur allzu menschlich sind.

Ja, ich habe die Schönen und die Reichen, die Mächtigen und Einflussreichen aus vornehmen und weniger vornehmen Häusern dieser Welt kennen-, manche leider nicht immer schätzen gelernt.

DER RAT DES EDELMANNES

Als Kind war ich schwer krank. Gott sei Dank trat in diesem Augenblick eine großartige Frau in mein Leben, eine große Dame, mit ganz ganz großem Herzen, die sich meiner annahm und dafür sorgte, dass ich in einer Spezialklinik im Ausland gesund gepflegt wurde. Ich genas tatsächlich, war aber noch länger etwas schwach auf den Beinen.

Da befand die Dame, die noch immer um meine Gesundheit besorgt war, dass ein Urlaub auf hoher See genau das Richtige für mich sei. Ich sollte die gute Seeluft genießen und zugleich einen Einblick bekommen in die Welt, in der ich später tätig sein sollte.

Und es bewahrheitete sich:

Wenn man jemanden kennt, der den Richtigen kennt, lernt man Menschen kennen.

Mein siebzehnter Geburtstag stand vor der Tür. Nur noch eine Unterschrift meines Vaters, dann durfte ich mit aufs Boot.

Mit einem Rucksack – ich hatte eine lange und eine kurze Hose, ein Hemd, zwei Paar Socken und zwei Unterhosen dabei – fuhr ich fort und kam mit einem vollgepackten Koffer wieder zurück.

Ich durfte mich an der Weite des Meeres erfreuen und mit einem schnittigen Schiff im Sonnenschein über tiefblaues Wasser segeln.

Eine ganze Woche, als Gast, zum Lernen, zum Beobachten, zum Genießen.

Ich lernte die Welt des Respekts und der gegenseitigen Wertschätzung kennen, in der ich mich seit mittlerweile 47 Jahren wohlfühle.

Die Idee zu dem Buch, das Sie gerade lesen, entstand auf dieser Seereise, an dem Tag, als mich ein Edelmann ins Restaurant einlud.

Auf dem Schiff, das gerade vor Anker lag, waren alle ausgeflogen. Kein einziger Passagier mehr an Bord!

Da beschloss der Bootsbesitzer, Proviant zu fassen. Mich nahm er mit, damit ich ihm beim Tragen half, denn zwei Männer sind stärker als einer.

Nach getaner Arbeit betraten wir ein schickes Lokal.

Mein erstes Mal in einem Restaurant!

An einem der Tische ließen gerade unzufriedene Gäste ihren Gefühlen freien Lauf. Der noble, perfekt gekleidete Herr neben mir konnte das nicht verstehen. Ich auch nicht. Es war unser Glück, dass die laute Gesellschaft nur noch auf ihre Rechnung wartete und wir bald von ihnen erlöst wurden.

Am Ende dieses unbeschreiblich fantastischen Essens ließ mein vornehmer Gastgeber die ganze Restaurant-Mannschaft an den Tisch bitten. Ein Dankeschön und ein gebührendes Trinkgeld – das hatten sie sich wahrlich verdient.

Auf dem Weg zum Boot fragte mich der Herr:

„Hast du heute etwas dazugelernt?“

„Ja, ganz viel.“

„Und was hast du gelernt?“

„Ich habe gelernt, eine Menükarte zu lesen und eine Bestellung aufzugeben.“

„Das hast du gelernt, ganz ohne strengen Lehrer. Du hast auf deine eigenen Beobachtungen gesetzt und alles richtiggemacht, ganz einfach, weil du wusstest, dass es gut wäre, alles genauso zu machen wie ich.

Du hast verstanden, wie schrecklich schlechtes Benehmen ist und dass es wiederum ganz einfach ist, Menschen ohne großen Aufwand eine Freude zu bereiten.

Auch, wenn man Liebenswürdigkeit allzu leicht vergisst! Morgen ist ein neuer Tag. Dann wird man sich im Restaurant an uns und unsere Freundlichkeit gar nicht mehr erinnern. Aber wie sich die Gesellschaft am Nebentisch aufgeführt hat, das bleibt haften. Schlechte Manieren sind ein Makel, ein Fleck, den man nicht so leicht wegwischen kann.

Lerne daraus und, wenn du so alt bist wie ich, wer weiß, vielleicht schreibst du dann ein Buch über schlechtes Benehmen.“

In einem Punkt hatte mein Gesprächspartner allerdings Unrecht, und das sage ich bei allem Respekt. Mich hat man nach Verlassen des Restaurants garantiert sofort vergessen. Aber diesen Edelmann mit Sicherheit nicht! Auch wenn der Herr die Menschen im Restaurant nicht kannte, hatten sie alle mit Sicherheit sein Gesicht schon irgendwo in einer Zeitschrift oder im Fernsehen gesehen.

Einige kleine Tipps

Während unserer Reise durch noble Salons und feudale Speisezimmer gebe ich Ihnen immer wieder einige kleine Tipps, die Ihnen dabei helfen sollen, unangenehme Fehltritte auf dem glatten Parkett des guten Benehmens zu vermeiden.

Den definitiven Fingerzeig, einmal ein Buch über gutes Benehmen zu schreiben, verdanke ich übrigens einer Dame aus der allerhöchsten Aristokratie. Sie gab ihn mir, als ich ihr nach meiner Rückkehr von der Yacht von meinen Reiseerlebnissen berichtete.

DAS BETRACHTEN

DERERSTE EINDRUCK

An den genauen Wortlaut dessen, was mir Königliche Hoheit damals sagte, kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an den Sinn schon.

Der erste Eindruck sei wichtig und trage wesentlich dazu bei, wie man einen Menschen sehe und in Erinnerung behalte. Doch nur durch besseres Kennenlernen werde dieser erste Eindruck im guten oder schlechten Sinne bestätigt.

Nun, nach 47 Jahren, da ich einige Einblicke in die menschliche Existenz gewonnen habe, gestehe ich: Ja, der erste Eindruck kann leider auch irreführend sein.

Natürlich sollte man stets darum bemüht sein, einen guten ersten Eindruck zu machen.

Passende Kleidung, ein gepflegtes Äußeres, gute Laune, Höflichkeit, Ruhe und Gelassenheit sind ein Sesam, öffne dich, wenn man die Herzen der Menschen gewinnen will.

Ob ein Lehrer vor seine Klasse tritt, ob in Geschäften oder Restaurants, bei Vorstellungsgesprächen, bei öffentlichen oder privaten Feiern: Der erste Eindruck ist mit Sicherheit nicht zu unterschätzen.

So gilt es, einige Standards zu berücksichtigen, wobei man durchaus zu sich selbst stehen kann. Ein Beispiel: Da meine Stimme nicht zu meinem Äußeren passt, werde ich oft gefragt, ob ich mich erkältet hätte. Trotz fachärztlicher Hilfe ist es mir nie gelungen, meine Stimmfarbe zu ändern. Heute betrachte ich es nicht mehr als eine Einschränkung. Meine Stimme ist ein Teil meiner selbst und verleiht mir einen gewissen Erkennungswert, was mir, was den ersten Eindruck anbelangt, noch nie geschadet hat.

Aber, wie gesagt, man verlasse sich nicht unbedingt auf das, was man zuerst von einem Menschen hält.

DER SCHEIN TRÜGT

Ich wurde in ein renommiertes Restaurant bestellt, um in gediegenem Ambiente einen Butler-Service für acht Gäste zu gewährleisten.

Dafür wurde der schönste Raum mit viel Platz und Licht sowie einem idyllischen Blick ins Grüne hergerichtet – nach allen Regeln der Kunst.

Ich kann mich noch sehr gut an die acht Gäste erinnern. Ein kleiner, rundlicher Mann in einem zu großen Sakko, so lieb wie ein Kuscheltier, kam mit seiner Gattin und seiner Tochter als Erster ins Restaurant.

Ich hatte ihn eben an der Tür empfangen, bevor die fünf anderen Personen fast gleichzeitig eintrafen.

Als Erste näherte sich eine bildhübsche Dame mit einem sehr jungen Herrn, ihrem Lebensabschnittspartner. Sie trug ein tolles Abendkleid, schwarz mit langem Schlitz, geschneidert von einem Pariser Modehaus, das war unverkennbar. Ihre tolle Figur fesselte nicht nur meine Aufmerksamkeit.

Ihnen folgte ein in die Jahre gekommenes, nettes, freundliches Ehepaar, dessen abgetragene Straßenkleidung nun wirklich nicht in dieses schicke Restaurant passte.

Zuletzt kam der Herr, der mich an diesem Abend total überraschte: ein Mann mit kahl geschorenem Kopf und kunstvollen Tattoos am Hals sowie an beiden Händen.

Seine auffälligen Ohrringe und die stählernen Rockerringe an seinen Fingern waren sicher sein Markenzeichen.

Er trug einen grau gestreiften Anzug und ein schneeweißes Hemd, dessen Kragen ein paar Zentimeter zu weit war. Offenbar hatte er vergeblich versucht, sich der Gelegenheit wenigstens ein bisschen anzupassen. Seine protzigen Manschettenknöpfe, seine raue Stimme und der starke Zigarettengeruch, der ihn umgab, erweckten in mir den Eindruck eines in die Jahre gekommenen Disco-Türstehers.

Doch nicht jeden Tag hat man das Glück, einen Menschen zu bedienen, der so pflegeleicht, so gut erzogen, so manierlich ist, wie dieser Gast es war. Er beherrschte die Tischmanieren perfekt – dieser Herr, den ich so falsch eingeschätzt hatte. Er fiel nicht aus dem Rahmen in Gesellschaft dieser Menschen, für die ein perfektes Benehmen eine Selbstverständlichkeit ist.

Spät am Abend war mein Dienst vorbei. Die über unsere Landesgrenzen hinaus bekannte Köchin plauderte, wie sie es immer hält, noch ein Weilchen mit den Gästen, als wir bereits das Lokal verließen. Mich aber verfolgte das unangenehme Gefühl, dass ich mich in Vorurteile verrannt hatte.

DIE INNERE RUHE

Wenn morgens der Wecker klingelt, heißt es aufzustehen, denn ein neuer Tag beginnt.

Aber was, wenn der Wecker sich nicht meldet, kein Licht im Haus ist, die Kaffeemaschine nicht funktioniert ...?

Richtig, dann geraten wir nicht nur in Verspätung, wir geraten in Stress. Eine Strompanne könnte die Ursache sein.

Bekommt man diese nicht selbst in den Griff, muss Hilfe her. Aber was, wenn die Person, die helfen sollte, selbst schlechte Laune hat? Naja, dann hat man noch mehr Stress.

Was nun? Was tun? Gerade in dieser Situation ist gutes Benehmen angesagt.

Seien Sie geduldig, lassen Sie den Menschen, der Ihnen hilft, in Ruhe arbeiten. Je eher die Panne behoben ist, umso besser für alle.

In Krisensituationen gilt es, die Fassung zu bewahren, ruhig und möglichst souverän zu sein. Das ist der Königsweg.

Jeden Tag könnte man sich über irgendetwas oder irgendjemanden aufregen – im Beruf, im Verkehr, eben überall im Alltag.

Aber was soll das? Hat man das nötig? Muss das sein?

Geht man höflich miteinander um, wird jede Situation entschärft.

Und es genügt nicht, es zu wissen und zu wollen, sondern man muss es einfach anwenden und tun: keinen Stress aufkommen lassen, sich nicht provozieren lassen, keinen unnötigen Ärger aufbauen. Mit anderen Worten: die innere Ruhe bewahren. Das nennt man Selbstbeherrschung, die Grundlage, auf der gutes Benehmen fußt.

Gutes Benehmen ist nur möglich mit Selbstkontrolle, Selbstbeherrschung, Selbstdisziplin und Geduld.

•Zähle bis drei, ehe du etwa sagst!

•Atme tief durch, ehe du reagierst!

•Schlafe eine Nacht darüber, bevor du den nächsten Schritt wagst!

Ich sage:

•Das alte Sprichwort In der Ruhe liegt die Kraft bewährt sich allemal. Lassen Sie sich nicht provozieren, sonst hat das Gegenüber gewonnen. Besser, Sie gewinnen.

•Der Ton macht die Musik. Wer mit ruhiger, ausgeglichener Stimme spricht, beruhigt sich selbst.

Der Straßenverkehr ist für mich immer wieder das beste Beispiel. Lieber mal gerade sein lassen als zu schimpfen und dann unkonzentriert einen Unfall zu bauen.

Mit innerer Gelassenheit schafft man viel.

Sie lehrt uns, die innere Notbremse zu ziehen, kann einseitige, negative Wahrnehmungen entschärfen und uns von belastenden Gefühlen befreien.

Wenn du im Recht bist, kannst du dir leisten, die Ruhe zu bewahren; und wenn du im Unrecht bist, kannst du dir nicht leisten, sie zu verlieren. (Mahatma Gandhi)

Ohne innere Ruhe kann man die Etikette nicht leben.

AUFGEPASST: RUTSCHGEFAHR!- KÖNIGIN MARGRETHE VON DÄNEMARK

Wie schon so oft unterlagen wir auch dieses Mal dem angenehmen Kaffeeduft, der durch das Treppenhaus nach oben stieg. Diese Verführung zwang uns förmlich eine kleine Pause auf.

Gerade waren wir dabei, die gute Atmosphäre bei einer heißen Tasse Kaffee und feinem Gebäck zu genießen, als unser neuer Vorgesetzter mit einem sympathischen Lächeln in der Tür stand und uns grüßte:

„Guten Morgen, Raymond. Ich möchte dir und deiner ganzen Mannschaft nochmals herzlich für die tolle Unterstützung danken. Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine mit vielen Emotionen vollgepackte Woche.

Gerade eben habe ich mich gefragt: Würdest du uns den Gefallen tun und dich um den Empfang der Gäste kümmern? Die ersten Gäste, das belgische Königspaar, soll in zwanzig Minuten vorfahren.“

„Ja, natürlich. Mit dem größten Vergnügen“, antwortete ich.

Eine neue und ungewohnte Aufgabe stand an. Die prachtvollen Limousinen fuhren nicht wie gewohnt vor dem Palast vor, wo man mit nur wenigen Schritten in die Eingangshalle gelangte. Sie fuhren ebenso wenig durch den Hinterhof in den Palast-Durchgang, wo die Königlichen Hoheiten bequem in die Eingangshalle gelangen konnten.

Nein, das war diesmal aus organisatorischen Gründen leider nicht möglich. Die Limousinen mussten die Straße hinter dem Palast entlangfahren und die royalen Gäste mussten vor dem großen Doppelportal, welches in den Palasthof führte, aussteigen.

Als wir zügig unsere Positionen an der Straße einnahmen, um den Königlichen Hoheiten die Wagentür zu öffnen, rutschte einer von uns aus.

Gott sei Dank konnte er sich noch fangen und fiel nicht hin. Durch den herrschenden Regen und den Pollenflug präsentierte sich der Untergrund als äußerst glatte und schmierige Wegstrecke.

Rutschgefahr! Ja, das konnte man wohl sagen.

Schon kamen die ersten Hoheiten angefahren. Zuerst fuhr ein Wagen mit den Leibwächtern vor, gefolgt von der herrschaftlichen Limousine und einem zweiten Wagen mit weiteren Sicherheitsleuten, die die Straße absicherten.

Die Leibwächter schossen förmlich aus dem Auto, um „Ihren Herrschaften“ die Tür zu öffnen und sie schützend in den Innenhof zu führen, wo wir das Königspaar, durch einen Schirm geschützt, weiter begleiten durften.

Kein leichtes Unterfangen für die Königin, die vorsichtig mit ihren schicken Schuhen in den Hof trat.

Danach kam der charmante Prinz Albert von Monaco an, der majestätisch und sehr gekonnt den Weg durch den Hof meisterte.

Im Minutentakt fuhren die Limousinen vor. Ich hatte die Ehre, „Ihrer Majestät“, der ehemaligen Königin Beatrix der Niederlande, die Tür zu öffnen. So konnte ich sie auf die herrschende Rutschgefahr aufmerksam machen.

Danach erreichte die „Königin der Herzen“ den Palast. Ihre Ausstrahlung fesselt nicht nur jeden Butler, sondern sie wird als „wahrer Publikumsliebling“ gefeiert: Ihre Majestät Königin Margrethe von Dänemark.

Ihre Limousine blieb nicht entlang der Straße stehen, sondern fuhr geradewegs auf die Einfahrt zu.

Sofort erfasste mich ein Gefühl der Unsicherheit. Königin Margrethe musste nicht nur auf dem glatten Boden aussteigen, sondern auch noch um die Autotür herumgehen und darauf achten, nicht über den Bodentürhalter der riesigen Pforten zu stolpern.

So galt es für mich, innere Ruhe zu bewahren und ein Unglück zu verhindern.

Ich tat, was sich vielleicht noch niemand vor mir getraut hatte und was auch keineswegs zum offiziellen Protokoll gehörte: Ich bot der Königin, damit sie sicher aus der prachtvollen Limousine aussteigen konnte, meine helfende Hand an.

„Arm und Geleit“ die Ihre Majestät ohne große Worte, dafür aber mit einem herzlichen Lächeln annahm.

WER BIN ICH?

Kann man sich hinter Äußerlichkeiten verstecken?

Was steckt wirklich hinter der Fassade eines Menschen?

Stimmt das wirklich: „Schau in den Spiegel und du wirst deinen Charakter erkennen“?

Ich meine nicht, dass an diesem Satz viel Wahres dran ist. Ein guter Betrachter darf sich nicht vom Äußeren eines Menschen irreführen lassen.

Er muss hinter die Fassade sehen: die Bewegungen, Handlungen und Ausdruckweise eines Menschen interpretieren und verstehen.

Meiner Meinung nach schaffen manche Menschen genau dies nicht. Vielleicht wollen sie sich auch gar nicht diesbezüglich anstrengen? Aber viele tun es ganz intuitiv und spontan doch. Und so muss sich mancher, der sich zu sehr auf sein Äußeres und den großen Auftritt verlässt, nicht wundern, wenn er gesellschaftlich abgestempelt wird und ins Abseits gerät.

HERR GERNEGROß

Wie könnte ich jenen Menschen vergessen, der meine Mitarbeiter und mich über Jahre erniedrigt und schikaniert hat: sein rundes Gesicht, seine runde Figur, seinen dicken Hals, die gut gepolsterten Hamsterbacken? Kaum betrat er das Zimmer, monierte er schon, der Service würde nicht stimmen.

Denn wenn er auftauchte, mussten wir alles stehen und liegen lassen. Denn dann, und das war klar, war nur er da! Alle anderen zählten nicht.

Aber, wie der Zufall es wollte, war er plötzlich keiner mehr, auf den es ankam. Ohne VIP-Status wurde er nur noch selten eingeladen.

Nach einigen Jahren aber, als ich diesen Herrn anlässlich eines Abendessens wiedertraf, fanden sich plötzlich einst vergessene Formeln wie „Guten Abend“ und „Danke“ wieder in seinem Vokabular.

Er erkannte mich sofort und fragte mich, ob ich noch wisse, wie gerne er Bier trinke.

„Aber natürlich, wie könnte ich das vergessen!“

Auch dieser Herr wurde wie alle anderen Gäste hervorragend von uns betreut und freute sich sehr über sein fachmännisch gezapftes Bier.

Während seiner Abwesenheit von der Weltbühne hatte dieser Herr seine guten Manieren wiederentdeckt. Hätte er sie damals nicht über Bord geworfen, wäre er sicher weiterhin ein gern gesehener Gast gewesen.

Aber leider schienen seine guten Umgangsformen nicht fest genug verankert gewesen zu sein, als dass er sich rechtzeitig darauf hätte besinnen können.

An diesem Abend kam es mir jedenfalls so vor, als hätte der Mann sein gutes Benehmen wiedergefunden. Auf jeden Fall wünsche ich es ihm sehr.

Genauso ist es

Viele machen sich einfach keine Gedanken darüber, sie vergessen oder ignorieren bewusst, dass sie von den Menschen, die ihnen begegnen, beobachtet werden. Diese Beobachtung geht häufig über die Wahrnehmung von Äußerlichkeiten hinaus.

Mir fällt immer und immer wieder auf, dass viele Menschen sich überschätzen, sich zu wichtig nehmen und darüber vergessen, dass andere sie durchschauen und hinter der Fassade manche Schwächen sehen.

Es ist sicher wahr, dass wir uns in manchen Situationen aufwerten. Doch sollte man nie aus den Augen verlieren, dass das Auftreten, das von außen wahrnehmbar ist, nur einen Teil des Menschen ausmacht.

Aber Vorsicht! Auch wenn ein Mensch uns missfällt, verdient er Achtung. Auch wir haben unsere Fehler und Macken und möchten doch von unseren Mitmenschen mit Respekt behandelt werden.

In manchen Situationen wird uns ein Mehr an Hochachtung abverlangt. Nehme ich zum Beispiel an einer Veranstaltung teil, wo eine Persönlichkeit, eine Exzellenz, ein Minister, ein Präsident oder wer auch immer im Rampenlicht steht, schätze ich natürlich den Stellenwert dieser Person für diesen Moment sehr hoch ein und respektiere die Gegebenheiten. Diese Menschen sind häufig Repräsentanten einer Idee, die prägend ist für unser gesellschaftliches Zusammenleben, und werden mit der Achtung behandelt, die der Relevanz dieser Idee entspricht.

Doch schlussendlich sind diese Menschen auch nur Menschen – wie du und ich.

Und auch als solche verdienen sie unsere Anerkennung.

HERR MANIERLOS

Ich bin vor allem Mensch und als solcher habe ich höflich zu sein.

Über Jahre habe ich ihn heranwachsen sehen, einen anscheinend gut erzogenen jungen Mann. Ich habe ihn so wie seine Familie bedient, mehr noch, ich habe ihnen treu gedient.

Nun, wo der junge Mann zum Chef ernannt wurde und an die Spitze eines Unternehmens trat, gewann für ihn die Redewendung Geschäft ist bekanntlich Chefsache an Bedeutung.

Ich war gerade dabei, unsere kleine Firma, einen Butler-Service, auf die Beine zu stellen. Es wäre schön für mich gewesen, den jungen Mann mit seinem Betrieb zu meinen ersten Kunden zählen zu dürfen. Gemeinsame Bekannte hatten mir geraten, ihm eine Zusammenarbeit anzubieten. Nach langem Hin und Her bat ich seine Sekretärin um einen Termin.

Unsere erste Verabredung konnte er nicht einhalten. Ein anderer Termin war für ihn so wichtig, dass er glatt vergaß, mir abzusagen.

Ein neuer Termin wurde für zwei Tage später vereinbart: 9 Uhr morgens. Ich war pünktlich, aber das half nichts, denn der Herr aus allerbester Familie hatte unseren Termin schon wieder verschwitzt.

Naja, Herr ist Herr, Max ist Max, und Max bin schließlich ich.

Auch ein drittes Mal wurde ich versetzt. Ich fühlte mich wie bestellt und nicht abgeholt. Sollte ich um einen neuen Termin bitten oder warten?

Ich entschloss mich zu warten.

Aber dann – Trommelwirbel –, endlich, mit ein paar Stunden Verspätung, kam der hohe Herr um 12 Uhr angetanzt.

Ich wurde durchaus freundlich in sein Büro gebeten, brauchte aber meine Kaffeetasse nirgendwo abzustellen, da mir keine angeboten worden war.

Meinen Mantel durfte ich netterweise auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch ablegen. Dann durfte ich dem Vielbeschäftigten eine gute halbe Stunde bei diversen Telefongesprächen zuhören.

Als mein Gegenüber dann schlussendlich fertig war, ließ er mich wissen, er habe nur Zeit, mir eine einzige Frage zu stellen, fünf Minuten für unser Gespräch müssten reichen.

Und er fragte mich, welchen Zusatznutzen ich seiner Firma bringen könnte.

In ebendiesem Augenblick schritt eine ältere Verwandte des Chefs ins Büro. Sie warf meinen Mantel vom Stuhl, setzte sich dann selbst darauf, obwohl noch zwei weitere Stühle frei waren. Dann stand sie blitzartig auf, trat auf meinen Mantel, den sie gerade auf den Boden geworfen hatte, und rauschte aus dem Büro.

Über Jahre habe ich den jungen Mann heranwachsen gesehen. Ein freundlicher, wohlerzogener junger Mann!

Aber das Bild, das ich mir von diesem Menschen gemacht hatte, war falsch. Von Wohlerzogenheit keine Spur. Vornehmheit sieht anders aus.

Wahrhaft gutes Benehmen ist Herzenssache. Es hat mit Takt und Feingefühl zu tun. Wer von seinen guten Manieren nur in Gesellschaft von Standesgenossen Gebrauch macht, der hat nicht verstanden, was wahre Höflichkeit ist.

Noch eine kleine Anekdote am Schluss. Ein paar Jahre nach unserer Begegnung in der Firma waren wir beide bei gemeinsamen Freunden eingeladen. Ich war jung verheiratet und wollte meine Frau stolz dem erfolgreichen Firmenchef vorstellen. Aber meine Frau war darauf überhaupt nicht erpicht. Sie wollte gar nicht erst vorgestellt werden. Ein Blick hatte ihr genügt. Denn sie sah einen wohlhabenden Herrn in einem zu eng gewordenen Maßanzug, der mit schwitzendem Gesicht den letzten Tropfen Wein aus einem bereits leeren Glas schlürfte.

Gute Manieren müssen verinnerlicht sein. Sonst zeigt man plötzlich – auch in allerbester Gesellschaft – sein wahres Gesicht.

DAS VERHALTEN

DER STIL

Viele glauben, dass sie sich mit Geld alles kaufen können. Auch ihren Stil.

Wichtig ist aber nicht, was man kaufen kann. Wichtig ist das, was man mit oder ohne Geld aus sich macht.

Jeder soll sich im Prinzip nach seiner Decke strecken. Natürlich darf man manchmal auch über diese Grenze hinausgehen, wenn es in einer bestimmten Lebenssituation erforderlich erscheint.

In Stilfragen lassen sich manche beraten oder von ihren Mitmenschen inspirieren. Manchmal schafft man es, anderen auf diese Weise zu imponieren. Mit dieser Methode findet man aber sicher nicht den eigenen Stil, die ganz eigene Ausdrucksweise.

Ist man die Kopie von jemandem, dann ist man selbst niemand.

Das Wort „Stil“ geht auf lateinisch stilus zurück, was übersetzt Griffel bedeutet. Stil bezeichnet also eine Schreibweise, die ganz persönliche Art, wie wir uns in das Buch des Lebens eintragen. Genau das ist Stil! Es geht um unser Erscheinungsbild, darum, wie wir wirken wollen im Roman, der unser Leben ist. Stil bedeutet also Persönlichkeit, Eigenständigkeit!

Aber aufgepasst! Kein Romanheld ist allein auf der Welt. Wir leben in einem großen Netzwerk, das uns einerseits einschränkt, uns aber auf der anderen Seite unzählige bereichernde Verknüpfungsmöglichkeiten bietet. Wer diese Verbindungen pflegen will, muss Rücksicht nehmen. Guter Stil heißt auch, sich anpassen zu können.

Das bedeutet nicht, sich zu verbiegen, sondern den eigenen Stil der jeweiligen Situation anzupassen, zum Beispiel bei öffentlichen Anlässen. Da heißt es durchaus, zu Konzessionen bereit zu sein: Wer keinen Wert auf ein modisches Erscheinungsbild legt, braucht sich nicht auf Teufel komm raus herauszuputzen, aber die Kleidung sollte doch bestimmten Qualitätsansprüchen genügen.

Keine Shorts beim Staatsakt, keine Strandkleidung im Palast. Stil bedeutet auch, Situationen richtig einschätzen zu können, um in jeder Episode unserer Lebensgeschichte im richtigen Licht zu stehen.

Wer zu seinem eigenen Stil findet, ist meist ein gern gesehener Gast, auch wenn er kein Modepüppchen oder Dressman ist.

DIE AUSSTRAHLUNG

Modisch gekleidet, frisch gebräunt, total durchgestylt – so möchten viele ihren großen Auftritt haben. Aber unser Aussehen hat nur wenig mit unserer Ausstrahlung zu tun.

Es gibt Menschen, die überall, wo sie erscheinen, die Blicke der Anwesenden wie ein Magnet auf sich ziehen. Sie strahlen Präsenz aus und füllen mit ihrer Gegenwart den ganzen Raum. Es sind Menschen mit Charisma.

Schon die alten Griechen betrachteten Charisma, diese ganz besondere Ausstrahlungskraft eines Menschen, als Göttergabe, als Gottesgeschenk. Charisma werde einigen wenigen Glücklichen in die Wiege gelegt, so glauben die meisten.

Nun, meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass bei verschiedenen Leuten dafür nicht genug Platz in der Wiege war.

Deshalb: Man kann sich Charisma geschickt aneignen.

Viele Politiker und Diplomaten lassen sich schulen oder haben die richtigen Berater, regelrechte Personal Trainer, die sie in die Kunst des Charismas einführen.

Von einem charismatischen Menschen fühlen sich alle angezogen, nur wenige können ihm widerstehen.

Betritt ein solcher Mensch den Raum, blicken alle hin. Es geht um Ausstrahlung, ein sicheres und natürliches Auftreten, kombiniert mit Charme und Freundlichkeit.

Diese Eigenschaften gestalten das Miteinander positiv, ein angenehmes Raumklima entsteht.

Die Energie, die mit einer charismatischen Ausstrahlung verbunden ist, ist nicht zu unterschätzen. Wer darüber verfügt, verfügt über die Kunst, die Herzen der Mitmenschen zu erobern. Dazu noch ein gepflegtes Äußeres und der richtige Tonfall, dann ist das Auftreten perfekt. Besonders, da bei einer charismatischen Persönlichkeit immer auch die Körpersprache stimmt.

DIE KÖRPERSPRACHE

Dass die Körpersprache als ein nonverbales Kommunikationsmittel bei der Verständigung eine große Rolle spielt, ist sicher den meisten bekannt: Auch Gestik, Mimik und Blickkontakt ermöglichen Kommunikation, oft mehr als Wörter und wohlgebaute Sätze.

Die meisten von uns, vielleicht sogar wir alle, wissen das, konnten wir es doch schon in der Grundschule spüren: Dieses Gefühl, wenn sich zwei Blicke treffen und daraus Sympathie oder gar Liebe wird.

Aber was hat die Körpersprache mit dem Benehmen zu tun? Vieles!

Ich lasse Sie jetzt durch ein Fenster sehen, das Fenster des guten Benehmens und werde Sie in die Geheimnisse der Körpersprache einführen. Sie werden lernen, wie man sich aus der Masse hervorhebt, wie man es schafft, sich von anderen zu unterscheiden und an Eigenwert zu gewinnen. Es geht dabei um die Frage: Erscheine ich liebenswert? Davon hängt schließlich unser eigenes Wohlbefindenab.

Körpersprache erlernen – das bedeutet Selbstbeherrschung, Disziplin und ein gewisses Maß an Selbstvertrauen. Aber demjenigen, der den Einsatz nicht scheut, ist ein vorbildlicher Auftritt in der Gesellschaft garantiert. Kann man die Körpersprache richtig anwenden und deuten, ist es, als hielte man den Hauptschlüssel in der Hand.

Oft habe ich das Gefühl, beobachtet und von meinen Mitmenschen bewertet zu werden. Das genieße ich durchaus, denn ich tue ja dasselbe mit den anderen und vergleiche sie obendrein häufig untereinander, ohne es mir anmerken zulassen.

Denken Sie stets daran: Jeder beobachtet jeden. Der eine tut es mehr, der andere weniger auffällig.

Frauen sind zumeist die geschickteren Beobachter. Sie haben die Gabe, jemanden zu beobachten, indem sie ihn zu ignorieren scheinen.

Mein Einmaleins der Körpersprache:

•die Bewegung

•die Körperhaltung

•die Körpersignale

•die Körperpflege

•die Ausdruckweise

DIE BEWEGUNG

Achten Sie auf Folgendes:

Gehen Sie immer aufrecht und zügig, nicht zu schnell, aber sehr zielstrebig. Man sollte Sie nicht kommen hören, sondern kommen sehen. Ihr Gang sollte gedämpft sein, der Lärm darf Ihnen nicht vorauseilen.

Sich anzuschleichen gilt natürlich nicht. Auch, wer sich schwerfällig anschleppt, kommt nicht wirklich gut rüber. Es könnte der Eindruck entstehen, man hätte nicht wirklich Lust, sich mit den Menschen, die man trifft, abzugeben, man hätte vielleicht sogar eine Abneigung gegen sie. Das bringt eher Minuspunkte.

Vielmehr ist Elan angesagt, Schwung, Vitalität. Aber bitte niemals übertreiben! Zu viele, zu schnelle Bewegungen vermitteln innere Unruhe und Nervosität. Auch das übertriebene Gestikulieren kommt nicht immer gut an.

Bevor ich abschließe, möchte ich betonen, dass eine Gehbehinderung in diesem Fall keine Rolle spielt.

Immer wieder bewundere ich diesen gut erzogenen, perfekt nach der Etikette gekleideten Herrn.

Wenn sein Fahrer oder ich ihm die Autotür öffnen, schafft er es, geschickt mit seinen Gehhilfen aus dem Wagen zu steigen.

Wie er mir dann mit Schwung und Lebenskraft entgegenkommt! Sein Lächeln und der Glanz in seinen Augen ziehen jeden in den Bann.

Unsere Augen lügen nicht. Wahnsinn! Diese Ausstrahlung!

Ob angeboren oder durch strenge Disziplin angelernt – diese Strahlkraft ist untrennbar mit der Persönlichkeit dieses Menschen verknüpft.

Leider fehlt manchen diese Ausstrahlungskraft total! Und trotzdem leisten sie sich große Gesten, die ihnen aber leider niemand verzeiht.

IMMER DAS GLEICHE UND IMMER WIEDER

Schon als ER reinkam, wusste ich, dass an diesem Abend wieder Gläser fliegen würden.

Immer wieder fuhr er sich beim Reden mit der Hand durchs Haar. Seine Arme und Händen bewegten sich wie die eines Dirigenten. Er war der Maestro des Abends.

Schon in der ersten halben Stunde hatte er sehr treffsicher ein Sektglas von der Servierplatte gewischt.

Dann: ein zweiter Ansatz!

Gratuliere! Ein Doppeltreffer!

AUS für eine schicke Brille und ein reich beladenes Tablett!

Gleich im Anschluss verließ eine hübsche Dame, ganz in Weiß, in großer Eile den Empfang. Kir royal gehört ins Glas und nicht auf das Kleid einer Dame.Wenn die Gläser auf einer gut gefüllten Servierplatte ins Rutschen geraten, gibt es leider keinen Umkippschutz.

Aber keine Panik! Immerhin gibt es gute Kleiderreinigungen in der Stadt. Die rot gesprenkelte Dame in Weiß wurde von ihrem Mann nach Hause gebracht. Ihr Abend war gelaufen.

Aber der Maestro dirigierte munter weiter. Der Kellner wischte unterdessen den Boden auf.

Über den Anzug des Kellners reden wir nicht, ist ja nur Personal.

Und dass der Gastgeber ein paar zerbrochene Sektgläser bezahlen darf, scheint kaum erwähnenswert. Denn wer 200 Gäste verwöhnen kann, schwimmt schließlich im Geld.

Ist schon eine verrückte Welt oder nicht?

DIE KÖRPERHALTUNG

Die Körperhaltung signalisiert einerseits wichtige Charakterzüge, wie Selbstbewusstsein, aber anderseits auch die Tageslaune und negative wie positive Emotionen.