Die Lichtflamme in Dir - Michael Pflaum - E-Book

Die Lichtflamme in Dir E-Book

Michael Pflaum

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Beschreibung

Das Jesusgebet, das christliche kontemplative Gebet ist ein Weg, um auf tiefe Weise Gott zu suchen und sich von Gott führen zu lassen. Dieses Buch beinhaltet mehrere kompakte Einführungen und Zusammenfassungen der christlichen Kontemplation. Zum Beispiel: Einführung in das Jesusgebet anhand der Geschichte "Die Lichtflamme" von Lagerlöf. Impulse für die Kontemplation entlang der sieben Worte Jesu am Kreuz und entlang eines Anfangsgebetes für die Meditation. Acht Orientierungsbilder für die Meditation. Acht ignatianische Brocken: Texte von Ignatius ausgelegt für das kontemplative Gebet.

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Inhaltsverzeichnis

Einführung in die Kontemplation

Einführung in die Kontemplation mit Loriots Feierabend

Schnupperübung: Schokolade essen – mit dem

Anfängergeist

Die Übungen

Die Lichtflamme

Der Anfang der Geschichte

Der Entschluss in Jerusalem

Die Reise beginnt

Eine besondere Art der Umkehrung

Loslassen

Anfechtung

Wenn man sich gehen lässt...

Beistand

Ein langer Weg

Unwetter

Ein Apostel für Milde und Menschenliebe

In Florenz

Predigt zum Anfangsgebet für die Meditation

Du, unser Herr, Jesus Christus.

Ich will mehr und mehr in deine Nachfolge kommen.

Ich vertraue auf deine große Liebe und Kraft.

Ich vertraue darauf, dass du da bist, jetzt und hier und immer.

Ich will auf dich schauen; denn du bist gegenwärtig in der Natur, im Hier-Dasein, in deinem Namen.

Alles will ich dir geben: Meine Sorgen, meine Gedanken, meinen Willen, meine dunklen Seiten, meine Schmerzen.

Ich will bereit sein, das zu erleiden, was eben das Leben und das Heute mir aufträgt zu tragen.

Ich darf bei dir so sein, wie ich bin.

In Hingabe lobe ich dich und bin ganz für dich da.

Ich möchte dir diese Zeit des Gebetes schenken!

Die sieben Worte Jesu am Kreuz für das kontemplative Gebet

Vater, in Deine Hände lege ich meinen Geist

Vergib ihnen. Denn sie wissen nicht, was sie tun

Mich durstet

Siehe Dein Sohn, siehe Deine Mutter

Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein

Mein Gott, warum hast du mich verlassen

Es ist vollbracht!

Sammlung von Orientierungsbildern für die Kontemplation

Wellen am Strand: Atem wahrnehmen

Auf die Metaebene gehen

Mit Jesus auf dem Sofa Rotwein trinken

Das Netz der Geschichten verlassen

Vor der Achterbahn stehen statt mitfahren

Klavier aktiv spielen und sich genießend zuhören

Der Magnet unter dem Tisch und die Kompasse, die sich ausrichten

Es geht um die Freundschaft mit Jesus Christus

Acht ignatianische Brocken für das kontemplative Gebet

Mirar, advertir, contemplar, reflejar

Prinzip und Fundament der Exerzitien

Magis und die drei Zeiten einer Wahl

Die drei Gebetsweisen

Anwendung der fünf Sinne

Contra agere und je nachdem

Ignatius´ Gnadenregel und sich disponieren

Die Cadoner Gotteserfahrung

Jugendliche in die Kontemplation einführen

Wochenende mit der Lichtflamme

Hüttenwanderung

Predigten zu kontemplativen Themen in anderen Bücher vom Autor

Einführung in die Kontemplation

Einführung in die Kontemplation mit Loriots Feierabend

Kennen Sie Loriots Sketch „Feierabend“? Da sitzt der Ehemann gemütlich in seinem Lehnsessel. Er hat Feierabend. Er hat gearbeitet und gegessen und möchte jetzt einfach … ja da gibt es mehrere deutsche Wörter, die das umschreiben: entspannen, verweilen, chillen, einfach da sitzen. Oder in Lateinisch: Kontemplation!

Aber seine geschäftige Frau in der Küche unterbricht die Ruhe: Herrmann! Ja sie will wirklich das Beste für ihn, sie will ihm wirklich gut sein, sie will die umsorgende Ehefrau sein. Aber eines ist jenseits ihrer Vorstellung: Dass Einfach-da-sitzen schön und sinnvoll ist. Dass man sich genau das wünscht. Sie ist gleich einer beschäftigten Biene, die immer aktiv ist, außer wenn sie schläft.

Also empfiehlt sie ihm: Lies doch mal was, geh doch mal spazieren! Soll ich Dir den Mantel bringen! Du tust ja nicht das, was Dir Spaß macht! Stattdessen sitzt du da!

Irgendwann muss der Ehemann brüllen: Ich sitze hier, weil es mir Spaß macht!

Der Leser möge diesen Text unter zwei Perspektiven lesen: Erstens als ein Gespräch zwischen einer aktiven Ehefrau und einem Ehemann, der einfach im Sessel sitzen will und nichts tun und denken will. Zweitens als ein Gespräch, das in einer Person stattfindet; ein Gespräch zwischen dem aktiven Ich und einer anderen Seite in der Person, die einfach in Ruhe und Stille verweilen möchte.

Ich glaube, das kennt jede und jeder: Man will einfach mal da sein, verweilen, chillen, lauschen, in der Gegenwart verweilen, entspannen. Aber da kommt der unruhige Verstand und quatscht einen voll. Du musst noch das erledigen. Schau doch mal ins Fernsehen. Das Missverständnis gestern, dieser schreckliche Kerl usw. Ja der Streit zwischen Ehemann und Ehefrau in Loriots „Feierabend“ findet in mir statt. Der unruhige Verstand bringt immer neue Gedanken hervor. Für unseren aktiven Verstand ist einfach Da-sein etwas Fremdes, Unverständliches.

Aber genau danach haben wir immer wieder Sehnsucht. Und wir erleben darin auch höchste Sinnmomente: Eine Blume bestaunen, ein Baby anlächeln, eine Berglandschaft betrachten, in die Stille lauschen, das Leben selbst in sich und um sich herum spüren, auf Jesus Christus schweigend schauen. Es gibt viele solche verweilende Momente: in sich wertvoll und sinnvoll.

Wenn wir diese Szene als ein Selbstgespräch in einer Person lesen, erkennen wir deutlich die Spannung: da ist einmal das aktive Ich, das organisieren, reflektieren, Aufgaben lösen, abwägen, diskutieren und entscheiden kann. Andererseits besteht auch ein Wunsch nach „kontemplativen“ Zeiten, nach Zeiten in Ruhe und Stille. Da ist aber noch das aktive Ich, das fast ständig in uns „plappert“. Plötzlich hindert das aktive Ich unsere freie Entfaltung, Ruhe, Stille und Entspannung zu genießen. Das aktive Ich kann auch nicht durch Aktivität ruhig gestellt werden. Es nützt nichts, wenn wir aktiv zu unseren Gedanken sagen: Geht weg, ich brauche euch jetzt nicht.

Besser ist es, in die Stille hinter den Gedanken zu lauschen – und mit der Zeit wird die Stille stärker und präsenter und die Gedanken weniger.

Unser unruhiger aktiver Verstand kann in der Zeit der Stille, des Gebetes, des Verweilens ruhig werden, neu sich ausrichten. Da können Sorgen in neuem Licht erscheinen. Da kann man plötzlich Abstand zu den Sorgen bekommen.

Aber was noch wichtiger ist, dass das Eine, das Entscheidende wieder deutlich wird: Das Leben auf Jesus Christus ausrichten und im Hier und Jetzt immer neu das Leben entdecken.

Schnupperübung: Schokolade essen – mit dem Anfängergeist

Bei Jugendlichen im Schulunterricht lasse ich die kontemplative Wahrnehmung durch eine einfache Übung entdecken. Ich verteile Merci-Schokolade, für jeden Schüler ein Stück. Und dann bitte ich die Jugendlichen, dass sie mal ganz langsam und bewusst die Schokolade essen sollen, so als ob sie das erste Mal Schokolade essen würden. Plötzlich schmeckt die Schokolade anders. Normalerweise wird Schokolade von ihnen nebenher gegessen, beim Hausaufgaben machen, beim Fernsehen, während einer Unterhaltung. Man achtet nicht auf den Geschmack. Da ist es eine faszinierende Entdeckung, mit dem Anfängergeist bewusst ein Stück Schokolade zu essen.

Wir steigen leicht ins Staunen, in die kontemplative Wahrnehmung ein, wenn wir uns sagen: Ich tue so, als ob ich das das erste Mal mache bzw. erlebe. Ich versetze mich in einen „Anfängergeist“.

Probieren Sie es einfach aus! Wenn Sie das nächste Mal spazieren gehen, dann sagen Sie sich einfach: Ich gehe heute mal ganz frisch in den Wald. Ich gehe in den Wald, als ob ich ihn ganz neu sehen würde, als ob ich ihn das erste Mal sehen würde. Und dann gehen Sie ganz langsam, schauen herum, und Sie werden merken, dass Sie irgendwie anders Pflanzen, Erde, Wurzeln, Bäume wahrnehmen als sonst. Vielleicht merken Sie, dass Ihnen alles ganz wirklich vorkommt und Sie merken den Unterschied zu der trockenen Gedankenwelt. Das ist jetzt real, wirklich und voll Fülle. In der Gedankenwelt sind Sie in der Vergangenheit oder in der Zukunft aber nicht im Hier und Jetzt, in der Wirklichkeit. Die Gedankenwelt ist nicht so real und füllig wie die Realität Hier und Jetzt!

Oder Sie merken, dass Sie das Staunen beginnen. Vielleicht wissen Sie aus der Biochemie, wie die Zusammenhänge sind, wie der Fotosynthesezyklus abläuft. Aber wenn Sie das konkrete Blatt vor sich haben, spüren Sie vielleicht, dass dieses Wissen nicht das Wunderbare, das Erstaunliche erklärt und auflöst. Die Wirklichkeit ist trotzdem ein Wunder. Und Sie ahnen vielleicht eine Lebenskraft, eine Schöpferkraft. Sie erahnen das Reich Gottes im Hier und Jetzt, in der Lebenskraft der Pflanzen und Tiere.

Die Haltung des Anfängergeistes wehrt sich gegen eine übliche Tendenz bei uns: das kenne ich schon, das habe ich schon so oft erlebt, da bin ich inzwischen Experten, da kenne ich mich aus, das ist langweilig, weil ich es schon sooft erlebt habe. Aber wie viel geht uns verloren, wenn wir immer schon meinen, wir wissen alles! Insbesondere entgleitet uns die Wirklichkeit selbst, der gegenwärtige Moment selbst, wenn wir meinen, wir kennen uns schon total aus. Der Anfängergeist führt uns zurück zum gegenwärtigen Moment, zur Wirklichkeit selbst!

Deswegen ist er so wichtig bei der Meditation. Die Menschen, die wirklich den tiefen Sinn von Meditation verstanden haben, versetzen sich immer neu in den Anfängergeist. Sie sagen sich: Ich versuche, meinen Atem, meinen Körper, die Stille, den Augenblick jetzt ganz neu und frisch wahrzunehmen. Und wer den Namen Jesus Christus meditiert, der möchte ganz neu Jesus Christus ansprechen, ganz neugierig und offen sein für den Herrn, der uns zum absoluten Geheimnis, Gottvater, führt.

Wer im Anfängergeist betet, der macht sich geistig leer, der legt seine Vor-urteile, seine Meinungen, seine alten Erfahrungen ab – oder anders gesagt: er begibt sich in die Wolke des Nichtwissens, wie es ein Mystiker des Mittelalters ausdrückt.

Die Übungen

1. Übung: Natur wahrnehmen

Die erste Übung besteht darin, die Natur wahrzunehmen. Zum Beispiel: Ich schaue einen Baum an. Ich versuche, ohne Gedanken wahrzunehmen. Es kommen mir vielleicht Gedanken (wo ist ein Vogelnest?, der Baum ist krank!, wie alt ist der Baum?). Dann komme ich zurück zum Anschauen, ich lasse die Gedanken los. Ich kann auch die Erde in den Händen spüren, den Vögeln zuhören, meine Schritte spüren. Sich zu zerstreuen ist nicht schlimm, wichtig ist das Zurückkehren. Ich brauche nichts beurteilen, nichts verändern wollen.

Beim Wahrnehmen merken wir: Wir werden „passiv“, wir brauchen nichts erreichen, nichts machen. Wir sind ohne Leistungsdruck, der sonst Angst und Hektik bewirkt. Gelassenheit macht sich breit: Es darf alles so sein, wie es ist! Wenn Langeweile aufkommt, frage ich mich: ”Wie spüre ich diese Langeweile?” Dann komme ich zurück zur Natur. So versuche ich nicht, die Langeweile aktiv zu verändern. Ich nehme sie wahr, ich bleibe damit in der Wahrnehmung. Diese Übung kann man auch in ganz alltäglichen Situation „durchführen“: Beim Weg in die Arbeit, beim Warten, beim Zugfahren, usw.

2. Übung: Körper und Atem nachspüren

Ich nehme hellwach, mit Interesse meinen Körper wahr und bleibe konsequent dabei. Ich nehme mich aufmerksam, absichtslos, akzeptierend wahr.

Ich spüre in meinen Körper hinein und beginne bei den Füßen, Beinen, dann Oberschenkel, danach Gesäß, Oberkörper, Arme, Hände, das Gesicht.

Wie spüre ich diesen Teil des Körpers?

Nun kommt der Atem. Der Atem darf sein, wie er ist, flach oder stark, ruhig oder hektisch. Ich habe nicht die Absicht, den Atem zu verändern, zu verbessern oder zu kontrollieren.

Wie spüre ich den Atem in der Nase?

Wie spüre ich den Temperaturunterschied von ein- und ausgeatmeter Luft? (Wenn ich etwas nicht spüre, macht das nichts. Wir müssen nichts erreichen. Es geht allein um die Aufmerksamkeit, auf das interessierte Hinhorchen, auch wenn nichts zu spüren da ist.)

Wie spüre ich den Rachenraum, die Luft in der Luftröhre?

Wie spüre ich die Bewegung der Rippen und des Brustkorbes?

Wie spüre ich die Bewegung des Zwerchfells unter der Lunge und das Heben und Senken des Bauches und dessen Organe?

Wie nehme ich insgesamt mein Einatmen und Ausatmen wahr?

3. Übung: In die Hände spüren

Ich setze mich und lege die Hände ineinander. Die Handmittelpunkte „schauen aufeinander“. Am Anfang nehme ich den Körper wahr, dann komme ich zu den Händen. Mit ganzer Aufmerksamkeit spüre ich in die Hände und in den Innenraum zwischen den Händen. Wie spüre ich die Mitte meiner Handflächen?

Ich kann auch die Hände auf Brusthöhe erheben und in den Zwischenraum zwischen den Händen spüren. (Die Orantenhaltung, die der Priester beim Hochgebet einnimmt. Auch hier sollen die Handinnenflächen aufeinander ausgerichtet sein.) Diese Handhaltung hilft vielen, gut in die Hände zu spüren und den Raum zwischen den Händen bewusst wahrzunehmen.

Wenn ich mich zerstreue, komme ich wieder zurück zur Wahrnehmung der Hände. Diese Übung ist eine „Vertiefung“, weil wir nicht mehr unser „Wahrnehmungsobjekt” wechseln. Das schafft noch mehr Ruhe und Sammlung.

4. Übung: Ja innerlich sprechen

Die Hände liegen ineinander auf den Oberschenkeln. Wenn ich ganz dabei bin, in die Hände spüre, sage ich innerlich mit dem Ausatmen ein verlängertes „Ja“ in die Hände. Ich kann diesem Ja zuhören, auf den Klang horchen und ganz dabei sein. Mit etwas Anlaufzeit kann ich bei jedem Ausatmen das Ja sprechen. Ich nehme also nun aufmerksam die Hände, den Atem und das Ja wahr.

5. Übung: Das Jesusgebet

Man sollte das Jesusgebet erst beginnen, wenn man das Ja ohne Probleme aufmerksam innerlich sprechen kann. Bei jedem Ausatmen „Jesus” innerlich sprechen und beim Einatmen „Christus”. Man kann am Anfang auch nur „Jesus“ beim Ausatmen sprechen und beim Einatmen in die Stille lauschen. Wichtig ist das innerliche Zuhören: Hellwach mit Interesse den Namen mit innerem Klang sprechen und wahrnehmen, ob er in den Händen ankommt.