Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus Band 2 - G. Fred Asbell - E-Book

Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus Band 2 E-Book

G. Fred Asbell

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Beschreibung

Zweiter Teil der amerikanischen Trilogie zum Thema traditioneller Bogenbau in deutscher Übersetzung. Inhalt: Bögen aus Brettern, Bogen des östlichen Waldlandes, Bogen der europ. Vorgeschichte, Kompositbogen, Holz biegen, Recurve-Bogen, Sehnen, Stahlspitzen, Köcher und Zubehör.

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Die Bibel desTraditionellenBogenbaus Band 2

G. Fred Asbell

Tim Baker

Paul Comstock

Charles E. Grayson

Jim Hamm

Dr. Al Herrin

Jay Massey

Glen Parker

Verlag Angelika Hörnig

Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus Bd. 2

G. Fred Asbell

Tim Baker

Paul Comstock

Charles E. Grayson

Jim Hamm

Dr. Al Herrin,

Jay Massey

Glenn Parker

Aus dem Amerikanischen übersetzt von

Volker Alles, Stefan Bartels, Prof. Dr. Erhard Godehardt, Wulf Hein,

Ekkehard Höhn, Haiko Hörnig, Simone Hofeditz, Uwe Karstens, Axel Küster

Amerikanische Originalausgabe: The Traditional Bowyers Bible Vol. 2

© 1993 by Bois d’Arc Press ISBN 1-55821-207-8

Deutsche Printausgabe:

© 2004 bei Verlag Angelika Hörnig ISBN: 978-3-9808743-5-9

Lektorat:

Bordes & Zeese, Mannheim

Redaktionelle Mitarbeit:

Volker Alles, Holger Riesch

Layout:

Brigitte Löcher & Angelika Hörnig,

Umschlaggestaltung: Angelika Hörnig

Cover:

Sehnenbelegter Osage-Recurve, gebaut von Jim Hamm, Zedernpfeile von Gabriella Cosgrove

Foto:

Mary Ann Fitipaldi

E-Book-Herstellung:

Zeilenwert GmbH 2018

German Ebook © 2018 Verlag Angelika Hörnig

ISBN 978-3-938921-54-8

Verlag Angelika Hörnig

Siebenpfeifferstraße 18

67071 Ludwigshafen

GERMANY

www.bogenschiessen.de

Danksagungen

Dieses Buch würde ohne die Mithilfe vieler interessierter Leute nicht existieren.

Die Autoren danken Dough Elmy von der „Society of Archer Antiquaries“, Frank Scott vom „Fred Bear Museum“ sowie Joe Cross vom „National Museum of the American Indians“, von denen alle weit über ihre Pflicht hinaus nach Hintergrundwissen und Fotos recherchierten. Von Steve Allely, dem Autor des Kapitels 7 in Band 1 „Die Bogen der westlichen Indianerstämme“, stammen die feinen Illustrationen und Federzeichnungen in diesem Buch.

John und Geri McPherson ließen uns an ihrem Wissen über die Schnurherstellung teilhaben, das sie durch langjährige Erfahrung erworben haben. Infos und Testmaterial, speziell über Schnüre, wurden von den „Neo-Aboriginals“ Dick Baugh, Jim Riggs, Steve Edholm und Tamara Wilder, Peg Mathewson, Jeff Schmidt, Joe Da Bill und Dave Wescott beigesteuert. Alle sind mit Herz und Seele tief mit dem Paleolithikum verwurzelt.

Weiterhin danken wir Chuck Boelter, Ron Hardcastle, Malcolm Smith und John Strunk, die uns mit tiefen Einblicken von ihrer jahrelangen Erfahrung im Bogenbau profitieren ließen und somit zum Gelingen dieses Buches beitrugen.

Vorwort des Herausgebers

Als sich die erste Ausgabe der „Traditional Bowyer’s Bible“ dem Ende näherte, hatte ich, offen gestanden, ein etwas mulmiges Gefühl im Bauch. Wir hatten so viele „heilige Kühe“ des traditionellen Bogenbaus geschlachtet: Bogendesign, Bogenholz, Tillern, Holzlagerung, um nur einige zu nennen. Obwohl wir die Kehlen dieser Biester etwas widerwillig durchschnitten hatten, verblieb das glänzende Messer in Form des geschriebenen Wortes in unseren schwitzenden Händen, und wir waren im Unklaren, wie unsere Bogenkameraden und andere Bogner – die, wie wir, stolz darauf sind, die bestehenden traditionellen Wege und Philosophien am Leben zu erhalten – solche radikalen Abweichungen von bestehenden Normen aufnehmen würden.

Die Besorgnis war umsonst. Die Leser nahmen die vorgestellten Informationen auf, sahen sie nicht als Vergewaltigung bestehender Formen des traditionellen Bogenschießens an, sondern als ein sich neu öffnendes Tor zu mehr Abwechslung und neuen Möglichkeiten beim Holzbogenbau.

Wir hoffen, dass das vorliegende Buch die Begeisterung und die Befriedigung dieser Ursprungsform des Bogenschießens fortsetzen wird.

Jim Hamm, Winter, 1993

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Danksagungen

Vorwort des Herausgebers

Die Autoren

Widmung

1 Tradition beginnt in der Vergangenheit Jay Massey

2 Bögen aus Brettern Tim Baker

3 Die Bogen des östlichen Waldlandes Al Herrin

4 Bogen der europäischen Vorgeschichte Paul Comstock

5 Kompositbogen Charles Grayson

6 Holz biegen Paul Comstock

7 Recurves Jim Hamm

8 Sehnen Tim Baker

9 Hilfreiche Tipps und Vereinfachungen Jay Massey

10 Stahlspitzen Glenn Parker

11 Wie man besser schießt G. Fred Asbell

12 Köcher und anderes Zubehör Jay Massey

13 Old Ugly und der kleine Bock Jim Hamm

Bibliographie

Weitere Literaturhinweise

Bezugsadressen

Weitere Informationen

Anmerkungen

Die Autoren

G. Fred Asbell schießt seit Ende der 1950er Jahre mit Pfeil und Bogen und hat seitdem fast alles Großwild in den USA und Kanada bejagt. 1991 jagte er mit dem Bogen Schwarzbären in Alberta, Wapitis in den Rocky Mountains, Ziegen in Colorado, Weißwedelhirsche in Minnesota, Wisconsin, Alabama und Alberta. Er ist durch seine philosophischen Ansichten über das Bogenjagen und seine Bücher und Artikel über das instinktive Bogenschießen bekannt geworden.

„Instinktives Schießen 1“ erschien 1988, „Instinktives Schießen 2“ 1993 in den USA.

Wie viele andere auch, fing Tim Baker an, sich für das Bogenschießen zu interessieren, nachdem er über Ishi und dessen bemerkenswerte Waffen gelesen hatte. Nachdem sich Tim durch alle verfügbaren Texte zum Thema Bogen-schießen gelesen hatte, wurde ihm klar, dass über Holzbögen und ihre Bauart viel Verwirrendes und Widersprüchliches geschrieben wurde.

Er kam zu dem Schluss, dass die einzige Möglichkeit, an verlässliche Informationen zu kommen, darin lag, jede nur denkbare Art Bogen aus jedem denkbaren Material zu machen und dabei Statistiken zu führen.

Durch das Vergleichen dieser so gewonnenen Werte wurden die Qualitäten, die einen optimalen Bogen ausmachen, langsam sichtbar. Auf diesen Erkenntnissen basieren seine Artikel über Holzbögen und ihre Herstellung, sowie sein Unterricht, den er bei Treffen und Workshops zu „primitive skills“ (alte oder steinzeitliche Handwerkstechniken) gibt.

Tim Baker

6609 Whitney, Oakland, CA, 94609

Paul Comstock hatte sich nie mit einer Jagdwaffe wohl gefühlt, bis er einen Holzbogen benutzte. Früher schoss er Whitetails und Schwarzbären mit Vorderlader, Schrotflinten, Compound und glaslaminierten Recurve-Bogen. Seit er zum Holzbogen wechselte, benutzt er überhaupt keine modernen Jagdwaffen mehr. Das größte Tier, das er bis jetzt mit einem Holzbogen erlegt hat, ist ein 300 Pfund schwerer Schwarzbär.

1984 begann er, selbst Bögen zu bauen. Vom ersten Tag an experimentierte er dabei mit anderen Hölzern als Eibe und Osage Orange. Dazu trieb ihn die Neugier, denn in alten Bogenbaubüchern wurden diese Hölzer fast völlig ignoriert. 1988 brachte er die erste Auflage von „Der gebogene Stock“ heraus. Es war das erste Bogenbaubuch, das detailliert beschrieb, wie man die besten Ergebnisse mit den gewöhnlichsten Bäumen Nordamerikas bekommen konnte. Neue Funde wurden in die späteren Editionen integriert. Einige dieser Funde stammen aus Nachforschungen, die zusammen mit Tim Baker durchgeführt wurden.

Paul Comstock, P.O. Box 1102,

Delaware, OH 43015

E-Mail: [email protected]

Charles E. Grayson, M.D. (1910–2009)

Er war 70 Jahre lang aktiver Scheiben-, Feld- und Flight-Schütze, Bogenjäger und Sammler von geschichtlichen Artefakten, Denkwürdigem und Literatur. Ehrenmitglied des „Sacramento Target Archery Club“, in der „California Archery Hall of Fame“ und Besitzer der „Drake Flight Medal“.

Er baute selbst viele verschiedene Bogenarten – vom englischen Langbogen über belegte Bogen und laminierte Recurve-Bogen bis zu Horn- und Geweihbogen. Seine außergewöhnliche bogengeschichtliche Sammlung ist jetzt im „Museum of Anthropology“ der Universität Missouri, Columbia, untergebracht.

www.anthromuseum.missouri.edu

Jim Hamm wurde 1952 in Texas geboren und wuchs praktisch mit dem Bogen in der Hand auf. Schon mit zwölf Jahren ging er von der Kleinwild- zur Hirschjagd über. Sein Interesse am Bogenschießen verschwand nie, und etwa zur Zeit seiner Hochzeit entdeckte er den Holzbogen für sich. Diese Entdeckung sollte sein restliches Leben bestimmen. Obwohl er in seinen jungen Jahren Hochleistungsmaschinen bediente, auf Frachthäfen arbeitete und dabei war, eine „vielversprechende junge Führungskraft“ zu werden, entschied sich Jim letztlich für das Vollzeit-Bogenschießen. Die letzten zwölf Jahre war er „selbstständig-arbeitslos“, wie Jim es nennt. In dieser Zeit baute er Bögen, stellte Nachforschungen an und schrieb über Bögen. Seit neuestem gibt er praktische Seminare in seinem Haus, bei denen er anderen die alte Kunst des Holzbogenbaus beibringt. Außerdem besitzt und leitet er den Verlag „Bois d’Arc Press“, in dem er alte und neue Bücher zum Thema Bogenschießen herausgibt.

Jim Hamm / Bois d’Arc Press, P.O. Box 87, Goldthwaite, TX 76844, www.boisdarcpress.com

Dr. Al Herrin

ist Stammesmitglied der Cherokee und wuchs in der Nähe ihrer Hauptstadt Tahlequah, Oklahoma, auf.

Als Kleinkind schoss er schon traditionelle Bogen, sein Interesse am Bogenbau weckten verschiedene alte Cherokee-Bogenbauer, die ihm die Kunst des Bogenbaus lehrten. Al baut nicht nur Bögen, sondern schießt sie auch auf Turnieren, wie dem „Cornstalk Shooting“, einer speziellen Cherokee-Sportart, und jagt Groß- und Kleinwild.

Für Zeitungen und Magazine hat er ausführliche Berichte über indianische Kultur und Bogenjagd, sowie das Buch „Cherokee Bows and Arrows“ geschrieben.

Jay Massey

wurde in Oklahoma geboren und lebte über 23 Jahre lang in Alaska, wo er als registrierter Jagdführer/Outfitter tätig und Mitglied der Alaska Board of Game war.

Er leitete ein Ausrüstungsgeschäft für Bogenschützen, Wildnis-Enthusiasten und Lachsforellen-Fischer und schrieb fünf Bücher über das Bogenschießen.

Jay Massey starb am 18. Januar 1997.

Glenn Parker, M. D. († 1993)

begann bereits als Achtjähriger mit einem alten Lemonwood-Bogen zu schießen und erlegte über die Jahre viel Groß- und Kleinwild.

Sein Interesse am Bogen reichte von der Geschichte über Bögen, Pfeile und Schützen bis zum Sammeln alter Bogenschützenausrüstungen. Er „jagte“ auch nach alten Bogenbauern und Bogenjägern und ihren Geschichten, dafür bereiste er das gesamte Land.

Seine historische Bogenzubehörsammlung beinhaltete u. a. persönliche Gegenstände von Art Young, Saxton Pope, Ishi, Howard Hill und vielen anderen.

Die Autoren widmen diese Ausgabe all denen,

die in unserer heutigen Welt immer noch

vom traditionellen Bogenschießen fasziniert sind.

Mit ihrer Leidenschaft im Bogenbau, ihrem Interesse an natürlichen Materialien,

an der Geschichte des Bogenbaus und der überlieferten Art zu jagen,

trägt jeder einzelne von ihnen dazu bei,

dass die Freude an einem gebogenen Stock lebendig bleibt.

Tradition beginnt in der Vergangenheit

Jay Massey

Im Herbst des Jahres 512 v.Chr. lagerte eine der größten Armeen des Altertums nördlich des asowschen Meeres an einer grasbewachsenen Ebene in den Steppen Südrusslands. Diese gewaltige Streitmacht aus fast 700.000 Kriegern unterstand dem persischen König Darius I. Persien, das heutige Iran, war zu dieser Zeit die mächtigste Nation der Erde, ein Imperium, das sich von Ägypten bis nach Indien erstreckte.

Darius und seine überwiegend aus Infanteristen bestehende Armee hatten diesen Feldzug vor zwei Jahren begonnen, um die Skythen zu unterwerfen. Die Skythen waren ein wildes Nomadenvolk von Hirten und für ihre Fertigkeiten in der Reitkunst sowie im Umgang mit ihren stark reflexten Kompositbögen bekannt.

Die zahlreichen Geplänkel und Schlachten gegen die Skythen verliefen für Darius nicht sonderlich erfolgreich. Am Ende sollte der lange Feldzug zu einem Desaster für die persische Armee werden.

Die berittenen Schützen der Skythen waren hervorragende Kämpfer. Das raue Leben in der Steppe hatte sie abgehärtet, und das ewige Umherziehen auf der Suche nach Pferden, Schafen und Vieh eine disziplinierte Truppe aus ihnen gemacht. Die Taktik der Nomaden bestand darin, schnell anzugreifen und sich ebenso schnell wieder zurückzuziehen. In regelmäßigen Abständen verwickelten sie die persische Infanterie in kleinere Kämpfe und beschossen sie aus großer Entfernung mit ihren hornverstärkten Bögen. Die riesige persische Armee folgte ihnen, sodass es den skythischen Reitern gelang, ihre Feinde immer tiefer in die Wildnis der Steppe zu ziehen. Bei ihrem Rückzug zerstörten die Skythen alle Brunnen und Quellen, fackelten das umliegende Grasland ab und vernichteten Vorratslager. Damit nahmen sie den Persern Nahrung, Wasser, Futter für die Pferde – und vor allem ihre Moral.

Beim Sonnenaufgang eines Herbsttages im Jahr 512 v.Chr. tauchten ein paar tausend skythische Reiter auf einem grasbewachsenen Hügel auf, zwei Meilen entfernt vom Lager der persischen Hauptstreitmacht. Die reitenden Schützen der Skythen warteten für einen kurzen Augenblick und stürmten dann direkt auf das feindliche Lager zu. Der Donner der näherkommenden Hufschläge wurde kurz darauf von den wütenden Schreien der persischen Infanteristen begleitet, als sie begriffen, dass sie von dieser kleinen Streitmacht angegriffen wurden. Die Schreie wurden zu einem einzigen Gebrüll, als tausend Fußsoldaten Schlachtrufe von sich gaben, nachdem sie sich mit Lanzen und Schwertern für den Kampf gerüstet hatten.

Als die Pfeile der angreifenden Schützen wie eine riesige schwarze Wolke auf die Perser niederging, lag ein tödliches Pfeifen in der Luft. Kurz darauf wendeten die skythischen Reiter ihre Pferde und galoppierten davon – hunderte von toten und verwundeten persischen Soldaten hinter sich lassend.

Die persische Infanterie und ein paar berittene Lanzenträger nahmen die Verfolgung auf und gerieten dabei in einen Hinterhalt. Denn auf der anderen Seite des Hügels wurden sie von zehntausend skythischen Bogenschützen mit einem Angriff in Empfang genommen, dem die Perser nichts entgegen zu setzen hatten.

Dieser zwei Jahre andauernde Feldzug gegen die Skythen – ein indoeuropäisches Volk, das vor zweihundert Jahren in die Steppen Südrusslands gezogen war – endete für die persischen Eindringlinge mit einer bitteren Niederlage. Doch der Feldzug zwischen 514 und 512 v. Chr. ist nur eines von vielen Beispielen für zahllose Kämpfe, die über einen Zeitraum von fast zweitausend Jahren in den Steppen Asiens wüteten. In diese Zeit stiegen Völker mit berittenen Bogenschützen zu mächtigen Nationen auf, um schon bald darauf wieder zu stürzen.

Auch die Skythen wurden letztlich in den Steppen besiegt und zwar nicht von der Armee einer zivilisierten Nation, sondern von den Sarmaten. Ebenso wie die Skythen waren auch die Sarmaten ein Volk von berittenen Schützen. Nach den Sarmaten folgten andere Nomadenstämme, die Parther, die Massageten, die Hsiung-nu, die Avaren, Hunnen, Bulgaren, Türken, Mongolen und andere indoeuropäische und turkomongolische Gruppen.

All diese Völker waren ausgezeichnete Reiter, deren mächtigste Waffe der asiatische Kompositbogen war. Diese Nomaden hinterließen tiefe Spuren in der zivilisierten Welt zwischen dem Römischen Reich und dem alten China. Und das Echo ihrer Hufschläge findet sich nicht nur in den Schriften der alten Propheten Israels. Auch heute verwenden wir immer noch viele Redewendungen aus der Zeit der Reiterschützen.

So stammt der Ausdruck „Blutdurst“ von einem Brauch der Skythen und der Hsiung-nu. Der Überlieferung nach sollen diese Völker menschliche Schädel mit Gold ausgeschmückt haben, um in einer rituellen Zeremonie das Blut ihrer Feinde daraus zu trinken. Der englische Ausdruck „Parting shot“ (zu deutsch etwa „letztes boshaftes Wort“) bezieht sich auf die Schusstechnik der parthischen Reiter. Während sie sich aus einem Gefecht zurückzogen, drehten sich die Reiter noch einmal um und schossen mehrere Pfeile über das Hinterteil ihres Pferdes.

Heutzutage finden sich die Berichte von diesen gefürchteten Bogenschützen nur noch in staubigen Büchern, gut versteckt in den hintersten Regalen alter Bibliotheken. In Büchern, die, von wenigen Historikern abgesehen, kaum noch jemand kennt.

Nur wenige moderne Bogenschützen haben überhaupt schon einmal von Völkern wie den Kimmeriern, den Skythen und den Sarmaten gehört. Sogar der von den antiken Bogenschützen benutzte Kompositbogen aus Horn, Holz und Sehnen wurde lange Zeit ignoriert. Ähnlich erging es dem Langbogen der mittelalterlichen englischen Bogenschützen und dem Flatbow der amerikanischen Indianer. Obwohl sie ihre Nützlichkeit in zahlreichen Schlachten eindrucksvoll bewiesen haben, werden beide heute nicht selten abfällig als „ineffizient“ und „veraltet“ eingestuft.

Diese Sichtweise des alten und traditionellen Bogenschießens ist ein relativ neues Phänomen und ein Vorurteil, das es zurzeit von Saxton Pope, Art Young und Howard Hill so nicht gab. Es verbreitete sich vor knapp zwanzig Jahren, als Hightech und mechanisiertes Bogenschießen in Nordamerika populär wurde.

Heute wissen nur noch wenige Bogner von der kulturellen und historischen Bedeutung des traditionellen Bogenschießens. Darüber hinaus zeigen nur wenige der vermeintlich modernen Schützen Interesse daran, etwas über das Bogenschießen der vergangenen Zeit zu erfahren. Diese Menschen verbinden mit „traditioneller“ Ausrüstung einen Weidenast als Bogen und eine Wollschnur als Sehne.

Vor nicht allzu langer Zeit besuchte ich ein Fotolabor in Anchorage, Alaska, um ein paar Farbabzüge von einem meiner Jagdkunden zu holen. Eins der Bilder zeigte einen großen Elchbullen, den einer meiner Jäger mit einem Recurve-Bogen erlegt hatte.

Das Geweih des Bullen spannte 67" (170 cm), das ganze Tier wog annähernd 1.600 Pfund. Ein Holzpfeil mit einer scharfen, breiten Jagdspitze hatte den Elch innerhalb weniger Sekunden getötet, und der Bulle war nach dem Treffer gerade noch 35 Meter gerannt.

Der junge Mann, der in dem Fotolabor arbeitete, erzählte mir, dass er ein Bogenschütze sei.

Er war ziemlich erstaunt als er das Foto sah. „Ich wusste gar nicht, dass man einen Elch mit einem Recurve-Bogen töten kann“, sagte er und wirkte dabei wirklich überrascht.

Seine Unwissenheit überraschte mich. Ich hatte angenommen, dass jedem Bogenschützen klar sei, dass assyrische Schützen oft afrikanische Löwen mit ihren Recurve-Bögen getötet hatten. Ich war mir ganz sicher, dass jeder von Howard Hill, Fred Bear und all den anderen wusste, die afrikanische Elefanten mit Recurve- und Langbögen erlegt hatten.

Und welcher amerikanische Bogenschütze angelsächsischer Abstammung hatte nichts von den Langbogen-Schlachten bei Agincourt, Crecy und Poitiers gehört, wo der Himmel von Pfeilen buchstäblich verdunkelt war? Die Zukunft des mittelalterlichen Englands hing viele Male vom einfachen Langbogen aus Eibe ab. Ganz sicher konnte man von jedem Bogenschützen englischer Abstammung dieses Wissen erwarten – oder etwa nicht?

Ganz und gar nicht. Sie wären überrascht über die Menge verständnisloser Blicke, wenn Sie solche historischen Ereignisse mal auf einem Treffen von Hightech-Schützen erwähnen. Crecy und Agincourt – wen interessiert’s? Ist doch alles nur Geschichte!

Diese Unwissenheit über die historische Bedeutung des traditionellen Bogenschießens überraschte mich, denn mich hatten die Berichte über solche historischen Ereignisse im Zusammenhang mit Bögen schon fasziniert, bevor ich entdeckte, dass einige meiner Vorfahren Bogenschützen aus Cheshire waren, die in den großen Langbogen-Schlachten von damals gekämpft hatten.

Seitdem ich das erfahren habe, interessieren mich geschichtliche Ereignisse wie die Schlachten von Hastings oder Poitiers sogar noch mehr. Ich bin mir sicher, dass viele andere Bogenschützen auch so ein Interesse entwickeln, wenn sie ihren eigenen Stammbaum zurückverfolgen würden.

1346 in Crecy übernahmen knapp 5.000 Krieger mit Langbögen eine entscheidende Rolle beim Sieg gegen die überlegene Streitmacht von mehr als 100.000 Mann. Noch heute leben Nachkommen dieser Schützen, doch den meisten von ihnen ist wahrscheinlich nicht klar, dass sie gar nicht existieren würden, hätten ihre Vorfahren nicht mit diesen Bögen geschossen. Ich bin mir sicher, dass ihr Interesse am traditionellen Bogenschießen steigen würde, wenn sie es wüssten.

Das Problem ist nur, dass die Lang- und Recurve-Bögen von den meisten modernen Bogenschützen vergessen worden sind. Nur so ist zu erklären, dass diese treuen, zuverlässigen Waffen heute oft als zweitklassig angesehen und abfällig als „Holzknüppel“ bezeichnet werden. Waffen, die gut genug waren, um ganze Nationen zu formen; Waffen, die mit Haarnadeln besetzte Pfeile durch Rüstungen treiben konnten, werden nun als ungeeignet für die Jagd betrachtet. Diese Sicht ist überraschend weit verbreitet, selbst im amerikanischen „Establishment“ der Bogenschützen. Die Bogen-“Industrie“, wie sich eine Gruppe führender Ausrüstungshersteller zu nennen pflegt, hat wenig Interesse am traditionellen Bogenschießen, obwohl eine steigende Anzahl von Schützen auf traditionelle Ausrüstung umsteigt. Sprecher dieser „Industrie“ gingen sogar soweit, gewissenhaften Bogenjägern zu raten, dabei keine „Holzknüppel“ zu benutzen.

Statt dessen lautet die listige Empfehlung: Ein kluger Schütze sollte ausschließlich die „beste“ Ausrüstung benutzen, die er sich leisten kann. Und wenn sie die „beste“ sagen, meinen sie damit natürlich die neueste Hightech-Ausrüstung. Doch das sind Werbesprüche. Und weiter gar nichts.

Meine Erfahrungen, die ich in über 12 Jahren als Ausrüster und Führer bei Bogenjagden in Alaska gesammelt habe, zeigen mir: Genau das Gegenteil ist richtig!

Während meiner Jagdveranstaltungen habe ich beobachtet, dass die Zahl des getroffenen, aber verloren gegangenen Großwilds bei Hightech-Schützen prozentual größer ist als bei traditionellen Bognern.

Vielleicht liegt es daran, dass Bogenjäger mit traditioneller Ausrüstung generell geübter sind und viele Anfänger oft auffallende Hightech-Bögen kaufen, die sie in Magazinanzeigen gesehen haben. Auf jeden Fall kann ich mehrere Beispiele vorweisen, falls jemand dieses Thema weiter verfolgen möchte.

Sicherlich ist das wachsende Interesse am traditionellen Bogenschießen eine Bedrohung für das amerikanische Establishment der Bogenbauer. Einige der führenden Ausrüstungshersteller hätten große finanzielle Probleme, wenn das Interesse der amerikanischen Verbraucher komplett auf Langbögen und Recurves umschlagen würde.

Schließlich kann man mit traditioneller Ausrüstung weniger Geld verdienen. Die Herstellung von traditioneller Ausrüstung ist zeit- und arbeitsaufwändig. Solche Bögen können nicht am Fließband produziert werden, sondern ausschließlich in Handarbeit. Man kann nur wenig Profit mit traditionellen englischen Langbögen aus Eibe machen und fast gar keinen mit asiatischen Kompositbögen aus Horn, Holz und Sehne. Letztere brauchen manchmal Monate und Jahre, bis sie fertig sind. Solche Bögen sind für Hersteller, die normalerweise moderne Produktionsmethoden einsetzen, nicht kostengünstig zu bauen.

Moderne Firmen fertigen und vermarkten lieber Bögen mit Griffstücken aus Metall, mit Stahlkabeln, Magnesiumrollen und anderen Mechanismen. Denn diese Geräte kann man mit einem Minimum an Zeit- und Arbeitsaufwand am Fließband produzieren.

Obwohl es Fließbandware ist, wirken diese auffälligen, modernen Bögen auf den Anfänger ganz wunderbar, da sie ja so groß beworben werden. Oft finden sich bei diesen Anzeigen auch Fotos und Lobpreisungen von bezahlten Jägern, die mit diesem neuen Produkt eine beeindruckende Anzahl an Großwild erlegt haben.

Ein Bogenanfänger sieht diese Ergebnisse und kommt zu dem falschen Schluss, dass der Erfolg (die Zahl des erlegten Wildes oder der geschossenen Punkte) nur möglich ist, wenn er die neuesten Hightech-Produkte kauft.

Wir leben in einer sich schnell ändernden Konsumgesellschaft, in der Erfolg meist an materiellen Werten gemessen wird und nicht an persönlichem Wachstum und Selbsterfüllung. Die meisten glauben, dass sie ihr Ziel erreicht haben, wenn sie neben einem erlegten Hirsch sitzen und dass sie allein darin Befriedigung finden. Wie er erlegt wurde, ist ihnen egal. Die wenigsten können sich vorstellen, dass auch das Schleichen durch den Wald mit einem selbst gemachten Bogen befriedigend sein kann. Viele amerikanische Bogenschützen wissen nicht, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer guten und einer einfachen Bogenjagd. Und es gibt heute sicherlich einfacherer Wege zum Erfolg, als die Methoden, die Ishi, Pope und Young benutzt haben!

Aber der sture Blick auf das Ziel, der sich nicht für den Weg interessiert, hat einen hohen Preis. Denn durch diese rein ergebnisorientierte Philosophie verliert das Bogenschießen viel von seinem Reiz und seiner ursprünglichen Magie. Jedoch scheint es, als bilde sich eine Gegenbewegung.

Vor ein paar Jahren war die Kunst des Bogenbauens und die Anziehung des traditionellen Bogenschießens fast vollständig verschwunden. Es schien, als wären Robin Hood und Ishi von Bogenjagd-Berühmtheiten ersetzt worden, die in Rambo-Manier vorgehen. Die Romantik des Bogenschießens musste Platz machen für Hightech-Effizienz, und der Spiritualismus der Natur mutierte zu einer Art „Abknall“-Mentalität, die dampfende Gedärmhaufen für ein ästhetisches Highlight hält.

Ein altes chinesisches Sprichwort lautet: „Dort, wo jeder Schönheit sieht, existiert schon das Hässliche.“ Dieses Sprichwort ist in Amerika genauso wahr. Auch die amerikanische Öffentlichkeit erkennt das Hässliche, das in unseren Sport eingezogen ist. Schauen wir uns das Image der Bogenjagd in der Öffentlichkeit für einen Moment an. Früher waren die Ikonen des Bogensports stark und positiv. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hielt man Art Young und Saxton Pope für Helden. Sie waren die Verkörperung von amerikanischem Selbstvertrauen, von Kühnheit und Sportsgeist. Es war also keine Überraschung, dass man über ihre Abenteuer regelmäßig in renommierten Magazinen wie Harpers berichtete. Howard Hill war ständig Gast in Fernsehsendungen wie Art Linkletter’s. Und im nationalen Time Magazine wurden faszinierende Artikel über die Jagdausflüge von Fred Bear geschrieben. Bekommen wir heute noch solch eine durchweg positive Werbung? Kaum!

Die letzte Berichterstattung über Bogenjagd, die ich im Fernsehen verfolgt habe, zeigte, wie ein bekannter „Rock Star“ der Bogenjagd von einem Hochstand ein gezähmtes Wildschwein schoss. Man sah, wie der Hightech-Compound-Bogen einen Aluminiumpfeil durch die Brust des Schweins feuerte. Die Kamera zoomte näher, während das Schwein panisch herumrannte, dann auf den Boden fiel und zappelte und quiekte, wie es eben nur ein Schwein kann. Selbst für einen Jäger war diese Szene scheußlich und abstoßend. Und sie wurde zur Hauptsendezeit im landesweiten Fernsehen gezeigt.

Solche und ähnliche Berichte bewirken eín verzerrtes Bild von Bogenjägern in der Öffentlichkeit. Bogenschützen werden als ein Haufen von Killern mit Hightech-Waffen gesehen. Von den traditionellen Bogenschützen, die sich lautlos anschleichen und die Wälder und ihre Bewohner achten und verehren, hört ein Großteil der Öffentlichkeit nichts.

Das negative „Rambo“-Image lastet schwer auf uns. Das Wort „Bogenjagd“ ruft mittlerweile Bilder von Tarnkleidung, Hochständen und Science-Fiction-Bögen hervor, also Bilder, mit der die Öffentlichkeit kaum etwas Positives verbindet.

Glücklicherweise gibt es eine wachsende Zahl traditionell orientierter Bogenschützen, die das Hässliche, das in unseren Sport eingezogen ist, nicht nur erkannt hat, sondern auch bereit ist, den Schweiß der harten Arbeit zu leisten, die für das traditionelle Bogenschießen erforderlich ist. Diese Bogenschützen lernen, dass echte Befriedigung beim Bogenschießen nicht immer am Ende des einfachsten Wegs steht. Einen traditionellen Bogen zu schießen, ist nicht leicht. Man kann nicht einfach einen Langbogen oder indianischen Flatbow in die Hand nehmen und innerhalb eines Nachmittags lernen, dichte Gruppen zu schießen. Dazu braucht es Ausdauer und harte Arbeit. Auch das Bauen eines traditionellen Bogens oder Pfeils ist nicht leicht. Dennoch ist beides, das Bauen und das Meistern eines traditionellen Bogens, für jeden zu erreichen, der sich mit Hingabe dem Bogenschießen widmet. Und die Mühe lohnt sich. Meine eigenen Erfahrungen, die ich in knapp 30 Jahren Bogenschießen sammelte, haben sich voll und ganz ausgezahlt.

1960 fing ich an, selbst Bögen aus pazifischer Eibe und Osage Orange zu machen, dann versuchte ich mich an laminierten Langbögen aus Eibe und Fiberglas. Danach baute ich schwere laminierte Recurve-Bögen aus Ahorn und Fiberglas und experimentierte mit Sachen wie Overdraw-Systemen und sogar Zielvorrichtungen. Meine Pfeile entwickelten sich zusammen mit meinen Bögen. Erst waren sie aus Birkendübel (birch dowels) und Port-Orford-Zeder, später dann aus Fiberglas und kurzzeitig sogar aus Aluminiumlegierungen.

Während meine Bogenausrüstung anspruchsvoller wurde, erhöhte sich meine Erfolgsquote bei Klein- und Großwild drastisch. Die Bögen, die ich entworfen, gebaut und bei der Jagd benutzt hatte, konnten einen Fiberglas- oder Aluminiumpfeil mit großer Geschwindigkeit und Genauigkeit schießen. Ich entwickelte ein enormes Selbstvertrauen und glaubte ernsthaft, dass jedes Tier innerhalb von 40 Yards (36,5 m) schon so gut wie erlegt war. Einige meiner tödlichen Treffer waren sogar noch viel weiter.

Ich stieg nie auf einen Compound-Bogen um und hatte das traditionelle Bogenschießen deshalb nie ganz hinter mir gelassen. Dennoch war mir klar, dass auf dem Höhepunkt meiner Abweichung vom traditionellen Bogenschießen, meine Ausrüstung immer höher entwickelter und immer anspruchsvoller geworden war. Doch während sich meine Ausrüstung veränderte, schien sie mir immer unpersönlicher und lebloser zu werden. Obwohl die fiberglaslaminierten Recurve-Bögen sehr leistungsfähig waren, lagen sie schwer in der Hand und behinderten mich, wenn ich mich durch das Unterholz bewegte. Die Köcher, die ich oft trug, ließen die Bögen sogar noch schwerer werden und fühlten sich immer weniger wie ein Teil von mir an. Mein Bogen und meine Pfeile waren zu reinen Gegenständen geworden, aber nicht mehr Verlängerungen meines Körpers.

Von Zeit zu Zeit erinnerte ich mich an meine erste Bogenjagdsaison und mich beschlich ein Gefühl von Nostalgie. Ich erinnerte mich an das federleichte Gewicht eines Eibebogens in meiner Hand und an das zarte, musikalische Summen der Sehne, wenn sich ein Zedernpfeil von ihr löste. Ich konnte fast den Geruch des Leinöls riechen, mit dem ich meine Bögen eingerieben hatte, bevor ich an einem trüben Novembermorgen nach draußen ging. Ich konnte fast das sanfte Klappern von einem Dutzend mit Jagdspitzen besetzten Holzpfeilen in meinem geölten Lederköcher hören.

Wie viele andere amerikanische Bogenschützen begann auch ich mich um die Richtung zu sorgen, die das Bogenschießen eingeschlagen hatte. Etwas sehr Wertvolles war verloren gegangen. Ich verstand nun, wie sich die Prärieindianer und die Bergmenschen fühlten, als sie zusehen mussten, wie die Büffelspuren von den Stahlschienen der Eisenbahn verdrängt wurden.

Parallel zum Aufstieg des Hightech-Bogenschießens fühlte ich, dass mich diese Entwicklung weiter und weiter vom wahren Bogenschießen forttrieb.

Ich vermisste das Bogenschießen, das ich von alten Bognern aus Oregon wie Gilman Keasey und Earl Ulrich kannte. Und meine nostalgische Sehnsucht wuchs immer weiter, obwohl anscheinend alle anderen mit ihrem neuen Hightech-Spielzeug glücklich waren.

An einem kalten Novembertag stattete ich den Wäldern meiner Jugend in Oklahoma wieder einmal den jährlichen Besuch ab. Ich wanderte am frisch umgegrabenen Feld einer Farm in der Nähe eines Flussbetts entlang und suchte nach Pfeilspitzen. Auf diesem Land, das meinem Bruder gehörte, gab es vor sehr langer Zeit ein altes Indianerdorf. Der umgegrabene Boden war übersäht von kleinen Splittern und zerbrochenen Spitzen. Ein paar Meter weiter wuchsen in der mineralstoffhaltigen Erde hunderte von Bois-d’arc-Bäumen, die auch Osage Orange genannt werden.

Die Entdeckung der zerbrochenen Spitzen beflügelte meine Fantasie, und das Holz des Osage Orange war das optimale Rohmaterial. Zusammen brachten sie mich auf einen Pfad, der vom modernen Bogenschießen fortführte. Zuerst widerstrebte mir der Gedanke, alle modernen Methoden des Bogenbaus hinter mir zu lassen, also fällte ich ein halbes Dutzend Osagebäume, verarbeitete das Holz zu Laminat und baute damit mehrere Fiberglas-, Recurve- und Langbögen aus Holz, alle mit traditionellen, kleinen Griffstücken. Aus Gründen, die ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstand, konnte ich mich nicht überwinden, einen Bogen mit schwerem Griff aus den Osagelaminaten zu bauen. Ich fühlte instinktiv, dass diese Bögen zumindest ein traditionelles Design haben sollten, obwohl ich sie auf Rücken und Bauch mit Fiberglas laminieren würde. Also entwarf ich einen kurzen Recurve-Bogen, gerade mal 60" (152,5 cm) lang, mit einem Griff, wie er oft bei kleinen Langbögen zu finden ist. Mit diesem Bogen erlegte ich eine beträchtliche Anzahl Großwild.

Nachdem ich den Weg eingeschlagen hatte, der mich zum traditionellen Bogenschießen zurückführen sollte, dauerte es nicht lange, bis ich anfing, sehnenbelegte Osagebögen zu bauen. Sehne ist ein bemerkenswertes Material, und wenn man es mit einem guten Bogenholz kombiniert, dann kann man einen Bogen bauen, der es mit den besten glaslaminierten Bögen aufnimmt. Ich habe mehrere sehnenbelegte Bögen zwischen 60–70 lbs gebaut, die einen 500-Grain-Pfeil (32,5 g) mit über 180 Fuß (55 m) pro Sekunde durch den Chronografen schicken. Damit sind sie genauso gut wie die meisten meiner laminierten Holz-Glas-Bögen. Sehnenbelegte Bögen sind zuverlässig und haben eine lange Lebenserwartung. Zusätzlich ist die Arbeit mit Sehne und Hautleim besser für die Gesundheit als die Hände in Epoxydharz zu tauchen und Fiberglasstaub einzuatmen! Und nachdem ich die letzten Jahre ausschließlich sehnenbelegte Bögen gebaut und geschossen habe, bin ich ihnen gänzlich verfallen. Sie sind schnell und haltbar, denn das Sehnenbacking macht einen guten Holzbogen fast unzerstörbar - oder verlängert zumindest sein Leben enorm.

Vor etwa 10 Jahren, also zu Beginn meiner Übergangszeit, gab es noch kein Netzwerk für traditionelle Bogner. Aber es gab eine Menge anderer Schützen, die ebenfalls unzufrieden mit dem modernen Bogenschießen waren – nur wusste ich das damals noch nicht.

Die meisten von uns waren bei ihrer Rückkehr zum traditionellen Bogenschießen einfach ihrem Instinkt gefolgt. Wir glaubten, wenn das Bogenschießen weiter dem modernen Kurs folgen würde, müssten wir, um es mit den Worten des Altmeisters Glenn St. Charles zu sagen, „das Rad neu erfinden“ und die Leistungsfähigkeit des Bogens so oft verbessern, bis wir am Ende eine Armbrust oder eine Art Bogengewehr hätten.

Vor einigen Jahren wurde diese Back-to-Basics-Bewegung aufgebaut, und als das Pendel wieder in Richtung traditionelles Bogenschießen ausschlug, schossen überall in Amerika und Kanada traditionelle Jagdgesellschaften aus dem Boden. Bücher und Zeitschriften zum Thema traditionelles Bogenschießen erschienen neu auf dem Markt. Die einsetzenden Entwicklungen waren ein sicheres Zeichen, dass tausende von amerikanischen Bogenschützen vom Hightech die Nase gestrichen voll hatten.

Heute, 1992, ist das traditionelle Bogenschießen stärker vertreten als je zuvor. Und diese Form des Bogenschießens, die vor langer Zeit in den Steppen der Mongolei, im afrikanischen Busch und auf den sonnigen Lichtungen Englands praktiziert wurde, wird weiter leben. Denn so gute und wichtige Eigenschaften wie Naturverbundenheit, Selbstsicherheit, Einfallsreichtum und Kühnheit werden wieder geschätzt und gewürdigt. Die Bewegung des traditionellen Bogenschießens bedeutet auch, dass das Erlegen von Wild mit Pfeil und Bogen wieder ein bedeutsames Ereignis ist.

Ich hoffe, dass Band 2 der Bibel des traditionellen Bogenbaus Bogenschützen in aller Welt hilft, die Romantik und das Abenteuerliche unserer reichhaltigen Bogenvergangenheit wiederzufinden.

Und an die Mitarbeiter und Leser dieses Buches richte ich meinen herzlichen Gruß. Denn sie repräsentieren das, was ich am meisten an der Welt des Bogenschießens respektiere. Die Dinge, die wirklich der Mühe wert sind, kann man nur selten leicht erreichen. Aber man kann nach ihnen streben. Und seinen Charakter dabei stärken.

Übersetzt von Haiko Hörnig

Bögen aus Brettern

Tim Baker

Betrachten wir einmal dieses Zitat: „Kammergetrocknetes Holz ist spröde und nicht für den Bogenbau geeignet; (…) es ist schuld daran, dass viele meiner frühen Bögen nicht gehalten haben.“ – Diese Sätze stammen aus „Bows and Arrows of the Native Americans“, das von niemand anderem als unserem Jim Hamm verfasst wurde.

Viele der Bogengurus von gestern und heute erzählen von ähnlichen Fehlschlägen. Man könnte die folgenden Seiten leicht mit Berichten über gebrochene Bögen aus Kantholz füllen, und so wird nur zu verständlich, wie sich das Gerücht verbreiten konnte, man könne aus Brettern keine Bögen bauen. Aber Bögen aus kammergetrocknetem Holz aus dem Sägewerk können genauso effizient und haltbar sein wie die, die wir aus luftgetrockneten, gespaltenen Stämmen bauen, und oft sind sie sogar besser. Warum auch nicht? Wenn man es genau betrachtet, ist kammergetrocknetes Holz doch auch Holz! Und Kammertrocknung ist auch nichts anderes als eine Art der Lufttrocknung!

Aber das schlagende Argument zu Gunsten kammergetrockneter Bretter lautet: Man kann aus ihnen sichere, effiziente Bögen bauen, weil so ein Brett, selbst wenn es die für den Trocknungsprozess angeblich typischen Schäden davongetragen haben sollte, doch immer noch eine gewisse Stärke und Biegsamkeit behalten hat. Es ist vielleicht schwächer und weniger elastisch, aber das ist doch kein Hindernis für uns! Wir wissen doch jetzt, wie man zuverlässige, gute Bögen aus „minderwertigem“ Holz baut: Wir machen die Wurfarme einfach breiter!

Nehmen wir einmal an, ein Stave aus relativ schwerem Felsahorn würde nur noch so viel Energie speichern können, wie die leichtere Roteiche: Was hätten wir dabei verloren? Nur eins: Wir hätten einen Bogen von dem gleichen Zuggewicht bei ca. 15% größerer Wurfarmmasse, der daher um ungefähr 3 Fuß (0,9 m) pro Sekunde (fps) langsamer wirft. Diese Wurfkraftverringerung würde aber interessanterweise durch die überlegene Effizienz des rechteckigen Wurfarmquerschnitts wieder ausgeglichen.

Aber die Wahrscheinlichkeit, auf solch ein Brett zu stoßen, das in Bezug auf seine Masse relativ schwach ist, dürfte recht gering sein. Im Allgemeinen leidet ein Stave kaum mehr unter einem sorgfältig überwachten Aufenthalt in der Trockenkammer als unter der normalen Lufttrocknung.

Vor einer Weile erwähnte Jim ganz nebenbei den letzten Bogen, den er gebaut hatte: einen Ahorn-Langbogen von 70 lbs – aus einem kammergetrockneten Brett. Inzwischen ist es ihm etwas peinlich, wenn man ihn an seine Zeit als „Brettbogengegner“ erinnert. Er wünscht sich, er könnte in die Vergangenheit reisen und diese Sätze löschen. In den frühen Ausgaben seines Standardwerks „The Bent Stick“ stellte Paul Comstock die „Zehn Gebote für den Bau deines ersten Bogens“ vor, wobei das vierte lautete: „Du sollst kein kammergetrocknetes Holz verwenden.“ Offenbar hat Comstock seitdem eine neue göttliche Eingebung bekommen, denn in späteren Auflagen ist nur noch von „Neun Geboten“ die Rede.

Manuel Lizarralde mit seinem Ahornbogen. Das ist ein richtiges Arbeitstier, das bereits tausende von Pfeilen geschossen und schon sieben Sehnen verschlissen hat.

Wie es auch für andere sorgfältig gebaute Bretterbögen normal ist, hat er nicht mehr Set oder Belastungsmerkmale als zu der Zeit, als er noch neu war.

Alles weist darauf hin, dass Bögen aus den gut verfügbaren kammergetrockneten Harthölzern der Leistung und Haltbarkeit ihrer Geschwister aus gespaltenem Stammholz in nichts nachstehen.

Sowohl Hamm als auch Comstock haben darauf bestanden, dass ich hier von ihrem Sinneswandel berichte. Wie die meisten Holzbogenbauer der Renaissance nach der Fiberglasära wollen sie nichts lieber, als dass die ungeschminkte Wahrheit ans Licht kommt, und sie genießen das freie Spiel der Meinungen und Erfahrungen mehr als die falsche Sicherheit eines Dogmas. Bei den alten, zugeknöpften Bogenbauern (vor der Fiberglasära) herrschte eine ganz andere Einstellung. Vielleicht kommt das daher, dass die meisten Bogenbauer heute Jäger und nicht Turnierschützen sind. Ein wirklich guter Jäger muss schließlich kritisch denken und analysieren können und immer für neue Wege offen sein.

Zur Zeit erleben wir also die Wiedergeburt des Holzbogens. Einschränkende Gewohnheiten werden auf einmal entstaubt und dem hellen Tageslicht ausgesetzt. Trotzdem erstaunt es, wie lange sich die Vorurteile gegen die kammergetrockneten Bretter halten konnten.

Ursachen dafür könnten sein:

• Wie bei anderen Fehlinformationen im Bogensport berichtet der eine Autor nur ganz aufrichtig, was die vorherrschende Meinung ist, und alle folgenden Autoren zitieren ihn ehrfürchtig.

• Woher die Schädigung der Zellwände beim industriellen Trocknen kommt und wie man sie verhindert, wusste man früher nicht so genau.

• Kammergetrocknetes Holz wird meistens von Anfängern verwendet, und bei Anfängern brechen leider öfter Bögen.

• Kammergetrocknetes Holz gibt es eigentlich nur in Bretterform. Im Gegensatz zu nicht zugesägten Baumstämmen weist die Brettoberfläche nur selten parallele Jahresringe auf. Die inneren Holzfasern und die schwachen, porösen Frühjahrsringe schneiden den Bogenrücken in einem gewissen Winkel. Wenn man sie belastet, werden diese porösen Ringe und durchtrennten Fasern nicht mehr nur auf Zug belastet, sondern auch Scherkräften ausgesetzt. Daher schälen sie sich buchstäblich ab.

Dieses Brett wurde nicht gut ausgewählt und auch falsch behandelt. Daher war der Bruch des Wurfarms praktisch unvermeidlich. Wenn man Bögen aus gespaltenen Stämmen macht, muss man sich nach den Eigenheiten des Staves richten. Wenn man Bögen aus Brettern baut, muss man lernen, den Faserverlauf zu „lesen“ – das ist schon der halbe Erfolg.

Während der letzten paar Jahre habe ich ungefähr 350 Bögen aus kammergetrocknetem Holz gebaut. Von den letzten 250 ist kein Einziger gebrochen, sie haben nicht einmal besonders viel Set bekommen. Und ihre Leistung unterscheidet sich in nichts von konventionell getrockneten Staves des gleichen Designs. Aus Gründen, die ich später genauer erläutern will, ziehe ich inzwischen Bogenrohlinge aus Brettern vor.

Weil Dogmen nur schwer sterben, fällt es vielen schwer zu akzeptieren, dass Staves aus Brettern den Staves aus gespaltenen Baumstämmen gleichwertig sein sollen. Am Anfang ging es mir genauso. Ein Grund, warum ich den standardisierten Holzbiegetest (S. 107 ff. im ersten Band) entwickelte, war, dass ich herausfinden wollte, wie viel schlechter kammergetrocknetes Holz tatsächlich war. Als die Tests den Bretter-Staves dagegen zur Ehre gereichten, zweifelte ich erst an meinem Testverfahren. Selbst als ich die ersten Bretterbögen gebaut hatte, die die Voraussagen des Tests bestätigten, war mir immer noch nicht wohl bei der Sache. Das besserte sich erst, als ich hörte, dass auch andere Bogenbauer mit Bretter-Staves gute Ergebnisse erzielt hatten. Seit Jahren bauen Profis wie Ron Hardcastle aus Texas, Ben Walker aus Kanada und andere solche Bögen. Außer seinen „normalen“ Staves und Bögen vertreibt Ron inzwischen auch Staves und fertige Bögen aus Hickory- oder Ahornbrettern mit stehenden oder diagonalen Jahresringen. Da ihr Querschnitt meist rechteckiger ist, sind sie den konventionellen Staves in der Leistung gewöhnlich überlegen.

Aber warum sollen wir überhaupt Bretter-Staves verwenden?

Aus Brettern kann man also langlebige, effiziente Bögen bauen. Na und? Seit Jahrtausenden werden hervorragende Bögen aus gespaltenen Stämmen gebaut. Warum sollen wir uns da umstellen? Für eine Umstellung gibt es ja gar keinen Grund. „Normale“ Staves werden wohl immer die erste Wahl für die meisten Bogenbauer bleiben. Aber Bretter-Staves eröffnen uns neue Möglichkeiten. Für manche von uns bedeutet nämlich erst der Stave aus dem Sägewerk, dass sie überhaupt einen Bogen bauen können.

Betrachten wir es recht:

• Du kannst heute einen Bogen fertig stellen! Falls dein Bogen gebrochen ist, oder falls dich eines Morgens einfach der Drang überkommt, einen Bogen bauen zu müssen, was hindert dich dann? Baue ihn, und noch am gleichen Nachmittag kannst du damit zum Schießen oder Jagen gehen.

• Sogar die preisgünstigeren Stave-Händler verlangen für einen Stave aus „weißem“ Bogenholz soviel wie für fünf bis zehn Bretter. Also fällt bei Brettern das Lehrgeld deutlich geringer aus.

• Lebst du in einer Bogenholzwüste? Bäume wachsen ja im Sommer am besten. Und wann regnet es in Kalifornien? Im Winter! Wegen des vertrockneten, toten Sommergrases auf seinen Hügeln nennt man Kalifornien sogar den „Golden State“! In diesem Bundesstaat wachsen, soweit mein Auge reicht, zumindest dort, wo ich wohne, keine Bäume. Die heimischen Eichen mit ihren aufgrund der Dürre dünnen Jahresringen könnte man vielleicht verwenden, aber gerade Staves von ausreichender Länge sind selten. Die im Gebiet der Bucht von San Francisco lebenden Indianer haben ihr Bogenholz offenbar meist durch Handel mit den Miwoks aus der Sierra bekommen.

Einmal beklagte ich mich bei Paul Comstock über unsere Knappheit an Bogenholz. Seinem Antwortbrief legte er ein Foto einer Landstraße im Osten der USA bei. Sie verlief in einer Schneise durch den Hochwald, gesäumt von Mauern hoher, gerader, massiver Hartholzbäume. Auf die Rückseite des Fotos hatte Comstock geschrieben: „Siehst du hier irgendwo Bogenholz?“ Die meisten nordamerikanischen Hartholzbäume wurden vor Ort angepflanzt, aber sie stehen in Schutzgebieten. Ich will lieber nicht verraten, wie viele Staves ich mir geholt habe, indem ich auf Messers Schneide zwischen Baumschnitt und Waldfrevel balancierte – bevor ich die Bretter-Staves für mich entdeckte.

Unterschiede zwischen Bretter-Staves und gespaltenen Staves

Weil das Tempo der Trocknung und alle weiteren Faktoren gut überwacht werden, ist kammergetrocknetes Holz dem luftgetrockneten oft überlegen. Lufttrocknung setzt Staves einigen Gefahren aus. Bakterien- und Schädlingsbefall sind wahrscheinlicher. Außerdem verziehen sich die Staves eher und weisen mehr Trocknungsrisse auf. Die meisten erfahrenen Bogenbauer haben ihr eigenes System entwickelt, mit dem Staves der von ihnen bevorzugten Hölzer in ihrem lokalen Klima gut „reifen“. Aber an jedem Bogenbauerstammtisch sollte man es vermeiden, das Thema „Staves aus dem Großhandel“ anzusprechen – außer man hört gerne, wie ein Haufen gestandener Männer stöhnt, flucht und sich gegenseitig mit Horrorgeschichten überbietet. Gespaltene Staves müssen eben sehr sorgfältig gelagert sein, damit sie nicht schlechter als kammergetrocknete ausfallen.

Kammertrocknung kann allerdings eher dazu führen, dass die Holzzellen kollabieren: Hohe Temperaturen „erweichen“ nämlich die Zellulose in den Zellwänden. Im schlimmsten Fall kann eine schnell trocknende Holzoberfläche den feuchteren, weicheren Kern so unter Druck setzen, dass diese Zellen einfach zerquetscht werden. Im Gegensatz zu früher weiß man aber inzwischen genau, was da abläuft und wie man es ohne großen Aufwand vermeiden kann. Bei Stämmen größeren Durchmessers kann der Zellkollaps auch bei zu rascher Lufttrocknung auftreten. Gerade direkte Sonneneinstrahlung, geringe Luftfeuchtigkeit und frischer Wind führen dazu, dass sich das Holz an der Oberfläche viel schneller als im Stamminneren zusammenzieht.

Im Sägewerk hatte dieses Brett ca. 8,5% Feuchte. Nachdem es sich zwei Wochen in meinem Keller akklimatisiert hatte, nahm es Wasser auf und liegt jetzt bei 10%, was für mein Mikroklima, die meernahe Küstenregion, ideal ist. Ein paar Meilen landeinwärts, hinter den Berkeley Hills, wären die 8,5% optimal gewesen.

Wenn es richtig gemacht wird, erhält man mit beiden Methoden gleich gerade und starke Bögen. Wenn es falsch gemacht wird, sieht man das an der eingesunkenen oder waschbrettartigen Oberfläche, die darauf hinweist, dass die Zellen darunter zerstört wurden. Verzogenes und gerissenes Holz kommt sowieso nicht infrage, egal wie es getrocknet wurde. Normalerweise ist nur eins von 25 Brettern beim Trocknen geschädigt worden, und meistens hat es nur ein paar kleinere Risse. Wenn man auf die Anzeichen für ernstere Schäden achtet, zahlt sich das aus, denn nachdem ich hunderte von Bögen aus kammergetrockneten Brettern gemacht habe, kann ich behaupten, dass kein einziger davon wegen Trocknungsschäden gebrochen ist.

Oft nimmt man fälschlicherweise an, dass kammergetrocknetes Holz zu trocken sei. Aber Holz mit künstlicher Wärme im Schnellverfahren zu trocknen ist teuer, und daher wird kein wirtschaftlich arbeitender Betrieb den Feuchtigkeitsgehalt unter das örtliche Gleichgewicht senken. Hartholz verlässt den Ofen normalerweise mit 8% Feuchtigkeitsgehalt – genau richtig für mäßig trockene Gegenden. Holz, das man in feuchtere Gegenden liefern will, holt man schon bei deutlich höherem Feuchtigkeitsgehalt aus der Kammer – für Louisiana bestimmtes Hartholz ist oft deutlich feuchter als Ware, die nach Arizona verfrachtet wird. Ein Stave aus dem Sägewerk liegt daher oft näher am örtlichen Feuchtigkeitsgleichgewicht als luftgetrocknetes Holz, das dafür (außer man arbeitet es schon auf fast fertig getillerte Maße herunter) sehr lange braucht.

Jedem Stave, der nicht aus deiner Gegend stammt, musst du Zeit lassen, damit er je nach den Gegebenheiten Feuchtigkeit abgeben oder aufnehmen kann. Dabei ist ein Feuchtigkeitsmesser oder eine Balkenwaage sinnvoll: Hänge den Stave an einem Ende eines ziemlich langen, leichten Stabes auf und das gleiche Gewicht am anderen Ende. Hänge den Stab im Schwerpunkt an einer Schnur auf. Solange der Stave Feuchtigkeit verliert oder aufnimmt, steigt oder sinkt er. Verschiebe die Schnur, damit dein Waagbalken parallel zum Boden bleibt. Wenn du ein paar Tage lang nicht mehr nachjustieren musst, ist das Gleichgewicht erreicht.

Bei jedem Prozentpunkt weniger an Feuchtigkeit nimmt die Stärke (also die Steifigkeit) des Holzes um ungefähr 6% zu. Das bedeutet, dass Bögen vergleichbaren Zuggewichts mehr Masse aufweisen, wenn sie aus nasserem Holz gebaut werden. Trockeneres Holz ist leichter, dafür aber spröder. 8–11% sind akzeptabel, der Idealbereich dürfte zwischen 9 und 10% liegen.

Eine andere Irrlehre besagt, Holz werde durch die Temperaturen beim Kammertrocknen beschädigt; und das, obwohl die dabei verwendeten Geräte mit 75° C arbeiten, während man beim Dämpfen und Biegen seit Jahrhunderten recht erfolgreich mit 100° C zu Werke geht! Das Biegen mit Dampf schwächt, je nach Biegeradius, das Holz um bis zu 25%. Trotzdem kann man sich auf solche Bögen verlassen, weil gutes Tillern diesen Fehler ausgleicht:

Die schwächeren Partien werden einfach dicker gelassen. Durch den Tiller kann man also auch Holz mit leichten Zellschäden retten: Man lässt im geschwächten Bereich mehr Holz stehen.

Ein Bretterbogen? Darf das sein?

Ist es überhaupt richtig, Bögen aus Brettern zu bauen? Ist das nicht Schummelei? Nein!

Bretter aus dem Sägewerk sind nicht irgendein synthetischer, unnatürlicher Werkstoff. Bretter sind Holz! Sie stammen von Bäumen!

Seit den Anfängen des Bogenbaus hat es über weite Entfernungen einen Handel mit Staves gegeben. Von Anfang an gab es Staves mit stehenden oder schrägen Jahresringen, von Anfang an wurden Staves recht schnell mit Hitze getrocknet. Und falls es dir unwürdig für den Baum scheint, in unnatürliche, gleichförmige, eckige und unelegante Teile zerlegt worden zu sein, dann kannst du die Gelegenheit beim Schopf packen und das Holz aus diesem Gefängnis befreien.

Richtige Holzauswahl

Im Kapitel über Design und Leistungsfähigkeit (Band 1) habe ich beschrieben, dass Bretterbögen überragende Leistungswerte aufweisen können. Vielen, die das gelesen haben, war traditioneller, natürlicher Bogenbau neu, und sie gingen an das Thema „Bögen aus Brettern bauen“ ohne vorgefasste Meinung heran. Viele dieser Leser haben gute Resultate gemeldet, und aus ihren Zuschriften kann man schließen, dass inzwischen fast so viele Bögen aus Brettern wie aus gespaltenen Staves gebaut werden.

Es gab aber auch einige Katastrophen. Robert Howard brachen 14 Bretterbögen nacheinander. Es spricht für seine Entschlossenheit, dass er mit den Fragmenten ein paar hundert Kilometer weit fuhr, um sie begutachten zu lassen. Sein Tiller war, besonders bei den letzten Bögen, ausgezeichnet. Die Wurfarmbreite stimmte, die Querschnitte ebenfalls. Aber zwei Probleme kamen zusammen, von denen keines alleine das sichere Ende eines Bogens bedeutet hätte: Zuerst einmal hatten seine Staves, die in einer offenen Scheune in Südkalifornien gelagert worden waren, einen Feuchtigkeitsgehalt von 5%. Und zweitens liefen die Wachstumsringe von Bogenbauch zu Bogenrücken in einem Winkel von 5° durch den Wurfarm. Diese Bretter waren nicht sorgfältig ausgewählt worden, sondern einfach das Geschenk eines Freundes gewesen. Robert hatte sie hauptsächlich deswegen verwendet, weil er nicht undankbar erscheinen wollte. Als er wieder daheim war, schnappte er sich ein Eschenbrett mit geraden Jahresringen. Und da er ja schon reichlich Übung hatte, schaffte er es, am gleichen Tag noch seinen Bogen zu tillern und zu schießen.

Man kann also doch Bögen, die den höchsten Ansprüchen genügen, aus Brettern bauen, aber das erinnert ein bisschen daran, während der Hauptverkehrszeit eine Straße zu überqueren. Wenn eine Gruppe Schlafwandler das probiert, schafft es vielleicht nur einer von zwanzig, einfach deshalb, weil sie die roten Ampeln und die Zebrastreifen nicht gesehen haben.

Wenn man den Rücken dieses Wurfarms mit stehenden Jahresringen betrachtet, sieht die Maserung gerade aus. Tatsächlich aber laufen die Holzfasern in einem Winkel von 5° vom Rücken zum Bauch. Wäre es nur das gewesen, hätte der 5 cm breite, 50 lbs schwere Bogen wohl gehalten, aber bei 5% Feuchtigkeitsgehalt war das Holz für eine normale Wurfarmbreite zu spröde.

Robert Howard und sein fünfzehnter Bogen. Er ist zwischen den Nocken 66" (168 cm) lang, vom Griff bis zur Mitte der Wurfarme 2" (5,2 cm) breit und verjüngt sich dann zu ca. 1/22" (12 mm) breiten Nocken. Die Wurfarme aus Esche mit rechteckigem Querschnitt ziehen 74 lbs bei 28". Bob hat diesen Bogen aus einem Brett für 5 $ gebaut.

Wenn du Bögen aus zufällig gewählten (oder geschenkten) Brettern baust, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn deine Erfolgsquote nicht höher liegt. Einen haltbaren Bogen aus einem gespaltenen Stamm zu bauen, könnte man mit einer Taxifahrt zur Mittagszeit vergleichen. Wer ein Brett verarbeiten will, muss viel genauer auf die Verkehrszeichen achten. An und für sich sind Bretterbögen deutlich einfacher und schneller herzustellen. Und sie schießen auch schneller. Als man diesen Leistungsvorteil bemerkte, führte das dazu, dass Bogen-Staves aus gespaltenen Bäumen „decrowned“ wurden (also wurde die Rückenwölbung abgetragen), was oft zu mehr Schnelligkeit und Bruchsicherheit führte.

Anders gesagt: Es ist oft von Vorteil, einen Baum-Stave in einen Bretter-Stave umzuwandeln!

Nehmen wir einmal den schlimmstmöglichen Fall, um zu beweisen, dass die Verwandlung des Staves in ein Brett ein Gewinn ist: Mein Freund Bob Beene schickte mir vor kurzem per UPS einen kleinen Weidenstamm. Wie ich es mir gewünscht hatte, war er 68" (173 cm) lang und 3" (7,6 cm) dick und schön gerade. Eigentlich ist Weide so ziemlich die schlechteste Wahl für einen Stave, da diese Holzart sowohl auf Zug als auch auf Druck nur wenig belastbar ist. Auch die Elastizität ist nicht überragend. Daher sind indianische Weidenbögen länger als gewöhnliche und werden oft absichtlich mit einem Deflex versehen, um die Wurfarmbelastung weiter zu verringern. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen des Bogenbauers sind Weidenbögen immer noch nur für niedrige Zuggewichte oder kurze Auszugslängen geeignet.

Mit Hilfe von Bobs Weidenstamm wollte ich herausfinden, wie effizient ein Weidenbogen denn nun sein könnte. Mein Standardbiegetest ließ darauf schließen, dass ein 3" breiter Wurfarm bei mäßigem Stringfollow einen 35 lbs starken Bogen hergeben sollte. Der Test ergab auch, dass Weide im Verhältnis zur gespeicherten Energie eine höhere Masse als andere Hölzer hat, was die Wurfgeschwindigkeit um ein paar weitere fps heruntersetzen sollte. Als ich die Wurfarme auf 35 lbs bei 27" Auszug getillert hatte, entwickelten sie 1¾" (4,4 cm) Set. Ein 500 Grain (32,4 g) schwerer Pfeil erreichte mit diesem Bogen eine Geschwindigkeit von 124 fps (37,8 m/sek), ungefähr 5 fps (1,5 m/sek.) weniger, als durch die Verwendung von leichterem, effizienterem (also mit einem besseren Verhältnis der Energiespeicherung zur Masse) Holz bei gleichem Bogendesign erreicht worden wären. Das Decrowning steigerte die Effizienz des Weidenbogens, die sehr schlecht gewesen war, fast bis auf durchschnittliche Werte. Dieser Weidenbogen schlägt auch einige Bögen aus „besserem“ Holz und ist so ein weiteres Beispiel dafür, dass das Bogendesign wichtiger ist als die Holzart.

Wenn man 50 lbs Zuggewicht erreichen will, müssen die Wurfarme aus Weidenholz bei dieser Länge mehr als 4" (10,1 cm) breit sein um einen annehmbaren Wirkungsgrad zu erreichen. Kommen die richtige Wurfarmbreite und ein rechteckiger Querschnitt zusammen, verhalten sich Bögen aus schwachem und starkem Holz fast gleich. Natürlich schränkt die Unhandlichkeit der Bögen aus schwachem Holz ihren praktischen Nutzen ein.

Unhandlich, aber doch recht funktionstüchtig: Mit diesem Weidenbogen von 35 lbs kann man beweisen, wie vorteilhaft es ist, Staves aus Bäumen kleinen und mittleren Durchmessers in Brettform zu bringen (man beachte die Rinde, die an der Seite des Bogens noch zu erkennen ist). Hätte man die natürliche Rückenwölbung belassen, hätten die keilförmigen Seitenbereiche des Wurfarms die effektive Wurfarmbreite auf ca. 2" (5 cm) verringert, wobei die gewölbte Mitte des Bogenrückens den Löwenanteil der Belastung getragen hätte, was wohl zum Bruch geführt hätte.

Auch Bögen aus Holz mit stehenden und (im Querschnitt) schräg verlaufenden Jahresringen sind nichts Neues. Europäische Steinzeitbögen wiesen oft diese Maserungsorientierung auf oder waren „decrowned“, wie es Paul Comstock in einem anderen Artikel dieses Bandes beschreibt.

Wenn man einen Stamm spaltet, folgt der Riss normalerweise der Faser. Die flache Oberfläche des durch Spalten gewonnenen Klotzes zeigt daher ziemlich intakte, über die ganze Länge verlaufende Fasern, die vollkommen parallel zu allen Unebenheiten und Krümmungen des ursprünglichen Baumes verlaufen. Im Grunde ist das schon ein fertiger Bogenrücken oder -bauch und einem Brett nicht unähnlich, weil die Jahresringe ja ungefähr im 90°-Winkel zu dieser Spaltfläche stehen.

Nur manchmal bergen Bogenrücken, die aus der Mitte (oder fast der Mitte) von Stämmen herausgeholt werden, Gefahren. Ein kleiner Ast an der Oberfläche kann quer über die ganze Außenseite des Staves bis zum Kern des Stamms verlaufen. Diese Stelle vermindert, wenn sie unter Spannung gerät, die Haltbarkeit des Wurfarms deutlich. Wenn man einen guten Zentimeter von der Oberfläche wegnimmt oder den Stamm so spaltet, dass der Spalt nicht (wie ein Radius) direkt auf die Mitte zuläuft, dann verlaufen solche Äste schräg durch den Wurfarm und reduzieren so das Risiko, da der gefährdete Anteil des Wurfarms jetzt geringer ist. Man kann so eine radial gespaltene Fläche auch als Bogenbauch verwenden (und den Bogenrücken durch Decrowning herstellen), dann liegt auch der Griff am Bogenrücken (Reversgriff).

Ein Osage-Orange-Stave von vorne, decrowned. Ohne das Decrowning könnte man aus einem Stämmchen von so geringem Durchmesser nur einen Bogen mit sehr niedrigem Zuggewicht herstellen – oder man müsste ihn sehr lang und damit ineffizient bauen.

Hier ist der Bogenrücken nach dem Decrowning zu sehen. Die deutlich sichtbaren Linien zeigen die durchtrennten Frühjahrs- und Sommerwuchsringe. Solange diese Linien parallel zum Wurfarm verlaufen, ist dieses Design fast so dauerhaft und sicher wie ein aus einem normalen Stave gebauter Bogen. Holz mit enger Maserung, wie man es bei dünnen Stämmen oft findet, zeigt noch mehr Linien auf dem Bogenrücken und ist damit noch leichter zu „lesen“. Und was passiert mit den Knoten und Ästchen in so einem kleinen Osage-Stave? Wenn man das Taschenmesser oder die Ziehklinge verwendet, bleibt automatisch etwas mehr Holz an diesen Stellen stehen und gleicht die Schwachstellen aus. Das ist fast so wie Malen nach Zahlen und genauso leicht.

Hier der fertige Bogen: 68" (173 cm) lang, 60 lbs bei 28". Das Decrowning hat aus einem Stück Abfallholz eine kraftvolle, zuverlässige Jagdwaffe mit einem gehörigen Schuss Individualität gemacht.

Auch die Flächen geviertelter Stämme kann man gleichermaßen als Bogenbauch und als Bogenrücken verwenden. Aber die Gefahr, dass ein Ast über die ganze Breite des Wurfarms verläuft, besteht hier ebenfalls. Einige Holzarten lassen sich sauberer spalten als andere und sind daher für diese Methode besser geeignet. Birke, Maulbeere, Esche und Akazie gehören dazu. Bei Osage und Ulme dagegen entstehen durch das Spalten tief gefurchte, mit Splittern übersäte Flächen.

Weil Bögen aus Brettern oft einen annähernd rechteckigen Wurfarmquerschnitt haben, übertrifft ihre Leistung oft sogar aus Staves gebaute Bögen. Solche Wurfarme können nämlich breiter sein, ohne eine ansonsten zu hohe Rückenwölbung zu überlasten – jeder Abschnitt eines Wurfarms mit rechteckigem Querschnitt leistet die gleiche Arbeit und steht unter der gleichen Belastung.

In einer Hinsicht muss man bei rechteckigen Querschnitten aber vorsichtig sein: Die Kanten sind stärker belastet als bei gewölbtem Bogenrücken, und deshalb stellen sich dort leichter Fasern auf, besonders dort, wo sich der Wurfarm stark verjüngt. Dort laufen die Fasern ja in einem größeren Winkel aus dem Bogen heraus. Die Rückenkanten eines rechteckigen Wurfarms sollten daher leicht abgerundet werden (nicht mehr als 2 mm im Radius). Dann hat Gevatter Hein bei diesem Bogen keinen Angriffspunkt mehr.

Die Oberflächen halbierter oder geviertelter Stämme ergeben fast fertige Rücken- oder Bauchseiten für Bögen. Man sieht deutlich, wie Zweige in der Nähe des Spaltes den Faserverlauf stören und über die ganze Spaltfläche hinweg ein Oberflächenrisiko darstellen.

Perfekt getillerte Bögen brechen natürlich seltener und entwickeln wahrscheinlich deutlich weniger Set. Wenn der Bogenrücken flach wie ein Brett ist, dann fällt schon eine Fehlerquelle beim allmählichen Verjüngen der Wurfarme weg. Man kann dann besser beurteilen, ob die Dicke gleichmäßig abnimmt. Letztendlich verteilt sich die Last über die gesamte Wurfarmbreite und -länge gleichmäßig. Und das Ergebnis? Weniger Set, weniger Eigengewicht, mehr Bruchsicherheit. Wenn man eine Stunde mehr darauf verwendet, das bestmögliche Brett heraus zu suchen, dann lohnt sich das genauso, wie im Wald tagelang nach dem am besten gewachsenen Baum zu suchen.

Das Wurfarmdesign des „Pyramidalbogens“, das wir schon im ersten Band auf Seite 68 f. besprochen haben, stellt vielleicht den effizientesten Bogen aus einem geraden Stave dar. Aber die in Griffnähe sehr breiten und flachen Wurfarme sind nicht leicht zu bauen. Man braucht dafür mehr Zeit und Mühe als für die gängigeren Designs; auch hier ist ein Stave aus einem bereits flachen Brett eine große Hilfe. Wenn man von einem geraden Stave ausgeht, ist der Holzbogen in der folgenden Abbildung vielleicht (für das jeweils gegebene Zuggewicht) der schnellste in der gesamten Geschichte des Selfbow-Bauens – und der Grund dafür ist sein Design, nichts sonst.

Ein Bogen dieses Designs ist nicht einfach nur schneller. Die breiten Wurfarme machen ihn auch sicherer, und der Set, der sonst so viel Leistung kostet, hält sich in Grenzen. Länge und Tiller ermöglichen einen weichen Auszug mit wenig Stacking und viel gespeicherter

Der eher kreisbogenförmige Tiller fällt sofort auf. Der übliche elliptische Tiller würde dazu führen, dass der besonders breite Wurfarmabschnitt in Griffnähe nicht die ihm zustehende Arbeit leistet, wodurch der mittlere Bereich der Wurfarme (schmaler als gewohnt) überlastet würde. Die Jahresringe auf diesem Bogen aus Schwarzkirsche wurden ziemlich häufig verletzt, aber die große Gesamtoberfläche sorgt dafür, dass die Belastung überall niedrig genug bleibt.

Wer künstlerisch begabt ist (was bei diesem Werk nicht unbedingt der Fall war), kann so breite Wurfarme wie eine Leinwand mit Motiven aus der Natur, geometrischen Formen oder, wie hier, mit indianischen Symbolen bemalen.

Energie. Da die äußeren Wurfarme und die Nocken schmal sind und wenig wiegen, ist der Handschock kaum spürbar. Trotz der relativ großen Länge solcher Bögen mindern die schmalen Nocken die Wurfkraft kaum. Man könnte einen Pyramidalbogen natürlich auch kürzer bauen, aber dabei nimmt das Stacking zu, das Energie kostet. Dabei braucht der Bogen wegen der guten Rückstelleigenschaften seiner leichten Nocken gar kein hohes Zuggewicht. Außerdem trägt der sich vergrößernde Sehnenwinkel beim Anzug hier nicht so viel zum Stacking bei, da sich ja ein größerer Wurfarmbereich (bis in die Griffnähe) biegt. Daher „stacked“ dieser Bogen weniger als konventionell getillerte Bögen gleicher Länge.

So ein Bogen ist einfach ein Volltreffer, und man kann damit ortsfremde Bogenbauer, die eben mal in der Bognerkneipe (wo immer ein Chronograf bereitsteht) abgestiegen sind, ganz schön verblüffen. Mit einer Sehne mittleren Gewichts schießt dieser 53 lbs ziehende Bogen einen 500 Grain (32,4 g) schweren Pfeil mit 164 fps (50 m/sek.) genau so schnell wie ein gerader Langbogen mit Fiberglaslaminat.

Die Wurfarme sind am Griff 3" (7,6 cm) breit und verjüngen sich in gerader Linie zu gut ¼" (0,6 cm) breiten Nocken, die für normale Sehnenkerben zu schmal sind, sodass ein Keil aus Fasermaterial die „Schulter“, also die per Klebung und Wicklung befestigte Sehnenauflage, bilden muss. Die breiten Wurfarme weisen direkt nach dem Abspannen nur ¾" (1,9 cm) Set auf.

Die Länge des Griffs beträgt 6" (15 cm), eigentlich 2" (5 cm) länger als nötig, aber das hat seine Vorteile. Zum einen hat der Pfeil noch genügend Platz über der Griffmitte, zum andern ist jeder Wurfarm gleich lang, sodass man den Bogen symmetrisch tillern kann. Dabei werden beide Wurfarme gleich belastet und man kann den Tiller besser beurteilen. Logischerweise kann dann auch jeder Wurfarm der obere sein, und das kann gelegen kommen, da die meisten Bögen von der einen Seite besser schießen als von der anderen.