Die Leiden des jungen Werther – nach Johann Wolfgang von Goethe -  - E-Book

Die Leiden des jungen Werther – nach Johann Wolfgang von Goethe E-Book

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Beschreibung

Die Geschichte vom jungen Werther und seiner unglücklichen Liebe zu Lotte gehört zu den bekanntesten Liebesgeschichten überhaupt. Umfassend gekürzt, sprachlich aufbereitet und stimmungsvoll illustriert, bietet diese Neufassung alle Farben und Töne des Originals und behält dabei eine angenehm flüssige Lesart. Ein zartes Buch voll Tragik, Witz und süßem Schmerz, zum Abschalten, Schmun­zeln und Mitfühlen.

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Seitenzahl: 66

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Die Leiden

des jungen Werther

nach Johann Wolfgang von Goethe

Die Leiden

des jungen Werther

nach Johann Wolfgang von Goethe

neu überarbeitete Fassung von Tristan Hallmit Illustrationen von Lucas Graf

1. Auflage 2017

© 2017 by Verlag A TREE & A VALLEY, Marburg

 

 

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

 

Diese Ausgabe ist eine gekürzte und überarbeitete Version der Originalausgabe.

Alle Rechte vorbehalten.

 

Mit Illustrationen von Lucas Graf

Korrektorat: Marcel Steffens

 

 

ISBN: 978-3-947357-01-7

Auch als gedrucktes Buch erhältlich:

ISBN Print: 978-3-947357-00-0

 

www.verlag-atav.de

VORWORT

„Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang von Goethe ist ein vielbeachtetes Schmuckstück deutscher Literaturgeschichte und hat im Zuge seines langjährigen Rezeptionsprozesses unzählige Neuauflagen und Überarbeitungen erfahren.

Nicht wenige davon haben später ihren Weg auf die Tische und in die Regale unserer Schulen und anderer Bildungseinrichtungen gefunden. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die meisten Menschen Goethes Werk nunmehr mit Schulaufsätzen, sprachwissenschaftlicher Forschung, literarischer Epochen und leider auch mit einer schwierig verständlichen Sprache in Verbindung bringen.

Im Fokus dieser neu bearbeiteten Fassung steht daher das Lesevergnügen an der Geschichte selbst. Umfassend gekürzt, sprachlich aufbereitet und stimmungsvoll von dem noch jungen Künstler Lucas Graf illustriert, bietet sie alle Farben und Töne des Originals und vereint so dessen Zauber mit angenehm leichter Lesbarkeit.

In kurzen Briefen wendet sich der junge Werther an seinen guten Freund Wilhelm und offenbart ihm darin das turbulente Gefühlschaos seiner unglücklichen Liebe. Werthers ganz persönliche Eindrücke, die offenherzige Preisgabe seiner Wünsche, Ängste und Hoffnungen sowie die detaillierten Beschreibungen einer stets lebendigen Natur fesseln bis heute und haben in ihrer Intensität und Einzigartigkeit nichts an ihrer Strahlkraft verloren. Es ist die Geschichte zweier junger Menschen, die zueinander fanden und sich doch niemals hatten – und in dieser Weise zeitlos.

T.H., im Juni 2017

ERSTES BUCH

 

4. MAI 1771

Wie froh ich bin, endlich fort zu sein! Sag‘, Wilhelm, was ist das mit uns Menschen? Dich zu verlassen, der beinahe alles mir bedeutet, und doch froh zu sein! Doch weiß ich auch, du wirst es mir verzeihen. Denn habe ich nicht genug gelitten? Habe ich nicht ... Oh, was ist der Mensch, dass er nur so klagt! Ich verspreche dir, lieber Freund, ich will mich bessern; will nicht das kleine bisschen Übel, das mir das Leben zugedacht hat, wieder und wieder hervorholen. Von nun an will ich nur das Gegenwärtige genießen. Was vergangen ist, soll mir vergangen bleiben. Es stimmt, mein Bester, es gäbe weniger Leid unter uns Menschen, würden wir lernen, die Geister der Vergangenheit einmal ruhen zu lassen.

Ich fühle mich im Übrigen sehr wohl hier. Die Einsamkeit dieser paradiesischen Gegend tut meinem Herzen gut und die nun frühlingshaften Tage halten es warm. Die Stadt selbst ist weniger angenehm, die Natur ringsumher jedoch von unaussprechlicher Schönheit. Jeder Baum und jede Hecke ist ein Strauß von Blüten und man möchte zum Maikäfer werden, um in diesem duftigen Meer herumzuschweben und seine Nahrung darin zu finden.

AM 10. MAI

Eine wundersame Heiterkeit hat mich ergriffen. Ich bin glücklich, mein Bester, so glücklich, dass schon meine Kunst darunter leidet. Ich könnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin doch nie ein größerer Maler gewesen. Wenn das liebe Tal um mich herum dampft, die warme Sonne auf dichtem Walde ruht, ich im hohen Grase an einem Bachlauf liege und das Wimmeln der kleinen Welt von Halmen sehe, dazu die unzähligen Arten der Würmchen und Mücken und die Gegenwart des Allmächtigen in meinem Herzen spüre – dann sehne ich mich oft und denke: Ach, könnt‘ ich das jetzt ausdrücken! Könnt‘ ich dem Papier das einhauchen, was so voll und warm schon in mir lebt, auf dass es zum Spiegel meiner Seele würde.

AM 12. MAI

Ich weiß nicht, ob täuschende Geister in dieser Gegend schweben oder ob es die Fantasie meines Herzens ist, die mir das alles so paradiesisch macht. Gleich am Ortseingang ist ein alter Brunnen. Du gehst einen kleinen Hügel hinunter und findest dich vor einem Gewölbe, wo unten, etwa zwanzig Stufen hinabgestiegen, das klarste Wasser aus altem Marmorfelsen quillt. Die kleine Mauer ringsherum, die hohen Bäume, die Kühle des Ortes, das alles hat etwas Magisches. Kein Tag vergeht, an dem ich nicht dort sitze und meinen Gedanken nachgehe. Dann kommen die Mädchen des Ortes und schöpfen das Wasser aus dem Brunnen.

AM 14. MAI

Du fragst, ob du mir Bücher schicken sollst? Ich bitte dich, halt‘ sie mir wohl vom Leibe. Ich brauche weder Anleitungen, noch Ermutigungen, denn dieses Herz wirbelt schon genug. Muss ich es dir noch sagen? Du kennst mich doch! Hast schon in Windeseile mich von Trübsal zum Exzess, von der Melancholie zur Leidenschaft rasen sehen. Ich halte es mit meinem Herzen wie mit einem kranken Kinde – jeder Wunsch wird ihm gestattet.

AM 17. MAI

Ich habe diese Tage einige Bekanntschaften gemacht. Gesellschaft habe ich noch keine gefunden. Und fragst du mich, wie die Leute hier wohl sind, so muss ich sagen: wie überall! Es ist überall dasselbe. Die meisten Menschen verbringen einen Großteil ihrer Zeit damit, den Dingen nachzuhetzen, die sie nicht brauchen und die sie gefangen nehmen, und das kleine bisschen Freiheit, das ihnen dann noch bleibt, das verängstigt sie so sehr, dass sie alles setzen, das auch noch aufzugeben.

Immerhin, einen guten Mann durfte ich treffen. Einen Amtmann des Fürsten, ein offener, wohlmeinender Mensch. Er hat mich zu sich nach Hause eingeladen und ich denke, ich werde dem wohl nachkommen. Er wohnt auf einem abgeschiedenen Jagdschloss, da seine Gattin verstarb und ihm seither der Aufenthalt hier in der Stadt nicht länger erträglich war. Gerade seine älteste Tochter macht viel von sich reden – sie soll sehr schön sein, weißt du?

AM 26. MAI

Du kennst mich, Wilhelm. Wo immer ich mich aufhalte, suche ich mir ein Plätzchen, das mir lieb wird. Auch hier habe ich einen solchen Ort gefunden. Es ist ein kleines Dorf, Wahlheim nennen sie‘s, und etwa eine Stunde von der Stadt entfernt. Auch ist es hübsch an einem Hügel gelegen und geht man auf dem Fußpfad hindurch, so blickt man bald über das ganze Tal. Eine gute Wirtin schenkt dir Bier, Wein und Kaffee ein. Das Schönste aber sind die alten Linden, die mit ihren ausgebreiteten Ästen den kleinen Platz vor der Kirche bedecken, der ringsherum von alten Bauernhäusern, Scheunen und Höfen eingeschlossen ist.

Das erste Mal, als ich an einem schönen Nachmittag an diesen herrlichen Platz kam, fand ich keine Seele vor – sie gingen wohl alle der Arbeit auf dem Felde nach –, nur einen Knaben von ungefähr vier Jahren, der da auf der Erde saß, und bei ihm noch einen anderen, etwa halbjährigen Burschen. Der saß dem Älteren zwischen den Beinen und mit dem Rücken gegen ihn gelehnt, ganz wie auf einem Sessel, und war ungeachtet der Munterkeit, mit der er aus seinen schwarzen Augen umherblickte, ganz ruhig. Mich vergnügte der Anblick. Ich setzte mich auf einen Pflug und begann, den brüderlichen Moment zu zeichnen. Ich nahm auch den nächsten Zaun, das Scheunentor und einige gebrochene Wagenräder hinzu, ganz so, wie ich es vorfand, und bemerkte bald, dass mir da eine recht gute Zeichnung gelungen war. Das bestärkte mich in meinem neuerlichen Vorsatz, mich künftig nur noch an die Natur zu halten. Sie allein ist unendlich reich und schön und sie allein bildet den großen Künstler. Es lässt sich viel vom Wert der Regeln sagen – ungefähr dasselbe, was sich auch zum Lob der bürgerlichen Gesellschaft sagen lässt: Ein Mensch, der sich hiernach ausrichtet, wird nie etwas Schlechtes oder Anstößiges hervorbringen, ebenso wenig wie jener, der die Gesetze achtet, niemals zum Bösewicht werden wird. Dagegen wird aber auch jede Regel – da kann man sagen, was man will – das wahre Gefühl von Natur und deren Geist zerstören.