Die Milf macht’s! - Kiki Müller - E-Book

Die Milf macht’s! E-Book

Kiki Müller

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Beschreibung

Kiki ist eine ganz normale Frau: Ende 30, seit 15 Jahren verheiratet, Kinder, ein Haus auf dem Land. Sie könnte deine Nachbarin sein, die Mutter aus der Kita, die Kundin vor dir an der Kasse. Was sie wahrscheinlich von dir unterscheidet: Online erlebt sie ihre ganz persönliche sexuelle Revolution.

Nachdem in ihrer Ehe der Alltag eingekehrt ist, sie und ihr Mann zwar glücklich miteinander sind, aber eben auch die Aufregung fehlt, gehen sie einen ungewöhnlichen Schritt: Sie treffen sich mit Fremden für unverbindliche erotische Abenteuer und öffnen ihre Ehe Schritt für Schritt. AlsBettflüsterinhat Kiki nebenberuflichen Onlinesex und bloggt über ihren ganz persönlichen Weg zu sexueller Erfüllung.

In ihrem Buch erzählt Kiki, wieso sie von fremden Männern bezahlt wird, deren Penis zu bewerten; weshalb sie sich ihrem eigenen Mann näher fühlt, seitdem sie mit anderen schläft, und warum man auch in einer offenen Beziehung fremdgehen kann. Sie schreibt von ihrem geheimen Doppelleben zwischen Pausenbrot und Pornofantasie, vom Konflikt, trotz Selbstbestimmung männlicher Objektifizierung ausgesetzt zu sein und davon, wie sie abseits von Konventionen und Klischees zu sich selbst gefunden hat.

Heute ist sie endlich angekommen – als Partnerin, Mutter, Frau. Mit ihrer Geschichte gewährt sie uns einen Blick in ihr Schlafzimmer und zeigt uns, dass es oft nicht viel braucht, um die eigenen Bedürfnisse neu zu entdecken. Denn der Weg zu sexueller Erfüllung ist so vielfältig wie das Leben selbst und die Spielregeln machen allein wir selbst!


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Seitenzahl: 283

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Alle in diesem Buch veröffentlichten Aussagen und Ratschläge wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden, ebenso ist die Haftung der Autorin bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Die Ereignisse in diesem Buch sind größtenteils so geschehen, wie hier wiedergegeben. Für den dramatischen Effekt und aus Gründen des Personenschutzes sind jedoch einige Namen und Ereignisse so verfremdet worden, dass die darin handelnden Personen nicht erkennbar sind.

echtEMF ist eine Marke der Edition Michael Fischer

1. Auflage

Originalausgabe

© 2023 Edition Michael Fischer GmbH, Donnersbergstr. 7, 86859 Igling

Covergestaltung: Sonja Bauernfeind, unter Verwendung eines Motivs von © pdesign über shutterstock.com

Illustrationen im Innenteil: © Natali Li über shutterstock.com

Redaktion: Doreen Fröhlich

Layout: Sonja Bauernfeind

Satz: Sonja Bauernfeind, Michaela Zander

Herstellung: Margareth Ogundipe

ISBN 978-3-7459-1575-4

www.emf-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Die Wahrheit

Mein Leben als Vorstadtmuddi

Kribbelige Grenzüberschreitungen

Neustart in Sachen offene Beziehung

Von der Fantasie zur Wirklichkeit

Unser erstes Mal Sex vor anderen

Fremde Haut

Ménage-à-trois

Die Bettflüsterin entsteht

Mein neues Körpergefühl

Write me, Baby, one more time

Hit me, baby, one more time

Ein Sommer voller Dates

Call me, Baby, one more time

Onlinedating vs. Dating im Real Life

Als ich meinen ersten Sexchat verkaufte

Dickpics

Erste Schritte auf Bezahlplattformen

hornyhobby was für ein Reinfall

Ist Flirten für Geld noch echt?

Der Zauber des Schenkens

Sexting für Fortgeschrittene

Über den Tisch gezogen

Handarbeitsabend

Auf zu OnlyFans

Nähe auf Bezahlplattformen

Sexuelle Revolution

Masturbieren vor dem Mikro

Masturbieren vor der Kamera

Missbrauchtes Vertrauen

Gemeinsam lachen,online zusammenwachsen

Enttabuisierung

Die Bandbreite meiner Follower

Objektifizierung

Erotik gegen Geld wo bleibt die Liebe?

Meine innere Distanz

Schwanz Olympiade

Dickratings

Meine dominante Seite

Heilige oder Hure

Verdorben

Beliebig oder besonders sein

Bucketlists

Sex trainieren

Große Herzen

Bi-logisch

Achtsam mit Ressourcen

Beziehung im Wandel

Unabhängigkeit

Normalität

Routinen

Selbstbild

Vielfalt auf Bezahlplattformen

Videos drehen

Wichsanleitungen

Nah und fern: Camsex

Zwei Leben

Sex in der Erziehung

Pornos und der Bildungsanspruch

Wo willst du denn noch hin?

Vorwort

Dies ist meine persönliche Geschichte. Meine Geschichte zwischen elterlicher Fürsorge und erotischen Fantasien, zwischen Schlafliedern und Schwanzbewertung, zwischen Mutterrolle und Hotwife. Nichts davon war geplant. Alles hat sich nach und nach ergeben, ohne dass ich mich auf dieses Leben in irgendeiner Weise beworben oder mich darum bemüht hätte. Es kam in kleinen Schritten. Als ich angefangen habe, meine Geschichte aufzuschreiben, hatte ich nicht ahnen können, wie sehr es mir helfen würde, mich selbst zu erkennen und zu reflektieren. Mein Leben online hat auch mein Real Life verändert. Wie sehr, das wird mir erst in der Rückschau klar. Ich danke den Menschen, die ich online kennenlernen durfte und die mir geholfen haben, meinen Horizont zu erweitern. Diese anonyme Nähe hat mich unfassbar weitergebracht. Durch das Aufschreiben, das Aussprechen, das Ausformulieren habe ich noch ein Stück weiter gelernt, zu mir selbst und zu meinen Bedürfnissen und Vorlieben zu stehen. Es berührt mich, wie ich heute Menschen inspiriere. Manche sagen, ich sei eine Sexfluencerin. Das verwirrt mich. Denn eigentlich mach ich einfach immer genau das, was mir Spaß macht. Im Schutz meiner Anonymität kann ich mir das rausnehmen und meine Bedürfnisse ausleben. Dass all meine Geschichten und Erlebnisse nun erzählt und auch gelesen werden können, macht sie noch realer. An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Auf den Bezahlplattformen folgen mir in der Regel Männer. Nur selten folgt mir ein Paar oder jemand, der sich mir gegenüber als nicht männlich zu erkennen gibt. Deshalb liegt auf männlichen Followern und dem Kontakt zu ihnen auch ein gewisser Fokus. Das Wort „Follower“ verwende ich, wie es die englische Herkunft nahelegt, geschlechtsneutral.

Die Wahrheit

Sexwork? Also bist du eine Nutte?!“ Meine Freundin Sina war schon etwas erschrocken, als ich ihr erzählte, womit ich seit Kurzem mein Geld verdiene.

„Nutte sagt man eigentlich nicht. Prostituierte vielleicht – oder Hure“, entgegnete ich, etwas beleidigt über ihre geschockte Reaktion. „Aber nein. Ich bin keine Hure. Ich biete keine Treffen an. Ich hab Sex nicht gegen Bezahlung.“ Noch nicht jedenfalls. Aber das verschwieg ich ihr in diesem Moment. „Das läuft alles nur online. Ich erfülle Fantasien, und Menschen bezahlen mich dafür. Online-Sexwork“, erklärte ich.

Meine Freundin war sich nicht sicher, ob ich mir einen Spaß erlaubte. Sie saß eine Weile da, beobachtete unsere Kinder, die gerade in der Nähe im Sand zusammen spielten, und fragte mich dann leicht verwirrt: „Was machst du da genau? Was sind das für Männer? Brauchst du so dringend Geld?“

Ehrlich gesagt freute ich mich über ihr Interesse. Mit ein paar Vorurteilen hatte ich gerechnet. Logisch. Die hatte ich auch gehabt. Jetzt war endlich die Gelegenheit gekommen, meiner Freundin erzählen zu können. Endlich konnte ich mich mit jemandem, der so gar nicht im Thema war, offen austauschen und berichten, wie stolz ich darauf war, was ich bislang alles erreicht und wie ich mich entwickelt hatte. Die lustigen, verrückten, spannenden Erkenntnisse mit einem Menschen teilen, der mir am Herzen lag. Meine sexuelle Befreiung – meine sexuelle Revolution. Denn wirklich: Mein Doppelleben zu verschweigen, ist mir in den letzten Jahren sehr schwergefallen. Doch das, was ich da online mache, darf im so genannten Real Life keiner wissen. Nicht mal mein Mann kennt die Details so richtig. Nur jetzt Sina. Dabei liebe ich diesen Job, und ich glaube ehrlich gesagt, dass ich ziemlich gut darin bin. Ich bin stolz darauf, eine Online-Sexworkerin zu sein. Ich verdiene mein Geld mit Fantasien und lasse Menschen (meistens Männer) an meiner persönlichen sexuellen Entwicklung teilhaben, lasse sie durch ein Schlüsselloch gucken. Die Arbeit auf Bezahlplattformen wie OnlyFans und auch meine sonstigen Erfahrungen der letzten Jahre haben mich verändert und mir dabei geholfen, mich weiterzuentwickeln. Ich habe eine andere – eine neue – Beziehung zu mir selbst, selbstbestimmt, positiv, lustvoll. Jetzt kann ich endlich auspacken, die ganze Geschichte erzählen: Wie ich von einer braven und angepassten Vorstadtmuddi zwischen Kindergarten, Familie und Halbtagsjob zu einer immer noch angepassten Vorstadtmuddi mit Hang zum erotischen Abenteuer geworden bin – und ganz nebenbei ein geheimes und florierendes Sexbusiness aufgebaut habe.

Mein Leben als Vorstadtmuddi

Ich war Mitte 30, hatte einen wunderbaren Ehemann, einen Job in einer Agentur, der mir zumindest so viel Spaß machte, dass ich gerne hinging, und zwei Kinder im Kindergartenalter. Eine ganz normale Familie in der Vorstadt – na ja, eher in einem Dorf. In grenzenloser Idylle, mit Traktoren, Feuerwehrfesten, Sportvereinen, vielen Tieren und Kindern, die auf der Straße spielen. Ohne echte Sorgen, in netter Nachbarschaft und mit tollen Freunden und vielen Verwandten, auf die wir jederzeit zählen konnten. Mein Mann Tim und ich fühlten uns angekommen. Im Job und auch zu Hause. So, wie es war, würde und könnte es weitergehen. Das fühlte sich gut an und machte uns glücklich, aber es war auch ein bisschen eintönig. Das Highlight unseres ehelichen Sexlebens war es, wenn ich mittwochs, nachdem die Putzhilfe das Haus sauber gemacht und gewischt hatte, früher von der Arbeit nach Hause kam. Ich liebe den Orangenduft des Reinigungsmittels, der dann sanft im Flur hängt, und überhaupt das Gefühl eines total sauberen Hauses, das man mit Kindern ja wirklich selten hat. Manchmal hab ich Tim in der Kanzlei angerufen, damit er zur Mittagspause nach Hause kam. Nach einem kurzen Snack fickte er mich dann von hinten, während er mich sanft auf unseren alten Eichentisch drückte. Ich liebte diesen Tisch, wenn er gerade nicht von Limo und Bröseln klebte. Ich liebte es, in unserem Wohnzimmer Sex zu haben wie Menschen, die keine Kinder hatten: Mit Ausblick durch die große Fensterfront auf den Garten und runter ins Dorf mit den Bergen im Hintergrund. Ich kam mir dabei verdorben vor und mochte den Gedanken daran, dass jederzeit jemand am Gartenzaun vorbeispazieren und uns beobachten konnte. Das war schön, aufregend. Aber es war auch selten. Der meiste Teil unseres Sexlebens fand abends quasi im Halbschlaf statt; zwischen Bügelwäsche und Quietscheentchen.

Wie viele andere Paare in unserem Alter und in unserer Umgebung hatten Tim und ich plötzlich und in all dieser wohligen Zu–Hause-angekommen-Stimmung zunehmend das Bedürfnis, es noch einmal wissen zu wollen: etwas zu erleben. Manche Paare machen dann Wohnmobiltouren oder suchen sich neue gemeinsame Hobbys. Nun, so etwas wie ein Hobby war es damals bei uns auch: Sex.

Tim hatte es schon immer geliebt, sich vorzustellen, wie ich mit jemand anderem Sex hätte. Wir hatten mit Anfang 20 geheiratet und immer gerne miteinander geschlafen. Es war nicht so, dass uns etwas fehlte. Wir schauten gerne Pornos, und Tim erzählte mir mit rauer Stimme davon, wie es wohl wäre, wenn ein anderer Mann mich ficken würde, während er zusähe. Der Gedanke turnte ihn an, und mir gefiel, wie ihm das gefiel. Wenn wir Sex hatten, sollte ich ihm von dieser Fantasie erzählen. Er lehnte sich dann gern zurück, schloss seine Augen und genoss, wie ich mit meiner Hand seinen Schwanz wichste und ihm beschrieb, wie ein anderer Mann mich begehrte. Sich vor Augen zu führen, wie auch andere mich wollten, machte ihn an. Bis ins kleinste Detail führte ich aus, wie dieser andere Kerl aussehen würde und wie er mich von hinten fest nehmen würde. Ich erzählte Tim davon, wie ich ihm, der nebendran nackt auf einem Sessel säße, dabei in die Augen schauen würde. Ein anderes Mal beschrieb ich, wie ich mit einem Mann in den Wald fahren würde und er zu Hause bliebe in dem Wissen, was ich tun würde, ohne dass er dabei wäre. Ich beschrieb, wie dieser Kerl mich gegen einen Baum gelehnt lecken würde und wie er mir im Wald den Mund zuhalten müsste, damit die Spaziergänger in der Nähe uns nicht bemerken würden. Tim liebte es, diese Geschichten zu hören, und ich liebte es zu sehen und zu spüren, wie sehr es ihn anturnte. Die Geschichten waren damals so unfassbar abstrakt für uns. Ich habe sie einfach zu seinem und zu meinem Vergnügen erzählt. Niemals hätte ich geglaubt, dass etwas davon auch nur im Ansatz wahr werden würde. Und noch weniger hätte ich geglaubt, dass mir das alles eines Tages tatsächlich so viel Spaß machen würde, dass ich es nicht mehr länger nur für ihn oder für uns, sondern auch für mich selbst wollen würde. Weil ich es liebe, begehrt und gewollt zu werden, weil es mir Spaß macht, mich auf unterschiedliche Menschen einzustellen, und weil ich meine Freiheit genieße. Das wiederum wirkte sich auf unsere gemeinsame Erfahrung aus: Niemals hatte ich erwartet, dass wir Dinge tun würden, von denen ich damals noch nicht mal wusste, dass sie existieren.

Dass wir diese Fantasien von mir, die Sex mit anderen Männern hat und ihm davon erzählt, hatten und teilten, ging ein paar Jahre so. Gerade als die Kinder sehr klein waren, kam uns das beiden gelegen. Nach gefühlten Jahren voller Breiflecken, überlaufenden Windeln, schmerzenden Stillbrüsten und Schlafliedern in Dauerschleife waren wir beide froh, dass wir voneinander beim Sex am Abend keine Höchstleistungen mehr erwarteten. Diese Art Sex zu haben:Gechilltes Masturbieren mit ein bisschen erzählen, war mega entspannt und gleichzeitig sehr erfüllend für uns beide.

Und dennoch war es wie bei vielen Paaren, wenn die aufregende und kribbelnde Leidenschaft des Anfangs einem Gefühl der gemütlichen Gewohnheit weicht: War das wirklich schon alles? Schon bald jedoch sollte ein anderer Mann dafür sorgen, dass ich und wir aus dem sexu­ellen Dornröschenschlaf aufwachten. Auch wenn das Ende dieser Liaison – wie ich gleich erzähle – traumatisch sein sollte; ihr Anfang war voller Leichtigkeit und sollte die Beziehung zu meinem Mann bereichern und vielleicht für immer verändern.

Kribbelige Grenzüberschreitungen

Tim und ich hatten schon damals – das ist nun acht Jahre her – immer mal wieder darüber gesprochen, dass wir gerne unseren sexuellen Horizont erweitern würden. Und dann hat sich plötzlich eine Gelegenheit ergeben. Und zwar so: Ich habe schon immer gern geflirtet. Unverbindlich und ohne dass dabei was rausgekommen wäre. Ich mag einfach diese nette Art zu kommunizieren – mich begehrt fühlen und auch anderen ein gutes Gefühl geben. Schon bald sollte das Flirten aber seine Unschuld verlieren – und ich erschreckend schnell die Kontrolle.

Da war dieser Kunde in der Agentur, ein renommierter und in unserer Gegend bekannter Arzt. Wir hatten uns auf einer Veranstaltung kennengelernt und uns gut unterhalten. Ein angenehmer, charmanter und erfolgreicher Mann, ziemlich charismatisch – ich fühlte mich geschmeichelt, dass er meine Nähe zu suchen schien. Ich freute mich über das gute Gespräch und war mir sicher, dass wir perfekt zusammenarbeiten würden. Und gleichzeitig ertappte ich mich dabei, wie ich mir vorstellte, wie es wohl wäre, mit ihm rumzumachen. Er gefiel mir: seine selbstsichere Aura, sein Parfum, die Art, wie er mich ansah. Wie man eben manchmal so über jemanden nachdenkt, eher abstrakt, eine kleine Fantasie im Alltag. Am Abend schrieb er mir privat, dass er unser Gespräch toll fand und dass ich – falls ich mal einen neuen Job suchen würde – mich jederzeit bei ihm melden sollte. Oh wow! Ich freute mich, denn ich war in meinem alten Job tatsächlich nicht mehr wirklich happy. Und dann kam wenige Sekunden später noch eine zweite Nachricht hinterher: Ob auch ich die sexuelle Spannung zwischen uns gespürt hätte oder ob nur er so empfunden habe – dann würde er das Thema nicht mehr ansprechen. Mir rutschte fast das Herz in die Hose. Ich flirtete ja wirklich gern und war immer schon ein Freund offener Kommunikation. Aber das war doch wirklich sehr offen … Ich war perplex. Ich hatte kurz gedacht, diese Spannung hatte nur ich wahrgenommen. Nach einigen Momenten des Nachdenkens sprach ich ihn direkt darauf an, dass ich nicht flirten und mich gleichzeitig ernsthaft auf einen neuen Job bewerben könne, nicht mit derselben Person. Und dass ich keine Affäre wollte. Er stimmte zu. Das wollte er natürlich auch nicht. Ihm gefalle nur die Fantasie. Und mir gefiel das ja absolut auch! Nach ein paar Nachrichten besprach ich mich mit Tim. Irgendwie kam uns das wie eine schöne Gelegenheit vor, uns für Flirts mit anderen zu öffnen. Wie viel Flirten war okay? Und wo sollte ich die Grenze ziehen? Wir diskutierten eine Weile und einigten uns darauf, dass Tim mitlesen konnte, was ich mit dem Arzt schrieb. Also antwortete ich ihm wieder. Der Arzt schien ein Experte darin zu sein, einander mit Worten und Kopfkino anzuheizen, denn er ging im Laufe unserer Kommunikation forsch voran, und ich genoss es, an die Hand genommen und in diese aufregende Welt neuer Möglichkeiten geführt zu werden. Nach ein paar Tagen wurden unsere Nachrichten immer expliziter. Er schrieb mir, wie er sich vorstellte, wie ich in sein Büro käme und er langsam meinen Rock nach oben schieben würde. Wie er meine Strumpfhose nach unten ziehen und mein Höschen zur Seite schieben würde, um mit dem Finger in mich einzudringen. Unser Austausch hatte sich über Tage so intensiv gesteigert, dass ich mich auf jede neue Nachricht freute. Abends lagen Tim und ich gemeinsam im Bett. Ich chattete mit dem Arzt, und Tim genoss es, mir dabei über die Schulter zu schauen. Es hat uns wunderbar unschuldigen Spaß gemacht. Wie ein aufregender Cuckolding- oder ein Wifesharing-Porno, den man gemeinsam anschaut.

Hot Fact

Cuckolding ist eine Sexpraktik, bei der der häufig devote Mann zusieht, wie seine Partnerin Sex mit einem Liebhaber hat. Beim Wifesharing teilt der Mann in einer eher dominanten Rolle seine Frau mit einem Liebhaber. Die beiden Begriffe werden von vielen Menschen synonym verwendet und zählen im Pornokontext zu den am häufigsten gegoogelten – eine ziemlich verbreitete Fantasie also!

Ich schrieb also mit diesem anderen Mann, und wir heizten uns gegenseitig ein. Und Tim lag dabei, spornte mich weiter an und genoss es zu sehen, wie viel Spaß mir das machte und wie sehr es mich anturnte. Ich genoss es, im gleichen Moment von zwei Männern auf so unterschiedlichen Ebenen begehrt zu werden. Irgendwann legte ich das Handy weg, und Tim und ich schliefen miteinander. Voller Leidenschaft. Dieser andere Mann und die sexy Chats mit ihm – verbunden mit der großen Offenheit mit Tim – waren die perfekte Mischung. Wir hatten da allerdings auch noch das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.

Denn irgendwann fragte der Arzt, ob wir uns treffen könnten. Es war ein überraschender Switch von sexy Flirterei hin zu Businessmodus. Ich stellte gleich klar, dass ich keinen Sex haben wollen würde. Er lachte und sagte, dass er das doch wisse und dass es natürlich um den Job ginge. Er hätte nun etwas Konkretes für mich in Aussicht. Ich erschrak darüber, wie gut dieser Mann die beiden Welten voneinander trennen konnte. Wenn wir uns treffen würden, würde nichts passieren – da war ich mir sicher. Also sagte ich zu.

Am nächsten Tag verabredeten wir uns auf einem Pendlerparkplatz. Im Nachhinein ist das wirklich schräg – absolut. Aber damals kam mir das gar nicht so seltsam vor. Wir kamen aus unterschiedlichen Richtungen, trafen uns dort und wollten danach gemeinsam in sein Büro fahren. So weit die Theorie. Doch dazu kam es gar nicht. Im Nachhinein war logisch, dass dieser Plan nur ein Vorwand war, aber damals, mit meinem unbändigen Vertrauen in die Menschheit, glaubte ich ihm. Nachdem ich eingestiegen war, fuhren wir eine Weile mitten durch die Pampa. Wir wohnen sehr ländlich in einem Gebiet mit vielen Wäldern und kleinen Straßen. Die Straßen wurden immer schmaler und schmaler, und bald hatte ich keine Ahnung mehr, wo wir waren. Als ich nachhakte, fragte er entsetzt, ob ich ihm wohl nicht vertraue. „Doch, natürlich“, sagte ich. Und dann sagte er: „Allein dass du hier neben mir sitzt, macht mich so sehr an. Im Büro gleich reden wir über die Arbeit. Aber hier im Auto wollen wir unsere Fantasie genießen. Ich muss mich so beherrschen, dich nicht zu berühren.“ Ich fühlte eine Mischung aus Scham und Aufregung und wies ihn auf unsere Abmachung hin. „Ich werde dich nicht anfassen! Das ist ja so vereinbart!“, entgegnete er. Und sprach weiter darüber, welche unserer gemeinsamen Fantasie der letzten Tage ihn besonders angemacht habe. Und dann bat er mich zu fühlen wie hart sein Schwanz nur durch meine Anwesenheit geworden sei. Ich zögerte, sah die dicke Beule und war sehr geschmeichelt. Das passierte nur meinetwegen? Es mag sich naiv anhören im Nachhi­nein, aber dass jemand nur durch meine Anwesenheit einen Steifen bekam, hat mich nicht kaltgelassen. Ich fühlte den Schwanz kurz durch die Hose. Spürte, dass das an der Grenze dessen war, was mit Tim abgesprochen war und womit ich mich wohlfühlte, und hielt mich zurück, auch wenn mich die Situation erregte. War es der Reiz des Verbotenen? Ich konnte es nicht sagen. Nach ein paar Minuten wollte er mir seinen Schwanz zeigen und sagte, ich würde ihn quälen, weil ich ihn so geil machte und mich dann nicht erbarmen würde, ihm Erleichterung zu verschaffen. Er genoss dieses Spiel. Und mir gefiel, wie sehr er sich offenbar zurückhalten musste. Dass ich so eine Wirkung auf ihn hatte, schmeichelte mir, zusätzlich hatte ich ein schlechtes Gewissen und wollte nicht, dass er sich meinetwegen schlecht fühlte. Und ich wollte nicht, dass diese Flirterei aufhörte. Kurz dachte ich daran, „Stopp“ zu rufen. Ich wusste, dass das zu viel war. Aber ich genoss dieses lang vermisste Gefühl, von einem fremden Mann begehrt zu werden. Ich wollte, dass er mich weiter so ansah: voller Leidenschaft und sich mit aller Kraft zurückhaltend. Ich hätte aussteigen sollen, dieses Gefühl hätte mir nicht so wichtig sein dürfen. Doch ich entschied mich zu bleiben. Er hat mich nicht gezwungen, er hat mich da einfach reingelabert. Irgendwo mitten im Nirgendwo. Alles, was ich tat, tat ich aus freien Stücken – aus einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Geschmeicheltsein. Er hatte immer so weit gepusht, wie ich gerade noch freiwillig mitmachte. Dann ging er einen Schritt zurück. Er bedrängte mich nicht, sondern gab mir das Gefühl, ich hätte das alles so gewollt. Und auf irgendeine schräge Weise in meiner Fantasie war das auch so. In unserer Fantasie hatten wir das alles schon durchgespielt. Es war fast vertraut. Aber halt nicht in echt. Kurze Zeit später hielt er das Auto, irgendwann hatte ich seinen Schwanz in meinem Mund. Und noch ein paar Minuten später war sein Sperma auf meinem Kleid. Danach gab er mir ein Tuch, um mich sauberzumachen, und wir fuhren weiter, als wäre nichts gewesen. Er steuerte sein Büro an, aber ich wollte nur noch nach Hause. Ich tat so, als hätte ich eine Nachricht vom Babysitter bekommen, er fuhr mich zurück zu meinem Auto. Ich musste duschen und meine Sachen waschen. Ich fühlte mich schmutzig, auch wenn er insistiert hatte, dass das nur eine leicht erweiterte Fantasie gewesen sei. Nicht der Rede wert. Wir hatten uns ja nicht mal richtig berührt, höchstens ein paar Sekunden. Kaum so lange, wie man sich vielleicht mal die Hand schüttelt. Ich dürfe das auf keinen Fall jemandem erzählen. Seine Frau sei extrem eifersüchtig und erlaube nicht mal Pornos. Die würde ihn garantiert verlassen, obwohl das ja nur eine Lappalie gewesen sei. Eine Lappalie … Ich war von den Geschehnissen des Nachmittags unfassbar überfordert. Ein paar Stunden habe ich tatsächlich versucht, es für mich zu behalten. Vielleicht war es ja wirklich nicht so wild gewesen. Doch dann erzählte ich Tim Stück für Stück, was geschehen war. Es dauerte eine Weile, bis ich mit der ganzen Wahrheit rausrückte. Ich wusste nicht so recht, wie ich alles einordnen konnte. In Gedanken hatte ich es ja gewollt. In echt zwar nicht, aber so richtig Nein gesagt hatte ich auch nicht. Es war mir nicht gelungen, meine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen und auf mich aufzupassen. Eine Lappalie war es jedenfalls nicht, mehr oder weniger zum Oralsex gedrängt zu werden. Ich wusste nur eins: Ich wollte diesen Mann nie wiedersehen.

Das Learning aus diesem Erlebnis war riesig. Mir wurde klar, wie schnell ich mich habe mitreißen lassen und wie viel ich bereit gewesen war zu opfern, nur für das Gefühl, begehrt zu werden. Wie leicht ich mich beeinflussen ließ und wie sehr ich gefallen wollte, ohne Rücksicht auf Verluste. Das hat dieses Erlebnis so traumatisch für mich gemacht. Die Erkenntnis half mir aber auch, mich zu entwickeln und in Bezug auf Sex und Begehren langfristiger zu denken. Und dennoch warf diese Schwäche von mir – dass ich meine Grenzen leicht für das Wohl eines anderen ignoriere – einen dunklen Schatten über meine Beziehung zu Tim. Tim hatte ein Stück weit das Vertrauen in mich und in meine Treue zu ihm verloren. Dass der Arzt und ich einander berühren würden, war so mit Tim ja nicht abgesprochen gewesen. Was käme als Nächstes? Diese Frage stand lange zwischen uns. Auf der einen Seite hat es einen Keil zwischen uns getrieben, weil ich nicht in der Lage gewesen war, die von uns gemeinsam aufgestellten Regeln einer monogamen Beziehung aufrechtzuerhalten, und auch weil ich nicht von Anfang an die ganze Wahrheit gesagt hatte. Auf der anderen Seite hatten wir aber auch bis auf diesen Totalausfall eine schöne Zeit gehabt und unsere Leidenschaft ganz neu entdeckt. In den kommenden Jahren liebte es Tim, wenn ich ihm die Geschichte aus dem Auto beim Sex erzählte. Klingt etwas seltsam, oder? Aber meine innere Zerrissenheit, wie mich die Situation offenbar angeturnt hatte, die Grenzüberschreitung und nicht zuletzt auch, wie sehr dieser andere Mann mich begehrt hat, haben Tim sehr gefallen.

Sina nickte. „In Ansätzen hast du das damals ja erzählt. Ich weiß noch, wie aufgelöst du danach warst.“ Ja, damals ging es mir wirklich schlecht. Ich hatte mich so machtlos gefühlt, schuldig und gleichzeitig wie ein Opfer.

„Jetzt bin ich aber gespannt“, hakte Sina in diesem Moment ein, „wie wir von damals, von diesem Cut und nach dem Drama, das du ja auch dadurch mit Tim hattest, zu deinem heutigen Ich gelangen.“ Sie setzte sich bequemer hin und lauschte gespannt.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich dieses Erlebnis mit dem Arzt wirklich hinter mir lassen und etwas Leichtigkeit zurückerlangen konnte. Ich habe diesem Mann in einem Telefonat später noch mal erläutert, was das für mich bedeutet hatte. Er war überrascht und erschrocken. Es habe ihn angemacht, dass ich mich so geziert habe. Er dachte, das wäre Teil meines Spiels. Ich war immer noch so durcheinander, dass ich das nicht weiter vertiefen konnte. Ich wollte es nur noch als Erfahrung abhaken und ihn nie wiedersehen.

Danach war ich in gewisser Weise vom Flirten geheilt. Doch dann, ein paar Jahre später, haben wir es noch mal versucht.

Neustart in Sachen offene Beziehung

Wir spulen also ein paar Jahre vor. In der Zwischenzeit hatten wir noch ein Kind bekommen, und die Geschichte im Auto lag lange zurück. Der Alltag war wieder eingekehrt mit all seiner wunderbaren Entspanntheit. An einem dieser Abende allein zu Hause, als die Kinder bei Oma und Opa übernachteten, wollten Tim und ich mal nicht an Kinderkram und Familienalltag denken, sondern an uns und daran, eine unserer Fantasien tatsächlich auszuleben. Wir hatten an diesem Abend einen unserer damaligen Lieblingspornos angeschaut: Er spielte in einem Swingerclub. Da fragte Tim plötzlich, ob wir uns nicht auch im echten Leben einmal in einem Swingerclub anmelden wollten. Er habe da etwas recherchiert und wisse, wo man gucken könne. Ich war noch ganz geflasht von dem Video und unserem Sex und habe Ja gesagt, weil gerade alles so schön war und ich irgendwie nicht in Stimmung war, Nein zu sagen. Eine Stimmung, in der man fast allem zustimmt, weil man einfach gerade so glücklich und zufrieden ist. Wir machten gleich an diesem Abend noch ein Profil im Joyclub.

Hot Fact

Joyclub ist ein Onlineportal, bei dem man sich mit Menschen vernetzen kann. Erstes Ziel dort ist es, Partner für Sex zu finden. Es sind Paare genauso angemeldet wie Singles. Man kann miteinander chatten, sich über Vorlieben austauschen und vieles mehr. Auch Anmeldungen für Clubbesuche im Real Life sind über den Joyclub möglich.

Wir kuschelten uns gemütlich ins Bett, richteten unser Joyclub-Profil ein, luden ein paar intime Fotos hoch, die wir vor Jahren mal gemacht hatten (und beschlossen, gleich am nächsten Tag neue, aktuelle Bilder zu machen) und stellten uns vor, was alles passieren könnte. Ein Dreier war schon lange unsere gemeinsame Lieblingsfantasie. Am liebsten mit einem Mann – da waren wir uns einig. Mir gefiel an der Vorstellung, gleich von zwei Männern umsorgt, begehrt und gewollt zu werden, doppelt zu spüren, dass sich jemand nach mir verzehrt. Ein Teil von mir steht gerne im Mittelpunkt. Dass sich beide um mich bemühten – vielleicht auch, weil es jeder von ihnen ein bisschen besser machen wollte als der andere –, turnte mich sehr an. Die Vorstellung, dass die beiden Männer um mich buhlen würden, erzeugte einen wunderbaren Schauer in mir. Auch dass ich gefordert wäre, um mir und den beiden gerecht zu werden, war eine Herausforderung, die ich mir in den herrlichsten Farben ausmalte. Und mir gefiel die Vorstellung davon, wie Tim mich ansehen würde, voller Geilheit und auch ein bisschen beeindruckt. Wie wir unseren – aber besonders auch seinen – wahr gewordenen Sextraum erleben würden. Etwas, von dem ich ihm schon so oft Geschichten erzählt hatte. Als wäre ich die Hauptdarstellerin in unserem Lieblingsporno. Der Gedanke daran, ihn glücklich zu machen, machte mich umso glücklicher. Tim liebte es, sich vorzustellen, wie ein anderer Kerl neidisch wäre, weil er mich jeden Tag hat. Auch wenn diese Art des Besitzanspruchs etwas anachronistisch wirkt, ließ mich der Gedanke, dass er so stolz auf mich war, lächeln. Er gab gern mit mir an. Das war schön. Ich liebte die Vorstellung, alles für ihn zu sein, was er sich wünschte – auch und gerade sexuell. Das war für mich der größte Antrieb. Ich merkte in den kommenden Tagen und Wochen, wie sehr er sich das alles gewünscht hatte. Gefühlt drehte sich in nächster Zeit alles in unserer Beziehung um Sex und um dieses neue Entdecken unserer Lust. Tim steckte mich total an mit seiner Euphorie.

Von der Fantasie zur Wirklichkeit

An diesem Abend jedenfalls legten wir mit dem Joy-club-Profil den Grundstein für unsere Reise von der Fantasie in die Wirklichkeit. Die Liste an Vorlieben auszufüllen war eine echte Herausforderung. Zumindest für mich. Da stehen verschiedenste Praktiken und Kinks, also spezielle Spielarten, und du kannst auswählen, wie sehr und ob überhaupt du darauf stehst. Die Hälfte der Auswahlmöglichkeiten kannte ich nicht mal. Was war Bondage? Was macht ein Bull? Wofür stand PT, und was sollten wir bloß bei „Mögen wir gar nicht“ eintragen? Ich musste viel googeln an diesem Abend, und wir lachten über meine Unwissenheit. Tim war zwar auch kein Experte in der Praxis, aber er hatte damals schon eine ansehnliche Pornosammlung und wusste zumindest, wie die Sachen aussahen, die da beschrieben waren. Bondage ist das Spiel mit Fesseln, ein Bull ist der Mann, der die Frau fickt, während der Cucky beim Cuckolding zuschaut. PT heißt Partnertausch. Auf der Suche nach Inspiration klickten wir uns durch verschiedene Profile und stöberten, was andere Paare eingetragen hatten. Wir testeten alle Funktionen im Joyclub: Wir meldeten uns zu einem Swingerclub-Abend an und stellten sogar ein Dategesuch für einen Dreier ein. Es war ein Abend mit Aufbruchstimmung. Wir lachten zusammen und fühlten uns frei und gut, allein vom Pläneschmieden. Beschwingt irgendwie.

Der nächste Morgen war seltsam unwirklich. Als ich in die Küche schlurfte, um mir einen Kaffee zu machen, fühlte ich mich, als wären wir in einem Fantasierausch gewesen, und nun, wo er vorbei war, erwartete uns da wieder die Realität. Swingerclub – das war doch so ein schmuddeliger Schuppen mit alten Menschen, oder? Und wer bitte sucht im Internet nach einem Paar für einen Dreier? Bei Tageslicht betrachtet klang für mich alles so absurd. Ich war mir sicher, dass das eine reine Fantasie bleiben würde. Trotzdem wollte ich gleich noch, bevor ich die Kinder abholen sollte, über die neuen Fotos nachdenken. Wenn wir das Profil schon anlegen, soll es auch richtig sein. Ich weiß noch genau, wie ich vor meiner Wäscheschublade stand und durch Still-BHs und Baumwollschlüpfer kramte. Ganz hinten im Fach lagen noch ein paar Spitzenhöschen, eins davon zog ich an. Strümpfe fand ich auch noch. Einer hatte eine Laufmasche. Der Anblick im Spiegel mit dem weißen Deckenlicht, das wirklich jede kleine Delle am Körper wie einen Krater erscheinen lässt, war bedrückend. Meine Brüste quollen aus dem viel zu kleinen zarten BH von früher. Wann war das aus mir geworden? Ich fühlte mich unförmig, käsig irgendwie. Irgendwann hatte ich mich selbst mal heiß gefunden, wenn ich in den Spiegel geschaut hatte. Das kam mir in diesem Moment vor wie aus einem anderen Leben. Das Bild, das ich innerlich von mir als begehrenswerte Frau hatte, deckte sich kein bisschen mit dem, was ich da im Spiegel sah. Die Spitzenwäsche fühlte sich wie ein Fremdkörper auf meiner Haut an. „Ich find dich nackt am besten“, sagte Tim, der unbemerkt ins Zimmer gekommen war und gleich wieder ins Bad verschwand. Ich zog die Spitzenwäsche wieder aus und betrachtete mich im Spiegel. Was sollte ihm daran denn gefallen? Meine Brüste waren toll, das musste ich zugeben. Aber der Rest? Ich fand nichts an meinem Körper wirklich gut, nicht meinen flachen Hintern, den ausgeleierten Bauch, den Speck an der Hüfte, dazu meine knochigen Knie. Ich schnappte mir das nächste Kleidungsstück, das auf dem Ständer neben mir hing, und zog es über. Es war Tims Hemd, das er am Tag zuvor im Büro angehabt hatte und das noch nach ihm roch. Dieser Anblick gefiel mir schon ein bisschen besser. Während Tim unter der Dusche war, legte ich mich aufs Bett und öffnete die Vorhänge am Fenster, um das sanfte Licht des Morgens reinzulassen. Ich machte mit meinem Handy ein paar Fotos. Der sanfte Stoff umspielte meine selbst ernannten Problemzonen. Ich ließ das Hemd leicht offen, sodass meine Brüste rausschauten, und fühlte mich plötzlich sehr wohl mit mir. Auch Tim war begeistert, als ich ihm die Bilder später zeigte, die unsere ersten aktuellen Fotos in unserem Joyclub-Profil werden sollten. Ich bekam viele Komplimente dafür, hatte aber das Gefühl, die galten gar nicht wirklich mir. Schließlich war das auf den Fotos nicht die ganze Wahrheit, nur ein Ausschnitt zu sehen. Der größte Teil der Wahrheit war unter einem Hemd versteckt und in Pose gerückt. Ich war unsicher. Wenn mich jemand wirklich nackt sehen würde, nachdem er diese Fotos gesehen hatte, wäre er sicherlich enttäuscht.

Tim widersprach natürlich. Er war sich ganz sicher, dass niemand enttäuscht sein würde. Die Schwangerschaften hatten ihre Spuren hinterlassen, und ich hatte meinen Körper in den letzten Jahren nicht wichtig genug genommen, ihm nicht genügend Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt. Irgendwie hatte ich es geschafft auszublenden, wie wichtig es mir mal gewesen war, mich um mich selbst zu kümmern. Selbstfürsorge eben. Selbstfürsorge kommt ja bei vielen Müttern zu kurz. Wir kümmern uns um die Kinder, um die Familie und darum, unseren neuen Platz in der Gesellschaft zu finden – unsere neue Rolle auszufüllen. Aber zumindest ich für meinen Teil hatte in den letzten Jahren völlig vergessen, auch auf mich selbst und meinen Körper achtzugeben. Mich mit ihm nach den Geburten wieder neu anzufreunden, mich mit ihm auseinanderzusetzen und ihn zu feiern, statt einfach schnell was überzuziehen. Diese Diskussion hatten wir schon oft geführt. Tim fand, dass ich übertrieb. Mein Körper sei wunderbar, und kein Mann würde irgendetwas daran auszusetzen haben. Das Problem lag ganz allein in mir. Ich war unzufrieden, weil ich das Gefühl hatte, ich wäre zu sehr raus aus dem Spiel. Ich wusste gar nicht mehr, wann ich zuletzt versucht hatte, sexy zu sein. Konnte ich das noch? Und wie stand es eigentlich um meine Fuckability? War ich gut genug? Würde ich damit zurechtkommen, wenn mir Männer, an denen ich Interesse hätte, sagen, dass sie mich zu unattraktiv fänden? Und wie sollte mich jemand heiß finden, wenn ich schon selbst nicht von mir überzeugt war?