Die Entmündigung des Staates und die Krise der Demokratie - Anselm Doering-Manteuffel - E-Book

Die Entmündigung des Staates und die Krise der Demokratie E-Book

Anselm Doering-Manteuffel

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Beschreibung

Der Autor definiert die Funktionsbedingungen einer repräsentativen Demokratie und legt diese dann insbesondere für die Bundesrepublik Deutschland auf den Prüfstand. Medialisierung, technische Revolutionen und ökonomische Liberalisierung gefährden demnach zunehmend die Grundbedingungen für eine funktionierende nationale Demokratie; noch sei aber kein gangbarer Weg zu parlamentarischer Kontrolle internationaler Gremien gefunden worden. Doering-Manteuffel konstatiert einen freiwilligen Verzicht gewählter Repräsentanten auf Verantwortung, die statt dessen lieber ökonomischen Agenturen oder dem Bundesverfassungsgericht überlassen werde, und warnt insbesondere vor der Eigendynamik der Wirtschaft. In einer Demokratie müsse Verantwortung und Entscheidungskompetenz dagegen unbedingt bei einer gewählten und damit legitim abgesicherten Regierung liegen.

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28 KLEINE REIHE

STIFTUNGBUNDESPRÄSIDENT -THEODOR - HEUSS - HAUS

Anselm Doering-Manteuffel

Die Entmündigung des Staates und die Krise der Demokratie

Entwicklungslinien von 1980 bis zur Gegenwart

Zur Publikation

Der Autor definiert die Funktionsbedingungen einer repräsentativen Demokratie und legt diese dann insbesondere für die Bundesrepublik Deutschland auf den Prüfstand. Medialisierung, technische Revolutionen und ökonomische Liberalisierung gefährden demnach zunehmend die Grundbedingungen für eine funktionierende nationale Demokratie; noch sei aber kein gangbarer Weg zu parlamentarischer Kontrolle internationaler Gremien gefunden worden. Doering-Manteuffel konstatiert einen freiwilligen Verzicht gewählter Repräsentanten auf Verantwortung, die statt dessen lieber ökonomischen Agenturen oder dem Bundesverfassungsgericht überlassen werde, und warnt insbesondere vor der Eigendynamik der Wirtschaft. In einer Demokratie müsse Verantwortung und Entscheidungskompetenz dagegen unbedingt bei einer gewählten und damit legitim abgesicherten Regierung liegen.

 

Der Autor

Prof. Dr. Anselm Doering-Manteuffel, geboren 1949, ist seit 1991 Direktor des Seminars für Zeitgeschichte an der Universität Tübingen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, der Geschichte des deutsch-amerikanischen Kulturtransfers, der Geschichte des internationalen Staatensystems im 19. und 20. Jahrhunderts sowie in der Entwicklung der westeuropäischen Industriegesellschaften im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts.

Neuere Veröffentlichungen (Auswahl): Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im 20. Jahrhundert (1999); Ordnung durch Terror, Gewaltexzess und Vernichtung im nationalsozialistischen und stalinistischen Imperium (mit Jörg Baberowski, 2006); Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte (mit Lutz Raphael, 22010).

Die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus dankt Herrn Armin Knauer für die finanzielle Unterstützung dieser Publikation.

Die Entmündigung des Staates und die Krise der Demokratie

Anselm Doering-Manteuffel

Die Entmündigung des Staates und die Krise der Demokratie

Entwicklungslinien von 1980 bis zur Gegenwart

Hin und wieder gab es in der Geschichte der alten Bundesrepublik große, bisweilen mehrtägige Debatten des Deutschen Bundestags, die von der Öffentlichkeit aufmerksam wahrgenommen wurden, ja sogar gebanntes Interesse auf sich zogen. In der kollektiven Erinnerung ist jene Debatte besonders stark verhaftet geblieben, die im April 1972 geführt wurde. Es ging um den Antrag der CDU/CSU-Fraktion und des Fraktionschefs Rainer Barzel, gegen die Regierung Brandt/Scheel das konstruktive Misstrauensvotum anzustreben. Im Verlauf der Debatte sprachen die Redner der sozialliberalen Koalition – aufwühlend und emotional insbesondere der damalige Außenminister Walter Scheel – in der Annahme, dass ihre Regierung an diesem Tag abgewählt werden würde. Sie zogen Bilanz über drei Jahre Ost- und Deutschlandpolitik, die schon damals als Beginn einer neuen Epoche wahrgenommen wurde. Barzel verlor das Misstrauensvotum. In der vorgezogenen Bundestagswahl vom November 1972 erhielt die SPD-FDP-Koalition unter Brandt und Scheel eine so stabile Mehrheit, dass die CDU/CSU erkennen musste, auf lange Zeit von der Regierung ausgeschlossen zu sein.

Die Debatte vom 27. April 1972 wurde im Fernsehen übertragen und zog als öffentliches Ereignis fast so viel Aufmerksamkeit auf sich wie die Spiele der Fußballnationalmannschaft im gleichen Jahr. Bei der Europameisterschaft 1972 zeigte das Team um Franz Beckenbauer und Günter Netzer dieselbe Aufbruchstimmung, die auch in der westdeutschen Politik und Öffentlichkeit vorherrschte. Es ist sicherlich leicht, dieses politische Ereignis als Einzelfall einzustufen, denn damals ging es um die nationale Frage, um Deutschlands Ort in der Staatenwelt nach dem Beginn der Entspannungspolitik, um das Verhältnis der Bundesrepublik zur DDR. Es ging mithin um das Kernproblem der Nachkriegszeit, dass die Deutschen ihre Verantwortung für die Hitlerzeit und den Zweiten Weltkrieg unmissverständlich anerkannten.

Auch wenn die öffentliche Bedeutung der Debatte über das Misstrauensvotum vielleicht ein Einzelfall gewesen ist, lag deren Gewicht nicht zuletzt darin, dass sich dieses nationalpolitische Ereignis vor aller Augen abspielte und überall dort, wo es einen Fernseher gab, auch mit vollzogen werden konnte. Ein erregendes politisches Thema, das die Öffentlichkeit in seinen Bann zog; eine parlamentarische Debattenkultur, die sehr stark von der rhetorischen Emphase einzelner Minister und Parlamentarier beherrscht wurde, und ein verbreitetes Bewusstsein in der Bevölkerung, dass „Demokratie“ eine Sache aller Bürger ist und nicht nur diejenige einiger Abgeordneter: Dies alles machte diese einzelne Bundestagsdebatte zu einem Höhepunkt und Merkdatum in der Demokratiegeschichte der Bundesrepublik Deutschland.[1]

Heute würde sich so etwas ganz anders abspielen. Die Protagonisten wären zwar die gleichen – Minister und Parlamentarier. Das Thema könnte von vergleichbarer Brisanz sein – etwa eine Debatte über den Verbleib Deutschlands in der Eurozone. Auch das Forum wäre dasselbe – der Plenarsaal des Bundestags. Aber die öffentliche Wahrnehmung dürfte sich nicht um das Medium Fernsehen herum gruppieren, sondern in pluralisierter Form von jedem interessierten Einzelnen digital übers Netz abgerufen werden. Und daneben würden Wahl- und Meinungsforscher vielleicht über die Frage diskutieren, wie wenige Prozent der Bevölkerung überhaupt eine solch politisch entscheidende Debatte live verfolgten und warum ihre Zahl nicht größer sei. Sie würden darüber spekulieren, ob es denn in der Öffentlichkeit kein allgemeines Interesse gebe für die wichtigen politischen Entscheidungen der Volksvertretung und der von ihr gewählten Regierung?[2]