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Das vorliegende Buch ist eine Zusammenstellung meiner bisher zu Daniel erschienenen Bücher, die um die Auslegung der Visionen und Prophetien in Daniel 7 bis 12 ergänzt wurde, sodass mit diesem Buch eine Übersicht aller prophetischen Passagen des Daniel-Buchs vorliegt. Im Buch wird gezeigt, dass die bisher weit verbreitete Deutung des Standbildes auf das Römische Reich historisch, geografisch, sprachlich und prophetisch nicht stimmig ist. Stattdessen wird nachgewiesen, dass das Standbild für die Endzeit das Wiederaufkommen eines anderen Weltreiches voraussagt, das vielfach nicht erwartet wird. Zudem wird die bisherige Berechnung der 70 Jahrwochen genauer untersucht. Bei näherer Betrachtung ist diese Art der Deutung ebenfalls nicht haltbar. Denn die Bibel rechnet zweimal vom Jahr 605 v. Chr.: einmal bis zu Kyrus und noch einmal von dort bis zu Antiochus Epiphanes. Ein weiterer Teil des Buchs befasst sich mit dem Kleinen Horn in Daniel 7 und 8, ein anderer mit den in Daniel 11 aufgezählten Seleukiden-Königen. Denn in dieser Auflistung fehlt ein König, obwohl er 20 Jahre lang geherrscht hat. Diese Auslassung hat allerdings einen ganz bestimmten Grund, der bis in die Offenbarung reicht. Mit der neuen Sicht auf das Buch Daniel ergibt sich eine andere, bibeltreuere Sicht der Daniel-Prophetie, die weitreichende Auswirkungen in der Exegese anderer Texte der Bibel nach sich zieht. Möge es der Gemeinde Gottes dazu dienen, auch weiterhin unbedingtes Vertrauen in das Wort Gottes zu bewahren.
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Seitenzahl: 573
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Daniel-Prophetie
Teil 1
1 Daniel 2
2 Thesen
3 Das Standbild
4 Das Standbild fällt
4.1 Rom
4.2 Griechenland
4.3 Europa
4.4 Rom wird nicht erwähnt
4.5 Welche Reiche werden erwähnt?
5 Die Auslegung auf das Römische Reich ist falsch
6 Die Herkunft der Diadochen-Könige
7 Ist Kittim denn nicht Rom?
8 Die Beine des Standbilds
8.1 Das Standbild steht
8.2 Eine gesunde Verunsicherung
8.3 Konsequenzen
9 Die zehn Zehen
9.1 Aretas
9.2 Die Füße
9.3 Übertragung auf heute
9.4 7 Häupter und 10 Hörner
9.5 Die finale Struktur des Standbilds
10 Die Vier-Reiche-Lehre
11 Die vier Tiere in Daniels Vision
12 Widder und Ziegenbock
13 Gegenargumente
13.1 Babylon war auch „nur“ regional
13.2 Das Neo-Seleukiden-Reich wird sehr groß
13.3 Die meisten deuten das Standbild anders
13.4 Ist die Frau in Offenbarung 17 nicht Rom?
14 Sieben Könige
14.1 Antiochus starb in Isfahan
14.2 Antiochus scheiterte
14.3 Sieben Häupter
14.4 Die Erklärung
14.5 Wertung des Ergebnisses
14.6 Die Hure Babylon liegt im Vorderen Orient
14.7 Auslegung von Offenbarung 17
15 Vier Schenkel statt zwei Beine
15.1 Die Übersetzung der Bezeichnung Schenkel
15.2 Die grammatikalische Form
16 Die vergessenen Füße!
17 Griechenland in der Endzeit
18 Ergänzungen zu den Schenkeln
19 Der Gräuel der Verwüstung
20 Die jüdische Sicht des Buches Daniel
21 Wo sind die römischen Cäsaren?
22 Eisen, Erz, Ton
23 Schluss
Teil 2
1 Vorwort
2 Die bisherige Lesart
3 Der Erlass des Artaxerxes
3.1 Jeremia 25 oder Jeremia 29?
4 Die verkürzten Jahrwochen
5 Die Wiederherstellung Jerusalems
5.1 Das Argument der Wiederherstellung Jerusalems
5.2 Die Stadtmauer
6 Was der Engel wirklich sagt
6.1 „Ein gesalbter Fürst“ vs. „der Gesalbte, der Fürst“
7 Der Startpunkt der 70 Jahrwochen
7.1 Eine alternative Berechnung
7.2 Begründung der Berechnung
7.3 Intermezzo
7.4 Artaxerxes als Startpunkt
8 Textanalyse von Daniel 9, 25
8.1 Das „dabar“
8.2 Das „Etnach“
8.3 Kyrus und Antiochus Epiphanes
8.4 Daniel 9 und die Verwüstung
8.5 Das „shuv“
8.6 Professionelle Unterstützung
9 Komplikationen in den Berechnungen
10 Ein Vergleich der Bibel-Übersetzungen
10.1 Die Neue evangelistische Übersetzung (NeÜ)
10.2 Die Matthew Henry Study Bible
10.3 Die Geschriebene
10.4 Die Neues Leben Bibel
10.5 Die Genfer Studienbibel
10.6 Die Elberfelder Studienbibel (Brockhaus-Edition)
10.7 Die Neue Welt Übersetzung
10.8 Anmerkung
11 Zwei vorrangige Lesarten
11.1 Elberfelder Bibel (Brockhaus) - „ELB-B“
11.2 Elberfelder Übersetzung (Edit. CSV) - „ELB-H“
12 Prophetische Jahre
12.1 Ein Jahr bleibt immer ein Jahr
12.2 Die Dauer der Flut
13 Zusammenfassung von Teil 2
14 Disclaimer
Teil 3
1 Thesen
2 Berechnungsmodelle und Gegenüberstellung
2.1 Berechnungsmodelle
2.2 Gegenüberstellung
3 Die Harmonisierung der Daniel-Prophetie
4 Die Problemstellung
5 Der Text
5.1 Der gesalbte Fürst
5.2 Wird ausgerottet
5.3 Nichts haben und nichts sein
6 Vorgehensweise
6.1 Titus
7 Daniel 9, 26
7.1 Nach den 62 Wochen
7.2 Der kommende Fürst
7.3 Das Volk eines Fürsten zerstört die Stadt
7.4 Die Stadt und das Heiligtum
7.5 Die Flut
7.6 Festbeschlossene Verwüstung bis zum Ende
8 Daniel 9, 27
8.1 Der Bund mit den vielen
8.2 Wer genau sind die vielen?
8.3 Opfer und Speisopfer
8.4 Bei den Flügeln
8.5 Der Gräuel der Verwüstung
8.6 Das endgültige Verderben
9 Die 70. Jahrwoche in der Offenbarung
10 Was nach der 70. Jahrwoche geschieht
10.1 Dem Übertreten wird gewehrt
10.2 Die Sünde wird abgetan
10.3 Die Missetat wird versöhnt
10.4 Die ewige Gerechtigkeit wird gebracht
10.5 Gesichte und Weissagungen werden versiegelt
10.6 Ein Hochheiliges wird gesalbt werden
11 Warum die 70. Jahrwoche noch nicht war
12 Warum Israel als Staat wieder entstehen musste
13 Zusammenfassung von Teil 3
Teil 4
1 Daniel 11: Ein König fehlt
1.1 Daniel 11
1.2 Die historische Abfolge der Ptolemäer und der Seleukiden
1.3 Ein siebter und ein achter König
1.4 Die biblische Zählweise der Seleukiden- Könige
1.5 Der achte König ist „von den sieben“
1.6 Die sieben Berge sind sieben Könige
1.7 Die Hure auf dem Tier
1.8 Die beiden Zeugen und die prophetischen Jahre
1.9 Ein Bund für sieben Jahre
1.10 Die Mitte der 70. Jahrwoche
1.11 Ein Ägypter wird Jerusalem erobern
1.12 Der Antichrist schlägt sein Lager zweimal auf
1.13 Zusammenfassung
Teil 5
1 Daniel 8: Das kleine Horn des Ziegenbocks
1.1 Vorbemerkungen
1.2 Daniel 8
1.3 Bibeltext
1.4 Zurück zu Daniel 8
1.5 Zusammenfassung
2 Daniel 7: Sieben Häupter und zehn Hörner
2.1 Vorbemerkungen
2.2 Bibeltext
2.3 Bibeltext
Teil 6
1 Ein Erlass ohne Rückkehr
1.1 Vorwort
1.2 Andere Berechnungen der 70 Jahrwochen
1.3 Das shuv
1.4 Vier Erlasse
1.5 Vergleichsstellen
1.6 Der genaue Inhalt der Erlasse
1.7 Ergebnis
Teil 7
1 Die Große Trübsal
1.1 Vorwort
1.2 Einführung
1.3 Divergierende Bibel-Übersetzungen
1.4 Schrittweise Anpassung d. Übersetzung
1.5 Detaillierung
1.6 Die Trübsal
1.7 Analyse und Übersetzung
1.8 Die Lösung des Problems
1.9 Die Spiegelung der Trübsals-Zeiten
2 Zusammenfassung
3 Schluss
4 Literaturverzeichnis
5 Bibliografie
6 Abbildungsverzeichnis
In diesem Teil des Buches wird gezeigt, dass das Buch Daniel an keiner Stelle das Römische Reich erwähnt. Die Deutung der beiden eisernen Beine des Standbildes Nebukadnezars auf das Römische Reich ist reine Interpretation des Bibeltextes, aber keine Auslegung. Daniel schreibt nicht von zwei Beinen, sondern von Schenkeln. Die Schenkel symbolisieren die vier Diadochen-Könige, die auf Alexander den Großen folgten. Die Zehen des Standbildes symbolisieren die Dekapolis bzw. deren endzeitliche Neuauflage.
Zum Buch Daniel sind sehr viele Auslegungen angefertigt worden. Daher gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich über Aufbau, Struktur, historischen Hintergrund und Inhalt des Buches anderweitig Informationen zu beschaffen. Dies eröffnet uns die Möglichkeit, ohne große Umschweife zum ersten Thema zu kommen: der Auslegung des Standbildes Nebukadnezars in Daniel 2. Ich selbst befasse mich seit vielen Jahren mit der Deutung des Standbilds, nicht zuletzt deshalb, weil ich mit der landläufigen Interpretation nie wirklich zufrieden war. Denn Daniel erwähnt das Römische Reich in seinem Buch an keiner Stelle und dennoch deuten so gut wie alle Ausleger die beiden eisernen Beine des Standbildes, das Nebukadnezar im Traum sieht, auf Ost- und Westrom. Aber das ist falsch und widerspricht sowohl dem Verlauf der Geschichte als auch dem Bibeltext. Das Buch Daniel bietet keinen einzigen textbezogenen Grund, zwei Beine des Standbildes auf das Römische Reich zu deuten. Diese Art der Auslegung beruht - so erstaunlich dies klingt - auf Interpretation, Überlieferung und z. T. falschen Annahmen. Dennoch deutet die gesamte, dem Verfasser bekannte, christliche und jüdische Literatur die beiden Beine des Standbildes auf Rom1.
Die Wuppertaler Studienbibel schreibt in ihren Erläuterungen zum Buch Daniel Folgendes2:
„Das „vierte Königreich“ ist Rom. So hat Jesus gedeutet, so deutete der Jude Josephus, so deutete die ganze Kirche bis zum Beginn der Neuzeit, auch Luther und Calvin. Dies allein entspricht auch dem tatsächlichen Geschichtsverlauf. Rom stimmt mit Dan. 2, 40-43 am besten zusammen. Zu Roms militärischer Entschlossenheit und Unbeugsamkeit passen „Eisen“ und „Härte“ vorzüglich. Die allmähliche, unaufhaltsame Ausbreitung, das Knicken jeden Wiederstandes beschreibt V. 40 ausgezeichnet. Nicht weniger gut passen V. 41 – 43 auf die Nachfolgestaaten des römischen Weltreiches. Sie sind zahlreich und vielfältig, wie die Zehen des Bildes. Sie haben die wechselvolle und in der Machtentfaltung schwankende Geschichte, die hier beschrieben wird. Sie sind trotz aller Freundschaft geprägt von der gemeinsamen Herkunft und Verwandtschaft, von gemeinsamer Kultur und Rechtstradition. Sie koalieren und fallen auseinander. Ja, sie sind Ergebnis einer Völkermischung und doch keine kulturell oder politisch dauerhafte Einheit. Man denke an Italien, Spanien, Frankreich, England, Deutschland, Portugal, Holland, Rumänien, später die Vereinigten Staaten und (als Nachfolger Ostroms) Russland. Bis heute beherrscht diese politisch auf Rom zurückgehende europäisch-nordatlantische Staatenwelt die Geschichte und Zivilisation der Erde.“
Das ist die übliche und am weitesten verbreitete Deutungsart Daniels. Sie wird am Ende von Teil 1 dieses Buches nochmals gesondert kommentiert.
Die vorliegende Auslegung hingegen weicht bewusst hiervon ab und deutet die eisernen Schenkel auf die Diadochen-Könige sowie die Zehen des Standbildes auf die Dekapolis. Außerdem liefert sie eine Erklärung für die beiden Füße des Standbildes, die in der bisherigen Deutung nicht berücksichtigt wurden, und sie stellt einen bislang unbekannten Bezug zur Offenbarung her. Sie orientiert sich nicht an der allgemein üblichen historischen Sicht der Abfolge der Weltreiche von Babylon bis Rom und damit an Überlieferungen, sondern am Bibeltext selbst sowie (ergänzend) nach aktuellen theologischen Erkenntnissen sowie wissenschaftlichen, archäologischen und historischen Ergänzungen, soweit dies zum Verständnis hilfreich ist.
Die hier vertretene Sicht wurde bewusst einfach formuliert, damit der Leser die Ergebnisse im Buch Daniel selbst nachvollziehen kann. Die Konsequenzen dieser Art der Auslegung des Standbildes Nebukadnezars im Buch Daniel für die Auslegung auch anderer zentraler prophetischer Texte der Bibel, sind weitreichend. Denn am Ende des dritten Teils dieses Buches wird deutlich werden, dass Paulus die Daniel-Prophetie und die Wiedergeburt Jerusalems im 1. und 2. Thessalonicher-Brief zusammenführt.
1 Diese Sicht ändert sich gegenwärtig, wenn auch langsam, denn erste Theologen befassen sich zurzeit offensichtlich eingehender mit dem Thema.
2 Wuppertaler Studienbibel, SCM R. Brockhaus, 1998, S. 133, 2. Absatz
Im Buch Daniel wird das Römische Reich NIRGENDS erwähnt
Die beiden „Beine“ des Standbildes sind in Wirklichkeit Schenkel (aram. „shoq“)
Diese Schenkel des Standbildes in Dan. 2 symbolisieren nicht das Römische Reich (Ost- und Westrom), sondern die historischen Diadochen-Reiche (Seleukus, Ptolemäus, Kassander und Lysimachus)
Die beiden Füße des Standbildes erfüllen sich durch die Wiederholung von zwei der vier historischen Diadochenreiche: den Seleukiden (Syrien) und den Ptolemäern (Ägypten) in der Endzeit
Die zehn Zehen des Standbildes symbolisieren das Wiedererstehen der historischen Dekapolis in der Endzeit
Daniel entfaltet seine Prophetie ausgehend von Babylon über Medo-Persien zu Alexander dem Großen bis hin zu den Diadochen-Königen. Von dort springt er - ohne Rom auch nur zu erwähnen - zu einer endzeitlichen, politischen Struktur, die der historischen der Seleukiden und Ptolemäer vergleichbar ist
Diese Thesen werden im Folgenden argumentiert und teilweise erweitert.
Zu Beginn soll der Bibeltext selbst stehen. Wir werden gleich noch sehen, dass viele Ausleger bei ihrer Exegese den Text der Bibel irgendwann verlassen und sich auf außerbiblische Quellen stützen. Dies verändert und verfälscht die biblische Botschaft und führt zu falschen Ergebnissen. Die vorliegende Arbeit will aber zum Text der Bibel hinführen. Deshalb ist der Text hier abgedruckt. Ihn gilt es zu beachten.
Dan. 2, 1 ff: „1 Im zweiten Jahr seiner Herrschaft hatte Nebukadnezar einen Traum, über den er so erschrak, dass er aufwachte. 2 Und der König ließ alle Zeichendeuter und Weisen und Zauberer und Wahrsager zusammenrufen, dass sie ihm seinen Traum sagen sollten. Und sie kamen und traten vor den König. 3 Und der König sprach zu ihnen: Ich hab einen Traum gehabt; der hat mich erschreckt, und ich wollte gerne wissen, was es mit dem Traum gewesen ist. 4 Da sprachen die Wahrsager zum König auf Aramäisch: Der König lebe ewig! Sage deinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten. 5 Der König antwortete und sprach zu den Wahrsagern: Mein Wort ist deutlich genug. Werdet ihr mir nun den Traum nicht kundtun und deuten, so sollt ihr in Stücke gehauen und eure Häuser sollen zu Schutthaufen gemacht werden. 6 Werdet ihr mir aber den Traum kundtun und deuten, so sollt ihr Geschenke, Gaben und große Ehre von mir empfangen. Darum sagt mir den Traum und seine Deutung. 7 Sie antworteten noch einmal und sprachen: Der König sage seinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten. 8 Der König antwortete und sprach: Wahrlich, ich merke, dass ihr Zeit gewinnen wollt, weil ihr seht, dass mein Wort deutlich genug ist. 9 Aber werdet ihr mir den Traum nicht sagen, so ergeht ein Urteil über euch alle, weil ihr euch vorgenommen habt, Lug und Trug vor mir zu reden, bis die Zeiten sich ändern. Darum sagt mir den Traum; so kann ich merken, dass ihr auch die Deutung trefft. 10 Da antworteten die Wahrsager vor dem König und sprachen zu ihm: Es ist kein Mensch auf Erden, der sagen könnte, was der König fordert. Ebenso gibt es auch keinen König, wie groß oder mächtig er sei, der solches von irgendeinem Zeichendeuter, Weisen oder Wahrsager fordern würde. 11 Denn was der König fordert, ist zu hoch, und es gibt auch sonst niemand, der es vor dem König sagen könnte, ausgenommen die Götter, die nicht bei den Menschen wohnen. 12 Da wurde der König sehr zornig und befahl, alle Weisen von Babel umzubringen. 13 Und das Urteil ging aus, dass man die Weisen töten sollte. Auch Daniel und seine Gefährten suchte man, um sie zu töten. 14 Da wandte sich Daniel klug und verständig an Arjoch, den Obersten der Leibwache des Königs, der auszog, um die Weisen von Babel zu töten. 15 Und er fing an und sprach zu Arjoch, dem der König Vollmacht gegeben hatte: Warum ist ein so strenges Urteil vom König ergangen? Und Arjoch teilte es Daniel mit. 16 Da ging Daniel hinein und bat den König, ihm eine Frist zu geben, damit er die Deutung dem König sagen könne. 17 Und Daniel ging heim und teilte es seinen Gefährten Hananja, Mischaël und Asarja mit, 18 damit sie den Gott des Himmels um Gnade bäten wegen dieses Geheimnisses und Daniel und seine Gefährten nicht samt den andern Weisen von Babel umkämen. 19 Da wurde Daniel dies Geheimnis durch ein Gesicht in der Nacht offenbart. Und Daniel lobte den Gott des Himmels, 20 fing an und sprach: Gelobet sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit, denn ihm gehören Weisheit und Stärke! 21 Er ändert Zeit und Stunde; er setzt Könige ab und setzt Könige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand, 22 er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiß, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist lauter Licht. 23 Ich danke dir und lobe dich, Gott meiner Väter, dass du mir Weisheit und Stärke verliehen und jetzt offenbart hast, was wir von dir erbeten haben; denn du hast uns des Königs Sache offenbart. 24 Da ging Daniel hinein zu Arjoch, der vom König Befehl hatte, die Weisen von Babel umzubringen, und sprach zu ihm: Du sollst die Weisen von Babel nicht umbringen, sondern führe mich hinein zum König, ich will dem König die Deutung sagen. 25 Arjoch brachte Daniel eilends hinein vor den König und sprach zu ihm: Ich habe einen Mann gefunden unter den Gefangenen aus Juda, der dem König die Deutung sagen kann. 26 Der König antwortete und sprach zu Daniel, den sie Beltschazar nannten: Bist du es, der mir den Traum, den ich gesehen habe, und seine Deutung kundtun kann? 27 Daniel fing an vor dem König und sprach: Das Geheimnis, nach dem der König fragt, vermögen die Weisen, Gelehrten, Zeichendeuter und Wahrsager dem König nicht zu sagen. 28 Aber es ist ein Gott im Himmel, der kann Geheimnisse offenbaren. Der hat dem König Nebukadnezar kundgetan, was in künftigen Zeiten geschehen soll. Mit deinem Traum und deinen Gesichten, als du schliefst, verhielt es sich so: 29 Du, König, dachtest auf deinem Bett, was dereinst geschehen würde; und der, der Geheimnisse offenbart, hat dir kundgetan, was geschehen wird. 30 Mir aber ist dies Geheimnis offenbart worden, nicht als wäre meine Weisheit größer als die Weisheit aller, die da leben, sondern damit dem König die Deutung kundwürde und du deines Herzens Gedanken erführest. 31 Du, König, hattest einen Traum, und siehe, ein großes und hohes und hell glänzendes Bild stand vor dir, das war schrecklich anzusehen. 32 Das Haupt dieses Bildes war von feinem Gold, seine Brust und seine Arme waren von Silber, sein Bauch und seine Lenden waren von Kupfer, 33 seine Schenkel waren von Eisen, seine Füße waren teils von Eisen und teils von Ton. 34 Das sahst du, bis ein Stein herunterkam, ohne Zutun von Menschenhänden; der traf das Bild an seinen Füßen, die von Eisen und Ton waren, und zermalmte sie. 35 Da wurden miteinander zermalmt Eisen, Ton, Kupfer, Silber und Gold und wurden wie Spreu auf der Sommertenne, und der Wind verwehte sie, dass man sie nirgends mehr finden konnte. Der Stein aber, der das Bild zerschlug, wurde zu einem großen Berg, sodass er die ganze Welt füllte. 36 Das ist der Traum. Nun wollen wir die Deutung vor dem König sagen. 37 Du, König, bist ein König aller Könige, dem der Gott des Himmels Königreich, Macht, Stärke und Ehre gegeben hat 38 und dem er alle Länder, in denen Leute wohnen, dazu die Tiere auf dem Felde und die Vögel unter dem Himmel in die Hände gegeben und dem er über alles Gewalt verliehen hat. Du bist das goldene Haupt. 39 Nach dir wird ein anderes Königreich aufkommen, geringer als deines, danach das dritte Königreich, das aus Kupfer ist und über alle Länder herrschen wird. 40 Und das vierte wird hart sein wie Eisen; denn wie Eisen alles zermalmt und zerschlägt, ja, wie Eisen alles zerbricht, so wird es auch alles zermalmen und zerbrechen. 41 Dass du aber die Füße und Zehen teils von Ton und teils von Eisen gesehen hast, bedeutet: Das wird ein zerteiltes Königreich sein; doch wird etwas von des Eisens Härte darin bleiben, wie du ja gesehen hast Eisen mit Ton vermengt. 42 Und dass die Zehen an seinen Füßen teils von Eisen und teils von Ton sind, bedeutet: Zum Teil wird's ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein. 43 Und dass du gesehen hast Eisen mit Ton vermengt, bedeutet: Sie werden sich zwar durch Heiraten miteinander vermischen, aber sie werden doch nicht aneinander festhalten, so wie sich Eisen mit Ton nicht mengen lässt. 44 Aber zur Zeit dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird; und sein Reich wird auf kein anderes Volk kommen. Es wird alle diese Königreiche zermalmen und zerstören; aber es selbst wird ewig bleiben, 45 wie du ja gesehen hast, dass ein Stein ohne Zutun von Menschenhänden vom Berg herunterkam, der Eisen, Kupfer, Ton, Silber und Gold zermalmte. So hat der große Gott dem König kundgetan, was dereinst geschehen wird. Der Traum ist zuverlässig und die Deutung ist richtig. 46 Da fiel der König Nebukadnezar auf sein Angesicht und warf sich nieder vor Daniel und befahl, man sollte ihm Speisopfer und Räucheropfer darbringen. 47 Und der König antwortete Daniel und sprach: Es ist kein Zweifel, euer Gott ist ein Gott über alle Götter und ein Herr über alle Könige, der Geheimnisse offenbaren kann, wie du dies Geheimnis hast offenbaren können. 48 Und der König erhöhte Daniel und gab ihm große und viele Geschenke und machte ihn zum Fürsten über das ganze Land Babel und setzte ihn zum Obersten über alle Weisen in Babel. 49 Und Daniel bat den König, über die einzelnen Bezirke im Lande Babel Schadrach, Meschach und Abed-Nego zu setzen. Daniel aber blieb am Hof des Königs.“
Abbildung 1: Das Standbild Daniels
So, wie hier abgebildet, wird im Allgemeinen das Standbild Nebukadnezars erklärt. Das goldene Haupt steht symbolisch für Babylon. Die silberne Brust und die beiden Arme symbolisieren das Doppelreich Medo-Persien. Der Bauch und die Lenden aus Bronze stehen angeblich für Griechenland. Die zwei Beine sollen Ost- und West-Rom symbolisieren. Die zehn Zehen sollen zehn moderne, europäische Staaten darstellen, die in unserer Zeit angeblich wieder auftreten oder bereits aufgetreten sind. Aber zumindest die Deutung der Zehen auf Europa hin ist problematisch, denn die Zahl der Mitgliedstaaten der EU ist mittlerweile auf derzeit 27 angestiegen, was diese Art der Auslegung als unhaltbar deklassiert. Manche, die dennoch unbeirrbar an der traditionellen Auslegung festhalten, erwarten ein Auseinanderbrechen der EU, sodass doch noch ein Bund aus 10 Staaten entstehen könnte. Andere entwickeln neue Theorien, weil sie diese der sich ständig wandelnden Weltgeschichte immer aufs Neue anpassen müssen: Sie vermuten die zehn Zehen z. B. in 10 Staatenblöcken, die eine Weltregierung bilden könnten. Dabei werden die EU, die OPEC, die Contadora-Staaten3, zentralafrikanische Staaten, die UNO, usw. bemüht und so verliert man sich immer tiefer in Vermutungen und Spekulationen und entfernt sich mehr und mehr vom Bibeltext. Die immer aufs Neue angepassten und korrigierten Interpretationen ermüden und verunsichern die Zuhörer und machen sie unempfänglich für die eigentliche biblische Botschaft. Es erinnert ein wenig an die Fabel, in der einige Schafe einer Herde aus Übermut immer wieder riefen: „Der Wolf kommt, der Wolf kommt.“ Anfangs erschreckte sich die Herde noch, bis sie sich schließlich an den dummen Scherz gewöhnte und ihn nicht mehr ernst nahm. Als dann der Wolf tatsächlich kam, hörte keines der Schafe mehr auf die Warnung.
Aber zurück zum Standbild. Die bisherige, allgemein anerkannte Reihenfolge der Weltreiche in Daniel ist diese:
Kopf:
Babylon
Brust und Arme:
Medo-Persien
Bauch und Lenden:
Griechenland
Zwei Beine:
Ost- und West-Rom
Zehn Zehen:
Europa
Bei dieser Art der Deutung zweier eiserner Beine auf das Römische Reich hin ergibt sich neben dem bereits genannten ein weiteres Problem, denn ausnahmslos alle im Standbild erwähnten Weltreiche lagen im Nahen Osten. Das Römische Reich lag aber mit seinem geografischen Schwerpunkt tausende Kilometer westlich davon. Schauen wir uns das im Detail an.
Das babylonische Weltreich lag im Vorderen Orient:
Abbildung 2: Das Babylonische Reich
Gleiches gilt für Medo-Persien:
Abbildung 3: Das Medo-Persische Reich
Das Reich Alexanders des Großen lag schwerpunktmäßig ebenfalls im Vorderen Orient:
Abbildung 4: Das Reich Alexanders des Großen
Aber der geografische Schwerpunkt des Römischen Weltreichs lag in Europa und damit 2.500 km westlich und zudem in einem anderen Erdteil:
Abbildung 5: Das Römische Reich
Abbildung 6: Das Standbild fällt
Wenn die beiden eisernen Beine des Standbildes auf das Römische Reich gedeutet werden, werden in dieser Art der Auslegung die Beine gleichsam 2.500 km nach Westen verschoben, während Kopf und Rumpf im Vorderen Orient verortet sind. Dann kann das Standbild aber nicht stehen. Es fällt um! Die beiden Beine müssen also in den Vorderen Orient „verschoben“ werden. Natürlich ist das ein schlichtes Bild für einen komplizierten Sachverhalt, aber es veranschaulicht sehr gut, was in den gängigen Deutungen falsch gemacht wird. Es ist also gar nicht so sicher, dass die beiden Beine für das Römische Reich stehen. Wir werden gleich noch weitere Gründe hierfür finden. Unsere Liste der Weltreiche sieht nun so aus:
Kopf:
Babylon
Brust und Arme:
Medo-Persien
Bauch und Lenden:
Griechenland
Zwei Beine:
???
Zehn Zehen:
Europa
Die allermeisten Ausleger deuten Bauch und Lenden aus Bronze auf Griechenland. Das stimmt aber so nicht ganz. Genau gesagt ist es das Reich Alexanders des Großen. Er wird in Daniel 8, 21 als der „König von Griechenland“ bezeichnet. Aber sein Reich war sehr viel größer als das Staatsgebiet Griechenlands, denn der griechische König Alexander der Große hatte ein Reich erobert, das bis an den Indus reichte. Wahrscheinlich ist es sprachlicher Ungenauigkeit anzulasten, wenn hier verkürzend und damit verfälschend lediglich von Griechenland gesprochen wird. Tatsächlich handelt es sich laut Bibeltext um „das Reich des Königs von Griechenland“. Deshalb müssen wir unsere Liste erneut ändern:
Kopf:
Babylon
Brust und Arme:
Medo-Persien
Bauch und Lenden:
Alexander der Große
Zwei Beine:
???
Zehn Zehen:
Europa
Oben haben wir festgestellt, dass die beiden Beine nicht Ost- und Westrom sein können. Wenn aber die beiden Beine nicht für das Römische Reich stehen, dann können die zehn Zehen auch nicht Europa symbolisieren. Und das wiederum führt dann zu folgender, erneut abgeänderter Liste:
Kopf:
Babylon
Brust und Arme:
Medo-Persien
Bauch und Lenden:
Alexander der Große
Zwei Beine:
???
Zehn Zehen:
???
Wir sehen also, dass die uns bekannte Liste der Weltreiche ziemlich gelitten hat. Außer Babylon und Medo-Persien konnte keine Position aufrechterhalten bleiben. Die Bedeutung von Bauch, Beinen, Füßen und Zehen wird also noch zu erarbeiten sein.
Oben haben wir in aller Kürze anhand des Standbildes dargestellt, dass die beiden Beine nicht das Römische Reich symbolisieren können, weil das Standbild sonst umfällt. Natürlich ist das nur ein Bild, und manchem wird diese Art der Begründung nicht ausreichen. Aber es gibt weitere, sehr starke Gründe für diese andere Sicht. Denn trotz der weit verbreiteten Interpretation von zwei eisernen Beinen auf das Römische Reich hin bleibt eines ganz klar zu konstatieren: Im ganzen Buch Daniel wird das Römische Reich nicht ein einziges Mal erwähnt. Auslegungen, die die Beine auf das Römische Reich deuten, können sich auf keine einzige Stelle im Text des Propheten Daniel berufen. Das ist zunächst einmal der rein textliche Befund, der später noch genauer nachgewiesen werden wird. das Römische Reich wird im Propheten Daniel nicht nur nicht genannt, sondern nicht einmal umschrieben. Dieser Tatbestand ist nun durchaus imstande, der bisher üblichen Deutung des Standbildes jeglichen Boden zu entziehen!
Manche Ausleger begründen ihre Sicht mit dem Hinweis, dass das Römische Reich schon im 1. Jahrhundert n. Chr. allgemein für die Bedeutung der beiden Beine akzeptiert war. Diese Begründung stützt sich damit aber auf die jüdische und urchristliche Überlieferung und damit auf eine außerbiblische Quelle, frei nach dem Motto: Das wurde schon immer so gemacht. Die Auslegung der beiden Beine auf das Römische Reich hat also lange Tradition und in Ermangelung einer besseren Lösung wird sie bis heute allgemein repetiert. Der Hinweis auf die Auslegungstradition zeigt deutlich, dass den Auslegern offensichtlich keine anderen innerbiblischen Belege zur Verfügung stehen, insbesondere keine aus dem Propheten Daniel, denn andernfalls würden sie diese sicherlich zitieren.
Warum aber hält sich diese Art der Deutung im Christentum und im Judentum so hartnäckig? Einer der Gründe ist der, dass nach allgemeiner Auffassung auf das Weltreich Alexander des Großen das Römische Weltreich folgte. Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber dennoch stark vereinfacht und gilt ganz besonders nicht für die Prophetie Daniels. Denn nach Alexander dem Großen folgte erst einmal die Herrschaftsperiode seiner vier Generäle, der Diadochen-Könige. Deren Herrschaft begann ungefähr um das Jahr 322 v. Chr. mit den Ptolemäern und endete 64/63 v. Chr. bzw. 30 v. Chr., denn die Reste des Seleukidenreichs in Syrien und Ägypten wurden zu römischen Provinzen. Daniel beendet aber seine Prophetie zeitlich schon im Jahr 168 v. Chr. mit dem Tag von Eleusis (s.u.). Hier wird also klar, dass auf Griechenland nicht das Römische Reich folgte, sondern die Diadochen-Reiche. Das muss jetzt natürlich exakt argumentiert werden und dazu zählen wir im folgenden Kapitel diejenigen Weltreiche auf, die tatsächlich im Propheten Daniel erwähnt werden.
Für das Verständnis des Propheten Daniel ist es zunächst wichtig festzustellen, welche Weltreiche oder welche Herrscher dort überhaupt Erwähnung finden. Auch hierzu erstellen wir eine Liste.
Namentliche Erwähnung:
Babylon
Medien, Persien und Medo-Persien
der König von Griechenland (Alexander der Große)
Inhaltliche Erwähnung:
Die Diadochen, speziell die Seleukiden und die Ptolemäer (nicht namentlich, aber in größter Detailliertheit und Genauigkeit in Daniel 11 und 12)
Außerdem werden – allerdings in untergeordneter Bedeutung und nicht im Zusammenhang mit dem Standbild – folgende Reiche wörtlich erwähnt:
Kittim, das ist Zypern (Dan. 11, 30)
Edom, Moab und Ammon (Dan. 11, 41)
Ägypten, Libyen, Kush
4
(Dan. 11, 43)
Zudem werden in Dan. 11, 18 Lucius Cornelius Scipio Asiaticus5 und in Dan. 11, 30 Gaius Popillius Laenas6 erwähnt, allerdings indirekt und ohne namentliche Nennung. Manche Ausleger führen diese beiden Verse an, um ihre Deutung der beiden Beine auf das Römische Reich zu begründen. Allerdings handelt es sich hier lediglich um Feldherren bzw. hohe Regierungsmitglieder Roms, die allerdings im Buch Daniel auch nur insoweit Erwähnung finden, wie sie Einfluss auf die Geschicke der Diadochen, hier der Seleukiden, haben. Andere (Welt-)Reiche werden in Daniel nicht erwähnt.
Wenn aber das Römische Reich weder erwähnt noch umschrieben wird, warum legen dennoch fast alle die beiden Beine des Standbildes auf das Römische Reich aus? Der Grund hierfür liegt darin, dass die Ausleger die Herrschaftsepoche der Diadochen, die immerhin anderthalb Jahrhunderte dauerte, überspringen und gleich zum Römischen Reich übergehen. Sie verlassen damit aber den Bibeltext, verkürzen die Geschichte um die Herrschaftsepoche der Diadochen und folgen stattdessen der Sicht der Historiker und der Tradition. Es drängt sich der Eindruck auf, als ob man eigentlich ganz froh ist, dass die beiden Beine offensichtlich so leicht auf Ost- und Westrom zu deuten sind. Der Text im Propheten Daniel (und darum geht es uns ja in erster Linie) konzentriert sich aber auf eine ganz andere Epoche. Er führt seine Prophetie nicht nach Rom, sondern zu den Diadochen und schließlich zu den Seleukiden, bzw. genauer: zu Antiochus IV. Epiphanes in Kapitel 117. Dort endet Daniel. Er führt seine prophetische Sicht nicht weiter bis ins Römische Reich. Er erwähnt das Römische Reich nicht einmal mehr. Sogar die seleukidischen Nachfolger von Antiochus IV. Epiphanes lässt Daniel aus. Laut Daniel ist die Abfolge der Weltreiche wie folgt:
Kopf:
Babylon
Brust und Arme:
Medo-Persien
Bauch und Lenden:
Alexander der Große
Zwei Beine:
die Diadochen
Zehn Zehen:
???
Wir sehen später, dass es sich bei genauerer Betrachtung gar nicht um zwei Beine, sondern um vier Schenkel handelt. Aber dazu gleich mehr.
Natürlich handeln die Evangelien und die sich daran anschließenden Bücher des Neuen Testaments zur Zeit des Römischen Reiches. Daniel selbst erwähnt dieses Römische Reich aber dennoch nicht, obwohl das Römische Reich bereits zur Zeit von Antiochus III. im Jahr 188 v. Chr. stark genug war, ihn im Frieden von Apameia weitgehend zu entwaffnen und zu hohen Reparationszahlungen zu verpflichten8. Es gäbe also durchaus Gründe für Daniel, das Römische Reich als politische Großmacht zu erwähnen. Aber er zeigt durch die hartnäckige Auslassung Roms deutlich, dass seine Sicht nicht auf das Römische Reich fokussiert, sondern auf die Diadochen-Könige und deren Dynastien9, die in aller epischen Breite in Daniel 11 aufgezählt und in größter Detailtreue beschrieben werden. Daniel 8 beispielsweise belegt das sehr deutlich, denn dieses Kapitel zeichnet eine durchgängige Linie von Alexander dem Großen über die Diadochen und die Seleukiden bis zum Kleinen Horn, dem Antichristen; also bis in die Endzeit, ohne das Römische Reich auch nur zu streifen (Dan. 8):
„1 Im dritten Jahr der Herrschaft des Königs Belsazar erschien mir, Daniel, ein Gesicht, nach jenem, das mir zuerst erschienen war. 2 Ich hatte ein Gesicht und während meines Gesichtes war ich in der Festung Susa im Lande Elam am Fluss Ulai. 3 Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, ein Widder [Medo-Persien] stand vor dem Fluss, der hatte zwei hohe Hörner [Medien und Persien], doch eins [Persien] höher als das andere [Medien], und das höhere [Persien] war später hervorgewachsen. 4 Ich sah, dass der Widder mit den Hörnern stieß nach Westen, nach Norden und nach Süden hin. Und kein Tier konnte vor ihm bestehen und vor seiner Gewalt errettet werden, sondern er tat, was er wollte, und wurde groß. 5 Und indem ich darauf Acht hatte, siehe, da kam ein Ziegenbock [der König von Griechenland, vgl. Vers 21] vom Westen her über die ganze Erde, ohne den Boden zu berühren, und der Bock [der König von Griechenland] hatte ein ansehnliches Horn [Alexander der Große] zwischen seinen Augen. 6 Und er kam bis zu dem Widder [Medo-Persien], der zwei Hörner [Medien und Persien] hatte, den ich vor dem Fluss stehen sah, und er lief in gewaltigem Zorn auf ihn zu. 7 Und ich sah, dass er nahe an den Widder herankam, und voller Grimm stieß er den Widder und zerbrach ihm seine beiden Hörner. Und der Widder hatte keine Kraft, dass er vor ihm hätte bestehen können, sondern der Bock warf ihn zu Boden und zertrat ihn, und niemand konnte den Widder von seiner Gewalt erretten. 8 Und der Ziegenbock wurde sehr groß. Und als er am stärksten geworden war, zerbrach das große Horn [Alexander der Große], und es wuchsen an seiner Stelle vier andere Hörner [die 4 Generäle Alexanders, die als Nachfolger Alexanders nach dessen Tode aus seinem Reich die Diadochen-Reiche gründeten] nach den vier Winden des Himmels hin. 9 Und aus einem von ihnen [aus dem Horn der Seleukiden] wuchs10 ein kleines Horn [der Antichristus]; das wurde sehr groß nach Süden [nach Ägypten], nach Osten [bis an den Indus] und nach dem herrlichen Land [nach Israel] hin. 10 Und es wuchs11 bis an das Heer des Himmels und warf einige von dem Heer und von den Sternen zur Erde und zertrat sie. 11 Ja, es wuchs bis zum Fürsten des Heeres [Christus] und nahm ihm das tägliche Opfer weg [bei der Eroberung Jerusalems] und verwüstete die Wohnung seines Heiligtums [Jerusalem, der „Tempel“]. 12 Und es wurde Frevel an dem täglichen Opfer verübt [er tötet die beiden Zeugen in Jerusalem, im „Tempel“], und das Horn warf die Wahrheit zu Boden. Und was es tat, gelang ihm. [vgl.: Dan. 11, 36]12 13 Ich hörte aber einen Heiligen reden, und ein anderer Heiliger sprach zu dem, der da redete: Wie lange gilt dies Gesicht vom täglichen Opfer [in Jerusalem] und vom verwüstenden Frevel [in Jerusalem] und vom Heiligtum, das zertreten wird? [die kultische Verunreinigung der Stadt]13 14 Und er antwortete mir: Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; Dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden. …“
Dieses Gesicht ist sehr wichtig, um die vorliegende Argumentation weiter zu belegen und zu bekräftigen: Daniel weissagt von einem Ziegenbock, der gegen einen Widder ankämpft. Der Ziegenbock, so sagt der Text in Vers 21, ist der König von Griechenland. Das große Horn ist mithin der erste König: Alexander der Große. Denn das große Horn des Ziegenbocks (Alexander) zerbricht und stattdessen wachsen vier kleinere Hörner (die Diadochen). Aus einem der vier Hörner (nämlich aus dem der Seleukiden) wächst dann das Kleine Horn, das am Ende der Zeit aufkommt und dem gelingen wird, was es will, denn es wird Ägypten erobern. Es wird das tägliche Opfer im Tempel wegnehmen und Gottes Heiligtum (Jerusalem) verwüsten.
Die Weissagung in Dan. 8 geht also tatsächlich lückenlos (!) von Alexander dem Großen über die Diadochen zu dem Kleinen Horn (Dan. 8, 25) und bis zur Wiederkunft Jesu Christi. Das Römische Reich wird hier, wie schon gesagt, überhaupt nicht erwähnt, was bei der Auslegung Daniels unbedingt zu beachten ist. Daniel zeigt in Kap. 8 also auffällig deutlich, dass auf Alexander den Großen die Diadochen folgten und nicht das Römische Reich. Eine Vorerfüllung der Prophetie von Dan. 8 geschah durch den historischen Antiochus IV. Epiphanes. Die vollständige Erfüllung dieses Gesichts aber war lange verborgen und es war von Daniel aus gesehen auch noch eine lange Zeit bis zu seiner Enderfüllung (Dan. 8, 26). Denn zu der Zeit, wenn dies alles geschieht, wird das Heiligtum wieder geweiht (V. 14) und das kleine Horn wird ohne Hände zerbrochen werden (V. 25). Dieses Gesicht reicht also zeitlich bis in die letzte Endzeit und bis zur Wiederkunft Jesu Christi, ohne dass das Römische Reich hierin eine Rolle spielt. Im Gegenteil: Es wird eine Wiederholung Griechenlands vorhergesagt. Dan. 8, 22 f.:
„22 Daß aber vier an seiner [Alexanders des Großen] Statt standen, da es zerbrochen war, bedeutet, daß vier Königreiche [Diadochen] aus dem Volk entstehen werden, aber nicht so mächtig, wie er war. 23 In der letzten (!) Zeit ihres (!) Königreiches, wenn die Übertreter überhandnehmen, wird aufkommen ein frecher und tückischer König.“
Aus Dan. 8 und insbesondere aus Dan. 11 (wie wir noch sehen werden) kann eindeutig geschlossen werden, dass der Endzeit-König, der Antichrist, ein Neo-Seleukide sein wird und eben kein Römer. Man müsste das Römische Reich geradezu in den Text hineinzwängen, wollte man den Text in Richtung Rom und Europa deuten.
3 Mexiko, Panama, Kolumbien und Venezuela
4 D.i. Äthiopien
5 „Aber ein Fürst wird ihn lehren aufhören mit Schmähen, daß er nicht mehr schmähe.“ - Das war Lucius Cornelius Scipio Asiaticus, ein römischer Feldherr und Konsul, der Antiochus II. in der Schlacht bei Magnesia besiegte (s.u.).
6 Dan. 11, 30a: „Denn es werden Schiffe aus Chittim wider ihn kommen, daß er verzagen wird und umkehren muß.“ - Auf einem dieser Schiffe aus Chittim befand sich lt. Geschichtsschreibung Gaius Popillius Laenas.
7 Daniels Prophetie endet mehr oder weniger mit dem Tag von Eleusis im Jahr 168 v. Chr. (s. Dan. 11, 30).
8 Wikipedia: „Der Friede von Apameia war ein in der kleinasiatischen Ortschaft Apameia Kibotos 188 v. Chr. geschlossener Friede zwischen der Römischen Republik und dem Seleukidenreich. Dem Frieden ging die Schlacht bei Magnesia 190 v. Chr. voraus, in der die Römer unter den Feldherren Lucius Cornelius Scipio, später Scipio Asiaticus genannt, und Publius Cornelius Scipio Africanus mit den verbündeten Truppen aus Pergamon über den Seleukidenkönig Antiochos III. siegten. In diesem Frieden verpflichtete sich König Antiochos III., 12.000 Talente in 12 Jahresraten an die Römer zu zahlen, außerdem die Kriegsschiffe bis auf 10 auszuliefern. Der kleinasiatische Besitz fiel an die römischen Verbündeten in Asien, Rhodos und Pergamon, die als asiatische Mittelstaaten zu Gegenspielern des Seleukidenreichs aufgebaut wurden. Der Frieden von Apameia bedeutete den Aufstieg Roms zur bestimmenden Macht im östlichen Mittelmeer. Die Bestimmungen des Friedensvertrages sind bei Polybios (Polybios 21, 42, 1–27) und bei Livius (Livius 38, 38) überliefert.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/ Friede_von_Apameia, Abfragedatum: 02.05.2017)
9 Eigentlich existierten die Diadochen und das Römische Reich Jahrhunderte nebeneinander. Die Blütezeit Roms war im 1. Jhdt. n. Chr. Aber weder das Auftreten noch die Blütezeit Roms werden in Daniel beschrieben. Daniel überspringt in seiner Prophetie das Römische Reich komplett. Er zielt mit seiner Prophetie auf die Endzeit, ohne Rom auch nur zu erwähnen. Nach danielischer Sicht wird in der Endzeit eine andere Struktur auftreten: Die der historischen Seleukiden und der Ptolemäer wird sich wiederholen. Nicht die eines wiedererstehenden römischen Reichs in Form von zehn europäischen Staaten.
10 Das hat bereits der historische Antiochus getan, kann aber gleichzeitig auch schon auf den Antichristen hinweisen.
11 Auch das hat bereits der historische Antiochus getan, kann aber wiederum auch schon auf den Antichristen deuten.
12 Hier ist ein sehr starker Hinweis auf die letzte Zeit. Denn diese Formulierung ist die Gleiche wie in Dan. 11, 36. Spätestens ab hier handelt es sich um den Antichristen.
13 Diese Auflistung ist nur sehr schwer zu verstehen und setzt die Kenntnis voraus, dass Jerusalem am Ende der Zeit durch Krieg und Belagerung in „Wehen“ und zum Glauben an Jesus Christus kommt. Siehe dazu das Buch: „Die Wiedergeburt Jerusalems“, Achim Klein, bod, 2016. Eine detaillierte Erklärung der Verse sprengt den hier vorgegebenen Rahmen. Die o.g. Anm. zu den Versen soll vorerst genügen, da sie unser Thema nur streifen.
Der Grund und gleichzeitige Fehler, warum man überhaupt auf die Idee kommt, das Römische Reich für die beiden Beine einzusetzen ist der, dass man nicht mehr dem Text des Propheten Daniel, sondern in unzulässiger Weise der Tradition folgt. Man argumentiert hier, dass es zur Zeit des Apostels Johannes, als dem Autor der Offenbarung, im 1. Jhdt. n. Chr. eindeutig gewesen wäre, dass mit den beiden Beinen Ostund Westrom gemeint sei. Diese Begründung stammt aber ebenfalls nicht aus der Bibel oder aus Daniel, sondern ist lediglich Überlieferung. Das ist ein nicht zu unterschätzender Schwachpunkt in der Argumentation der Ausleger.
Ich möchte noch weitergehen: Diese Art der Auslegung oder eigentlich der „Spekulation“ über prophetische Aussagen schadet der Bibel, weil sie sich auf außerbiblische Quellen gründet, zu vielen unbiblischen Schlussfolgerung und falschen Ergebnissen führt und ständig nachgebessert werden musste und muss. Die Fehlinterpretationen (und mehr als Interpretation ist es nicht) auf das Römische Reich ist für die Auslegung Daniels fatal und ein in seiner Tragweite auch für die Auslegung anderer Bibeltexte nicht zu unterschätzender Fehler.
Wenden wir uns also jetzt von Rom ab und den Diadochen zu. Wer genau waren die Diadochen? Woher stammten sie und was ist aus ihnen geworden? Gibt es vielleicht weitere Hinweise auf sie im Standbild, die bislang unberücksichtigt geblieben sind? Und was passiert eigentlich, wenn man die „Beine“ des Standbilds von Italien in den Vorderen Orient verschiebt?
Alexander der Große starb im Jahr 323 v. Chr. und hatte keine Erben. Er hatte eine persische Prinzessin geheiratet, die von ihm schwanger war. Nach Alexanders Tod gebar sie einen Sohn14, war aber nicht in der Lage, sein Reich zusammenzuhalten und weiter zu regieren. Sie musste fliehen und wurde später mit ihrem Kind ermordet15. Nach Alexanders Tod teilten zunächst fünf, später dann vier seiner Generäle sein Reich unter sich auf.
Diese vier Generäle waren die sogenannten Diadochen16:
Lysimachus
Kassander
Ptolemäus
Seleukus
Abbildung 7: Die Diadochen-Reiche
Captain_Blood - Eigenes Werk; Kingdoms of the Diadochi in 301 BC and 200 BC. Historical Atlas by William R. Shepherd, 1911. Courtesy of the University of Texas Libraries, The University of Texas at Austin. CC BY - SA 3.0
Dan. 11, 3f. beschreibt dies so:
„Danach wird ein mächtiger König aufstehen [Alexander d. Gr.] und mit großer Macht herrschen, und was er will, wird er ausrichten. Aber wenn er emporgekommen ist, wird sein Reich zerbrechen und in die vier Winde [auf seine vier Generäle] des Himmels zerteilt werden, nicht auf seine Nachkommen, auch nicht mit solcher Macht, wie er sie hatte; denn sein Reich wird zerstört und Fremden [seinen Generälen] zuteilwerden.“
Daniel 7, 6 erwähnt ebenfalls die vier Diadochen:
„Danach sah ich, und siehe, ein anderes Tier, gleich einem Panther [Alexander der Große], das hatte vier Flügel wie ein Vogel auf seinem Rücken und das Tier hatte vier Köpfe [die Diadochen], und ihm wurde große Macht gegeben.“
In Dan. 8, 8 (s. o.) finden wir ebenfalls deutliche Hinweise auf die vier Diadochen:
„Und der Ziegenbock wurde sehr groß. Und als er am stärksten geworden war, zerbrach das große Horn, und es wuchsen an seiner Stelle vier andere Hörner [die vier Generäle – die Diadochen] nach den vier Winden des Himmels hin.“
Wir sehen später, dass auch im Standbild die vier Diadochen zu finden sind, denn (wie schon gesagt) handelt es sich nicht um 2 Beine, sondern um 4 Schenkel, ein Hinweis auf die 4 Diadochen-Könige.
Die o. g. vier Generäle bemächtigten sich also des Alexandrinischen Reiches. Zunächst gab es wechselnde politische Koalitionen und Konstellationen unter ihnen, bis sich schließlich Lysimachus, Kassander, Ptolemäus und Seleukus durch setzten. Jeder von ihnen nahm für sich in Anspruch, rechtmäßiger Nachfolger Alexanders zu sein. Den Beweis hierfür konnte aber nur der antreten, der die drei anderen besiegen und so das ganze Reich Alexanders auf sich vereinen würde. Die beiden Diadochen-Könige Lysimachus und Kassander waren mehr oder weniger bedeutungslos, weil zu schwach. Ptolemäus und Seleukus hingegen waren die beiden wichtigen Diadochen-Könige (siehe Karte auf S. 39). Ihre beiden Dynastien und deren gegenseitige Kriege werden folgerichtig in Daniel 11 in höchster Ausführlichkeit und außergewöhnlicher Detailtreue beschrieben. Hier die Abfolge der Ptolemäer-Könige, die in Daniel erwähnt werden17:
323-285
1. Ptolemäus I. Soter
285-247
2. Ptolemäus II. Philadelphus
247-222
3. Ptolemäus III. Euergetes
222-205
4. Ptolemäus IV. Philopator
205-182
5. Ptolemäus V. Epiphanes
182-145
6. Ptolemäus VI. Philometor
Die Abfolge der Seleukiden-Könige, die Daniel in Kapitel 11 ganz besonders beschäftigt, war folgendermaßen18:
312-281
1. Seleukus I. Nikator
281-261
2. Antiochus I. Soter
261-246
3. Antiochus II. Theos
246-226
4. Seleukus II. Kallinikus
226-223
5. Seleukus III. Soter
223-187
6. Antiochus III. der Große
187-175
7. Seleukus IV. Philopator
175-164
8. Antiochus IV. Epiphanes
Die Seleukiden besaßen während ihrer größten Ausdehnung ein Gebiet, das ungefähr dem heutigen Syrien entspricht und sich zudem über Teile der heutigen Türkei, den Irak und Iran und bis zum Indus erstreckte. Die Ptolemäer hingegen regierten mehr oder weniger in dem Gebiet des heutigen Ägypten. Die Seleukiden und die Ptolemäer kämpften über Jahrhunderte hinweg sehr heftig gegeneinander und weil sie sich gegenseitig in Schach hielten, hatte das Römische Reich ausreichend Zeit, groß und mächtig zu werden. Nach langen und zermürbenden Kämpfen war der letzte der in der Bibel genannten Seleukiden-Könige (Antiochus IV. Epiphanes) im Sommer 168 v. Chr. im Kampf gegen das ptolemäische Reich sehr erfolgreich und kurz davor, seinen langjährigen Konkurrenten endgültig zu besiegen, Ägypten zu erobern und so Nachfolger Alexanders und Beherrscher der damaligen Welt zu werden. Dies blieb ihm jedoch verwehrt, da Gaius Popillius Laenas, ein angesehener Politiker Roms, nach der von Rom gewonnenen Schlacht von Pydna aus der Ägäis nach Ägypten eilte, Antiochus entgegentrat19und ihm befahl, wieder nach Hause zu ziehen, ohne seinen Plan ausführen zu können. Diese Begebenheit ist als der „Tag von Eleusis“ berühmt geworden und in die Annalen der Geschichte eingegangen. Daniel beschreibt das in Dan. 11, 29 f. folgendermaßen:
„Und nach einer bestimmten Zeit wird er [Antiochus Epiphanes] wieder nach Süden [gegen die Ptolemäer nach Ägypten] ziehen; aber es wird beim zweiten Mal nicht so sein wie beim ersten Mal. Denn es werden Schiffe aus Kittim [Zypern] gegen ihn kommen [d.i. Laenas], sodass er [Antiochus] verzagen wird und umkehren muss. Dann wird er gegen den heiligen Bund ergrimmen [Israel] und danach handeln und sich denen zuwenden, die den heiligen Bund verlassen.“
Nach seiner Niederlage zog Antiochus IV. von Ägypten zurück nach Jerusalem, zerstörte dort erneut die Stadt, verunreinigte den Tempel und stahl umfangreiche Geldsummen, die er für seine weiteren Kriegszüge im Osten des Reiches benötigte. Wikipedia schreibt unter dem Begriff „Tag von Eleusis“ (Abfragedatum 13.12.2017) dazu:
„Eine Folge dieses äußerst wirkungsmächtigen, aber auch schroffen Vorgehens des Popillius (neben der demütigenden Vorführung des Seleukiden durch Rom) war die eindrucksvolle Untermauerung des römischen Hegemonieanspruchs im östlichen Mittelmeerraum, wo die einstigen hellenistischen Großmächte zu fast ohnmächtigen Statisten degradiert worden waren. Die nachfolgende römische Politik war denn auch darum bemüht, die übrig gebliebenen Mächte zu schwächen, wo immer es ging, und jede Machtverschiebung zu verhindern. Auch die taumelnde ptolemäische Herrschaft über Ägypten wurde noch einmal bestätigt, aber nur um den Preis, von nun an nicht mehr als ein römisches Protektorat zu sein, wenn die Eigenständigkeit auch formal gewahrt wurde. Das Ende dieser Entwicklung war im 1. Jahrhundert v. Chr. erreicht, als zunächst die Reste des Seleukidenreichs in Syrien (64/63 v. Chr.) und schließlich Ägypten (30 v. Chr.) zu römischen Provinzen wurden.
14 Alexander IV. Aigos (* 323 v. Chr.; † 310 v. Chr. [bisweilen wird in modernen Darstellungen auch 311 bzw. 309 v. Chr. erwogen]) war Sohn Alexander des Großen und der sogdischen Prinzessin Roxane. Er war der Alleinerbe des von seinem Vater aufgebauten Königreiches, das sich von Makedonien bis zu westlichen Teilen von Indien erstreckte. (Quelle: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_IV._Aigos, Abfragedatum: 23.01.2018)
15 Alexander hatte noch einen weiteren Sohn: Herakles (geb. 327 v. Chr., ermordet 309 v. Chr.). Er war ein illegitimer Sohn Alexanders des Großen aus dem Hause der Argeaden und der Barsine, Tochter von Satrap Artabazos II. von Baktrien. Herakles entsprang einem Liebesverhältnis Alexanders des Großen mit Barsine und wurde im Jahre 327 v.u.Z. in Baktrien geboren. Barsine machte sich auf den Weg nach Kleinasien, sie lebte mit ihrem Sohn in Pergamon, als Alexander starb. Als illegitimer Sohn Alexanders kam er für die Nachfolge nicht in Frage. Es kann kein Zweifel darüber aufkommen, dass dieser Herakles wirklich von Alexander abstammte, auch wenn sich dieser nur wenig um ihn gekümmert hatte. Herakles hielt sich mit seiner Mutter in Kleinasien auf. Polyperchon ließ ihn nach Makedonien kommen, ursprünglich wohl in der Absicht, ihn im Kampf gegen Kassander einzusetzen. Aber Polyperchon war ein ganz und gar wankelmütiger Mensch, der sich durch Versprechungen Kassanders bewegen ließ, Herakles umzubringen. Barsine teilte sein Schicksal. Der Tod der beiden fiel wenige Monate nach dem Tod Alexanders IV. ins Jahr 309 v. Chr. Herakles war, wie es heißt, 14 oder 15 Jahre alt geworden. (Quelle: http://www.manfred-hiebl.de/mittelalter-genealogie/_hellenismus/h/herakles_alexandersohn_309/herakles_alexandersohn_309.html - Abfragedatum: 23.01.2018)
16 Diadochen im engeren Sinne sind lediglich die Reichsgründer selbst. Ihre dynastischen Nachfolger werden als „Epigonen“ bezeichnet.
17 Historisch gab es mehr Ptolemäer-Könige, aber die Prophetie Daniels beschränkt sich auf die hier genannten.
18 aus: Dr. Roger Liebi, „Weltgeschichte im Visier des Propheten Daniel", Schwengeler-Verlag, CH-9442 Berneck, 1986, S.86
19 Im Jahr 169 v. Chr. war Gaius Popillius Laenas als Gesandter in Griechenland und hielt sich kurz vor der Schlacht von Pydna auf Delos auf, um dort den Ausgang des Dritten Makedonischen Krieges abzuwarten. Nach dem römischen Sieg begab er sich umgehend nach Alexandria, um Antiochos IV. das römische Ultimatum zu überbringen, das den sofortigen Abzug aus dem besetzten Ägypten verlangte (vgl. Sechster Syrischer Krieg). Als dieser zögerte, zeichnete Popillius mit seinem Stock in den Sand einen Kreis um sich und Antiochus mit der Aufforderung, sich vor dem Verlassen des Kreises zu entscheiden. Seine schroffe Art und die mittlerweile übermächtige Position Roms als kommender Weltmacht veranlassten Antiochus zur Unterwerfung unter die römischen Forderungen sowie seinen Abzug (das war der sog. „Tag von Eleusis“). Danach versanken die Seleukiden mehr und mehr in die Bedeutungslosigkeit.
Nun wenden viele ein, dass „Kittim“ als ein Sinnbild für das Römische Reich zu verstehen wäre, und dass Popillius Römer gewesen sei. Wikipedia schreibt dazu:
„Die biblische Bezeichnung Kittim wird meist als das Königreich Kition auf der Mittelmeerinsel Zypern gedeutet. Der Begriff scheint jedoch auch allgemein den Westen bezeichnet zu haben20.
bibelkommentare.de schreibt:
„Im A.T. werden mehrfach die „Schiffe aus Kittim" erwähnt (4. Mo 24, 24; Jes. 23, 1.12; Dan. 11, 30). Der Name weist ursprünglich auf Zypern hin, aber in Jeremia 2, 10 und Hesekiel 27, 6 wird von „den Inseln der Kittäer" gesprochen. Es ist also offensichtlich, dass hier weitere Inseln mit Zypern verbunden werden. [Anm. d. Red.: Diese Formulierung schließt wohl alle Insel- und Küstenbewohner des Mittelmeers mit ein (vgl. die Anmerkungen zu den erwähnten Stellen in der Elberfelder Übersetzung)].“21
Kittim bedeutet also im engeren Sinn Zypern. Die Redaktion von bibelkommentare.de vermutet, als Vertreter der Rom-Theorie, dass evtl. auch alle Insel- und Küstenbewohner des Mittelmeers gemeint sein könnten. Naheliegender ist aber die Ägäis mit ihren vielen Inseln. Im historisch verbürgten Zusammenhang kam Laenas aus Delos, also tatsächlich aus der Ägäis. „Schiffe aus Kittim“ meint hier also in keinster Weise Rom, sondern bestenfalls die griechischen Inseln.
Daniel hätte durchaus das damals schon existierende Römische Reich benennen oder zumindest umschreiben können. Er tut es aber nicht, obwohl Rom, wie bereits erwähnt, auch schon 190 v. Chr. den Seleukidenkönig Antiochus III. besiegt und ihm im Frieden von Apameia 188 v. Chr. hohe Kriegsschulden auferlegt hatte.
Beim Studium von Daniel 11 drängt sich daher geradezu der Eindruck auf, als ob Daniel sagen möchte: „Ich habe das Römische Reich nicht übersehen. Aber ich meine Rom nicht.“ Gleichwohl wird, wie eben beschrieben, immer wieder versucht, „Kittim“ bzw. den Begriff „die Inseln“ auf das Römische Reich zu klittern, um die gewohnte Theorie aufrechtzuerhalten. Roms Politik und Kriege werden in Daniel in Form zweier Beamter22 zwar gestreift, aber nur so weit, wie dies für die Geschichte der Diadochen von Bedeutung ist. Damit ist das riesige Römische Reich in der Prophetie Daniels nicht mehr als eine Randerscheinung, so unglaublich dies auch klingen mag.
20 Quelle: Wikipedia, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kittim, Abfr.-Datum: 23.04.2017
21 Quelle: https://www.bibelkommentare.de/index.php?page=dict&article_id=1517, Abfragedatum: 23.04.2017
22 Lucius Cornelius Scipio Asiaticus und Gaius Popillius Laenas
Aber zurück zum Standbild. Worin genau besteht die Verbindung der Seleukiden und der Ptolemäer zu den beiden Beinen des Standbildes?
Oben wurde ja gezeigt, dass die Beine eines Standbildes unter ihrem Rumpf stehen müssen, weil Standbilder im Allgemeinen sonst umfallen. Wenn die beiden eisernen Beine auf das Römische Reich zu deuten wären, würde das Standbild nicht stehen können. Sucht man aber nach einer biblisch belastbaren, alternativen Deutungsmöglichkeit für die beiden Beine, die im Vorderen Orient liegt, wird diese bei durchgängiger Beachtung des danielischen Textes in Kapitel 11 gefunden, denn dort werden die Beine in Form der Seleukiden und Ptolemäer in aller Ausführlichkeit beschrieben. Wir haben bereits an Dan. 7 und Dan. 8 und nun auch in Dan. 11 deutlich sehen können, dass Daniel in seinen prophetischen Bildern auf Alexander den Großen die Diadochen folgen lässt. Die Seleukiden und Ptolemäer sind zwei der vier Diadochen. Die Beschreibung der beiden Dynastien der Seleukiden und Ptolemäer in Dan. 11 ist derart exakt nachvollziehbar, dass sogar Kritiker zugeben müssen, dass eindeutig diese beiden historischen Königshäuser gemeint sind. Weil Bibelkritiker aber nur ungern akzeptieren, dass in der Bibel echte Prophetie existiert, neigen viele von ihnen dazu, den Propheten Daniel (der im 6. Jahrhundert v. Chr. schrieb) später zu datieren. Andere hingegen sind der Meinung, Kapitel 11 sei nachträglich in den Text des Buches Daniel eingefügt worden, so dass das Buch Daniel dem Geschichtsverlauf angepasst und Stück für Stück zusammengefügt worden sei. Dazu hätte man allerdings immer aufs Neue, nämlich immer dann, wenn Ergänzungen erfolgt wären, alle Schriftrollen in allen Synagogen des Nahen Ostens und des Mittelmeerraumes abändern oder austauschen müssen. Das ist äußerst unwahrscheinlich, zeigt aber gleichzeitig das große Dilemma wegen der so sehr eindeutigen Aussagen in Kapitel 11. Bis jetzt ist die Bedeutung der beiden Beine noch offen, denn das Römische Reich passte nicht. Gleichzeitig suchen wir nach Weltreichen, die im Vorderen Orient liegen und durch die Bibel selbst (nicht durch außerbiblische Quellen) belegt werden können. Unstrittig ist, dass die Seleukiden und die Ptolemäer den weitaus größten Raum in der Prophetie Daniels einnehmen, denn die Prophetie über sie erstreckt sich von Kapitel 10 bis Kapitel 12! Nichts ist daher naheliegender, als die beiden Beine auf die Seleukiden und die Ptolemäer zu deuten und nichts entspricht dem biblischen Text mehr als diese Art der Deutung - ja, sie ist tatsächlich die Einzige, die uns zur Verfügung steht, wenn wir die vorgenannten Parameter erfüllt wissen wollen:
Die Reichsgebiete der beiden Beine müssen im Nahen Osten liegen (dort, wo auch der Torso des Standbilds ist)
sie müssen Nachfolger Alexander des Großen sein
sie müssen in Daniel erwähnt sein
Tatsächlich ist Folgendes im Text zu finden:
das Reichsgebiet der Seleukiden und der Ptolemäer lag im Nahen Osten
sie waren Nachfolger Alexanders des Großen
Daniel räumt ihnen größten Raum und Beachtung ein (Kapitel 10, 11 und 12)
Der letzte Seleukiden-König (Antiochus IV.) trägt eindeutig endzeitliche Züge
Bei der bisher üblichen Auslegung der beiden Beine auf das Römische Reich wurde den Seleukiden und den Ptolemäern kaum bis keine Beachtung geschenkt, obwohl diese beiden den weitaus größten Raum in der danielischen Prophetie einnehmen. Antiochus IV. Epiphanes wird zwar allgemein als der Typus für den Antichristen schlechthin angesehen, gleichzeitig vermutet man den Antichristen aber in Rom und gerät so mit seiner Auslegung vollends durcheinander. Dem Bibeltext weitaus angemessener ist es hingegen, die beiden Beine auf die Seleukiden und die Ptolemäer auszulegen.
Wie schon erwähnt, nimmt kein anderes Weltreich, weder Babylon noch Medo-Persien noch Alexander der Große so viel Raum ein, wie die beiden Dynastien der Seleukiden und der Ptolemäer in Kapitel 11.
Abbildung 8: Die Beine sind die Seleukiden u. die Ptolemäer
Dabei gilt es zu bedenken, dass das komplette Kapitel 1023 und zumindest Teile, wenn nicht sogar das ganze Kapitel 12 der Prophetie von Kapitel 11 hinzugerechnet werden müssen. Somit berichten drei der insgesamt zwölf Kapitel im Propheten Daniel und damit ein Viertel des ganzen Buchs über die Seleukiden und die Ptolemäer. Und schließlich gehören die Seleukiden und die Ptolemäer zu den Diadochen, die laut Daniel (s.o.) auf Alexander den Großen folgten, so wie die Beine auf den Rumpf. Es darf also aufgrund der Textanalyse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterstellt werden, dass die Seleukiden und die Ptolemäer durch die beiden eisernen Beine dargestellt werden.
Damit haben wir jetzt einen sehr wichtigen Fortschritt in der Auslegung des Standbildes gemacht. Denn jetzt stehen die beiden Beine unterhalb des Rumpfes und unsere Liste der Weltreiche sieht vorerst so aus:
Kopf:
Babylon
Brust und Arme:
Medo-Persien
Bauch und Lenden:
Alexander der Große
Zwei Beine:
die Seleukiden und die Ptolemäer
Zehn Zehen:
???
Die beiden Beine des Standbilds auf die Seleukiden und die Ptolemäer auszulegen ist neu und entspricht so gar nicht den bisher geläufigen Vorstellungen und Interpretationen. Dass das Römische Reich und damit auch Europa im Buch Daniel keine Erwähnung finden und keine Rolle spielen sollen, erscheint zunächst unmöglich bis falsch. Die unter Umständen auftretende Irritation liegt aber nicht am Bibeltext oder an der vorliegend beschriebenen Sicht, sondern lediglich daran, dass in der Vergangenheit eine Auslegung akzeptiert wurde, die keine biblische Grundlage im Danieltext hatte und hat. Es gilt also, wie bei jeder Auslegung, sich eng an den Text der Bibel zu halten und nicht eigenen Vorstellungen zu folgen. Bei der Auslegung der Bibel, und eben auch bei Auslegungen zum Propheten Daniel, ist es unbedingt wichtig, zuerst den Bibeltext zu analysieren und erst dann Schlussfolgerungen zu ziehen, und zwar unabhängig von eigenen Vorstellungen oder gar Vorlieben. Das ist Grundsatz aller biblischen Auslegung. Bei der Auslegung der beiden Beine auf das Römische Reich und der zehn Zehen auf Europa wurde und wird diese wichtige Regel allerdings regelmäßig gebrochen.
Ganz im Gegenteil zur bisher gängigen Vorstellung sagt Daniel für die Endzeit ein neues seleukidisches und ein neues ptolemäisches Weltreich voraus. Da es dem letzten, dem achten Seleukiden-König, „gelingen wird“ (Dan. 11, 36), wird er, im Gegensatz zu seinem historischen Vorbild, Ägypten (die Ptolemäer) besiegen und so die endzeitliche Rolle des historischen Alexander des Großen einnehmen: Er wird der Herrscher der Welt werden, der Antichrist. Sein Reich vereint auf sich die Eigenschaften Babylons, Medo-Persiens und Alexanders des Großen. Denn Johannes sieht in Offenbarung 13 ein Tier aus dem Meer steigen, das „gleich war einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße und sein Rachen wie ein Löwenrachen“24. Johannes beschreibt also ein endzeitliches Reich („Tier“), das die Eigenschaften der drei historischen Weltreiche (Babylon, Medo-Persien und Alexanders des Großen) auf sich vereint. Aber Johannes listet sie in umgekehrter Reihenfolge auf! Denn er schreibt von einem Panther, einem Bären und einem Löwen. Der Panther stand für Alexander den Großen, der Bär für Medo-Persien und der Löwe für Babylon. Wenn aber Johannes in der Offenbarung die Weltreiche in umgekehrter Reihenfolge aufzählt, scheint es so, als ob Gott die Weltgeschichte umkehrt und zurückführt: nicht bis zum römischen Reich, sondern noch weiter zurück, bis zu den Seleukiden und den Ptolemäern – ja, eigentlich zurück bis Babylon. Nicht Rom, sondern die historischen Seleukiden- und Ptolemäerkönige kommen am Ende der Gemeindezeit noch einmal auf, wenn auch kleiner (als Füße) und schwächer (Eisen mit Ton gemischt) als ihre historischen Pendants. Am Ende der Zeit wiederholt sich eine aus der Geschichte bekannte Struktur: „Neo-Seleukiden“ und „Neo-Ptolemäer“ werden in eine Auseinandersetzung geraten, die der Neo-Seleukide für sich entscheiden wird. Denn der endzeitliche Nachfolger von Antiochus IV. Epiphanes wird nach Dan. 11, 36 „tun, was er will, und es wird ihm gelingen“. Ihm wird in der Endzeit nämlich das gelingen, was dem historischen Antiochus IV. Epiphanes am Tag von Eleusis im Jahr 168 v. Chr. versagt war: Ägypten zu besiegen und ein endzeitliches Reich in der Größe und Macht des historischen Reiches Alexanders des Großen aufzubauen, das die Eigenschaften Babylons, Medo-Persiens und Alexanders des Großen auf sich vereint. Das ist es, was Daniel uns zeigen will: Das Endzeitreich wird ein Neo-Seleukidenreich sein, das größer ist als das Alexanders des Großen, denn sowohl Ägypten als auch Libyen und Kush (nördlicher Sudan) sind in seinem Gefolge25. Das war bei Alexander nicht der Fall.
23 Denn Kapitel 10 beschreibt die tiefe und umfängliche Buße Daniels als Voraussetzung, diese Prophetie von Gott zu erhalten.
24 Offb. 13, 2: „Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße und sein Rachen wie ein Löwenrachen.“
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