Die Kalorien-Königin - Blanca Imboden - E-Book

Die Kalorien-Königin E-Book

Blanca Imboden

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Beschreibung

Fettpolster? Die sollen bitte verschwinden! Männer? Die dürfen gerne bleiben, vor allem, wenn sie so knusprig sind wie die afrikanische Ferienbekanntschaft, die unverhofft vor der Haustür steht! So denkt jedenfalls die Journalistin Lucy, die mit zwei Mitbewohnerinnen in einer fröhlichen WG lebt. Sie schreibt eine wöchentliche Kolumne, ist auf Diät und berichtet in der Illustrierten über ihre Abnehmerfolge. Bald wird sie von ihren Lesern zur »Kalorien-Königin« gekürt. Ein unbequemer Thron. Und der Afrikaner, von Lucys Mitbewohnerin angeschleppt, bringt die eingespielte Frauen-WG ganz schön durcheinander … Ein Buch voller Witz und Wärme.

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PIPER DIGITAL

die eBook-Labels von Piper

Unsere vier Digitallabels bieten Lesestoff für jede Lesestimmung!

Für Leserinnen und Leser, die wissen, was sie wollen.

Mehr unter www.piper.de/piper-digital

ISBN 978-3-492-98013-5

© für diese Ausgabe: Fahrenheitbooks, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2013 © 2008 Blanca Imboden, Ibach Erstausgabe: Papillon Verlag, Geltwil 2008 Covergestaltung: FAVORITBUERO, München Covermotiv: © Mariia Masich / Shutterstock.com Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2009

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Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

»Wer jeden Tag zehn Minuten lang herzhaft lacht, verbraucht dabei bis zu 50 Kalorien und kann im Jahr damit zwei Kilo abnehmen.«

Dieses Buch widme ich

meinem »Enkelkind« Jebet.

Mit den Einnahmen aus dem Buchverkauf unterstütze ich auch Jebets Familie.

Schweiz, Ibach

Sieben extra große Gartenzwerge im Multipack.

Was soll ich damit?

Tabletten in allen Farben und für jede Gelegenheit:

Sie machen aus Depressiven lustige Clowns, blasen die Müdigkeit weg oder bringen erlösenden Schlaf.

Wer kauft denn so was im Internet?

Ein Störgerät, das Mörder vom Haus fernhalten soll.

Mörder? Sicher ein Tippfehler.

Die haben bestimmt MARDER gemeint.

Ich schüttle lächelnd meinen Kopf.

Mein E-Mail-Konto ist ein Ramschladen geworden!

Heute will ein Online-Kasino mir einen Bonus offerieren.

Eine Firma möchte, dass ich ihren Blumendünger teste. Es ist verrückt!

Jeden Morgen starte ich noch im Halbschlaf meinen Computer und rufe meine E-Mails ab. Und jeden Morgen ärgere ich mich aufs Neue über die vielen Spam-Mails, die mir Möglichkeiten zur Penisverlängerung oder Rolex-Uhren aus Italien anbieten, Viagra in der Großpackung verkaufen wollen, günstige Sportsocken anpreisen oder mir erklären, dass auf dieser und jener Homepage »Susi ihre prallen Möpse tanzen lässt«.

Keine einzige persönliche E-Mail! Ich haue unfreundlich auf die Löschtaste. Lucys Ramschladen ist geschlossen.

Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass nun mein Tag irgendwie versaut ist? Genauso beginnen sie nämlich, die schwarzen Tage, an welchen die Milch im Kaffee sauer wird, das Datum des Jogurts im Kühlschrank längst abgelaufen und meine einzige Jeans, in die ich noch hineinpasse, über Nacht nicht trocken geworden ist.

Dabei liebe ich eigentlich diese frühen Morgenstunden, wenn es im Haus noch ruhig ist und ich alle Räume für mich alleine habe. Ich bin eine leidenschaftliche Frühaufsteherin. Am großen Küchentisch trinke ich schon kurz nach sechs meinen Kaffee und höre im Radio die Nachrichten. Gegen sieben Uhr kommt dann Kim heim. Sie trägt in aller Frühe in Ibach Zeitungen aus. Diesen Job, den keiner sonst haben will, nimmt sie von der sportlichen Seite. Jeden Tag versucht sie, ihre Strecke noch schneller zu bewältigen. Sie rennt oder fährt mit dem Fahrrad. Dazu hört sie Musik aus ihrem MP3-Player. Ab und zu holt sie dazu auch meinen alten VW-Golf aus der Garage. Wenn sie alle ihre Zeitungen in die Briefkästen gestopft hat, kommt sie heim, hat frische Brötchen eingekauft und bringt die Post mit hoch. Ein wunderbarer Service. Meist kriecht dann auch Laura aus dem Bett, noch nicht richtig wach und schlecht gelaunt. Aber das tragen wir mit Fassung. Laura arbeitet in unserem Einkaufszentrum als Friseurin und muss erst um neun anfangen.

Ich werfe die Kaffeemaschine an und hole mein Light-jogurt aus dem Kühlschrank. Lustlos stochere ich mit dem Löffel darin herum. Es ist so unglaublich farb-, geschmack- und kalorienlos. Ja, ich versuche wieder einmal, mein Übergewicht loszuwerden. Wie immer im Frühling. Und im Sommer. Und überhaupt. Wenn ich so zurückblicke, dann scheint mein Leben eine einzige Abfolge von Diäten zu sein.

Laura kann darüber nur lachen.

»Du bist wie der Mond«, meinte sie neulich zu mir, »du nimmst ständig ab und zu.« Es ist wirklich ärgerlich, dass meine beiden Mitbewohnerinnen so schlank sind. Schlank, jung und hübsch. Das ist nicht immer leicht zu ertragen.

Schnell, bevor es jemand sieht, mische ich zwei Löffel Zucker in das Jogurt und garniere mein Werk mit zwei Löffeln der selbst gemachten Traubenmarmelade, die uns Kims Mutter geschenkt hat. Jetzt sieht das Ganze schon besser aus. Dazu eine Prise Zimt. Lecker! Von null auf über hundert Kalorien in wenigen Sekunden. Das ist für mich eine leichte Übung.

Warum wird es heute eigentlich nicht hell?

Ich strecke vorsichtig meinen Kopf zum Fenster raus und sehe, dass sich über den Mythen, unseren Hausbergen, riesige Wolken auftürmen. Schwarze Wolkenwände schieben sich von Einsiedeln her zu uns rüber. Es braut sich ein böses Gewitter zusammen. Das Donnergrollen wird immer lauter und kommt bedrohlich schnell näher. Der Wind rüttelt an den Fensterläden. Ich denke an Kim, die ihre Tour hoffentlich noch schafft, bevor es anfängt zu regnen.

Zu spät!

Ich schließe die Fenster, und schon peitschen die ersten Regentropfen an die Scheiben.

Ein Scheißtag.

Das hab ich doch gleich gespürt.

Aus dem Radio versucht Carlos Santana, mich mit vollem Einsatz aufzumuntern. Er lässt seine Gitarre wunderbar melodiös und gefühlvoll jaulen. Ich setze mich an den Küchentisch und lege meine Füße hoch. Immerhin gehört es mir, das Haus, inklusive Küchentisch. Dieses Gefühl genieße ich ab und zu ganz bewusst. Ich lasse mich von Santanas Musik einlullen und leiste mir Erinnerungen an bessere Zeiten. Gerade als sich in mir ein Gefühl wohligsten Wohlbehagens breitzumachen beginnt, rumpelt Kim die Treppe hoch.

»So ein Sauwetter«, schimpft sie und schüttelt sich wie ein nasser Hund. »Fehlt jetzt nur noch, dass ich böse Anrufe bekomme, weil ein paar Zeitungen nass geworden sind. ICH bin nass geworden! Und wie!«

Sie schimpft wie ein Rohrspatz, und dabei rinnt das Wasser aus ihren dunklen Haaren, die in ungewohnt hässlichen Strähnen herunterhängen.

»Kann man sich denn auf keinen Wetterbericht mehr verlassen?« Sie schubst meine Füße vom Tisch und knallt mir Post und Zeitungen vor die Nase. Und die frischen Brötchen, die ich doch eigentlich von meinem Speiseplan gestrichen habe, duften mir verlockend entgegen.

»Ich ziehe mir schnell trockene Sachen an. Machst du mir schon einen Kaffee?« Weg ist sie.

Kim ist natürlich nicht wirklich eine richtige, echte Zeitungsausträgerin aus Leidenschaft. Sie ist Pianistin. Kim hat Musik studiert und sogar einen Abschluss als Klaviersolistin gemacht, nur um dann am Ende festzustellen, dass eigentlich niemand auf sie gewartet hat, dass es tausend andere und bessere Pianisten gibt, die sich um Ruhm und Ehre prügeln. So ging sie den Weg, den die meisten Musiker irgendwann gehen, freiwillig oder nicht: sie fing an zu unterrichten.

Aber sie hielt das nicht durch. Sie konnte nicht so viele Schüler annehmen, dass sie wirklich davon hätte leben können. Das hielten ihre Nerven nicht aus.

»Ich muss mir einen neuen Job suchen«, erklärte sie mir eines Tages unter Tränen. »Heute saß ein blond gelocktes Engelchen von acht Jahren neben mir auf der Klavierbank. Ein wirklich süßes Kind. Und ich hätte es beinahe erwürgt, bloß weil es falsch gespielt hat. Ich konnte mich nur mit großer Mühe zurückhalten. Meine Güte: Tine kann nach einem Jahr Unterricht noch keine einzige Melodie im Rhythmus spielen! Ich würde bestimmt vor jedem Gericht mildernde Umstände bekommen, oder?«

Kim war völlig aufgelöst, lachte und weinte gleichzeitig.

Inzwischen hat sie ihr Leben wieder im Griff. Sie hat ihr Unterrichtspensum verkleinert und trägt dafür frühmorgens Zeitungen aus. Zwischendurch lässt sie sich von kleineren Orchestern als Solistin buchen oder begleitet andere Musiker.

Sicher eine ungewöhnliche Frau, aber sind wir nicht alle etwas eigenartig?

Jedenfalls in diesem Hause?

Könnten wir sonst zusammenwohnen?

Und dies schon seit drei Jahren?

Ich decke also den Tisch und hole all die leckeren Sachen aus dem Kühlschrank, die ich eigentlich ignorieren wollte: Nutella, Honig, Butter, Leberwurst, würzigen Käse. Da liegen sogar noch ein paar alte Scheiben Salami herum. Hmm! Es geht einfach nichts über ein ausgiebiges Frühstück.

Noch während Kim unter der Dusche steht, höre ich Lauras Wecker klingeln. Klingeln, das ist vielleicht das falsche Wort. Sie hat ihren Wecker so programmiert, dass sie jeden Morgen mit dem kenianischen Lied »Malaika« geweckt wird.

Wie bereits gesagt:

Wir sind ein komischer Haufen.

Auch Laura hat ihre Ticks. Sie schwärmt für Kenia und war schon achtmal dort, dabei ist sie erst fünfundzwanzig Jahre alt! Als blonde Schönheit ist sie in Afrika eine Attraktion. Sie scheint dies jeweils sehr zu genießen und hat wohl schon einige Männerherzen gebrochen. Laura liest jedes Buch über Kenia und Afrika. Wenn im Fernsehen ein Film über Afrika gezeigt wird, dann haben wir keine Chance, etwas anderes zu sehen. Ihr Zimmer ist vollgestopft mit Souvenirs, von der Holzgiraffe über Massai-figuren bis zur CD-Sammlung mit afrikanischer Musik. Der Teppich hat ein Löwenmuster, und ihre Bettwäsche ist mit Geparden bedruckt. Ihre Yukkapalmen verstärken das afrikanische Ambiente. Fehlt nur noch ein Affe, der im Zimmer herumturnt. Sogar als Handysignal ertönen Buschtrommeln.

Lauras Tag fängt also einmal mehr mit »Malaika« an. »Engel« heißt das in Suaheli. Ja, wir lernen viel von ihr, unfreiwillig, versteht sich. »Malaika« können wir jedenfalls schon vorwärts und rückwärts pfeifen.

So sitzen wir mal wieder gemeinsam beim Frühstück. Laura hat sich in bunte afrikanische Tücher gehüllt und blinzelt mit ihren blauen Augen aus dem leicht verquollenen Gesicht. Kim trägt einen Pyjama, weil sie sich nach dem Frühstück noch einmal ein paar Stunden Schlaf gönnen wird.

Die Zeitung wird in Teile zerlegt, und schnell findet Laura die neusten Nachrichten aus Kenia. Empört liest sie uns vor, dass Kenia nun die versprochenen fünf Millionen Euro Aufbauhilfe von verschiedenen Gebernationen nicht erhalte, weil der neue Präsident Kibaki seine Wahlversprechen breche.

»Er ist genauso korrupt, wie es der alte Präsident schon war. Es ist wirklich traurig. Am Anfang sah alles so gut aus. Das ganze Land war in Aufbruchstimmung. Alle hofften auf bessere Zeiten. Jetzt macht Kibaki einfach genau dort weiter, wo der alte Sack, der Moi, aufgehört hat.«

Wir horchen auf und sind mit entrüstet. Immerhin fühlen wir uns langsam selber, als wären wir halbe Kenianer. Zwangsläufig fühlen wir uns mit dem fernen Land immer mehr verbunden.

»Ha!«, schreit Kim, die gerade im Kulturteil einen riesigen Artikel über ihren Exfreund entdeckt hat, mit vollem Mund.

»Schaut ihn euch mal an!«

Sie zeigt sein großes Bild in die Runde. Nun, er sieht gut aus, der Rockmusiker, mit wallendem Haar, den obligaten Tätowierungen und in der unabdingbaren Lederkluft. Ein knackiger Kerl. Doch Kim ist nur voller Spott und Hohn:

»Wie cool er aussieht, der kommende Star. Wenn DIE wüssten! Schade, dass ich keine Videoaufzeichnung von unserem letzten Streit habe. Die könnte ich jetzt vergolden. Damals ging es um seine kostbaren Alpakasocken. Ich hatte sie in der Maschine gewaschen. Ein Skandal! Barbarei! Ich hätte sie von Hand und mit Liebe im lauwarmen Wasser mit Haarwaschmittel zart kneten und wenden müssen. Und jetzt macht er auf Rockstar.«

Laura und ich schauen uns an und versuchen, das Lachen zu verkneifen. Kim rastet selten so aus. Und wenn, dann ist es immer dieses eine Thema: Mario, ihr Exfreund, der ihr GAR NICHTS MEHR bedeutet.

»Jetzt hat er für seine neue CD einen Preis gewonnen. Newcomer des Jahres. Wie hat er es bloß geschafft, mit den drei Harmonien, die er auf der Gitarre spielen kann, eine ganze CD zu füllen?«

Inzwischen lachen Laura und ich aus ganzem Herzen. »Und glaubt ja nicht, dass seine Tätowierungen echt sind. Mario würde sich doch nie im Leben freiwillig Schmerzen zufügen lassen. Nein, er hat sich die Tattoos alle aufmalen lassen. Er ist ein elendes Weichei«, ereifert sich Kim weiter.

»Was um alles in der Welt sind Alpakasocken?«, prustet Laura, und ein bisschen Kaffee rinnt aus ihren Mundwinkeln.

»Ein Alpaka ist eine Lamaart, so eine Mischung aus Schaf und Kamel. Es hat eine ganz besondere Wolle, die gut wärmt, weil sie so fetthaltig ist, und die Wolle ist total weich«, klärt Kim uns leicht pikiert auf.

Ich sag’s doch immer: So eine Wohngemeinschaft ist ungemein bereichernd und bildend. Wir lernen voneinander, Tag für Tag. Hätte ich noch ein paar Untermieterinnen mehr, könnte ich sicher bald in jeder Quizshow im Fernsehen mitmachen. Aber auch so profitiere ich von meinen Mitbewohnerinnen. Schließlich bin ich Journalistin von Beruf. Ich habe in der Illustrierten FRAUEN POWER eine feste monatlich erscheinende Kolumne. Das Alpakatier wird da ganz bestimmt einmal drin vorkommen. Auf der Suche nach Themen, über die ich mich schriftstellerisch hermachen könnte, sind mir Kim und Laura immer behilflich, meist unbewusst und unfreiwillig.

Natürlich lebe ich nicht von der monatlichen Kolumne. Ich bin freie Mitarbeiterin bei vier verschiedenen Illustrierten und einer Tageszeitung. Darum bin ich immer so früh auf und rufe meine E-Mails ab. Manchmal warte ich auf Aufträge. Meist kommen dann alle zusammen.

Aber ich bin in einer sehr privilegierten Position: Ich habe ein eigenes Haus und ein wenig Vermögen geerbt. Ich brauche also nicht in Panik auszubrechen, wenn ich eine Weile keine Arbeit habe. Geld beruhigt ungemein. Ich werde meiner Patentante für immer dankbar sein, dass sie mich in ihrem Testament so großzügig bedacht hat. Deshalb lasse ich den Kontakt zu ihr auch nach ihrem Tode nicht abreißen. Wir sind immer im Gespräch. Tante Thea weiß alles über mich. Ich bin überzeugt, dass sie voller Wohlwollen auf unsere lustige Wohngemeinschaft hinunterschaut. Das hätte sie sicher selber gerne gehabt, so eine Weiber-WG.

Allerdings muss man auch einiges einstecken können in so einer Frauengemeinschaft. Gerade jetzt, wo ich meinen Gedanken nachhänge, liest Laura Kim aus der neuen Ausgabe von FRAUEN POWER meine Aprilkolumne vor. Und dabei lachen sie über mich oder über meine Zeilen. Es ist mir immer irgendwie unangenehm, dabeizusitzen, wenn sie sich über meine Texte auslassen. Ich fürchte mich vor ihren direkten, ungeschönten Kommentaren. Es steckt meist viel Herzblut in den Zeilen. Manchmal sind es allerdings auch lieblose, in Not und Verzweiflung herausgequetschte Kolumnen. Aber diese hier finde ich selber ganz gelungen:

 

Ein neues Sommerkleid

Bald beginnt der Frühling, und ich drehe mich übermütig in meinem liebsten Sommerkleid vor dem Spiegel. Es ist natürlich noch viel zu kalt für Sommergarderobe. Aber ein wenig träumen wird man ja wohl dürfen. Außerdem habe ich so meine Befürchtungen, und ein kritischer Blick in den Spiegel gibt mir recht:

Ich habe zugenommen!

Nein, ich bin gar nicht zufrieden mit dem, was ich da sehe:

Das Kleid spannt hinten und vorne, und auch an der Seite fällt der blumige Stoff nicht locker, sondern klebt sich meinen Speckröllchen entlang nach unten.

Von wegen »figurumspielend«!

Ich sehe darin aus wie eine Wurst. Hat sich der Winterspeck nun tatsächlich in Frühlingsrollen verwandelt?

Ich habe einfach kein Durchhaltevermögen mehr, wenn es um Diäten geht. Zu oft habe ich schon ab- und zugenommen. Meine Freundinnen lachten neulich und meinten: »Du bist schon wie ein Mond. Bald werden die Holzer ihre Bäume nach deinem Diätkalender schlagen. Und die Gärtner rufen dich vorher an, wenn sie etwas pflanzen wollen.«

Sie sind manchmal wirklich böse, meine Freundinnen, und sie sind schlank.

Wie werde ich also meine Kilos los? Fettabsaugen, das sah im Fernsehen neulich sehr hässlich aus. Appetitzügler machen mich immer so aggressiv. Kohlsuppe kann ich schon lange nicht mehr riechen. Für ein operativ eingesetztes Magenband bin ich (noch) zu schlank. Einen Bandwurm möchte ich auch nicht unbedingt schlucken.

Meine Nachbarin Edith gab mir gestern eine CD. Damit habe sie selber ganz einfach abgenommen.

»Soll ich sie essen oder daran lecken oder sie unters Kopfkissen legen?«, fragte ich mit einem gequälten Lächeln, innerlich ziemlich genervt.

Nein, das sei eine Meditations-CD. Diese werde mein Unterbewusstsein umprogrammieren.

Das Unterbewusstsein umprogrammieren? Das klingt doch phantastisch!

So eine Umprogrammierung erscheint mir wesentlich bequemer als Hungern oder Joggen. Nachbarschaftshilfe ist wirklich etwas ganz Feines.

Danke, liebe Edith!

Vor dem Einschlafen würge ich also die kleinen Kopfhörer in meinen Gehörgang und starte die Umprogrammierungs-CD. Zuerst plätschert Musik. Leises Geklimper auf einem billigen Keyboard. Beruhigende Streicher im Hintergrund. Eine tiefe, warme, männliche Stimme begrüßt mich. Nach ein paar Atemübungen liege ich schon entspannt da, bereit für alle Umprogrammierungen der Welt.

»Holen Sie sich jetzt ein Glücksgefühl aus Ihrer Erinnerung. Lassen Sie sich dafür einen Moment Zeit. Versuchen Sie sich an ein besonderes Glücksgefühl zu erinnern, an einen unvergesslichen Moment. Dieser kann auch bereits etwas weiter zurückliegen. Denken Sie ganz fest daran, und kosten Sie das Gefühl aus, halten Sie es eine Weile fest.«

Ein Glücksgefühl?

Ich war schon oft glücklich.

Wie soll ich mich so schnell entscheiden? Aber ich darf mir ja Zeit nehmen. Immerhin bin ich an einem Sonntag geboren. Wie sagt meine Mutter so schön: »Sonntagskinder haben immer Glück.« So war es eigentlich auch.

Und so ist es noch immer.

Ich glaube, mein größtes Glück ist eine Art innere Zufriedenheit; die Tatsache, dass ich gar kein so großes Glück brauche, um glücklich zu sein. Wenn beispielsweise die Sonne auf meinen Balkon scheint und ich mit einem dicken Buch in der Hängematte liege, dann ist das für mich ein perfekter Moment. Mit meinen Freundinnen einen Abend lang nur zu reden und dabei Zeit und Raum zu vergessen, das sind glückliche Stunden.

Mehr brauche ich nicht.

Glücksgefühle besonderer Güte hatte ich im Herbst, als ich mit eigener Kraft den Großen Mythen bezwungen hatte und oben auf dem Gipfel stand, erschöpft und stolz. Manchmal reicht auch ein schöner Song im Radio, der mich an besondere Zeiten erinnert, um mich einen Augenblick lang glücklich zu machen. Manchmal, ich geb’s zu, macht mich auch ein riesiges Stück Schwarzwälder Torte glücklich.

Was?

Jetzt ist doch die CD fertig!

Die haben einfach mit der Umprogrammierung ohne mich weitergemacht, während ich noch voll mit meinen Glücksgefühlen beschäftigt war!

Aber ich liege nun völlig entspannt im Bett. Es hat mir gutgetan, mich darauf zu besinnen, was für ein glücklicher Mensch ich eigentlich bin, und mir wird schlagartig klar, wie unwichtig meine überflüssigen Pfunde im Grunde genommen sind.

Ich werde mir morgen ein neues Sommerkleid kaufen. Aber nur so nebenbei und für alle Fälle:

Wo bekommt man eigentlich Bandwürmer?

 

»Schreiben kann sie wirklich, unsere Lucy«, lacht Kim und beißt gut gelaunt in ein Nutella-Brötchen. »Ich werde in Zukunft unsere Post mit besonderer Vorsicht sortieren. Vielleicht meint ja irgend so ein abgedrehter Fan, er müsse dir Bandwürmer schicken. Wäääh!«

Laura legt entrüstet ihr Leberwurstbrot auf den Teller zurück. Ihr ist der Appetit vergangen.

»Und das mit dem Mond«, amüsiert sich Kim unbeirrt weiter, »das wirst du wohl noch häufiger zu hören bekommen.«

»Na ja, ich denke kaum, dass mir die Nachbarn über den Gartenzaun zurufen werden, ob ich denn nun gerade abnehmend oder zunehmend sei, denn sie wüssten gerne, ob sie ihren Rasen schneiden könnten«, kontere ich.

Wir lachen alle.

»Das war von mir«, betont Laura und stochert mit ihrem Zeigefinger Luftlöcher in meine Richtung. »ICH habe das mal gesagt, das mit dem Mond. Du müsstest mir eigentlich einen Teil deines Zeilengeldes abtreten.« Wenn DIE wüssten, wie oft ich ihnen schon Zeilengeld hätte abtreten müssen …

Ja, das sind sie eben, die Glücksmomente. So ein Frühstück im Trio, das kann unglaublich wohltuend und belebend sein.

»Ich muss los, unter die Dusche«, schreckt Laura plötzlich auf. Sie braucht sehr lange, bis sie morgens schön genug ist, um das Haus verlassen zu können. Deshalb rennt auch Kim davon, um vorher noch kurz etwas aus dem Badezimmer zu holen.

Laura hat ihre eigenen Morgenrituale. Sie kämmt das Haar zuerst nach rechts, dann nach links, um es schließlich doch als Turmfrisur hochzustecken oder hinten zusammenzubinden oder vielleicht einfach lose um ihr Gesicht wallen zu lassen. Mit Lack und Gel wird die jeweilige Frisur fixiert. Dann malt sie sich sorgfältig an. Das sei Pflicht in ihrem Job, meint sie. Wenn Laura dann endlich das Bad verlässt, ist meist der ganze Raum eingenebelt in eine Wolke aus Parfüm und Haarspray.

Es ist ein Wunder, dass das Badezimmer nicht viel öfter Streit und Ärger hervorruft. Immerhin gibt es im zweiten Stock eine zusätzliche kleine Toilette, die wirklich echte Notfälle gar nicht aufkommen lässt.

Ich räume die Küche auf und höre Laura unter der Dusche irgendetwas Afrikanisches singen. Dazu macht Kim auf dem Klavier ein paar Arpeggioübungen, bevor sie schlafen geht.

Ein ganz gewöhnlicher Tag in unserer ungewöhnlichen Wohngemeinschaft hat begonnen.

Ein paar Stunden später klingelt das Telefon. Ich bin ganz froh darüber, habe ich doch gerade brütend über meinen Computertasten gesessen, ohne dass mir irgendwelche schlauen Zeilen in den Sinn gekommen wären. Es ist der Chefredakteur von FRAUEN POWER. Ich schnelle von meinem Stuhl hoch und stehe stramm, wie eine Soldatin. Noch nie hat er mich persönlich angerufen.

»Wann hätten Sie denn Zeit, mal in der Redaktion vorbeizukommen? Ich möchte Sie gerne persönlich kennenlernen. Ich hätte heute Nachmittag frei. Ich möchte mit Ihnen auch über Ihre letzte Kolumne sprechen.«

Er will mich kennenlernen?

Und mit mir reden?

Wozu denn das?

Bisher funktionierte es doch recht gut mit uns, per E-Mail. Ein männlicher Chef einer Frauenzeitschrift ist mir ohnehin suspekt. Da würde ich ganz gerne auf Distanz bleiben. Der Kontakt mit seiner Sekretärin reicht mir völlig.

»Ich könnte so um sechzehn Uhr bei Ihnen sein«, höre ich mich sagen.

Das findet der Boss perfekt. Schon habe ich eine Verabredung, und die Telefonleitung ist tot, keine Chance mehr für einen Rückzieher.

Ich bin verwirrt und verunsichert. Immerhin ist FRAUEN POWER mein liebster Arbeitgeber. Dort bekomme ich meist alle Freiheiten, die ich brauche. Man gibt mir ein Thema und überlässt mir dann die Umsetzung.

Also was will er nun von mir, der Chef, persönlich?

Mich befördern?

Mich bevormunden?

Mich beleidigen?

Ich suche mir im Internet einen Zugfahrplan. Mit dem Auto fahre ich nicht gerne nach Zürich. Ich bin halt ein Landei.

Und dann die große Frauenfrage:

Was ziehe ich an?

Als Kim das Haus verlassen will, um zu ihren Klavierschülern zu fahren, drehe und wende ich mich gerade vor dem Spiegel. Sie lacht mich aus.

»Spielst du jetzt deine eigene Kolumne nach? Was hast du vor?«

»Ich habe heute eine Vorladung bei meinem Chef in Zürich.«

»Viel Glück!«, wünscht sie, rauscht davon und lässt mich alleine mit meinen Problemen.

Mein Spiegel ist gnadenlos: Er zeigt mir ohne Mitgefühl, dass mein Übergewicht inzwischen nicht mehr mit schwarzen Kleidern oder längsgestreiften Mustern getarnt werden kann. Ich werde mich also in meine alten Jeans quetschen, voller Vertrauen in die zuverlässige Arbeit der Levis-Mitarbeiterinnen. Dazu trage ich ein T-Shirt und eine mordsmäßig große, lange Jacke, alles in unauffälligen Farben, versteht sich.

Und meine Haare!

Gut, ich muss immerhin nicht lange überlegen, welche Frisur ich zu welchem Anlass tragen möchte. Ich habe einfach Haare, weder kurz noch lang. Ich werde sie mit Gel etwas frecher frisieren. Das war’s.

Nein, mit meinem Äußeren werde ich bei meinem Chef wenig Punkte holen können. Und wenn ihm schon meine Aprilkolumne nicht gefällt, die zweifellos eines meiner gelungensten Werke ist, dann werde ich ohnehin einen schweren Stand haben. Ich werde also meinen Charme einsetzen und mit meiner Intelligenz brillieren müssen. Das kann anstrengend werden!

Auf dem Weg nach Zürich stehen meine Gedanken nicht still. Ich bin ernsthaft beunruhigt. Ich war doch gerade jetzt so richtig schön zufrieden mit meinem Leben. FRAUEN POWER vermittelte mir interessante Jobs und Themen und gab mir trotzdem das Gefühl, frei und ungebunden zu sein.

Für mich kann dieses Gespräch gar keine Verbesserung der Situation bringen.

Elmar Grün heißt mein Chef bei FRAUEN POWER. Seine junge, blonde Sekretärin, die ein knallgrünes Stretchkleid trägt, welches ich bestimmt zum Platzen bringen würde, lässt mich sofort zu ihm durch. Er kommt mir entgegen, locker und aufgekratzt. Mit seinen langen Haaren hat er wohl versucht, ein wenig davon abzulenken, dass er als Mann hier eigentlich fehl am Platze ist. In seinem Leinenanzug mit T-Shirt sieht er allerdings wirklich gut aus. Eigentlich ist er genau mein Typ, stelle ich mit Schrecken fest. Vielleicht nur ein paar Jahre zu jung.

»Lucy, schön, dass wir uns endlich kennenlernen«, sagt er und strahlt mich an. »Ich freue mich immer, Ihre Texte zu lesen. Gerade Ihre letzte Kolumne war wieder unglaublich amüsant.«

Dabei hört er nicht auf, meine Hand zu schütteln und seinen Blick in meinen zu bohren.

Mit einem Schlag fällt alle Nervosität von mir ab. Ich erkenne sofort, wenn sich einer bei mir einschleimen will. Und hier ist das eindeutig so. Das kann nichts anderes heißen, als dass ER etwas von MIR will. Ich lehne mich also entspannt in meinem Stuhl zurück. Elmar dagegen scheint immer nervöser zu werden. Was kann er bloß von mir wollen? Plötzlich schaut er mich ernst an und fragt:

»Wie viel Übergewicht haben Sie eigentlich?«

Ich bin platt. Fast verschlucke ich mich an meiner eigenen Zunge, kann sie aber doch im letzten Moment wieder an die richtige Stelle zurückhusten.

Bestimmt habe ich mich verhört.

Und wenn nicht: Was soll das?

Kann er nur noch schlanke Frauen beschäftigen, weil sonst das Image seiner trendigen Zeitschrift leidet?

Ist er so nervös, weil er mich nun entlassen muss, es aber eigentlich gar nicht möchte?

»Wie bitte?«, frage ich schließlich, und mein Gesicht ist sicher ein einziges Fragezeichen.

Jetzt lacht Elmar nervös.

»Ich bin so etwas von ungeschickt und falle oft einfach mit der Tür ins Haus, wenn ich nicht weiß, wie ich vorgehen soll. Bitte entschuldigen Sie mich. Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie ich hier Chefredakteur werden konnte, mit meinem Talent für Diplomatie.«

Nette Worte. Aber das große Fragezeichen in meinem Gesicht bleibt. Und in meiner Magengrube breitet sich langsam Ärger aus, ziemlich heftiger sogar. Aus dem Alter bin ich raus, wo ich mich von einem Lümmel im Chefsessel beleidigen lasse. Ein Auge macht sich schon selbstständig und peilt einen dicken, großen Briefbeschwerer an, einen Igel aus Bleikristall. Eine Hand überlegt sich gerade ernsthaft, ob man diesen nicht ergreifen könnte. Vor meinem geistigen Auge sehe ich bereits Blut über Elmars kostbaren Leinenanzug tropfen.

Elmar fängt an zu stottern: »Bitte verzeihen Sie mir … lassen Sie mich erklären … bitte geben Sie mir noch eine Chance. Es geht um Folgendes: Der Frühling beginnt, und ich weiß, das ist DIE Jahreszeit, wo sich die meisten Frauen mit ihrer Figur beschäftigen und wo das Interesse an Diäten aller Art am größten ist.«

Wem sagt er das.

»Nach Ihrer letzten Kolumne dachte ich, dies sei vielleicht ein Thema, das Sie interessiert. Unsere Leser haben sehr positiv auf Ihre originelle Art, mit dem heiklen Thema umzugehen, reagiert. Ich habe da so eine Vorstellung: Wir würden Ihnen helfen abzunehmen, und Sie würden uns jede Woche eine Kolumne dazu liefern, über Ihre Erfolge, Misserfolge, Tiefs und Hochs und so weiter. Dies wäre natürlich alles sehr persönlich, zugegeben. Und dazu mit einem Foto.«

Okay, er hat sich in letzter Minute gerettet.

Hirn an Hand: Igelattacke abgeblasen.

»Können Sie mir das noch genauer erklären? Vor allem das mit dem Helfen«, frage ich, und meine Nase rümpft sich automatisch ein wenig. »Sie wollen mich doch hoffentlich nicht höchstpersönlich über die Finnenbahn jagen, Tag für Tag? Oder mich in eine Hungerklinik stecken, wo man viel bezahlt und nichts zu essen bekommt?«

»Wir haben einen guten Inserenten, die Firma SN, Slim Now. Das ist ein Weltkonzern, von dem Sie sicher auch schon gehört haben. Wir würden Sie gerne dort anmelden. Sie gehen zu den wöchentlichen Treffen, stellen Ihre Ernährung um und nehmen ab.«

In meinem Kopf arbeitet es wie wild. Wie gerne würde ich endlich abnehmen. So eine Kolumnenserie wäre natürlich ein großartiger Ansporn, es auch tatsächlich zu schaffen. Und von den SNs habe ich schon sehr viel gehört. Ihre Art abzunehmen erscheint mir vernünftig. Allerdings graust es mir vor Gruppentreffen im Stil von Selbsthilfegruppen. Gemeinsames Jammern und gegenseitiges Bemitleiden, das ist eigentlich nicht mein Ding. Und ist so eine Kolumnenserie über mich nicht ein wenig Big-Brother-Niveau?

Seelenstriptease?

Es wird schon sehr persönlich, das Ganze.

»Wir würden Ihnen ein üppiges Spesenbudget zur Verfügung stellen. Natürlich nicht für Schwarzwälder Torten, aber für den Besuch von Fitnesscentern, Hallenbädern, SN-Produkten und so weiter.«

»Das klingt alles interessant und verlockend, doch jetzt kommt das große ABER: Was, wenn ich keinen Erfolg habe? Was wird Ihr Inserent sagen? Ich kann Ihnen keine Erfolgsgarantie geben und SN bestimmt auch nicht.«

»Nun, SN ist immerhin so von ihrem System überzeugt, dass sie Ihnen eine Erfolgsprämie von 200 Franken pro abgenommenes Kilo anbietet. Dies nebst unserem üblichen Honorar und dem unüblichen Spesenrahmen.«

Das klingt für mich zwar eher so, als wären sie nicht allzu sehr von ihrem System überzeugt und müssten mich um jeden Preis dazu bringen, mitzumachen und vor allem dabeizubleiben. Meine leicht eingerostete innere Rechenmaschine fängt an zu rotieren: fünfzehn Kilo Übergewicht, dreitausend Franken. Könnte ich nicht locker zwei Kilo pro Woche abnehmen? Dazu die wöchentliche Kolumne, allerdings größer als die monatliche. Ich könnte tatsächlich reich UND schlank gleichzeitig werden.

Elmar Grün und ich, wir diskutieren noch eine Weile hin und her. Alle Wenn und Aber werden abgewogen. Er hat sogar einen Vertrag vorbereitet. Darin gibt es keine Klauseln für den Fall, dass ich nicht abnehme. Ich muss mich zuerst einmal nur für drei Monate verpflichten. Dann wird neu verhandelt. Das Angebot scheint mir rundum verlockend. Natürlich unterschreibe ich den Wisch nicht hier und jetzt. Dafür bin ich eine zu alte Häsin und ein zu oft gebranntes Kind.

»Wir würden die Serie gerne am 2. Mai starten. Ihr erstes Treffen wäre am 5., an einem Donnerstag, in Luzern. Davor möchten wir Sie noch wiegen, ausmessen und fotografieren. Also entscheiden Sie sich bitte schnell.«

»Aber ja. Morgen haben Sie meine Antwort.«

»Und wie viel Übergewicht haben Sie nun?«, getraut er sich wieder zu fragen.

»Locker fünfzehn Kilo.«

Elmar Grün muss schlucken.

»Da bin ich ja total gespannt, wie Sie ohne diese Kilos aussehen werden.«

»Ich auch.«