Die Kriegssinfonie Band 2 - Lucie Müller - E-Book

Die Kriegssinfonie Band 2 E-Book

Lucie Müller

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Beschreibung

Endlich sind die Tage der langen Planung vorbei und der größte Krieg der Menschheit steht bevor. Hochkönig Thanatos hat das stärkste Heer der Geschichte auf die Beine gestellt; zusätzlich verfügt er über den Ring der Gehorsamen, Tamarche und den neuen Magierorden mit dem Magier Paeon an der Spitze. Alles scheint auf einen schnellen Sieg des Nordens hinzudeuten. Aber der listige Samir, König des Südens, ist nicht untätig geblieben. Er hat sich seine eigenen Verbündeten an den Hof geholt. Er weiß, wie er sich Shade und Maerkyns Wut auf den Norden zunutze machen kann und scheut sich nicht davor auch selbst den Säbel zu schwingen und Opfer zu bringen. Die beiden Heere treffen gewaltvoll aufeinander und besiegeln so den Untergang der bekannten Welt. Ein neues, düsteres Kapitel der Geschichte beginnt. In den Wirren des Krieges versucht jeder seine Bestimmung zu finden, doch hier lauert vor allem einer: der Tod.

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Seitenzahl: 719

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Die KriegssinfonieBand 2

Söldner

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www.verlagshaus-el-gato.de

1. Auflage Februar 2015

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk darf - auch teilweise - nur mit

Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Umschlaggestaltung: BookDresses Irina Bolgert Satz: Verlagshaus el Gato

Lektorat: Andrea el Gato Druck: BooksPress

ISBN: 978-3-943596-77-9

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

Die Kriegssinfonie

Band 2

Söldner

Lucie Müller

Verlagshaus el Gato

Verlagshaus el Gato

Personenregister

hhh

Der Ring der Gehorsamen

Ash kann Feuerbälle schleudern

Cam kann sich unsichtbar machen

Faolan Aleta /Shade kann Tote zurückholen, befehligt Schatten

Flex kann sich verbiegen und strecken

Ivy/Kelis befehligt Pflanzen

Mythos Anführer des Rings, liest und

manipuliert Gedanken

Queen/ Kaori kann Gefühle manipulieren

Rock kann seine Haut zu Stein werden lassen

Rost kann Gegenstände bei Berührung zerfallen lassen

Tau / Lillie kann Wasser befehligen/ Mutter von Orion

Tide / Linus befehligt das Meer

Aristokratie Korins

ALewander aufständischer König des Südens

Antrim Sophias Gatte, König von Aeonor

Clara älteste Tochter, drittes Kind von

Thanatos und Emerald

Emerald Ehefrau des Hochkönigs

Gerold aufständischer König des Südens

Julian zweiter Sohn des Hochkönigs, Thronanwärter

Malik erster Sohn des Hochkönigs, wurde von der Familie verstoßen

Orion Malik und Taus / Lillies Sohn, kann die Gestalt von Tieren annehmen

Ragnar König der Provinz Soocul

Roban erster Hochkönig von Korin, Thanatos Urahne

Sophia jüngstes bzw. viertes Kind von Thanatos und Emerald

Suzanne Maerkyns Schwester

Thanatos Hochkönig von Korin

Warran aufständischer König des Südens

Militär Korins

Algier Voltan General des korintischen Militärs, Thanatos‘ Vertrauter

Drake Hauptmann der 44. Kompanie

Gridion Le Sage korintischer Lieutenant General, zuständig für den Palast des Hochkönigs

Iomelk Captain eines karmatischen Versorgungskonvois

Ivan Aleta Oberstlieutenant 317. Batallion,

Shades Bruder

Jeremiah Captain der 17. Kavallerie

Kart Foltermeister und Giftmischer des Militärs

Kreider Hauptmann der 45. Kompanie

Lord Gainsboro militärische Kontaktperson des Ringes

Luka Hauptmann der 46. Kompanie

Magnus Grimm korintischer Lieutenant General, Anwärter auf Voltans Posten

Paeon Prior Magus Wissenschaftler im Bunde mit dem Militär

Götter Korins

Adem Gott des Wissens

Bohal Gott des Wachstums

Qeb Totengott

Thion Gott des Krieges

Weitere Personen Korins

Adam Tanner alter, pensionierter Wissenschaftler, Maliks Freund

Aoidhe Frau aus der Hochebene, Bregas Versprochene

Argentin Hohepriester Korin, Nachfolger von Ville

Brega Mann eines Hochebenen-Clans

Crystal eine Hure, General Voltans Geliebte

Habsand Helfer im Suchtrupp von Linus

Jakob Flavia Drogendealer, karmatischer Untergrund

Lew Aufständischer König

Lloysel Arzt im Dienste von König Delay

Meister Flavio Chemiker des karmatischen Untergrunds

Priester Devoid ehrgeiziger Priester aus dem Totenkult von Qeb

Remey Lloysels Assistent

Rodderik Helfer in Linus‘ Suchtrupp

Seaghda Anführer der Rebellen der Hochebenen- Clane

Uinseann Schamane des Hochebenen-Dorfs, Grossvater von Brega

Ville Hoheprister des Götterkultes des Nordens

Yann ein Seher, Gefangener des Militärs

Aristokratie des Südens

Janan Samir Ilas und Keshets Tochter

Jena Ila Samir des vereinten Südreiches

Keshet Samir Ilas Frau

Militär des Südens

Al‘din Wahid der zwölften Hyänen-Einheit

Horo Maerkyns Offizier

Maerkyn Kilian König von Ionaen, Shades Freund, Ra‘ad der 75. Kavallerie des Samirs

Musma Zahir der Grenzfeste Golem

Rash Foltermeister von Maerkyns Trupp

Der Zauberer

Tamerlen, das kleine Königreich von König Delay lag am südlichsten Zipfel Korins. Wie viele andere Residenzen, die so weit von der Hauptstadt entfernt lagen, war es arm und unwichtig. Hinzu kam, dass König Delay nicht viel dazu beitrug, sein heruntergewirtschaftetes Königreich auf den Weg der Besserung zu führen. Delays Verschwendungssucht zehrte am erschöpften Familienerbe.

Vielleicht gerade deswegen hatten sich die dreisten Diebe dazu entschieden, ihn um einige seiner kostbarsten Stücke zu erleichtern.

Aber in dieser dunklen Nacht, in der sich der silberne Mond hinter dichten Wolken versteckt hielt, ging so einiges schief.

Männer trugen den schwerverletzten Dieb ins Haus des Arztes und legten ihn auf eine Bahre.

Der Heilkundige eilte herbei. Unter der Schürze trug er noch seine Nachtbekleidung. Das dichte, graue Haar war auf der einen Seite flach an den Kopf gedrückt und stand auf der anderen wirr ab. Die sterilen Hände vor sich erhoben, wies er Soldaten und König an, ihm Platz zu machen. Der Heiler trat neben den Unbekannten.

Aufgrund zweier Pfeile, die ihm im Rücken steckten, lag er auf der Seite. Neben den Schusswunden blutete er auch aus mehreren Schnittwunden. Zu seinem Glück war er nicht bei Bewusstsein. Ein dünner Blutfaden rann ihm aus dem halb geöffneten Mund und sein Atem ging flach.

Lloysel, der Arzt, erfasste rasch die Lage. Er war sich der erwartungsvollen Blicke bewusst, die ihm vor allem vom König immer wieder zugeworfen wurden, ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen.

„Remey!“ Sein Assistent drängte sich durch die Männer zu ihm hindurch. In den Händen trug er eine dampfende Wasserschüssel. Da er jedoch wie Espenlaub zitterte, verschüttete er viel zu viel Wasser.

„Stell das hin!“, befahl Lloysel. „Das Wasser soll in der Schüssel sein, nicht am Boden.“ Anschließend wandte er sich an den König.

„Mylord, am besten Ihr und Eure Leute lasst uns allein, während wir unsere Arbeit tun. Wir brauchen den Platz und müssen uns konzentrieren. Ihr werdet von uns hören, sobald wir den Patienten stabilisiert haben.“ Der Arzt verbeugte sich leicht vor seinem König und wollte sich abwenden, als ihn die behandschuhte Hand König Delays grob am Kinn packte und ihn zwang, in die dunkelbraunen Augen des Königs zu blicken.

„Ich brauche diesen Mann lebend!“, zischte dieser. „Flick ihn so zusammen, dass er einem Verhör standhält!“

„Ich werde mein Bestes geben, Mylord. Aber selbst ich kann Qebs Wille nicht ändern. Er ist schlimm verletzt und hat viel Blut verloren. Außerdem sind da noch die Schwellungen im Gesicht. Es könnte Tage dauern, bis er wieder fähig ist zu sprechen.“

Der König packte den Arzt noch ein wenig fester und murmelte: „Er wird überleben! Das ist der dritte Überfall dieser Art und ich will wissen, wer dahinter steckt!“

Lloysel nickte ergeben.

Während er und sein Assistent sich um den Verwundeten kümmerten, rauschte der König aus dem Raum. Er war ohnehin schon ein reizbarer Mann, doch die Überfälle auf seine Schatzkammer und neuerdings auch sein Familienerbe, hatten ihn zur Weißglut getrieben.

Der Arzt wandte sein ganzes Wissen an, um den Fremden durchzubringen. Er erkannte, dass es nicht gut um ihn stand. Die Schnitt- und Schusswunden hatte er gut verarzten können. Doch beim Sturz von seinem Pferd hatte sich der Fremde ein inneres Organ schwer verletzt. So wie es aussah, war die Milz gerissen. Lloysel konnte die innere Blutung nicht stoppen. Er und sein Assistent hatten den ganzen Tag versucht, das Leben, das in ihre Hände gelegt worden war, zu retten, doch am Abend war klar, dass der Mann sterben würde.

Der König war erneut vorbeigekommen und hatte den Verletzten angebrüllt. Dann hatten er und sein Berater anhand der Kleidung und der Waffe des Mannes versucht, dessen Herkunft zu ermitteln.

Lloysel hätte es lieber gesehen, wenn sein Patient in Ruhe gelassen worden wäre, aber er hütete sich davor, den König noch einmal zurechtzuweisen. Während er dem Mann die fiebrige Stirn mit einem kühlen Tuch abwischte, hörte er mit einem halben Ohr mit, was der König und sein Berater besprachen.

„Die Kleidung ist von guter Qualität. Einfach, aber nicht billig.“

„Ja, aber das Schwert. Es ist eine wertvolle Waffe. Rubinbesetzt … Die muss aus einer Adelsfamilie stammen, wenn nicht aus einem Königshaus.“

„Sie wird gestohlen sein. So wie man mich beraubt hat. Dieses Schwert wird mir als Ersatz für meinen eigenen Verlust dienen. Trotzdem wissen wir nicht mehr als vorher. Sie haben keine Spuren hinterlassen. Die Fährtenleser haben nichts gefunden.“

Der König starrte den inzwischen gewaschenen Verletzten an. Das blonde Haar schimmerte dort, wo es mit Blut in Berührung gekommen war, noch leicht rötlich. Das Gesicht war stark angeschwollen und die Prellungen schimmerten blau und violett. Trotzdem glaubte der König, dass ihm die Züge des Mannes vage vertraut erschienen.

„Es nützt nichts. Der ist hinüber.“

König Delay stieß einen unschönen Fluch aus und machte auf dem Absatz kehrt. Das rubinbesetzte Schwert nahmen seine Männer mit.

Erschöpft ließ sich Lloysel auf einem Hocker nieder. Nach einem ganzen Tag Arbeit fühlte er langsam sein Alter. Ein Blick auf seinen Assistenten veranlasste ihn jedoch sich zusammenzureißen, denn dieser sah noch schlimmer aus.

„Geh nach Hause, Junge. Du hast hier genug getan.“

„Aber Meister!“

„Geh. Ich begleite ihn in den Tod. Das ist nichts für dich. Überlass das dem Alten.“ Er lächelte halbherzig und machte eine verscheuchende Handbewegung.

Schließlich ging der Junge. Lloysel vernahm dessen erleichterndes Seufzen, als er auf den Gang hinaus trat. Der Arzt zog den Hocker näher zum Bett des Schwerverletzten. Da sich allmählich Dunkelheit über das Land legte, zündete er einige Kerzen an. Aus einem Schrank holte er wohlriechende Kräuter hervor, zerrieb sie zwischen den Fingern und streute sie über die Decken seines Patienten. Er murmelte ein Gebet und setzte sich wieder auf den Hocker.

Irgendwann schlief er ein. Als er am nächsten Morgen erwachte, war der Fremde tot.

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Shade wartete, auch wenn es ihm schwerfiel. Er wollte dem Alten nichts antun, weshalb er beschlossen hatte, auszuharren, bis dieser eingeschlafen war. Er wusste, dass Maerkyn schwer verletzt war und hoffte, dass sein Freund nicht starb, während er hier draußen in den Büschen hockte. Natürlich hätte Shade ihn zurückholen können, doch wenn es sich vermeiden ließ, dann verzichtete er gerne auf solche Strapazen. Er wurde zuweilen immer noch ohnmächtig und dieses Risiko wollte er hier nicht eingehen.

Maerkyns Gefangennahme hatte ihn zwar kurzfristig glauben lassen, dass es aus war mit den kleinen Spielen, doch dessen vermeintlicher Tod und die Gesichtsverletzungen waren wahrscheinlich für den König Grund genug, ihn schnell wieder zu vergessen.

Ein deutliches Schnarchen erreichte Shades Ohr. Vorsichtig stand er auf und streckte seine steifen Glieder. Er ging zum angelehnten Fenster, zog sich an der Fensterbank hoch und kletterte behände hinein. Im Raum roch es angenehm nach Kräutern. Shade musste auf einmal lächeln. Der alte Arzt war in Ordnung. Er würde ihn nicht bloßstellen und eine Schattenpuppe, die dem zerschundenen Maerkyn aufs Haar gleichen würde, zurücklassen. So bekäme Lloysel keine Probleme.

Er ging zum Bett hinüber und tastete am Hals nach dem Puls seines Freundes. Gerade eben spürte er ihn noch. Aber lange würde er es nicht mehr machen. Shade beeilte sich. Er löschte die Kerzen und rief die Schatten zu sich. Auf seinen Befehl hin schlüpften sie unter die Decke. Während er den echten Maerkyn aus dem Bett hervorzog, bildete sich exakt am gleichen Ort die Schattenpuppe.

Der ehemalige König von Ionaen war ziemlich schwer, sodass Shade ein wenig Hilfe benötigte, als er durch das Fenster kletterte. Während er sich selbst auf den Rahmen zog und auf der anderen Seite wieder hinuntersprang, glitt Maerkyn von weiteren Schatten getragen sanft durch die Fensteröffnung auf den Boden.

Khazan, ist die Luft rein?

„Alles klar. Es ist niemand zu sehen.“

Gut, dann los, zum Treffpunkt. Simbron wartet sicher schon.

Er nahm Maerkyn wieder selbst hoch und zusammen mit seinem Tamarin schlich er durch den Hof. Es war eine dunkle Nacht, was ihnen sehr gelegen kam. So konnten sie unbemerkt aus dem Königshaus schleichen. In der kleinen Stadt, die sich um die umfriedete Behausung gebildet hatte, mussten sie nicht mehr wirklich fürchten, erwischt zu werden. Trotzdem schleppte er seinen verletzten Freund durch leere, schmutzige Gässchen, um Begegnungen mit den Bürgern zu vermeiden. Schließlich gelangten sie zum Hintereingang einer kleinen Taverne, in der sie sich ein Zimmer gemietet hatten. Shade nahm eine Handvoll Schatten und warf sie gegen ein bestimmtes Fenster. Nach einem kurzen Augenblick wurde das Fenster geöffnet und ein dunkler Frauenkopf schob sich hindurch. „Simbron. Ich hab ihn.“

Shade zog weitere Schatten herbei, die Maerkyn sanft umfassten. Die Schatten bildeten eine stabile Säule unter dem ehemaligen König, die sich stetig verlängerte, bis sie zum Fenster reichte. Simbron lehnte sich gefährlich weit hinaus, packte den Verletzten und zog ihn unter angestrengtem Keuchen in das Zimmer hinein. Shade wartete, bis sie das Fenster geschlossen hatte und machte sich dann zum Haupteingang der Taverne auf.

Der Schankraum war noch gut gefüllt und Shade musste nicht nur einem gefährlich schwankenden Besucher ausweichen, um zur Treppe zu gelangen, die zu den Zimmern führte. Simbron und er hatten sich in Nummer vier eingemietet. Er klopfte und wartete, bis sie kam, um die Tür zu öffnen.

„Endlich“, flüsterte die dunkelhäutige Frau und bedeutete ihm, rasch hinein zu kommen.

„Ich dachte schon, du würdest es nicht schaffen.“

„Ich musste warten, bis der Arzt eingeschlafen war. Hast du das Schwert?“

„Natürlich. Zusammen mit einem netten Turnierkelch.“

„Das wird den König nicht freuen.“

„Nein, das wird es sicher nicht.“ Simbron entblößte ihre schneeweißen Zähne und grinste ihn an. „Aber der Kelch bringt uns Geld ein.“

„Auch wieder wahr“, seufzte Shade und ging zu Maerkyn hinüber, der auf dem einzigen vorhandenen Bett lag.

„Ich kümmere mich jetzt um ihn.“

hhh

Simbron hockte sich auf den Fenstersims und beobachtete wie Shade konzentriert zu arbeiten begann. Er brachte einen Schattentopf mit Wasser über dem Kaminfeuer zum Kochen. An seinem Gürtel hing ein kleines Fläschchen, das ein Kräuterdestillat enthielt. Er löste es und träufelte Maerkyn einige Tropfen in den halb geöffneten Mund. Dann entfernte er sämtliche Bandagen, die der alte Arzt angelegt hatte und begann zuerst die Naht am Bauch aufzutrennen.

Die Frau, die aus den südlichen Steppen kam, war als Kriegerin abgehärtet und den Anblick von Blut und anderem gewöhnt. Trotzdem bekam sie ein mulmiges Gefühl, als sie sah, wie Shade, um dessen Hände sich Schatten wie Handschuhe gelegt hatten, in die Wunde griff. Manchmal murmelte er und gab den Schatten laute Anweisungen. Das machte er immer, wenn er konzentriert war.

Simbron lächelte. Sie kannte Shade nun seit geraumer Zeit. Seit drei Jahren waren sie in derselben Einheit im Heer des Herrschers des Südreiches und führten für den Samir Missionen durch. Doch noch immer versetzte Shades Fähigkeit sie in Staunen. Er war ein Zauberer, wie die Schamanen ihres Stammes es waren. Er konnte Dinge tun, die manche sich nicht einmal in den kühnsten Träumen vorstellen konnten. Auch sein kleiner Gefährte, den er als Tamarin bezeichnete, war ein Zauberwesen. Khazan war ein wunderliches kleines Ding, das viel redete und sich überall einmischte, wenn es konnte. Daneben eignete er sich auch zur Spionage. Jetzt war er wahrscheinlich in Shades Herzen, um ihn mit seinen Kräften zu unterstützen.

Simbron stand irgendwann auf und legte Feuerholz nach. Die Nacht neigte sich dem Morgen zu, doch Shade war noch immer am Arbeiten. Er war so von seiner Aufgabe in Anspruch genommen, dass er ihre Anwesenheit ganz vergessen zu haben schien.

Es war ihr Glück, dass Shade ein so fähiger Arzt war. In den letzten Jahren hatte er seine Gefährten mehrere Male zusammengeflickt.

Simbron konnte sich noch gut daran erinnern, als sie die beiden Männer das erste Mal gesehen hatte. Damals hatte sie die beiden von der Kaserne zum Übungslager am Strand gebracht. Ihr war bewusst gewesen, dass sie besonders sein mussten, wenn der Samir ihnen Zutritt zu diesem Ort des Lernens gewährte. Allerdings hatte sie angenommen, dass ihre Fähigkeiten in ihren außerordentlich guten Waffenfertigkeiten lagen.

Das wäre auch naheliegend gewesen.

Shade hatte es geschafft, seine Schattenkräfte und das Tamarin von den anderen geheim zu halten.

Die beiden Nordländer hatten mit den anderen Lagerbewohnern trainiert und ihr Können perfektioniert.

Und dann gab es den Vorfall mit Lionell.

Simbron wusste noch immer nicht genau, was damals passiert war und Shade hatte nie auch nur ein Wort darüber verloren. Jedes Mal, wenn sie das Thema angeschnitten hatte, wurde er abweisend. Irgendwann hatte sie aufgehört, ihn zu löchern.

Nachdem die beiden in das Zelt von Shonen, dem Oberbefehlshaber, zitiert worden waren, hatte sie niemand mehr im Lager gesehen. Simbron hatte angenommen, dass sie entweder zurück in die Kerker geschickt worden waren oder dass Shonen sie verbannt hatte.

Deswegen war sie ziemlich überrascht gewesen, als der Samir sie zu sich an den Hof gerufen hatte und sie gefragt hatte, ob sie Teil einer kleinen exklusiven Truppe sein wolle.

„Um was geht es dabei?“, hatte sie gefragt.

„Karma zu demütigen“, war die schlichte Antwort gewesen.

Mehr Argumente hatte der Samir ihr nicht liefern müssen. Und so kam es, dass sich ihr Weg erneut mit dem der beiden Krieger kreuzte. Unter ihnen machte Shade kein Geheimnis mehr aus seinen Kräften.

Über ihre Herkunft schwiegen die Männer, und was sie vor ihrem Dienst beim Samir getan hatten, war ein gut gehütetes Geheimnis, das ihnen Simbron bis dahin nicht hatte entlocken können. Alles, was sie sich bis zu diesem Zeitpunkt hatte zusammenreimen können, war, dass die beiden aus Korin stammten und mit verbissener Wut gegen Karma kämpften. Im Moment beschränkte sich der Samir darauf, kleine Störaktionen an der Grenze durchführen zu lassen – so wie diese hier in Tamerlen. Aber Simbron wusste, wenn es zum Krieg zwischen Karma und dem Süden kommen würde, wären Shade und Maerkyn die ersten, die an vorderster Front kämpfen würden.

Endlich lehnte sich Shade zurück und ließ einen lauten Seufzer hören. Simbron war sofort an seiner Seite und reichte ihm eine Flasche mit Wasser.

„Danke“, meinte er leicht außer Atem.

„Kein Problem.“ Sie ließ sich ebenfalls auf dem Bett nieder und fragte: „Und wie geht es ihm? Wird er es schaffen?“

„Ich denke schon. Ich habe den Riss in seiner Milz gefunden und die Blutung gestoppt. Wenn sich nichts entzündet, dann ist er in einem Monat wieder vollständig auf den Beinen. Er muss es dieses Mal langsam angehen lassen. Da wird nichts daran vorbeiführen.“ Er lächelte erschöpft.

„Dann müssen wir ihn zurückbringen, nicht wahr?“, wollte Simbron wissen und strich ihrem Freund eine blonde Strähne aus der feuchten Stirn.

hhh

Es war ein schöner, heißer Nachmittag mitten in der Trockenzeit. Samir Ila hatte es sich mit seiner Frau auf einer Terrasse seines Palastes gemütlich gemacht. Bunte Baldachine schützten die beiden vor den gleißenden Sonnenstrahlen. Der Herrscher der vereinten Südreiche und seine Ehefrau lagen dicht beieinander auf zahlreichen Kissen. Einige Schritte von ihnen entfernt, im Schatten einer großen Säule, saß ein Musiker und zupfte zart an seiner Laute. Neben dem Paar stand ein niedriges Tischchen, auf dem reife Früchte in einer Schale lagen. Eisgekühlter Süßwein knisterte in zwei Kristallgläsern.

Der Samir, der mit Vorname Jena hieß, spielte verträumt mit der dunklen Locke seiner Frau. Sie war ein wunderschönes Wesen. Groß, mit einer Haut, die wie heller Milchkaffee schimmerte und aufreizenden Kurven, verdrehte sie ihm schon seit Jahren den Kopf. Oft sahen sie sich nicht. Sein Reich war groß und er musste viel reisen, um nach dem Rechten zu sehen. Als oberster Heerführer war es ihm nicht bestimmt, faul im Palast zu sitzen. Er war gerne unterwegs, denn er hatte zwei Liebhaberinnen: die eine war seine Frau, die andere war sein Land. Er musste beide pflegen, damit sie gediehen.

„Jena“, murmelte seine Frau mit ihrer tiefen, melodiösen Stimme. „Bist du am Träumen?“

„Ja. Deine Schönheit verzaubert mich jeden Tag aufs Neue.“ Er gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss und kümmerte sich nicht um all die zahlreichen Diener, die in diskreten Abstand um sie herumstanden, um ihnen ihre Wünsche von den Lippen abzulesen.

„Genug, genug!“ Sie stieß ihn von sich, lächelte jedoch glücklich. „Man könnte meinen, nach fünfundzwanzig Jahren würdest du von deiner Frau genug haben!“

„Keshet, ich werde nie genug von dir haben“, beteuerte der Samir und strich ihr mit den Lippen über die Stirn.

Darauf erwiderte sie nichts, sondern kuschelte sich nur noch enger in seine Arme. Für einen süßen Augenblick war die Welt perfekt. Er spürte ihren Herzschlag an seiner Brust und ihr Atem streichelte sanft seine Haut. Er hatte seine Hände in ihrem wilden, dunkelbraunen Locken vergraben und sog den Duft von Moschus und Jasmin ein.

Ein herbeieilender Diener beendete die Idylle. Er warf sich vor dem Paar auf den Boden. „Samir Ila. Ich bitte demütigst um Verzeihung für die Störung, aber Ihr habt mir aufgetragen sofort zu melden, wenn der Zauberer da ist, Herr. Er ist soeben eingetroffen.“

Keshet regte sich in seinen Armen und begann sich von ihm zu lösen. Auch er setzte sich in eine halbwegs gerade Position.

„Ich empfange ihn sofort. Wir sehen uns beim Abendessen, meine Liebe?“

„Natürlich“, hauchte sie, stand auf und rief nach ihren Dienstmädchen.

Nachdem er sich umgezogen hatte, machte der Samir sich auf den Weg zu seinem Gast. Dem Wunsch seines Besuchers entsprechend, war er ganz in Weiß gekleidet und hatte sämtlichen Schmuck abgelegt. Für diese Begegnung war er zudem waffenlos und ging barfuß über die Marmorplatten. Der Sommerpalast war ein großes, weitläufiges Gebäude und sein ganzes Innere wurde von zahlreichen Innenhöfen durchsetzt. Jena war nun zum größten unterwegs. Im Innenhof war ein kleiner Park angelegt worden. Wasser plätscherte in einem Zierbrunnen, floss dann über den Rand des Gefäßes in einen künstlich angelegten Bach, der gurgelnd in einem Gitter am Rande des Hofes Richtung Keller verschwand. Palmen in großen Zubern spendeten Schatten und rauschten leise im Wind. Eine großzügige Voliere beherbergte zahlreiche Vogelarten, die alle munter durcheinander zwitscherten. Sein Besucher hatte sich bislang stets geweigert, unter einem Dach mit ihm zu sprechen.

Der Zauberer hockte auf einen eiförmigen Felsblock. Er hatte die Füße angezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Sein struppig weißer Bart quoll zu beiden Seiten der Beine hervor. Er beobachtete den Samir mit großen blauen Augen beim Näherkommen.

Auch wenn das Verhalten des Zauberers manchmal ein wenig kindisch und unberechenbar war, hatte der Samir noch nie den Fehler gemacht, ihn nicht ernst zu nehmen. Jena hielt zwei Schritte vom alten Mann entfernt inne und ging in die Knie. Er führte beide Handflächen zusammen, und neigte sie und sein Haupt zu Boden. Anschließend richtete er sich wieder auf. Der Alte hatte die Begrüßungszeremonie mit seinen wässrigen blauen Augen, die sich so von seiner runzligen, schokoladenbraunen Haut abhoben, beobachtet. Er hob den Kopf ein wenig und ein Lächeln teilte seine schmalen Lippen. Trotz seines schäbigen Aussehens schimmerten dem Samir zwei makellos weiße Zahnreihen entgegen.

„Jena-Junge, ich bin gereist. Ich habe mit dem Land gesprochen und habe dem Wind zugehört.“

Samir Ila setzte sich auf den Kiesboden, als wäre er ein Schüler, der seinem Meister lauschte. Er war ein würdevoller Mann, der viel von Protokoll und höfischer Sitte hielt. Aber er wusste, wann es Zeit war, Rang und Namen abzulegen. Zu Beginn seiner Zeit als Herrscher machte er die Bekanntschaft des Alten mithilfe einer seiner Elitekriegerinnen. Diesem ersten Treffen folgten noch viele weitere. Es war jedoch keine Regelmäßigkeit zu erkennen. Der Alte war ein Freigeist und tauchte immer dann auf, wenn es ihm passte. Jena hatte lange auf diesen Besuch gewartet, denn er wollte dem Zauberer von Shade erzählen.

„Das Land hat mir erzählt, dass es ihm gut geht. Die Sonne scheint warm und die Regenzeit wird dieses Jahr zur richtigen Zeit einsetzen. Die Ernten sind nicht in Gefahr. Mutter Erde ist gutmütig. Sie schenkt dir Überfluss, den du aber weise einsetzen musst. Mache so viel wie möglich haltbar. Verdopple deine Vorräte.“

Die Augenbrauen des Samirs wanderten dessen Stirn ein gutes Stück empor. Das war eine eindeutige Warnung. Es war selten, dass der Alte so deutlich wurde. Obwohl ihm eine Frage auf der Zunge lag, hielt er sich zurück. Fragen konnte er später noch. Er würde zuerst hören, was der Zauberer noch zu sagen hatte.

„Der Wind ist unruhig. Es ist sein Wesen rastlos zu sein, musst du verstehen, Jena-Junge. Er verweilt nicht. Nie. Aber er hat mir keine gute Kunde gebracht. Du musst deine Krieger bereit machen. Härte das Eisen, spitze die Pfeile und öle deine Schwerter. Der Krieg wird wie eine Welle über dich hineinbrechen.“

Ila presste die Lippen zusammen. Dies war nichts Neues für ihn. Seine Spione hatten ihm schon vor einigen Jahren berichtet, dass das Hochkönigtum zu einem großen Krieg aufrüstete. Gerüchte von magischen Kampfwesen und Zauberern machten die Runde, die er bis zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht hatte konkretisieren können. Er zischte: „Karma!“ und ballte die Fäuste.

„Hör mir zu, Jena-Junge. Du musst so lange wie möglich abwarten. Du darfst nicht lospreschen wie ein wilder Steppenhengst und meinen, du könntest den Feind besiegen. Der Wind sagt, du wirst untergehen, wenn du das tust. Stattdessen musst du sein wie ein Geier, der hoch über seiner Beute kreist und sie niemals aus dem scharfen Auge lässt. Du musst warten. Warten, bis du angreifen kannst. Du musst kleine Wunden ertragen, bis die Zeit reif ist! Hörst du, Jena-Junge?“ Die Stimme des Alten war eindringlich.

„Ja, ich habe verstanden. Aber kannst du mir sagen, warum ich nur meine Grenzen verteidigen soll? Warum soll ich nicht weitergehen? Ich habe das größte zusammenhängende Reich des Südens erschaffen. Meine Armeen sind groß und stark. Und meine Späher erzählen mir, dass die südlichen Provinzen nach wie vor mit ihrer Treue dem Hochkönig gegenüber hadern. Wäre es nicht klug …“

„Wäre es nicht! Auf keinen Fall! Du musst warten, sonst gehst du unter, Jena-Junge. Der Wind erzählt mir, dass deine Geduld belohnt wird. Du hast noch nicht die richtige Waffe zum Kämpfen.“

„Vielleicht doch“, meinte der Samir. „Ich habe einen neuen Krieger. Sein Name ist Shade. Er ist sehr mächtig.“

„Nicht mächtig genug, Jena-Junge!“

„Du hast ihn doch noch gar nicht kennengelernt!“, brauste der Samir auf, bereute jedoch in dem Moment, in dem die Worte seinen Mund verlassen hatten, dass er überhaupt etwas gesagt hatte.

Der Zauberer schürzte die Lippen. „Du bist jung, Jena-Junge. Du bist ein kleiner Elefant, der noch nichts mit seinem Rüssel anfangen kann.“

„Vergib mir meine Ungeduld“, bat Jena demütig. „Aber du wirst sicherlich verstehen, warum es mir schwer fallen wird, nur zuzusehen, wie diese Bastarde meine Grenzen bedrängen. Ich weiß, ich könnte dem ein Ende setzen – ein für alle Mal!“ Er bemerkte den strengen Blick und fügte rasch hinzu: „Aber ich werde mich zurückhalten.“ Der alte Mann lächelte ihn erfreut an.

„Das wirst du“, bestätigte er.

„Wie lange muss ich warten? Ich muss meinem Volk etwas geben, ihnen klar machen, dass wir nicht feige sind.“

„Die Erde wird sich mehrere Male erneuern, dann sollte das Himmelsgeschenk an deine Ufer gelangen.“

Der Samir nickte nachdenklich. Er hatte keine konkreten Zahlen erwartet. Der Zauberer hatte eine andere, ganz eigene Zeitrechnung.

„Dann also in den nächsten Jahren.“

Eine Weile herrschte ein freundliches Schweigen zwischen den beiden ungleichen Männern, dann fragte der Zauberer: „Dieser Krieger, Shade, ist er tapfer?“

Überrascht vom plötzlichen Themawechsel meinte der Samir: „Er ist fähig. Bis jetzt hab ich ihn nie an der Front oder in einer Schlacht erlebt. Ich habe ihn immer kleine Missionen ausführen lassen, bei der es auf Schnelligkeit und Präzision ankommt. Noch hat er mich nie enttäuscht. Er ist mit deinem Schützling unterwegs.“

„Simbron.“

„Genau. Sie und sein Freund, Maerkyn, geben ein erfolgreiches Trio ab. Im Moment sind sie unterwegs, um mir die Familienerbstücke eines kleinen Königs aus der Randprovinz Korins zu bringen.“

„Was willst du damit, Jena-Junge? Funkelnde Steine und glänzendes Metall befriedigen die Sinne nicht!“

„Ich weiß, Ehrenwerter. Aber das eine ist ein Säbel, den sein dreister Vorfahre bei einem Raubzug in den Steppen gestohlen hatte. Der Säbel von Jaja-Ne. Er ist eine mächtige Waffe, dir müssten die Geschichten, die darüber erzählt werden, bekannt sein. Ich beabsichtige den Säbel zu tragen, wenn wir gegen Korin ziehen – zum richtigen Zeitpunkt versteht sich. Das Volk wird den Glauben in mich bestärkt wissen, wenn sie sehen, dass ich den Säbel eines Gottes trage.“

Der Alte lachte laut auf und klopfte sich auf die Knie. „Das war schlau von dir, Jena-Junge. Aber wird dieser König nicht misstrauisch, wenn er sieht, was du gestohlen hast?“

„Um den Schein gewöhnlicher Diebe zu wahren, haben sie mehrere Dinge aus dem Familienschatz gestohlen. Eine hübsche Summe Gold sowie einigen wertvollen Plunder, den ich gut auf den Märkten in den Wüstenstädten verkaufen kann. Eigentlich müssten sie bald hier sein. Aber warum fragst du nach ihm?“, wollte Samir Ila neugierig wissen.

„Wenn die Erde mit Krieg überzogen wird, dann musst du standhalten. Vielleicht wäre es an der Zeit den Löwen zurück an den Hof zu holen.“

Nun war es am Samir, zu lachen. Doch als er sah, dass es dem Zauberer ernst damit war, hörte er schlagartig auf. Ihm wurde klar, dass sein Gegenüber keinen Witz machte.

„Aber der Löwe … Er hat am Hof meines größten Feindes gedient. Hier, als Samir Fazz noch geherrscht hat. Er hat dem Krieg und seinem Handwerk abgeschworen und der Welt seinen Rücken gekehrt. Wenn man den Gerüchten glaubt, dann ist er nun ein Bauer.“

„Er hat gesagt, er komme zurück, wenn es je einen Krieger geben würde, der ihn besiegen könnte.“

„Und du meinst, Shade …?“

„Er ist mit meiner Simbron unterwegs und sie achtet ihn, nicht wahr? Das sagt einiges über ihn aus, Jena-Junge.“ Der Zauberer schwieg kurz und fuhr dann nachdenklich fort: „Auch wenn der Wind uns Hilfe verspricht, müssen wir doch auch für uns selbst sorgen. Der Wind kann drehen und ich will mich nicht plötzlich fühlen wie ein flügellahmer Adler. Der Löwe ist genauso listig wie du, Jena-Junge. Wenn du ihn für deine Sache gewinnen könntest, dann seid ihr zwei Männer, die dem Sturm aus dem Norden die Stirn bieten. Du wirst ihn brauchen.“

Samir Ila seufzte. Das gefiel ihm nicht. Aber er kam nicht umhin, die Wahrheit in den Worten des Alten zu akzeptieren. Er war ein guter Herrscher, aber er war alleine. Keiner seiner Berater reichte mit dem Geist an den seinen heran.

Der Löwe … wenn er seinem Ruf gerecht wird, wäre er eine unschätzbare Ergänzung zu mir.

„Dann soll ich Shade und die anderen beiden also in die Wüste schicken?“

„Diese Entscheidung überlasse ich dir, Jena-Junge.“

„Sie werden eine Weile weg sein und die Wüste ist ein gefährlicher Ort.“

„Er reist mit Simbron“, fauchte der Alte ein wenig gekränkt.

„Natürlich.“

Trotzdem. Ich würde ihn lieber in der Nähe wissen, wenn die Grenzen bedroht sind.

Die blauen Augen starrten in die dunkelbraunen des Samirs. Plötzlich fühlte Samir Ila sich schwach und unwissend wie ein Kind. Es stand ihm nicht zu, an der Weisheit des Zauberers zu zweifeln. Schließlich wäre er nie so weit gekommen, hätte er sich nicht stets an die Ratschläge seines treuen Beraters gehalten.

„Ich schicke sie so schnell wieder los, wie ich kann“, versprach er ergeben.

„Das ist eine gute Entscheidung, Jena-Junge.“

hhh

Die Insel, auf der sich die pompöse Hauptstadt erhob, war größer als es den Anschein erweckte. Hinter den extravaganten Häuserreihen der Stadt erstreckte sich eine öde Steinlandschaft, die nur von kleinen Flecken Vegetation durchbrochen wurde. Lediglich wenige Menschen lebten an diesem tristen Ort. Nahe den Klippen und an der anderen Seite von hohen Wällen umgeben, kauerte eine Anstalt für Geisteskranke. Den Insassen war es so unmöglich abzuhauen. Etwas weiter im Landesinneren fanden sich vereinzelte Villen, die zum größten Teil leer standen. Wer noch weiter ging, fand noch weiter im Land zwei bewohnte Behausungen. Sie standen in großzügigem Abstand voneinander entfernt, da Platz hier in Hülle und Fülle vorhanden war. In einer der beiden Villen hauste ein betagter Wissenschaftler, der in diese Abgeschiedenheit geflohen war, um in Ruhe dem Studium der Sterne nachzugehen. Einmal in der Woche kam eine alte Karre, gezogen von einem noch älteren Esel und seinem krummbeinigen Besitzer in die Öde gerattert. Sie versorgte den Wissenschaftler mit Lebensmitteln und andern Gütern, die er nicht selbst beschaffen konnte. Der alte Wissenschaftler, Adam, hatte bis dahin ein beschauliches Leben geführt. Es hatte nur ihn, seine Arbeit und seinen gutmütigen Hund Zottel gegeben. Doch dann war eine Familie in das benachbarte Haus eingezogen.

Der alte Wissenschaftler konnte sich noch gut an diesen Tag erinnern. Er hatte wie üblich bis zur Mittagsstunde geschlafen, da er seine Nächte meistens in seinem Observatorium verbrachte und den Himmel studierte, als Zottel in sein unordentliches Schlafzimmer gestürmt kam. Der Hund hatte nie gelernt zu bellen, stattdessen erzeugte er ein asthmatisch klingendes Husten und Schnauben. Der Rüde war zum Kopfende des Bettes getappt, hustete aufgeregt und winselte seinem Herrchen ins Ohr. Dieser wachte dementsprechend schlecht gelaunt auf und versuchte dem Hund klarzumachen, dass er noch nicht aufstehen wollte. Adam schickte Zottel in die Küche hinunter, wo er sein Morgenfressen selbst zusammenstellen sollte. Aber der Hund hatte nicht locker gelassen und schließlich war der Wissenschaftler widerwillig aufgestanden. Da hatte er die Stimmen zum ersten Mal gehört. Wie versteinert kauerte er zwischen seinen Laken und lauschte nach draußen. Das war nicht der alte Tom, der ihm das Essen brachte. Es waren die Stimmen mehrerer unbekannter Menschen! Und war das etwa ein Baby, das schrie? Hastig kletterte Adam aus seinem Bett und huschte in seinem Nachtgewand zu den Fenstern, die alle fest verschlossen und deren Fensterläden noch verriegelt waren. Er öffnete ein Fenster mit einem Quietschen und stellte die Lamellen der Läden so ein, dass er einen Blick nach draußen werfen konnte.

Tatsächlich. Er hatte sich nicht getäuscht. Zwei Wagen und eine Kutsche waren vorgefahren. Aus der Kutsche waren soeben zwei Menschen ausgestiegen: ein Mann und eine Frau, die ein Kleinkind auf den Armen hielt. Der Mann stützte sich auf einen Stock, sah jedoch nicht wirklich alt aus. Die Frau war klein und hatte ihr weißblondes Haar zu einem Zopf geflochten, der ihr nun über den Rücken fiel. Beide starrten zweifelnd die verschmutzte Villa an. Offenbar war ihnen nicht ganz wohl beim Gedanken, dass das baufällige Haus nun ihr neues Heim war. Das Bündel in den Armen der Frau fing wieder an zu schreien, und Adam zuckte auf seinem Beobachtungsposten zusammen. Was für ein grässliches Geräusch! Was machten diese Leute hier? Warum im Namen aller Sterne wollten sie sich hier niederlassen? Abwesend tätschelte er den Kopf von Zottel.

Wenn das nur gut endete.

Die Jahre vergingen und Adam stellte mit Erleichterung fest, dass man ihn in Ruhe ließ. In den ersten Monaten herrschte ein Höllenlärm, da zahlreiche Bauarbeiten an und in der Nachbarvilla ausgeführt wurden. Als diese endlich beendet waren, kehrte wieder Ruhe ein. Das Baby in den Armen der Frau entpuppte sich als kleiner, lebhafter Junge. In den ersten zwei Jahren hörte Adam ihn noch einige Male schreien, wenn er vielleicht über seine dicken Beinchen gestolpert war oder sich an einem Gegenstand verschluckt hatte, oder was Kinder sonst auch noch so gerne taten, um ihre Eltern und alle in Hörweite zur Weißglut zu treiben. Doch auch diese kleinen Familiendramen nahmen mit der Zeit immer mehr ab. Seinen Nachbarn war er in den fünf Jahren, in denen sie nun schon neben ihm wohnten, nur wenige Male aus der Ferne begegnet.

Zottel hingegen hatte ein weniger glückliches Los gezogen. Wie sich herausgestellt hatte, gehörten dem neuen Haushalt drei Katzen an. Der Rüde hatte für gewöhnlich nichts mit anderen Tieren am Hut, doch die schwarzhaarige und die dreifarbige Katze brachten es fertig, ihn so zu ärgern, dass er sich gezwungen sah, sie asthmatisch keuchend und hustend von seinem Grundstück zu vertreiben. Adam hatte den betagten Hund ausgelacht, als er ihm zum ersten Mal dabei beobachtet hatte, wie er seine Hundeehre verteidigte – dafür hatte es am Abend eine extragroße Portion Fleisch für seinen Zottel gegeben.

Abend für Abend studierte Adam den Himmel und dessen Himmelskörper, beobachtete ihre Umlaufbahnen, ihr Erscheinen und Verschwinden. Nach dem Aufstehen und dem Erledigen der absolut notwendigen Haushaltspflichten setzte er sich stets an sein großes Eichenpult und begann die Ergebnisse der Nacht auszuwerten.

Jetzt war es Sommer und er hatte die Türen, die auf die Veranda hinausführten, geöffnet, damit ein wenig frische Luft in das muffige Haus drang. Gerade brütete er über einer Formel, die offenkundig falsch war. Eigentlich sollte sie die perfekte Umlaufbahn eines Planeten ermitteln. Das Ergebnis war jedoch mehr als unbrauchbar. Ungeduldig knabberte er am Ende seines Stiftes, als ihn das unangenehme Gefühl überkam, beobachtet zu werden.

Er wandte sich in seinem Sessel um und blickte über die Schulter zur offenen Verandatür. Ein Junge stand dort. Er war in ein altmodisches Hemd gekleidet, das ihm ein wenig zu groß war und hatte braune Baumwollhosen an. Seine bloßen Füße starrten vor Dreck. Mit seinen unnatürlich großen, graugrünen Augen starrte er den alten Mann neugierig an.

„Oh, nein!“, knurrte Adam und stand mühsam auf. „Man stielt sich nicht einfach so in fremde Häuser! Haben dir das deine Eltern nicht beigebracht?“ Er baute sich zu seiner vollen Größe auf und hoffte, den Jungen damit einzuschüchtern. Aber dieser zeigte sich unbeeindruckt. Er wandte seine Aufmerksamkeit den Büchern und geometrischen Messgeräten zu, die unordentlich herumlagen. Seine großen Augen schienen jedes Detail in sich hineinzusaugen. Er machte einen Schritt auf ein überladenes Salontischchen zu.

„Halt!“ Adam machte einen Ausfallschritt, verharrte dann jedoch, als ihn der Junge fragend ansah. „Diese Dinge sind persönlicher Natur“, brummte der Alte. Die Augen verengten sich leicht. Der kleine Eindringling hob langsam die Hand, wobei er Adam nicht aus den Augen ließ und zupfte an einem Notizblatt. Dem Wissenschaftler verschlug es die Sprache ob dieser Dreistigkeit und ihm blieb der Protest im Hals stecken. Der Junge zog das vollgekritzelte Blatt ganz heraus. Es war eine schematische Darstellung der momentan sichtbaren Sternbilder. Aufmerksam studierte der Junge das Blatt.

Als ob er etwas davon verstehen würde! Ha!

Zottel trottete in den Raum und blieb abrupt stehen, als er den Fremden sah.

„Du hättest mich warnen können! Dafür habe ich dich doch! Du hast aber jämmerlich versagt, Zottel“, beschwerte sich Adam. Sein Blick glitt zu seinem jungen Besucher zurück, der immer noch auf das Blatt starrte. Gerade fuhr er mit einem kleinen Finger einer eingezeichneten Linie nach.

Er kann nicht mehr als fünf sein.

„Gib mir dieses Blatt zurück.“

„Warum?“, wollte der Junge mit einer hohen, kindlichen Stimme wissen.

„Weil du nichts davon verstehst. Das sind keine Kinderzeichnungen, sondern wissenschaftliche Fakten und Zahlen. Ich brauche das für meine Arbeit“, knurrte der Alte.

„Das sind Sternbilder“, meinte der Junge nüchtern.

„Das … stimmt.“ Adam war ehrlich erstaunt. Doch dann riss er sich zusammen und befahl scharf: „Und jetzt gib mir dieses Dokument zurück.“

„Es hat aber einen Fehler darauf.“

„Es hat was? Wie willst du das wissen, du frecher Bengel!“

„Papi hat mir solche Dinge gemalt. Und sie sehen anders aus.“

„Dein Papi ...“

„Orion!“

Eine neue Stimme erklang im unordentlichen Arbeitszimmer.

Adam sah auf und bemerkte die Frau, die in der Verandatür stand.

„Komm her!“

Sie streckte eine Hand nach ihrem Jungen aus, der das Papier achtlos zu Boden gleiten ließ. Mit gerunzelter Stirn musterte der Alte die Mutter des Jungen. Sie war klein und unglaublich dünn. Wie es aussah, hatte sie ihrem Kind die großen Augen, die bei ihr in einem intensiven Grün strahlten, vererbt. Ihr Haar war weißblond und fiel ihr lang über den Rücken. Auf den ersten Blick sah sie klein und verletzlich aus, doch sie stand aufrecht und selbstsicher im Raum. Ihre Augen blitzten, als sie Adam scharf beobachtete. Dieser fühlte sich zunehmend unwohl. Er hob die Hand und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich… er stand einfach da. Ich wollte nicht …“ Er brach ab.

Sie hatte die Hand beschützend auf die Schulter ihres Sohnes gelegt. Etwas Lauerndes hatte sich in ihre Haltung geschlichen, was Adam das Gefühl gab, gleich angegriffen zu werden.

„Mein Name ist Adam Tanner und das hier ist Zottel. Ihr müsst meine Nachbarin sein.“ Er versuchte sich an einem Lächeln, obwohl seine Gesichtsmuskeln ob der seltenen Bewegung protestierten.

„Lillie. Mein Name ist Lillie und das ist Orion.“

Unvermittelt packte sie ihren Sohn, hob ihn mit verblüffender Leichtigkeit hoch und hastete aus der Villa.

„Freut mich auch“, brummte Adam. Sein Blick fiel auf das auf dem Boden liegenden Papier. Sein Rücken protestierte schmerzhaft, als er sich bückte, um es aufzuheben.

„Tss. Fehler, von wegen! Dieser Bengel.“ Er stockte. Dann fluchte er leise.

Heer in Bewegung

„Hallo, ist jemand zu Hause?! Mutter, Vater?“ Der junge Mann stieß die Tür auf, weil niemand auf sein Klopfen reagiert hatte.

Das Haus war zweistöckig, doch sofern niemand das Krankenbett hütete, hielt sich niemand im oberen Stock auf. Er warf nur einen raschen Blick auf die verlassene Kochnische und die kalte Feuerstelle.

Niemand da.

Also ging er wieder hinaus ins Sonnenlicht. Es war beinahe Mittag und eigentlich hätte er sich an einem ganz anderen Ort befinden sollen. Aus einem Impuls heraus machte er sich daran, das einfache Haus zu umrunden. Vielleicht war sie ja im Gemüsegarten. Er folgte dem Trampelpfad und zupfte nervös an seinem Umhang. Seine Rüstung war auf Hochglanz poliert und funkelte in der gleißenden Sonne. Den Helm trug er unter dem Arm. Er kam um die Ecke und da war sie. Erleichterung durchflutete ihn und in seinem Herz bereitete sich eine angenehme Wärme aus. Seine Mutter kniete auf dem Boden und war dabei, Karotten aus der Erde zu ziehen. Sie sah auf und das Gemüse fiel aus ihren Händen. Erkennen zeichnete sich auf ihren Gesichtszügen ab, gefolgt von einem Ausdruck der Trauer, der wie ein Schatten über ihre Miene huschte. Dann hellten sich ihre Züge jedoch wieder auf, sie erhob sich und wischte sich die erdverschmierten Hände an der Schürze ab. „Mein Sohn, endlich!“ Sie breitete ihre Arme aus und forderte ihn auf: „Komm her, mein Junge!“

Ivan tat ihr den Gefallen und eilte rasch zu seiner Mutter. Vorsichtig, um ihr mit der Rüstung nicht weh zu tun, umarmte er sie. Es tat gut, den ihm so vertrauten, aber lange entbehrten Duft ihrer Haare einzuatmen und die Wärme ihrer Haut zu spüren. Sie lösten sich voneinander und seine Mutter beäugte ihn kritisch. Ivan wusste, dass sie nicht viel vom Militär und vor allem vom Kriegsgeschäft hielt. Als Ivan seinem älteren Bruder ins Militär gefolgt war, hatte sie ihn nicht gerne gehen lassen.

„Hast du Zeit, etwas zu trinken?“, fragte sie und schickte sich an, den Korb mit den Rüben aufzuheben. Ivan kam ihr zuvor und folgte ihr dann zurück ins Haus. „Nur kurz“, gestand er.

Seine Mutter murmelte etwas und verschwand im Hauseingang. Sie war bereits mit Tassen und Tee am Hantieren, als er eintrat.

„Komm wieder nach draußen! Wir sollten das Wetter genießen, solange wir noch können.“ Ihr Sohn gehorchte, stellte den Korb auf den grob gezimmerten Esstisch und eilte ihr nach.

Sie hat sich nicht verändert.

Neben dem Eingang stand eine Bank, auf der sie sich niederließen. Seine Mutter goss ihm den kalten Aufguss aus Zitronenmelisse und Pfefferminze in seine Tasse und füllte sich dann selbst eine.

Für eine Weile schwiegen sie. Ivan starrte in seine Tasse, seine Mutter hatte den Blick in die Ferne gerichtet.

„Du wirst lange wegbleiben“, stellte sie schließlich fest.

„Wenn alles gut läuft schon. Dieser Krieg wird seit Jahren geplant. Wir haben fast eine halbe Million Männer ausgebildet. In der ganzen korintischen Geschichte hat es nie ein so großes und schlagkräftiges Heer gegeben.“

„Wenn es nur auf die Größe und Anzahl der Krieger alleine ankommen würde ...“

„Du musst dir keine Sorgen machen, Mutter“, versuchte Ivan sie zu beruhigen.

„Natürlich muss ich das! Das tu ich, seit du auf der Welt bist und daran wird sich nichts ändern, bis du mir genommen wirst!“

Ivan konnte nicht anders, er musste sie einfach umarmen. „Ich werde zurückkommen!“, versprach er ihr.

„Ach Ivan, mein Junge. Das hat dein Bruder auch gesagt. So lange haben wir nun nichts mehr von ihm gehört.“

„Ich werde ihn finden und zu dir zurückbringen. Die Fronten werden riesig sein, aber ich werde einen Weg finden, ihn zu finden.“

Sie lächelte ihn halbherzig an.

„Wo ist Vater?“, wollte er wissen, um das Thema zu wechseln.

„In der Praxis. Gehst du ihn ebenfalls besuchen?“

„Nein. Er wird mich nicht in Uniform sehen wollen“, meinte er bitter.

„Es ist nicht einfach für ihn. Er vermisst seine Söhne.“

Darauf erwiderte Ivan nichts. Er blickte zu seinem Pferd hinüber, das er an den Gartenzaun angebunden hatte.

„Langsam wird es Zeit zum Abschiednehmen. Ich muss los, Mutter.“ Er stand auf. „Ich werde dir schreiben und wenn der Krieg vorbei ist, kehre ich nach Hause zurück und bringe meinen großen Bruder mit. Er ist irgendwo da draußen, das wissen wir beide.“

Sie blieb sitzen und musterte ihn auf eine Weise, wie es nur Mütter tun: kritisch, liebevoll, mit einem Hauch von Stolz. „Sie steht dir gut, die Uniform.“ Dann erhob auch sie sich und warf sich ihm schluchzend um den Hals. „Ich werde dich so vermissen, mein Kleiner.“

„Ich dich auch“, flüsterte er und küsste sie auf die Stirn. Dann löste er sich von ihr und schritt zu seinem grauen Streitross. Er schwang sich in den Sattel und drückte dem Tier die Fersen in die Weichen. Mit Tränen in den Augen ließ er das Haus in dem er aufgewachsen war und die damit verbundene unbeschwerte Zeit hinter sich.

Er musste nicht weit reiten. Sein Bataillon wartete hinter dem nächsten Hügel auf ihn. Ivan hatte die Gunst der Stunde genutzt, als er bemerkte, dass sie ganz in der Nähe seines Elternhauses auf die restlichen 175 Männer warten mussten. Er wusste, dass seine Abwesenheit länger gedauert hatte, als beabsichtigt, doch er äußerte sich vorerst nicht dazu. Wenn er fallen würde, dann hatte er wenigstens noch ein letztes Mal mit seiner Mutter gesprochen, was kümmerten ihn die langen Gesichter seiner Hauptmänner? Er dirigierte seinen Hengst durch die Reihen der Fußsoldaten, bis er zu seinen vier Kompanieführern gelangte. Die Männer waren abgestiegen, um sich ein wenig die Beine zu vertreten. Sie alle wussten, dass sie in nächster Zeit noch genügend im Sattel sitzen würden. Als sie ihn näher kommen sahen, salutierten sie ordnungsgemäß. Drei der Militärs waren ein gutes Stück älter als Ivan und er hoffte, dass es nicht zu Autoritätsproblemen kam. Sein zu spätes Kommen trug auf jeden Fall nicht dazu bei, dass ihre Achtung ihm gegenüber stieg. Der Vierte im Bunde war aus dem gleichen Jahrgang wie er selbst: ein junger Mann Mitte zwanzig, mit strohblondem Haar und einem nervösen Lachen. Ivan wandte sich an den Nachzügler, der die 175-köpfige Kavallerie mitgebracht hatte. „Captain Jeremiah, seid Ihr vollzählig?“

„Jawohl Sir! Männer und Pferde stehen bereit sowie zehn zusätzliche Wagen mit Proviant.“

Ivan atmete tief ein. Er warf einen letzten forschenden Blick auf seine Offiziere und bedeutete ihnen, in die Sättel zu steigen. Während er auf sie wartete, blickte er sich um. Die Fußsoldaten schienen guter Dinge zu sein. Die meisten zogen das erste Mal in den Krieg und konnten sich nicht wirklich vorstellen, was sie auf dem Feld erwartete. Ivan selbst war bis jetzt nur bei kleinen Einsätzen in den Grenzgebieten dabei gewesen. Was in der kommenden Zeit geplant war, sprengte jedoch den Rahmen von jedermanns Vorstellungsvermögen. 500 000 Mann marschierten, aufgeteilt in kleine Bataillonen, Regimentern, Brigaden, in größeren Divisionen und Truppen und schließlich ein Hauptheer, angeführt vom General und dem Kronprinzen, gen Süden. Ivans Aufgabe war es, sein relativ kleines Bataillon zum Sammelpunkt in der Grenzstadt Briseberg zu bringen. Wenn alles gut ging, dann waren sie im Verlaufe dieses Winters an ihrem Bestimmungsort.

Seine Hauptmänner waren aufgestiegen und Ivan drängte sein Pferd in Richtung einer kleinen Erhebung. Er gab einem Mann das Signal sein Horn zu blasen, sodass er die ungeteilte Aufmerksamkeit der Männer hatte. Er stellte sich im Sattel auf und begann mit lauter Stimme zu sprechen: „Soldaten! Ihr alle wart Bürger eines großen Reichs, Korin, die Mutter aller. Ihr seid Bauern, Handwerker, Kaufmänner, Väter und Söhne gewesen, doch nun seid ihr Soldaten!“

Die Männer jubelten ihm zu. Wer zu weit entfernt stand, um ihn direkt zu hören, ließ sich von den vorderen Reihen das Gesagte wiederholen.

„Ihr seid Soldaten und ihr werdet für euer Vaterland in den Krieg ziehen.“

Erneut erschallten Hochrufe.

„Ihr werdet diejenigen sein, die die Ehre Karmas mit Stahl verteidigt! Ihr werdet für Korin den Süden erobern.“

Ivan ließ die Worte wirken. Dann hob er erneut die Hände, um Stille zu gebieten. „Ich bin Oberstlieutenant Aleta und ihr seid meinem Befehl unterstellt. Zu meiner Linken steht Hauptmann Drake, ihm untersteht die 44. Kompanie, daneben seht ihr Hauptmann Kreider, ihm untersteht die 45. Zu meiner Rechten seht ihr Hauptmann Luka, ihm untersteht die 46. und das daneben ist Hauptmann Jeremiah, Captain der 17. Kavallerie. Wir marschieren nach Briseberg, zu unserem Sammelpunkt. Unterwegs werden noch fünf Magier zu uns stoßen. Wir trödeln nicht, ich lege ein flottes Tempo vor. Jeder hilft beim Lagerbau, jeder hält sich an die Regeln. Die Lagernormen werden heute Abend öffentlich verlesen. Wer sich nicht daran hält, wird angemessen bestraft. Die erste Auspeitschung werde ich vornehmen und glaubt mir Männer, ihr werdet nicht geschont werden! Bataillon, Marsch!“

Und so begann der mühevolle Marsch zur Südgrenze. Die Fußsoldaten stapften die endlos lange Straße entlang. Um sich bei Laune zu halten, stimmten die Männer immer wieder mal ein Kriegslied an, die allesamt älter waren, als die Interpreten. Ivan ließ sie gewähren, denn er wusste, dass sie früh genug ihre gute Laune verlieren würden. Ein Marsch war immer zermürbend. Manchmal stieg er von seinem Pferd und ging ein Stück mit den Männern mit, sprach mit ihnen und erkundigte sich nach ihrem Wohlergehen. Captain Jeremiah und seine Kavallerie schützten den Zug, auch wenn ihnen so tief im Reich noch keine wirkliche Gefahr drohte. Die Sonne war noch gut zwei Handbreiten vom Horizont entfernt, als Ivan befahl, für die Nacht zu halten. Unter der Aufsicht des Zeltmeisters wurden die Unterkünfte für die Offiziere und die Küchenzelte errichtet. Weniger glücklich waren die Soldaten, die nach dem langen Marsch die Latrinengräben ausheben mussten. Während das Essen verteilt wurde und die Männer es sich auf einem freien Platz in der Mitte des Lagers bequem gemacht hatten, verlas Hauptmann Kreider die Lagerregeln. Ivan machte noch die Runde und zog sich dann in sein Zelt zurück. Doch der Schlaf ließ auf sich warten. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, starrte er auf seiner Pritsche liegend die Baldachinwand an. Er dachte an seinen Bruder und an dessen mysteriöses Verschwinden. Irgendwann schlief er dann doch ein und träumte von schattenhaften Gestalten, die ihm seine Rüstung stehlen wollten.

hhh

Von seinem leicht erhöhten Standpunkt aus betrachtete Prior Magus Paeon, wie die Kavallerie ihre Manöver übte. Die Pferde preschten das Tal hinunter, als ob sämtliche Dämonen des Totengottes hinter ihnen her waren. Dann löste sich ein Teil der Gruppe und schwenkte aus. Sie beschrieb einen engen Halbkreis und jagte zurück. Ein weiterer Teil tat das Gleiche ein Stück weiter vorn, wobei er jedoch auf die gegenüberliegende Seite ausscherte. Sobald er das Ende der Truppe erreicht hatte, schloss er sich ihr wieder an. So ging es eine Weile. Die Körper der Pferde waren schweißgetränkt und glänzten in der gleißenden Sonne. Die erste Kavallerie formierte sich neu und trabte locker über das aufgewühlte Gras. Sie bildete eine breite Front. Speere wurden auf den Befehl des Captains hin gesenkt und die Reiter steigerten den Trab zu einem rasenden Galopp. Die Rüstungen der Männer und die Speerspitzen glitzerten hell auf. Ein Hornsignal erklang und die Übung wurde beendet. Paeon blieb wo er war und wartete darauf, entdeckt zu werden. In seinem Rücken lag das Lager, doch er war nicht zu Fuß an diesen Ort gelangt. Es dauerte deswegen eine Weile, bis Soldaten ihn entdeckt und den General verständigten.

„Ein bisschen heiß für Schwarz, nicht?“ General Voltan schritt den Hang zu ihm hinauf. Um seinen Hals hing an einer silbrigen Kette ein großes Horn.

„Meine Haut reagiert empfindlich auf Sonne, General Voltan.“

„Das erklärt auch die Kapuze, nehme ich an.“

„So ist es, Sir.“

Algier Voltan hatte ihn erreicht und die Männer begrüßten sich so förmlich, als würde ihre Beziehung nur geschäftlich sein. Der General stellte sich neben den Magier und blickte hinunter zu den erschöpften Reitern und Pferden.

„Unser Kronprinz hält sich ganz passabel. Er ist ein guter Reiter und sein Tier ist exzellent.“

Paeon nickte kaum merklich. Ihm war tatsächlich ein wenig warm und er wollte so schnell es ging wieder zurückkehren.

„Das Wetter …“

„Verdammt, Algier! Hör auf mit diesen Floskeln! Du lässt mich hier absichtlich braten, gib’s zu! Jetzt lad mich schon in dein Zelt ein!“

Ein diebisches Grinsen stahl sich auf die dünnen Lippen des Generals. „Oh, natürlich, vergib mir meine Unhöflichkeit. Hier entlang.“

Sie passierten den ausgehobenen Graben über eine Brücke und betraten das Lager. Alle Soldaten, die ihnen über den Weg liefen, ließen sofort alles stehen, als die beiden Männer an ihnen vorbeigingen und salutieren. Paeon starrte stur geradeaus, da er die ungeteilte Aufmerksamkeit der Soldaten unangenehm fand. Sie erreichten die Unterkunft des Generals. Erleichtert trat der Magier in den Schatten des goldgelben Baldachins. Er nahm die Kapuze vom Kopf und wischte sich über die schweißnasse Stirn.

„Durst? Ich kann dir frischen Nektarinensaft anbieten.“ Paeon schmiss sich in einen Sessel und machte eine müde Geste, um zu zeigen, dass er das Angebot annahm.

Der General füllte zwei Gläser und setzte sich zu seinem langjährigen Freund. Er schlürfte einen Schluck und warf dann einen bedeutsamen Seitenblick auf die wachhabenden Soldaten, die um das Zelt positioniert waren. Seufzend erhob sich der Magier. Er griff in den weiten Ärmel seines schwarzen Gewandes und streute eine Prise bläulichen Pulvers in alle vier Himmelsrichtungen. Dabei murmelte er etwas und malte mit seinem dünnen Finger ein Zeichen in die Luft. Paeons Bewegungen waren fließend gewesen und der ganze Spuk hatte nicht mehr als ein, zwei Herzschläge gedauert. Er setzte sich wieder und blickte sein Gegenüber zufrieden an.

„Wie geht es dir?“, wollte Algier wissen und nippte an seinem Saft.

„Ausgezeichnet.“

„Du scheinst deine Gesundheitsprobleme, die dich vor einigen Jahren noch geplagt haben, gut in der Griff bekommen zu haben“, stellte der General fest.

„Das habe ich in der Tat. Aber so lange ist es nun auch wieder nicht her, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben. Es hätte dir auch vorher auffallen können.“

„Ist es auch.“ Der ältere der beiden seufzte. „Du willst wohl nur über das Geschäft reden, was? Du machst es einem nicht einfach, dein Freund zu sein.“

Paeons Augenbrauen wanderten dessen Stirn hoch. Eine scharfe Bemerkung lag ihm auf der Zunge, die er jedoch hinunterschluckte.

„Ich habe Crystal gesehen, als ich in deiner Villa war, um die Pläne zu holen. Sie sieht gut aus. Allerdings scheint sie nicht sonderlich glücklich über ihre neue Freundschaft zur Gattin des Hochkönigs“, plauderte er und gab sich wirklich Mühe, ein zwangloses Gespräch zu starten.

Der General lachte leise in sich hinein. „Sie werden sich schon noch mögen lernen. Die beiden sind sich recht ähnlich. Außerdem tut es ihr nicht gut, ständig alleine zu sein. Sie braucht eine Freundin und die Gattin des Hochkönigs eignet sich ideal dafür. Diese beiden Frauen sind wahrscheinlich im ganzen Reich die Mächtigsten ihres Geschlechtes!“

Um Worte verlegen nickte Paeon. Er war wirklich kein Talent in Konversation führen. Algier räusperte sich und schmunzelte: „Na gut, reden wir übers Geschäftliche, Paeon. Du scheinst mit allem anderen Mühe zu haben und ich will dich ja nicht foltern.“

Nur mit Mühe unterdrückte der selbsternannte Prior Magus ein glückliches Seufzen. „Der Grund für meinen Besuch ist, dass ich die Ringmitglieder brauche.“ Er warf seinem Gegenüber einen kurzen Blick zu, um einzuschätzen, wie dieser mit seiner Forderung umging. Algiers Stirn verzog sich leicht und zwei Falten bildeten sich darauf. Er strich sich über das tadellos rasierte Kinn und fragte dann. „Alle?“

„Es wäre von Vorteil, aber ich komme auch mit einigen von ihnen aus.“

„Und was hast du mit ihnen vor?“

„Ich will sie studieren.“

„Du willst was?!“ Der General starrte ihn verblüfft an. Er hatte anscheinend mit allen anderen Möglichkeiten außer dieser gerechnet.

„Weißt du noch, was du mir über sie erzählt hast, als du mich zu Mythos gebracht hast? Damals, als er in seinem Schönheitsschlaf gelegen hatte?“

„Ja schon“, erinnerte sich Algier. „Aber wie kommst du darauf? Jetzt, wo wir mitten in der Vorbereitung und Ausführung dieses Krieges stehen?“

„Der Magier-Orden ist bereit. Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt. Alles, was wir noch tun müssen ist, in Übung zu bleiben und neue Rekruten zu finden. Dafür braucht man mich nicht. Ich habe endlich wieder einmal Zeit für mich, Algier.“ In Paeons graugrünen Augen blitzte ein Funken Leidenschaft auf.

„Und da entscheidest du dich ausgerechnet dafür, deine Zeit damit zu verbringen, die Ringmitglieder zu analysieren und zu erforschen?“ Der General schien von dieser Idee nicht besonders überzeugt zu sein.

„Du hast mir selbst gesagt, dass du viel zu wenig über sie weißt. Woher kommen ihre Kräfte, auf was basieren diese? Woher stammen die Personen, weshalb weisen genau sie diese besonderen Talente auf? Es gibt eine Menge Fragen und ich bin mir sicher, dass es auch eine Menge befriedigende Antworten darauf gibt.“

Algier trank einen großen Schluck von seinem Saft. „Nehmen wir an, ich erlaube dir diesen Wahnsinn. Wie würdest du vorgehen? Willst du sie in einen Kerker stecken und die Antworten aus ihnen pressen? Diese Männer und Frauen sind besonders, Paeon. Sie dienen heute dem Militär, aber ihr Ursprung liegt bei den Hochkönigen. Sie werden dir ihr Geheimnis nicht verraten. Denkst du, ich habe nicht auch schon mein Glück versucht?“

Das Lächeln, das Paeons Lippen zierte, war dünn, als er antwortete: „Bitte, Algier, beleidige nicht meine Intelligenz. Natürlich werde ich sie nicht foltern. Ich hätte da an eine kleine Expedition gedacht, während der wir uns vielleicht näher kennenlernen könnten.“

„Eine Expedition?“ Algier lehnte sich in seinem Stuhl ein wenig vor.

„Ich will in den Dschungel.“

„Aber du hast nicht vor, das dunkle Karma zu finden, oder? Denn das wäre Wahnsinn.“

„Erneut, Algier, ich bin nicht dumm. Es gibt einige interessante Tiere und eine Vielzahl von Pflanzen im Dschungel. Ich will sehen, was sich davon für dies hier“, er machte eine ausholende Bewegung, „verwenden lassen könnte. Wenn ich die Magie weiterentwickeln will, brauche ich neue Katalysatoren, es ist immer dieselbe Geschichte.“

„Ich habe gedacht, das Salz hätte deine Probleme gelöst.“

„Hat es auch – vor Jahren. Aber ich will alles aus der Magie herausholen, was ich kann und das kann ich nur, wenn ich mir neue Wege und Mittel verschaffe. Stell dir das so vor, die Menschen haben irgendwann gelernt, Metall zu bearbeiten und zu benutzen. Damit haben sie Dinge geschmiedet, Dinge, wie sie sie mit Stein niemals hätten herstellen können. So ist die Menschheit in das nächste Zeitalter gerutscht. Ich will ebenfalls weiter. Ich brauche die Herausforderung.“

„Und die Ringmitglieder.“

„Und die Ringmitglieder; ich dachte, dass sie ein guter Geleitschutz sein könnten.“

„Das wären sie tatsächlich. Sie sind schon einmal da gewesen.“

„Umso besser.“

„Aber ich kann sie dir nicht geben.“

Paeons Augen verengten sich leicht.

„Nicht alle zumindest. Ich will einige bei mir wissen, falls die Invasion verfrüht beginnen, oder falls wir auf Probleme treffen sollten.“

„Ich gedenke nicht allzu lange fort zu sein. Ein halbes Jahr nicht mehr.“

Der General sah seinen jüngeren Freund nachdenklich an. „Du weißt, dass es eine immense Ehre für dich wäre, die Ringmitglieder mitzunehmen? Ich vergebe sie nicht einfach so wie Wintersonnenwendengeschenke. Ich schätze dich und deine Arbeit sehr, aber ich will auch, dass meinen Ringmitgliedern nichts passiert.“

„Sie werden heil zurückkehren.“

„Und ich will ebenso wenig noch jemanden verlieren. Stachle also ihre Gewissen nicht an. Zwei sind schon weg und das sind zwei zu viel.“

„Davor werde ich mich ebenfalls hüten. Ihre persönliche Geschichte ist mir egal, Algier, darauf kannst du bei mir zählen. Tragische Schicksale öden mich an. Nein, ich will nur hinter ihr Geheimnis kommen, mehr nicht. Sie werden rechtzeitig für deinen Krieg wieder da sein und kämpfen können.“

„Na gut.“ Algier leerte das Glas in einem Zug.

„Wen gibst du mir?“

„Flex, Ivy, Rost und Cam.“

„Mythos nicht?“

„Nein, denn wenn er dir auf die Schliche kommt, könnte es sein, dass er ein wenig verhalten reagiert. Seit Tau verschwunden ist, verhält er sich, wenn es um seine Schäfchen geht, mitunter ein wenig gereizt. Er, , Ash, Queen und Rock werden als Verstärkung des Heeres hierbleiben und sich um die Tamarche kümmern.“

„Dann wird es so sein.“ Der Prior Magus richtete sich in seinem Sessel auf und streckte dem General eine Hand hin. „Ich hole sie in zwei Tagen ab.“

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Mythos wurde noch am selben Tag über die bevorstehende Teilung seiner Gruppe informiert. Dank der Magier, die jeder militärischen Einheit zugeteilt worden waren, klappte die Kommunikation zwischen diesen einwandfrei und vor allem ohne Verzögerung. Der Anführer des Ringes der Gehorsamen war nicht glücklich über die Entscheidung, die über seinen Kopf hinweg getroffen worden war. Er fühlte sich nie wohl, wenn er die Gruppe teilen musste. Und seit sie vor fünf Jahren gleich zwei Mitglieder verloren hatten, war er noch beschützender geworden.