Die Melodie eines Sommers - Verena Rabe - E-Book
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Die Melodie eines Sommers E-Book

Verena Rabe

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Beschreibung

Kann sie einen neuen Anfang wagen? Der bewegende Liebesroman »Die Melodie eines Sommers« von Bestsellerautorin Verena Rabe als eBook bei dotbooks. Die Erinnerung eines magischen Sommers … Die Kinder sind aus dem Haus, ihr Mann gönnt sich eine Yogaauszeit ohne sie – immer mehr hat Kristina das Gefühl, dass in ihrem Leben etwas fehlt: ein gewisser Zauber, der Mut, Neues zu wagen – und das berauschende Gefühl, über sich hinauszuwachsen. Kurzentschlossen packt sie ihre Koffer und reist nach Lissabon, jene malerische Stadt an der Atlantikküste, von der sie schon immer geträumt hat. Es fühlt sich an wie ein langersehntes Heimkommen – doch das ruhige Glück wird bald erschüttert, als plötzlich Luis vor ihr steht: ausgerechnet der Mann, den sie um jeden Preis vergessen wollte. Als sich ihre Blicke treffen, liegt darin eine ganze Welt, ein ganzes Leben. Noch immer steht ein Geheimnis zwischen ihnen – aber kann die Liebe vielleicht stärker sein als alles andere? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der berührende Sommerroman »Die Melodie eines Sommers« von Verena Rabe entführt an die sonnige Küste Portugals, wo der weite Horizont, das leuchtende Meer und der Glanz Lissabons miteinander verschmelzen. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 503

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Über dieses Buch:

Die Erinnerung eines magischen Sommers … Die Kinder sind aus dem Haus, ihr Mann gönnt sich eine Yogaauszeit ohne sie – immer mehr hat Kristina das Gefühl, dass in ihrem Leben etwas fehlt: ein gewisser Zauber, der Mut, Neues zu wagen – und das berauschende Gefühl, über sich hinauszuwachsen. Kurzentschlossen packt sie ihre Koffer und reist nach Lissabon, jene malerische Stadt an der Atlantikküste, von der sie schon immer geträumt hat. Es fühlt sich an wie ein langersehntes Heimkommen – doch das ruhige Glück wird bald erschüttert, als plötzlich Luis vor ihr steht: ausgerechnet der Mann, den sie um jeden Preis vergessen wollte. Als sich ihre Blicke treffen, liegt darin eine ganze Welt, ein ganzes Leben. Noch immer steht ein Geheimnis zwischen ihnen – aber kann die Liebe vielleicht stärker sein als alles andere?

Über die Autorin:

Verena Rabe, geboren und aufgewachsen in Hamburg, liebt es zu reisen. Besonders europäische Küsten haben es der Seglerin angetan. Für ihre Geschichten unternimmt sie lange Recherchereisen und lässt die Orte, die sie beschreibt, intensiv auf sich wirken. Sie hat Geschichte studiert und als Journalistin gearbeitet, bevor sie Schriftstellerin wurde. Bisher hat sie acht Romane veröffentlicht. Verena Rabe lebt mit ihrem Mann in Hamburg, hat zwei erwachsene Kinder und verbringt viel Zeit in Berlin, ihrer zweiten Heimat.

Bei dotbooks veröffentlichte Verena Rabe auch ihre Romane »Merles Suche«, »Und über uns das Blau des Himmels«, »Elisas Versprechen«, »Das Glück in weißen Nächten«, »Charlottes Rückkehr« und »Thereses Geheimnis«. Die letzten beiden Romane sind auch im Doppelband erhältlich.

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eBook-Originalausgabe Januar 2017, September 2021

Dieses Buch erschien bereits 2016 unter dem Titel »Das mit Luis« bei dotbooks

Copyright © der Originalausgabe 2016, 2021 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / Denis Production / TT Studio / Vector / Braslavets Denys und © 123RF / Marko Tomicic

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-95824-928-8

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Verena Rabe

Die Melodie eines Sommers

Roman

dotbooks.

IN DER FERNE

Geheimnisvolle Fremde, süße Geliebte

mit deinen unerhörten Formen,

vertrautes abschreckendes Meer,

unberechenbar,

schmiege dich an mich,

du Schöne.

Wiege mich in deinen Armen,

so wie die Frau,

die nur in der Sehnsucht lebt.

Fremde Länder, nehmt mich auf in euren Schoß.

Genuss, der den Körper vergehen lässt,

stürmisch und zart,

aber irgendwo im Kopf eine Leere

und im Bauch viel Platz.

Verena Rabe

Es ist, was es ist,

sagt die Liebe.

Erich Fried

Kapitel 1

Gestern Nacht war Luis wieder in ihren Träumen aufgetaucht. Zuerst hatte Kristina Dierks es gar nicht realisiert, nur dass sie sich am Morgen leichter und irgendwie glücklich fühlte, als sie aufwachte. Sie lächelte beim Aufstehen und freute sich an allem; dass die Sonne schien, der Kaffee so gut duftete, Feli schon auf den Beinen war und mit ihr frühstücken wollte. Selbst ihre Tochter, die zurzeit eigentlich nichts wahrnahm außer sich selbst, was kurz nach dem bestandenen Abitur absolut in Ordnung war, wie Kristina fand, hatte die Veränderung bemerkt.

»Mami, du siehst super aus«, sagte sie und lächelte sie über ihren Kaffee hinweg an. »Es scheint dir gut zu bekommen, dass Papi nicht da ist.« Natürlich meinte Feli das als Scherz, und Kristina lachte auch darüber. Aber als ihre Tochter weg war, um die letzten Dinge für ihre Reise nach Mexiko einzukaufen, bemerkte Kristina, dass wirklich etwas anders mit ihr war als sonst. Sie setzte sich auf den Balkon und genoss es, nicht irgendwohin zu müssen, sondern Ferien zu haben. Als die Sonne ihre Haut liebkoste, erinnerte sie sich daran, wie es sich in ihrem Traum angefühlt hatte. Irgendwie anders, als wenn sie davon träumte, mit Peter zu schlafen. Besser, leidenschaftlicher. Eben so, wie es mit Luis gewesen war. Kristina wusste nicht, was sie mit diesem Gefühl anfangen sollte. Ihr kam es so vor, als ob Luis sich wieder in ihre Träume geschmuggelt hätte, weil Peter für einige Wochen nach Indien gefahren war und sie hiergelassen hatte. Darin war Luis schon immer großartig gewesen. Dann aufzutauchen, wenn man gar nicht mehr mit ihm rechnete.

Aber sie durfte nicht an Luis denken. Das hatte sie sich doch verboten. Es führte zu nichts als zu Aufregung, Verwirrung und Schmerz. Die Dinge waren doch klar. Er lebte seit einigen Jahren mit Evelyn zusammen, und sie war schon seit über 20 Jahren mit Peter verheiratet. Luis und sie hatten ihre Chancen gehabt und alle in den Sand gesetzt oder ihre Versuche gegen die Wand gefahren. Da war es richtig gewesen, einen Schlussstrich zu ziehen.

Aber den ganzen Tag, während sie Felis Wäsche wusch und bügelte, die Abschiedsparty für ihre Freundinnen vorbereitete, spürte sie noch Luis’ Hände auf ihrem Körper, als ob sie wirklich mit ihm geschlafen hätte und es nicht nur im Traum passiert wäre. Aber sie wusste ja, woran das lag. Sie war sauer auf Peter, weil er sich einfach für ein paar Wochen aus dem Staub gemacht hatte, anstatt mit ihr zusammen die wiedergewonnene Freiheit zu genießen. Sie hatte immer gedacht, dass sie diejenige sein würde, die sich eine Auszeit gönnte, wenn der Stress mit den Kindern vorbei war.

Am nächsten Tag stand sie mit ihrer 18-jährigen Tochter auf dem Hamburger Flughafen in der langen Schlange vor dem Eincheckschalter der KLM nach Amsterdam und betete insgeheim, dass der riesige Rucksack, den Feli gestern allein gepackt hatte, nicht so übergewichtig war, wie er aussah. Wenn Peter da gewesen wäre, hätte sich Feli sicher nicht dagegen gewehrt, den Rucksack zu Hause auf die Waage zu stellen, dachte Kristina. Auf sie hatte ihre Tochter nicht gehört.

»Ihr Ticket, Ihren Pass, bitte«, sagte die freundliche, akkurat geschminkte Mitarbeiterin von KLM zu Feli. Die kramte in ihrer Umhängetasche nach beidem und schien von der Tatsache überrascht zu sein, dass sie ihr Ticket vorlegen musste.

Halt dich zurück, dachte Kristina, nicht einmischen, halt den Mund, diese Situation muss sie allein bewältigen. Aber ihre Hand zuckte, und sie musste sich beherrschen, um ihrer Tochter nicht die rot-weiße Umhängetasche aus Lkw-Planen abzunehmen und nach den Dokumenten zu suchen. Sie verschränkte ihre Arme und lächelte die KLM-Mitarbeiterin an, zuckte mit den Schultern und hoffte, dass sie auch Kinder hatte, die schon so alt waren, dass sie allein ans andere Ende der Welt fliegen konnten, aber noch zu jung, um dabei den Überblick zu behalten. Mexiko, ausgerechnet, warum hatte sich ihre Tochter nur ein so weit entferntes Ziel aussuchen müssen? Kristina hatte versucht, ihr das auszureden, aber leider ohne Erfolg. Warum war ausgerechnet ihre Tochter der Meinung, nach nur sechs Wochen Ausbildung als Hilfslehrerin in der Lage zu sein, in einer Schule in der mexikanischen Provinz zu arbeiten? Felis Spanisch war noch nicht einmal sehr gut. Aber immer wenn Kristina ihre Bedenken angemeldet hatte, war sie irgendwie uncool rübergekommen. Das sahen zumindest Feli und ihre Freundinnen so. Und leider auch Peter, der es unglaublich sozial fand, dass viele junge Erwachsene heute nach dem Abitur für einige Monate ins bevorzugt ärmere Ausland gingen, um dort Menschen zu helfen, die es schlechter hatten als sie selbst.

Ihr Mann war von dem sozialen Engagement seiner Tochter begeistert gewesen. Das verstand Kristina sogar. Es passte in sein Weltbild. Nicht umsonst war er stellvertretender Schulleiter und Lehrer für Deutsch und Geschichte an der Wilhelm-Raabe-Schule in Lüneburg, die sich auch für UNESCO-Projekte starkmachte. Kristinas Bedenken hatte er einfach vom Tisch gefegt. Er könne das besser beurteilen als sie, hatte er tatsächlich gesagt. Aber war sie nicht diejenige mit einer Erzieherinnenausbildung und einem Theaterpädagogikstudium, und unterrichtete er als stellvertretender Schulleiter nicht seit Langem nur noch selten? Feli und er hatten ihren Einwand, dass eine Erzieherausbildung in Deutschland viele Jahre dauert und es doch eigenartig ist, dass die jungen Erwachsenen, die sich in Mexiko sozial engagieren wollen, nur eine sechswöchige Ausbildung erhalten, einfach vom Tisch gefegt.

»Feli hat es bisher so gut gehabt. Da kann sie doch den Kindern, die es nicht so gut haben in einem Entwicklungsland wie Mexiko, etwas zurückgeben«, hatte Peter gesagt.

Kristina wollte ihn darauf hinweisen, dass Mexiko schon längst zu den Schwellenländern gehörte, aber er hatte ihren Einwand ignoriert.

»Dort ist die Kriminalitätsrate extrem hoch, wie kannst du nur darauf vertrauen, dass ihr nichts zustößt?«, fragte sie Peter.

Doch er winkte ab. »In Juarez im Norden schon. Aber ich habe mich erkundigt, in der Provinz Oaxaca ist lange nichts passiert. Jens hat es mir erzählt«, sagte er.

Kristina wusste, dass das für Peter mehr Gewicht hatte als die Nachrichten in der Tagesschau. Jens war sein neuer Freund, der mit ihm zweimal in der Woche zum Yoga ging. Er war Pastor und kannte sich mit der Welt aus.

»Feli fährt doch mit dieser kirchlichen Organisation, die Jens uns empfohlen hat. Da passiert ihr nichts. Ich vertraue ihm. Er hat alles im Blick«, sagte Peter.

»Na, dann ist es ja gut«, hatte Kristina mit ironischem Unterton gesagt, aber der war ihrem Ehemann entgangen.

»21,0 Kilo, Mami«, sagte Feli erleichtert. »Glück gehabt.«

Mittlerweile hatte sie ihr Ticket gefunden und auch ihren Pass. Es war alles erledigt, und plötzlich sah ihre Tochter richtig erwachsen aus. Sie war etwas kleiner als sie selbst, 1,68 m, und hatte rotblonde glatte Haare und nicht ihre strohigen hellblonden. Kristina hatte ihre Haarfarbe immer etwas langweilig gefunden, aber seitdem sich weiße Haare unter die hellblonden schummelten, man sie aber gar nicht als solche wahrnahm, war sie ziemlich stolz darauf.

»Dann werde ich jetzt mal gehen«, sagte ihre Tochter, als sie die Sicherheitskontrolle erreichten.

»Flieg nicht«, hätte Kristina gerne gerufen, sie an sich gerissen und sie hinter sich her zum Ausgang geschleift. Dann hätte sie Feli gezwungen, sich an der Hamburger oder Lüneburger Universität für irgendetwas zu bewerben. Die Frist war noch nicht abgelaufen. Sie hätte Feli vielleicht sogar damit bestochen, ihr den Führerschein zu finanzieren oder ihr das erste Mal in ihrem Leben Designerklamotten zu kaufen, was sie bisher strikt abgelehnt hatte, nicht nur, weil dafür sowieso kein Geld da gewesen war. Sie nahm ihre Tochter in die Arme, vergrub ihr Gesicht für einen kurzen Moment in ihren Haaren und hielt die Tränen zurück, denn Feli hatte ihr verboten zu weinen.

»Also, schick mir eine SMS, wenn du angekommen bist«, sagte Kristina mit möglichst ruhiger Stimme. Sie wollte ihre Tochter nicht mit einer unnötig dramatischen Abschiedsszene verunsichern. Das hatten ihre Freundinnen gestern Abend schon besorgt, die so taten, als ob sie Feli nie wiedersehen würden, obwohl sie doch auch in den kommenden Monaten immer über Skype, Facebook und was wusste sie schon, miteinander verbunden sein würden.

Feli drehte sich noch einmal nach ihr um, bevor sie ihre Tasche auf das Band legte. Wie sie so dastand, ängstlich und entschlossen zugleich, war Kristina plötzlich unendlich stolz auf ihre Tochter, auch wenn sie nicht glaubte, dass es ein großer Gewinn für die mexikanischen Kinder sein würde, dass ausgerechnet ihre Tochter ihnen helfen wollte. Nichts gegen Feli, sie liebte sie sehr, aber sie wusste auch, dass es ihr gar nicht ums Helfen ging, sondern nur darum, weit wegzufahren und nach den Monaten des Praktikums mit ihren Freunden an irgendeinem Strand abzuhängen.

Was war eigentlich in ihre Familie gefahren? Feli verabschiedete sich nach Mexiko, und Peter war schon seit zwei Wochen in Indien in einem Yoga-Ashram. Dass Tom wie immer für irgendwelche Examen lernte, die er in seinem Jurastudium in München machen musste, war das einzig Normale.

Kristina hätte niemals vermutet, dass ausgerechnet ihr Mann den Mittelteil von Eat Pray Love nachspielen würde. Sicher hatte ihn auch Feli auf diese Idee gebracht. Peter ging, seit er im vorigen Jahr 50 geworden war, zweimal in der Woche zum Yoga und ließ diesen Kurs nur selten ausfallen. Zuerst hatte Kristina gedacht, dass eine andere Frau seinen neu entflammten sportlichen Ehrgeiz beflügelt hatte. Aber als sie Peter einmal spontan abgeholt hatte und dabei sah, dass nur magere, wenig freudvoll wirkende, aber dafür umso vergeistigtere Frauen mit ihm den Kurs besuchten, war sie beruhigt. Viele seiner Kolleginnen waren genauso, und das mochte er nicht besonders gerne. Und einen Vorteil hatte Yoga. Peters Körper fühlte sich für einen Mann seines Alters angenehm fest und geschmeidig an.

»Ich brauche eine Auszeit«, hatte Peter vor einigen Monaten unvermittelt gesagt. »Und jetzt ist doch der beste Zeitpunkt. Feli geht weg, Tom lebt sowieso sein eigenes Leben. Du kannst mich sicher für ein paar Wochen entbehren. Mach doch auch einmal, was du willst. Vielleicht besuchst du Brigitte und Tom in München oder fährst ans Meer. Das wolltest du doch immer mal spontan tun.«

Kristina schmollte zwei Wochen, während Peter ihr genauso lange bei jeder Gelegenheit beteuerte, dass er nur einfach seine Mitte finden wollte und es nichts mit einer anderen Frau zu tun hatte. Eigentlich fand Kristina es ja gut, dass er sensibler war als viele andere Männer, aber erst als er sagte, dass er sonst vielleicht krank werden würde, wenn er es nicht täte, gab sie nach und hörte auf, beleidigt darüber zu sein, dass er so lange ohne sie wegfahren wollte.

Sie war doch eine unabhängige Frau und schon so lange verheiratet. Sie würde es mit links schaffen, mal ein paar Wochen allein zu verbringen. Sie würde sich schon zu beschäftigen wissen und es genießen. Es gab ja so viel zu tun.

Kristina fuhr über die Autobahn nach Lüneburg zurück. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung in der Ilmenaustraße kam sie an der Turnhalle vorbei, in der sie vor Jahren mit ihren noch kleinen Kindern das Kinderturnen durchlitten hatte. Feli war immer von allen Geräten heruntergefallen und hatte geweint. Tom hatte lieber mit seinem braunen Stoffhasen im Arm auf einer Bank gesessen und geträumt. Wenn Kristina jetzt die späten jungen Mütter beobachtete, die selbst hier in Lüneburg ihre Babys zum PEKiP-Kurs, Kinderyoga oder Englisch schleppten, war sie froh, ihre Kinder in einer anderen Zeit großgezogen zu haben. Sie waren nur Mitglied in einer Krabbelgruppe gewesen und eben beim Kinderturnen. Und sie hatte sich mit dem Wiedereinstieg ins Berufsleben Zeit gelassen wie die meisten ihrer Freundinnen. Jetzt war das ja fast nicht mehr möglich.

Sie hatte sich mit Peter ihre eigene Welt geschaffen und war darin glücklich gewesen. Durchaus traditionell in der Aufgabenverteilung, aber dennoch bunt und abwechslungsreich. Meistens hatte sie sich auch geglaubt, wenn sie das erzählt hatte.

Peter war ihr an der Uni in Berlin-Dahlem lange nicht aufgefallen, obwohl er sie schon oft in der Mensa gesehen hatte, wie er ihr hinterher sagte. Erst als er in sie hineinlief und Kaffee über ihr weißes Batikhemd schüttete, weil er nicht von seinem Buch aufsah, nahm sie ihn wahr. Peter begleitete sie nach Hause und wartete auf das ruinierte Hemd, weil er es sofort in die Reinigung bringen wollte. Nach zwei Jahren mit Luis hatte Kristina fast vergessen, dass es Männer gab, die ritterlich waren, und genoss es. Zwei Tage später war er mit dem gereinigten Hemd im Alibaba in der Bleibtreustraße aufgetaucht. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden, stundenlang geredet und sich von dem Tag an immer wieder verabredet. Kristina hatte sich nicht mit einem lauten Knall in Peter verliebt wie zuvor in Luis, aber ihre Beziehung war viel entspannter und unkomplizierter gewesen, und langsam hatte sich mehr daraus entwickelt. Sie begannen, nicht nur die Abende, sondern auch die Nächte miteinander zu verbringen. Kristina fühlte sich bei Peter angekommen, von ihm gewollt, er war von Anfang an ihr Zuhause, nach dem sie so lange gesucht hatte.

Ihre Eltern hatten kurz nach Kristinas Abitur in Hamburg-Ottensen alle Zelte in Hamburg abgebrochen und waren mit ihrem Segelboot auf Weltreise gegangen. Auch wenn sie das schon seit Jahren geplant hatten, traf es Kristina sehr, als sie ihren gut gehenden Buchladen wirklich verkauften, den sie eigentlich eines Tages hatte übernehmen wollen. Kristinas Kindheit und Jugend war bis dahin ziemlich reibungslos verlaufen, und plötzlich stand sie allein da, winkte ihren Eltern hinterher, die ihr nur halbherzig angeboten hatten mitzukommen, und fand sich allein mit allen Pflichten und Sorgen in einer kleinen Wohnung wieder. Sie kämpfte sich durch ihre Ausbildung zur Erzieherin, wurde strukturierter und weniger träumerisch und war sehr stolz darauf, es allein zu schaffen. Als ihre Eltern aber nicht wie geplant nach drei Jahren zurückkehrten, sondern ihr ein Ticket nach Neuseeland spendierten, um ihr dort zu eröffnen, dass sie für immer dort bleiben wollten, war sie am Boden zerstört gewesen. Sie war nach Hamburg zurückgekehrt, hatte ihre Ausbildung widerwillig beendet und dann spontan beschlossen, nach Berlin zu gehen und Sozialpädagogik zu studieren.

Seit ihre Eltern weg waren, sehnte sie sich nach einer Familie. So war sie nicht traurig gewesen, dass sie nach noch nicht mal einem Jahr Beziehung mit Peter schwanger geworden war. Sie zogen nach Lüneburg, wo er als Referendar an der Wilhelm-Raabe-Schule anfangen konnte, an der er auch selbst Abitur gemacht hatte. Sie heirateten in der wunderschönen St. Johanniskirche in der Altstadt. Als sie in ihrem elfenbeinfarbenen Brautkleid an Peters Arm zum Altar schritt und die Sonne durch die schönsten bunten Glasfenster fiel, die sie jemals gesehen hatte, ihr Vater ihr stolz zunickte und ihre Mutter ins Taschentuch schniefte, während ihre Schwiegereltern daneben ihr zuversichtlich und stolz zulächelten, fühlte sie sich endlich angekommen.

Die ersten Jahre als Mutter genoss Kristina in vollen Zügen. Sie liebte es, mit ihren Kindern an die Ilmenau zu gehen, Enten zu füttern und nicht darüber nachzudenken, was für eine Aufgabe sie hatte, weil die sich Tag für Tag aus der Routine mit den Kindern von Neuem ergab. Aber als die Kinder in die Schule kamen, wollte sie auch wieder etwas für sich machen. Peter brachte sie auf die Idee, Theaterpädagogik zu studieren. Kristina konnte endlich wieder Seminare besuchen und war sehr stolz, als sie schließlich das Diplom in den Händen hielt. Peter setzte durch, dass an seiner Schule eine Theaterlehrerin eingestellt wurde, und so kam sie zu ihrer Aufgabe.

Kristina hatte in den vergangenen Jahren mit meist pickeligen und extrem hormongesteuerten Jugendlichen viele Theaterstücke einstudiert, während ihre Kinder selbst zu hormongesteuerten pubertätsgebeutelten Menschen wurden und die Pubertät glücklicherweise auch irgendwann wieder hinter sich ließen. Im gerade beendeten Schuljahr hatte sie sich an Romeo und Julia versucht und war dabei an ihre Grenzen gestoßen. Es war fast unmöglich gewesen, den Schülern klarzumachen, dass dieses Stück nicht einfach doof und altmodisch war.

»Du drehst dich dreimal in der Küche herum, und dann sind deine Kinder erwachsen«, hatte eine alte Freundin von ihr gesagt, als Tom und Feli vier und zwei gewesen waren. Damals hatte Kristina das nicht glauben wollen, aber als sie jetzt ihre Wohnung aufschloss, empfand sie es genauso.

Sie hatte ihre Küche aus hellem Fichtenholz vor 18 Jahren ausgesucht, als sie diese Wohnung mit Unterstützung ihrer Schwiegereltern kauften. Die hatten zwar nicht verstanden, warum sie nicht auch in das idyllische Bardowick vor den Toren Lüneburgs zogen, aber dann doch akzeptiert, dass Kristina sich als ehemalige Großstädterin auf dem Land – in einem Haus direkt hinter einem Feld wie ihrem im Klappersteg – nicht wohlfühlen würde.

Damals war die Küche mit den Schränken aus hellem Fichtenholz und der weißen Arbeitsplatte sehr modern gewesen. Der Kühlschrank hatte ein integriertes Gemüsefach, was alles eine Woche frisch hielt. Jetzt war dieses System hoffnungslos veraltet. Das sagte zumindest ihre Freundin Betty, aber das störte Kristina nicht, weil die als Geschäftsführerin eines kleinen Hotels und Restaurants am Stintmarkt natürlich andere Ansprüche haben musste als sie.

Kristina räumte das Zimmer ihrer Tochter auf, zog ihr Bett ab, sortierte die Kleider, die auf dem Boden liegen geblieben waren, entsorgte die vertrockneten Pflanzen und die leeren Wasserflaschen, die unter dem Bett lagen. Wischte Staub, was ihre Tochter wohl während der ganzen Abiturzeit vergessen hatte, wusch Wäsche, bearbeitete die Fugen der Fliesen im Flur und in der Küche mit Salpeterreiniger, bis sie wieder hell waren, goss die Blumen und zupfte das Unkraut aus ihren Blumenkästen auf dem Balkon, aber auch diese Arbeiten waren dann irgendwann erledigt.

Sie ging in Toms ehemaliges Zimmer, das sie sich nach seinem Auszug als Arbeitszimmer eingerichtet hatte, und setzte sich an ihren Schreibtisch, auf dem schon wieder Chaos herrschte. Eigentlich hatte sie jetzt auch noch vor, ihre Ablage zu sortieren. In den vergangenen Wochen war für so etwas einfach keine Zeit gewesen. Sie hasste es, ihren Schreibtisch aufzuräumen, sie war einfach nicht der Typ dazu. Und mit der Häufchenbildung auf der Arbeitsplatte, die sie schon seit Jahrzehnten praktizierte, war sie immer gut klargekommen.

Auch Peter tendierte zu einer gewissen Unordnung in seinem Arbeitszimmer, die allerdings auch den Fußboden als Lager für Bücherstapel oder auch mal noch nicht korrigierte Arbeiten mit einbezog. In seinem Arbeitszimmer im Gymnasium achtete er jedoch penibel auf Ordnung, oder vielleicht tat das auch die Sekretärin, die er sich mit dem Schulleiter teilte.

Kristina hatte von Anfang an mit Erfolg klargemacht, dass sie nicht dafür zuständig war, das Arbeitszimmer ihres Mannes aufzuräumen, und er hätte das auch nicht gewollt. So musste sie nur in Kauf nehmen, dass die Staubschicht auf den Bücherregalen und dem Schreibtisch erst sehr deutlich sichtbar werden musste, bevor sie abgewischt wurde.

Vielleicht sollte ich die Gunst der Stunde nutzen und bei Peter Staub wischen, dachte Kristina lahm. Aber nach der ganzen Putzerei fühlte sie sich nun doch zu schlaff dazu. Und sie wusste, dass Peter es überhaupt nicht mögen würde, wenn sie sein Arbeitszimmer aufräumte.

»Hast du irgendetwas zu verbergen?«, hatte sie scherzhaft gefragt, als er ihr das letzte Mal erklärt hatte, dass er selbst Staub wischen würde, wenn er Zeit dafür fände, und sie sich nicht darum kümmern müsste. Da hatte er nur gelacht und sie in die Arme genommen.

Kristina öffnete die unterste Schublade ihres antiken Kontorschreibtischs, der im Hinterzimmer des Buchladens ihrer Eltern gestanden hatte. Sie zog eine dunkelgrüne Ledermappe heraus, in der früher die Post gesammelt wurde, und öffnete sie. Vor ihr lag ein Haufen bunter Postkarten. Auf jeder von ihnen war das Meer abgebildet, allerdings nicht immer das gleiche. Kristina besaß Karten von Pazifikstränden, Städten am Atlantik, Karibikstränden und auch welche aus nördlicheren Gefilden. Luis hatte sie von überall her nach Lüneburg geschickt. Kristina suchte im Stapel nach der aus Mexiko. Sie war die erste gewesen und vom vielen Betrachten schon ganz abgegriffen.

»Sonnige und heiße Geburtstagsgrüße vom wärmsten Strand der Welt. Luis«, hatte Luis hinten draufgeschrieben.

Sie erinnerte sich noch daran, wie sie die Karte aus dem Briefkasten gefischt hatte. Feli lag in ihrer Karre und wollte raus, Tom tobte durch den Flur, an Kristinas Beinen lehnten zwei schwere Einkaufstüten, und sie wartete nur darauf, dass sich Frau Harzer aus dem Erdgeschoss über den Lärm beschwerte. Sie wusste noch genau, wie ihr Herzschlag einen Moment ausgesetzt hatte, als sie Luis’ Schrift erkannte. Und dann begann ihr Herz, schneller zu schlagen, als ob die vergangenen Jahre überhaupt nicht existiert hätten. Als ob sie sich nicht von Luis getrennt hätte, weil er zu wenig von ihr wollte. Sie hatte gehofft, dass er sie bitten würde, zu ihm zurückzukehren. Doch das hatte er nicht getan, und so hatte sie die schwierigste Entscheidung ihres Lebens allein treffen müssen. Sie hatte nicht geglaubt, dass sie jemals darüber hinwegkommen würde, aber als sie Peter traf und sofort klar war, dass auch er Kinder wollte, und Tom sich nach kurzer Zeit ankündigte, vergaß sie Luis langsam.

Kristina hatte nicht gewusst, ob sie sich freuen oder sauer darüber sein sollte, dass Luis ihr wieder schrieb, nachdem er vor so langer Zeit aus ihrem Leben verschwunden war. Er ist wie immer entspannt und frei, dachte sie, als sie die Einkaufstüten in die Wohnung schleppte und dann lange brauchte, um Feli – die schon viel zu schwer war, um getragen zu werden – dazu zu bewegen, die Treppe selbst hinaufzugehen. Aber eine Stunde später saß Kristina auf ihrem Balkon mit Blick auf die Ilmenau, und die Kinder hielten ruhig ihren Mittagsschlaf. Und sie wusste, dass sie damals alles richtig gemacht hatte.

***

Jetzt, wo er am Strand von Nazaré war und den heranrollenden Wellen zusah, die sich kurz vor dem Strand brachen und weißliche Gischt emporschleuderten, um dann sanft auf dem Sand auszulaufen – was dieses wunderbare, sirrende Geräusch verursachte –, konnte sich Luis Schröder überhaupt nicht mehr vorstellen, jemals woanders gelebt zu haben als hier.

Er hatte in seinem Leben schon an so vielen Orten seine Zelte aufgeschlagen, an wunderschönen und hässlichen, aber er hatte sich nirgendwo so zu Hause gefühlt wie in diesem kleinen Ort Nazaré an der portugiesischen Atlantikküste. Nur ungefähr 150 000 Einwohner lebten in dem Landkreis. In den Sommermonaten, wenn die Touristen einfielen, waren es natürlich deutlich mehr, aber der Strand war so breit und lang gestreckt, dass man sich selbst in der Hochsaison nicht auf die Pelle rückte. Jetzt waren die kleinen, weißen Stoffzelte, die hinter ihm in Reihen aufgebaut waren, verlassen.

Gerade hatte Luis’ Schicht im Krankenhaus Hospital da Confraria de Nona Senhora da Nazaré aufgehört. Was für ein Wahnsinnsname für dieses kleine Kreiskrankenhaus – Hospital der Bruderschaft unserer Frau von Nazaré hieß das auf Deutsch –, aber es war schon Wochen her, dass Luis alles ins Deutsche übersetzte oder deutsch dachte. Jetzt träumte er auf Portugiesisch, dachte in Portugiesisch, nur manchmal fielen ihm die portugiesischen medizinischen Fachausdrücke nicht ein, aber das war kein Problem, denn das meiste Fachvokabular war sowieso international.

Luis sah auf die Wellen hinaus. Heute war der Wind genau richtig für ihn. Nicht zu stark und nicht zu flau. Und die Wellen waren so hoch, dass er sie gerade noch unter sich würde bannen können. Es erstaunte ihn immer noch manchmal, dass er nach dem Segelunfall im vorigen Jahr auf der Elbe vor Hamburg, bei dem er um Haaresbreite ertrunken wäre, keine Angst vor Wasser hatte. Manchmal hatte er zwar noch Albträume, in denen er plötzlich unter Wasser gezogen wurde und langsam ertrank, aber die hatte er auch schon vor dem Unfall gehabt und war daran gewöhnt.

Ihm ging es sehr gut in Nazaré. Endlich fahre ich nach Hause, hatte er in Hamburg gedacht, als er sich kurz nach seinem Segelunfall dazu entschieden hatte, seinen Job im Barmbeker Krankenhaus aufzugeben und eine Stelle als Arzt in dem kleinen Krankenhaus hier vor Ort anzunehmen. Es bedeutete einen Neuanfang, auch wenn er ein Päckchen aus seinem alten Leben selbst hierher mitgenommen hatte. Seine Sehnsucht nach Kristina, seine unglückliche Liebe zu Kristina.

Als er beim Anlassen des Außenborders von Bord des geliehenen Folkebootes gekippt war, das Boot auf der Elbe einfach weiterfuhr und er wusste, dass er es nicht mehr erreichen würde, hatte er zuerst an gar nichts gedacht. Er war ganz automatisch geschwommen, obwohl er wusste, dass er gegen die Strömung, die gerade an dieser Stelle der Elbe sehr stark war, auf die Dauer nicht ankommen könnte und sie ihn nicht an Land bringen, sondern immer weiter rausziehen würde. Niemand war unterwegs. Am Horizont sah er Boote, aber die Besatzungen an Bord hatten anscheinend nicht bemerkt, dass in dem Folkeboot, das immer noch in Richtung Brunsbüttel fuhr, niemand mehr saß.

Ich hätte meine Schwimmweste anziehen sollen, dachte er, aber es war so heiß gewesen, und er war nicht davon ausgegangen, dass er bei Flaute über Bord fiel.

Er schwamm und schwamm. Sein T-Shirt und die Hose wurden schwerer und schwerer, die Schuhe hatte er schon verloren. Er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, in Richtung Ufer zu schwimmen, und sich vorzustellen, dass das möglich war. Er versuchte, seine Gedanken auf seine Freundin Evelyn zu lenken. Aber sie hakten sich nicht bei ihr fest, sondern zogen weiter zu Kristina. Er sah ihre hellblauen Augen und ihre strohblonden Haare, ihr Lächeln, das ihm immer Herzrasen bereitet hatte, wenn es ihn unvermittelt traf. Er hörte ihre Stimme. »Halt durch, Luis, du wirst es schaffen. Du bist stark. Vertraue mir.« Als er merkte, dass die Strömung stärker wurde und er wenig dagegen tun konnte, legte er sich für einen Moment aufs Wasser, um wieder Atem zu holen, und hatte das Gefühl, dass sie bei ihm war und ihn in ihren Armen wiegte. Die nächste Welle schlug ihm ins Gesicht, und er schluckte zu viel Wasser, er rang nach Luft und ging kurz unter. Seine Kleider waren so schwer und er so erschöpft. Aber wieder hörte er Kristinas Stimme, diesmal war es ein Flüstern. »Du wirst es schaffen, schwimm.«

Luis nahm die Motorengeräusche des Motorbootes, das langsam auf ihn zukam, nicht wahr. Er bemerkte es erst, als es direkt neben ihm stoppte und ihm ein Rettungsring zugeworfen wurde, an dem er sich festhalten sollte. Mit letzter Kraft tat er das und merkte, wie jemand ihn an das Boot heranholte.

»Steig auf die Leiter«, hörte er eine Stimme rufen. Mit letzter Kraft fand er sie, hielt sich an ihr fest und zog sich so weit hoch, dass Arme ihn greifen konnten. Er spürte das Deck unter seinen Füßen, merkte, dass jemand ihn stützte, und dann wurde alles dunkel. Als er aufwachte, lag er unten in der Kajüte auf einer Koje. Jemand hatte ihm seine nassen Sachen ausgezogen und ihn mit einer Decke zugedeckt. Ihm war kalt, er fühlte sich zerschunden und erschöpft. Er schloss die Augen und sackte weg.

Als er zu sich kam, sagte man ihm, dass sein Folkeboot schon abgeschleppt worden war und sie sich auf dem Weg in den Wedeler Jachthafen befanden. Dort wartete bereits ein Rettungswagen. »Sollen wir jemanden anrufen?«, wurde er gefragt. Automatisch nannte er Evelyns Namen, Kristina würde nicht kommen, das wusste er. Aber als seine Freundin dann mit besorgtem Blick neben ihm im Rettungswagen saß und seine Hand hielt, wusste er, dass er sich von ihr trennen würde.

Luis atmete tief ein. Der Geruch war eine Mischung aus Salz, Fisch, Wasser und Sand. Es war angenehm warm, vielleicht um die 25 Grad, und das um acht Uhr abends. Wie hatte er es die vergangenen zehn Jahre in Norddeutschland nur aushalten können? Gut, Hamburg war eine schöne Stadt, und sie lag ja fast am Meer, aber wann war es dort mal so warm gewesen wie jetzt hier? Auch in Nazaré kam es vor, dass der Nebel oder graue Wolken schwer über der Bucht hingen und sich tagelang nicht verzogen, aber dabei war es im Sommer selten kühl.

Doch er musste zugeben, dass er von Hamburg in den letzten zehn Jahren herzlich wenig gesehen hatte. Er hatte gearbeitet, seine Facharztausbildung zum Internisten mit Nachtdiensten, Wochenenddiensten, wieder Nachtdiensten absolviert, und an seinen spärlich bemessenen Urlaubstagen hatte er sich oft weitergebildet, denn es war sein Ziel gewesen, so gut zu werden, wie sein Vater es von ihm erwartete. Er arbeitete bis an den Rand der Erschöpfung und oft darüber hinaus. Evelyn hatte meist Verständnis dafür, wie belastet er war. Sie kam sehr gut ohne ihn zurecht, das war der Vorteil an alleinerziehenden Müttern. Ihre Kinder und ihr Beruf füllten sie nahezu vollkommen aus. So war es nicht schlimm für sie, wenn er nicht immer für sie erreichbar war und ihr auch nach fünf Jahren noch nicht den Vorschlag gemacht hatte zusammenzuziehen.

Er lebte in einer geräumigen Zweizimmerwohnung am Rübenkamp und fuhr mit dem Fahrrad zur Arbeit im Barmbeker Krankenhaus. Wenn er freihatte, war er zwar die meiste Zeit bei Evelyn und den Kindern, die auch nicht weit weg in Alsterdorf wohnten. Aber wenn es ihm zu viel wurde mit den Kindern, konnte er sich in sein eigenes Domizil zurückziehen, wo ihn Evelyn selten besuchte, weil sie fand, dass seine Wohnung nicht besonders liebevoll und geschmackvoll eingerichtet war.

Evelyn war nicht seine große Liebe, das wusste er, aber was war schon die große Liebe? Gab es sie überhaupt? Er hatte in seinem Leben sicher schon einige Male gedacht, dass er liebte, und Evelyn liebte er auch irgendwie. Sie passte gut in sein Leben, und das war absolut ausreichend, wie er fand. Daher ließ er sich auch schließlich darauf ein, zu ihr und den Kindern zu ziehen, als er aus seiner eigenen Wohnung rausmusste, weil der Vermieter sie selbst nutzen wollte.

Eigentlich hätte Luis wissen müssen, worauf das hinauslaufen würde. Er war bereits 45, hatte es aber bisher vermieden, mit einer Frau zusammenzuziehen. Er mochte es nicht, wenn man ihm auf die Pelle rückte, und brauchte seinen Freiraum. Er konnte sich noch nicht einmal erklären, warum. Es war immer so gewesen, und ihm ging es gut damit, warum sollte er es da ändern? Aber damals hatte er Kristina wiedergesehen, und die hatte ihm ins Gewissen geredet. »Hör auf zu spielen«, hatte sie gesagt, »stell dich einer Beziehung, renn nicht wieder davon wie damals bei uns. Evelyn hat das Recht, mit dir zusammen etwas aufzubauen, nachdem ihr schon so lange zusammen seid.«

»Werde endlich erwachsen«, hatte sie noch gesagt und ihn mit ihren unglaublichen Augen so intensiv angesehen, dass er wieder einmal das Gefühl gehabt hatte, ihre Blicke gingen durch ihn hindurch bis auf den Grund seiner Seele.

Er hatte sich überzeugen lassen und war bei Evelyn und den Kindern eingezogen. Schon nach einem Monat hatte er begriffen, dass das ein Fehler gewesen war, aber er kam irgendwie nicht mehr aus der Nummer heraus. Er hasste es, dass es sie nicht störte, wenn sie nebeneinander im Badezimmer standen und sich die Zähne putzten. Er mochte es nicht, ihr abends einen Kuss auf die Wange zu drücken, wenn er sich schlafen legte, um sich dann umzudrehen und mit dem Rücken zu ihr einzuschlafen, weil er einfach zu kaputt war, um mit ihr Sex zu haben, und sie auch.

Es war vollkommen normal, dass nach so vielen gemeinsamen Jahren nicht mehr ständig die Leidenschaft ausbrach, wenn sie zusammen waren, aber Luis hatte das Gefühl, dass, seitdem sie zusammenwohnten, gar nichts mehr zwischen ihnen passierte, weil ihn die permanente Anwesenheit von Evelyn lähmte. Er wollte sie nicht immer um sich haben. Er wollte nicht, dass sie mit dem Essen auf ihn wartete. Er wollte nicht, dass sie immer schon zu Hause war, wenn er aus dem Krankenhaus kam. Er konnte nicht den Vaterersatz für ihre Kinder spielen, zu dem sie ihn machen wollte. Er mochte ihre Kinder einfach nicht gern genug. Keine Ahnung, wieso, aber sie waren ihm nicht sehr sympathisch. Das war natürlich nicht mehr zu verbergen, als er mit Evelyn zusammenwohnte. Bald gab es deshalb Streit, und dann, weil er so unordentlich war, zu lange arbeitete, nichts im Haushalt tat und so weiter und so weiter. Nach zwei Jahren war er so weit, dass er nur noch selten gut gelaunt nach Hause kam. Er wollte das alles nicht mehr, wollte ausbrechen, wieder allein leben. Aber dann hätte er sich als ein Versager gefühlt, der nicht in der Lage war, das Leben zu führen, das seine Eltern gelebt hatten und das er ja eigentlich auch irgendwann für sich vorgesehen hatte. Er schätzte den Wert der Familie, aber irgendwie hatte er es verpasst, eigene Kinder zu zeugen. Er war sich sicher, dass er mit denen wesentlich besser zurechtgekommen wäre als mit fremden Kindern. Er hielt aber durch, so war sein Leben halt, er hatte seine Chance auf eigene Kinder und eine eigene Familie vertan. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als solch eine Beziehung zu führen, da war er sich sicher. Und so setzte er sich, bevor er die Wohnung betrat, eine Maske auf, entdeckte das Fernsehen für sich, nachdem er früher nur sehr selten ferngesehen hatte, und flüchtete sich in Tagträume, wenn es zu schlimm wurde und die Langeweile oder der Streit überhandnahmen.

Er wollte eine Veränderung, aber er wusste nicht, wie er sie anstellen sollte. Er war gefangen, kam nicht weg, war ja auch jetzt schon 47, und in diesem Alter musste man sich dreimal überlegen, ob man eine Frau verließ. Er war zwar nicht jemand, der bei Frauen gar nicht ankam, aber sicher auch kein Frauenheld, der sich ohne jegliche Scheu an Frauen heranmachte. Er hielt durch, biss die Zähne zusammen. Er übernahm noch mehr Dienste im Krankenhaus, besuchte noch mehr Fortbildungen, nur um dieser lähmenden Situation zu Hause zu entkommen.

Kurz nach seinem Segelunfall änderte sich alles für ihn. Sein Vater starb überraschend, und seine Mutter Sofia ging wieder zurück nach Portugal in ihren Heimatort Nazaré. Sie wusste, dass er unglücklich war. Er hatte sich gerade von Evelyn getrennt und lebte vorübergehend bei einem Freund. Seine Mutter war eine der wenigen Frauen, die ihn fast immer verstanden hatten, ohne dass er viele Worte machen musste. Nach zwei Monaten hatte sie ihm geschrieben, dass der Chef der Klinik in Nazaré, anscheinend ein Schulfreund und jetziger Verehrer von ihr, einen Internisten suchte und sie ihn bei einem Kaffee und einem Likör ins Spiel gebracht hatte.

»Ich weiß, hier wird nicht so gut bezahlt wie in Deutschland, und ich bin mir sicher, dass sie dich nicht nehmen würden, wenn du kein halber Portugiese wärst. Gepaart mit der deutschen Genauigkeit, warst du gleich sein Favorit. Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit, Luis, auch wenn du das vielleicht vergessen hast. Es geht darum, wirklich zu leben. Überleg es dir«, hatte sie in einer Mail geschrieben.

Ich muss Kristina noch einmal sehen, bevor ich meine Entscheidung treffe, dachte Luis und fuhr am nächsten Tag nach Lüneburg. Er wollte ihr nahe sein, deshalb hielt er sich im Umkreis ihrer Wohnung auf. Er traute sich nicht zu klingeln, aber vielleicht würde es ja ausreichen, sich in die Nähe ihrer Wohnung zu begeben, um eine Entscheidung in Sachen Portugal zu treffen. Er setzte sich auf eine Bank und blickte auf die Ilmenau, die an ihrem

Haus vorbeifloss. Er wanderte auf und ab. Zwei Stunden vergingen. Als er sich gerade wieder nach Hamburg aufmachen wollte, ohne mit seiner Entscheidung einen Schritt vorangekommen zu sein, traten Kristina, Peter und ihre Tochter aus dem Haus. Peter hielt Kristina im Arm, und sie schien sehr glücklich zu sein. Sie redete mit ihrer Tochter und lachte. Es nahm Luis die Luft, als er sie so sah. In seinen Träumen, die er seit der Erkenntnis, dass er nur Kristina liebte, immer wieder hatte, war Kristina unglücklich in ihrer Ehe gewesen. Wie oft schon hatte er sie, kurz bevor er in den Schlaf gesunken war, im Geiste in den Armen gehalten, und manchmal war es ihm sehr schwergefallen, sich klarzumachen, dass das nur ein Wunschtraum war, denn es fühlte sich so unglaublich real an. Und wenn er in seinen Wunschträumen mit ihr schlief, war es so, als ob er ihre Hände auf seinem Körper wirklich spürte und ihren wunderbaren Duft einatmete.

Es ist vorbei, ich habe keine Chance bei ihr, werde sie nie wieder haben, dachte Luis. Ich muss unbedingt weg von hier. Noch am selben Tag rief er seine Mutter an und berichtete ihr von seiner Entscheidung.

Als er die Zusage aus Nazaré bekam, kündigte er sofort. Er hinterließ einen großen Scherbenhaufen, aber das kümmerte ihn nicht. Er musste so weit weg wie möglich, und er hoffte, dass der Schmerz darüber, Kristina niemals wieder zurückgewinnen zu können, in Portugal kleiner sein würde als in Hamburg, so dicht in ihrer Nähe.

Luis hatte Nazaré gegoogelt und war gleich auf atemberaubende Aufnahmen von turmhohen Wellen gestoßen, die in halsbrecherischen Manövern von Surfern geritten wurden. Und diesen unglaublichen Strand, der fast so breit war wie der in Sankt Peter-Ording und sich in einer perfekten Kurve an die Küste schmiegte. Auf einer Seite wurde er von rauen und gleichzeitig unglaublich schönen Felsen überragt, auf denen Sítio, die ursprüngliche Stadt Nazarés rund um die Kirche, und das Fort São Miguel errichtet worden waren. Vielleicht kann ich endlich auch mal wieder surfen, dachte er. Es war schon viel zu lange her, dass er das regelmäßig gemacht hatte.

Er war im Oktober nach Nazaré gekommen, als die Stürme über den Ort fegten und die halsbrecherischsten Surfer aus der ganzen Welt wieder in den Badeort kamen. Seine Mutter hatte damals in Sítio eine geräumige Wohnung für ihn gefunden. Aus dem Fenster hatte er zwar keinen Blick aufs Meer, aber wenn er aus der Tür trat, brauchte er nur fünf Minuten bis zum Miradouro neben der Bergstation des Aufzuges von Nazaré. Dort setzte er sich auf eines der steinernen Bänkchen und genoss den Anblick dieser Bucht, der ihn schon beim ersten Mal mitten ins Herz getroffen hatte. Als Junge war er manchmal mit seiner Mutter hier gewesen. Damals war der Ausblick für ihn aber nicht so atemberaubend gewesen wie die langen Haare seiner Cousine, die in der Sonne glänzten, und die spannenden Tage am Meer mit seinen Cousins.

Seine Mutter Sofia kannte fast alle Leute in Sítio. Luis wurde oft eingeladen. Manchmal versuchte sie auch, ihn mit einer alleinstehenden Tochter von Freunden zu verkuppeln, aber damit hatte sie kein Glück. Er genoss es, allein zu sein, und vermisste nichts. Es gefiel ihm, dass er nach der Arbeit nicht so kaputt war wie früher in Hamburg. Er fand es großartig, nicht ständig die Konkurrenz im Auge behalten zu müssen, sondern von den Schwestern und sogar von einigen Ärzten mit einer gewissen Ehrerbietung behandelt zu werden.

Jetzt war Juli, und alles war gut. Nur die Gedanken an Kristina suchten ihn immer noch heim, besonders nachts vor dem Einschlafen, wenn er sie nicht kontrollieren konnte.

Es bringt nichts, an Kristina zu denken, sagte er sich und öffnete die nächste Flasche Bier, während er dabei zusah, wie die Sonne – dramatisch rötlich aufleuchtend – im Wasser versank. Das Surfen verschob er auf einen anderen Tag.

***

Wenn ich schon so orientierungslos bin, dass ich mir ernsthaft überlege, bei Astro TV anzurufen, um eine Lebensberatung zu bekommen, muss ich irgendetwas dagegen unternehmen, dachte Kristina. Niemand aus ihrer Familie brauchte sie. Und daran musste sie sich erst gewöhnen. Sie fühlte sich aus schneller Fahrt ausgebremst. Noch gestern hatte sie sich um Feli gekümmert, und heute war ihre Tochter weg und hatte nur eine kurze SMS geschickt, dass sie den Anschlussflug nach Mexiko City in Amsterdam bekommen hatte. Wenn Kristina zu viel an ihre Tochter dachte, kam sie um vor Sorge, also durfte sie das nicht tun. Es war Zeit, Feli loszulassen, das wusste sie doch. Warum fiel es ihr dann so schwer?

Tom rief an, um sich zu erkundigen, wie alles so lief. Das tat er einmal die Woche, und Kristina wusste, dass ihr Sohn nicht nur aus Pflichtbewusstsein anrief, sondern weil er sich mit ihr verbunden fühlte und wirklich wissen wollte, wie es ihr ging.

»Alles gut«, sagte Kristina. »Feli sitzt im Flugzeug und scheint sich wohlzufühlen.«

»Ja, sie hat mir gesimst. Die anderen in dem Programm sind ziemlich heiß. Sie hat sie in Amsterdam getroffen«, sagte Tom.

»Wie meinst du das?«, fragte Kristina und wusste, dass sie extrem uncool klang.

»Sag mal, so alt bist du doch noch gar nicht. Männer meint sie damit«, sagte Tom genervt.

Kristina nahm ihrem Sohn die schnippische Bemerkung nicht übel. Sie wusste, wie er es meinte. Seit er erwachsen war und sich erfolgreich von ihr emanzipiert hatte, oder eher emuttizipiert, wie er es nannte, nahm er sie gerne mal auf den Arm. Aber sie wusste, dass er es nicht ernst meinte oder zumindest nicht allzu sehr.

»Ich spiele gerade mit dem Gedanken, nach München zu fliegen«, sagte Kristina unvermittelt, auch wenn sie wusste, was für eine Antwort sie bekommen würde.

»Das finde ich klasse, aber ich habe nur Zeit für ein Abendessen, mehr ist nicht drin, die Prüfungen«, sagte Tom.

»Das weiß ich doch. Vielleicht hat ja Brigitte Zeit, die habe ich so lange nicht mehr gesehen, es wäre sicher nett mit ihr.«

Aber als sie ihre Schulfreundin Brigitte anrief, die seit 15 Jahren in München lebte, winkte diese ab. »Ich habe einfach zu viel zu tun. Sei nicht böse, du weißt doch, die Prüfungen.«

Brigitte war Lehrerin und nahm ihren Job in Bayern sehr ernst. Also fiel München als Reiseziel aus. Aber was sollte sie bloß sonst tun? Vielleicht einfach einen Flug nach Neu-Delhi buchen und Peter in seinem Yoga-Ashram besuchen? Er würde sicher Augen machen und sich freuen, dass sie mit ihm auf seinem neuen erleuchteten Weg wandeln wollte. Ja, das mache ich, dachte Kristina, und fühlte sich gleich nicht mehr so allein. Aber eine Mail ihres Mannes brachte sie von diesem Gedanken wieder ab.

»Hier ist es einmalig. Wir machen fünf Stunden am Tag Yoga, meditieren, arbeiten im Ashram, bereiten das Essen selbst zu. Es ist alles sehr ursprünglich und vielleicht auch ein wenig karg. Aber großartig. Ich schlafe vor Erschöpfung wie ein Baby. Ich rauche nicht mehr, ich trinke keinen Alkohol. Eine absolut neue Erfahrung, aber einfach fantastisch.«

Wollte sie das? Meditieren, beten, Yoga, Essen machen? Jetzt, wo ihre Kinder keine Fürsorge mehr brauchten? Sie hatte vorgehabt, auszugehen, zu feiern, auf keinen Fall viel Zeit in der Küche oder zu Hause zu verbringen, um sich unnötigen Hausarbeiten hinzugeben. Sicher könnten die Fugen zwischen den Badezimmerfliesen auch eine Schönheitskur vertragen, und Salpeterreiniger hatte sie noch, aber wenn sie damit anfinge, würde sie immer mehr Baustellen in der Wohnung finden. So würden die Wochen ins Land ziehen, und sie hätte sich überhaupt nicht selbst verwirklicht, bis Peter zurückkäme.

Sie hatte den Anbruch dieser neuen Ära mit Peter feiern wollen. Liebte er sie etwa doch nicht mehr? Das war zwar möglich, aber wenn es wirklich den Tatsachen entsprach, würde er ihr doch nicht jeden Tag zwei Mails schicken. Und in einer von beiden stand immer, dass er sie vermisste. Sie spürte, dass er das ernst meinte, trotz der Askese und mentalen Reinigung, die ihm anscheinend momentan sehr gut bekam.

Er würde sich sicher auch freuen, wenn sie ihn besuchte. Sie könnten dann ja gemeinsam das Essen für den gesamten Ashram vorbereiten. Das wäre eine ganz neue Erfahrung für sie als Paar, denn bisher war die gemeinsame Küchenarbeit nicht ihr Thema gewesen, dachte Kristina. Aber sie wollte das gar nicht, sie musste sich emanzipieren. Es konnte doch nicht möglich sein, dass die Tatsache, einige Wochen ohne ihre Familie zu sein, sie schon am ersten Tag aus dem Gleichgewicht brachte.

»Meine Güte, du hast Probleme«, stöhnte ihre Freundin Betty, die sich zwischen ihren drei Kindern, ihrem Mann und ihrer Arbeit aufrieb. »Ich würde, glaube ich, fast alles tun, um nur mal zwei Tage freizuhaben, und du beschwerst dich darüber, machen zu können, was du willst? Vielleicht passt du einfach mal auf meine drei Kinder auf, und ich mache Wellnessurlaub – am besten für eine ganze Woche!«

Kristina winkte ab. Sie liebte ihre Freundin, die sie schon so lange kannte. Betty war auch beim Kinderturnen gewesen, allerdings damals noch als kinderlose Leiterin, die sich schnell mit Feli anfreundete, weil sie das kleine Mädchen so oft vom Boden aufklauben musste, wenn sie mal wieder das Gleichgewicht verloren hatte. Aber die Vorstellung, auf Bettys Kinder im Alter von 9 bis 15 Jahren aufzupassen und dann womöglich auch noch deren Mann zu bekochen, der beruflich unglaublich eingespannt war, verbesserte Kristinas Laune überhaupt nicht.

»Bist du nicht mal geritten?«, fragte Betty, nippte an ihrem Kaffee und reckte ihr Gesicht in die Sonne. Sie saßen vor Annaʼs Café am Stintmarkt und genossen die köstliche Schokoladentorte, eine Spezialität des Hauses.

»Ich habe sogar drei Jahre Reitstunden genommen, bevor ich angefangen habe zu arbeiten, aber weißt du, wie lange das her ist? Danach habe ich nicht mehr die Kurve bekommen und war nie wieder im Reitstall«, sagte Kristina.

»Warum eigentlich nicht?«

»Zu teuer, zu wenig Zeit, Peter und die Kinder hatten keine Lust dazu, zu viel Arbeit.«

»Ist dir schon mal aufgefallen, dass jeder in deiner Familie Hobbys hat außer dir?«

»Das stimmt nicht. Ich gehe doch regelmäßig joggen.«

»Aber wohl eher, damit du fit bleibst. Macht dir das wirklich Spaß, tust du es aus Leidenschaft?«

Kristina stöhnte. Wenn sie daran dachte, wie sie schon nach einer halben Stunde mit hochrotem Kopf und hechelnd durch den Wald trabte und betete, dass es endlich vorbei war, konnte sie nicht behaupten, dass sie großen Spaß am Joggen hatte.

»Peter geht zum Yoga, Feli rettet die Welt und liebt Facebook, Tom kraxelt durch die Berge, wenn er nicht lernt, oder fährt nach Italien«, sagte Betty.

»Ja, das stimmt alles. Bisher war ich immer viel zu kaputt, um mir auch so eine Leidenschaft zuzulegen. Du weißt selbst, wie das ist: Kinder, Arbeit, Haushalt und dann wieder von vorn. Wir haben es nicht gerade weit gebracht mit unserer Emanzipation, findest du nicht auch?«

Betty nickte, aber es war klar, dass sie mit Kristina nicht in das Horn des Selbstmitleids der Frauen ihrer Generation stoßen wollte, die es zwar geschafft hatten, nicht nur Mutter, sondern auch eine arbeitende Frau zu sein, aber das damit bezahlten, dass sie vollkommen ausgepowert und unterbezahlt waren, weil sie das mit der gerechten Aufgabenverteilung zu Hause nicht hinbekamen.

»Wie war das denn, bevor du Kinder bekommen hast? Hattest du da Hobbys? Womit hast du dir die Zeit vertrieben, wenn du nicht in der Uni warst?«

Bevor ich Peter kennenlernte?, dachte Kristina. Mit Luis. Und es war meistens großartig gewesen, wenn sie sich nicht gerade stritten oder er mal wieder unvermittelt abgehauen war, weil er von irgendetwas genervt war. Aber das wollte sie Betty nicht erzählen. Luis durfte kein Thema mehr sein. Seit er mit Evelyn zusammenlebte, vermied sie es, über ihn zu sprechen. Er war nicht mehr Bestandteil ihres Lebens, und das war gut so. Er hatte sie extrem glücklich und extrem unglücklich gemacht. Das wollte sie nie wieder erleben.

Natürlich hätte sie Luis jetzt mit Leichtigkeit treffen können, schließlich arbeitete er im Barmbeker Krankenhaus. Aber sie konnte ihn nicht anrufen, auch wenn sie sich immer mal wieder nach seiner Stimme sehnte. Luis hatte jetzt Evelyn. Kristina glaubte zwar, dass er sie nicht wirklich liebte, aber das war eigentlich egal. Er hatte sich entschieden. Er lebte jetzt das Leben, das Kristina sich früher mit ihm vorgestellt hatte. Also hatte es nicht daran gelegen, dass er das nicht wollte, sondern daran, dass er es mit ihr nicht gewollt hatte. So unsinnig das war, aber es tat immer noch weh. Und es machte es auch nicht besser, als sie bei ihrem letzten Treffen – bei dem er ihr erzählte, dass er mit Evelyn zusammenziehen wollte – bemerkte, dass sie Luis auch an diesem Abend hätte haben können, wenn sie nur gewollt hätte. Glücklicherweise war sie nicht auf seine Blicke und Berührungen eingegangen und hatte so getan, als ob sie ihn überhaupt nicht mehr attraktiv fände.

»Was ich gemacht habe? Ich bin viel gereist, kreuz und quer durch Europa. Meistens mit dem Auto. Habe ich dir erzählt, dass ich nach dem Abitur mit meinem damaligen Freund spontan nach Portugal gefahren bin? Sein rotes VW Cabrio ist sieben Mal liegen geblieben. Wir sind fünf Tage in Évora, einem kleinen Provinzkaff im Alentejo, hängen geblieben, weil wir auf ein Ersatzteil warten mussten. Wir hatten so gut wie kein Geld und kochten jeden Tag Spaghetti auf dem Campingkocher. Und bis nach Lissabon haben wir es dann nicht mehr geschafft. Wir verbrachten stattdessen unsere Zeit auf einem Zeltplatz an einem windigen Strand im Norden von Portugal.«

»Aber das war doch bestimmt wildromantisch.«

»Nein, eigentlich nicht, weil mein Freund, der auf dem besten Weg war, nicht mehr mein Freund sein zu wollen, mehrere Tage nicht aus dem Zelt herauskam, da es ihm zu windig und zu kalt war.«

»Klingt nicht so großartig.«

»War es auch nicht. Ich bedauere bis heute, nicht nach Lissabon gefahren zu sein. Diese Stadt wollte ich schon immer gerne kennenlernen.«

»Das ist es«, rief Betty so laut, dass sich die Tischnachbarn nach ihnen umdrehten.

»Was?«

»Lissabon. Da fährst du hin.«

»Allein? Du spinnst.«

»Warum nicht? Ich würde fast schon morden, um irgendwo mal allein hinfahren zu können. Stell dir doch mal vor, du mietest dir dort eine Wohnung. Das ist nur gerecht, wenn die anderen aus deiner Familie sich in weiter Ferne selbst verwirklichen. Vielleicht bleibst du ein paar Wochen und gehst shoppen, liegst in der Badewanne, ohne dass jemand an die Tür klopft oder Mama quengelt. Du könntest Inspirationen für deine nächsten Theaterprojekte sammeln. Die Stadt soll ja so poetisch sein«, seufzte Betty.

Kristina war gerührt. Sie machte doch lediglich Theaterprojekte mit Jugendlichen, und ihre Freundin feierte ihre Premieren jedes Mal so, als ob sie eine anerkannte Regisseurin wäre. Betty hatte tatsächlich großen Respekt vor dem, was sie tat. Seit sie selbst Kinder hatte, verspürte sie überhaupt keine Lust mehr, irgendwelche fremden Kinder zu erziehen.

»Du fliegst nach Lissabon. Ich habe keine Zeit, das länger zu diskutieren. Ich muss jetzt wieder ins Hotel«, sagte Betty und sprang auf.

»Ich übernehme die Rechnung«, rief Kristina ihrer Freundin hinterher, die aber mit ihren Gedanken schon längst wieder bei ihrer Arbeit war.

Was für ein Blödsinn, dachte Kristina, als sie versuchte, sich mit einem Einkaufsbummel abzulenken. Ihr hatte es noch nie gefallen, von Geschäft zu Geschäft zu ziehen und in Sachen zu stöbern. Sie war einfach nicht der Einkaufstyp. Sie mochte Mode und hatte auch einige wirklich schöne Kleider im Schrank, die Peter ihr mitgebracht hatte. Sie selbst war mehr der Jeans-und-T-Shirt-Typ, und das störte sie auch nicht. So waren viele in ihrem Alter und ihrer Berufsgruppe – irgendwie ein wenig in den Siebzigerjahren hängen geblieben. Wie toll hatte sie es vor einigen Jahren gefunden, als die Schlaghosen wieder modern geworden waren.

Fast hätte sie nun vergessen, dass sie an diesem Abend mit Rüdiger und Gabriele verabredet war, zwei Lehrerkollegen, die etwas älter als sie waren und die sie ab und zu traf, um sich mit ihnen über ihre Arbeit auszutauschen und – mit steigendem Weinkonsum – über ihre Schüler zu lästern. Sie wollten sich am Stintmarkt in der Musikkneipe Ulcus treffen.

Es regnete, und Kristina hatte mal wieder ihren Schirm zu Hause vergessen. Als sie mit 20 Minuten Verspätung eintraf, musterte Gabriele sie streng, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie es nicht gewohnt war, auf jemanden zu warten. Rüdigers Gesichtsausdruck hingegen war ausgesprochen erleichtert. Er hatte wohl Angst gehabt, dass sie nicht mehr kommen würde, und stand sogar auf, um sie zu begrüßen.

Rüdiger trug ein Jeanshemd, das fast so aussah wie die Hemden, die die Jungs Anfang der Achtziger anhatten. Früher hatte sie das verwegen gefunden, an Rüdiger sah dieses Hemd aber alles andere als cool aus. Man musste schlank sein, um so etwas tragen zu können, fand Kristina, und das war Rüdiger leider nicht. Er war allerdings auch nicht wirklich dick, sondern hatte lediglich wie die meisten über 50-jährigen Männer mit einem kleinen Bauch zu kämpfen. Peter jedoch nicht mehr, dachte Kristina. Sie vermisste ihren Mann. Endlich hätten sie – ohne die Kinder – Zeit gehabt, viele Stunden im Bett zu verbringen, aber er musste ja unbedingt seinen Yogakopfstand perfektionieren und seine innere Mitte finden, anstatt seine Liebeskunst mit ihr zu verfeinern. Sie hätte ihm doch helfen können, die innere Mitte zu finden. Da fielen ihr spontan einige Dinge ein, die sie schon lange nicht mehr mit ihm gemacht hatte.

»Wie schön, dich zu sehen, Kristina«, sagte Rüdiger und nahm sie andeutungsweise in den Arm, nur so, dass sie merken konnte, wie anziehend er sie fand. Sie roch sein Aftershave. Er hatte mal wieder zu viel aufgetragen, und der intensive Tannenduft passte gar nicht zu ihm. Er war ein sanfter Mann, dessen Weichheit durch sein herbes Aftershave noch unterstrichen wurde, was er beim Kauf des teuren Duftes sicher nicht beabsichtigt hatte.

Rüdiger tat ihr leid. Nach einer hässlichen Scheidung vor zwei Jahren war er immer noch Single. Als wenn das nicht genug wäre, hatte er sich wohl in den Kopf gesetzt, dass Kristina die richtige Frau für ihn war. Er glaubte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie endlich erkennen würde, dass Peter nicht zu ihr passte. Gabriele hatte es ihr vor Kurzem erzählt, als sie in der Pause vor der Tür eine Zigarette rauchten. Kristina wusste nicht genau, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Sie fühlte sich ein wenig geehrt, auch wenn Rüdiger gar nicht ihr Typ war.

»Dein Mann ist in Indien?«, eröffnete Rüdiger das Gespräch, und Kristina warf einen wütenden Blick zu Gabriele hinüber. Sie hatte ihr zwar ihr Leid geklagt, war aber davon ausgegangen, dass sie den Kollegen nichts davon erzählen würde. Wie hatte sie nur so naiv sein können? Schließlich erzählte Gabriele auch die Geheimnisse ihrer Schüler, die sich ihr anvertrauten, brühwarm weiter.

»Wie geht es dir denn damit?«, ließ Rüdiger nicht locker.

»Gut«, sagte Kristina und nahm einen großen Schluck von ihrer Caipirinha. Diese Situation bedurfte härterer Getränke als einer Weinschorle.

»Ist es nicht eigenartig, dass er dich so lange allein lässt?«, setzte Gabriele nach.

»Überhaupt nicht. Wir mailen jeden Tag. Er vermisst mich. Aber er kann doch auch mal etwas für sich tun. Wir sind freie Menschen.«

»Ja, sicher«, sagte Rüdiger. »Ich habe gehört, die Yogaleute seien besonders frei.«

Kristina überhörte seinen Unterton und widmete sich weiter ihrer Caipirinha.

»Und was wirst du machen in der Zeit? Hast du schon Pläne?«, fragte Gabriele, obwohl sie ganz genau wusste, dass Kristina mal wieder nichts geplant hatte, weil ihr dafür irgendwie immer die Zeit gefehlt hatte.

»Ja, ich fahre nach Lissabon. In drei Tagen geht es los«, sagte sie und hoffte, dass sie Gabriele mit dieser Nachricht so sehr verblüffte, dass sie nicht weiter nachfragen würde.

»Lisboa«, geriet Rüdiger ins Schwärmen. »Was für eine fantastische Stadt! So poetisch, der Fado. Ich habe dort unvergessliche Tage verbracht, als ich Anfang der Achtziger ein Jahr in der Algarve lebte, ihr wisst schon.«

»Ja, klar«, sagte Kristina lahm. Sie wollte ihn auf keinen Fall anfeuern, jetzt über die Hippiephase seines Lebens, die sie überhaupt nicht interessierte, zu philosophieren. Aber er war nicht zu stoppen.

»Da war dieses Mädchen, Juanita. Sie wohnte im Barrio Alto. Ich habe sie in einem Café kennengelernt. Sie studierte Politik, ihr wisst ja, die Diktatur war gerade vorbei, und Portugal befand sich im politischen Umbruch. Ihre Eltern waren im Widerstand gewesen. Wir haben Nächte durchdiskutiert und sind dabei durch Lissabon geschlendert, spontan ans Meer gefahren, haben nackt gebadet und uns am Strand von Sesimbra geliebt.«

Gabriele legte Rüdiger die Hand auf den Arm, um ihn davon abzuhalten, noch weitere Details seines verflossenen Liebeslebens vor ihnen auszubreiten.

»Kristina, erzähl mal. Wie lange wirst du dort bleiben? Und wo wirst du wohnen?«

»In der Alfama«, sagte sie. Etwas anderes fiel ihr auf die Schnelle nicht ein. Auch wenn sie damals gar nicht nach Lissabon gefahren war, hatte sie Reiseführer darüber gelesen, und da hatten ihr die Beschreibungen der Alfama, des ältesten Teils von Lissabon, am besten gefallen. Dort gab es unzählige Fado-Kneipen, enge Gassen, Restaurants und vom Castelo de São Jorge fantastische Ausblicke auf den Tejo und die Stadt.

»Ist es da nicht zu gefährlich?«, fragte Gabriele. »Vor Kurzem habe ich mich mit einem amerikanischen Touristen darüber unterhalten, der mich im Café angesprochen hatte.«

Kristina wusste, dass ihre Kollegin jetzt erwartete, dass sie nachfragen würde, aber sie hatte keine Lust dazu. Gabriele lernte alle paar Wochen irgendwo einen zumeist jüngeren Mann kennen, flirtete auf Teufel komm raus mit ihm und kehrte dann ermattet, aber befriedigt in den Schoß der Familie zurück. Ihr Mann machte es ebenso, es war also kein Problem.

»Nein, es ist nicht besonders gefährlich, wenn man sich an die Spielregeln hält«, sagte Kristina so nachdrücklich, dass die beiden nicht mehr nachfragten, weil sie davon ausgingen, dass sie sich bestens auskannte.