Die Geredegesellschaft - Peter Schmidt - E-Book

Die Geredegesellschaft E-Book

Peter Schmidt

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Beschreibung

"Die Gerede-Gesellschaft" analysiert unser im Alltag häufiges Problem kaum nachvollziehbarer Behauptungen, Spekulationen, Entscheidungen in allen Lebensbereichen bis hin zur Politik, deren Folgen oft Krieg, Hass, Gewalt und Zerstörung sind. Neue Analysen zeigen genauer, wie es zu Antisemitismus, Rassentrennung, politischer Gewalt, Unmenschlichkeit, Unterdrückung und fehlender Lebensqualität kommt.

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Peter Schmidt

_______________

Die
Gerede-
Gesellschaft

Sprachquark

Meinungswirrwarr

menschengemachtes

Chaos & Leiden

Inhaltsverzeichnis

Die „Gerede-Gesellschaft

Glaube, Meinung, Wahrheit

Streitgespräche und Sprachquark

Potpourri des Sprachquarks

Rechtsextreme, Querdenker, Reichsbürger

Sprachfloskeln, die leicht in Sprachquark enden

Positivsein als Ziel des Lebens

Wert- und Unwert-Wahrnehmung als subjektive

Erfahrung von Positiv- und Negativsein

Angenehm- und Unangenehmsein des Fühlens

Wollen und Nichtwollen

Missverständnisse bei Werten

Rechtsprechung und Willkür

Der gegenwärtige Stand der Aufklärung

Von der Schwierigkeit, Wert und Beschreibung

zu unterscheiden

Warum Gefühle „kontingent“ sind

Zwanghafte Lagerbildung

Sind Motivationen wählbar?

Motivation aus „dunklen Quellen“

Über Positiv- und Negativsein

Probleme der Methodenevidenz

Was ist Lebensqualität? Was heißt Leiden?

Prinzipien der Moralbegründung

Wertpluralismus als Voraussetzung von

Moralbegründung

Die Regel, die Positivität des Anderen und damit

des gesamten Systems zu betreiben

Beteiligungsprinzip und Individualismus

Motivationen am Beispiel Hitlers

Egoismus kontra Optimierung der Positivität des

gesamten Systems

Der Massenmörder Anders Breivik

Die 9/11-Piloten und Osama bin Laden

Individuelles Votum für Moral

Gesellschaftssysteme und Wertpluralismus

Probleme irrationaler Konsistenz subjektiver

Bewertungen

Das erreichbar Positive in der konfrontativen

Gesellschaft

Über den Autor

Die „Gerede-Gesellschaft“

Unser gesellschaftliches Miteinander besteht oft in zweifelhafter Rhetorik, lediglich behaupteten oder vermuteten Werten ohne allgemeingültige Evidenz, in nicht belegten Sachverhalten und nichtssagenden Phrasen, Unterstellungen und Verzerrungen.

Dies alles sowohl im Alltag, in politischen Debatten, Schule und Erziehung, Kunst und Kultur, in den Medien wie auch in den Wissenschaften.

Doch solche Art von – nennen wir es provokativ „Sprachquark“ – endet nicht selten in Gewalttätigkeit, Konflikten, Kriegen und Verbrechen.

Und dies oft unbemerkt unterstützt von unserem offenbar zwanghaften, psychologisch schwer erklärbaren Hang zur Lagerbildung.

Statistisch ist die Zahl der Kriege – anders als man nach 60 Millionen Toten des Zweiten Weltkriegs und seinen Grausamkeiten, Zerstörungen und Verfolgungen hätte hoffen können – stetig angestiegen. Mit lediglich einer Phase leichten Absinkens zwischen 1990 und 2011. Ebenso nahm die Zahl jährlicher ziviler nicht kriegerischer Konflikte seit 1946 deutlich zu.

Nach Statistiken verlieren auf der Welt jährlich pro Jahr annähernd eine halbe Million Menschen durch vorsätzliche Tötung ihr Leben. Selbstmordattentäter, Amokläufer, Mörder, Vergewaltiger, Terroristen beherrschen unsere Medien. Als seien wir einfach nicht in der Lage, aus derart viel unnötigem Leiden Lehren zu ziehen.

Auch Habgier, Machtstreben, Sucht nach Ruhm, Reichtum und Ansehen oder Gleichgültigkeit und Desinteresse nutzen unsere Neigung zum Sprachquark in Form oft unbewiesener Behauptungen und sind so gewissermaßen willkommene Vorarbeiter unserer unzulänglichen Diskussionen.

Ein wesentlicher Faktor für mangelnde Optimierung des gesellschaftlichen Systems ist dabei, wie wir noch sehen werden, ein ausreichendes Verständnis, wie wir Werte wahrnehmen.

Was hier despektierlich als „Sprachquark“ bezeichnet wird, kann u. a. folgende Gründe haben:

1. Fehlende Plausibilität des Arguments

2.Subjektive statt allgemeingültige Bewertungen und Werterfahrungen

3.Verwechslung von Gefühlen mit kognitiv erfassten Meinungen oder Urteilen

4.Fehlende Methodenevidenz

5.Verwechslung von kognitiv erfassten Werten mit gefühlten Werten

Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die sowohl im Mainstream fehlende, wie auch in den Wissenschaften mehr oder weniger unzureichende Definition von Gefühlen und den aus ihnen folgenden Motivationen zur Optimierung von Lebensqualität. Ist Sprachquark daher einfach nur mit „Dummheit“ gleichzusetzen?

Die Antwort lautet: Nein, keineswegs, nicht unbedingt. Und zwar schon dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass es sich oft lediglich um mangelndes Interesse an Aufklärung handelt und zudem häufig die Plausibilität von Meinungen – ihr vermuteter „Wahrheitswert“ – und die Allgemeingültigkeit oder Subjektivität von Bewertungen erst bei genauerem Hinsehen erkennbar ist.

Glaube, Meinung, Wahrheit

Vermutlich ist es vielen schon so ergangen: In Gesprächen, Medien aller Art, besonders in der Politik, kommt es nicht selten zu Behauptungen, deren Plausibilität auf den ersten Blick kaum zu erkennen ist, und oft auch auf den zweiten nicht …

Bei politischen Kontroversen sind die Folgen dann allzu leicht leeres Gerede, bloßer Aktivismus – eben Sprachquark.

Ob es regnet oder schneit, lässt sich bekanntlich durch einen Blick aus dem Fenster feststellen. Dagegen erweisen sich viele Meinungen als vage, ungenau oder schwer nachvollziehbar. Dazu einige Beispiele:

– Der Kanzler habe mit seinem „Engagement für mehr Wohlstand der Armen nachgelassen.“

– „Die Debatten waren mir zu theoretisch, zu kopflastig, zu wenig praktische Politik.“

– Russland warnt „vor Gefahren für die globale Sicherheit, sollte die Ukraine Patriot-Abwehrsysteme bekommen.“

– Laut der von Umweltorganisationen bis hin zu Großbritanniens König Charles III hofierten indischen Aktivistin Vandana Shiva „ist grüne Gentechnik so etwas wie die Totenglocke für Biodiversität und Landwirtschaft“. Damit wird unterstellt, dass jeder Eingriff die Artenvielfalt beeinträchtigt.

Dagegen Jochen Kumlehn, Leiter der Arbeitsgruppe Pflanzliche Reproduktionsbiologie am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik: Erbgut unterliegt permanentem Wandel. Die Annahme, genetische Veränderungen wären per se etwas Unnatürliches, sei grundlegend falsch.

– „John F. Kennedy, der mächtigste Mann der Welt ermordet von einem einfachen Irren wie Harvey Oswald? Da muss mehr dahinterstecken.“

Wann genau wie und warum Engagement „nachgelassen“ hat, eine Debatte nicht „praktisch“ genug ist, „globale Sicherheit nachlässt“, Genveränderungen die „Totenglocke“ seien, mehr dahinter stecken „muss“ – derartig nebulöse Argumente darf man ohne Präzisierungen berechtigterweise als „Sprachquark“ bezeichnen.

Beim Attentat auf John F. Kennedy zeigten die Medien seinerzeit besonders viel Phantasie, so das Magazin SPIEGEL im Artikel „Kennedys zahllose Killer“:

„Die CIA war's! Die Kubaner haben's getan, Fidel Castro! Oder doch die Sowjets? Der Vizepräsident Lyndon B. Johnson zog die Fäden! Die Mafia hatte ihre Finger im Spiel!“ Laut Befragungen glaubt auch heute noch fast jeder dritte Amerikaner nicht an den offiziellen Tathergang. Institutionen wie „Querdenker“ „Rechtsextreme“, „Reichsbürger“ und „QAnon-Verschwörer“ sind weltweit zu modernen Varianten nebulöser Spekulationen geworden.

Schon Vielfalt und Gegensätzlichkeit unserer Meinungen deuten darauf hin, dass es mit ihrer Evidenz oft nicht weit her sein kann.

Die Neigung vieler Menschen, etwas einfach nur deswegen zu glauben, weil es ihnen gerade in den Sinn kommt oder weil andere es behaupten – und dies auch ohne Beweise und Indizien –, scheint ein kaum zu stoppender Trend zu sein.

„Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen“, so das hoffnungsvolle Versprechen des Engels in Goethes Faust. Allerdings gelingt dies wohl eher, wenn man sich hinsichtlich seiner Lebensqualität ausreichend auf die speziellen Bedingungen des Erkennens und Bewertens fokussiert.

Sprachquark und Aberglaube sind dabei offenbar enge Verwandte, ja Verbündete. An Teufel, Hexen und Engel zu glauben, gehört wohl, was die Plausibilität der Überzeugungen anbelangt, zu den ewig ungeklärten Rätseln der menschlichen Psyche.

Anhänger von Maharishi Mahesh Yogi, dem Gründer der „Transzendentalen Meditation“, glauben tatsächlich, ihr Guru könne sich an zwei Orte gleichzeitig aufhalten.

Das verstieße dann zwar gegen den Satz vom Widerspruch in der Logik und würde Aristoteles womöglich ein mitleidiges Kopfschütteln abnötigen.

Was wiederum Physiker in der Quantenphysik hinsichtlich ihrer Interpretation des sogenannten „Doppelspaltexperiments“ nicht weiter zu stören scheint:

Weil sich verschiedene Wellenmuster zeigen, je nachdem ob es eine oder zwei Öffnungen für den Durchlass eines Elementarteilchens gibt, lasse auf die Fähigkeit schließen, „an zwei Orten gleichzeitig“ zu sein …

Streitgespräche und Sprachquark

Ein großer Teil unserer Meinungsäußerungen sind offensichtlich Streitgespräche. Und dies sowohl, was Urteile im Allgemeinen anbelangt, wie auch bezüglich unserer Wertvorstellungen. Wobei hier selten die Frage nach ihrer Evidenz gestellt wird.

Wenn es darum ginge, ob Jesus Christus vor etwa 2000 Jahren geboren wurde und nicht erst gestern, wären wir uns wohl recht schnell einig, dem historischen Informationsstand zu vertrauen. Für den praktischen Gebrauch ist der Alltagsglaube oft ausreichend. Problematisch wegen seiner Folgen wird es, wenn Streitgespräche auf Vorurteilen beruhen. Hinzu kommt dann nicht selten die „emotionale Komponente“.

Gehen Gefühle mit Meinungen eine Verbindung ein, ist oft nicht sichtbar, was jeweils dominiert: Lediglich das belastende, schmerzliche Gefühl? Oder die Überzeugung, Recht zu haben?

Dann mögen uns starke Emotionen durchaus dazu verleiten, die eigentliche Analyse aus den Augen zu verlieren. Was uns dabei argumentativ leicht in den Sinn kommt, sind naheliegende Floskeln ohne eigentlichen Erkenntnisgehalt. Beispielsweise:

„Du musst doch einsehen, dass …“

„Wenn alle so denken würden!“

„Komm mal wieder herunter …“

„Ich verstehe dich einfach nicht.“

„Nein, das sehe ich anders.

„Kann jeder sagen …“

Potpourri des Sprachquarks

Um das überraschend hohe Ausmaß fragwürdiger Meinungen und ihrer womöglich unerwarteten Folgen einzuschätzen zu können, hier eine Auswahl öffentlicher Äußerungen, deren Wahrheitswert augenscheinlich zweifelhaft ist.

– Als man König Charles III. bei einem Besuch im nordenglischen York mit Eiern bewarf, rief der Täter, bevor er dann von der Polizei festgenommen wurde: »Dieses Land wurde mit dem Blut von Sklaven erbaut.«

KOMMENTAR: Historische mag diese Feststellung zutreffen. Doch hier kann man mit Recht fragen, ob König Charles überhaupt für die Sklaverei verantwortlich gemacht werden dürfe, die in Großbritannien in der Zeitspanne von 1807 bis 1838 – also lange vor seiner Geburt – abgeschafft wurde.

Mit derselben Begründung hätte man auch die verstorbene Queen Elisabeth mit Eiern bewerfen können – oder ihre Enkelkinder …

Während der Sklaverei wurden allerdings geschätzte zwölf Millionen afrikanische Männer, Frauen und Kinder über den Atlantik verschifft. Etwa eine Million Menschen starben dabei unter grauenvollen und unmenschlichen Bedingungen. Ohne den geringsten Abstrich von Mitgefühl angesichts solch abscheulicher Verbrechen handelt es sich hier offenbar um Sprachquark, der dann in typischer Weise zu irrationalem Bewertungsquark wird.

– Wladimir Putin vor dem Ukraine-Krieg bei einer Pressekonferenz am 28. Mai 2002:

„Die Ukraine ist ein unabhängiger, souveräner Staat, der über seinen Weg zu Frieden und Sicherheit selbst entscheidet. Ich sehe hier nichts Problematisches, was einen Schatten auf die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine werfen könnte.“

KOMMENTAR: Ein plausibler Grund für seine Meinungsänderung ist bis heute nicht ersichtlich. Darin ändern auch Korruptionsvorwürfe gegen Ukrainische Politiker, die Notwendigkeit angeblicher „Entnazifizierung“ der Ukraine, eine angebliche Bedrohung durch die NATO oder Hinweise auf das frühere Russische Zarenreich und ehemalige Reichsgrenzen nichts. Und dies ebenso wenig wie eine angebliche „Friedensmission“, um die selbsternannten „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk zu schützen und zu unterstützen.

Mit solchen Argumenten dürften sich jederzeit weltweit je nach Belieben viele gesellschaftliche Gruppen von ihren jeweiligen Staaten lossagen.

Das Ergebnis wäre vermutlich ein ständiges, immer unübersichtlicher werdendes „Kommen und Gehen“ mit allen möglichen wirtschaftlichen, rechtlichen und anderweitigen Komplikationen. Allein schon die Vielzahl verschiedener Begründungen lässt den Verdacht auf andere, mit welchen Motiven auch immer verschwiegene Gründe aufkommen.

Kurioserweise führte Putin dann im Dezember 2022 nach neun Monaten Krieg in einer Fernsehübertragung eine weitere, neue Begründung an: Russland sei kein Aggressor, sondern ein Garant – und zwar für die territoriale Integrität der Ukraine. Polen wolle Territorium im Westen der Ukraine besetzen. Moskau habe keine andere Wahl gehabt, als im Nachbarland militärisch zu intervenieren. (n-tv.de)

– Zitat mit überflüssigem Gendern: „Mehr als jede und jeder Vierte ist in Deutschland schon mal Opfer von Cyber-Kriminalität geworden.“ (BSI – Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

KOMMENTAR: Die Formulierung „jede und jeder“ ist eine unnötige Ergänzung, ja Komplikation, entstanden aus falsch verstandener „Genderisierung“, also Sprachquark, denn „mehr als jeder Vierte“ wäre hier völlig ausreichend.

Diese Ausdrucksweise setzt niemanden, wie eventuell befürchtet, wegen seines Geschlechts herab, weil im Alltagsverständnis auch unreflektiert offensichtlich ist, dass mit „jeder“ sowohl Männer wie Frauen gemeint sind.

– Debatte im russischen Fernsehen über den Krieg gegen die Ukraine. Aleksei Roschkin, Experte für Politik und Sozialpsychologie:

„Das ist grausam und sadistisch. Das ist ein Krieg gegen die Bevölkerung.“ – „Als Bürger bin ich mitverantwortlich, aber ich habe den Bombardierungen ukrainischer Kraftwerke nicht zugestimmt.“

Die Antwort des Moderators Andrei Norkins: „Er war lange nicht mehr hier und musste sich diese Worte von der Seele reden. Deswegen hat er entschieden, einen Kack-Haufen ins Feld zu schmeißen. – Wir verstehen alle, dass Sie zurück ins Fernsehen wollten, aber ich befürchte, Sie haben den falschen Weg gewählt.“ – „Niemanden interessiert, was Sie zu sagen haben.“

KOMMENTAR: Man erkennt natürlich leicht, dass hinter diesen Worten die Angst vor der russischen Führung und Sanktionen stehen könnte. Solches Gerede eignet sich gut dazu, schon vorab den Kopf aus eventuellen Schlingen zu ziehen. Dass der Ukraine-Krieg von vielen Staaten als Verstoß gegen das Völkerrecht bewertet wird, war dagegen kein Thema. Der Internationale Gerichtshof als höchstes Gericht der Vereinten Nationen hatte schon im März 2022 angeordnet, Russlands militärische Gewalt in der Ukraine mit sofortiger Wirkung zu beenden.

– Die französische Chansonsängerin Monique A. Serf, (genannt „Barbara“): „Von klein auf dachte ich, jüdisch zu sein, bedeute nicht einer Religion anzugehören oder einem Land, sondern abgewiesen zu werden. Um der Verfolgung zu entkommen, musste man schweigen, sich verstecken, sich retten“.

KOMMENTAR: In nur zwei Sätzen zeigt sich hier das Desaster einer von Sprachquark geprägten Weltanschauung mit unmenschlichen Folgen für ihre Opfer. Die Verallgemeinerung von Negativsein des Judentums durch Antisemiten ist ein reines Hirngespinst, das eher auf zu niedrigen Intelligenzquotienten hinweist, als auf Fakten: Denn sonst müsste allen Juden ein nachweisbares gemeinsames „negatives“ Merkmal zukommen.

– Gianni Infantino, Präsident der Fifa 2022: „Für das, was wir Europäer in den vergangenen 3000 Jahren getan haben, sollten wir uns für die nächsten 3000 Jahre entschuldigen, bevor wir anfangen, den Menschen moralische Lektionen zu erteilen.“

KOMMENTAR: Hinweise auf Moral sind zweifellos legitim in einer freien Gesellschaft und manchmal sogar nützlich.

Zum Sprachquark wird Infatinos Behauptung jedoch dadurch, dass man damit ähnlich wie im Beispiel des Eierwurfs auf König Charles III. fälschlich Menschen in der Gegenwart für Verbrechen anderer in der Vergangenheit verantwortlich macht. Ein weiteres Kuriosum dieser Version von unbedachtem Gerede ist dabei die völlig willkürliche zeitliche Festlegung. Bei freier Wahl könnte man in der Gegenwart Europäer ebenso gut für Morde von Steinzeitmenschen vor etwa 2,6 Millionen Jahren verantwortlich machen.

Anmerkung: Dass viele – unschuldige – Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg trotzdem für Wiedergutmachung etwa gegenüber Polen und Israel einstehen, wäre dagegen auch als humanitäre Geste und Aufruf angesichts des erschreckenden Umfangs und der Grausamkeiten begangener Verbrechen zu verstehen.

– „Paternalismus ist gerechtfertigt, wenn er dem Wohl des Betroffenen dient.“

KOMMENTAR: Als paternalistisch werden Regeln bezeichnet, die gegen den Willen, aber auf das vermeintliche Wohl des Anderen ausgerichtet sind.

Dieses Argument setzt allerdings allgemeingültige Werte voraus. Selbst die normalerweise von fast allen Menschen abgelehnte Erfahrung, Schmerzen zu erleiden (Ausnahme: „Masochismus“ beim Überwiegen von Lust gegenüber Schmerz), erscheint im Paternalismus unnötig aufoktroyiert. Dann versucht man jemanden zu seinem angeblichen „Glück“ zu zwingen.

Der Wert der freien Wahl des Einzelnen steht so dem Wert der Schmerzfreiheit gegenüber. Es lässt sich aber letztlich kein evidentes Kriterium für den Vorrang des einen Wertes vor dem anderen finden. Die Wahl ist subjektiv, nicht allgemeingültig.

Wie wir im Verlaufe unserer Analysen noch genauer sehen werden, mangelt es uns gerade auch in solchen Ausnahmefällen an ausreichendem Verständnis von Werten. Hier ist die Aufklärung offensichtlich steckengeblieben. Die „Attractio-Aversio-Theorie“ des Fühlens versucht diesem Mangel abzuhelfen. (Vergl. Kapitel „Angenehm- und Unangenehmsein des Fühlens“)

Eine Besonderheit bei paternalistischen Entscheidungen ist dagegen die Situation des Einzelnen, wenn er krank, dement oder noch zu jung für eine vermutlich positive Entscheidung ist. Dann bleibt nur die Hoffnung auf richtige Interpretation zur Hilfe.

– Eine republikanische Trump-Anhängerin vor den US-Wahlen (ZDF Auslandsjournal im November 2022): Redakteurin „The Patriots Free Press“: „Wir müssen vielleicht auch Leute wie die Clintons enthaupten“.

KOMMENTAR: Ein Beispiel von banalem Sprachquark – ob nun lediglich scherzhaft und übertreibend gemeint oder nicht: Wie sich Enthauptungen missliebiger Politiker mit freien Wahlen vereinbaren lassen, entzieht sich jedem Verständnis und jeder Logik.

– Donald Trump nach seiner Wahlniederlage gegen Biden, obwohl alle damit befassten US-Gerichte keinerlei Hinweise für Wahlfälschungen finden konnten: „Er hat gewonnen, weil die Wahl manipuliert war.“ Und auf Twitter: „Ich habe diese Wahl mit großem Abstand gewonnen.“

KOMMENTAR: Um die Wahl zu gewinnen, hätte Trump bekanntlich einige Tausend Wählerstimmen mehr belegen müssen oder mit glaubwürdigen Zeugen nachzuweisen ge