Die Freimaurer - Dieter A. Binder - E-Book

Die Freimaurer E-Book

Dieter A. Binder

4,9

Beschreibung

Mit der Freimaurerei im 18. Jahrhundert entstand ein Freundschaftsbund, der nicht nur jüngere Männerbünde und Zusammenschlüsse direkt oder indirekt beeinflusste, sondern auch zum erklärten Ziel sinistrer Verschwörungstheorien geworden ist. Was als kleinbürgerlicher und zünftischer Zusammenschluss in London 1717 begann, wurde rasch ein Sammelpunkt der alten Eliten und des aufstrebenden Bürgertums und war damit stets ein Spiegel der Gesellschaft, innerhalb der die bunte Vielfalt der Logen existierten und existieren durften. Verfolgt von Inquisition, linken und rechten Diktaturen und totalitären Regimen, angegriffen von völkischen Kreisen als Internationalisten und vaterlandslosen Gesellen, abgelehnt von linken Puristen als Ausdruck der bourgeoisen Gesellschaft, überlebte diese Gesellschaftsform mannigfache Widrigkeiten. In der Schweiz der 1930er Jahre legitimierte eine Volksabstimmung die Existenz, nach der Rückkehr der Demokratie in Europa 1945 und nach 1989 entstanden die Logen wiederum neu. Von den einen als Speerspitze der Aufklärung gefeiert, von den anderen als gutbürgerliche Notablenversammlung abgetan, vom Freimaurer Kurt Tucholsky als "lendenlahmer Synagogenersatz" ironisiert, blieben sie in aller Formenvielfalt das, was sie immer waren: ein Ausdruck des Privaten am Rande der Öffentlichkeit und Informationsgesellschaft.

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Cover
Über den Autor

Über den Autor

Prof. Dieter A. Binder, geboren 1953, lehrt an der Karl-Franzens-Universität Graz und der Andrassy-Universität Budapest Geschichte. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Österreichischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Kulturgeschichte.

Zum Buch

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Mit der Freimaurerei im 18. Jahrhundert entstand ein Freundschaftsbund, der nicht nur jüngere Männerbünde und Zusammenschlüsse direkt oder indirekt beeinflusste, sondern auch zum erklärten Ziel sinistrer Verschwörungstheorien geworden ist. Was als kleinbürgerlicher und zünftischer Zusammenschluss in London 1717 begann, wurde rasch ein Sammelpunkt der alten Eliten und des aufstrebenden Bürgertums und war damit stets ein Spiegel der Gesellschaft, innerhalb der die bunte Vielfalt der Logen existierten und existieren durften. Verfolgt von Inquisition, linken und rechten Diktaturen und totalitären Regimen, angegriffen von völkischen Kreisen als Internationalisten und vaterlandslosen Gesellen, abgelehnt von linken Puristen als Ausdruck der bourgeoisen Gesellschaft, überlebte diese Gesellschaftsform mannigfache Widrigkeiten. Von den einen als Speerspitze der Aufklärung gefeiert, vom Freimaurer Kurt Tucholsky als „lendenlahmer Synagogenersatz“ ironisiert, blieben sie in aller Formenvielfalt das, was sie immer waren: ein Ausdruck des Privaten am Rande der Öffentlichkeit und Informationsgesellschaft.

Haupttitel

Dieter A. Binder

Die Freimaurer  

Geschichte, Mythos und Symbole
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.  Alle Rechte vorbehalten  Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2011 Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH, Wiesbaden nach der Gestaltung von Thomas Jarzina, Köln Bildnachweis: Das „Kölner Wandbild“ entstanden 1965 und 1981 von Robert Seuffert jun. im Kölner Logenhaus, Hardefuststraße 9, 50677 Köln. Eigentum Kölner Logenhausgesellschaft: www.freimut-und-wahrheit.de und www.zum-ewigen-dom.de Lektorat: PD Dr. Marco Frenschkowski, Hofheim/Taunus eBook-Bearbeitung: Medienservice Feiß, Burgwitz Gesetzt in der Palatino Ind Uni – untersteht der GPL v2   ISBN: 978-3-8438-0022-8  www.marixverlag.de

Vorwort

We have compassion for those fools

Who think our acts impure;

We know from ignorance proceeds

Such mean opinion of our deeds.

Sword-bearer’s Song, 1738

Die Forschung zur Freimaurerei konzentriert sich weitgehend auf intellektuell herausragende Produkte aus dem freimaurerischen Umfeld,1 auf pointiert soziopolitische Erscheinungsformen2 und auf die Rezeptionsgeschichte freimaurerischer Vereinigungen im Umfeld der Verschwörungstheorien.3 Die breite Palette freimaurerischer Erscheinungsformen wird als organisationsgeschichtliches Phänomen diskutiert und dargestellt,4 selten erfolgt daneben eine Hinwendung zur Funktion des Rituals an sich.5 In Summe gesehen entsteht dabei der Eindruck, dass sich die Forschung an Kategorien der Freimaurerei an sich orientiert, deren strenge Unterscheidung zwischen regulärer und irregulärer Maurerei, zwischen Logen im klassischen Sinn und „Geheimgesellschaften“ im weiteren Sinn einer Gesamtschau entgegenstehen kann.6 Gerade in der Fülle unterschiedlichster Obödienzien, sich oft widersprechender Zielrichtungen und sich gegenseitig ausschließender Strukturmonopole spiegelt sich der massive Popularitätsschub, den die neue Organisationsform in weiten Kreisen der west- und mitteleuropäischen Gesellschaft erlebt hat. Diese rasche Akzeptanz der Freimaurerei als Organisationsform wird in der Forschung zumeist mit der weitgehenden Identifikation des Organisationsmodells mit den philosophisch-politischen Inhalten der Aufklärung erklärt.

Ich widme diese knappe Darstellung jenen, die mir in Deutschland, Österreich, Slowenien, der Schweiz und Ungarn freundschaftlich fördernd entgegentreten und die es akzeptieren, dass ich meine Sicht der Freimaurerei seit langem beschreibe und ein „heimatloser Bürgerlicher“ bleibe.

Graz und Budapest, im Dezember 2008 Dieter A. Binder

Frühgeschichte

oder Wie man Freimaurer wird

Im „Goose and Gridiron“ unweit von St. Paul’s Cathedral, einem Wirtshaus der einfachen Leute, trafen am 24. Juni 1717 die Vertreter von vier Logen zusammen, die erstmals eine Großloge, also einen Dachverband für ihre geselligen Zusammenkünfte beschlossen. Diese Männer, wohl zumeist Kleinbürger, pflegten Traditionen aus dem Bauhandwerk, wiewohl viele von ihnen aus anderen Berufen kamen und ihm Umfeld der ersten Großloge keine Steinmetze zu finden waren. Zur Führung dieser „Großloge von London und Westminster“ wählten sie Anthony SAYER, der als Gentleman galt, den Zimmermann Jacob LAMBALL und den Kapitän Joseph ELLIOT. Entscheidend war, dass sich diese neue Organisationsform gesellschaftlich rasch durchzusetzen vermochte.

Zunächst versammelten sich einfache Bürger und pflegten eine rituell geregelte Geselligkeit. Als 1719 der 1683 in La Rochelle geborene und nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes nach England emigrierte John Theophilus DESAGULIERS (gest. 1744) zum dritten Großmeister gewählt wurde, veränderte sich das soziale Spektrum schlagartig. Aus dem Zusammenschluss eher kleinbürgerlicher Leute wurde ein „gesellschaftliches Ereignis“. Schon 1721 wurde John Duke of MONTAGU (1690-1749) Großmeister einer Großloge mit 16 Logen, 1725 zählte man 52, 1732 bereits 109 Logen. James ANDERSON (um 1680-1739), der 1723 die „Alten Pflichten“, das freimaurerische Grundgesetz, formulierte, schuf in enger Zusammenarbeit mit DESAGULIERS die bis heute gültigen Grundregeln der Freimaurerei. Diese nahmen trotz des Zustroms aus der aristokratischen Welt und aus den Herrscherhäusern – 1731 wurde FRANZ STEPHAN von LOTHRINGEN (1708-1765),7 1737 Frederick Prince of WALES (1707-1751), 1738 FRIEDRICH von PREUSSEN (1712-1786) aufgenommen – die Überwindung der ständisch strukturierten Gesellschaft vorweg. Gleichzeitig aber etablierten diese Aufnahmen vielfach die enge Bindung einzelner Großlogen an das jeweilige Herrscherhaus, die in Skandinavien bis in die jüngste Vergangenheit, in England bis in die Gegenwart anhielt.

In den angesprochenen „Alten Pflichten“ heißt es unter anderem über die Voraussetzungen, die Aufnahmewerber zu erfüllen haben: „Sie sollen also gute und redliche Männer sein, von Ehre und Anstand, ohne Rücksicht auf ihr Bekenntnis oder darauf, welche Überzeugung sie sonst vertreten mögen. So wird die Freimaurerei zu einer Stätte der Einigung und zu einem Mittel, wahre Freundschaft unter Menschen zu stiften […].“8

Und weiter heißt es: „Die als Mitglieder einer Loge aufgenommenen Personen müssen gute und aufrichtige Männer sein, von freier Geburt, in reifem und gesetztem Alter, keine Leibeigenen, keine Frauen, keine sittenlose und übelbeleumdeten Menschen, sondern nur solche von gutem Ruf.“9 In den „General Regulations“ werden diese erforderlichen Voraussetzungen zusätzlich erläutert: Im Regelfall darf niemand unter 25 Jahren sein,10 eine „sorgfältige Überprüfung des Rufes und der Eignung des Suchenden“ muss stattgefunden haben,11 und niemand kann ohne „einstimmige Zustimmung“12 aller „anwesender Brüder der Loge“ aufgenommen werden.

Die Erfindung der Freundschaft, die charakteristische Verbindung von Freundschaft und Geselligkeit, von der Maurice AYMARD spricht,13 steht am Beginn des „geselligen“ [18.] Jahrhunderts.14 Er hebt dabei hervor, dass die „Freundschaft zwischen zwei Menschen, die sich aus freien Stücken füreinander entschieden und lediglich ihre Beziehung im Sinne hatten […] außergewöhnlich und einzigartig“ war.15 Trat nun ein Mann, der schon in einem konkreten Freundschaftsverhältnis zu einem anderen Mann stand, zu einem dritten in ein solches Beziehungsgeflecht, so hatte er darüber seinen Freund zu informieren, um gleichsam dessen Zustimmung zu erhalten, denn durch diesen Schritt wurde auch der bisherige Freund in eine neue Konstellation einbezogen.16 Nichts anderes findet sich im letzten angeführten Verweis: Bruder in einer Loge kann nur der werden, den das Beziehungsgeflecht innerhalb des Tempels der hier Versammelten akzeptiert. Adolph Freiherr KNIGGE (1751-1796) hält in seinem „Umgang mit Menschen“ in diesem Konnex ein gruppendynamisches Prinzip fest: „Übrigens rathe ich, wenn man sich soweit in seiner Gewalt haben kann, mit so wenigen Leuten wie möglich vertraulich zu werden, nur einen kleinen Cirkel von Freunden zu haben und diesen nur mit äußerster Vorsicht zu erweitern.“17

Die „reine Lehre“ und der Bau am „Tempel“18 waren und blieben weitestgehend eine männliche Domäne, denn, so Michael Andreas RAMSAY (1686-1743) in seinem „Discours“ 1737, „im Interesse der Reinheit unserer Maximen und Sitten“ hätten die Frauen draußen zu bleiben.19 Trotz des säkularisierten Erziehungsideals formte das Bild des Tempels auch die Vorstellung vom „spekulativen Maurer“. Dessen Bild entspricht zum einen dem sozialen Selbstverständnis der Entstehungszeit –„ein Mann und von freier Geburt“– und übernimmt zum anderen das Bild des Priesters, wie es durch die Opfervorstellungen des Alten Testaments20 geprägt worden ist. In den Alten Landmarken heißt es daher: „Die Anwärter für die Aufnahme müssen Männer sein, ohne körperliche Mängel oder Verstümmelungen, frei von Geburt, großjährig und von gutem Leumund; Frauen, Krüppel und Sklaven können nicht beitreten.“21 Ergänzt man dieses Bild mit einem externen Modell, nämlich jenem des Gentlemans,22 so kommt man zu einer erstaunlichen Übereinstimmung.

Das Symbol des Salomonischen Tempels

Ein Exkurs zum Ritual

Anton KREIL,23 Professor am Theresianum in Wien, wandte sich emphatisch anlässlich einer Lichtgebung, der Initiationen eines neuen Mitglieds also, in der Wiener Loge „Zur wahren Eintracht“ an seine Brüder und den eben aufgenommenen Lehrling: „Ueberall also Scheintugend oder Aftertugend; überall Verführung oder Mißhandlung, Betrug, Heucheley, Gleisnersinn, ewiges Untergraben, und Uebervortheilen, freche Gewaltthätigkeit, überall die verschämte Ehrlichkeit im Gedränge, überall das unverschämte Laster im Triumphe. So Brüder! so stehts mit unserm Tempelbau. Werft Eure Kelle weg, zerreißt eure Schürzen, zertrümmert Zirkel und Winkelmaaß. Wozu sollen uns diese Werkzeichen, seitdem das verschmitzte Laster das Geheimniß gefunden hat, sie zu verfälschen, seitdem der Eckstein geborsten ist? Wenn wir uns aber vom Kampfe zurückziehen, wer wird sich um die Sache der Tugend annehmen? wer die Unschuld schützen? wer die Thränen der bedrängten Waisen, der hilflosen Mündel trocknen? die Rechte der gekränkten Menschheit wider ihre Unterdrücker vertheidigen? Wer wird dem Arme des Boshaften Einhalt thun, dass er seinen Streich nicht vollende? Auf Brüder! rettet, was noch zu retten ist. [… So wirket im Stillen, bringt Stützen dem Tempel, der uns izt noch immer nachsinkt!“24

Das Bild des Tempels, der in Gefahr ist, einzustürzen, evoziert zum einen das Bild eines Bauwerkes, an dem mit Maurerwerkzeug gearbeitet wird, zum anderen das Bild einer moralisch verkommenen Welt, zu deren Rettung Menschen aufgerufen werden. In der dieser Ansprache vorangegangenen Initiation wird der Suchende mit dem Bild des Tempels vertraut gemacht.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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