Die großen Western 108 - Frank Callahan - E-Book

Die großen Western 108 E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Reynold Cassidy zauberte den Revolver gedankenschnell aus der Halfter. Die drei Verfolger verharrten wie vor einer unsichtbaren Wand. Um Cassidys Lippen spielte ein freudloses Lächeln. "Na, wie wollt ihr's haben, Jungs?" Die drei Männer reckten unaufgefordert die Arme zum Sternenhimmel. "Sehr schön. – Und jetzt erklärt ihr mir bestimmt, weshalb ihr mir nachschleicht?" "Wir müssen dich sprechen, Cassidy", stotterte einer. Er hatte zuerst den Schock der Überraschung überwunden. "Im Saloon gab's zu viele Zeugen." "'ne bessere Ausrede fällt euch nicht ein?", spottete Cassidy eher gemütlich. "Verdammt, Cassidy, wir meinen es ernst", brauste der Mann auf. "Dein alter Sattelpartner Clay Donovan schickt uns. Er sitzt in der Klemme und meint, nur du kannst helfen." "Clay? Was ist mit ihm? Wenn das ein fauler Trick ist, dann bekommt ihr jede Menge Verdruss!"

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Die großen Western – 108 –

Treck-Banditen

Frank Callahan

Reynold Cassidy zauberte den Revolver gedankenschnell aus der Halfter. Die drei Verfolger verharrten wie vor einer unsichtbaren Wand.

Um Cassidys Lippen spielte ein freudloses Lächeln.

»Na, wie wollt ihr’s haben, Jungs?«

Die drei Männer reckten unaufgefordert die Arme zum Sternenhimmel. »Sehr schön. – Und jetzt erklärt ihr mir bestimmt, weshalb ihr mir nachschleicht?«

»Wir müssen dich sprechen, Cassidy«, stotterte einer. Er hatte zuerst den Schock der Überraschung überwunden. »Im Saloon gab’s zu viele Zeugen.«

»’ne bessere Ausrede fällt euch nicht ein?«, spottete Cassidy eher gemütlich.

»Verdammt, Cassidy, wir meinen es ernst«, brauste der Mann auf. »Dein alter Sattelpartner Clay Donovan schickt uns. Er sitzt in der Klemme und meint, nur du kannst helfen.«

»Clay? Was ist mit ihm? Wenn das ein fauler Trick ist, dann bekommt ihr jede Menge Verdruss!«

Die drei Männer schielten auf den Revolver in Cassidys Hand. Und sie erkannten, wie gefährlich der schlanke Mann war, obwohl er lässig vor ihnen stand.

»Kannst du nicht das Eisen wegstecken, Cassidy?«, fragte der dritte Mann. »Wir wollen uns tatsächlich nur in aller Ruhe mit dir unterhalten.«

»Na gut, Jungs. Dann schnallt mal ab. Danach setzt ihr euch auf den Baumstamm und legt die Hände auf die Knie. Euch trau ich nur, so weit ich sehen kann. Ihr seht nicht gerade wie Sonntagsschüler aus.«

Die Waffengurte plumpsten auf die Erde. Sekunden später saßen die drei Männer friedlich vor Reynold Cassidy. Er schob den Colt in die Halfter.

Aus dem nahen Saloon drang Stimmenlärm. Sonst lag die kleine Stadt Fullham in tiefem Schlaf. Das Mondlicht legte einen milchigen Hauch über das Gelände. Von irgendwoher erklang der Ruf eines Käuzchens.

Reynolds Haus lag nur wenige Pferdelängen entfernt. Der Schein einer Kerosinlampe verriet ihm, dass Belinda noch nicht schlief.

»Clay Donovan sitzt in Fort Phil Kearny am Platte River im Jail. Du bist seine letzte Rettung und sollst ihn rausholen. In zwei Tagen können wir dort sein, Cassidy, vorausgesetzt, du lässt deinen alten Gefährten nicht im Stich.«

»Mach mal ’nen Punkt, Mister«, antwortete Reynold verärgert. »Clay und ich sind vor mehr als fünf Jahren gute Freunde gewesen. Danach trennten sich unsere Wege. Gut, Clay hat mir einmal das Leben gerettet. Ich stehe in seiner Schuld. Das ist alles richtig, aber ich kann doch hier nicht alles zurücklassen und mit euch reiten.«

»Es ist deine Entscheidung, Cassidy«, sagte ein anderer der drei Männer. »Clay geht’s verdammt dreckig. Er wird in drei Tagen hängen, wenn du ihn dort nicht rausholst. Wir haben es bereits versucht, doch wir sind kläglich gescheitert.«

»Was soll er denn verbrochen haben?«, fragte Cassidy.

»Er hatte Streit mit einem Siedler. Der Mann wurde später erstochen aufgefunden. Clay Donovan bestritt die Tat, doch er wurde trotzdem verurteilt.«

»Da ist noch etwas, was du wissen musst, Cassidy«, sagte der Mittlere der drei Männer. »Clay Donovan ist der Boss eines Siedlertrecks, der nach Oregon unterwegs ist. Die Leute sind aufgeschmissen, wenn Clay gehängt wird. Die Zukunft von mehr als einem Dutzend Familien hängt am seidenen Faden. Es gibt keinen Ersatz für ihn. Er kennt das Land wie seine Hosentasche. – Was ist, hilfst du uns?«

Reynold Cassidy blickte die drei Männer nachdenklich an.

»Ihr setzt mich ganz schön unter Druck, Jungs. Warum glaubt ihr eigentlich, dass ich es schaffen kann, Clay rauszupauken? Ihr seht ganz so aus, als könntet ihr gut mit den Colts und den Fäusten umgehen.«

»Donovan hat in all den Jahren von dir wahre Wunderdinge erzählt. Außerdem haben auch wir von dir gehört. Du bist einer der schnellsten Revolvermänner und hast den Blechorden in vielen Städten getragen.«

»Ich bin längst raus aus dem Geschäft«, sagte Reynold Cassidy ruhig. »Seitdem ich vor zwei Jahren geheiratet habe, bin ich ein friedlicher Bürger geworden. Ich handle mit Pferden, Rindern und Weizen. Die Geschäfte gehen gut, ich bin zufrieden.«

»Das wissen wir alles, Reynold. Übrigens, mein Name ist John Willburn. Meine beiden Partner sind Buster Ringloke und James McCormick.«

»Du hast Zeit, dich bis morgen zu entscheiden«, sagte James McCormick und grinste. »Wir übernachten in der Stadt und besuchen dich bei Sonnenaufgang. Dann liegt’s an dir, ob du mit uns reiten willst.«

*

»Ich habe dir vor zwei Jahren versprochen, nicht mehr zum Colt zu greifen«, sagte Reynold Cassidy zu seiner Frau.

Belinda strich eine Locke ihres dunkelblonden Haars aus der Stirn und legte dann ihrem Mann einen Finger auf die Lippen, als er weitersprechen wollte. Dabei lächelte sie ihn zärtlich an.

»Du hast dein Wort nicht gebrochen, seitdem wir verheiratet sind, obwohl du mehrere Angebote erhalten hattest, um für das Gesetz zu kämpfen. Du hast es sogar abgelehnt, das Abzeichen eines US Marshals zu tragen. Das alles habe ich dir hoch angerechnet.« Belinda lehnte sich leicht gegen ihren Mann, der sie zärtlich zu sich heranzog und ihr einen Kuss auf die Stirn hauchte. »Ich überlasse es dir, ob du deinem ehemaligen Kriegskameraden und Freund Clay Donovan helfen willst. Das ist etwas anderes. Du hast mir viel von Clay erzählt. Ihr beide seid viele Jahre lang durch dick und dünn gegangen. Er steckt bis über beide Ohren in der Klemme. Vielleicht kannst du ihm helfen. Ich werde dir nicht im Weg stehen.«

Es schien, als lausche Reynold in sich hinein. Dann nickte er Belinda zu.

»Ich glaube nicht, dass Clay jemanden ermordet hat. Er ist zwar ein verdammt harter Brocken, doch kein heimtückischer Mörder. Gut, fünf Jahre können einen Menschen verändern, doch ich denke, dass mein ehemaliger Sergeant hereingelegt worden ist.«

Belinda wich einen Schritt zurück und setzte sich dann auf das Sofa. Reynold nahm neben ihr Platz und legte den Arm um die Schultern seiner Frau.

»Clay hat mir im Krieg das Leben gerettet und wäre dabei beinahe selbst vor die Hunde gegangen. Er hat mich über fünf Meilen mitgeschleppt und brachte mich so zu unseren Leuten zurück, die uns schon aufgegeben hatten. Das verpflichtet, Liebling. Wenn Clay irgendeine andere Chance gesehen hätte, um davonzukommen, dann würde er seine drei Partner nicht geschickt haben. Ich …«

»Schon gut«, sagte Belinda lächelnd. »Du hast dir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich bereite ein Frühstück, denn die Sonne wird bald aufgehen. Du solltest inzwischen deinen Reddy satteln. Er wird sich freuen, wieder einmal eine größere Strecke hinter sich zu bringen. Ich lege mich später wieder hin. Um deine Geschäfte soll sich Old Billy kümmern. Er weiß über alles Bescheid. Und du versprichst mir, gut auf dich zu achten und gesund zurückzukommen.«

»Das verspreche ich dir, Liebes. Du wirst mir sehr fehlen. Vielleicht werde ich länger unterwegs sein. Schon der Gedanke, dich hier allein zurückzulassen, bereitet mir Unbehagen.«

»Ich komme schon zurecht. Ich werde immer an dich denken und für dich beten, dass du gesund und munter zurückkehren wirst.«

Belinda lief in die Küche, um Kaffeewasser aufzustellen und ein Frühstück zu richten. Reynold ging zum Stall hinüber und sattelte einen Fuchshengst, der einen ausdauernden Eindruck machte.

Als er Reddy ins Freie führte, vernahm er in der Ferne Hufschlag, der rasch lauter wurde. Er erkannte drei Reiter, die sich dem Haus im Licht des beginnenden Tages näherten.

Kurze Zeit später sprangen John Willburn, James McCormick und Buster Ringloke aus den Sätteln. Sie traten auf Reynold Cassidy zu und nickten zufrieden.

»Das sieht so aus, als würdest du mit uns reiten«, sagte Buster Ringloke, ein hünenhafter Bursche. »Hoffentlich hast du das Prachtpferd nicht nur zu einem Morgenritt gesattelt.«

»Ich reite mit euch nach Fort Kearny«, sagte Reynold entschlossen. »Clay rechnet mit mir. Und es ist nun einmal nicht meine Art, einen Freund im Stich zu lassen. Habt ihr schon gefrühstückt, Jungs?«

Die drei Männer schüttelten die Köpfe.

»Im Hotel haben sie sich geweigert, schon so früh den Herd anzuheizen. Wir wollten keinen Ärger und …«

»Dann kommt mit ins Haus, ihr Heldensöhne. Es reicht bestimmt für alle. Außerdem möchte ich euch meine Frau vorstellen.«

Die Begrüßung war herzlich. Die drei Männer langten zu, als wären sie am Verhungern. Besonders Buster Ringloke hatte einen Riesenappetit.

»Er isst immer wie ein Scheunendrescher«, sagte John Willburn grinsend. »Das ist nicht zu ändern.«

»Dafür trinkst du doppelt so viel«, antwortete Buster und kaute dabei auf beiden Backen.

Eine halbe Stunde später kletterten die vier Männer in die Sättel.

»Viel Glück, Reynold«, wünschte Belinda. »Und komme gesund zurück. Ich werde voller Sehnsucht auf deine Rückkehr warten.«

Reynold Cassidy und seine neuen Partner ritten los. Vor ihnen lag ein weiter Ritt, den sie, so schnell wie möglich, hinter sich bringen wollten.

Es würde ihnen wenig Zeit bleiben, um etwas für Clay Donovan zu tun. Er sollte in drei Tagen hängen.

*

»Das Fort der Blauröcke liegt dort drüben«, sagte John Willburn. »Die kleine Ortschaft heißt wie das Fort. Es gibt sogar einen Town Marshal. Gil O’Sullivan ist sein Name. Mit ihm ist nicht gut Kirschen essen. Er ist ein rothaariger Ire, der so stur wie ein Büffelbulle sein kann.«

Die vier Männer näherten sich schnell den ersten Häusern der kleinen Town. Die Felle der Pferde waren mit einem zähen Brei aus Staub und Schweiß überzogen. Den Vierbeinern war der lange und harte Ritt anzusehen.

Und auch an Reynold, John, Buster und James waren die Anstrengungen der beiden letzten Tage nicht spurlos vorübergegangen.

Rechter Hand erkannte Reynold Cassidy über ein Dutzend Conestoga-Planwagen, die zu einer Wagenburg aufgefahren waren. Über drei Dutzend Maultiere weideten in einem Seilcorral.

»Das ist der Treck, von dem wir dir erzählt haben«, sagte James McCormick. »Sie sind ohne Clay Donovan aufgeschmissen. Er ist der Treckboss, der sie sicher nach Oregon, ins gelobte Land, bringen soll. Die Siedler müssen aufgeben, wenn Clay nicht freikommt. Sie haben kein Geld mehr, um einen neuen Führer durch die Wildnis anzuwerben. Außerdem werden sie auch kaum jemanden finden, der diese Aufgabe übernehmen will.«

»Vielleicht sollten wir zuerst mit den Siedlern sprechen«, schlug Buster Ringloke vor. »Es könnte ja sein, dass sich in den vergangenen Tagen einiges ereignet hat, von dem wir keine Ahnung haben.«

Reynold nickte.

»Einverstanden«, sagte er. »Danach spreche ich mit dem Town Marshal. Er wird mir bestimmt erlauben, dass ich mich mit Clay unterhalte.«

»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte John Willburn. »Vielleicht hat er aber schon von dir gehört und drückt ein Auge zu.«

Die vier Reiter sprangen in der Nähe der Wagenburg aus den Sätteln und leinten die Vierbeiner an einigen Baumstämmen fest.

Zwei Männer kamen ihnen entgegen. Einer war schon älter und erinnerte irgendwie an eine knorrige Eiche.

»Das ist Joe Walker, der Sprecher der Siedler«, erklärte James McCormick. »Clay ist stets gut mit ihm ausgekommen. Den Mann an seiner Seite kenne ich nicht. Er muss neu sein!«

»Hallo, Jungs«, sagte Joe Walker und nickte Reynolds Begleitern zu, ehe er den groß gewachsenen Mann forschend musterte. Dann wandte er sich wieder John Willburn, Buster Ringloke und James McCormick zu.

»Ich hatte schon angenommen, dass ihr nicht mehr zurückkommen würdet. Es hätte euch aber gar nicht ähnlich gesehen, Clay Donovan in seiner Not allein zu lassen.«

»Das ist Reynold Cassidy«, stellte Buster Ringloke den ehemaligen Revolvermann vor. »Er und Clay sind befreundet. Reynold will alles tun, um Clay zu helfen. Auch er kann’s nicht glauben, dass Clay ein Mörder sein soll.«

»Hat sich etwas Neues ergeben?«, fragte James McCormick.

Der Anführer der Siedler schüttelte den Kopf.

»Leider nicht, Jungs. Clay Donovan soll nach wie vor morgen aufgehängt werden. Wir haben uns sehr für ihn eingesetzt, doch der Marshal bleibt unerbittlich. Auch Richter Hanson hat das Urteil nicht aufgehoben, obwohl es auf schwachen Füßen steht. Da ist nichts zu ändern.«

Der graubärtige Alte blickte Reynold Cassidy ernst an.

»Es tut mir leid, Mister Cassidy, doch es sieht ganz so aus, als müsste Clay sterben.«

Dann deutete er auf den untersetzten Mann an seiner Seite.

»Das ist Dave Sutherland, unser neuer Treckboss. Er wird uns nach Oregon bringen. Mister Sutherland ist zufällig hier gewesen, und wir konnten uns mit ihm einigen. Er kennt den Trail sehr gut und hat schon mehrere Trecks nach Oregon geführt. Das ist ein wirklicher Glückstreffer für uns. Wir hatten schon fast alle Hoffnung aufgegeben.«

Dave Sutherland tippte lässig gegen die Krempe des Stetsons und nickte den vier Männern freundlich zu.

»Werde ich hier noch gebraucht, Sir?«, fragte er Joe Walker. »Wenn nicht, dann habe ich noch einiges zu erledigen.«

»Schon gut, Sutherland. Wir brechen doch in zwei Stunden auf, so wie wir es geplant haben.«

Dave Sutherland nickte.

»Es bleibt dabei.«

Er stiefelte davon.

James McCormick, John Willburn und Buster Ringloke starrten ihm finster hinterher. Es schien ihnen nicht zu schmecken, dass dieser Mann den Platz ihres Partners und Freundes Clay Donovan eingenommen hatte.

»Das müsst ihr verstehen, Jungs«, sagte Joe Walker. »Wir sind höllisch froh, einen Ersatzführer gefunden zu haben. Ohne ihn wären wir völlig am Ende. Nun können wir alle wieder hoffen.«

»Wie schön«, murmelte James McCormick sarkastisch. »Und ihr habt Clay Donovan inzwischen abgeschrieben. Euch allen scheint es egal zu sein, dass ein Unschuldiger morgen aufgehängt werden soll.«

Der Sprecher der Siedler zuckte hilflos mit den Schultern.

»Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand. Das wisst ihr ganz genau, Leute. Auch wir sind davon überzeugt, dass Clay unschuldig ist, doch wir können es nicht beweisen. Niemand wird das können. Phil Lanster ist tot. Er wurde erschlagen und beraubt. Alles deutete darauf hin, dass Clay der Täter ist. Bei ihm fand man das Messer, mit dem Lanster erstochen wurde. Außerdem hatte Clay Blutspritzer an der Kleidung, als er verhaftet wurde.«

»Clay war stinkbesoffen, als man ihn fand. Das Messer kann der richtige Mörder gestohlen und die Klinge später an Clays Hosen abgewischt haben. So sehe ich es«, knurrte John Willburn verärgert. »Dieser Narr von einem Marshal ist doch nur froh, dass er einen Dummen gefunden hat. Und der alte Richter hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Das alles ist ein heimtückisches Komplott mit dem Ziel, Clay an den Galgen zu bringen.«

John Willburn schwieg. Für seinen Geschmack war das eine viel zu lange Rede gewesen.

»Wer könnte Clay hereingelegt haben?«, fragte Reynold Cassidy den Anführer der Siedler. »Hatte Clay Feinde, die ihn aus dem Weg schaffen wollten?«

»Darüber habe ich lange nachgedacht, Mister Cassidy. Natürlich musste sich Donovan oft hart durchsetzen. Er verprügelte einige Männer, die sich ihm widersetzten. Das ist aber bestimmt kein Grund, um jemanden umzubringen und den Mord Clay in die Schuhe zu schieben.«

»Ist Town Marshal Gil O’Sullivan anderen Spuren nachgegangen, um Clay Donovan zu entlasten?«

»Ich glaube es nicht. Für den Marshal war alles sofort klar. Der Kerl hockt lieber im Saloon bei einer heißen Pokerpartie, als Verbrechen aufzuklären.«

Reynold Cassidys schlanker Körper straffte sich.

»Ich spreche erst einmal mit Clay«, sagte er. »Ihr bleibt am besten hier bei den Siedlern, Jungs. Wir sehen uns später.«

*

»Raus, zum Henker!«, schrie der bullige Mann hinter dem wurmstichigen Schreibtisch, auf dem er die Füße hochgelegt hatte. »Mittagspause! Ist das klar, oder muss ich es dir schriftlich geben?«

»Ich möchte Clay Donovan sprechen«, sagte Reynold ruhig, obwohl es in ihm kochte. »Ich bin ein alter Freund von ihm. Reynold Cassidy ist mein Name. Vielleicht haben Sie schon mal von mir gehört?«

Town Marshal O’Sullivan zwinkerte wie ein Uhu, der vom ersten Sonnenlicht überrascht wird, und bequemte sich endlich, die Stiefel von der Schreibtischplatte zu nehmen.

»Der Cassidy?«, fragte er gedehnt.

»Richtig, Marshal. Ich habe gehört, dass mein Freund Clay Donovan in einer schlimmen Klemme steckt. Sie haben doch bestimmt nichts dagegen, wenn ich einige Takte mit ihm rede, nicht wahr?«

Der Gesetzeshüter stützte den Kopf in beide Hände und sah Cassidy forschend an. Dann schüttelte er den rothaarigen Schädel.

»Donovan ist nicht zu sprechen. Für niemanden. Und jetzt sollten Sie das Office verlassen! – Kapiert?«

»Aber nicht doch, Marshal«, sagte Reynold Cassidy noch immer ruhig, obwohl sich sein Gesicht Unheil verkündend zu röten begann. »Ich habe ein Recht, ihn zu sprechen. Muss ich Ihnen erst mit einigen Gesetzesvorschriften kommen, oder können wir uns so einigen?«

Reynold griff in seine Tasche und zog ein paar Dollarscheine hervor, die er vor Gil O’Sullivan auf die Tischplatte legte.

»Wollen Sie mich bestechen?«

»Ich will’s wenigstens versuchen«, sagte Reynold grinsend. »Natürlich nehme ich nicht an, dass Sie die Greenbacks wirklich nehmen wollen und bin davon überzeugt, dass ich auch so eine Besuchserlaubnis erhalten werde.«

»Richtig«, sagte der Town Marshal und zog ein enttäuschtes Gesicht, als Cassidy die Bucks wieder einsteckte.

»Sie sind wohl ein kleiner Spaßvogel, was? Yeah, von Ihnen habe ich schon einiges gehört, Cassidy. Na gut, von mir aus können Sie Donovan sprechen. Anschließend sollten wir gemeinsam einen Drink zur Brust nehmen. Auf Ihre Kosten, versteht sich!«