Die Geschichte der Vermögensanlage - Johannes Seuferle - E-Book

Die Geschichte der Vermögensanlage E-Book

Johannes Seuferle

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Beschreibung

Seit über 5 000 Jahren legen die Menschen Vermögen an. Aber gab es in der Antike schon Staatsanleihen? Seit wann gibt es Aktien? Wer gewinnt im Börsenspiel von Anlegern und Investoren? Wird die Leserin oder der Leser nach der Lektüre eigene Anlageregeln ableiten? Und diese klugerweisen iemandem mitteilen, damit niemand den Markt beeinflusst hinfällig werden? In diesem neuen Standardwerk erfahren Sie alles über die Kulturgeschichte von Geld und Vermögen. Johannes Seuferle bietet erstmals einen umfassenden wie verständlichen Blick auf die historische Entwicklung aller Anlagekategorien von der Antike bis heute. Ein unentbehrlicher Begleiter - für historisch Interessierte ebenso wie für aktive Anleger.

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Seitenzahl: 3032

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Ebook Edition

Johannes Seuferle

Die Geschichte der Vermögensanlage

Band 1

Mehr über unsere Autor:innen und Bücher:

www.westendverlag.de

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-86489-366-7

© Westend Verlag GmbH, Frankfurt / Main 2023

Umschlag- und Schubergestaltung: Buchgut, Berlin

Satz, Layout und E-Book: Publikations Atelier, Dreieich

Inhalt

Band 1

Einführung

Zur Nutzung des Buches

Anlagekategorien

Vermögen und seine Erscheinungsformen

Eigentum

Vergleich der Anlagekategorien

Zugänglichkeit

Laufender Ertrag

Materielle versus immaterielle Güter

Produzierte versus nicht produzierte Güter

Verhalten bei Inflation

Fungibilität

Liquidität

Implizitarbeit

Ethik und Ästhetik

Verhalten bei Aggregation

Kollektivvermögen

Forderungen gegen Staaten

Das Seltsame an Staatsanleihen

Ausgestaltungsformen öffentlicher Verschuldung im Laufe der Geschichte

Antike

Frühmittelalter

Hochmittelalter

Exkurs: Kirchliche Zinsverbote

Exkurs: Münzverschlechterung

Leib- und Ewigrente als Instrumente öffentlicher Verschuldung ab dem Spätmittelalter

Frankreich

England

Spanien

Portugal

Burgund, Flandern, Niederlande

Italienische Gebiete

Deutsche Gebiete

Schweiz

Papiergeld im 18. Jahrhundert

Staatsfinanzierung im 19. Jahrhundert bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges

Großbritannien

Frankreich

Preußen und Deutsches Reich

Österreich

Belgien

Schweiz

Italien

Schweden

Emerging Markets

USA

Südamerika

Exkurs: »Odious Debt«

Asien

Staatsverschuldung in der Zeit der Weltkriege

Erster Weltkrieg

Veränderung der Zinsstruktur in den USA

Deutsches Reich 1933 bis 1945

Asien

Staatsfinanzierung nach dem Zweiten Weltkrieg

Inflation

Exkurs: Indexierung

TIPS und Linker

Die Zukunft der Staatsanleihen

Collective Action Clauses / Pari-passu-Klausel

Zusammenfassende Anmerkungen

Kurze Geschichte der langen Zinsen

Zinsstrukturkurve

Relative Bedeutung der Staatsforderungen im Spektrum der Vermögensanlagen

Anlageerfolg

Anormalität als Normalität

Cash, Gold und Silber

Inflation als Feind der Vermögensanlage in Geld

Deflation als Freund der Vermögensanlage in Geld

Furchterregende Unbekannte: Währungsreform

4 000 Jahre Währungsgeschichte im Überblick

Exkurs: Herleitung Feingewichte Guinea und Shilling

Produktion und Bestand an Gold und Silber

Exkurs: Indien

Demonetisierung des Silbers Ende des 19. Jahrhunderts

Demonetisierung des Goldes ab dem Ersten Weltkrieg

Großbritannien

Kanada

Deutschland

Schweden

Italien

Spanien

Südosteuropa

Exkurs: Goldverbot

Das Gold ab 1933

Geld der Zukunft

Vermögensanlage in Geld und Gold

Gold-Silber-Relation

Silber-Kupfer-Relation

Silberpreis

Goldpreis

Währungen und ihre Wechselkurse

Exkurs: Herleitung Währungsparitäten

Preis von Kryptowährungen

Fazit

Aktien

Der Weg zur Aktiengesellschaft

Frühe Typen von Unternehmen

Landwirtschaftliche Domäne

Kloster

Familiengesellschaften der Renaissance

Die Kaiserliche Reichspost im Heiligen Römischen Reich

Bergrechtliche Gewerkschaften und Bergbaubetriebe

Kommunale oder kommunal konzessionierte Betriebe

Große Übersee-Aktiengesellschaften des 17. Jahrhunderts

Manufakturen

Verlagswesen

Familiengesellschaften des 18. Jahrhunderts

Offene Handelsgesellschaften des frühen 19. Jahrhunderts

Die Frühzeit der Aktiengesellschaft von 1600 bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts

Niederlande

England

Frankreich

Deutsche und österreichische Gebiete

USA

Aktiengesellschaft im 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg

Großbritannien

Frankreich

Belgien

Schweiz

Deutschland

Österreich

USA

Japan

China

Südafrika

Russland

Der Erste Weltkrieg und die Zeit danach

Frankreich

Deutschland

USA

Großbritannien

Irland

Schweiz

Japan

Aktien im Zweiten Weltkrieg

Aktien ab 1945

USA

Frankreich

Japan

Großbritannien

Deutschland

Italien

Schweiz

Dänemark

Schweden

Emerging Markets

Allgemeine Themen zum Aktienmarkt

Gewinne bei fallenden Kursen durch Short Selling

Dividenden

Aktien-Rückkäufe

Liquidität

High-Frequency Trading

Volatilität

Optionsgeschäfte

Bewertung

Value versus Growth

Factor Investing

Gamification

Outperformance der Small Caps

Die Januar-Effekte und andere Anomalien

Fokussierung versus Diversifikation

Relative Größe und Bedeutung des Aktienmarktes

Korrelation zwischen Aktienmarkt und Wirtschaftswachstum

Korrelation zwischen Aktien und Staatsanleihen

Korrelation zwischen Aktien und Unternehmensanleihen

Korrelation zwischen Aktien und Rohstoffen

Auswirkung der Inflation

Korrelation zwischen verschiedenen Aktienmärkten

Korrelation zwischen verschiedenen Aktien

Indexfonds und Exchange Traded Funds

Equity Risk Premium (ERP)

1. Liegt es am gewählten Zeitraum?

2. Ist das nur in den USA so?

3. Liegt es am Survival Bias?

4. Liegt es an der fehlenden Inflationsbereinigung?

Der Crash

Crash nach Innovationsschub

Crash nach Markt-Liberalisierung

Crash nach Bubble

Crash nach Hochkonjunktur

Crash ohne besondere vorangegangene Überbewertung von Aktien

Crash wegen Bankenkrise

Crash wegen finanzwirtschaftlichem Ereignis

Crash wegen realwirtschaftlichem Ereignis

Crash wegen Krieg, Terror oder Kriegsangst

Crash wegen Linksrutsch

Crash wegen regulatorischem Ereignis

Crash ohne spezielle Ursache, ausgelöst von »Marktkräften«

Private Equity

Relative Bedeutung der Aktien im Portefeuille der Anleger

Fazit

Forderungen gegen Banken

Bankengeschichte I – allgemeiner Überblick

Bankengeschichte II – der grundpfandbesicherte, langfristige Kredit

Deutschland: Pfandbrief

Österreich: frühe Innovationen

Frankreich: Crédit Foncier

Großbritannien: Building Societies

USA: private Hypothekendarlehen

Japan

Bankengeschichte III – Geschichte der Zusammenbrüche von Banken

Bankanleihen

1. Generation: nachrangige Bankanleihen

2. Generation: Hybridanleihen

3. Generation: Contingent Convertible Bonds

Bankengeschichte IV – Bankenaufsicht

Zukunft der Bankenrettung

Forderungen gegen Unternehmen

Antike und frühes Mittelalter

Frühe Neuzeit bis 18. Jahrhundert

England

Frankreich

Schweiz

Kanalanleihen

19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg

USA

Deutsche Gebiete

Großbritannien

Frankreich

Italien

Spanien

Österreich

Belgien

Schweiz

Russland

Osmanisches Reich

Zwischenkriegszeit

USA

Deutschland

Großbritannien

Schweden

Unternehmensanleihen nach dem Zweiten Weltkrieg

USA

Deutschland

Schweiz

Italien

Großbritannien

Kanada

China

Südkorea

Emerging Markets

Der Weltmarkt für Unternehmensanleihen seit der Weltfinanzkrise

Lohnt sich das Investment in Unternehmensanleihen?

Einzelthemen zu Unternehmensanleihen

Credit Loan Obligations

Rating

Einfluss des Länderrisikos

Covenants

Befriedigungsquoten (Recovery Rates)

Korrelation mit Staatsanleihen, Aktien und anderen Anleihen

Credit Default Swaps

Fristenstruktur der Risikoaufschläge

Volatilität

Liquidität

Cat Bonds

Fazit

Forderungen gegen Menschen

Wucher

Bestrafung des Schuldners bei Nicht-Erfüllung

Frühgeschichte und Antike

Mittelalter und beginnende Neuzeit

Frankreich

England

Italienische Gebiete

Katalonien

Flandern und Niederlande

Deutsche Gebiete

Neuzeit bis 18. Jahrhundert

Deutsche Gebiete

Frankreich

England

Italienische Gebiete

USA

19. Jahrhundert

Deutschland

England

Frankreich

Niederlande

Österreich

Italienische Gebiete

Portugal

Südamerika

USA

Emerging Markets

20. Jahrhundert

Deutschland

Israel

Thailand

Brasilien

USA

21. Jahrhundert

Alternative Kreditformen

Pfandleihe

Ratenkredit

Kreditgenossenschaft

Crowd-Funding

Mikrofinanz

Fazit

Bedingte Forderungen

Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften

Band 2

Land

Privateigentum an Land – Theorie

Privateigentum an Land in anderen Kulturen und in tiefer Vergangenheit

Privateigentum an Land: historische Entwicklung in Europa

Zusammenfassung – Zugänglichkeit der Anlageklasse Land für den Anleger

Landrenten und Landpreise in der Antike

Landrenten und Landpreise im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Deutsche Gebiete

Exkurs: »Preisrevolution« in der Landwirtschaft

Frankreich

England

Italienische Gebiete

Niederlande

Nordamerika

Südamerika

Landrenten und Landpreise im 18. Jahrhundert

Deutsche Gebiete

Frankreich

England

Nordamerika

Landrenten und Landpreise im 19. Jahrhundert

Deutsche Gebiete

Großbritannien

Frankreich

Spanien

USA

Russland

Südamerika

Australien

Deutsche Kolonien

Landrenten und Landpreise seit dem Ersten Weltkrieg

Exkurs: Landreformen im 20. Jahrhundert

USA

Großbritannien

Frankreich

Italien

Schweiz

Deutschland

Sontiges Europa und Übersee

Australien

China

Bedeutung von Land im Spektrum der Vermögensanlagen

Fazit

Immobilien

Immobilien in Frühgeschichte und Antike

Mittelalter bis 18. Jahrhundert

Deutsche Gebiete

Frankreich

England und seine Kolonien

Italienische Gebiete

Spanien

Niederlande

Osmanisches Reich

Asien

Urbanisierung ab dem 19. Jahrhundert

USA

Kanada

Südamerika

Australien

Deutschland

Frankreich

Exkurs Mieterquoten

Großbritannien

Italien

Spanien

Russland

Exkurs: Adel und städtische Immobilien

Exkurs: Freehold versus Leasehold in England

Zwischen den Weltkriegen

Deutschland

Frankreich

Italien

Schweiz

USA

Großbritannien

Exkurs Mietquoten

Exkurs: Enteignung

Exkurs: Kriegsschäden

Immobilien nach dem Zweiten Weltkrieg

USA

Exkurs: Probleme der Messmethodik und ihre Implikationen

Exkurs: Anteil des Bodenwertes

Großbritannien

Deutschland

Schweiz

Italien

Frankreich

Niederlande

Norwegen

Schweden

Irland

Japan

Singapur

China

Exkurs: Mietenkontrolle

Gewerbeimmobilien

Büroimmobilien und Gewerbeimmobilien allgemein

Einzelhandelsimmobilien

Logistikimmobilien

Hotelimmobilien

Exkurs: Darreichungsformen von Gewerbeimmobilien für den Privatinvestor in Deutschland

Spezielle Immobilien

Bisheriger Anlageerfolg bei Immobilien

Gewinne durch Stadtentstehung

Gewinne durch Cityvergrößerung

Gewinne durch Stadterweiterung

Exkurs: Besteuerung des Bodengewinns

Gewinne durch Stadtkonjunktur

Gewinne durch Stadtteilkonjunktur

Verluste durch Stadtuntergang, Stadtverkleinerung, städtischen Niedergang

Bedeutung der Immobilien im Spektrum der Vermögensanlagen

Zukunft von Immobilien

Sklaven

Ökonomische Theorie der Sklaverei

Sklaverei und Sklavenhandel in verschiedenen Epochen und Gebieten

Frühmenschen

Altes Ägypten

Mesopotamien

Alttestamentarisches Israel

Griechische Antike

Sparta

Römische Antike

Germanen

Asien

Arabien

Europäisches und mediterranes Mittelalter

Neuzeit

Afrika

Präkolumbianisches Amerika

Karibik

Südamerika

USA

Russland

Selbstversklavung

Jüngere Entwicklungen

Bedeutung der Sklaven im Spektrum der Vermögensanlagen

Fazit: Sklaven als Vermögensanlage

Humankapital

Lehrlinge und Berufsanfänger

Stellen- und Ämterkauf

Studentendarlehen

Sportler, Künstler, Sponsoring

Fußballer

Investment Banker, Top-Manager

Prostitution

Fazit

Kunst

Preisentwicklung von Kunst

Korrelation der Kunstpreise mit Variablen von Bild und Maler

Provenienz und Echtheit

Signatur

Größe des Bildes

Preiskategorie des Bildes

Alter des Künstlers

Tod des Künstlers

Korrelation der Kunstpreise mit wirtschaftlichen Variablen

Steilheit der Einkommens- und Vermögensverteilung

Boom und Rezession

Geschichte der Vermarktungsformen von Kunst

Exkurs: Kunstfonds

Exkurs: Kopien und Drucke

Kunst und Kunstpreise in früheren Epochen und Regionen

Antike

Erfindung des Gemäldes in Italien und Flandern Ende des 14. Jahrhunderts

China und Japan

Bildersturm im 16. Jahrhundert

Italienische Gebiete 14. bis 16. Jahrhundert

Flandern 15. bis 17. Jahrhundert

Holland 17. Jahrhundert

Frankreich im 17. Jahrhundert

Italienische Gebiete im 17. Jahrhundert

Spanien im 17. Jahrhundert

Österreichische Niederlande im 18. Jahrhundert

England 16. bis 18. Jahrhundert

Frankreich im 18. Jahrhundert

Deutsche Gebiete im 18. Jahrhundert

Großbritannien im 19. Jahrhundert

Frankreich im 19. Jahrhundert

Deutschland im 19. Jahrhundert

Großbritannien in den 1920er- bis 1950er-Jahren

Deutschland 1925 bis 1955

Frankreich, Belgien, Holland von den 1920er-Jahren bis 1952

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Spezielle Segmente des Kunstmarktes

Schätzungen zur Größe des Kunstmarktes

Fazit

Sammelobjekte

Armagnac, Cognac, Rum (aus Melasse), Rhum (aus Zuckerrohrsaft), Whisky

Boote und Yachten

Briefmarken

Brieftauben

Bonsai-Bäume

Bücher und Manuskripte

Diamanten

Edelsteine

Glas

Handtaschen

Historische Wertpapiere

Koi-Karpfen

Möbel und Einrichtungsgegenstände

Münzen

Musikinstrumente

Oldtimer und Youngtimer

Porzellan und Keramik

Rennpferde

Schmuck

Schnupftabakdosen

Spielzeugsoldaten

Tafelsilber

Teppiche

Uhren

Waffen

Wein

Zigarren

Einige weitere Sammelgebiete

Fazit

Gebrauchsgüter, Investitionsgüter und Infrastruktur

Vieh

Aufwandsgesetze und Gebrauchsgüter

Enteignung von Gebrauchsgütern

Bedeutung von Gebrauchsgütern im Gesamtvermögen

Die Geschichte der Transportmittel des Menschen

Esel

Pferd

Kamel

Kutsche

Fahrrad

Auto

Boot und Schiff

Flugzeug

Sonstige Gebrauchsgüter

Haltbarkeit und Lebenserwartung von Gebrauchsgütern, Gebrauchtmarkt

Infrastruktur

Fazit

Rohstoffe

Energie

Edelmetalle

Industriemetalle

Agrarprodukte (Soft Commodities)

Tiere (Livestock)

Lagerhaltung und Terminmarkt, Forward und Future

Exkurs: Terminhandel mit Finanzaktiva

Größe des Terminmarkts und Marktteilnehmer

Performance von Rohstoffinvestments

Fazit

Patente, Rechte, Lizenzen

Geschichte des Patents

Für und Wider von Patenten

Wert von geistigem Eigentum

Lizenz

Fazit: Patente und Lizenzen …

Orientierungspunkte

Band 1

Band 2

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Zwischen welchen Arten der Vermögensanlage konnte der Mensch im Laufe der Jahrtausende auswählen, wie verschob sich das relative Gewicht dieser Anlageformen und, vor allem, wie ist es dem Anleger jeweils ergangen, welche Anlageformen haben sich gelohnt und bewährt, welche nicht? Die ersten sesshaften Menschen konnten nur in Nahrungsmittelvorräte investieren, weiter in einfache Gebrauchsgegenstände, Werkzeuge oder Vieh. Als man begann, männliche Kriegsgegner nicht mehr zu ermorden, sondern gefangen zu nehmen und zu versklaven, kamenSklaven als neue, zeitweise dominierende Art der Vermögensanlage hinzu. Mit der »Erfindung« des Privateigentums an Land in Mesopotamien und Griechenland und der Imitation dieser Einrichtung im antiken Rom kam Land als weitere Form der Vermögensanlage hinzu und wurde zur dominierenden Vermögensanlage von etwa 500 vor Christus bis 1850 nach Christus. Dann wurde Landin dieser Rolle durch Immobilien abgelöst, genauer gesagt und in erster Linie durch Immobilienauf städtischen Böden. Der Siegeszug dieser Anlagekategorie hält bis heute an. Neue Anlagekategorien kamen hinzu, wie Aktien ab dem Beginn des 17. Jahrhunderts und Kunst in Form von Gemälden ab dem 16. Jahrhundert; an beiden Innovationen hatten die Niederlande einen maßgeblichen Anteil.

Grundsätzlich kann Vermögensanlage durch Güter geschehen oder durch Rechte, insbesondere durch Forderungen. Bei den Forderungen wurden die Staatsanleihen in dem Maße immer wichtiger, in dem der Anleger darauf vertrauen konnte, dass seine Forderung in einem demokratischen Staat unter Kontrolle eines Parlaments bedient und nicht möglicherweise von einem Despoten zurückgewiesen werde.

Betrachten wir einige historische Vermögenszusammenstellungen. Am 27.6.1641 verstarb in Delft ein gewisser Michiel van Mierevelt, wohlhabender Maler und Kupferstecher. Zum Zeitpunkt des Todes setzte sich sein Vermögen wie folgt zusammen.

Vermögen Michiel van Mierevelt, 1641

 

Wert in Gulden

Jahresertrag in Gulden

Selbst genutztes Wohnhaus

2 010

 

Ein weiteres Wohnhaus

k. A.

180

10 Parzellen Land à 3 bis 10 ha

k. A.

1 237

Obligationen der Generalstaaten und der Provinz Holland

14 500

900

Private Forderungen

k. A.

250

Fertige Bilder

1 200

 

Kleider und andere bewegliche Güter

Liste der Versteigerungspreise liegt nicht mehr vor

 

Cash

5 829

 

Gesamt

 

2 567

Die verschiedenen Positionen, ihr relatives Gewicht und ihre Rendite kommen uns, trotz einiger Lücken, ziemlich heutig vor. Zugegeben: Aktien fehlen völlig und Landrenten sind die wichtigste Einnahmenquelle. Dennoch sind uns die Vermögenspositionen nicht absolut fremd. Müssen wir weiter in die Geschichte zurückblicken, um völlig andere Umstände vorzufinden? Sehen wir uns das Vermögen des Demosthenes im antiken Griechenland im Jahre 364 vor Christus an, wie es bei dem Prozess gegen seine Vormünder vor Gericht angegeben wurde (die Klage lautete auf Herausgabe des Vermögens wegen Untreue).1

Vermögen des Demosthenes, Antike

Wert in Drachmen

Jahresertrag in Drachmen

32 oder 33 Sklaven, die Schwerter und Messer herstellen, im Durchschnitt 300 Drachmen / Sklave, dazu bis zu 3 Facharbeiter-Sklaven à 600 Drachmen

10 800

3 000

20 Sklaven, die Möbel (Betten) herstellen, 300 Drachmen / Sklave

6 000

1 200

Persönlicher Kredit zu 12 % Zins

6 000

700

Rohmaterialien (Holz, Eisen, Elfenbein)

8 000

Rohmaterialien (Kupfer)

7 000

Haus der Familie

3 000

Hausrat, Kleidung

10 000

Bargeld,in häuslicher Schatzkiste

8 000

Seedarlehen

7 000

Einlage bei der Bank des Pasion

2 400

Einlage bei der Bank des Pylades

600

Einlage bei der Bank des Demomeles

1 600

Weitere Privatdarlehen

6 000

Gesamt (Anm. d. Verf.)

76 400

Auch dieses Vermögen erscheint uns nicht sehr verschieden von heutigen Verhältnissen. Statt »33 Sklaven, die Schwerter und Messer herstellen« würde man heute sagen: »100 Prozent der Anteile einer GmbH/AG, die Schwerter und Messer herstellt«. Demosthenes Sklaven-Position wäre heute eine Aktien-Position. Auffallend sind allerdings der hohe Wert für Hausrat und Kleidung und der geringe Wert für das eigene Haus. Das wäre heute andersherum. (Anmerkung: Die Originalangaben sind teilweise in Talenten oder Minen, antiken griechischen Währungseinheiten. Ein Talent entspricht 60 Minen, eine Mine entspricht 100 Drachmen.)

Der Fabrikantensohn James Mott aus Birmingham führte von 1879 bis zu seinem Tode eine genaue, noch erhaltene Buchhaltung über seine Vermögensverhältnisse. 1879 steckten etwa 27 Prozent seiner Aktiva in Aktien, weitere 27 Prozent in der vom Vater geerbten Gießerei, 20 Prozent in hypothekarisch gesicherten Ausleihungen, 11 Prozent hielt er in bar und 15 Prozent des Vermögens repräsentierte sein Haus. 1884 löste er die väterliche Firma auf und lebte in der Folge nur noch vom Vermögen. Dieses stieg trotz fehlender Arbeitseinkünfte von rund 13 000 Pfund im Jahr 1884 auf über 20 000 Pfund im Jahr 1900. James Mott investierte vor allem in Aktien, während seines Lebens hielt er Positionen in insgesamt 17 Gesellschaften (sechs Eisenbahn-Gesellschaften, eine Kanal-Gesellschaft, drei Versorger, ein Kaufhaus, drei Eisen- und Stahlhersteller, drei metallverarbeitende Betriebe für Schreibfedern, Schrauben, Eisenbahnschienen und Stahlbrücken). Ab 1900 bis zu seinem Tode 1927 hielt er knapp 80 Prozent seines Vermögens in Aktien, den Rest in Immobilien und verpachtetem Land. 1916 kam eine Kriegsanleihe mit etwa drei Prozent Gewicht hinzu. Ab 1900 ist sein Vermögen nicht mehr gewachsen.2 Das Fehlen von Anleihen erstaunt, vor allem der berühmten britischen Consols, Staatsanleihen mit ewiger Laufzeit. James Mott war in dieser Hinsicht eine Ausnahme, zum Beispiel hielt eine gewisse Elizabeth Snaith, deren Vermögensaufstellung zum Todeszeitpunkt ebenfalls noch vorliegt, von einem Gesamtvermögen im Jahre 1890 von 66 000 Pfund immerhin 13 000 Pfund in Consols.3

Der Schweier Kanton Bern erzielte schon Mitte des 18. Jahrhunderts Haushaltsüberschüsse und unterhielt, was wir heute einen Sovereign Wealth Fund (Staatsfonds) nennen. Der Fonds investierte fast ausschließlichin Anleihen. Schuldner waren England, Holland, der Landgraf von Hessen-Kassel, die Stadt Leipzig, die sächsischen Landstände, der Herzog von Württemberg, der König von Sardinien, der König von Dänemark, der Herzog von Mecklenburg-Schwerin, der Bischof von Speyer, der Herzog von Nassau-Saarbrücken, die Stadt Ulm, der Abt von Sankt-Gallen, der Landgraf von Hessen-Darmstadt, die Stadt Nürnberg, der Herzog von Pfalz-Zweibrücken, der Herzog von Sachsen-Weimar, Kaiser Joseph II., Fürst von Schwarzenberg und die Gemeinde Le Locle in Neuenburg.4 Auffallend ist, neben dem Fehlen von Unternehmensanleihen, dass viele Schuldner, die heute als öffentliche Schuldner gelten, in privatrechtlicher Form erscheinen.

Gottfried Wilhelm Leibniz soll sein Geld vor allem in bar gehalten haben, während Immanuel Kant in höherem Alter mit der Verteilung seiner Mittel auf eine sechsprozentige Bankeinlage, ein Hypothekendarlehen an ein Rittergut und eine Beteiligung an einer Zuckerfabrik klug diversifizierte. Unter Arthur Schopenhauers Aktiva befanden sich Leipziger Stadtobligationen, Anleihen des Herzogtums Weimar, Wechsel einer Bank, einer Weinhandlung und mexikanische Staatsanleihen. Er glaubte wohl an Fixed Income mit einer Prise Emerging Markets. Friedrich Nietzsche soll einige Industrieaktien gehalten haben.5 Als Beispiel aus heutiger Zeit noch die Anlagen des Autors von 2020, natürlich nur in Prozent:

Anlageanteile des Autors

Anlageform

Anteil in Prozent

Eigene Wohnung (minus Schulden darauf)

20

Vermietete Immobilien

22

Aktien

28

Anleihen

22

Gold

1

Kunst

1

Gebrauchsgüter

1

Cash

5

Die Beispiele legen nahe: Eine Geschichte der Vermögensanlage kann geschrieben werden, und zwar von der Antike bis heute. In all der Zeit gab es – mal mehr, mal weniger verbreitet – den Anleger,und es gab im Wesentlichen die Anlagekategorien, die wir heute kennen. Natürlich gab es in früheren Epochen weniger »Anleger« im heutigen Sinne. Die meisten Menschen lebten von der Hand in den Mund, und wenige reiche Adelige hatten kaum echte Wahlmöglichkeiten, sie lebten und investierten in erster Linie standesgemäß. Bei einem Durchschnittsalter männlicher, europäischer Adeliger von nur 50 Jahren im frühen Mittelalter und dem Tod in der Schlacht in etwa 30 Prozent der Fälle als Todesursache6 ist es nachvollziehbar, dass sich vermögende Adelige in erster Linie als Hüter, als Treuhänder, als Vorerben ihres Vermögens sahen. Ihr Fokus lag nicht auf Finanzen. Aber schon im Athen der Antike gab es ein kleines, städtisches Bürgertum, das sich in Grenzen frei entscheiden konnte zwischen einer Staatsanleihe, der Finanzierung einer Handelsfahrt, einer Bankeinlage, einem Privatdarlehen, Land, Vieh oder einem städtischen Mietshaus. Und diese Bevölkerungsgruppe hat sich seit der Antike und seit dem Mittelalter stark vermehrt. Absolut und relativ beschäftigen sich immer mehr Menschen mit Vermögensanlage.

Der Schwerpunkt einer Geschichte der Vermögensanlage könnte auf einer Darstellung und Erklärung der Vermögensverteilung liegen. Thomas Piketty hat das mit seinem Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert vorgelegt.7 Diese Schwerpunktsetzung soll hier nicht wiederholt werden. Ein anderer Schwerpunkt einer Geschichte der Vermögensanlage könnte auf der Betrachtung der Person des Anlegers liegen. Waren es überwiegend Einzelpersonen, Entscheidungsträger für eine Kleinfamilie oder gleich für eine ganze Sippe, wurde Vermögen patrilinear oder matrilinear, das heißt über die weibliche oder männliche Linie, weitergereicht, wie bedeutsam waren bei der Vermögensnachfolge Blutsverwandtschaft oder Wahlverwandtschaft, inwieweit waren rechtlich selbstständige Darreichungsformen der Vermögensanlage wie Unternehmen, Fonds oder Lebensversicherer dazwischengeschaltet? Welche Bedeutung hatten die »Anleger der toten Hand«, die Vermögen verwalten, die Stiftungen, Vereinen, Fideikommissen, der Kirche, der öffentlichen Hand gehören, also in gewisser Weise niemandem? Wie wuchs das historisch größte Vermögen zur toten Hand, das der Kirche, über Jahrhunderte zu riesiger Dimension? Welche Bedeutung hatte dabei die Emanzipation der Frau, die Testierfreiheit, also die Entscheidungsfreiheit, wie das Vermögen nach dem Todesfall verteilt werden soll, von unverheirateten Frauen, der Ersatz der antiken Adoption durch die christliche Patenschaft ohne Erbfolge, die Ausdehnung des Inzestverbots, das strenge Verbot des Verkaufs von Kirchenbesitz?8 All das wäre Inhalt einer interessanten Finanzgeschichte – aber nicht dieser.

Auch eine Geschichte der Vermögensanlage als nach Epochen und Regionen geordnete allgemeine Finanz- und Wirtschaftsgeschichte wird hier nicht vorgelegt. Wer diese sucht, kann zwischen zahlreichen großartigen Werken berühmter Autoren wählen. Es gibt auch einige weniger berühmte Werke, die sich auf den Blickwinkel des Anlegers konzentrieren, wie Percy Ripleys A Short History of Investment von 19349 , Charles-Albert Michalets Les Placements des Épargnants Français de 1815 a nos jours (die Anlagen der französischen Sparer von 1815 bis heute) von 196810 und Investment. A History von Norton Reamer und Jesse Downing von 2016.11 Auch diese Bücher sind nach Epochen geordnet.

Im vorliegenden Buch liegt der Schwerpunkt auf der Frage, wie es dem Anleger ergangen ist. Deshalb erfolgt die Gliederung nach Anlagekategorien. Durch diese Gliederung nach der Art der Anlage (und erst dann nach Epoche und Region) müssen Antworten auf Fragen gefunden werden, die man in den großen, sich auf die herausragenden, epochalen Ereignisse der Wirtschafts- und Finanzgeschichte konzentrierenden Werke selten findet. Beispielsweise: Wie hoch war eigentlich die Mietrendite von Häusern im Mittelalter, wie entwickelte sich der Silberpreis in den Jahren des Goldverbots von 1933 bis 1974, wo konnte man 1945 Gold kaufen, gab es schon in der Antike wertvolle Gemälde, wann hoben die Preise impressionistischer Bilder im internationalen Kunsthandel ab, gab es in der Weltwirtschaftskrise eine Welle von Ausfällen unter deutschen Industrieobligationen, wie entwickelten sich japanische Aktien von 1918 bis 1940 (und wie reagierten sie auf das verheerende Erdbeben von 1923), warum konzentrierte sich der Rohstoff-Terminhandel im 19. Jahrhundert auf ganz andere Rohstoffe als heute, wie investierte man früher in Infrastruktur?

Die Lektüre der folgenden 17 Kapitel wird bei Leserin und Leser den Eindruck hinterlassen, dass es neben einigen echten Entwicklungenin der Geschichte der Vermögensanlage auch viele Themen gibt, bei denen die Geschichte seit Jahrhunderten ohne klare Richtung blieb. Zum Beispiel

hat die Menschheit bis heute kein Geld als Zahlungsmittel und Instrument der Wertaufbewahrung gefunden, mit dem man wirklich zufrieden war. Die Menschheit hat kein natürliches Geld, sie hat nur Geld, das anfällig ist für Betrug durch den Staat, durch Banken oder Private, und dieser Betrug fand und findet auch tatsächlich statt. Beim Geld sind die Menschen ewig Suchende.gibt es schon seit Jahrtausenden Banken oder zumindest Banker und seit jeher wurde das Bankwesen mal reguliert und verstaatlicht, mal privatisiert und von allen Fesseln befreit, dann erneut reguliert oder erneut verstaatlicht. Frustriert von den ständigen Insolvenzen privater Banken gründete Venedig 1584 eine staatliche »Umschreibebank« für den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Im 19. Jahrhundert waren die Banken in vielen Ländern völlig frei, unterlagen nur den Regeln des allgemeinen Handelsgesetzes, es gab weder besondere Bankengesetze noch eine Bankenaufsicht. Das änderte sich Anfang der 1930er-Jahre. In den 1980er-Jahren wurde dereguliert. Heute herrscht wieder strenge Aufsicht. Das Pendel schlägt ständig hin und her, eine stabile Lösung des »Problems Bank« wurde bis heute nicht gefunden.kommt es, seitdem es Aktien gibt, von Zeit zu Zeit zu wilden Haussen (starke Kursgewinne) gefolgt von Abwärtsbewegungen hin zu lachhaft geringen Bewertungen, die massenhaft Existenzen vernichten. Die Baisse ist mal kurz und heftig, mal zieht sie sich ewig in die Länge, mal aufgrund von Daten erklärbar, mal unerklärbar und eigentliche Ursache des allgemeinen Wirtschaftsabschwunges, dem sie vorausgeht.geschieht dasselbe von Zeit zu Zeit mit Agrarland, mit Immobilien, mit städtischen Böden und auch mit Kunst bestimmter Maler und Stichrichtungen.ist privates Landeigentum abstrakt, nicht unmittelbar einsichtig wie der Besitz eines Hemdes, einer Goldmünze in der Hosentasche oder eines Hundes, der dem Herrn folgt. Privates Landeigentum erfordert Kooperation und Zustimmung anderer Menschen, man kann allein schlecht Fakten schaffen, wie bei anderem Besitz. Deshalb kam es in vielen Kulturen nie zum privaten Landeigentum, es gab entweder »Agrarkommunismus« oder dem König gehörte alles. Der teilte das Land temporär zur Nutzung zu. Landgeschäfte waren folglich Geschäfte in Nutzungsrechten an Land, Zeitpacht, Erbpacht. Aber auch, wo es privates Landeigentum gab, folgte Verstaatlichung wie in Russland 1918, in China 1949 und in Kuba 1959: Und diese wurde wieder gelockert, in Russland mit der Abschaffung der Kolchosen und Sowchosen ab 1992, in China ab 1978 und in Kuba ab 2008. In einigen Gebieten schwankt das Geschehen hin und her, in anderen etablierte sich privates Landeigentum seit der Antike bis heute.hatte mit Beginn des Ersten Weltkrieges der Gesetzgeber in vielen Ländern die Idee, in das private Mietrecht an Wohnungen einzugreifen. Unmittelbarer Anlass war die Regelung von Mietrückständen im Felde stehender Soldaten. Der Gesetzgeber engagierte sich mehr und mehr, reglementierte Mieten bis zur Grenze der Enteignung. Der Wohnungsbestand verrottete, die Stellung der privaten Eigentümer musste wieder gestärkt und das Mietrecht liberalisiert werden. So geht es schon seit 100 Jahren vor und zurück.werden, wenn die Nahrungsmittelpreise stark steigen, wie zum Beispiel von 2004 bis 2007, oder wenn die europäischen Bankaktien ins Bodenlose zu rutschen drohen, wie im August 2011, schnell die Terminmärkte als Schuldige entdeckt und der Terminhandel verboten. Irgendwann später wird der Terminhandel still wieder zugelassen. Eine stabile Haltung der Politik zu Terminmärkten gibt es bis heute nicht, nicht einmal in den USA.war die Rechtsstellung des Zeichners öffentlicher Anleihen manchmal de jure sehr stark, wie etwa die mögliche Zwangsvollstreckung gegen US-Kommunen bis in die 1930er-Jahre hinein. Manchmal war sie de facto sehr stark, wie etwa die freiwillige Bedienung ausgefallener Staatsanleihen anderer Länderdurch einen Staat in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg (Japan und Italien entschädigten ihre Bürger teilweise für die ausgefallenen russischen Staatsanleihen). Zu anderen Zeiten haben Staaten oder Herrscher ihre Anleihen praktisch freiwillig bedient – oder eben nicht, der Anleger hatte keinerlei Rechtsmittel.

Es gibt aber auch dauerhafte und zumindest bis heute anhaltende Entwicklungenin der Geschichte der Vermögensanlage. Eine ganze Reihe von Entwicklungen hängen damit zusammen, dass irgendwelche materiellen oder immateriellen Güter den Charakter von Objekten der Vermögensanlage annahmen (im Englischen Propertisation) oder verloren (De-Propertisation). Einige Beispiele: Hätte man Anfang des 16. Jahrhunderts dem Universalgelehrten Leonardo da Vinci die Möglichkeit eröffnet, sich schon einmal die Internetdomain www.auto.it zu sichern, so hätte man es ihm dreimal erklären können, er hätte es wohl immer noch nicht verstanden. Hätte man Adam Smith ein Investment in Bitcoins oder in CO2-Verschmutzungsrechte angeboten, so hätte er es vielleicht auch erst nach dem dritten Erklären verstanden – aber was hätte er konkret tun können, wie vorgehen, von wem hätte er die Anlageobjekte erhalten können? Die Propertisation dieser Güter und Rechte hatte noch lange nicht stattgefunden. Meist folgt die Propertisation eines Gutes oder Rechts etwa folgender Chronologie: Erstens wird das Gut erkennbar, zweitens beginnt unter den Menschen eine gewisse Konkurrenz um das Gut, drittens tendiert das Rechtsempfinden der Menschen (oder die Raffgier der Mächtigen) dahin, private Eigentumsrechte an dem Gut für wünschenswert zu halten, viertens gewinnt die Gemeinschaft (der Staat) die Fähigkeit, oft als Folge technischer Neuerungen, diese auch zu garantieren. Eine wichtige historische Rolle spielten dabei Innovationen – beispielsweise Schloss und Schlüssel. Was das Eigentum an Tieren anbelangt, erlaubten erst die Innovationen der Zähmung und der Einzäunung, dieses zum Gegenstand privater Vermögensanlage zu machen. So änderte sich das Rechtsempfinden der Menschen betreffend Land dahingehend, umfassende Eigentumsrechte an Land, also Privateigentum an Land, zu begründen. So wurden noch in der Erde befindliche oder vermutete Rohstoffe mittels Begründung von Bohr- und Schürfrechten zu einem Anlageobjekt. So wurden Straßen und Brücken, Wasserleitungen und Kanäle durch die staatliche Konzession an Private zum Eintreiben von Nutzungsgebühren zu möglichen Objekten der Geldanlage. So ermöglichte die Innovation der Aktiengesellschaft die private Anlage in Unternehmensanteilen, will sagen: Zukünftige Gewinne wurden zu einem Anlageobjekt. So wurde ab dem 19. Jahrhundert geistiges Eigentum (Patente, Urheberrechte, Markenrechte) zu potenziellem Privateigentum, weil man Methoden ersann, diesem den Charakter eines öffentlichen Gutes zu nehmen. So wurden mit der Zurückdrängung des Goldes die verschiedenen Währungen zu einer neuen Form der Geldanlage. Jüngste Beispiele von Propertisation sind: Verschmutzungsrechte, Kryptowährungen, Internetdomains, non-fungibleTokens (nicht ersetzbare digital verschlüsselte Objekte). Aber auch ein historisch bedeutsames Beispiel von De-Propertisation wegen geänderten Rechtsempfindens sei genannt: Sklaven.

Neben der Propertisation gibt es noch andere Entwicklungen in der Geschichte der Vermögensanlage. Zum Beispiel:

wächst die absolute Zahl und auch der Anteil der Menschen, die autonom Entscheidungen über Vermögensanlage treffen können, seit Jahrhunderten unaufhörlich an.wurde die Outperformance (höhere Rendite einer Anlage im Vergleich zu einer anderen) der Aktien über die Renten nach dem Ersten Weltkrieg erstmals erkannt und in Büchern für Anleger thematisiert und hält bis heute an.hält der Siegeszug der Anlageklasse Immobilienbis heute bruchlos an. Früher, wie wir sehen werden, »zweitrangiges Vermögensgut«, sind Immobilien heute die quantitativ größte Anlageklasse der Welt. Das hat im Wesentlichen vier Gründe: der Anstieg der Weltbevölkerung, die fortschreitende Urbanisierung, die Verbreitung völlig neuer Immobilienarten wie zum Beispiel Büroimmobilien und die zunehmenden Ansprüche an die Immobilie, die inzwischen viel mehr leisten muss als früher, da sie nur als Dach über dem Kopf und zur Unterbringung der persönlichen Habe diente.nehmen Liquidität und Fungibilität (Austauschbarkeit) von Staatsanleihen seit Jahrhunderten stetig zu. Seit Beginn der 1930er-Jahre wurde die Zinsstrukturkurve als eine Abhängigkeit der Rendite von der Restlaufzeit einer Anleihe erkannt und ab den 1950er-Jahren das Phänomen der »normalen« Zinsstruktur (langfristige Zinsen höher als kurzfristige) beschrieben.gibt es immer mehr Finance, immer mehr Finanzaktiva im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) als früher. So wuchs das Verhältnis des Wertes aller Aktien im Vergleich zum BIP in den USA von 50 Prozent im Jahre 1980 auf 141 Prozent im Jahre 2007; das Verhältnis aller gelisteten Anleihen im Vergleich zum BIP der USA wuchs in demselben Zeitraum von 57 Prozent auf 182 Prozent.12 Nach Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) wuchs die Kreditmenge im Vergleich zum BIP von 25 Prozent im Jahr 1950 auf fast 130 Prozent 2010, wobei sie schon vor Beginn des Ersten Weltkrieges viele Jahre stabil bei gut 50 Prozent gelegen hatte.13 Die Kredite allein an private Haushalte stiegen in den USA von gut 50 Prozent des BIP in den frühen 1990er-Jahren auf mehr als 100 Prozent 2007.14 Warum ist das so? Schon 1989 nannte Edwin Heri folgende Ursachen für diese Entwicklung: höhere Volatilität der Finanzmärkte nach Freigabe der Wechselkurse ab 1973, zunehmende Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen seit dem ersten Ölpreisschock 1973, permanente Schuldenkrisen wichtiger Länder seit 1982, Deregulierungen im Finanzbereich, Möglichkeit zur Bewältigung riesiger Datenmengen durch Computer, Innovationen der Finanzbranche (zum Beispiel Fonds, Verbriefung, Derivate).15gibt es nicht nur mehr Finance, es gibt auch mehr Geld, seit 2000 steigt die weit gefasste Geldmenge im Verhältnis zum BIP deutlich an.16wird die Menschheit seit 200 Jahren – fast bruchlos – immer langlebiger und immer wohlhabender und inmitten dieses Trends war gesunder Pessimismus, so könnte man fast sagen, ein schlechterer Ratgeber als euphorischer Optimismus.

Es ist nicht sicher, dass finanzhistorische Kenntnisse den Anleger zu richtigen Schlüssen verhelfen. Mühelos lassen sich einige historische Analogieschlüsse nennen, welche falsch waren:

So wurde nach den südamerikanischen Unabhängigkeitskriegen von 1809 bis 1825 erwartet, dass von nun an in Südamerika eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung nach dem Modell von Nordamerika einsetze. Die neuen Länder konnten ab 1822 problemlos Anleihen am Londoner Markt platzieren. Schon ab 1826 wurden die meisten dieser Anleihen notleidend. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde erwartet, dass sich die Wirtschaft nun, von den Fesseln des Krieges befreit, dank Frieden positiv entwickle. Das Gegenteil trat ein: Es gab um 1920 schlimme Nachkriegsrezessionen, vor allem in den USA, in England, Skandinavien und Japan.Da es bis 1914 nie eine Tendenz zu dauerhafter Inflation gegeben hatte, sondern im Gegenteil jede kurzfristige Inflation von einer deflationären Gegenbewegung abgelöst wurde, erwarteten die Zeitgenossen 1918 selbstverständlich, dass die Preissteigerungen aus dem Ersten Weltkrieg nun revidiert würden. Das war nur in den USA und in der Schweiz (teilweise) der Fall, in Frankreich und Italien, wo sich während des Krieges die Preise verdreifacht beziehungsweise vervierfacht hatten, gab es keine nennenswerte Rückbildung. Und in Deutschland kam ab 1922 die Hyperinflation.Nach dem Modell des Ersten Weltkrieges rüsteten sich die USA ab 1945 zu einer Nachkriegsrezession: Nichts davon war zu spüren. Der zu erwartende Rückgang des BIP von 1944 bis 1947 um rund 13 Prozent wegen geringerer Rüstungsausgaben wurde nicht als Rezession wahrgenommen und von einem Anstieg des Dow Jones vom Januar 1945 bis Ende 1947 um 20 Prozent begleitet.Als die USA 1971 die Bindung des US-Dollar an das Gold aufgaben, erwarteten viele, dass das nun demonetisierte, also seiner Geldfunktionen beraubte, Gold nach dem Modell des ab 1873 demonetisierten Silbers an Wert verlieren werde. Silber war damals ins Bodenlose gefallen, die seit Jahrhunderten zwischen 1 zu 13 bis 1 zu 16 schwankende Gold-Silber-Relation fiel in der Spitze bis auf 1 zu 100 um 1931 herum. Bekanntlich trat das Gegenteil ein, Gold gewann erheblich an Wert.Die ständige Aufwertung von D-Mark, Yen und Franken in den letzten Jahren von Bretton Woods und dann weiter im freien Floaten der Währungen ab 1973 wurde als eine Art Naturgesetz empfunden. Schließlich hatten die entsprechenden Länder eine vergleichsweise geringe Inflation. Ab 1980 hatten sie immer noch eine geringe Inflation. Doch nun wertete der Dollar bis 1985 gewaltig auf, zur D-Mark um etwa 83 Prozent (1.1.1980 bis 1.1.1985). Niemand hatte das erwartet.Nach dem Einmarsch des Irak in Kuweit im August 1990 bröckelten die Aktienkurse monatelang ab – wegen Kriegsangst. Als dann am 17.1.1991 die Kampfhandlungen wirklich begannen, legte der Dow Jones um 4,6 Prozent zu und der DAX hatte mit einem Plus von 7,6 Prozent einen der besten Tage seiner Geschichte.Das Spiel, der Kampf »Märkte gegen Politik«, wird normalerweise von den Märkten gewonnen. So zum Beispiel am 16.9.1992, als Großbritannien den Wechselkurs zur D-Mark nicht mehr verteidigen konnte und aus dem europäischen Währungsverbund austreten musste. In der von der griechischen Schuldenkrise ausgelösten Eurokrise ab 2010 siegte jedoch die Politik. Sie siegte im Juli 2012, als sich die Europäische Zentralbank auf ihre Seite schlug (Mario Draghis berühmter Satz »The ECB will do whatever it takes to preserve the Euro« auf einer Konferenz in London). Die Baisse-Spekulanten hatten das nicht erwartet.Die US-Börsen hatten im Herbst 2016 Angst vor einem Wahlsieg Trumps. Wenn sich Hillary Clinton in einem Fernsehduell gegen Trump gut schlug, stiegen die Kurse. Am Tag vor der Wahl (also am 7.11.2016) stieg der Dow Jones um 2,08 Prozent in Erwartung eines Wahlsieges von Clinton, die auf den damals jüngsten Umfragen beruhte. Als es dann ganz anders kam, eröffnete Japan am 9.11. bei minus 5,4 Prozent und der DAX bei rund minus 2,9 Prozent, aber noch im Tagesverlauf folgten die Märkte den USA und drehten ins Plus. Der Dow Jones stieg am 9.11. um 1,40 Prozent und am Folgetag um 1,17 Prozent. Plötzlich hieß es: Was ist eigentlich so schlimm an einem der Wirtschaft nahestehenden republikanischen Präsidenten?Als sich das Coronavirus im Januar 2020 in China verbreitete, zogen Analysten sofort die Parallele zu der SARS-Epidemie von 2003: Die war schnell vorbeigegangen, blieb weitgehend auf Asien beschränkt und schon vor dem Wendepunkt der Fallzahlen im Februar 2003 hatten die Börsen angezogen. Der Schluss lag nahe, die im Januar gesunkenen Kurse zu Käufen zu nutzen. So geschah es. Im Februar 2020 erzielten die Weltbörsen – außer China – neue Rekordstände. Dann trat das Virus in Italien auf, kurz darauf in ganz Europa und den USA – und im März 2020 kam es zu einem der größten globalen Crashs aller Zeiten.

So ist die Finanzgeschichte voller kollektiver, für den Anleger schmerzlicher Fehlurteile auf der Basis nur vordergründig vernünftiger Analogieschlüsse. Die Kausalzusammenhänge, die sich in der Vergangenheit scheinbar manifestiert haben, müssen sehr kritisch und sehr tiefgründig analysiert werden, um Fehlschlüsse aus vermeintlichen Analogien zu vermeiden. Aktuelles Beispiel: Anlässlich der Bekämpfung und Überwindung der Weltfinanzkrise von 2008/09 wurden die Bilanzen der wichtigsten Notenbanken durch Geldschöpfung massiv ausgebaut, sodass viele Beobachter eine Inflationswelle erwarteten. Sie trat nicht ein. Die Bekämpfung der Corona-Krise von 2020 geschah wieder mit Geldschöpfung, anders war es vielleicht nicht möglich. Diesmal kam es zu Inflation, allerdings verzögert ab 2022. Es gibt ähnliche Beispiele, wenn wir in der Geschichte weiter zurückgehen als 2008. Zwischen 1550 und 1600 stieg die französische Geldmenge um 120 Prozent und das allgemeine Preisniveau verdoppelte sich, zwischen 1640 und 1680 erhöhte sich die Geldmenge um weitere 175 Prozent und es kam zu keiner Inflation.17 Offenbar sind die Zusammenhänge komplexer als vermutet.

Viel häufiger sind jedoch die Fehler, die Anleger in Ermangelung oder in Vernachlässigung wirtschaftshistorischen Wissens gemacht haben. Schon Josef Schumpeter schrieb in seiner 1954 posthum erschienenen History of Economic Analysis, dass die meisten in der ökonomischen Analyse begangenen Fehler das Ergebnis von Missachtung oder Unkenntnis historischer Erfahrungen seien.18 Angewandt auf unser Thema bedeutet das, dass die meisten Fehler von Anlegern aus der Vernachlässigung finanzhistorischer Fakten entstehen.

In den Jahren vor der Weltfinanzkrise von 2008/09 hat der typische Vermögensanleger, gleichviel ob privat oder in Verantwortung für Gelder Dritter handelnd, mindestens zwei Fehler gemacht, deren Folgen sich nur dank dem beherzten Eingreifen von Politik und Notenbanken in der Krise in Grenzen hielten: Erstens überschätzte er die Insolvenzferne von Banken. Wirtschaftshistorisch gesehen besteht kein Anlass, Bankeinlagen für besonders sicher zu halten. Nur die hohe Bereitschaft der Staaten zur Rettung von Banken, manchmal auch die Bereitschaft anderer Banken zur Rettung einer Bank (so erklärt sich die Stabilität des kanadischen Bankensystems ohne Bankenzusammenbruch von 1923 bis 1985) oder die Bereitschaft von Bankkunden, eine Rettung ihrer Bank zu orchestrieren (so geschehen 1848 in Köln nach der Schieflage des Bankhauses Abraham Schaaffhausen) erklärt die Sicherheit von Bankeinlagen. Fast jeder Anleger hatte 2008 Bankeinlagen, deren Totalverlust nur durch politische Ad-hoc-Maßnahmen verhindert wurde. Und zweitens überschätzte er die Insolvenzferne von Staaten: In Griechenland und Argentinien mag er nicht oder kaum investiert gewesen sein, wären jedoch auch Italien, Spanien, Portugal, Irland und Zypern von Staatskonkursen getroffen worden, hätte die Europäische Zentralbank (EZB) jene, inklusive ihrer uns unbekannten Dominoeffekte, nicht verhindert, wäre seine Welt zusammengebrochen.

Seit der Weltfinanzkrise hat dieser typische Anleger drei weitere Fehler begangen, unter denen er bis 2021 litt und die er durch Beachtung finanzgeschichtlichen Wissens hätte vermeiden können. Zum einen unterschätzte er die Länge des Zinstals und wählte eine zu geringe Duration (gewichtete Laufzeit von Kupons und Tilgungen) für sein Rentenportfolio, als es Anfang der 2010er-Jahre noch langfristige Anleihen mit Zins gab. 2021 waren die Zinsen im Euroland, Großbritannien, Skandinavien, Japan und der Schweiz unverändert extrem niedrig und in den USA kaum höher. Das hätte man ahnen können, denn die niedrigen Zinsen waren keine Anomalie, schon oft in der Wirtschaftsgeschichte herrschten lange Zeit sehr niedrige Zinsen. Der positive Zins ist keine Selbstverständlichkeit. Zum zweiten unterschätzte er die Branchenrotation (ständiger Wechsel der Branchen, die Favoriten des Aktienmarktes sind), vernachlässigte Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google und Co. Er hielt sie für »neumodisches Zeug«. Dabei lehrt die Wirtschaftsgeschichte unmissverständlich: Branchen kommen und gehen! Wo sind die einst die Märkte dominierenden Eisenbahnaktien heute? Wo stehen die Airline-Aktien, welche zu den Zeiten der Marktregulierung durch die International Air Transport Association (IATA) im aufkommenden Zeitalter der Düsenjets von 1962 bis 1967 um 566 Prozent zulegten (Index gebildet aus American Airlines, Pan-American World Airways, TWA und United19)? Wo sind die Uranminenaktien, die Anfang der 1950er-Jahre boomten, wo ist Westinghouse, die den ersten zivilen Atomreaktor bauten? Und schließlich unterschätzte er die Angebotselastizität der Rohstoffe: Dank dieser Fehleinschätzung stieg er in einer der beiden Boomperioden von Rohstoffen – 2003 bis 2007 oder 2009 bis 2011 – in Commodities (Rohstoffe) ein. Seitdem der Club of Rome 1972 die Erschöpfung der weltweiten Rohölreserven bis zum Jahre 2010 vorausgesagt hatte, herrscht das Bauchgefühl, die Ölpreise könnten nur noch steigen. Die Wirtschaftsgeschichte lehrt das Gegenteil: starke Einbrüche beim Ölpreis in den Jahren 1985/86, 1998, 2008, 2016, 2018, 2020 und kein Anstieg des realen Ölpreises von Mitte der 1970er-Jahre bis heute. Die Möglichkeit stark und längere Zeit sinkender Ölpreise ist keine Anomalie, sondern Realität. Seit dem 20.4.2020 wissen wir, dass auch negative Ölpreise möglich sind. Auch die Hausse der Kurse industrieller und agrarischer Rohstoffe veranlasste viele Anleger, mittels neu kreierter Bankprodukte dem angeblich säkularen Trend steigender Rohstoffpreise zu folgen: Stand 2019 ein einziger Flop. Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte hätte skeptisch machen müssen, seit Jahrhunderten sind die relativen Preise von Rohstoffen nur gesunken.20 Ende 2020 und 2021 kam es allerdings zu einem neuen Boom der Rohstoffpreise. 2022 sah es so aus, als würde dieser Boom abflachen, mit Ausnahme der Preise von Erdgas, Kohle und Strom.

Von diesen Anlagefehlern durch Vernachlässigung finanzgeschichtlichen Wissens abgesehen, gibt es in der Finanzgeschichte häufig auch einfach vollkommen neue Situationen: so etwa den Zusammenbruch fast aller Banken wegen plötzlicher Illiquidität ihrer Aktiva 2008, die Ölkrise im November 1973, das plötzliche Floating aller wichtigen Währungen im März 1973, die schleichende Inflation ab den 1960er-Jahren (die es in dieser hartnäckigen, über Jahrzehnte andauernden Form zuletzt im antiken Rom gegeben hatte), der schleichende Abschied vom Gold zwischen 1914 und 1971, die lange Zeit des Friedens von 1815 bis 1914 mit sinkenden Zinsen, wachsender Bevölkerung und extremem Wirtschaftswachstum. Kein Anleger war auf diese Situationen vorbereitet, kein Anleger hatte solche Situationen je erlebt (auch nicht seine Eltern oder Großeltern), kein Anleger konnte mittels historischer Erfahrungen die neue Situation beurteilen. Wie kann hier eine Geschichte der Vermögensanlage helfen? Sie breitet vor dem Leser ein weites Spektrum wirtschaftshistorischer Situationen und Kausalzusammenhänge aus, einen wahren Schatz an Erfahrungen, und beflügelt die Fantasie für all das, was passieren kann, weil es so oder etwas anders schon passiert ist.

Die hier vorgelegte Geschichte der Vermögensanlage soll im Sinne des Tacitus der römischen Antike sine ira et studio (ohne Zorn und Eifer) geschrieben werden. Es sollen keine ewigen Regeln der Vermögensanlage, kein goldener Schnitt der Aufteilung von Aktiva auf Anlagekategorien bewiesen werden. Der Anleger wird weder glorifiziert noch verdammt. Weder war früher alles anders, noch war alles gleich. Wenn eine Anlageform seit 200 Jahren bessere Ergebnisse liefert als eine andere, kann das so bleiben oder in den nächsten 200 Jahren das Gegenteil eintreten. Manche Anlageformen sind Nullsummenspiele, was einer gewinnt, verliert notwendig ein anderer (zum Beispiel Währungen oder die »Produktion von alpha«, also der erfolgreichen Selektion von Aktien, welche den Index übertreffen oder die Anlage in Rohstoffe im Wege von Terminkontrakten), andere Anlageformen sind Spiele mit begrenztem Gewinnpotenzial, wie zum Beispiel Staatsanleihen. Trading, der kurzfristige Handel von Aktien, ist wie Roulette ein Negativ-Summenspiel, weil die Gesamtheit der Spieler die Marge der Aktienhändler finanziert. Halten von Aktien oder Halten von Immobilien, Kunst und Sammlerobjekten ist ein Positiv-Summenspiel.21 Alle können gewinnen. Deshalb die gute Performance in der langen Frist? Verbirgt sich hier doch eine ewige Regel? Oder wird die Leserin oder der Leser, nach Lektüre der folgenden mehr als 1 000 Seiten, seine eigenen Anlageregeln ableiten? Und diese klugerweise niemandem mitteilen, weil jede erwiesene und veröffentlichte Regel eine Rückkopplung auf das Verhalten der Wirtschaftsakteure auslöst und sich dadurch selbst widerlegt?

Zur Nutzung des Buches

Im nächsten Kapitel werden die Anlagekategorien vorgestellt, die dann in den Kapiteln 3 bis 18 ausführlich untersucht werden. Natürlich muss dabei das historische, politische, wirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Umfeld gewürdigt werden. Um Wiederholungen zu vermeiden, konzentrieren sich solche allgemeineren Ausführungen auf Kapitel 3 »Forderungen gegen Staaten« und Kapitel 4 »Cash, Gold und Silber«.

Das vorliegende Buch ist detailreich. Nicht jede Leserin oder jeder Leser wird auf die zahlreichen Beispiele und zitierten wissenschaftlichen Studien Wert legen. In dem Fall gilt: bitte diese Passagen akribischer Belege überspringen! Der Lesefluss bleibt erhalten, auch wenn die Einzelheiten nicht gelesen werden. Die Fülle des betrachteten Materials ist jedoch insgesamt eine unumgängliche Stütze für die vielen allgemeinen Beobachtungen, Erklärungen und Schlussfolgerungen zur Geschichte der Vermögensanlage.

1 Finley, Moses I.: The ancient economy, Berkely 1973, Kapitel 4, S. 116

2 Green, David R., Owens, Alastair; Maltby, Josephine und Rutterford, Janette: »Lives in the balance? Gender, age and assets in late-nineteenth-century England and Wales«, in: CC 24, 2 (2009), S. 307–335, hier S. 312–314

3 ebenda, S. 323

4 Landmann, Julius: »Die auswärtigen Kapitalanlagen aus dem Berner Staatsschatz im 18. Jahrhundert«, in: Jahrbuch für schweizerische Geschichte 28 (1903), Beiheft S. 1–128

5 Glogowski, Erhard: »Bankgeschäfte deutscher Philosophen«, in: Die Bank 4 (1999), S. 258–261

6 Cummins, Neil: »Lifespans of the European Elite«, in: JoEH 77, 2 (2017), S. 406–439

7 Piketty, Thomas: Das Kapital im 21. Jahrhundert, München 2014.

8 Braun, Christina von: Blutsbande. Verwandtschaft als Kulturgeschichte, Berlin 2018, S. 185 ff

9 Ripley, Percy: A Short History of Investment, London 1934

10 Michalet, Charles-Albert: Les Placements des Épargnants Français de 1815 a nos jours, Paris 1968

11 Reamer, Norton und Downing, Jesse: Investment. A History, New York 2016

12 Greenwood, Robin und Scharfstein, David: »The Growth of Finance«, in: JoEPersp 27, 2 (2013), S. 3–28, S. 11

13 Jordà, Oscar, Schularick, Moritz und Taylor, Alan M.: »Leveraged bubbles«, in: JoME 76 Suppl. (2015), S. S1–S20, hier S. S3

14 Greenwood, Robin und Scharfstein, David, S. 24

15 Heri, Edwin: »Expansion der Finanzmärkte: Ursachen, Konsequenzen, Perspektiven«, in: Kyklos 42, 1 (1989), S. 17–37

16 Schularick, Moritz und Taylor, Alan M.: »Credit Booms Gone Bust: Monetary Policy, Leverage Cycles, and Financial Crisis, 1, 870–2008«, in: AER 102, 2 (2012), S. 1029–1061, hier S. 1035

17 Glassman, Debra und Redish, Angela: »New Estimates of the Money Stock in France, 1493–1680«, in: JoEH 45, 1 (1985), S. 31–46, hier S. 45

18 Schumpeter, Joseph: History of Economic Analysis, Oxford 1954, S. 12

19 Conklin, G. Howard: »The Airline Industry: Correlations between Major CAB Policy Changes and Airline Earnings«, in: FAJ 27, 1 (1971), S. 40–43, hier S. 41

20 Siegel, Laurence B.: »Fewer, Richer, Greener: The End of the Population Explosion and the Future of Investments«, in: FAJ 68, 6 (2012), S. 20–37, hier S. 33–34

21 Statman, Meir: »Lottery Players / Stock Traders«, in: FAJ 58, 1 (2002), S. 14–21

Anlagekategorien

Vermögen gliedert sich in Güter und Rechte. Einander ähnliche Vermögensgüter und Vermögensrechte werden unter dem Begriff »Anlagekategorie« zusammengefasst. Synonym werden Begriffe wie Anlageart, Anlageklasse, Vermögenskategorie, Vermögensart, Asset Class oder Wertspeicher verwendet. Zunächst werden in diesem Kapitel die Anlagekategorien vorgestellt, die im weiteren Verlauf des Buches in ihrer historischen Entwicklung im Detail untersucht werden.

Güter oder Rechte werden nur zu privatem Vermögen, wenn an ihnen Eigentum begründet wird. Deshalb folgt in diesem Kapitel ein zweiter Abschnitt über Eigentum. Ansätze einer Geschichte des Eigentums werden skizziert. Verschiedene Charakteristika von Eigentum, sogenannte Eigentumsrechte, werden unterschieden. Sie sind in jedem Rechtssystem unterschiedlich ausgestaltet, können je nach Anlagekategorie und Vermögenshöhe des Anlegers aber auch innerhalb des gleichen Rechtssystems unterschiedlich ausgestaltet sein. Im dritten Abschnitt des Kapitels werden die verschiedenen Anlagekategorien unter einer Reihe von Gesichtspunkten (Zugänglichkeit, Fungibilität, Liquidität und so weiter) miteinander verglichen. Im vierten Abschnitt wird untersucht, wie folgenschwer die in diesem Buch durchgängige Konzentration auf Privatvermögen ist, also auf das Eigentum eines Einzelnen oder allenfalls einer kleinen Gruppe – erheblich, wie wir sehen werden. Insbesondere entsprechen Kollektivvermögen in keiner Weise der Summe von Einzelvermögen.

Vermögen und seine Erscheinungsformen

Vermögen soll im Folgenden die Gesamtheit aller marktfähigen Güter und Rechte bezeichnen, die ein Mensch als Eigentum hält.1 In archaischen, nicht rechtsstaatlich geprägten Kulturen müsste man die Worte Eigentum und Rechte streichen und formulieren: Vermögen bezeichnet die Gesamtheit aller Tauschgüter, die ein Mensch besitzt. Manche rechnen zum Vermögen eines Menschen auch seine Gesundheit und seine Fähigkeiten, kurz: sein Humankapital.

Die meisten Menschen haben lieber viel Vermögen als wenig. Vermögen gibt Sicherheit, weil man Vermögensgüter gegen lebenswichtige Konsumgüter wie Nahrung und Kleidung eintauschen kann. Vermögen gibt Freiheit, weil man nicht mehr von der Hand in den Mund lebt und in der Wahl seiner Tätigkeit und seines Brotherrn an Wahlfreiheit gewinnt. Schließlich, wenn die Bedürfnisse nach Sicherheit und Freiheit gestillt sind, verleiht Vermögen auch Macht.

Vermögensanlage ist der Versuch, das Vermögen zu erhalten und zu vermehren. Offensichtliche Voraussetzung ist Konsumverzicht (Sparen). Förderlich zu Erhalt und Vermehrung von Vermögen ist der Erwerb fruchttragender, zinsbringender Vermögensgüter. Weiter kann Vermögen gesteigert werden durch Umschichtung von Vermögensgütern (im Folgenden gleichbedeutend bezeichnet als Anlageklassen, Anlagekategorien, Wertspeicher), die im relativen Wert zu anderen Vermögensgütern sinken werden, in solche Vermögensgüter, deren relativer Wert steigen wird.

Die meisten Methoden der Vermögensanlage existieren nur in einer arbeitsteiligen Wirtschaft. Ein Robinson Crusoe kann keine nicht-verderblichen Güter heute kaufen und morgen verkaufen, denn es gibt keine Tauschpartner und keinen Markt. Mangels anderer Menschen hat Robinson auch keine Forderungen oder sonstigen Rechte. Vermögensanlage beschränkt sich bei Robinson auf alle Methoden der Lagerung von Gütern wie bei gewissen Tieren, und auf Sparen beziehungsweise Investieren: Statt seinen täglichen Fisch zu fangen, kann er einen ganzen Tag lang sein Netz flicken und tut sich dann über lange Zeit leichter mit dem Fischen. Kommt nun Freitag hinzu, ändert sich alles: Ein bereits entkräfteter Robinson könnte bei Freitag Jagdinstrumente, die er nicht mehr braucht, gegen Nahrungsmittel eintauschen. Ein noch voll vitaler Robinson könnte Freitag, solange er besser jagen kann und sich auf der Insel besser auskennt, Jagdbeute überlassen im Tausch gegen eine Forderung auf Jagdbeute von Freitag, einzulösen nach Belieben.

Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten der Wertspeicherung: erstens der Erwerb nicht (oder kaum) verderblicher materieller Güter, welche man zu einem späteren Zeitpunkt konsumieren oder verkaufen kann, zweitens der Erwerb von Rechten – darin sind insbesondere Forderungen eingeschlossen, die zu einem späteren Zeitpunkt fällig werden.2 In unserer arbeitsteiligen Wirtschaft gibt es viele Beispiele für Güter, welche Vehikel der Vermögensanlage sein können. Materielle Güter dieser Art können sein oder waren schon in der Geschichte:

Land, Immobilien, Gebrauchsgüter, Investitionsgüter, Infrastruktur, Kunst, Sammelobjekte (Edelsteine, Schmuck, Münzen, Briefmarken, Oldtimer …), Gold, Silber und andere Güter mit Währungscharakter, Rohstoffe, Sklaven.

Unter den Forderungen gegen Dritte, die zur Vermögensanlage dienen können, werden im Folgenden unterschieden:

Forderungen gegen Staaten, Forderungen gegen Banken, Forderungen gegen Unternehmen,Forderungen gegen Menschen, bedingte Forderungen (Wetten, Lotterien, Versicherungen, Sozialversicherungsansprüche).

Weitere Rechte, welche die Anlage von Vermögen ermöglichen, sind insbesondere:

Anteile an Unternehmen, insbesondere Aktien, geistiges Eigentum (Patente, Urheberrechte, Markenrechte …).Und als immaterielles Gut: Humankapital (Fähigkeiten, Ausbildung, Reputation).

Natürlich besteht auch die Möglichkeit der Vermögensanlage in Geld. Unter Geld sei das allgemein akzeptierte Tauschmittel einer Volkswirtschaft verstanden: Dieses kann entweder eine Ware sein (Warengeld, historisch meist ein Edelmetall) oder eine in Papierform dokumentierte Forderung auf Herausgabe des gesetzlichen oder gebräuchlichen Zahlungsmittels gegen eine private oder staatliche Notenbank. Hinzu tritt Buchgeld als eine durch ein Bankkonto dokumentierte Forderung gegen eine private oder staatliche Bank. Seit einigen Jahren kann es auch eine Gutschrift in einem dezentral gepflegten, manipulationssicheren Verzeichnis von Transaktionen sein (Blockchain). Damit fällt Geld als Vermögensanlage – je nach betrachteter Epoche – entweder in die Kategorie Güter oder in die Kategorie Forderungen beziehungsweise Rechte.

Damit sind die in diesem Buch in den folgenden Kapiteln im Detail präsentierten Anlagekategorien sämtlich erwähnt. Rechtlich selbstständige Anlagegefäße, mittels derer die hier erwähnten Anlagekategorien allein oder kombiniert gehalten werden, also zum Beispiel Lebensversicherungen, Pensionsfonds, Investmentfonds, Nachhaltigkeitsfonds, Hedgefonds, Partnerschaften, Trusts oder Stiftungen werden in diesem Buch nicht oder kaum gesondert behandelt. Derivate wie Termin- und Optionsrechte werden ebenfalls nicht gesondert behandelt. Wegen ihrer herausragenden Bedeutung in der Geschichte des Aktien- und des Rohstoffhandels werden sie aber immer wieder erwähnt.

Eine Anlagekategorie wird in diesem Buch stiefmütterlich behandelt, nämlich die nicht in Form von Aktien gehandelten Firmenwerte. Diese Anlagekategorie ist äußerst heterogen, sie reicht von der kleinen Bäckerei an der nächsten Ecke bis zu Robert Bosch mit weltweit fast 400 000 Beschäftigten. Die hohen in dieser Anlagekategorie liegenden Werte entziehen sich systematischer Betrachtung aus mindestens drei Gründen: Zunächst die Zugänglichkeit, denn viele dieser Firmenwerte sind für den reinen Anleger einfach nicht zugänglich, zum Beispiel ist ein Investment in Robert Bosch praktisch unmöglich (94 Prozent der Anteile liegen bei einer Stiftung). Auch ist nicht jeder Bäcker. Zwar kann ein Nicht-Bäcker eine Bäckerei als reines Investment erwerben, in vielen Fällen wird sich das nicht lohnen. Der Erwerb einer Bäckerei erfordert, um lohnend zu sein, den persönlichen Arbeitseinsatz des Inhabers. Es handelt sich um kein Investment wie jedes andere, die geforderte Implizitarbeit macht es unvergleichlich. Hinzu kommt ein Mangel an Literatur über Firmenwerte und ihre historische Entwicklung: Es gibt leider keine Aufsätze über die Preisentwicklung etwa von Bäckereien im Mittelalter oder über die Kaufpreise etwa von Reinigungsbetrieben in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch deshalb spielen Firmenwerte in diesem Buch eine geringe Rolle, die weit hinter ihrer quantitativen Bedeutung zurückbleibt.

Eigentum

Güter und Forderungen sind als Objekte der Vermögensanlage nur geeignet, wenn an ihnen Eigentum begründet wird. Angelsächsische Autoren sprechen von Propertisation, die manchmal zu beobachtende Umkehrung wird De-Propertisation genannt. Besitz als »sichtbare ständige Übung der Herrschaft«3 über eine Sache ist für langfristige Vermögensanlage nicht ausreichend. Es bedarf zusätzlich des Eigentums, also der Herrschaft im rechtlichen Sinne. Tiere kennen nur Besitz im Sinne faktischer Herrschaft, die jederzeit durch den Gewaltakt eines Tieres derselben oder einer anderen Art rückgängig gemacht werden kann. Tiere unterscheiden (mit wenigen Ausnahmen) nicht zwischen »geschenkt«, »geliehen«, »gestohlen«, »getauscht«, »gekauft« (oder gar »geerbt«). Diese Verben werden in einer Welt ohne Eigentum gar nicht verstanden. Hinsichtlich ihres Besitzes sind Tiere in ständiger Unruhe, gestresst und kampfbereit. Selbst der wohl wichtigste dauerhafte Besitz vieler Tiere, ihr Territorium, wird kaum oder nie von Artgenossen als Eigentum privilegiert.

Als den Menschen dämmerte, dass der unablässige, anarchische Kampf um Güter viel Kraft und Effizienz kostet und eine gewisse Achtung vor dem Besitz von Artgenossen allen dienlich ist4, dürfte diese Achtung bei Dingen im Nahbereich eines anderen Menschen begonnen haben, also bei dem gerade gejagten Wild eines anderen, seinen gerade gesammelten Waldfrüchten oder seinen Schuhen und seiner Kleidung – also insbesondere bei Dingen, die ein anderer Mensch sich erarbeitet oder für sich passend gemacht hat. So wurde Besitz, der erarbeitet oder mehr oder weniger am Leibe getragen wurde, zu einer Frühform von Eigentum. Eigentum ist Besitz, der von den Artgenossen geduldet, anerkannt, gegebenenfalls sogar gutgeheißen und verteidigt wird und der nur in enger Kooperation mit Artgenossen überhaupt entsteht. Eigentum ist Besitz im Lichte einer Rechtsordnung. Eigentum ist konstruiert. Schon Jeremy Bentham sagte: »Before the law, there was no property: take away the laws, all property ceases.«5 (Vor dem Recht gab es kein Eigentum: nimm die Gesetze weg und alles Eigentum erlischt.) Oder Katharina Pistor: »Sobald ein Gut rechtlich codiert ist, ist es dazu geeignet, Vermögen für seine Besitzer zu erzeugen.«6

Zur Vertiefung rudimentärer Eigentumsrechte an Dingen waren Innovationen förderlich, insbesondere Schloss und Schlüssel und, was das Eigentum an Tieren anbetrifft, Zaun und Zähmung (die Alliterationen erhöhen die Glaubwürdigkeit der These!). Schlüssel aus Bronze für Schlösser aus Holz gab es schon in der Vor- und Frühgeschichte des Menschen, im antiken Ägypten und im homerischen Griechenland. Griechische Priester und Priesterinnen trugen 40 bis 50 Zentimeter lange Tempelschlüssel über der Schulter. Die Römer hatten schon Schlüssel mit Bart, Schlösser und Riegel aus Metall verbreiteten sich zunehmend. Gefördert durch solche Innovationen bildeten sich mit der neolithischen Revolution (erstes Aufkommen von Sesshaftigkeit, Vorratshaltung und produzierenden Wirtschaftsweisen) Eigentumsrechte heraus an:

Vorräten, Gebrauchsgütern (Kleidung, Kochgeräte, Waffen, Zelte), Schmuck, Investitionsgütern (beispielsweise Werkzeuge), Tieren.

Die besondere Bedeutung dieser Gegenstände geht auch daraus hervor, dass sie verbreitet als Grabbeigaben gefunden wurden – was uns in Anbetracht der bei den Frühmenschen vermuteten Mangelsituation etwas merkwürdig vorkommt. Das Wohlergehen nach dem Tode, gefördert durch Werkzeuge und Waffen, lag den frühen Menschen besonders am Herzen.

Am Anfang einer jeden Propertisation stand neben dem Versuch einer gewissen Befriedung des menschlichen Zusammenlebens auch die Raffgier der Mächtigen, die ihren Besitz dauerhaft absichern wollten für den Fall, dass ihre Kräfte eines Tages erlahmen. Kaum bedarf man des Besitzes besonders intensiv, muss er gegen Feind und Freund verloren gegeben werden. Deshalb trachten die Starken danach, Besitz zu Eigentum auf Dauer zu machen.

Auch im Kampf um das Weibchen ist dauerhaftes Eigentum eines Männchens verlockender als nur temporärer Besitz. Die Menschen gehören zu den Tieren, die in wenig Nachwuchs lange und intensiv investieren im Gegensatz zu der alternativen Strategie, sehr viel Nachwuchs zu zeugen und sich um diesen kaum zu kümmern. Folglich suchen die Weibchen zur Vermehrung einen Partner, der nach der Geburt dableiben und sich mit um das Kind kümmern wird – und auch kümmern kann! Deshalb genießt ein Männchen mit Eigentum einen Vorteil im Selektionsprozess, deshalb erstreben die Männer die Wandlung ihres Besitzes in Eigentum.7 Idealerweise soll dieses Eigentum auch erblich sein, so können Eltern sogar die spätere Vermehrung ihres Nachwuchses fördern.

Verben wie »tauschen« oder »verleihen« ergeben erst Sinn, wenn das Institut des Eigentums herrscht, weil die entsprechende Tätigkeit erst dann stattfindet. Und diese Tätigkeiten sind ungemein produktivitätsfördernd! Wer Gut A mit mehr Geschick und Leidenschaft herstellt, produziert Gut A, wer mehr Begabung und Interesse für Gut B hat, spezialisiert sich auf Gut B -– danach wird getauscht! Es muss auch nicht jeder immer alle Werkzeuge besitzen: Einer hat eine besonders lange Leiter, einer eine besonders starke Axt, einer eine besonders große Schubkarre und all diese Dinge werden bei Bedarf verliehen.

Eigentum verbreitet sich auch, weil es die Kapitalbildung fördert. Kollektive mit Eigentumsrechten sind effizienter, innovativer und bilden mehr Kapital. Man konnte beobachten, dass sich Propertisation positiv auf die Investitionsneigung einer Gesellschaft auswirkt: Ein Haus, das mir gehört, das ich meinen geliebten Kindern überlassen kann, pflege und verschönere ich, auf einem abgelegenen Feld, das mir gehört, werde ich eine Scheune zur Unterbringung von Gerätschaften und Zwischenlagerung von Gütern erbauen, Erfindungen, die ich kraft eines Patents wirtschaftlich verwerten kann, werde ich machen und sichtbar anwenden, andernfalls nur im Geheimen oder es ganz lassen.

In den ersten größeren Zivilisationen in Ägypten, Kreta oder Mesopotamien wurden zusätzlich folgende Objekte Gegenstand von Eigentumsrechten:

Sklaven, Hütte oder Haus, Land, Edelmetalle, Forderungen gegen Menschen.

Da zur Erzielung landwirtschaftlicher Erträge Wasser in den »biblischen« Gefilden der frühen Menschen so unverzichtbar ist wie Land, mag man fragen, warum sich keine privaten Eigentumsrechte an Wasser herausgebildet haben. Vermutlich waren die hierfür erforderlichen Innovationen – Brunnen, Wassertank, Wasserleitung, Wasseruhr – entweder noch nicht gefunden, zu teuer oder konnten nur gemeinsam errichtet werden. Deshalb blieb Wasser Kollektivgut. Zahlreiche wasserrechtliche Regelungen finden sich aber schon im Codex Hammurapi von 1700 vor Christus.8

Weiter bildeten sich schon in Mesopotamien und in der Antike Eigentumsrechte an folgenden Gütern und Rechten heraus:

wertvolle, kunstvolle Gebrauchsgüter, Münzgeld, Forderungen gegen Banken, Forderungen gegen Staaten.

Für die Verbreitung der Wertspeicher Forderungen und Rechte war eine weitere Innovation zumindest förderlich, teilweise Voraussetzung: ein ausgeschriebenes Alphabet und die Fähigkeiten des Lesens und Schreibens. Erst mit der Neuzeit kamen neue Arten von Eigentumsrechten hinzu:

Papierwährungen, Sammelobjekte, Kunst (Gemälde), Anteile an Unternehmen, insbesondere Aktien, Forderungen gegen Unternehmen, bedingte Forderungen (Wetten, Lotterien, Versicherungen …), Infrastruktur (Straßen, Brücken, Kanäle, Eisenbahnstrecken, …), komplexe Immobilien (Büro, Handel, Logistik, Hotel …), Rohstoffe, auch im Sinne von Futures (Terminkontrakten) auf Terminmärkten, geistiges Eigentum (Patente, Urheberrechte, Markenrechte).

Zugleich verschwand ein »Vermögensgegenstand« weitgehend: Sklaven.

Dabei ist anzumerken, dass das Bürgerliche Gesetzbuch keine Legaldefinition von Vermögen bietet.9 Das war wohl klug, denn in den Jahrzehnten seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1900 bildeten sich weitere Wertspeicher heraus, beispielsweise:

Verschmutzungsrechte,das »Recht an Wort und Bild« berühmter Menschen,Internetdomains,Kryptowährungen,non-fungibleTokens als Mittel zum Privateigentum an digitaler Kunst.