Die drei ???, Diamantenschmuggel (drei Fragezeichen) - Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer - E-Book

Die drei ???, Diamantenschmuggel (drei Fragezeichen) E-Book

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ihren ersten Trip nach Europa haben sich Justus, Peter und Bob anders vorgestellt: Statt der erwarteten Vergnügungstour durch London werden sie in einen Diamantenschmuggel verwickelt und sogar - natürlich unfreiwillig und zunächst völlig ahnungslos - als Kuriere der heißen Ware benutzt. Schnell wird ihnen klar, daß die Reisegesellschaft, mit der sie einen Ausflug nach Rotterdam unternehmen, nicht nur aus erlebnishungrigen Touristen besteht. Welche Rolle spielt zum Beispiel der tolpatschige Mr. Thomas? Steckt er hinter den anonymen Briefen? Doch von solchen Einschüchterungsversuchen lassen sich die drei ??? bestimmt nicht abschrecken!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 146

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Diamantenschmuggel

erzählt von Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 - 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten finden Sie unter www.kosmos.de

© 1995, 2011 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten.

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on Characters by Rober Arthur.

ISBN 978-3-440-12872-5

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Im Kerker

Abschluss und Höhepunkt der Stadtrundfahrt durch London war der Besuch im Tower. Justus fröstelte, als er mit seinen Freunden Peter und Bob, zwei Dutzend anderen Touristen und ihrem Führer im Bloody Tower stand, einem runden Monstrum aus dicken, kalten Mauern.

»Hier haben die berühmten Gefangenen, die im Tower eingesperrt waren, ihre letzten Tage zugebracht«, verkündete der kleine dicke Mann mit dem spiegelblanken Schädel, der in seiner dunkelgrauen Uniform mit silbernen Knöpfen und Schulterspangen aussah wie ein Operetten-General, dem die Mütze abhandengekommen ist. Seine blecherne Stimme dröhnte in dem Gemäuer und klang doch ziemlich gleichgültig. Diesem Kerl macht das alles nichts mehr aus, dachte Justus und zog die Schultern hoch. Unwillkürlich sehnte er sich zurück nach Hause, nach Rocky Beach. Er sah auf die Uhr und malte sich den Sonnenaufgang über den Hügeln im Osten Kaliforniens aus.

Justus seufzte. Statt daheim den Sommer zu genießen, stand er in diesem uralten Gefängnis und musste sich schauerliche Geschichten über arme Leute anhören, die vor vielen hundert Jahren in diesen Mauern auf ihr Ende gewartet hatten. Egal, ob sie wirkliche Übeltäter gewesen oder bloß einem dieser sonderbaren englischen Könige lästig oder gefährlich geworden waren.

Ungerührt leierte der Führer die Namen der berühmten Insassen herunter. »Elizabeth von Schottland, hingerichtet 1554, vier Jahre zuvor Thomas Cromwell«, sagte er und wiederholte das Ganze auf Französisch, in einem gleichmütigen Singsang.

Aus dem Bloody Tower gingen sie hinaus in den feuchten, grauen Dunst, der über der ganzen Stadt lag, und steuerten auf einen weiteren Turm zu. »Dieses Gebäude stammt aus dem dreizehnten Jahrhundert«, verkündete der Mann. »An den Wänden sehen Sie noch, was die Gefangenen damals dorthin gekritzelt und gezeichnet haben.«

Bob kniff die Augenbrauen zusammen und versuchte vergeblich, eine der verwitterten Inschriften zu entziffern. Wut stieg in ihm auf. Er erinnerte sich an seinen Geschichtsunterricht und daran, mit welcher Willkür in jenen Jahrhunderten in England Menschen eingesperrt und hingerichtet worden waren, oft ohne vorangegangenes Gerichtsverfahren. Und wenn es doch einen Prozess gab, dann waren nicht selten Zeugen bestochen und Geständnisse mit schrecklichen Methoden erzwungen worden.

»Ich will raus hier«, sagte Justus plötzlich ziemlich laut.

Einige der anderen Touristen direkt vor ihm drehten den Kopf zu ihm herum. Ein Mann in kurzen Hosen glotzte ihm direkt ins Gesicht. »Hat dich ja niemand gezwungen mitzukommen«, tönte er.

Unruhe entstand und der Führer hielt einen Moment lang inne. Wortlos zeigte er auf ein Schild, das zum Ausgang wies. Dann fuhr er mit seinem Vortrag über die Geschichte eines der berühmtesten Gefängnisse der Welt fort.

Vier Stunden später kamen sie müde und durchgefroren in ihrem Hotel an. Es lag in einer stillen Seitenstraße in Kensington, einem Stadtteil im Südwesten, und hieß Florida. Zwar gab es weit und breit keine Palmen, aber der Name erinnerte die drei ??? doch an ihre Heimat. Das schmale, hohe Haus hatte bestimmt auch schon eine Menge Jährchen auf dem Buckel.

»Aber aus dem 13. Jahrhundert stammt es nicht«, tröstete sich Justus leise, während sie durch die holzgetäfelte Eingangshalle auf einen der zwei Fahrstühle zugingen. Er drückte auf den Knopf, um den Lift zu holen.

Zwei ältere Damen gesellten sich hinzu. Schwestern, dachte Justus, vielleicht sogar Zwillinge. Beide waren weißhaarig, trugen graue Kostüme, randlose Brillen und Hüte mit lustig wippenden Pfauenfedern. Die eine stützte sich auf einen Stock, die andere, noch rüstigere, half ihr, indem sie ihren Arm hielt und sich überhaupt sehr um sie bemühte.

Knatternd öffnete sich zuerst das Scherengitter und dann die Lifttür. Die drei ??? ließen den Damen den Vortritt. Im letzten Moment stellte ein großer, schlanker Mann mit braunen Locken und auffallend großer Fliege seinen Fuß in die Tür.

»Würde gern mitfahren«, brummte er, stieg ein und drehte den anderen sogleich wieder den Rücken zu.

Der Erste Detektiv drückte auf den Knopf für die vierte Etage. Mit einem leichten Ruck setzte sich der Aufzug in Bewegung. Justus wusste nicht, warum, aber vor seinen Augen erschienen die dicken Mauern des Bloody Tower.

Ein paar Sekunden später saßen sie fest.

Justus, der Aufzüge nicht besonders leiden konnte, weil er bei der Fahrt immer ein komisches Gefühl im Bauch hatte, war sofort klar, dass etwas nicht stimmte. Das komische Gefühl im Bauch war nämlich plötzlich weg, ganz einfach deshalb, weil der Holzkäfig stehen geblieben war.

Peter hatte genauso schnell kapiert. »Endstation, alles aussteigen!«, zischte er.

»Sehr witzig«, knurrte Bob.

Die beiden alten Damen standen hinter dem Mann mit dem Lockenkopf und warteten, dass sich die Tür öffnete. Aber nichts geschah.

»Wir sind hängen geblieben«, sagte der Erste Detektiv ganz nüchtern. Er tippte dem Mann auf die Schulter, der mit dem Rücken zu ihnen vor der Tür stand und sich nicht rührte. »Erlauben Sie?« Ohne eine Antwort abzuwarten, langte Justus an ihm vorbei und legte vorsichtshalber den Griff um, auf dem »Alarm Stopp« stand. Dann inspizierte er das goldglänzende Schild mit den Knöpfen für die einzelnen Etagen. Es gab kein Mikrofon, durch das man sich mit dem Hotelportier oder sonst jemandem draußen hätte verständigen können, sondern lediglich eine Alarmtaste. Justus drückte darauf. Zu hören war nichts. Er drückte wieder, aber auch diesmal blieb alles still.

»Wir hängen fest!« Es war die Dame mit dem Stock, die diesen schrillen Schrei ausstieß. Erst jetzt schien ihr bewusst zu werden, was geschehen war. Sie wirbelte ihren Stock durch die Luft und hätte um ein Haar die Deckenbeleuchtung zertrümmert.

Das fehlt uns gerade noch, dass wir hier im Dunkeln sitzen, dachte Justus und spürte erneut ein sonderbares Gefühl im Bauch. Angenehmer als das erste war es auch nicht. Er blickte der Dame mit dem Stock ins Gesicht. Sie war kreideweiß geworden.

»Vorsicht, Madam«, schaltete sich Peter ein. »Bitte bleiben Sie ganz ruhig. Es kann uns gar nichts passieren.« Daheim in Rocky Beach hatte Peter Shaw den Ruf, besonders gut mit Mädchen umgehen zu können. Diese hier waren nicht mehr ganz seine Altersstufe, aber er fühlte sich trotzdem für sie zuständig. Er warf den beiden einen aufmunternden Blick zu, dann sah er sich im Fahrstuhl um. Der machte einen ebenso altertümlichen Eindruck wie das ganze Hotel, war aber wenigstens ziemlich geräumig. Wenn es länger dauern sollte, war Platz genug für jeden, um sich notfalls einfach auf den Boden zu setzen und zu warten.

»Das Wichtigste ist, dass wir nicht abstürzen«, raunte Peter Justus ins Ohr. »Wir sind mindestens auf der Höhe des dritten Stockwerks.« Justus nickte und zwang sich, ruhig zu bleiben. Die Dame mit dem Stock lehnte sich schwer atmend gegen die Kabinenwand.

»Bitte, bitte, reg dich nicht auf, Elizabeth«, sagte ihre Begleiterin hastig, »er fährt bestimmt gleich weiter.«

»Woher willst du das wissen?« Elizabeth hatte die Augen halb geschlossen. Ihre Stimme zitterte.

Justus musste ihr recht geben. Im Moment konnte kein Mensch ahnen, wann dieser verfluchte Lift sich wieder in Bewegung setzen würde. Vor allem, wenn auch das Alarmsignal defekt und bisher noch niemand auf ihr Missgeschick aufmerksam geworden war. Im nächsten Augenblick musste er verstohlen grinsen bei dem Gedanken, dass der Hotelportier sowieso erst einmal in Ruhe seinen Fünfuhrtee zu Ende trinken würde. Schließlich würden sich Engländer dabei nur sehr ungern stören lassen, jedenfalls hatte ihnen Onkel Titus das vor ihrer Abreise oft genug einreden wollen. Onkel Titus und Tante Mathilda, bei denen er in Rocky Beach lebte, mussten es ja wissen, immerhin hatten sie vor dreißig Jahren ein paar Monate in Großbritannien zugebracht.

Justus rief sich zur Ordnung. »Bob«, sagte er und verscheuchte die Gedanken an daheim, »das ist doch etwas für dich, oder?« Er deutete mit dem Kopf zur Messingtafel. Es war wohl so gut wie ausgeschlossen, den Fahrstuhl wieder auf Trab zu bringen. Die Damen würden die Wartezeit aber bestimmt viel besser überstehen, wenn sich einer von ihnen am Schaltbrett zu schaffen machte.

Plötzlich drehte sich der Mann zu ihnen um. Auf seiner Stirn entdeckte Justus winzige Schweißperlen, sein Gesicht war gerötet. »Hat denn niemand eine Idee?«, stieß er hervor.

»Um Gottes willen, so unternehmen Sie doch etwas!«, drängte Elizabeth mit matter Stimme.

»Sie ist krank«, hörte der Erste Detektiv die Schwester in sein Ohr flüstern.

Bob beugte sich über die Etagenknöpfe.

Elizabeth stöhnte wieder. Peter schob seinen Arm unter ihre Achsel. »Lehnen Sie sich an mich«, forderte er sie freundlich auf, während Bob den Schraubenzieher aus seiner Hosentasche zog, den er für alle Fälle immer bei sich hatte. »Wenn sie uns nicht weiterfahren lassen, dann müssen wir eben selber dafür sorgen, dass wir hier wieder herauskommen«, sagte er mit fester Stimme.

Justus hatte das Gefühl, dass die Luft schon ein wenig stickig wurde. Ihm fiel der Bloody Tower ein und die arme Königin Elizabeth. Er seufzte leise und starrte auf Bob, der seelenruhig begann, das Schaltbrett abzuschrauben.

Peter sah auf die Uhr. »Das Schlimmste ist, dass wir das Spiel versäumen.«

Justus sah ihn verständnislos an. »Spiel? Was für ein Spiel?«

»Na, du bist gut«, meinte Bob über die Schulter.

Justus fiel es wieder ein, natürlich, das Match im weltberühmten Wembley-Stadion. In einer knappen Stunde würde Manchester City gegen eine Londoner Stadtauswahl antreten.

»Wozu sind wir denn überhaupt hier?«, fragte Peter aufmüpfig. Justus warf ihm einen tadelnden Blick zu. Typisch, dachte er. Da schenkt uns ein amerikanischer Lebensmittelkonzern einen Europa-Trip, zur Belohnung, weil wir einen Kriminalfall in seinen Reihen aufgeklärt und ihm damit eine Riesenblamage erspart haben, und unser Supersportler hat nur Fußball im Kopf. Als ob das gute alte Europa sonst nichts zu bieten hätte.

Peter lenkte sofort ein. »Unter anderem, meine ich natürlich!«

»Spiel, Spiel!« Elizabeths Stimme klang leicht hysterisch. »Mary, wie können diese jungen Leute jetzt an so ein dummes Spiel denken!« Sie hatte wieder die Augen geschlossen.

In diesem Moment bekam Bob endlich die Abdeckung des Anzeigenbretts herunter.

»Na, läuft’s?«, erkundigte sich Justus.

»Wahrscheinlich hat diese Anlage seit zwanzig Jahren keinen Techniker mehr erlebt«, erwiderte Bob halblaut.

Justus wurde immer mulmiger zumute. Auch Mary war inzwischen ziemlich blass geworden. Der Mann starrte weiterhin Löcher in die Luft.

Bob richtete sich auf und wandte sich an die Damen: »Sie könnten mir helfen, wenn ich eine von Ihren Haarnadeln haben könnte.« Er wies auf das Gewirr von Drähten und Schaltern, das die Abdeckplatte freigegeben hatte. »Ich muss die Kontakte überprüfen.«

Elizabeth ließ Peters Arm los und fingerte eine Nadel aus ihrem Haar.

»Selbstverständlich, junger Mann«, hauchte sie. »Aber passen Sie auf, dass Sie nicht der elektrische Schlag trifft.«

»Keine Sorge, Madam.« Bob nahm die Nadel, umwickelte sie mit seinem Taschentuch und begann, in den Drähten herumzustochern.

Justus beobachtete den Lockenkopf, der Bob zusah, ohne eine Miene zu verziehen. So ein Stockfisch, dachte er, er hat Angst, aber zugleich tut er so, als ginge ihn das Ganze nichts an.

Bob ließ ein paar fachmännische »Aha« hören, so als wäre er dem Defekt dicht auf der Spur. »Sehr interessant«, sagte er schließlich und rückte mit Haarnadel und Schraubenzieher einer Stelle am unteren Ende des Schaltbretts besonders intensiv zu Leibe.

Justus sah wieder zu Elizabeth und Mary. Wie erwartet tat es ihnen gut, dass etwas geschah und Hoffnung bestand, dass sie bald aus ihrem Gefängnis befreit würden.

Als Bob zum fünften Mal »Aha« sagte, ging ein Ruck durch die Kabine und sie setzte sich sanft schaukelnd in Bewegung. Erneut stieß Elizabeth einen spitzen Schrei aus, jetzt aber aus Freude, wirbelte triumphierend ihren Stock durch die Luft und schickte sich gerade an, Bob um den Hals zu fallen, als die Tür sich rasselnd öffnete.

Draußen standen ein Herr in einem äußerst eleganten dunkelgrauen Anzug, der Hotelportier in einer mit Goldschnüren behängten Uniform und mindestens ein Dutzend Menschen, die ihnen erwartungsvoll entgegensahen. Der Portier öffnete das Scherengitter.

»Mein Name ist Davenport, ich bin der Hoteldirektor«, näselte der Mann im feinen Anzug, »ich bin sehr froh, dass wir es geschafft haben.«

»Wir?« Elizabeth pflanzte sich vor dem Direktor auf. Sie fuchtelte wieder furchterregend mit ihrem Stock herum und fuhr Mr Davenport an: »Wir? Was heißt hier wir? Das waren nicht Sie, sondern dieser äußerst tüchtige junge Mann hier.« Mit zielsicherem Griff nach hinten bekam sie Bob zu fassen und schob ihn zum Hoteldirektor. »Er war es. Er hat die Kontakte repariert. Sie, fürchte ich, haben gar nichts getan. Sie haben ja noch nicht einmal unser SOS gehört.«

Der Erste Detektiv konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich finde Ihre Schwester gar nicht so krank«, sagte er leise zu Mary, »ganz im Gegenteil.« Sie seufzte und zuckte die Schultern.

Justus drehte sich noch einmal zur Kabine um. Dann blickte er suchend links und rechts in den Flur. Der Mann mit der Fliege war wie vom Erdboden verschluckt.

Mary wollte den Retter und seine Freunde zum Tee einladen, aber Elizabeth unterbrach sie. »Du weißt doch, das Spiel«, erinnerte sie ihre Schwester.

»Richtig.« Justus trieb Peter und Bob mit einer energischen Handbewegung an. »Wenn wir das Match noch sehen wollen, müssen wir uns beeilen.«

Sherlock Holmes bleibt stumm

»Das darf nicht wahr sein!«, jubelte Peter, als sie sich auf ihren Sitzplätzen niederließen. »Die drei ??? auf der Tribüne von Wembley!« Peter Shaws ganze Leidenschaft galt dem Sport. Seinem Hobby frönte er nicht nur als Zuschauer. In Rocky Beach war er als Sprinter und als Tennisspieler kaum zu schlagen.

»Dass du das noch erleben durftest!«, spottete Justus. Obwohl er sich nicht ganz so heftig für Fußball begeisterte wie seine beiden Freunde, fühlte auch er einen leisen Schauer auf dem Rücken. Wembley, das war schließlich das ehrwürdigste Fußballstadion der Welt, und dass sie nun auf den begehrten Tribünenplätzen saßen und dieses Spiel ansehen konnten, war schon ein tolles Gefühl. Bloß schade, dass Lys nicht da war, dachte Justus.

Peter hatte ähnliche Gedanken, dachte allerdings nicht an Lys, sondern natürlich an Kelly. »Stellt euch vor, die Mädchen hätten mitkommen können«, sagte er verträumt. »Das wäre das Größte gewesen.« Dann fiel ihm ein, dass Kelly in letzter Zeit gar nicht mehr so scharf war auf Fußball. Ihre anfängliche Begeisterung hatte sich gelegt, vor allem, weil sie die zunehmende Härte auf dem Spielfeld ärgerte. Brutale Fouls waren ihr ein Gräuel.

»Toll, wie die das machen!« Peter schnellte aus seinem Sitz hoch. Ein Stürmer der Gäste aus Manchester sprintete gerade mit dem Ball die rechte Seitenlinie entlang, kurvte nach innen, umspielte zwei Verteidiger und krönte seinen Alleingang mit einem satten Schuss aufs Tor. Der Schlussmann musste sich mächtig strecken, um den Ball gerade noch aus dem langen Eck herauszufischen. Von den vollbesetzten Rängen kam rauschender Beifall.

Justus nickte mit Kennermiene. »Dagegen ist das, was bei uns in Amerika geboten wird, ziemlich bescheiden.«

»Findest du?«, fragte eine dunkle Stimme. Justus hatte seinen Nachbarn fast vergessen. Mr Alexander Burlington war Präsident des berühmten Fußballclubs Arsenal London, der etliche Spieler der Stadtauswahl unten auf dem Rasen stellte. Er war sehr groß, trug einen Bürstenhaarschnitt und hatte riesige Hände, richtige Schaufeln. Die rechte ließ er auf Justus’ Oberschenkel sausen. »Das freut mich sehr, mein Junge! Sonst ist ja bekanntlich in Amerika alles besser als bei uns.« Er zwinkerte Justus vertraulich zu. Dabei waren sie sich vor einer halben Stunde zum ersten Mal begegnet, als er sie vor dem Stadion in Empfang genommen hatte.

Mit einem Aufschrei sprang Burlington in die Höhe und riss die Arme in die Luft. Ebenso schnell ließ er sie aber wieder sinken, denn ein kraftvoller Kopfball hatte das Tor von Manchester um ein paar Zentimeter verfehlt. Burlington rückte etwas näher an Justus heran. »Ich habe übrigens eine schlechte Nachricht für euch. Der Mann, den eure amerikanischen Gönner als Reisebegleiter für euch engagiert haben, hat sich heute Vormittag bei mir im Büro entschuldigen lassen. Er ist krank geworden und lässt euch einen Gruß ausrichten, unbekannterweise.«

Justus starrte Burlington von der Seite an. Etwas beiläufig, diese Mitteilung, dachte er, kam aber nicht dazu, etwas zu sagen, weil ein Schrei das Stadion erbeben ließ. Justus sah bloß noch, wie der Torwart von Manchester den Ball aus dem Netz holte und ihn wütend Richtung Mittellinie drosch.

London gewann mit 3:1 Toren und in entsprechend guter Stimmung war Burlington. Er lud die drei ??? noch in die Katakomben des Stadions ein. »Die muss man gesehen haben«, sagte er und ging voran. Seine massige Gestalt schob sich durch die Zuschauermengen, die den Ausgängen zustrebten. Justus hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.

Zwar gebe es hier keine Kapelle samt Altar für Vereinsmessen, wie beim FC Barcelona, plauderte Burlington munter vor sich hin, dafür aber ausgedehnte Räumlichkeiten für Ehrenmitglieder, Sponsoren und natürlich die Spieler.

Durch kahle, unterirdische Gänge kamen sie in einen riesigen Raum, der gar nicht in ein Sportstadion passte: goldene Bilderrahmen, dicke Teppiche und dunkelbraune Ledersessel. An der hinteren Wand war vor einem gewaltigen gedrechselten Schrank mit Pokalen ein langes Büfett aufgebaut.

Die drei ??? sahen sich um. Hinter ihnen strömten weitere Zuschauer herein. »Lauter VIPs«, sagte Burlington mit einer lockeren Handbewegung, »sehr wichtige Persönlichkeiten. So wie ihr.« Er ließ ein Kichern ertönen, das zu diesem Riesen gar nicht passen wollte.