Die Fachkräfteformel - Jörg Mosler - E-Book

Die Fachkräfteformel E-Book

Jörg Mosler

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Beschreibung

VORSICHT! Das Buch, das Sie gerade in Händen halten, macht Sie anziehend – anziehend für Mitarbeiter und Talente! Wenn Sie das nicht möchten, legen Sie es lieber weg! Andernfalls schlagen Sie es am besten sofort auf. Hier finden Sie alle wichtigen Schritte für die Mitarbeitergewinnung der Zukunft »Fachkräftegewinnung neu gedacht: Jörg Mosler zeigt, wie man Mitarbeiter gewinnt und begeistert.« Olaf Deininger, Chefredakteur handwerk magazin »Ich habe selten ein so nützliches Buch gelesen.« Ludger Freese, Fleischermeister und Deutschlands erster Handwerksblogger

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Seitenzahl: 256

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Für Sandra, Lukas, Christl und Heinz.

Danke, dass ihr immer an mich glaubt!

INHALT

VORWORT:

HANDWERK IM WANDEL

EINLEITUNG:

ÜBER FUSSBALLTRAINER UND SCHWARZE PUNKTE

BESTANDSAUFNAHME:

EINFACH MACHEN ODER DIE GROSSE CHANCE

Tanker und Segelschiffe

Neue Querdenker braucht das Land

Ein bisschen Feenstaub

Die frühen Unternehmer

Ein Computerspiel namens Schule

MEHR EMOTIONEN WAGEN:DEM MENSCHENVERSTEHER GEHÖRT

DIE ZUKUNFT

Alles Tschakka, Tschakka?

Die glorreichen Sechs

Die schnellste Verbindung

Du darfst nicht mitspielen

VERÄNDERUNG MEISTERN:DER FORTSCHRITT HAT IMMER DIE NASE VORN

Chaotische Schachspiele

Von Smartphones und Lattenrosten

Das Buch der Narren

Die Grenze des Machbaren

Die Jugend von heute

BERUF NEU GEDACHT:

ZEIT GEGEN GELD WAR GESTERN

Tauschgeschäfte

Dem Glück auf der Spur

Mythen und Legenden

Die Talentfrage

10.000 Stunden

LEIDENSCHAFT IN FORM:

OHNE SINN ENTSTEHT KEIN SOG

Kochende Engländer

Was wollen Sie wirklich?

Obststandl Didi

Vegetarische Metzger

Wendepunkte

MOTIVATIONSFRAGE:

VOM MITARBEITER ZUM MITGESTALTER

Das Zünglein an der Waage

Möglich oder unmöglich?

Emotionale Geschenke

Die Rolle Ihres Lebens

Auf Schatzsuche »1«

KUNDENBEGEISTERUNG:DER X-FAKTOR FÜR DIE

MITARBEITERANZIEHUNG

Achtung, Kunde droht mit Auftrag!

Auf Schatzsuche »2«

Trendsetter

WOW-Effekte

Aushängeschilder

AUFMERKSAMKEIT ERZEUGEN:VORFAHRT FÜR EMOTIONALE

GESCHICHTENERZÄHLER

1001 Nacht – Die Macht der Geschichten

Helden gesucht!

Die Macht ist mit euch

Sieben erste Dates

Wir stellen ein

AUSBLICK: GOLDENE ZEITEN

VIELEN DANK!

QUELLEN

MEHR VON JÖRG MOSLER

VORWORT: HANDWERK IM WANDEL

Von Volker Geyer

Das Handwerk. Die breite Masse denkt dabei sofort an etwas Verstaubtes, Traditionelles, Überteuertes und Unzuverlässiges. Ich selbst bin seit nunmehr über 30 Jahren Handwerksunternehmer und ich behaupte, im Handwerk sind die Chancen und Möglichkeiten heute so zahlreich und vielseitig, wie in keiner anderen Branche. Derzeit machen es einige Handwerksbetriebe eindrucksvoll vor. Sie zeigen, wie es geht, ein Magnet für ihre Zielgruppen zu werden. Nämlich durch Innovation und Querdenken neue Wege aufzutun und Strategien dafür zu entwickeln. In der Technisierung, im Bereich der Mitarbeiterentwicklung, in Marketing und Vertrieb, in der Betriebsorganisation und anderswo. Ich kenne Handwerksbetriebe die es geschafft haben, sich innerhalb weniger Jahre eigene Märkte aufzubauen, sie haben den ruinösen Wettbewerb hinter sich gelassen. Und ich weiß von Handwerksbetrieben, die kennen das Thema Fachkräftemangel nur aus den Medien und von Kollegenberichten. Traumhafte Verhältnisse! Wie haben diese Betriebe das geschafft? Diese Frage kennt aus meiner Sicht nur eine Antwort: mit Mut zur Veränderung! Die erfolgreichen Betriebe im Handwerk haben alle zuerst die Entscheidung getroffen, etwas verändern zu wollen. Aus dieser Entscheidung ist eine Leidenschaft und nach und nach eine Unternehmenshaltung geworden. In diesen Handwerksunternehmen hat sich eine Veränderungskultur entwickelt, die ihnen eine erfolgreiche Zukunft ermöglicht. Ohne Veränderung keine erfolgreiche Zukunft, vielleicht gar keine Zukunft!

Die Gesellschaft, die Menschen und somit die Märkte haben sich in den vergangenen Jahren mächtig gewandelt. Globalisierung, Digitalisierung, enorme Schnelllebigkeit, große Transparenz, unheimliche Informationsflut. Das alles führt zu verändertem Verhalten der Menschen. Unsere Kunden – auch unsere Mitarbeiter – denken und handeln heute anders, als noch vor 10 Jahren. Ich bin überzeugt, die gesellschaftlichen Veränderungen werden weiter zunehmen und unsere unternehmerische Aufgabe heute und in Zukunft wird es sein, in diesem Wandel Chancen und Möglichkeiten zu erkennen und diese anzupacken. Der Ausspruch „Stillstand ist Rückschritt“ wird sich für Betriebe und Unternehmen mehr und mehr von einer vermeintlichen Floskel zur bitteren Realität entwickeln. Wer Stillstand betreibt, wird seinen Handwerksbetrieb in den schleichenden Ruin führen, da bin ich mir sehr sicher.

Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Freund der Spezialisierung bin. Für mich hat sich die intelligente Spezialisierung in den Jahren meiner unternehmerischen Tätigkeit als „Zauberformel“ entpuppt. Stellen Sie sich vor, Sie konzentrieren sich mit Ihrem Betrieb auf einen bestimmten Produkt- oder Dienstleistungsbereich, auf ein überschaubares Gebiet und dort auf Problemlösungen Ihrer Zielgruppe. In einem Bereich, der Ihnen unglaublich viel Spaß macht, in dem Sie Erfahrung besitzen, Kontakte und Reputation. Stellen Sie sich vor, Sie konzentrieren sich ausschließlich nur noch auf die Bereiche, in denen Sie Ihre größten persönlichen und betrieblichen Stärken haben. Und dies in Verbindung mit der oben genannten Leidenschaft, Dinge immer wieder zu hinterfragen, zu optimieren und weiterzuentwickeln. Können Sie sich vorstellen, der Experte in Ihrer Region, in Ihrem Markt auf einem ganz bestimmten Gebiet zu werden? Wenn Sie sich das vorstellen können und wenn Sie diesen Weg anfangen konsequent zu gehen, haben Sie die Chance, künftig zu den Champions im Handwerk zu gehören. Sie werden wie ein Leuchtturm Ihren Glanz ausstrahlen und noch aus großer Entfernung wahrgenommen werden. Sie werden Ihre Wunschkunden anziehen in einer Anzahl, die Sie vorher nicht für möglich gehalten haben und passende Menschen klopfen plötzlich an Ihre Türe und wollen in Ihrem Team bei Ihnen arbeiten. Das alles ist keine Theorie, ich erlebe es in meinem kleinen, spezialisierten Malerbetrieb in der Praxis Tag für Tag.

Handwerksbetriebe brauchen mehr Mut zur Spezialisierung, Mut zur Positionierung. Alles für jeden machen zu wollen, funktioniert heute nicht mehr. Wer alles für jeden macht, der geht in der Masse unter, der macht alles nur ein bisschen gut, nichts wirklich herausragend. Eine Strategie „Alles für jeden“ bedeutet heute Verzettelung, hohe Kosten, Unwirtschaftlichkeit, keine Sichtbarkeit, hohe Reklamationsquote, meist unzufriedene Mitarbeiter und vermehrt unzufriedene Kunden. „Alles für jeden“ ist eine Anti-Experten-Strategie. Handwerksbetriebe müssen lernen loszulassen!

Betrachten wir uns eine weitere große Herausforderung, die es derzeit für Handwerksbetriebe gibt: die digitale Transformation, die Prozessumwandlung von analog zu digital. In der Kommunikation, der Projektentwicklung, der Projektsteuerung und im Projektmanagement, im Marketing, der Betriebsorganisation, im Bestellwesen, der Beschaffung, der Logistik, der Prozessoptimierung und nicht zuletzt in der Produktion: Intelligente Digitalisierungsstrategien können Betrieben entscheidende Wettbewerbsvorsprünge verschaffen. Wir alle werden mehr Leidenschaft für die Digitalisierung aufbringen müssen. Und – da ist es wieder – den entsprechenden Mut zur Veränderung.

Ich stelle immer wieder fest, dass der Begriff „Veränderung“ von vielen Betrieben und Unternehmen immer noch projektbezogen gesehen wird. Erfolgreiche Unternehmen leben die Veränderung stets und ständig. Sie suchen Tag für Tag nach intelligenten Veränderungsmöglichkeiten. In diesen Betrieben braucht man keinen Mut mehr für Veränderung, dort hat man mittlerweile Spaß daran. Und wissen Sie warum? Weil viele dieser Veränderungen den Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern dieser Betriebe weiter ausbauen.

Das Internet und die sozialen Medien sind eine große Chance für die gesamte Handwerksbranche und für jeden einzelnen Betrieb. Oft verstehe ich gar nicht, wenn jemand infrage stellt, ob das denn zusammenpasst. Vielleicht liegt es am verstaubten Image des Handwerks, das hier und da noch vorherrscht. Das Handwerk und das Internet. Beides ist aus meiner Sicht wie geschaffen füreinander. Ganz besonders im sogenannten Web 2.0, wo es um den Austausch, ums Mitmachen geht. Früher hatte man eine starre Website im Netz stehen. Die war entweder gut, oder schlecht, oder sie lag irgendwo in der Mitte. Zu dieser Zeit waren Websites so etwas wie digitale Prospekte, also Infoseiten von Betrieben und Unternehmen mit einem Seitenumfang von vielleicht 5–10 Unterseiten. Heute ist alles ganz anderes.

Zeitgemäße, moderne Websites haben heute ein Blog mit immer wieder aktuellen Beiträgen, sie laden die Besucher zum Kommentieren und zum Mitmachen ein und nicht zuletzt auch dazu, Bewertungen abzugeben. Websites sind mittlerweile mit Plattformen der sozialen Medien wie Facebook & Co. fast untrennbar miteinander vernetzt. Communitys und Fangemeinden bilden sich, immer mehr Menschen nehmen an den Geschehnissen teil. Ich weiß, das sind besondere Herausforderungen für die Betriebe. Und ich weiß, in der Regel sind wir Handwerksmeister nicht unbedingt Kommunikationsexperten. Aber wer es schafft, mit Ausdauer, mit Leidenschaft, mit Wertschätzung und mit den entsprechenden Botschaften auf der Klaviatur der digitalen Medien entsprechend zu spielen, der hat die Chance, mit wenig finanziellem Aufwand unglaublich viele Menschen zu erreichen.

Der Rohstoff, den wir Handwerksbetriebe dem Internet und den sozialen Medien liefern können, sind unsere Geschichten. Geschichten über unsere Arbeitsergebnisse, über unsere Mitarbeiter, unsere Kunden. Eben Geschichten aus dem Alltag eines Handwerksbetriebes. Dieser Rohstoff ist unerschöpflich. Ich möchte behaupten, dass in keinem anderen Wirtschaftszweig Firmen so viele Geschichten aufweisen können wie im Handwerk. Bei uns im Handwerk geht es immer um Menschen und um Emotionen, in jedem Betrieb. Wer es schafft, seine Geschichten zu emotionalisieren und sie mit Menschlichkeit und Sympathie darzustellen, der wird nach und nach im Internet und in den sozialen Medien magnetische Wirkung erzielen. Er wird immer mehr seine sogenannten Wunschkunden anziehen und er wird mit der Zeit auch Wunschmitarbeiter gewinnen.

Als dritte große Chance für Handwerksbetriebe in der heutigen Zeit, sehe ich die Kooperation. Das Thema ist nicht neu, aber aus meiner Sicht aktueller denn je. Warum? Weil die Menschen, auch wir Handwerksunternehmer, mittlerweile so weit sind. Wir haben uns zu einer offenen Gesellschaft entwickelt, haben mehr Weitblick erlangt und deshalb sind die Voraussetzungen für erfolgreiche sogenannte strategische Allianzen deutlich gestiegen. Sinnvolle und gut organisierte Netzwerke mit den richtigen Partnern können unvorstellbare Kräfte entwickeln und Synergien freisetzen mit Ergebnissen, die ein einzelnes Unternehmen niemals erzielen könnte. Handwerkskooperationen können branchengleich sein, sie können branchenübergreifend sein, regional oder überregional. Sie sollten aber in jedem Fall themenorientiert und mit einer Expertenpositionierung aufgestellt sein. Auch hier gilt für mich das Prinzip der Problemlösungsspezialisierung als am Erfolg versprechendsten. Handwerksfirmen, die heute noch am Einzelkämpfersyndrom leiden, werden es künftig schwer haben.

Und wir dürfen nie die Menschen vergessen! Denn sie sind es, mit denen wir täglich zu tu haben. Warum beschäftigen wir uns immer noch zu wenig mit den Bedürfnissen und der „Menschlichkeit“ der Personen in unserem Umfeld. Mit der unseren Kunden zum Beispiel. Leider sehen viele ihre Kunden immer noch als reine Auftraggeber mit Kundennummer. Wir sollten damit anfangen, unsere Kunden als Menschen mit eigenen Gefühlen und Sichtweisen zu sehen. Wir sollten versuchen, uns in die Köpfe und in die Herzen unserer Kunden hineinzuversetzen, sie mit Ihren Gefühlen und Bedürfnissen ernst zu nehmen und unser Agieren darauf einzustellen. Das Gleiche gilt beim Thema Mitarbeiter. Auch und ganz besonders hier haben wir es mit Menschen, die eigene Gefühle und individuelle Sichtweisen haben, zu tun. Mitarbeiter brauchen Lob und Anerkennung wie der Künstler seinen Applaus. Wann haben Sie Ihre Mitarbeiter zuletzt gelobt, jeden Einzelnen? Wertschätzung ist die lukrativste Anlage mit der größten Wertsteigerung für Ihren Betrieb, Ihr Unternehmen. Wertschätzung für die Menschen und deren unterschiedliche Bedürfnisse, Wertschätzung für deren Engagement, aber auch für deren Probleme. Unter Wertschätzung verstehe ich Worte und Taten. Und wissen Sie was: Es kostet Sie kein Geld! Echte Wertschätzung ist ein Lächeln, ein Gespräch oder eine kleine Aufmerksamkeit. Meist ungeplant und spontan. Wertschätzung ist eine Haltung, die in unserer schnelllebigen Zeit vielen Menschen abhandengekommen ist. Aus meiner Sicht ist es die Währung der Zukunft!

Ist Ihnen etwas aufgefallen? Die Investitionen in den Handwerksbetrieb der Zukunft liegen im Wesentlichen nicht im finanziellen Bereich. Es geht um Mut zur Veränderung, es geht um eine werteorientierte Haltung, um Wertschätzung, um Menschlichkeit. Es geht darum, sich auf seine Stärken zu konzentrieren, seine Ideale auszuarbeiten und sie zu leben, und es geht darum, die Geschichten des betrieblichen Alltags zu erkennen, zu fassen und der Welt mitzuteilen. Für all das ist der finanzielle Aufwand überschaubar. Warum tun es so wenige?

Die Zukunft ruft, Handwerksbetriebe brauchen Mut zur Veränderung!

Lieber Jörg, wir beide sind uns, wie kann es heute anders sein, vor etwa drei Jahren erstmals in den sozialen Medien begegnet. Mittlerweile haben wir uns durch verschiedenste Projekte näher kennengelernt. Im Herbst 2017 hast du die Besucher des Internet-Marketing-Tags im Handwerk in München, in Köln und in Berlin mit deinem leidenschaftlichen Vortrag begeistert. Du und deine praxisnahen Inhalte sind eine Bereicherung für das Handwerk und seine Betriebe. Ich wünsche dir für deine Ideen und künftigen Vorhaben alles Gute und viel Erfolg. Ich bin mir sicher, dein neues Buch „Die F@chkräfteformel“ wird wieder ein Bestseller im Handwerk werden.

Volker Geyer

Handwerksmeister 2.0

www.malerische-wohnideen.de

ÜBER FUSSBALLTRAINER UND SCHWARZE PUNKTE

„Der essentielle Unterschied zwischen Emotion und Verstand liegt darin, dass Emotionen zum Handeln führen und Verstand zu Beurteilungen.“

Donald Caine

23. Mai 2016 gegen 22:30 Uhr

Das Flutlicht brennt, die Spannung ist beinahe mit Händen greifbar. Die Frankfurter Anhänger sehnen den Schlusspfiff herbei, der ihrem Team den Verbleib in der höchsten deutschen Spielklasse sichern würde. Eine vollständige Saison, manchmal sogar die Existenz ganzer Vereine steht in diesen „Alles oder Nichts“-Duellen – wie dem heutigen – auf dem Spiel. Es steht immer noch 0:1 für die Eintracht im zweiten Relegationsduell mit dem 1. FC Nürnberg, als der Schiedsrichter Christian Dingert das Spiel abpfeift. Der Jubel im Frankfurter Block ist grenzenlos – auch die Spieler und Betreuer liegen sich jubelnd in den Armen oder verteilen sich in großen, in sich verknoteten Menschentrauben auf dem Rasen. Der gesamte Druck lässt in diesem Moment nach – geschafft! Der Abstieg für den Bundesligisten aus Hessen ist abgewendet.

Nur der Mann, auf dessen Schultern wohl der meiste Druck gelastet haben muss, feiert in diesem Moment nicht mit seinen Spielern. Trainer Nico Kovac geht ruhigen Schrittes über den Platz. Hin zu den Menschen, die größtenteils alleine auf dem Rasen liegen. Auf dem Rücken, mit den Händen vor dem Gesicht. Es sind die Verlierer im Relegations-Roulette: die Spieler des 1. FC Nürnberg. Der ehemalige Weltklassespieler Kovac spendet ihnen Trost. Er kennt die bitteren Minuten nach der Niederlage aus eigener Erfahrung. Diese Mischung aus Erschöpfung und Enttäuschung. Das Spiel hat Kovac bereits gewonnen, doch jetzt gewinnt er etwas viel wichtigeres und wertvolleres: Menschen! Durch seine Aktion gewinnt er ihren Respekt, ihre Anerkennung und ihre Aufmerksamkeit.

Ich denke, dass Nico Kovac in diesen Minuten nach dem Spiel instinktiv gehandelt hat. Dennoch hat er allen gezeigt, dass er Menschen versteht und weiß, wann sie ihn brauchen. Das war ein Zeichen, sowohl an seine aktuellen als auch und an seine zukünftigen Spieler. Das war ein Statement für seinen ganzen Verein.

An dieser Stelle oute ich mich als glühender Anhänger des 1. FC Nürnberg, den der gegnerische Trainer an diesem Maiabend nachhaltig beeindruckt hat. Bei der Recherche für dieses Buch erinnerte ich mich wieder an die Szenen nach diesem Spiel. Und ich denke: Wir brauchen mehr »Nico Kovacs« im Handwerk. Menschen, die Menschen verstehen, die genau wissen, was sie antreibt, inspiriert und motiviert. Denn genau hier liegt unsere große Chance: In der Nähe zu den Menschen. Wenn wir lernen sie besser zu verstehen, gewinnen auch wir ihren Respekt, ihre Anerkennung und vor allem ihre Aufmerksamkeit. All das brauchen wir im Handwerk wie die Luft zum Atmen. Ohne Aufmerksamkeit werden wir keine Mitarbeiter und Talente anziehen. Und wir haben die Chance, diese Aufmerksamkeit gezielt zu erzeugen, was ich Ihnen in diesem Buch beweisen möchte. Wir haben sie, wenn wir uns gedanklich von unseren schwarzen Punkten lösen.

Die schwarzen Punkte der falschen Fokussierung, die ein Professor in den Köpfen seiner Studenten zutage förderte. Jener Professor gab allen seinen Studenten zu Beginn der Vorlesung ein weißes Blatt Papier mit einem kleinen schwarzen Punkt darauf und stellte ihnen folgende Aufgabe: »Beschreiben sie genau was sie sehen.« Auch wenn ihnen der Sinn dieser Übung nicht bewusst war, so machten sich doch alle Studenten an die Beschreibung dessen, was sie sahen. Der Professor sammelte die Arbeiten ein und las noch im Unterricht daraus vor. Alle seine Studenten waren die Aufgabe auf die gleiche, gedankliche Weise angegangen. Sie hatten den schwarzen Punkt beschrieben. Seine Größe, seine Form, sein genauer Abstand zu den Rändern usw. Niemand hatte das viele Weiße um den schwarzen Punkt herum beschrieben. Den, verglichen mit dem winzigen Punkt, schier grenzenlosen Platz. Wenn ich mich mit Handwerksunternehmern unterhalte, beobachte ich etwas sehr Ähnliches: die Fokussierung auf den schwarzen Punkt. Auf die Dinge und Umstände die gegen sie, die gegen den Erfolg des Handwerks im Kampf um die besten Talente sprechen. Ohne Zweifel, diesen schwarzen Punkt gibt es. Jedes Unternehmen, jede Branche, jeder Arbeitsplatz hat ihn – den schwarzen Punkt. In diesem Buch beschreibe ich Ihnen jedoch das Weiße in Ihrem Unternehmen. Das Weiße im Handwerk. Die vielen Möglichkeiten die wir haben und zum Großteil noch ungenutzt lassen.

Mit diesem Buch möchte ich Sie unterstützen, Ihre Möglichkeiten zu finden und zu nutzen. Ich möchte Sie herausfordern und Ihnen Mut machen. Mit einem Ziel: Sie und Ihr Unternehmen zu einem Magneten für Mitarbeiter und Talente zu machen. Um das zu erreichen, werfe ich mit Ihnen einen Blick über den Tellerrand Ihres Unternehmens und Ihrer Branche. Am Ende jedes Kapitels lade ich Sie mit der Frage »Wo kämen wir denn hin, wenn ...?« zu einem Blick in die Zukunft ein. Wo kämen wir denn hin, wenn wir unsere Möglichkeiten tatsächlich nutzen würden? Wenn wir die Qualität menschlicher Beziehungen vor die Qualität unserer Produkte stellen würden? Wenn wir digitale Kommunikation konsequent in unseren Unternehmen einsetzen würden? Die Antworten auf diese Fragen finden Sie in diesem Buch.

Machen Sie sich gemeinsam mit mir auf den Weg in die Zukunft des Handwerks. Richten wir den Fokus auf Menschen und Möglichkeiten. Lassen Sie uns schauen, wohin wir kommen, wenn wir wirklich gehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen und einen erfolgreichen Weg in die Zukunft.

Jörg Mosler

Vorbemerkung

Der Autor schätzt die Leistungen von Männern und Frauen gleichermaßen, verzichtet jedoch aus Gründen der Lesbarkeit auf Doppelformen.

BESTANDSAUFNAHME: EINFACH MACHEN ODER DIE GROSSE CHANCE

„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.“

Victor Hugo

Tanker und Segelschiffe

Die Eroberung Englands war als großer Vergeltungsschlag geplant. Im Jahre 1588 entsandte Philipp II., König von Spanien, seine Flotte gen England, um den Tod von Maria Stuart zu rächen und England zu erobern. Die spanische Armada war zu dieser Zeit berühmt und berüchtigt. Die spanischen Schiffe hatten, gemessen an den Maßstäben des 16. Jahrhunderts, gigantische Ausmaße. Der Flottenverband galt als unbesiegbar. 123 Schiffe mit 30.000 Mann Besatzung, gerüstet mit 6.300 Kanonen, befanden sich damals auf dem Seeweg nach England. Die Spanier glaubten selbst an ihre Unbesiegbarkeit und sie hätten wohl recht behalten, wenn die Engländer nach den alten Regeln gekämpft hätten. Taten sie aber nicht!

Die englische Flotte, unter dem Kommando von Sir Francis Drake, war den Spaniern in fast allen Belangen unterlegen. Größe und Zahl der Schiffe, Stärke der Besatzung und Anzahl der Kanonen sprachen klar für die Spanier. Der englische Vorteil lag lediglich in der größeren Wendigkeit ihrer Schiffe und der Reichweite ihrer Kanonen. Eben diesen Vorteil spielten sie aus. Entgegen der damals üblichen Seekriegstaktik, die einen Nahkampf der Schiffe vorsah, setzte Drake auf eine vollkommen neue Taktik: den modernen Kampf. Die wendigen, englischen Schiffe manövrierten in großem Abstand zu den Kampflinien der Armada und setzen dieser mit ihren reichweitenstarken Kanonen immer wieder zu. Der Rest ist Geschichte. Die Armada wurde vollständig vernichtet und der Aufstieg Englands zur Supermacht begann.

Die Geschichte zeigt es uns an mehr als an diesem einen Beispiel: Es ist möglich, übermächtig scheinende Gegner zu besiegen, für aussichtslos gehaltene Schlachten für sich zu entscheiden. Und das Handwerk kämpft derzeit einen Kampf. Einen Kampf, der keine Menschenleben fordern wird, aber das Leben von Unternehmen. Handwerksunternehmen werden in großer Zahl aussterben, wenn wir nicht anfangen diesen Kampf nach unseren Regeln zu spielen. Gemeint ist der »War for Talents«. Ein von Steven Hankins bereits im Jahr 1997 geprägter Begriff, der es voll und ganz auf den Punkt bringt. Unternehmen werden sich in Zukunft eine regelrechte Schlacht um die besten Talente und Fachkräfte liefern – eine in ihrer Population immer kleiner werdende Spezies. Das Handwerk zieht ebenfalls in diesen Kampf. Und verglichen mit den Tankern der großen, bekannten Konzerne, sind wir mehr wie eine Flotte aus wendigen Segelbooten.

Genau das ist unser großer Trumpf. Wir können, wie es die Imagekampagne so schön formuliert: »Einfach machen!«. Ideen umsetzen, Dinge verändern und den Gegebenheiten anpassen. Die Strukturen und Hierarchien in unseren Unternehmen lassen das zu. Eine Handwerksunternehmerin wie die Optikermeisterin Eva Trummer, kann sich für ihre Homepage mal eben hammerschwingend und funkensprühend vor einen Amboss stellen und ablichten lassen. Warum? Weil es cool aussieht und zu ihrem Image passt. Der Erfolg gibt ihr recht. Einfach machen! Im Großkonzern undenkbar. Oder nehmen wir den New Yorker Weinhändler, und inzwischen mehrfachen Bestsellerautor und Redner, Gary Vaynerchuk. Er setzte sich eines Tages mit einem schlabbrigen T-Shirt vor die Kamera und plauderte über seine Leidenschaft – den Wein. Kein Glamour, kein Hochglanz, nur Gary – einfach machen! Der Erfolg, der aus diesen, nennen wir es Weinverkostungen, entstand, ist mittlerweile legendär. 724.873 Abonnenten auf YouTube und 63.780.811 Videoaufrufe (Stand Juni 2017). Das Thema Social Media in allen seinen Facetten, ist insbesondere für das Handwerk eine sehr gute Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Mitarbeiter anzuziehen. Im Internet geht es nicht vornehmlich um Budgets und die Größe des Schiffes. Es geht vielmehr um Kreativität und Authentizität. Reinhard Sprenger schreibt dazu: »Je wichtiger ein Kriterium für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens ist, desto weniger zählbar ist es.« Emotionale Intelligenz ist nicht messbar, genauso wenig wie die Leidenschaft von Gary Vaynerchuk. Die Taktiken ändern sich und wir können sie mitbestimmen – einfach machen!

Der Kampf um die besten Talente wird in Zukunft nicht mehr nur über die althergebrachten Mechanismen entschieden, sondern dreht sich zu unseren Gunsten. Zugunsten der schnellen Segelschiffe. Christine Uhlmann – stellvertretende Leiterin der Sinus Akademie – sagt im Interview mit dem Magazin »Bildungspraxis«: »Allgemein lässt sich sagen, dass Jugendliche Arbeit möchten, die ihnen Spaß macht, bei der ein gutes kollegiales Miteinander herrscht und die gut mit dem Privatleben beziehungsweise der Familie vereinbar ist.« Die Studie »Ausbildung als Zukunft der Bauwirtschaft« kam diesbezüglich zum gleichen Ergebnis: Für 95 % der befragten Auszubildenden war Spaß der wichtigste Faktor für ihre Berufsentscheidung. Spaß, nicht etwa Geld. Spaß ist keineswegs abhängig von der Größe des Bootes, sondern vielmehr von der Mannschaft, der Route und den Aufgaben an Bord. Emotionale Themen drängen immer mehr in den Vordergrund, und wir müssen sie besetzen. Das ist unsere Taktik – der moderne Kampf um Talente des 21. Jahrhunderts. Es zählen nicht mehr nur Profit und der persönliche Vorteil, sondern die Wirkung des Handelns. Die Wirkung meiner Persönlichkeit, meiner Arbeitskraft, sogar die Wirkung meines Geldes. Lottogesellschaften machen ihren Kunden das Spielen mittlerweile folgendermaßen schmackhaft: »Stellen Sie sich doch mal vor, wie viel Gutes Sie mit Ihrem Gewinn tun könnten.« Für andere wohlgemerkt. Bei einer Jackpot-Chance von 1: 140.000.000 ist diese Aussicht zwar genauso unwahrscheinlich, wie durch den Lottogewinn endlich den verhassten Job kündigen zu können, doch es lässt aufhorchen.

Das große Versprechen der großen Konzerne, von Karriere, Reichtum und einem sicheren Posten verliert immer weiter sein Alleinstellungsmerkmal für die Berufsentscheidung. Ich sage keineswegs, dass diese Attribute obsolet werden und wir nicht auch selbst mit unseren Karrieremöglichkeiten und derzeit überaus sicheren Jobs argumentieren dürfen. Wir sollten es nur schlauer machen. Warum beispielsweise ist es gerade für junge Menschen attraktiv in einem Start-up zu arbeiten? Der Verdienst und die geregelten Arbeitszeiten werden es kaum sein. Was dann? Aus meiner Sicht ist es diese Rebellenmentalität. Jedes Start-up erzeugt in gewisser Weise dieses »Revolutions-Feeling« – eine Gruppe von Mutigen, die es mit dem Status quo einer ganzen Branche aufnimmt. Es ist dieser Geist, der Startups attraktiv macht. Steve Jobs soll Bewerber stets gefragt haben: »Warum wollen Sie denn zur Marine gehen, wenn Sie auch Pirat sein können?« Apple war zu dieser Zeit zwar bereits alles andere als ein Start-up, doch berühmt dafür, den Status quo infrage zu stellen und damit sogar ganze Branchen zu revolutionieren. So geschehen 1984 mit der Computerindustrie, 2001 mit der Musikindustrie und 2007 mit dem Mobilfunkmarkt.

Was würde passieren, wenn Sie zu den vorhandenen Karrierechancen mit einer Ausbildung im Handwerk noch diese Guerilla-Mentalität hinzuaddieren? Ein schlankes, modernes Segelboot unter der schwarzen Piratenflagge. Eine tolle Vorstellung.

Leider endet der Versuch etwas Neues, etwas Verrücktes zu wagen – mal wie ein Start-up zu denken – meist beim Aufstellen eines Kickertisches. Nett gemeint, doch ein Kickertisch macht nicht den Geist eines Start-ups aus.

»Wo kämen wir denn hin, wenn jeder so verrückte Sachen machen würde?«, mögen Sie sich an dieser Stelle vielleicht das erste Mal denken. Lassen Sie mich Ihre ersten Zweifel mit den Worten von George Bernhard Shaw zerstreuen: »Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die normalen gebracht haben.« Was nützt ein Segelboot, wenn man versucht es wie einen Tanker zu steuern? Genau: nichts! Entscheidend wird sein, dass wir viele Dinge gedanklich anders angehen, neuen Ideen und vor allem positiven Emotionen Raum in unseren Unternehmen geben. Dafür braucht es vielleicht keine Verrückten aber in jedem Fall Menschen die eine besondere Fähigkeit haben: Querdenken.

Neue Querdenker braucht das Land

Was wissen wir eigentlich über Querdenker? Der Duden beschreibt sie uns so:

»Jemand, der eigenständig und originell denkt und dessen Ideen und Ansichten oft nicht verstanden oder akzeptiert werden.«

Eigenständiges Denken Ihrerseits vorausgesetzt, geht es nun also um die Frage, ob Sie in der Lage sind originell zu denken. Und ob Sie bereit sind, den Preis Ihres Denkens zu bezahlen. Laut Duden liegt dieser Preis in einer gewissen Ausgrenzung aus dem Mainstream. Da drängt sich mir gleich die Frage auf, ob das wirklich schlecht ist? Herausragende Dinge sind noch niemals aus angepassten Ideen entstanden. Sie entstehen, wenn man einen Schritt zur Seite tritt und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. So geschehen bei der Erfindung eines revolutionären Produktes genannt Klo-Kicker:

Ein Gastwirt wunderte sich über die ständig steigenden Kosten für Reinigungsmittel in seiner monatlichen Abrechnung. Er stellte seine Reinigungskraft zur Rede und bekam folgende Erwiderung: »Chef, es tut mir leid, doch ich muss das Herrenklo zum Teil dreifach wischen, weil so viele neben die Pissoirs pinkeln.« Eine Argumentation, die dem Gastwirt durchaus einleuchtete, sein Problem der hohen Ausgaben für Putzmittel allerdings nicht löste. Sein erster, betriebswirtschaftlicher Gedanke war durchaus logisch: Er versuchte das Putzmittel billiger einzukaufen, um den steigenden Verbrauch finanziell auszugleichen. Nach einiger Zeit der Recherche gab er auf. Die Zeit, die es ihn kostete nach günstigerem Putzmittel zu suchen, war wesentlich kostbarer als die erhoffte Ersparnis. Er öffnete kurzerhand seinen Laptop und druckte 12 gleiche Schilder mit der Aufschrift »Bitte in das Becken pinkeln« aus und ließ sie von seiner Reinigungskraft über jedem Pissoir gut sichtbar anbringen. Zufrieden mit seiner Idee vergaß er das Pinkelproblem. Bis zur nächsten monatlichen Abrechnung, bei der er feststellen musste, dass seine Schilder keinerlei Wirkung auf die Treffsicherheit seiner männlichen Gäste gehabt hatten. Er war sauer, dass er sich immer noch mit diesem leidigen Problem befassen musste und beschloss, sich am kommenden Abend zusammen mit seinen Kumpels bei einem kleinen Fußballmatch abzureagieren. Obwohl es an diesem Abend nur ein Freizeitkick war, waren alle mit großem Ehrgeiz bei der Sache. Kein Ball, kein Zweikampf, kein Zentimeter Rasen wurde verloren gegeben. Ein hart umkämpftes, aber faires Match lies den Gastwirt seinen Ärger vergessen. Nach den drei Bieren in der Kneipe neben dem Bolzplatz war das Problem völlig aus seinem Kopf verschwunden. Die Natur forderte irgendwann ihr Recht und der Gastwirt ging zur Toilette. Gedankenverloren vor dem Pissoir stehend, ließ er seinen Abend Revue passieren und hatte urplötzlich die zündende Idee. Der Kick mit seinen Kumpels hatte ihm eines verdeutlicht: Der männliche Ehrgeiz in sportlichen und sonstigen Vergleichskämpfen ist beinahe grenzenlos. Wer die Möglichkeit hat, ein Tor zu erzielen, steckt nicht zurück. Er tüftelte daraufhin zwei Wochen in seiner Garage und seine Lösung war fertig. Der erste »Klokicker« der Welt. Ein kleines Plastiktor, das ins Pissoir gehängt wird und an dessen Querlatte – gehalten von einer kleinen Plastikschnur – ein winziger Ball hängt. Er platzierte einen »Klokicker« in allen seinen 12 Pissoirs und die Wirkung war gigantisch. Die Treffsicherheit seiner männlichen Gäste nahm sofort sprunghaft zu. Der männliche Ehrgeiz und Spieltrieb war sofort geweckt, als es darum ging, den kleinen Plastikball so lange wie möglich mit einem gezielten Strahl im Tor zu halten.

Ich kenne kein anderes Beispiel, das die Prinzipien des Querdenkens so gut beschreibt wie dieses. Und als Handwerksunternehmer sollten Sie diese Prinzipien unbedingt verstehen. Die Anziehungskraft Ihres Unternehmens hängt entscheidend davon ab. Schauen wir uns die drei Möglichkeiten gegen die Kostenfalle Herrenklo noch einmal zusammen an:

Günstigeres Reinigungsmittel kaufen

Schilder aufhängen

»Klokicker« erfinden

Was fällt auf? Die ersten beiden Maßnahmen richten sich direkt gegen das Problem – zu hohe Kosten, zu wenig Treffsicherheit. Die dritte Idee nutzt die Energie des Verursachers, um das Problem zu lösen. Ein riesiger Unterschied. Es ist ähnlich wie beim Kampfsport. Ein Judoka nutzt gezielt die Kraft und den Schwung seines Gegners, um ihn auf die Matte zu befördern. Die Körpermaße des Kämpfers sind dabei nicht entscheidend. Diese Herangehensweise entspricht nur leider nicht unserem üblichen und erlernten Denkmuster. In den meisten Fällen gehen wir direkt gegen das Problem vor – bei komplexen Sachverhalten meist mit geringem Erfolg.

Nehmen wir als Beispiel eines unserer derzeit größten Probleme im Handwerk: den Akademisierungstrend. Jeder, der sich irgendwie durch das Abitur gekämpft hat, geht anschließend studieren. Warum? Ganz einfach: Alle anderen studieren doch auch. Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die keinesfalls als gut bezeichnet werden kann. Bei anhaltender Akademisierungswelle wird es in absehbarer Zukunft ein Heer von arbeitslosen Akademikern um die 30 geben, die sechs Monate auf einen 70-jährigen Handwerker warten müssen. Das kann keiner wollen. Soweit die Fakten. Wie reagieren wir? Wir gehen direkt gegen das Problem vor. Vor Kurzem las ich auf der Facebook-Seite eines größeren Landesinnungsverbandes folgenden Post: »Viele Abiturienten gehen erst mal Schäfchen zählen. Da haben viele Handwerker-Azubis mit dem Gesellenbrief schon ihre Schäfchen im Trockenen.« Auf dem zugehörigen Bild ist eine junge Frau mit einem Schäfchen im Arm zu sehen. Überschrift: »Nach dem Abi zwei Jahre Auszeit in Australien, dann Studium, Bachelor und danach mit 27 auf Jobsuche.« Erstens: Wenn ich mich mit Anfang 20 nicht ausprobieren darf, wann denn bitte dann? Zweitens:

Wir können, gerade junge Menschen nicht für etwas begeistern, indem wir ihnen etwas anderes madig machen. Diese Rechnung wird niemals aufgehen.

Warum gibt es für viele junge Menschen gerade nur den Weg über das Studium? Es ist gesellschaftlich anerkannt. Wer flüssig fünf mal drei multiplizieren kann, muss zwingend auf ein Gymnasium und mit dem erkämpften Abitur in der Tasche wird dann eben studiert. Sich gegen diesen Weg zu entscheiden, heißt, sich gegen die vorherrschende Meinung der Gesellschaft zu stellen. »Was, ihre Tochter hat Abitur und macht jetzt eine Ausbildung?«, fragen vielleicht die Nachbarn. »Alter, komm’ mit auf die Uni, das wird chillig«, ermuntern die Freunde. Das erzeugt Druck. Dieser Druck hat einen Namen, er nennt sich »Social Proof«.

Das Phänomen »Social Proof«, oder auch soziale Bewährheit, hat einen evolutionären Ursprung. Als unsere Vorfahren noch