Die Markus-Version - Péter Esterházy - E-Book

Die Markus-Version E-Book

Péter Esterházy

4,9

Beschreibung

Der Erzähler dieses Markus-Evangeliums à la Esterházy macht sich nichts aus Worten. Er lässt seine Familie – Vater, Mutter, Stiefbruder, zwei Großmütter – in dem Glauben, er sei taubstumm. Und doch ist er der Chronist ihrer Geschichte. Als Volksfeinde gebrandmarkt, leben sie nach der Aussiedlung zusammengepfercht in einem einzigen Raum, aber Nähe gibt es nicht in dieser Enge. Alle sind sie einsam, sogar Gott. Der kann noch nicht einmal beten, zu wem sollte er? Eine Familiengeschichte mit allem, was dazugehört, auf jeden Fall Mord und Totschlag. Geschieht dies alles, auf dass die Schrift erfüllet werde? Aber welche? Nach diesen hundert Seiten Esterházy-Evangelium ahnen wir: Gott kommt aus Ungarn.

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Seitenzahl: 134

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Über das Buch

Der Erzähler dieses Markus-Evangeliums à la Esterházy macht sich nichts aus Worten. Er lässt seine Familie – Vater, Mutter, Stiefbruder, zwei Großmütter – in dem Glauben, er sei taubstumm. Und doch ist er der Chronist ihrer Geschichte. Als Volksfeinde gebrandmarkt, leben sie nach der Aussiedlung zusammengepfercht in einem einzigen Raum, aber Nähe gibt es nicht in dieser Enge. Alle sind sie einsam, sogar Gott. Der kann noch nicht einmal beten, zu wem sollte er? Wie in jedem gescheiten Evangelium gibt es auch hier Verrat und Schuld, und irgendwo verstecken sich Liebe und Vergebung – und sei es im Trost durch die gewichtslose Süße eines Baisers. Auf gut hundert Seiten führt Esterházy den Gottesbeweis in einer gottverlassenen Welt.

Hanser Berlin E-Book

Péter Esterházy

Die Markus-Version

Einfache Geschichte Kommahundert Seiten

Aus dem Ungarischenvon Heike Flemming

Hanser Berlin

Die ungarische Originalausgabe erschien 2014unter dem Titel Egyszerű történet vessző száz oldal – a Márk-változat –bei Magvető, Budapest.

ISBN 978-3-446-25218-9

© Péter Esterházy

Alle Rechte der deutschen Ausgabe

© Hanser Berlin im Carl Hanser Verlag München 2016

Umschlag: Peter-Andreas Hassiepen, München

Motiv: Beutel und Raubtiere aus Bromme 1861 © akg-images

Satz im Verlag

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Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

1.

Das ist der Beginn. Beten konnte ich früher als sprechen. Doch insgeheim konnte ich beides. Ich würde nicht sagen, dass ich schon im Bauch meiner Mutter gebetet habe, und ebenso wenig, dass ich sofort, von dem Moment an, als ich blutglitschig zwischen ihren dünnen, bebenden Schenkeln hindurch hierher, auf die Welt, kam, gebetet hätte. Geschwollen ausgedrückt könnte ich sagen, dass dieses zwischen den Beinen einsetzende Brabbeln das schönste, das eigentliche Gebet wäre, doch besser sage ich es nicht. Als man uns infolge der sogenannten »Aussiedlung« aus Budapest in ein nordungarisches Dorf abschob, wurden wir bei einem der wohlhabendsten Großbauern im Dorf, bei einem Kulaken, zwangseinquartiert. Uns war die Einstufung »Volksfeind« zuteilgeworden, und damit hatten wir mühelos die in Frage kommenden Konkurrenten, Offiziere, Fabrikanten, allerlei unterdrückerische Bourgeois, überholt. Lange Zeit wäre ich gern ein Bourgeois gewesen, das ist ein so geheimnisvolles Wort. Mich störte ein wenig, dass ich es nicht verstand, meinen Bruder störte es nicht. Es ist schön, sagte er und wiederholte es zischelnd, schschsch Bourgeois. Der Schluss wie ein Seufzer. Wir wurden in ein wenn auch großes Zimmer gepfercht, mein Vater, meine Mutter, mein großer Bruder und ich. Es hatte die Form eines regelmäßigen Quadrats, aus irgendeinem Grund verblüffte das uns alle. Und erfüllte uns alle mit Unruhe. Als wäre es ein Zeichen oder ein Wink. Aus welchem Grund, zu welchem Zweck, keiner ging dem nach. Fünfzig mal fünfzig Schritte, mit meinen ersten, watschelnden Schritten. Leichtes Schwanken, Taumeln, als wäre ich betrunken. Dabei war in diesem Zimmer immer nur mein Vater betrunken.

2.

Es wurden vierzig weniger betrunkene Schritte, dann sogar dreißig. Ich zählte sie und dachte, also werden es auch zwanzig, zehn, einer. Auch null? Die Siebenmeilenstiefel; doch meistens war ich barfuß. Könnte ich jetzt dorthin gehen und stünde das Haus noch, bräuchte ich mit meinen schwerfälligen Schritten etwa neun. – Ein Fenster ist vorhanden, dennoch ist es, als gäbe es keines. Als wäre es geschlossen. Nur nachts habe ich das Gefühl, dass es sich einen Spaltbreit öffnet, von meinem Bett schräg nach oben. Doch dann sofort bis zu den Sternen. Über mir an der Wand hängt das Jesuskind. Es ähnelt mir. Pausbäckig, lächelnd, stark. Das Gesicht des Jesuskinds kommt mir vor, als wäre es in eine silberne Monstranz gefasst, als flögen aus dem glänzenden Köpfchen, das fast wie die Sonne aussieht, Strahlen durcheinander: Das wirkt wie Stärke. Nicht das über die Wiege sich beugende, müde triumphale Gesicht meiner Mutter, nicht das meines Vaters, der mich dem Zeugnis einer alten Fotografie zufolge von etwas weiter weg still gerührt betrachtet, noch nicht einmal die Brüste meiner Mutter, nun, die waren wirklich triumphal, nicht die sind meine ersten Erinnerungen, vielmehr dieses strahlende Jesuskind, das über mir hängend ständig da ist, mich betrachtet, lächelt.

3.

Die Großmutter lächelt selten. Aus ihrem Kopf kommen keine Strahlen. Im Gegenteil, es ist, als hätte sie das Licht verschluckt, ihre Falten, die haben es verschluckt. Sie kam und ging plötzlich. Auf einmal saß sie dort an meinem Bett und sprach von Gott. Als erzählte sie vom Nachbarn. Oder vom taubstummen Briefträger, Onkel Gerzson. Ihr Sohn war im Krieg gestorben, der jüngere Bruder meines Vaters. Die Russen hatten ihn erschossen. Die Deutschen. Die Partisanen. Er war verschwunden. Lange wollte sie das nicht glauben. Dass ihr Sohn früher gestorben war als sie, das Kind früher als seine Mutter, dass das überhaupt möglich ist. Sie war darauf gekommen, dass der Herrgott dann seinen Sohn getötet haben musste, anders konnte es nicht sein. Schließlich also glaubte sie es. Einen ganzen geschlagenen Tag lang jammerte und schluchzte sie. Keiner wagte etwas zu sagen. Es gab einen Moment, da meinte sie, wenn ihr Sohn tot war, nicht war, dann war auch Gott tot, war Gott nicht, dann jedoch ging dieser Moment vorüber. Als ihre Tränen versiegt waren, verließen sie auch die Kräfte, und sie schlief zwei Tage am Stück. Als sie aufwachte, war Gott taubstumm geworden. So erzählte sie es und malte mir mit ihrem knorrigen Daumen ein Kreuz auf die Stirn. Sie kann auf eine Weise von Gott erzählen, dass es unbegreiflich wird, dass er nicht sein soll. Noch dazu, dass er tot sein soll. So, dass dies keinen Sinn hat. Ich habe den Nachbarn und den Briefträger erwähnt, weil die immer sind, wir sie sehen. Die Geschichten der Großmutter von Gott – also sie enthielten diese Sicherheit, dass Gott auch dann ist, wenn niemand mehr ist. Obwohl das, dass niemand ist, schwer vorstellbar ist. Das »niemand« und das »alles« sind schwer vorstellbar.

4.

Niemand, alles, mein Bruder mag das Ernste. Den Ernst. Er hat Pläne. Er plant. Er denkt zum Beispiel ans Morgen. Ich meistens nur ans Jetzt. Auch das ist so viel! Er hat die Geheime Schatzkammer gegründet. Du bist noch klein, Hosenmatz, unreif, aber ich nehme dich auf. Ich habe zwei Stimmen, du eine. Doch ich nutze meine Situation nicht aus, versprochen. Die Schatzkammer ist auf dem Heuboden. Klauen ist leider nicht erlaubt, denn sonst hätte ich Kulakenonkel Ágoston schon längst das Haarnetz geklaut. Was für ein Stück! Es hat einen kleinen Riss und stinkt. Stinkt säuerlich. Es wäre ein großer Fang. Ich habe das bisher Schönste gebracht, einen Ballon, einen Luftballon. Einen roten, schlaffen Luftballon. Er sieht aus wie ein Gesicht oder eher wie eine Maske, mit einer großen Narbe. Von der Zigarette meines Vaters. Er hatte schon getrunken. Er lachte lauthals. Ich begann zu weinen, nicht ganz aufrichtig, aber auf irgendeine Weise musste ich zeigen, dass jetzt wir, die Kinder, recht hatten. Wir haben eine Kastanie, altes Geld, Pengő, ein Stück Metall vom Traktor, einen Fahrradsattel. Und eine Spinne, eine Kreuzspinne. Aber die ist dann vertrocknet. Anfangs war sie sogar tot wild und furchteinflößend. Erschreckend. Dann saugte die Zeit das Erschreckende aus ihr heraus. Oft kommt mir die Luft in den Sinn, die in dem Ballon war. Wäre ich Gott, sage ich zu meinem Bruder, würde ich in den Luftballon schlüpfen. Denn dann wäre ich und wäre nicht, ich würde gesehen und nicht gesehen. Und es flöge, was fliegen muss. Aber du bist nicht Gott, sondern dämlich, mit diesen Worten schubste er mich ins Heu. Dabei war ich damals schon stärker.

5.

Ich bin stärker, aber ich lasse ihn. Es ist gut, mit ihm zu kämpfen. Er umfasst meine Hüfte, als tanzten wir. Auch ich kann das denken, Dämlack. Nicht, dass ich Gott wäre. Das denkt keiner. Nur Luzifer. Doch der wurde auch aus dem Himmel geworfen. Verstoßen. Zu Recht. Aber ich habe schon gedacht, dass Gott mein Vorbild ist. Nicht in allem, zum Beispiel hätte er Großmutters anderen Sohn nicht töten müssen. Ich habe nicht gezählt, aber am meisten denke ich an Gott. Öfter als an meine Eltern, öfter als ans Spielen, öfter als an den roten, toten Luftballon. Ich spreche nicht einmal aus, dass Gott ist, so aufregend ist es. Diese Dinge habe ich von der Großmutter gelernt, doch das Gleiche sehe ich auf dem silbern strahlenden Bild über meinem Bett. Dass es etwas Sicheres gibt. Nicht Sicherheit, vielleicht habe ich das zuvor falsch gesagt, dieses »sicher« hat kein Ziel, keine Richtung, nicht ich bin es, der gut damit fährt, doch es ist gut zu wissen, gut, dass ich weiß, dass es so ist. Es ist sichtlich so. Diese beiden haben mich zum Beten gebracht: das Silberbild und die Großmutter. Zum Beten brauche ich keine Worte, deshalb kommt mir Großmutters taubstummer Gott gelegen. Ich verheimliche, dass ich sprechen kann, und zeige nicht, dass ich verstehe, was sie zu mir sagen. Doch sie sagen gar nichts. Sie brummen und hätten gern, dass ich mich produziere. Aber wozu? Das mache ich nicht. Meine Mutter macht sich Sorgen. Ich bedauere sie nicht. Kein Mucks, nicht raus, nicht rein, nichts, und dem Nichts gegenüber ist die Sorge so lächerlich.

6.

Früh am Morgen ist nichts, nur der frühe Morgen. Meine Eltern ziehen sich vorsichtig an, in tödlicher Stille wie Diebe, trotzdem werde ich immer wach. Sich im Dunkeln anziehen, wie lächerlich. Auch im Dunkeln kann man sie sehen, sie, die noch dunkler sind als das Dunkel. Es ist nicht gut, sie so zu sehen, ich will es nicht. Ich rieche das Zimmer, muss es auch, das Zimmer ist so. Die Gastgeber sind stolz auf den frischen Geruch des Weißens, für sie bedeutet er Reinheit und Höflichkeit. Weißen muss man alle zehn Jahre, so ist es üblich, sie haben dennoch unseretwegen neu geweißt. Extraweißung, sagte Onkel Ágoston. Was haben Sie bitte schön gesagt? Meine Mutter fand sich nur langsam in ihre neue Situation. Doch mein Vater sofort. Hast du nicht gehört, meine Liebe? Sie haben unseretwillen extrageweißt. Vielen Dank. Meine Mutter sieht ihren Mann wütend an, zischt leise: Jetzt hast du zum ersten Mal in deinem Leben »meine Liebe« gesagt. Mein Vater lächelt wie eine Schauspielerin, jetzt sind wir das erste Mal am Ende der Welt. Meine Liebe. Ich mag diesen Geruch nicht. Zimmergeruch, spezieller Zimmergeruch, extra. Warum muss ein Zimmer einen speziellen Geruch haben?

7.

Dieses hintere Zimmer geht auf den Hof, das Fenster ist in der gleichen Höhe wie der Brunnen, ein verreckter Brunnen, so heißt es. Eher so: der Brunnen ist verreckt, als nähme der Brunnen aktiv an seinem Tod teil. In der Straße ist alles ausgetrocknet. Das Wasser ist erschrocken, so knurrten die Bauern. Sie sagen es, als würden teils sie mit größtem Vergnügen, teils das Wasser so wie sie vor der LPG erschrecken. Wasser auf der Flucht, so sinnt mein Bruder nach. Rasierwasser, mein Vater hat welches. Es riecht besser als das Zimmer. Rasierwasser auf der Flucht. Auch Rasierwasser soll in der Schatzkammer sein. Wir haben einen Soldatenhelm gefunden, draußen am Sumpf, auch den haben wir auf den Boden gebracht. Mein Bruder zog ihn sich auf den Kopf und warf ihn, als wäre er entsetzt, sofort wieder ab. Ich sehe darin herzerstarrend aus, sagte er und lachte ernst. Warum muss man solche Wörter benutzen?! Weiter hinten, hin zum Garten, steht das Klo, es torkelt eher, lange durfte ich es nicht benutzen. Am Ende fällst du noch hinein. Wenn mein Vater aus dem grauen Zimmer in die graue Küche tritt, sagt Onkel Ágoston: Ein Gläschen, Herr Doktor? Jahrelang war das der erste Satz am Tag, den ich hörte. Das ist der Satz, den ich am häufigsten in meinem Leben gehört habe, ein Gläschen, Herr Doktor? Auch das wird wahrscheinlich bleiben. Wie viele Sätze gibt es wohl insgesamt auf der Welt?, das würde ich gern jemanden fragen. Gott eingeschlossen. Wie viele Sätze haben Sie geschaffen? Dabei schafft gar nicht Gott die Sätze, sondern der Mensch. Er könnte natürlich. Wenn er schon alles geschaffen hat. Ich höre das Gläschen, betrachte die Decke, die nicht besonders hoch ist. Oder mein Vater ist zu hochgewachsen. Zu groß, das Zimmer wirkt fast wie ein Spielzeugzimmer. Doch das Ganze hier ist kein Spiel. Wenn er durch die Tür hinausgeht, muss er sich stark bücken. Zu Beginn, im Anfang, wollte mein Vater eine Zeitlang kein Gläschen. Im Anfang war kein Wort vom Gläschen.

8.

Im Anfang boten sie auch meiner Mutter eines an, wenn sie in die Küche kam. Zunächst streicht sie sich über die Kleider, seufzt, ich höre es, laut, als träte sie auf die Bühne. Jetzt ist sie die Schauspielerin. Sie tritt auf die Bühne, in die Fremde, nicht ins Wirkliche. Hier ist nichts wirklich. Das stimmt nicht. Mein Bruder und ich sind wirklich, unsere Eltern weniger. Auch das Klo ist wirklich, und das Stinken. Auch das Gläschen. Auch das stinkt. Zu Beginn, im Anfang wies sie es eine Zeitlang lachend zurück. Aber Onkel Ágoston, wo denken Sie hin, vor Sonnenuntergang …? Mein Vater wird rot, als wäre er der Sonnenuntergang.

9.

Bei Sonnenuntergang ist unsere Straße am schönsten. Sie beginnt am betonierten Dorfplatz, ist auch selbst betoniert, allerdings kaum ein paar Meter (wie ein unvollendetes Luftholen), wird mit einem winzigen Plumpsen ein gewöhnlicher Feldweg, in den die Wagenräder parallel verlaufende Furchen gegraben haben. In der Mitte wuchs noch etwas Grün, Gras und Vogelmiere. Unkraut. Ein Weg ist entweder staubig oder schlammig. Beides ist gut. Es ist gut, barfuß, mit beiden Füßen in den seidigen Staub zu springen, vor allem, wenn er heiß ist und sozusagen neben den Sohlen explodiert, fein herumfliegt wie Puder und das schräge Abendlicht auf ihm zerfällt. Wie auf den Heiligenbildern. Großmutters Gebetbuch ist voller Heiligenbilder. Auf ihnen fällt das Licht genau so, es beginnt oben bei Gott und kommt auf den Heiligen herab – schräg. Was für ein Kitsch, sagt meine Mutter, als sei sie beleidigt worden. Unwichtig, sagt mein Vater mit beleidigter Leidenschaftslosigkeit. Auch der Schlamm ist gut, das Klatschen in den Schlamm. Der Schlamm ist schwer, der Staub leicht, das ist der Unterschied. Was ist schwerer, ein Kilo Schlamm oder ein Kilo Staub, fragt mein Bruder. Ein Kilo Schlamm, würde ich triumphal herausschleudern, doch ich kann nicht sprechen. Er würde sehr lachen. Auch der Schlamm ist schön, zum Beispiel wenn er zwischen den Zehen zurückquillt. Es gibt Sommerschlamm und Herbstschlamm. Der Herbstschlamm ist nicht mehr lustig. In den kann man nicht mit beiden Füßen hineinschmatzen. Herbstschlamm ist mehr was für die Tiere.

10.