Die Magie von Farben und deren Schönheit - Karl-Dietrich Bauer - E-Book

Die Magie von Farben und deren Schönheit E-Book

Karl-Dietrich Bauer

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Beschreibung

Was wäre eine Welt ohne Farben? Deprimierend. Tot. Der Autor nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise, auf der er Farben mit allen Sinnen entdeckt und genießt, eintaucht in flirrende Wunderwelten. Nicht nur eine sehr informative Lektüre, die hochinteressantes Wissen auf unterhaltsamste Weise vermittelt, sondern auch ein sprachlicher Hochgenuss, denn der Autor versteht es meisterhaft, die Magie der Farben in Worte zu fassen.

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Seitenzahl: 131

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Karl–Dietrich Bauer

Die Magie von Farben und deren Schönheit

Aus der Farbenwelt: Berichte, genussvolle Impressionen und die Wahrnehmung neuer sinnlicher Horizonte

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2022 by R. G. Fischer Verlag

Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

Alle Rechte vorbehalten

Schriftart: Palatino 11 pt

Herstellung: rgf/bf/2B

ISBN 978-3-8301-9458-3 EPUB

Sind wir uns der Bedeutung von Farben für unser persönliches Wohl wirklich bewusst?

INHALT

Vorwort

Die Gewinnung von Farben

Beglückendes aus dem Haus der Farben

Blumenwiese

Der Urwald

Der Ozean

Bekleidung und Mode

Bilderwelten

Farben zum Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen

Unsere Sternstunden

VORWORT

Werte Leserin, werter Leser!

Mögen auch Sie sich eine Welt ohne Farben lieber gar nicht erst vorstellen? Liegen Ihnen Farben am Herzen und sind sie Ihnen wichtig?

Wenn ja, dann nehmen Sie doch teil an einer sinnesfrohen Genussreise direkt hinein in die Zentren einer Bunten, farbigen Welt und den in ihr vorfindbaren Schönheiten.

Da Sie nichts mitnehmen müssen, könnte es, wenn Sie wollen, gleich losgehen!

DIE GEWINNUNG VON FARBEN

Die Polizisten mussten energisch werden. Sie drohten damit, die Personalien aufzunehmen und Anzeigen wegen Behinderung der polizeilichen Arbeit zu erstatten.

Die Wörterkombination aus Anzeige und Personalie hatte Sofortwirkung. Im Nu löste sich die Menschenmenge auf. Übrig blieb neben der Polizei nur noch eine Person. Es war eine fast völlig unbekleidete Frau, die als Soforthilfe eine Uniformjacke ausgehändigt bekam. Auf die Frage, was mit ihr geschehen sei, war Kurioses zu hören. Ein Mann habe ihr die Wäsche geraubt, aber an die Wäsche sei er ihr nicht gegangen. Der Saukerl sei ein Champion in seinem Fach gewesen, denn so schnell habe sie noch niemand ausgezogen. Das war beileibe nicht alles, was dem Zeitungsartikel zu entnehmen war. Man erfuhr zudem, dass die Dame als einziges Stoffutensil einen Slip anbehalten durfte. Einen weißen. Und genau um diesen delikaten Rest an Bekleidung, genauer um dessen Farbe, drehte sich das weitere Berichtsgeschehen. Mitgeteilt wurde, dass sich im Visier des Räubers ausschließlich die farbige Bekleidung befunden hat. Eine Reihe ganz ähnlicher Vorfälle habe es bereits zuvor gegeben. Immer sei dabei nur Farbiges oder Buntes entwendet worden. Zuletzt wurde dem Leser noch ausdrücklich der Rat mit auf den Weg gegeben, bei Aufenthalten in der Öffentlichkeit auf auffallend farbige Kleidungsstücke tunlichst zu verzichten. Diese Mitteilung ist aufschlussreich. Sie zeigt, dass sich die Krise, in der wir uns befinden, zuspitzt. Du liebes bisschen! Wie trübe, trist und matt die Welt geworden ist. Nein, nicht im ganz allgemeinen Sinn. Obwohl …! Aber lassen wir das mal für’s Erste. Konkret gesprochen mangelt es ganz entschieden an Farbigkeit und Buntheit. Es fehlt zunehmend der Glanz der Heiterkeit und des Frohsinns. Es ist ein Mangel da an Glamour, Glanz und Gloria. An erfrischendem Pepp. Meine Güte! Wie konnte es nur soweit kommen? Da ist uns doch ganz Substantielles abhanden gekommen. Nicht etwa nur das Sahnehäubchen auf dem Kaffee fehlt. Nein, die Tasse ist schlichtweg leer. Eine der Essenzen für die Ausbildung einer positiven, angenehmen Lebensgestimmtheit ist weggebrochen. Weitgehend!

Wie konnten wir das zulassen? Was haben wir dagegen unternommen? Welche Unterlassungssünde müssen wir uns vorwerfen? Was haben wir nur falsch gemacht? Darüber würde ich gerne genaueres wissen … Hm! Wer könnte da …? Ah, Moment, ich muss nicht lange …! Meine Erste-Hilfe-Helferin in solchen Angelegenheiten ist eine der Wächterinnen über unsere Wissensquellen. Es ist dies die so hoch geschätzte Bibliothekarin Frau Dr. Claudia Stock.

»Seien Sie gegrüßt, Frau Doktor. Oder viel besser: Hallo, liebe Claudia.«

»Ave, lieber Andreas. Der Minieinsprengsel von Latein gerade eben musste einfach sein. Die Gelegenheiten dazu, selbst für solche Minis sind mehr als rar.«

»Verstehe. Äh, compris! Würde auch gern öfter mal fremdgehen und ein petit französeln. Sonst trocknet vieles ein. Apropos austrocknen! Alle unsere Farbtöpfe sind ausgetrocknet bzw. leer.«

»Womit wir beim Thema wären, cher Andre. Es geht um unseren fatalen, weltumgreifenden Niedergang in Punkto farblicher Ausgestaltung, Kolorierung und damit Verschönerung unserer Umwelt. Ich habe mir viel Mühe gegeben und dazu viel recherchiert.«

»Glaub ich dir aufs Wort! Anders habe ich es nicht erwartet. Und deshalb habe ich dir eine kleine Aufmerksamkeit, ein Petitesschen sozusagen, mitgebracht. Unserem Thema angemessen. Hier, pack aus!«

»Hey! Hey! Sapperlot! Ein wunderschönes, buntes Zierdeckchen. Toll! Da musstest du aber tief, äh, nicht in die Tasche, sondern vermutlich in die Truhe greifen?«

»Die Alternative wäre ein farbiger Schal gewesen. Aber bei den derzeitigen Wild-West-Aktionen auf unseren Straßen …!«

»Verstehe! Lese ja auch die Zeitung. Jemand könnte ein gieriges Auge auf mich werfen, um mir dann die einen oder anderen Textilien zu rauben. Wenn ich nur daran denke, wie weit …! Ein Fremd-Striptease vielleicht. Möglicherweise käme es sogar dazu, dass ich einen Totalverlust hinzunehmen habe. Aber eine bessere Überleitung zu meinen Recherchen ist kaum denkbar. Also, ich würde sagen: medias res!«

»D’accord, Claudine!«

»Nun zu dieser vermaledeiten, weltweiten Malaise. Unsere Vorräte an Farben sind aufgebraucht. Neue kommen kaum hinzu. Und nun gleich zu den Gründen. Über die wolltest du ja genaueres erfahren. Musste, um mehr Klarheit zu bekommen, ein halbes Studium absolvieren. War wieder Studentin mit einer Unmenge an Artikeln, Analysen und Kommentaren um mich herum. Am schwersten war es, eine Auswahl zu treffen. Also! Das Debakel ist in mehreren Schritten vor sich gegangen. Zunächst einmal ist es den chemischen, den synthetischen Farben an den Kragen gegangen. Mit dem Versiegen der letzten Ölquellen musste notgedrungen deren Produktion eingestellt werden. Es gab zwar Versuche, das Öl durch andere Produkte zu ersetzen, aber die sind letztlich alle fehlgeschlagen. Klar! Da, wo kein Zucker, da auch keine der z. B. daraus gewonnenen vielfältigen Leckereien.

Dann hat man sich daran erinnert, dass in vorsintflutlichen Zeiten aus Pflanzen Farben gewonnen wurden. Und dabei kommen wir ins Spiel. Darf ich zu einem kleinen Höhenflug ansetzen und es so formulieren: Wir, das heißt genauer unsere Bibliotheken, sind die Bewahrer und Beschützer des Gesamtwissens der Welt. Und wir haben geliefert! Nämlich alle zur Verfügung stehenden Infos zum Anbau von Färberpflanzen und den Methoden, wie aus solchen Pflanzen Farben hergestellt werden können.

Der Theorie nach eigentlich gut lösbare Aufgaben. Der Praxis nach allerdings viel weniger. Für einen Teil der Farben fehlten die einst dafür gezüchteten Gewächse. Ausgestorben. Für andere gab es noch wild wachsende Arten. Diese hat man zuerst in Versuchsanlagen, später dann in größerem Maßstab angebaut. Jedoch nicht allzu lange. Der Gegenwind wurde zu groß. Wegen des stetigen Zuwachses an Bevölkerung. Mit ihm nahm der dringliche Schrei nach mehr Nahrung und nach einer Vergrößerung der ohnehin knappen Anbauflächen zu. So, das war das Ende auch für diesen Weg. Was nun?«

»Äh, ich glaub ich hab da was, verehrte Referentin. Des Königs purpurne Kleider. Diese Farbe, wurde die nicht aus irgendeinem Tier hergestellt?«

»Ja, stell dir vor, aus, na, wie sagt ihr Franzosen, na, escargots. Richtig? Merci für dein d’accord. Übrigens! Die ganze Materie ist superspannend. Nehmen wir mal zum Beispiel das Verfahren, das man angewandt hat, um die Purpurfarbe herzustellen. Diese edle Nobelfarbe. Was war das nur für ein Riesenaufwand und was für ein Mordsgetue. Letzteres im wahrsten Sinne.

Für ein Gramm Farbe mussten sage und schreibe etwa 10.000 Tiere abgemurkst werden. Zuerst hat man die Schalen entfernt. Dann wurde das Fleisch zerstampft. Die breiige Masse hat man eingedampft. Danach hat man die festen Teile herausgesiebt. Fertig? Ach was! In den verbliebenen Rest-Sud wurde ein Cocktail aus verschiedenen Salzen gegeben. Aber erst nach Tagen, voilà, dann das Wunder der einsetzenden zuerst Gelb- und dann Rotfärbung.«

»Oh, là là, Claudine. Quel spectacle. So viele Einzelschritte. Das geht ja fast bis ins Infinitum. Da fragt man sich, wie es den Menschen gelingen konnte, solch ein nicht gerade einfaches Verfahren zu entwickeln?«

»Schön, wie wir uns die Sprachbälle zuspielen. Aber zu deiner Frage! Ich glaube, dass dabei eine ganze Reihe von Zufällen die entscheidende Rolle gespielt haben. Schau! Unsere Vorfahren mussten doch letztlich das essen, was sie gerade mal so erwischen konnten. Schnecken waren eine leicht Beute. Man hat bemerkt, dass Gekochtes oder Gebratenes besser bekömmlich ist. Also rein damit in den Topf. Zum Beispiel zusammen mit etwas Wasser. Dann hat man zufällig mal den Topf länger als üblich über dem Feuer gelassen. Schon haben wir die notwendige breiige Masse, aus der dann die noch festen Leckerbissen herausgefischt wurden. Jetzt fehlt nur noch der letzte Schritt. Die Zugabe von Salzen. Hier könntest du doch als Chemiker in die Bresche springen und unser Gedankenspiel zu Ende bringen.«

»Ach, herrje! Bei Salzen brauch ich gar nicht erst groß in das Fachgebiet eintauchen. Dabei denke ich sofort und zuallererst an mein geliebtes Schwimmbad. In dessen salzhaltiges und gesundheitsförderndes Wasser ich so gerne eintauche. Gut, aber ich will nicht ausweichen und eigene Vermutungen anstellen. Gehen wir also davon aus, dass der Topf wieder einmal zu lange über dem Feuer hing. Der Sud ist dann völlig eingedickt. Um aber z. B. ein leckeres Süppchen zu erhalten, muss Wasser nachgegossen werden. Dieses Mal aber handelt es sich, natürlich zufällig, um mineralisiertes Wasser mit vielen Salzen. Dazu fällt mir noch etwas ein. Solche Mineralquellen sind eher selten. Wenn es also eine Schnecken-Vertilger-Gruppe gab, der nur eine Quelle zur Verfügung stand, dann ist es zumindest nicht so ganz unwahrscheinlich, dass diese nicht jedes Mal ihren Topf ausgewaschen hat. Wozu denn auch? Die salzigen Überreste darin konnte man gut für den nächsten Kochvorgang gebrauchen. Auf diese Weise hat sich durch Auskristallisation in dem Topf nach und nach eine dicke Kruste bilden können. Die Salzkonzentration hat sich also kontinuierlich erhöht. Auch ist zu bedenken, dass durch das Mitkochen von Pflanzen weitere Salzarten hinzukommen konnten. Die Bedingungen waren demnach höchst variabel. Abhängig von der Art des Mineralwassers, den Kochzutaten und dem Topfzustand. Jede neue Essenszubereitung bedeutete somit eine weitere Chance, das Farbwunder zu bewirken.«

»Ah ja! Verstehe! Es war demnach nur eine Frage der Zeit, bis …! Inzwischen ist mir dazu ebenfalls was eingefallen. Ein Spielball von dir ist in meinem Feld gelandet. Du sagtest, dass du gerne schwimmst. Mir macht es großen Spaß, in der Freizeit mit meinem Hund spazieren zu gehen. Dabei fällt mir auf, dass es bei ihm immer wieder einmal zu Eskapaden hinein ins Vegetarische kommt. Er frisst dann Gras. Ich hab mir sagen lassen, dass er damit seinen Bedarf an Salzen deckt.«

»Stimmt! In früheren Zeiten haben die Menschen sicherlich die Tiere genau beobachtet. Vor allem die Beutetiere. Nach dem Fressen bestimmter Gräser hatten diese das Bedürfnis, Wasser zu saufen. Nun mussten sie lediglich noch dank eigener Erfahrungen über den Zusammenhang zwischen Salzaufnahme und Durstentstehung Bescheid wissen, und schon gab es eine weitere Salzquelle. Also rein damit in den Topf, einhergehend mit der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, das Farbenwunder auszulösen.«

»Fabelhaft! Du könntest dein ›Merveilleux‹ hinzufügen. Ich das Wörtchen glorios. Mir machen solche Sprach-Hüpfaktionen Spaß. Aber zurück zu unserem Thema! Wie haben wir das gemacht? Das war doch eine gute Teamleistung von Andre und Claudine, nicht wahr?«

»Unbedingt! So oder ähnlich könnte es zugegangen sein bei der Entdeckung der königlichen Farbe Purpur. Urplötzlich war er da, der Zaubertrank. Man stelle sich vor, wie groß das Erstaunen, ja vielleicht sogar das Erschrecken oder Entsetzen war, als die Menschen zum ersten Mal das urplötzliche Entstehen der Farbe zu Gesicht bekamen. Na ja! Hätten wir vor, dieses Verfahren wieder einzuführen, so wäre ich strikt dagegen. Wie siehst du das, Claudine?«

»Genauso! Allein der armen Tiere wegen. Im Übrigen liegt der Grund für ein Nicht-infrage-Kommen dieses Verfahrens ganz woanders. Auch hier schlägt wieder das immer gleiche Grundproblem zu Buche. Es ist dies unser Ressourcenproblem. An allen Ecken und Enden. Nicht nur dass sie zur Neige gehen. In vielen Fällen sind sie bereits ganz verschwunden. Dazu passt hervorragend ein lateinisches Sprichwort. Du gestattest doch, dass ich wieder mal zum Zuge komme. Es lautet: Sic transit gloria mundi! Übersetzt heißt es folgendermaßen: So vergeht die Herrlichkeit der Welt. Auf uns bezogen könnte man sagen: Mit unserer Welt ist nicht mehr viel Staat zu machen. Statt wie einst Honigbrote und Zuckererbsen heute nur noch ein einzelnes altbackenes, vergammeltes Brötchen.

Nehmen wir nur einmal unsere Versorgung mit Eiweiß. Seit Jahren dürfen keine neuen Fischzuchtanlagen mehr errichtet werden. Solche finden sich inzwischen überall. Selbst in kleinen Binnengewässern. Du weißt um den erbitterten Streit darum, ob und wie viele davon wieder verschwinden müssen. Hunger und Unterversorgung auf der einen Seite gegen vielleicht irreparable Wasserverschmutzungen auf der anderen.«

»Ja! Spätestens jetzt ist mir klar, weshalb es momentan unmöglich ist, unseren Bedarf an Farben mit Hilfe eines großflächigen Anbaus von Pflanzen zu decken. Keine Chance!«

»Exakt so ist es! Wir brauchen mittlerweile jeden Quadratmeter Boden. Ha! Auf was für interessante Details ich in diesem Zusammenhang gestoßen bin. Eines ist so kurios, dass ich es dir nicht vorenthalten möchte. Vielleicht kann ich damit meinen so gut informierten Herrn Chemiker überraschen. Es gab Zeiten, da haben sich Menschen verzweifelt dagegen gewehrt, dass zum Teil schöne, große, parkähnliche Anlagen, die es in jedem Ort gab, zur landwirtschaftlichen Nutzung umgewandelt werden. Aus dem einfachen Grund, weil sie an diesen Orten ihre Toten in das Erdreich gelegt haben. Sie haben es so gemacht, weil es ein über eine lange Zeit hinweg ausgeübter Brauch war.«

»Jetzt hast du gerade eine Sprach-Spielchance verpasst, Claudia. Für das Wort Brauch lässt sich auch das Fremdwort Usus verwenden.«

»Aber ja, stimmt! Unser Spielchen. Wenn du willst, setzen wir es noch ein wenig fort. Aber halt! Um es ein wenig interessanter zu gestalten, könnten wir doch noch eine dritte Sprache dazu nehmen. Wie wäre es als mit einem Triumvirat? Ich habe allerdings nur noch ein ausgemergeltes Englisch in petto. Well, Andy!«

»Ich sage jetzt nicht dieses englisch-amerikanische Allerweltswort für einverstanden. Dafür gibt es das für mich schöner klingende französische Wort. Aber sag mal! Sollen wir nicht unser Spielchen mit ein wenig mehr Niveau versehen? Anstelle der oft gebrauchten und abgenutzten Wörter könnten wir doch auf seltenere Exemplare zurückgreifen. Dadurch ließe sich die Chance erhöhen, auch mal ein wenig dazuzulernen. Oder Sprichwörter aus anderen Kulturen wären mir hoch willkommen. Eines von der Sorte habe ich ja gerade eben kennengelernt. Nur weiter so!«

»Okay, … oh, jetzt ist es passiert! Entschuldige! Dieses kleine Wörtchen wolltest du ja wohl vermieden haben. Ja, mir fällt es auch auf. Es gibt zu viele Wörter, die wir ständig und zu oft gebrauchen. Bei unserem Sprachgebrauch fällt auf, dass wir unseren Wortschatz in immer eingeschränkterem Maße nutzen. Eine sprachliche Verarmung hat stattgefunden. Man kann es auch so formulieren: Auch auf diesem Felde hat es in Punkto Farbigkeit und Buntheit eindeutig negative Entwicklungen gegeben.

Aber schnell zurück zu unserem Thema. Es muss, wenn es um die Farbgewinnung geht, noch ein weiteres Tierchen hinzugefügt werden.«

»Dabei handelt es sich doch hoffentlich nicht um den schönen grünen Laubfrosch?«

»Nein, nein! Viel kleiner. Auf die Lösung würdest du vermutlich nicht kommen. Es war eine spezielle Art von Laus. Die sogenannte Koschenille Laus. Durch einfaches Zerquetschen erhielt man aus ihr die Farbe Karminrot, die im Laufe der Zeit das viel teurere Purpur als königliche Farbe abgelöst hat. Diese Karminlaus aber ist wie viele andere Insektenarten ausgestorben. Das Resümee lautet: Pflanzen und Tiere stehen nicht zur Verfügung. De facto! Das sind Tatsachen. Was jedoch noch fehlt, das ist, der Fachmann weiß es sicher, …!«

»Moment, ich überlege … Tiere, Pflanzen, na klar, das ›regne mineral‹. Das Reich der Mineralien. Man könnte auch die Welt des Anorganischen dazu sagen. Bei uns verwendet man letzteren Begriff und sagt anorganische und nicht mineralische Chemie.«

»Gut, das merke ich mir. Ich finde unser Spielchen nimmt Fahrt auf. Gerade gab es gleich zwei Verbuchungen auf meinem Lernkonto. Steigen wir also ein in dieses ›regne mineral‹. Gehen wir mal davon aus, dass du einen faustgroßen, blauen Stein vor dir hast. Deine Aufgabe ist es, aus ihm eine blaue Farbe herzustellen. Wie würdest du vorgehen?