Die Gesetze der Liebe - Manfred Hassebrauck - E-Book

Die Gesetze der Liebe E-Book

Manfred Hassebrauck

4,8

  • Herausgeber: mvg
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Professor Dr. Manfred Hassebrauck ist Deutschlands führender Experte zu den Themen Liebe, Partnerwahl und Beziehung. In seinem Buch verrät er alles, was man über die Liebe wissen muss: welchen Einfluss die Hormone haben, ob Aussehen wichtiger ist als innere Werte, ob Frauen tatsächlich treuer sind als Männer und wie entscheidend die Ähnlichkeit zweier Menschen für das Gelingen einer Beziehung ist. Das Buch bietet außerdem exklusive wissenschaftliche Tests für Singles und Paare: Der Leser kann auf diese Weise feststellen, wo die Stärken und Schwächen seiner Beziehung liegen. Schritt für Schritt kann mithilfe ausgeklügelter Fragebogen erkundet werden,welcher Partner der richtige ist.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 303

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.  

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

2. Auflage 2014

© 2010 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, München,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096  

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.  

Redaktion: Mareike Fallwickl, Rif bei Hallein

Umschlaggestaltung: Kristin Hoffmann, München

Satz: Manfred Zech, Landsberg am Lech

EPUB: Grafikstudio Foerster, Belgern  

ISBN 978-3-86415-250-4

Weiter Infos zum Thema

www.mvg-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1 Beziehungen sind wichtig

Was ist eigentlich Liebe?

Überblick

Kapitel 2Wer will wen – und warum? Die Partnerwahl

Nur die inneren Werte zählen?

Was Frauen wünschen

Was Männer wünschen

Warum haben Männer und Frauen unterschiedliche Partnerpräferenzen?

Frauen sind wählerischer als Männer

Wunsch und Wirklichkeit – man bekommt nicht (immer) den Partner, den man möchte

Partnerwahl: Entscheidung unter Unsicherheit

Gefährliche Wünsche: Was passieren kann, wenn man wirklich bekommt, was man sich wünscht

Strategien und Taktiken: Wie bekommt man den Märchenprinzen oder die Traumfrau?

Kapitel 3 Der erste Blick

Aussehen und Partnerwahl

Der erste Eindruck

Die objektive Basis von Schönheit: Wer ist schön und warum?

Hübsch oder hässlich? Was bei der Partnerwahl wirklich zählt

Kapitel 4 Sich verlieben

Die Chemie der Liebe

Der evolutionäre Sinn des Verliebtseins

Erregung und leidenschaftliche Liebe

Körperliche Anstrengung und Leidenschaft

Warum die Leidenschaft nicht von Dauer ist

Macht Liebe blind?

Verliebt sein – eine kulturelle Perspektive

Wenn andere intervenieren – der Romeo-und-Julia-Effekt

Das »Hard-to-get«-Phänomen

Kapitel 5 Gleich und Gleich gesellt sich gern?

Zwei Seiten der Ähnlichkeit: Das Ähnlichkeitsdreieck

(Ehe-)Partner sind sich nicht nur ähnlich, sie sehen sich auch ähnlich

Ähnlichkeit – Ursache oder Folge der Beziehungsentwicklung?

Ähnlichkeit erleichtert das Zusammenleben

Ähnlichkeit vermittelt Sicherheit

Ähnlichkeit bedeutet kognitive Balance

Wechselspiele: Wie Ähnlichkeit und Aussehen zusammenhängen

Kapitel 6 Die ideale Beziehung

Beziehungen tun gut

Wovon das Glück in der Beziehung abhängt: Determinanten der Beziehungszufriedenheit

Romantische Männer und realistische Frauen

Kapitel 7 Männer, Frauen und Hormone

Warum haben wir Sex?

Die Beziehungsorientierung

Die Evolution der Untreue

Männer und ihre Hormone

Frauen und ihre Hormone

Kapitel 8 Schattenseiten

Konfliktursachen

Eifersucht

Das Ende

Literatur

Vorwort

Liebesbeziehungen sind für die meisten Menschen ein wichtiger Bestandteil ihres Wohlbefindens. Leider erfüllen sie nicht immer die an sie gestellten Erwartungen. Wovon hängt es ab, ob eine Beziehung uns glücklich macht oder auch nicht?

Seit mehr als drei Jahrzehnten beschäftige ich mich in meiner Forschung mit Paarbeziehungen. Ich habe dabei so unterschiedliche Fragen untersucht wie die nach der Wichtigkeit des Aussehens bei der Partnerwahl, und was denn Schönheit überhaupt ausmacht, was passiert, wenn der eine in der Beziehung mehr gibt, als er zurückbekommt, und natürlich auch, was denn eigentlich eine »gute Beziehung« ist, und ob sich Männer und Frauen in ihrer Meinung darüber unterscheiden.

In diesem Buch habe ich die wesentlichen Ergebnisse meiner eigenen Forschung, aber auch die von Wissenschaftlern weltweit verständlich und unterhaltsam zusammengefasst, dabei aber gleichzeitig auch darauf geachtet, dass die berichteten Ergebnisse den strengen wissenschaftlichen Kriterien Stand halten. Die Darstellung wird durch Tests ergänzt, mit denen Sie z.B. in der Lage sind, die Stärken oder Schwächen Ihrer Beziehung zu erkennen oder zu prüfen, wie gut Sie mit einem Partner harmonieren.

Dieses Buch ist kein Ratgeber im engeren Sinn. Aber es gibt Ihnen trotzdem Rat, weil es dazu beiträgt, die wesentlichen Dinge, die für das Entstehen und das Aufrechterhalten einer Liebesbeziehung von Bedeutung sind, zu verstehen. Es wendet sich an Männer und Frauen. Ich müsste daher korrekt immer von dem Partner/der Partnerin sprechen. Im Interesse einer besseren Lesbarkeit habe ich aber überwiegend auf diese doppelte Formulierung verzichtet und die meisten Formulierungen so gewählt, als würden sie sich an Frauen wenden. Die Männer mögen es mir verzeihen.

Zum Gelingen dieses Buches haben zahlreiche Menschen beitragen: Tanja Biller, die mich gemeinsam mit Oliver Kuhn vom mvg Verlag dazu gebracht hat, dieses Buchprojekt überhaupt in Angriff zu nehmen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen meines Wuppertaler Lehrstuhls, mit denen ich immer konstruktive und kritische Gespräche führen konnte, und vor allem meine Studentin Sally Marie Ischebeck, die mit unermüdlichem Einsatz das Layout für die zahlreichen Abbildungen und Tests erstellt hat. Ohne ihre Hilfe hätte ich das Buch in der vorgesehen Zeit nicht beenden können.

Danken möchte ich auch den zahlreichen Studierenden, die mich in den vergangenen Jahren bei der Durchführung meiner Studien unterstützt haben, und bei den Abertausenden von Menschen weltweit, die ihre Zeit als Versuchspersonen zur Verfügung gestellt haben.

Manfred Hassebrauck

Kapitel 1

Beziehungen sind wichtig

Was braucht man zum Glücklichsein? Eine zufriedenstellende Paarbeziehung! Das ist zumindest das Ergebnis zahlreicher Studien weltweit. Deutsche in Ost und West platzieren Ehe und Partnerschaft weit oben, wenn sie gefragt werden, was ihnen für ein glückliches Leben wichtig ist. (Abb. 1.1)1

Abbildung 1.1: Für Deutsche gehören Familie, Liebe und Zuneigung zu den wichtigsten Dingen im Leben.

Deutlich unwichtiger sind im Vergleich dazu materielle Aspekte, sich etwas leisten zu können, beruflicher Erfolg oder ein eigenes Haus. Kein Wunder also, dass die meisten Erwachsenen eine enge Beziehung haben, und die, die momentan Single sind, sind es häufig nicht freiwillig. Mehr als 95 Prozent aller Menschen gehen mindestens einmal in ihrem Leben eine enge Beziehung ein, die auf Beständigkeit angelegt ist.2 In westlichen Kulturen sind das in der Regel Ehen oder eheähnliche Beziehungen. In vielen anderen Kulturen gibt es zwar die Ehe in unserem Sinne nicht, gesellschaftlich kontrollierte und sanktionierte Formen der Paarbeziehung findet man aber auch dort.

Leider erfüllen Beziehungen nicht immer die an sie gestellten Erwartungen. Ist dies der Fall, sind wir enttäuscht und fragen uns, ob wir viele der Probleme nicht schon früher hätten erkennen und lösen können. Und zunehmend häufig wird der Bund, der eigentlich für das Leben geschlossen war, wieder gelöst – meist gefolgt von einer neuen Beziehung, die dann mit größerer Wahrscheinlichkeit erneut vor dem Scheidungsrichter endet. Serielle Monogamie scheint die Einehe abgelöst zu haben. Angesichts der steigenden Scheidungsraten liest und hört man denn auch allenthalben, die Ehe sei tot. Das trifft aber, wie Abb. 1.2 zeigt, so nicht zu.3

Geheiratet wird wie eh und je: In den vergangenen 40 Jahren ist die Zahl der jährlich geschlossenen Ehen verhältnismäßig konstant geblieben. Was sich aber über die Zeit hinweg geändert hat, ist die Zahl der Scheidungen – sie ist von 77 000 im Jahr 1970 auf 192 000 im Jahr 2008 gestiegen. Die Folge: Die Scheidungsrate, also das Verhältnis von geschlossenen Ehen zu Scheidungen, ist inzwischen so hoch, dass auf zwei neue Ehen eine Scheidung kommt. Die Gründe sind vielfältig. Die verbesserte finanzielle Absicherung der Ehepartner – vor allem der Frauen – im Falle einer Scheidung macht es leichter, eine unglückliche Beziehung zu beenden. Erhöhte Ansprüche und manchmal unrealistische Beziehungsideale tun das Ihrige.

Abbildung 1.2: Die Zahl der geschlossenen Ehen ist in den letzten 40 Jahren nahezu unverändert geblieben. Die Zahl der Scheidungen hingegen hat sich im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt.

Ratgeber, die erklären, wie man eine Partnerschaft eingeht, wie man sie hält und wie man sie am besten beendet, gibt es zuhauf, in den letzten Jahren vermehrt auch im Internet. Der Grund: Partnerschaftsprobleme nehmen zu. Ungefähr ein Drittel derer, die professionelle psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, tun das, weil ihre Beziehung nicht so läuft, wie sie sollte.

Angesichts dieser Zahlen ist es nur allzu verständlich, dass sich auch Wissenschaftler mit dieser Thematik befassen und versuchen, den Geheimnissen von Partnerwahl und Partnerschaft auf den Grund zu gehen. Sie wenden sich damit einem Thema zu, das die Menschen schon seit Jahrhunderten beschäftigt. Auch der sprichwörtliche »Mann auf der Straße« macht sich seinen Reim darauf, warum es bei manchen funkt, bei manchen nicht, und formuliert dann die entsprechenden Gesetzmäßigkeiten. Gleich und Gleich gesellt sich eben gern, oder ziehen sich doch eher die Gegensätze an?

Wenn sich eine Wissenschaft einem Bereich des Alltagslebens zuwendet, läuft sie leicht Gefahr, dass ihre Befunde entweder als trivial betrachtet werden, wenn sie etwas bestätigt, was man ohnehin vermutet hatte, oder aber dass ihre Ergebnisse angezweifelt werden, wenn ihre Befunde dem »gesunden Menschenverstand« widersprechen. Und schließlich fragen sich manche, ob Liebe und Partnerschaft überhaupt wissenschaftlich überprüfbaren Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Ähnliche Gedanken müssen Anfang der 1970er-Jahre William Proxmire, Senator des US-Bundesstaats Wisconsin, durch den Kopf gegangen sein, als er erfuhr, dass die National Science Foundation, eine mit öffentlichen Geldern geförderte Stiftung zur Unterstützung von Wissenschaft und Forschung, an zwei Psychologinnen 84 000 US-Dollar zur Erforschung von Liebe bewilligt hatte. In einer öffentlichen Anhörung ließ sich Proxmire zu folgenden Aussagen hinreißen:

»Ich bin dagegen, und zwar nicht nur, weil niemand – nicht einmal die National Science Foundation – behaupten kann, dass Liebe eine Wissenschaft sei, oder weil ich genau weiß, dass die Stiftung auch für 84 Millionen oder 84 Milliarden Dollar keine Antwort bekommen könnte, die irgendjemand glauben würde. Nein – ich bin dagegen, weil ich die Antwort gar nicht wissen will. Ich glaube, dass 200 Millionen Amerikaner meinen Wunsch teilen, dass einige Dinge des menschlichen Lebens in den Schleier des Geheimnisses gehüllt bleiben sollen. (...) Und so fordere ich die National Science Foundation auf: Halten Sie sich aus dem Rummel um die Liebe heraus.«4

Allen Bedenken und Vorbehalten zum Trotz hat die wissenschaftliche Erforschung von Liebe und Partnerschaft in den vergangenen 40 Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, und ich möchte in diesem Buch die wesentlichen Ergebnisse – auch aus meiner eigenen langjährigen Forschung – darstellen.

Was ist eigentlich Liebe?

Definitionen von Liebe gibt es wie Sand am Meer, angefangen von »Liebe heißt, niemals um Verzeihung zu bitten« bis hin zu »Liebe heißt, für den anderen da sein«. Philosophen, Schriftsteller, Wissenschaftler unterschiedlichster Couleur, alle haben versucht, dieses illustre Konzept zu definieren. So richtig viel anfangen kann man damit nicht.

Die Liebe gibt es nicht, denn es gibt verschiedene Arten von Liebe. Das scheinen die Autoren aktueller (Sach-)Bücher über Liebe meist zu übersehen. Wenn etwa Liebe als ein unordentliches Gefühl bezeichnet, wenn über die Unmöglichkeit der Liebe geschrieben wird, muss man sich immer fragen, um welche Liebe es denn geht. Das, was zwei pubertierende Jugendliche füreinander empfinden – und vielleicht als die große Liebe betrachten – ist etwas ganz anderes als das, was zwei Mittdreißiger auf der Hochzeitsreise fühlen, und ein seit 40 Jahren zusammenlebendes Paar fühlt wieder etwas anderes. All das nennen wir Liebe. Unsere Sprache wird diesen unterschiedlichen Gefühlszuständen allerdings nicht gerecht. Vielleicht liegt das daran, dass in der historischen Entwicklung der Menschheit die meiste Zeit Liebe nicht die Bedeutung für eine Paarbeziehung hatte, die sie heute hat.

Nach Forschungsergebnissen des Psychologen Robert Sternberg von der renommierten Yale University, die ich replizieren konnte, ist Liebe eine Mixtur von drei Aspekten; emotionale Nähe (dazu gehört »Vertrauen«, »mit dem anderen reden können«, »Geborgenheit finden«) und Leidenschaft, die körperliche Komponente der Liebe, die sich durch »Kribbeln im Bauch«, durch »körperliche Anziehung« und »sexuelles Verlangen« auszeichnet.5 Als dritte Komponente nennt Sternberg die Bindung an eine Person und die Entscheidung, mit dieser Person zusammen sein zu wollen. Wenn man der Einfachheit halber diese drei Komponenten entweder als vorhanden oder nicht vorhanden betrachtet, ergeben sich acht Kombinationen, die acht verschiedene Arten von Liebe charakterisieren (vgl. Abb. 1.3).

Abbildung 1.3: Robert Sternberg unterscheidet in seiner Dreieckstheorie der Liebe acht Typen der Liebe

Betrachten wir zunächst den Fall, dass Sie jemandem emotional sehr nahe sind, aber weder das besagte Kribbeln verspüren noch vorhaben, mit dieser Person eine Beziehung einzugehen. Mögen ist der richtige Ausdruck für so ein Gefühl. Verspüren Sie Erregung, verzehren Sie sich vor körperlichem Verlangen, aber weder Nähe noch Bindung sind vorhanden, liegt Verliebtheitvor. Ganz anders im nächsten Fall. Sie sind verheiratet, haben auch vor, es zu bleiben, aber weder im Bett noch sonst sind Sie sich nahe. Leere Liebe ist oft das, was nach vielen Jahren noch übrig bleibt. Wenn Sie hingegen jemanden heiraten, weil Ihre Leidenschaft sehr stark ist, Nähe aber fehlt, nennt Sternberg das alberne Liebe. Die erfüllte Liebe, bei der jede der Komponenten stark vorhanden ist, lässt sich als ein gleichseitiges Dreieck darstellen. Je nachdem, welche Komponente wie stark ausgeprägt ist, entstehen mehr oder weniger schiefe Dreiecke. (Abb. 1.4) Die Form des Dreiecks beschreibt dabei den Liebestyp, die Größe, die Intensität der Liebe. Dreieckstheorie der Liebe nennt Sternberg seine Überlegungen daher folgerichtig.

Abbildung 1.4: Die drei Komponenten der Liebe – Intimität, Leidenschaft und Entscheidung/Bindung – formen die Liebesdreiecke. Die Größe des Dreiecks beschreibt die Größe der Liebe, die Form die Art der Liebe.

Mit diesen Komponenten im Hinterkopf kann man auch einmal einen nüchternen Blick auf die eigene Beziehung werfen. Ist es noch die vollendete Liebe oder ist die Leidenschaftskomponente (wie bei den meisten Paaren, die schon lange zusammen sind) niedriger als die anderen beiden? Ist Ihre Liebe eher kameradschaftlich als vollendet? Wenn Sie es ganz genau wissen wollen, bearbeiten Sie Test 1.1.

Test 1.1 Welche Art von Liebe empfinden Sie?

Denken Sie jetzt an Ihre/n Partner/in und versuchen Sie, mittels der folgenden Aussagen Ihre Gefühle Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin gegenüber zu beschreiben. Bei jeder der folgenden Aussagen können Sie das Ausmaß Ihrer Zustimmung oder Ablehnung auf sieben Stufen ausdrücken. Dabei bedeutet 1 »trifft gar nicht zu« und 7 »trifft völlig zu«. Alle dazwischen liegenden Abstufungen sind ebenfalls möglich.

Ich unterstütze ___s Wohlergehen.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich habe eine herzliche Beziehung mit ___.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Wenn ich ___ brauche, kann ich auf sie/ihn zählen.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich bin bereit, alles mit ___ zu teilen.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

___ gibt mir große emotionale Unterstützung.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich bin aufgeregt, wenn ich ___ nur sehe.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Während des Tages denke ich häufig an ___.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Meine Beziehung zu ___ ist sehr romantisch.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich mag ganz besonders den Körperkontakt mit ___.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Meine Beziehung zu ___ ist leidenschaftlich.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich werde immer große Verantwortung für ___ empfinden.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich sehe meine Verbindung zu ___ als sehr beständig.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich sehe meine Beziehung zu ___ als dauerhaft.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich betrachte meine Beziehung zu ___ als eine sehr gute Entscheidung.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Ich habe vor, die Beziehung mit ___ fortzusetzen.

trifft gar nicht zu

1

2

3

4

5

6

7

trifft völlig zu

Auswertung

Intimität

Addieren Sie die Werte der Fragen 1–5 und tragen Sie die Summe hier ein:

Leidenschaft

Addieren Sie die Werte der Fragen 6–10 und tragen Sie die Summe hier ein:

Entscheidung/Bindung

Addieren Sie die Werte der Fragen 11–15 und tragen Sie die Summe hier ein

Nun markieren Sie im folgenden Koordinatensystem (Abb. 1.5) auf den Achsen die Werte, die Sie für Intimität, Leidenschaft und Entscheidung/Bindung berechnet haben, und verbinden Sie die drei Punkte mit Linien. Betrachten Sie nun das Dreieck, das sich ergeben hat. Seine Größe sagt etwas über das Ausmaß der Liebe, die Sie zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin empfinden, aus. Je größer, desto mehr Liebe ist da. Die Form des Dreiecks gibt Aufschluss über die Art der Liebe. Ist es annähernd ein gleichseitiges Dreieck, kommt Ihre Liebe der vollendeten Liebe nahe. Sind die einzelnen Komponenten sehr unterschiedlich ausgeprägt, ist das Dreieck schief. Wenn die Leidenschaftskomponente schwächer als die anderen beiden ist, empfinden Sie eher kameradschaftliche Liebe. Welche Form von Liebe in Ihrer Beziehung vorliegt, sagen Ihnen auch die weiter vorn in Abbildung 1.3 dargestellten Liebestypen.

Dieser Test gibt Ihnen einen kleinen Einblick, wie Beziehungsforscher zu ihren Erkenntnissen kommen. Sehr oft füllen Männer und Frauen solche und ähnliche Fragebögen aus. Die Forscher setzen die so »gemessenen« Größen, wie etwa Nähe, Leidenschaft oder Bindung, in Beziehung zu anderen Merkmalen der Befragten, wie etwa dem Geschlecht oder der Dauer der Beziehung, und können dann mithilfe statistischer Verfahren zu dem Schluss kommen, dass Frauen mehr Nähe in ihrer Beziehung haben wollen als Männer oder dass Erfahrungen in der Kindheit Konsequenzen für die Bindungsbereitschaft als Erwachsener haben.

Abbildung 1.5: Markieren Sie auf den Achsen Ihre Werte aus Test 1.1 und verbinden Sie die Punkte. Das sich ergebende Dreieck beschreibt Ihre Art der Liebe.

»Bei mir ist es aber ganz anders«, oder: »Ich kenne jemanden, bei dem ist das nicht so«, werden einige Leser denken. Das mag im Einzelfall durchaus zutreffen, schmälert aber nicht die Aussagekraft der wissenschaftlichen Befunde, bei denen es nicht um Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen einzelnen Personen, sondern um Unterschiede oder Gemeinsamkeiten im Durchschnitt geht. Wenn etwa festgestellt wird, dass in Deutschland bei der Eheschließung der Mann durchschnittlich 3,5 Jahre älter ist als die Frau, schließt das nicht aus, das auch einmal eine 30-Jährige einen 25-Jährigen heiratet oder ein 60-Jähriger eine 40-Jährige. Es geht den Wissenschaftlern um die Entdeckung von Regelmäßigkeiten. Im Einzelfall kann es auch anders sein.

Beziehungsforscher fragen aber nicht nur Leute direkt oder lassen sie Fragebögen ausfüllen; sie beobachten sie auch – in ganz alltäglichen Situationen, in Bars, im Schwimmbad –, um Informationen über Flirtverhalten oder den ersten Kontakt beim Kennenlernen zu bekommen. Sie führen auch Experimente durch, in denen sie systematisch bestimmte Bedingungen manipulieren und variieren, um dann die Wirkung dieser Veränderungen zu beobachten. Wenn es beispielsweise darum geht, zu prüfen, ob sich die Ähnlichkeit von Einstellungen und Interessen förderlich auf das Entstehen von Sympathie und Zuneigung auswirkt, dann könnte man systematisch zwei ähnliche oder auch zwei unähnliche Menschen zusammenbringen und verfolgen, wie sie miteinander umgehen, ob sie sich mögen, gut zusammenarbeiten können und so weiter. Alle Fakten, die ich in diesem Buch darstelle, beruhen auf solchen oder ähnlichen wissenschaftlichen Befragungen und Experimenten, die in einschlägigen Fachzeitschriften und Monografien veröffentlicht wurden.

Überblick

In Kapitel 2 stelle ich zunächst dar, worauf Männer und Frauen bei der Wahl eines Partners achten, was sie sich wünschen und worin sich die Geschlechter unterscheiden. In Kapitel 3 zeige ich, wie wichtig das Aussehen bei der Partnerwahl ist und was es überhaupt bedeutet, »gut auszusehen«. Im 4. Kapitel befasse ich mich mit Verliebtheit und zeige, was dabei im Körper passiert, wie Verliebtheit unsere Sicht des anderen beeinflusst und auch, wie vielfältige, teilweise ganz banale Ereignisse des Alltagslebens leidenschaftliche Liebe intensivieren können. Ob sich Gleich und Gleich wirklich gern gesellen, zeigt Kapitel 5. Ist Ähnlichkeit bei der Wahl eines Partners wichtig? Wenn ja, Ähnlichkeit in Bezug auf was und warum? Mit einem Partnertest können Sie ermitteln, wie gut Sie und jemand anderes zueinander passen. Wenn Sie dagegen wissen wollen, wo die Stärken oder vielleicht auch Schwächen Ihrer Beziehung liegen, sind Sie in Kapitel 6 richtig. In einem Beziehungstest können Sie feststellen, wie nah Ihre Beziehung der idealen Beziehung kommt. Die teils großen Wirkungen des kleinen Unterschieds finden Sie im 7. Kapitel. Da geht es natürlich auch um Sex, aber ebenso um Treue und Untreue und den »Krieg der Spermien«. Und schließlich befasse ich mich im 8. Kapitel mit den Schattenseiten von Beziehungen, mit Eifersucht, Konflikten und Trennungen.

All dies sind Aspekte, die Ihnen helfen, die Liebe besser zu verstehen. Einiges haben Sie sicher selbst schon bemerkt und finden nun Ihre Vermutungen wissenschaftlich bestätigt. Anderes wird Sie vielleicht überraschen. Und wie so oft, wenn es um die Erklärung menschlichen Verhaltens geht, werden Sie feststellen, dass Anlage und Umwelt ihre Rollen spielen und vieles, was unser Verhalten heute prägt, seine Ursprünge in der evolutionären Vergangenheit des Menschen hat.

Kapitel 2

Wer will wen – und warum? Die Partnerwahl

Wir wissen nur zu gut, dass nicht alle Menschen die gleichen Chancen beim anderen Geschlecht haben. Manche werden umschwärmt wie die Kerze von Motten in einer Sommernacht, andere haben – obwohl sie doch ganz nett sind – wenig Chancen. Welche Merkmale zählen auf dem Partnermarkt, was wünschen sich Männer, was Frauen? Das sind Fragen, die Soziologen, Biologen und Psychologen seit den 1930er-Jahren intensiv beschäftigen. Meist haben sich die Wissenschaftler existierende Paare angesehen und versucht, Regelmäßigkeiten in den Eigenschaften von Männern und Frauen zu finden, die einander offensichtlich bereits gewählt hatten. Sie haben aber auch direkt danach gefragt, was Personen bei einem möglichen Partner wichtig ist, so etwa Intelligenz oder gutes Aussehen. Und andere wiederum haben systematisch Heirats- und Bekanntschaftsanzeigen analysiert und daraufhin ermittelt, welche Merkmale von Partnersuchenden geboten und welche gewünscht werden.

Was ist Ihnen bei einem potenziellen Partner wichtig? Bevor Sie weiterlesen, können Sie den folgenden Partnerwahlfragebogen ausfüllen, der von mir und zahlreichen anderen Forschern eingesetzt wurde.

Test 2.1. Welche Merkmale soll der Partner/die Partnerin haben?

Geben Sie bei jeder der folgenden Eigenschaften an, wie wichtig sie Ihnen im Hinblick auf einen Partner/eine Partnerin für eine Liebesbeziehung ist. 1 bedeutet, dass Ihnen die entsprechende Eigenschaft gar nicht wichtig ist, 7, dass sie Ihnen sehr wichtig ist.

möchte Kinder haben

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

sportlich

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

ehrlich

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

gebildet

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

reich

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

verständnisvoll

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

interessant

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

kreativ

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

intelligent

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

gut aussehend

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

religiös

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

hoher Status

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

gesund

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

ausgeglichen

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

humorvoll

gar nicht wichtig

1

2

3

4

5

6

7

sehr wichtig

Vergleichen Sie Ihre Angaben nach Möglichkeit mit denen einer Person des anderen Geschlechts und achten Sie auf die Unterschiede.

Nur die inneren Werte zählen?

Fragt man Männer und Frauen danach, was ihnen an einem potenziellen Partner wichtig ist, stellt man meistens fest, dass anscheinend vor allem die inneren Werte zählen. Ehrlich, verständnisvoll und humorvoll soll er oder sie sein. Geld und Status rangieren abgeschlagen auf den hinteren Plätzen, und auch das Aussehen scheint nicht besonders wichtig zu sein.

In Abbildung 2.1 habe ich in Auszügen die Ergebnisse der bislang weltweit umfassendsten Studie zu Partnerpräferenzen dargestellt, die ich im Oktober 2008 in Kooperation mit FriendScout24 durchgeführt habe. Mehr als 22 000 Männer und Frauen aller Altersgruppen haben angegeben, wie wichtig ihnen diese und ähnliche Merkmale bei der Wahl eines Partners sind. Unter solchen Idealbedingungen, wenn man also den eigenen Wünschen freien Lauf lassen kann und keinerlei Beschränkungen unterliegt – etwa durch Zurückweisungen eines begehrten Partners, der einen nicht so toll findet wie man selbst ihn oder sie –, stellt man oft fest, dass Menschen die Aspekte, die im Ernstfall die eigene Partnerwahl beeinflussen, in ihrer Wichtigkeit unterschätzen.

Aber schon ein kurzer Blick in die Heirats- und Bekanntschaftsanzeigen einer Tageszeitung ergibt ein völlig anderes Bild. Nahezu keine Anzeige, in der nicht in irgendeiner Form auf das Aussehen Bezug genommen wird. Und genau so ist es beim Onlinedating. Personen, die kein Foto von sich eingestellt haben, erhalten erheblich weniger Aufmerksamkeit. Profile mit Bild werden 27-mal häufiger angeschrieben als Profile ohne Foto.6

Abbildung 2.1: Bei der Partnerwahl zählen anscheinend vor allem die inneren Werte (Datenquelle: FriendScout24, 2008)

Ich habe vor Jahren, zu einem Zeitpunkt, als Dating und Flirten im Internet noch nicht möglich waren und man stattdessen versucht hat, über Bekanntschaftsanzeigen den Richtigen oder die Richtige zu finden, solche Anzeigen systematisch ausgewertet und festgestellt, welche Aspekte die Inserenten und Inserentinnen bieten, wie sie sich also selbst beschreiben, und was sie von einem Partner oder einer Partnerin erwarten.7

Entgegen der viel gerühmten Wichtigkeit der inneren Werte machten vier von fünf Inserenten Angaben über ihr eigenes Aussehen, das mit Abstand am häufigsten von allen Aspekten genannt wurde. Auch wenn man es nicht zugeben möchte, weil man nicht als oberflächlich erscheinen will: Das Aussehen ist wichtig. Inserenten, die keine Angaben über ihr Aussehen machten, erhielten weniger Zuschriften. »Innere Werte« tauchen bei den Wünschen der Inserenten eher selten auf. Vielmehr legt mehr als die Hälfte aller Partnersuchenden Wert auf Eigenschaften, die für gemeinsame Aktivitäten relevant sind, wie fröhlich, unternehmungslustig, vielseitig interessiert und Ähnliches. Aufrichtigkeit, Verständnis oder Ausgeglichenheit – Merkmale, die bei direkten Befragungen ganz oben rangieren – wurden erheblich seltener gewünscht.

Ich habe mich gefragt, ob es Regelmäßigkeiten zwischen dem, was Leute bieten, und dem, was Leute wünschen, gibt. Die Ergebnisse sprechen für sich und zeigen eine deutliche Vorliebe für ähnliche Partner. Lustige suchen Lustige, Einfühlsame suchen Einfühlsame, vielseitig Interessierte ebensolche. Insgesamt habe ich eine hohe Übereinstimmung zwischen den gebotenen und den gewünschten Merkmalen gefunden. Ähnlichkeit, nicht Gegensätzlichkeit, ist das Grundmuster der Partnerwahl.

Die Inserenten nutzen mit dieser Fokussierung auf Ähnlichkeit eine ausgesprochen vielversprechende Strategie, wie die Forschungsergebnisse des berühmten Intelligenzforschers Lewis M. Terman (1877–1956) nahelegen.8Terman hat schon 1938 mehrere Hundert Ehepaare untersucht, ihre eheliche Zufriedenheit gemessen und ermittelt, wie ähnlich sich die Partner jeweils waren. Leute, die heiraten, sind sich – so Termans Ergebnisse – ähnlicher, als man es bei zufällig gebildeten Paaren erwarten würde, und je ähnlicher sich die Partner waren, desto glücklicher waren sie auch mit ihrer Ehe. Die Präferenzen für ähnliche Partner in meiner Anzeigenstudie spiegeln genau das wider.

Was Frauen wünschen

Ende der 1980er-Jahre publizierte der amerikanische Evolutionspsychologe David Buss9 die Ergebnisse der bis dahin weltweit größten Studie zur Partnerwahl, in der er in 37 verschiedenen Kulturen auf sechs Kontinenten und fünf Inseln, mit Stichproben aus so unterschiedlichen Kulturkreisen wie Brasilien, Australien, Deutschland, Estland, Israel, Indien, Nigeria, um nur einige zu nennen, analysiert hat, was auf dem Partnermarkt gewünscht und geboten wird. Diese Studie mit insgesamt mehr als 10 000 Befragten ist auch heute noch einmalig im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der berücksichtigten Länder und Kulturen. Teilnehmer der Studie kamen aus Ländern, in denen Polygynie üblich ist (ein Mann ist mit mehreren Frauen verheiratet) wie Nigeria und Sambia, andere kamen aus eher monogamen Ländern wie Spanien oder Kanada. Es waren Länder vertreten, in denen das Zusammenleben ohne Trauschein weitestgehend normal ist, wie Schweden oder Finnland, und Länder wie Bulgarien, in denen diese Form des Zusammenlebens nicht völlig akzeptiert wird. Individualistische Kulturen, in denen der Einzelne im Mittelpunkt steht, etwa Deutschland, waren genauso vertreten wie kollektivistische Kulturen, etwa Indien, in denen der Einzelne immer im Kontext seiner Familie und seines sozialen Umfelds gesehen wird und Individualität weniger wichtig ist. In dieser Partnerwahlstudie wurden die männlichen und weiblichen Teilnehmer gebeten, die Wichtigkeit von 18 Merkmalen eines potenziellen (Ehe-)Partners auf einer Skala von »unwichtig« bis »unverzichtbar« zu beurteilen.

Diese Studie ist in ihrer kulturellen Vielfalt einmalig. Ihr haftet allerdings – wie vielen anderen Studien, die auf ihr aufbauen – ein Problem an: Die Liste der 18 Merkmale, die zu beurteilen waren, stammt aus den 1940er-Jahren, darunter finden sich für die heutige Zeit ungewöhnliche Merkmale wie beispielsweise »Keuschheit« oder »den Haushalt gut versorgen können«.10 Dazu kommt, dass viele der Teilnehmer bereits seit Jahren verheiratet waren und Partnerwahl im engeren Sinn des Wortes zum Zeitpunkt der Befragung für sie nicht aktuell war.

Ich habe daher gemeinsam mit FriendScout24 eine Partnerpräferenzstudie durchgeführt, in der Merkmale verwendet wurden, die Menschen von heute, die auf Partnersuche sind, bei der Wahl eines Partners wichtig sind. Zunächst habe ich 100 Männer und Frauen gebeten, ihren idealen Partner zu beschreiben. Die daraus resultierenden 82 Merkmale bilden das zentrale Gerüst einer Onlinebefragung, an der mehr als 22 000 Männer und Frauen teilnahmen.

Frauen achten auf das Einkommen

David Buss berichtet, dass Frauen auf allen Kontinenten, in allen politischen Systemen (einschließlich sozialistischer und kommunistischer Systeme), in den unterschiedlichsten religiösen Gruppen und in den verschiedenen Ehesystemen mehr Wert auf ein gutes Einkommen legen als Männer. Das kann ich auch aktuell für Deutschland bestätigen. Frauen aller Altersgruppen finden es deutlich wichtiger als Männer, dass der Partner reich und wohlhabend ist. (Abb. 2.2)

Frauen wollen einen Mann mit hohem Status

Schon bei meiner Analyse von Heirats- und Bekanntschaftsanzeigen habe ich untersucht, ob die Inserenten bei ihren Selbstbeschreibungen Angaben über ihren eigenen Status (Akademiker, Professor, Arzt, Fabrikant) machten und auch, ob explizit solche Statusmerkmale beim Partner gewünscht wurden. Das Muster spricht für sich: Frauen wünschen mehr Statusmerkmale als Männer und quasi als passendes Gegenstück dazu werben Männer in ihren Anzeigen wesentlich häufiger als Frauen mit ihrem Status. Und sie sind damit auch erfolgreich: Mit zunehmendem Status der Männer erhöht sich die Zahl der Sexualpartnerinnen und damit theoretisch auch die Zahl der Kinder, wie in der Zeitschrift Behavioral and Brain Sciences berichtet wurde.11 Das Klischee, nach dem Frauen gerne mit Ärzten, Rechtsanwälten oder Professoren verheiratet wären, korrespondiert offensichtlich mit der Realität. Dem Status und dem Bildungsniveau messen sie erheblich mehr Gewicht bei als Männer.

Abbildung 2.2: Was Frauen wichtiger ist … (Datenquelle: FriendScout24, 2008)

Auf dem Heiratsmarkt regieren teilweise Marktprinzipien, die uns auch aus dem Wirtschaftsleben bekannt sind, Angebot und Nachfrage beeinflussen sich gegenseitig. Kürzlich haben Wissenschaftler die in der Vogue in den Jahren 1916 bis 1999 abgebildeten Frauen und die Mode, die sie trugen, näher analysiert.12 Zunächst haben sie den Sexappeal der Kleidung pro Jahr berechnet, wobei sie berücksichtigten, wie figurbetont die Mode jeweils war und wie viel Haut gezeigt wurde. Die Schwankungen während des vergangenen Jahrhunderts waren groß. Sie folgten aber einer ganz bestimmten Systematik: Je schlechter die wirtschaftliche Lage war, desto mehr Sexappeal hatte die Kleidung der Frauen. In Zeiten, in denen die Ressourcen bei den Männern rar sind, treten Frauen durch ein besonders erotisches Outfit in verstärkten Wettbewerb untereinander um die wenigen Männer, die ihren Wünschen entsprechen.

Frauen wollen einen Mann, der älter ist

Denken Sie kurz an Beziehungen aus Ihrem Bekanntenkreis. In wie vielen Beziehungen ist die Frau älter als ihr Partner, in wie vielen ist es umgekehrt? Im Durchschnitt sind in Deutschland die Männer 3,2 Jahre älter als ihre Frauen.13 Dieser Umstand allein rechtfertigt es natürlich nicht, zu behaupten, Frauen hätten eine Präferenz für Männer, die älter sind als sie. Vielleicht liegt es eher daran, dass Männer jüngere Frauen bevorzugen und daher den Frauen keine andere Wahl bleibt. Ich habe deshalb explizit danach gefragt, wie viele Jahre jünger oder älter als man selbst der gewünschte Partner denn sein sollte. Auch im Jahr 2008 wollen deutsche Frauen einen Mann, der durchschnittlich fast drei Jahre älter sein sollte (2,8 Jahre). Das entspricht nahezu dem tatsächlichen Unterschied der deutschen Ehepartner bei der ersten Heirat. Interessant an diesen nüchternen Zahlen ist, dass diese Altersunterschiede weltweit zu beobachten sind und – soweit schriftliche Aufzeichnungen vorliegen – auch zu allen Zeiten vorkamen. Betrachten wir beispielsweise das 20. Jahrhundert. Heutzutage heiraten die Leute zwar später als noch in den 1960ern oder gar am Anfang des letzten Jahrhunderts, aber trotz der Verschiebung des Heiratsalters ist der Altersunterschied von circa drei Jahren zwischen Mann und Frau nahezu unverändert geblieben.

Frauen wollen ehrgeizige und zielstrebige Männer

Vor mehr als 60 Jahren hat Rubin Hill amerikanischen Studenten eine Liste mit 18 für die Partnerwahl wichtigen Eigenschaften vorgelegt. Unter anderem wurde gefragt, wie wichtig den Teilnehmern Ehrgeiz und Zielstrebigkeit bei einem Partner sind. Diese Liste wurde seit ihrem ersten Einsatz immer wieder – auch von mir – benutzt und stets wird festgestellt, dass Frauen mehr Wert auf Ehrgeiz und Zielstrebigkeit bei einem Partner legen als Männer. Nicht nur in westlichen Leistungsgesellschaften, auch in Ländern wie Indonesien, Polen, Bulgarien, Brasilien oder Nigeria haben offensichtlich Faulenzer und Loser bei Frauen keine Chance.

Frauen bevorzugen Männer, die Kinder möchten

Die Psychologin Peggy La Cerra14konstruierte Fotos, auf denen Männer in unterschiedlichen Situationen zu sehen sind. Ein Mann allein, ein Mann in Interaktion mit einem 18 Monate alten Kind, der das Kind anlächelt und ihm gegenüber seine Zuneigung ausdrückt, ein Mann, der gerade beschäftigt ist und das schreiende Kind ignoriert, ein Mann, der neben einem Kind mit Blick in die Kamera zu sehen ist, und ein Mann, der gerade staubsaugt. 240 Frauen sahen diese Bilder und sollten jedes Mal angeben, wie attraktiv sie den Mann für ein Rendezvous, für Sex, als Ehepartner, als Freund oder als Nachbar fanden. Das Ergebnis: Frauen fanden den Mann, der inpositiverInteraktion mit dem Kind zu sehen war, als Ehepartner am attraktivsten. Der Mann, der das weinende Kind ignorierte, erhielt die mit Abstand schlechteste Bewertung und kam als Ehepartner nicht infrage. Männer reagieren übrigens nicht auf diese Weise. Für sie sind Frauen in positiver Interaktion mit einem Kind genauso begehrenswert wie Frauen, die allein auf dem Foto zu sehen sind.

Die spezifische Präferenz von Frauen für Männer mit Kinderwunsch zeigt sich auch in meinen Studien. Unter anderem fragte ich, wie wichtig es ist, ob der potenzielle Partner oder die potenzielle Partnerin Kinder haben möchte. Für Frauen war diese Eigenschaft ungefähr doppelt so wichtig wie für Männer. Wenn Männer signalisieren, dass sie diesen Wünschen entsprechen, dann sind sie für Frauen, die einen Partner für eine dauerhafte Beziehung suchen, erheblich attraktiver.15

Betrachten Sie jetzt noch einmal das Ergebnis des Partnerwahlfragebogens aus Test 2.1. Haben Sie und Ihr Partner vielleicht auch bestimmten Aspekten eine deutlich unterschiedliche Wichtigkeit beigemessen? Vermutlich ja. Ich habe den Test oft in meinen Vorlesungen und Seminaren eingesetzt und von jungen Männern und Frauen ausfüllen lassen. Zu meiner eigenen Überraschung und noch mehr zur Überraschung meiner Studenten stelle ich immer wieder fest, dass neben allen Gemeinsamkeiten, die Frauen und Männer haben – etwa dass der Partner aufrichtig und humorvoll sein soll, dass Religiosität nicht besonders wichtig ist –, Frauen durchweg mehr Wert auf Status, Einkommen und Bildung des Partners legen. als Männer das tun, und das, obwohl die von mir befragten Frauen als Studentinnen vermutlich später einmal zu den Besserverdienenden gehören werden und keinen »Versorger« suchen müssen.

Was Männer wünschen

Im Vergleich zu den vielfältigen und differenzierten Wünschen der Frauen bei der Partnerwahl sind die Männer vergleichsweise einfach gestrickt. Ihnen geht es primär um Schönheit und Jugendlichkeit. In der FriendScout24-Singlestudie gab es neben den zahlreichen gemeinsamen Wünschen von Männern und Frauen eben auch zahlreiche Partnermerkmale, die den Frauen wichtiger als den Männern waren. Sehen wir uns umgekehrt die Merkmale an, die den Männern wichtiger als den Frauen waren, ist das Muster ernüchternd. (Abb. 2.3)

Erstens sind es nur wenige Aspekte, auf die Männer mehr Wert legen, und zweitens haben sie alle mit dem Aussehen zu tun. Ich habe diese sehr einfachen und überschaubaren Präferenzen der Männer das erste Mal vor circa zehn Jahren festgestellt, als ich ein paar Hundert Männer und Frauen gebeten habe aufzuschreiben, was ihnen denn an einem Partner oder einer Partnerin wichtig ist, und dann anzugeben, wie wichtig diese Aspekte sind. Als ich die Liste nach jenen Eigenschaften geordnet habe, die entweder für Männer oder für Frauen wichtiger sind, habe ich im ersten Augenblick an einen Fehler in den Daten gedacht und noch ein paarmal nachgerechnet: Wie auch in der FriendScout24-Singlestudie hatten die meisten Merkmale, die den Männern wichtiger waren, mit dem Aussehen zu tun. Das waren Merkmale wie »hübsch«, »attraktiv«, »gute Figur«, »schöne Haut«, »lange Haare« und noch mehr in diese Richtung. Ich bekam den Eindruck, dass meine männlichen Versuchsteilnehmer in ihrem Bestreben, nicht nur ein einziges Merkmal, nämlich Aussehen, aufzuschreiben, Synonyme für das, was für sie wichtig ist, genannt haben.

Abbildung 2.3: Was Männern wichtiger ist … (Datenquelle: FriendScout24, 2008)

Männer wollen eine schöne Frau

Das Präferenzmuster ist stabil: Weltweit messen Männer dem Aussehen einer Partnerin mehr Bedeutung bei als Frauen dem Aussehen eines Partners. (Abb. 2.4)

Abbildung 2.4: Weltweit ist Männern das Aussehen bei der Partnerwahl wichtiger als Frauen (nach Buss, 1999)

Ich will damit keinesfalls sagen, dass Frauen nicht auch auf das Aussehen von Männern achten. Sie sehen Attraktivität als wünschenswert an, für Männer ist das Aussehen hingegen sehr wichtig. Beeindruckend zeigt das eine Reihe von Experimenten, die der amerikanische Psychologe Douglas Kenrick16