Die moderne Kräuterapotheke - Thomas Easley - E-Book

Die moderne Kräuterapotheke E-Book

Thomas Easley

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Beschreibung

  • Die moderne Kräuterapotheke ist eines der umfassendsten Nachschlagewerke zur Herstellung und Anwendung von 235 pflanzlichen Heilmitteln auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse des 21. Jahrhunderts in Kombination mit bewährtem volkstümlichem Wissen.

  • Die Pflanzenportraits von Aloe vera bis Zimt enthalten nicht nur Informationen über die medizinischen Eigenschaften, sondern auch über energetische Heilwirkung, Darreichungsformen und Dosierung.

  • Neben detaillierten Rezepten für Kräutertees, ätherische Öle oder alkoholische Flüssigextrakte bieten die beiden erfahrenen Kräuterexperten praxiserprobte Vorschläge zur Behandlung von mehr als einem Dutzend häufiger Gesundheitsprobleme.

  • Das Buch ist sowohl für Anfänger in der Kräutermedizin als auch für erfahrene Praktiker geeignet und bietet eine Fülle von Informationen, um in Sachen Gesundheit zum Selbstversorger zu werden.

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Seitenzahl: 484

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THOMAS EASLEY | STEVEN HORNE

DIE MODERNE KRÄUTERAPOTHEKE

EIN LEITFADEN ZUR HERSTELLUNG PFLANZLICHER HEILMITTEL

IMPRESSUM

Thomas Easley und Steven Horne

DIE MODERNE KRÄUTERAPOTHEKE EIN LEITFADEN ZUR HERSTELLUNG PFLANZLICHER HEILMITTEL

1. deutsche Auflage 2023

ISBN: 978-3-96257-305-8

© 2023, Narayana Verlag GmbH

Titel der Originalausgabe:

THE MODERN HERBAL DISPENSATORY

A MEDICINE-MAKING GUIDE

Copyright © 2016 by Thomas Easley and Steven Horne. No portion of this book, except for brief review, may be reproduced, stored in any retrieval system, or transmitted in any form or by any means – electronic, photocopyin g, recording, or otherwise – without the written permission of the publisher. For information contact North Atlantic Books

This Translation published by exclusive license from North Atlantic Books and by the agency of Agence Schweiger.

Übersetzung aus dem Englischen: Sabine Rickert

Satz: © Giraffe Werbeagentur GmbH, www.giraffe.de

Coversatz: © Narayana Verlag GmbH

Coverdesign: © Howie Severson/Diana Rosinus

Autorenfotos: Thomas Easly: © Terrie Easley, Steven Horne: © Sears

Coverabbildungen: im Uhrzeigersinn von links oben nach rechts unten: (1) “Eupatorium perfoliatum. (bone-set. thorough wort).” New York Public Library Digital Collections. http://digitalcollections.nypl.org/items/510d47dc-4fde-a3d9-e040-e00a18064a99; (2) “Common Yarrow (Achillea Millefolium).” Public domain. www.briargate.org; (3) http://www.flickr.com/photos/biodivlibrary/10575241163; (4) “Smilacina racemosa” New York Public Library Digital Collections. http://digitalcollections.nypl.org/items/510d47dd-ef5a-a3d9-e040-e00a18064a99; (5) iStockphoto.com/Craig McCausland; (6) Mentha Piperita by J. H. Colen, taken from Illustrations of Medical Botony by Joseph Carson, M. D.; (7) iStockphoto.com/Craig McCausland; (8) Anicula Europaea, plate 357 by Otto Wilhelm Thomé, Flora von Deutschland,Österreich u.d. Schweiz, Gera (1885).

Fotos: © Terrie Easley, Alle Bilder von Terrie Easley, sofern nicht anders angegeben

Herausgeber:

Unimedica im Narayana Verlag GmbH,

Blumenplatz 2, D-79400 Kandern

Tel.: +49 7626 974 970–0

E-Mail: [email protected]

www.unimedica.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags darf kein Teil dieses Buches in irgendeiner Form – mechanisch, elektronisch, fotografisch – reproduziert, vervielfältigt, übersetzt oder gespeichert werden, mit Ausnahme kurzer Passagen für Buchbesprechungen.

Sofern eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet werden, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen (auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind).

Die Empfehlungen in diesem Buch wurden von Autor und Verlag nach bestem Wissen erarbeitet und überprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Der Verlag schließt im Rahmen des rechtlich Zulässigen jede Haftung für die Inhalte externer Links aus. Für Inhalte, Richtigkeit, Genauigkeit, Vollständigkeit, Qualität und/oder Verwendbarkeit der dargestellten Informationen auf den verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.

Erkenntnisse in der Medizin unterliegen einem laufenden Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Autor und Übersetzer dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschten Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes jedoch nicht von der Verpflichtung, anhand einschlägiger Fachliteratur und weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abweichen und seine Verordnung in eigener Verantwortung zu treffen.

Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (*). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Für meine Frau Terrie. Zwei Bücher innerhalb von drei Jahren Ehe sind nicht einfach. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft, oder überhaupt irgendetwas, was das betrifft.

THOMAS

Ich widme dieses Buch den Hebammen aus Utah, die damals den ersten Kurs über selbst gemachte Kräutermedizin unterrichteten, den ich besuchte. Sie haben mich in die wunderbare Welt der Herstellung eigener Pflanzenextrakte eingeführt.

STEVEN

Inhalt

Einleitung

Kräuter als Medizin

KAPITEL 1: ZUM EINSTIEG

Die Energetik der Heilkräuter

Wie Heilkräuter die Energiegewinnung beeinflussen

Wie Heilkräuter die Beschaffenheit des Gewebes beeinflussen

Wie Heilkräuter Muskeltonus, Fließeigenschaften und Absonderungen beeinflussen

Die zwölf Kategorien der Heilkräuter

Scharfe Heilkräuter

Aromatische Heilkräuter

Einfache Bitterkräuter (ohne Alkaloide)

Bitterkräuter mit Alkaloiden

Aromatische Bitterkräuter

Gallige Bitterkräuter

Adstringierende Heilkräuter

Saure Heilkräuter

Salzige Heilkräuter

Süße Heilkräuter

Schleimige Heilkräuter

Ölige Heilkräuter

Die sechs Gewebezustände

Energiegewinnung

Mineralien und Flüssigkeiten

Der Gewebetonus

Wie Sie das gewünschte Ergebnis erreichen

Schritt 1: Die richtige Beurteilung

Schritt 2: Die Wahl des passenden Heilmittels

KAPITEL 2: PFLANZLICHE HEILMITTEL

Frische Heilkräuter

Getrocknete Heilkräuter

Kapseln

Tabletten

Flüssige Heilkräuterauszüge (Extrakte)

Wässrige Extrakte

Sirupe

Alkoholische Extrakte (Tinkturen)

Extrakte mit Glycerin (Glycerite)

Kräuteressig

Ölextrakte

Spezielle Darreichungsformen

Flüssigkapseln

Standardisierte Extrakte

Ätherische Öle

Die Auswahl der Darreichungsform

KAPITEL 3: DIE VERWENDUNG FRISCHER HEILKRÄUTER

Heilkräuter anbauen

Wildkräuter sammeln

Ethische Wildsammlung

Heilkräuter ernten und trocknen

Der richtige Zeitpunkt für die Ernte

Die richtigen Pflanzenteile ernten

Spezifische Anleitungen für die Ernte

Frische Pflanzen verarbeiten

Umschläge aus frischem Pflanzenmaterial

Instant-Pasten und Salben

Grüne Drinks

Entsaften

KAPITEL 4: GETROCKNETE HEILKRÄUTER

Getrocknete Heilkräuter kaufen

Auf die Qualität kommt es an

Getrocknete Heilkräuter verarbeiten

Kapseln

Tabletten

Äußerliche Anwendungen

KAPITEL 5: EINFÜHRUNG IN DIE HERSTELLUNG VON EXTRAKTEN

Fachbegriffe

Die richtigen Utensilien

Auswahl des richtigen Auszugsmittels und der passenden Extraktionsmethode

Die Potenz (Wirkstärke)

Mit Alkohol arbeiten

KAPITEL 6: HERSTELLUNG EINFACHER EXTRAKTE

Wässrige Extrakte

Tee

Dekokte (Abkochungen)

Sirup (Elektuarium)

Alkoholische Extrakte (Tinkturen)

Kräuterbiere und -weine

Destillation

Tinkturen aus getrockneten Heilkräutern (Mazeration)

Tinkturen aus frischen Heilkräutern (Mazeration)

Alkohol mit anderen Lösungsmitteln mischen

Extrakte mit Glycerin (Glycerite)

Wie Glycerite hergestellt werden

Anmerkung zu kommerziellen Glycerit-Produkten

Anwendung und Einsatzbereiche für Glycerite

Kräuteressige

Wie Essig hergestellt wird

Anwendung und Einsatzbereiche für Kräuteressige

KAPITEL 7: EXTRAKTIONSMETHODEN FÜR FORTGESCHRITTENE

Perkolationsextrakte

Diese Ausstattung benötigen Sie

Vorbereitung des Pflanzenmaterials

Das richtige Befüllen des Zylinders

Wiederholte Perkolation und zweifache Perkolation

Fluidextrakte

Fluidextrakte Schritt für Schritt

Soxhlet-Extrakte

Die Ausstattung zur Herstellung von Soxhlet-Extrakten

Soxhlet-Extraktion Schritt für Schritt

KAPITEL 8: PRODUKTE ZUR TOPISCHEN ANWENDUNG

Heilkräuterprodukte auf Ölbasis

Die Extraktion von Heilkräutern in Öl oder Fett

Salben, Wundsalben und Balsame

Lotionen

Körperbutter

Massageöle

Weitere Produkte für die topische Anwendung

Einreibungen

Kompressen und Wickel (Fomentationen)

Umschläge und Pflaster

Lokale Applikationen

Zäpfchen, Pessare und Bolus

Gurgelwasser und Mundspülungen

Schnupftabak aus Kräutern

Zahnpulver

Augenspülungen

Ohrentropfen

KAPITEL 9: SONSTIGE PRÄPARATE

Konzentrate aus Kräuterpulver

Konzentrate aus Kräutertees und Pulver

Konzentrate aus Tinkturen und Pulver

Lutschtabletten und Hustenbonbons

Alkoholischer Heißextrakt

Traditionelle chinesische Methoden

KAPITEL 10: AROMATHERAPIE UND BLÜTENESSENZEN

Aromatherapie

Die heilenden Eigenschaften ätherischer Öle

Ätherische Öle und Stimmung

Heilwirkung auf körperlicher Ebene

Weitere nützliche Anwendungsmöglichkeiten

Über die Unbedenklichkeit ätherischer Öle

Ätherische Öle anwenden

Blütenessenzen

Wie Blütenessenzen wirken

Blütenessenzen selbst herstellen

KAPITEL 11: REZEPTUREN UND DOSIERUNGSANLEITUNGEN

Grundlagen der Kräuterrezeptur

Komplexmittel versus Einzelmittel

Eine Kräuterrezeptur zusammenstellen

Kräuterrezepturen und ihre Energetik

Körpersysteme und ihre Eigenschaften

Unser Konzept zur Erstellung von Kräuterrezepturen

Die Mengenverhältnisse berechnen

Die richtige Dosierung berechnen

Die Sache mit dem Tropfen

Dosierungshinweise für Erwachsene

Dosierungshinweise für Kinder

Die zu erwartenden Ergebnisse

KAPITEL 12: BEISPIELREZEPTUREN

Rezepturen für Präparate in flüssiger Form

Weitere Rezepturen

KAPITEL 13: EINZELKRÄUTER

ANHANG 1: HYDROTHERAPIE MIT HEILPFLANZEN

Einlauf (Klistier)

Die pflanzenbasierte Lösung – Heilkräuter für den Einlauf

Einen Einlauf durchführen

Einläufe bei Kindern

Rektale Infusion

Vaginaldusche

Voll- und Teilbäder

Kräuter für Bäder und Wannenbäder

Schwitzbäder

Der wärmestauende kalte Wickel

Detox-Bäder

Das Kräuterdampfbad

Dampfbäder für den Beckenboden

Wechselbäder und -duschen

Sitzbäder

ANHANG 2: BEZUGSQUELLEN FÜR HEILKRÄUTER, SAATGUT, FLASCHEN USW.

Bezugsquellen für frische Pflanzen und Saatgut

Bezugsquellen für getrocknete Kräuter

Apotheker- und Laborbedarf

Soxhlet-Extraktor

Literaturempfehlungen

Heilkräuterverzeichnis

Rezeptverzeichnis

Verzeichnis der energetischen Eigenschaften der Heilkräuter

Stichwortverzeichnis

Über die Autoren

Stimmen zum Buch

Einleitung

ÜBER DIE KRÄUTERMEDIZIN

Die Kräutermedizin gehört zu den ältesten Heilmethoden überhaupt. Sie ist die Medizin der Menschen und wird es auch immer sein – unabhängig davon, welche politische Partei an der Macht ist und was gerade als legal oder illegal gilt. Nicht einmal die FDA1 in ihrer ganzen regulatorischen Pracht kann einen Menschen daran hindern, sein Haus zu verlassen und sich die kostenlose Heilkraft der Natur zunutze zu machen. Die Kräutermedizin existiert – und das ist schon immer so gewesen – weil wir mit den Pflanzen in Symbiose verbunden sind. In den Worten des Kräuterkenners Sam Coffman ausgedrückt, ist jeder Atemzug, den wir machen, eine Mund-zu-Mund-Beatmung mit der Natur. Die Pflanzen leben hier schon länger als wir. Sie haben ihre Lektion gelernt, sich an ihre Umwelt angepasst und eine wunderschöne Sprache entwickelt, um das Gelernte anderen Pflanzen, den Tieren und den Pilzen mitzuteilen. Die chemischen Verbindungen, die von Pflanzen gebildet werden – ihre biochemische Sprache – ist so komplex, dass wir noch nicht einmal begonnen haben, diese zu verstehen. Nicht bei den Tausenden von Pflanzen, die wissenschaftlich erforscht sind und schon gar nicht bei den Zehntausenden von anderen Pflanzen auf dieser Erde, die als Medizin verwendet werden.

Auch wenn wir die chemischen Prozesse, die Pflanzen in unserem Körper auslösen, nicht verstehen, gibt es doch eine lange und gut dokumentierte Historie über ihre Anwendung als Nahrungsmittel und Medizin. Im Zuge unserer Bemühungen für eine nachhaltigere Welt mit sauberer Energiegewinnung, regional angebauten Lebensmitteln und Schutz der Natur müssen wir auch unser gegenwärtiges Medizinmodell anhand nachhaltiger Kriterien begutachten. Eine Welt, die sich immer noch zu hundert Prozent auf teure chemische Medikamente verlässt, die unter der Kontrolle multinationaler Pharmafirmen stehen, deren Hauptaufgabe es ist, Profit zu generieren und die abhängig ist von genau den Institutionen, die verantwortlich sind für jene Umweltprobleme, die unsere Welt vergiften.

Die moderne Medizin und der umsichtige Einsatz von Pharmazeutika sind für die Behandlung vieler ernsthafter Erkrankungen unerlässlich. Aber obwohl unser System in der Behandlung von Krankheiten Spitzenleistungen hervorbringen kann, dreht sich die moderne medizinische Versorgung nicht um die Gesundheit. Jedes medizinische System, das sich abkoppelt vom ganzheitlichen Blick auf die Gesundheit – und der schließt die Lebensmittelproduktion, die Gesundheit des Ökosystems, die soziale Gesundheit und das emotionale Wohlbefinden der Menschen mit ein – ist vergleichbar mit der Erstversorgung einer Schusswunde durch das Anlegen eines Verbandes, der die eigentlichen Probleme verdeckt, während wir langsam zu Tode bluten – mehr aber auch nicht. Steigende Kosten für die Krankenversorgung und der mangelnde Zugang zu medizinischer Versorgung fordern ihren Tribut von uns allen, wobei Minderheiten und weniger privilegierte Gesellschaftsgruppen die weitaus größte Last auf ihren Schultern tragen. In Amerika sind die hohen Kosten der Krankenversorgung die Hauptursache für finanzielle Not: Fast zwei Millionen Menschen müssen jedes Jahr Privatinsolvenz anmelden, weil sie sich aufgrund einer medizinischen Behandlung hoch verschulden mussten.

Kräuter als Medizin

Heilpflanzen wachsen überall und können zu einem Bruchteil der Kosten moderner pharmazeutischer Medikamente entweder einfach selbst geerntet oder kommerziell erworben werden. Die Herstellung eigener pflanzlicher Arzneimittel ist so einfach wie Kochen lernen. Das Ziel dieses Buches ist es, Ihnen so viel Wissen an die Hand zu geben, damit Sie sich selbst, Ihrer Familie und anderen Menschen helfen können.

Um die Kräuterheilkunde wirklich zu beherrschen, sollten Sie viel Zeit in das Lernen investieren. Heilpflanzen mit völlig unterschiedlichen medizinischen Wirkweisen können umgangssprachlich unter ein und demselben Namen bekannt sein. Umgekehrt kann eine Heilpflanze unter verschiedenen Namen aufgeführt sein, je nachdem, in welchem Buch Sie nachschlagen. Das Erlernen des lateinischen (botanischen) Namens ist ein guter Anfang, um eine Heilpflanze richtig zu bestimmen. Die Identifikation der richtigen Pflanze ist jedoch nur der erste Schritt.

Die verschiedenen Teile einer Pflanze können sehr unterschiedliche Wirkungen auf den Körper haben. Die Wurzel des Löwenzahns ist ein wunderbares Stärkungsmittel für die Verdauung und regt sanft die erste Phase der Leberentgiftung an. Löwenzahnblätter hingegen wirken stark harntreibend und die Blüten – als Blütenessenz oder Wein verarbeitet – sind spezifisch für angespannte und gestresste Überflieger, die lernen müssen, sich mehr treiben zu lassen.

Die Art der Zubereitung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wirkung einer Heilpflanze im Körper. Die verschiedenen Inhaltsstoffe können unterschiedliche Lösungsmittel erfordern. Es gibt Pflanzenwirkstoffe, die ausschließlich in Alkohol löslich sind, während andere in Wasser extrahiert werden können. Die Schafgarbe ist ein großartiges Fieberkraut, wenn mit den Blüten ein Aufguss (Tee) zubereitet wird. Aufgüsse ziehen die aromatischen Komponenten der Schafgarbe heraus, die den Kreislauf anregen und schweißtreibend wirken; bei einer Abkochung (Dekokt) werden eher die bitteren und adstringierenden Inhaltsstoffe extrahiert. Viele Indigene in Amerika verwenden eine gekühlte Abkochung des ganzen Krauts (Blüten und Blätter) als verdauungsförderndes Tonikum bei Verdauungsschwäche. Die getrockneten Blätter eignen sich hervorragend als blutstillendes Mittel (Styptikum) für Schnitt- und Schürfwunden. In Kapseln abgefüllt reinigt die Schafgarbe das Lymphsystem, stimuliert die angeborene Immunabwehr und lindert Harnwegsinfekte. Das ätherische Öl der Schafgarbe wirkt entzündungshemmend, geht aber während der Trocknung weitgehend verloren und ist im getrockneten Kraut deutlich reduziert vorhanden. Die Blütenessenz wird sensiblen Menschen gegeben, die sich mit den Problemen anderer Menschen zu sehr identifizieren (diese Eigenschaft findet man bei vielen Kräuterheilkundigen und -heilern).

In einigen Büchern wird die Schafgarbe als Mittel gegen Zahnschmerzen aufgeführt; die Diné (Navajo) und andere Indigene Amerikas wenden die Schafgarbe zu diesem Zweck an. Aber Kapseln zu schlucken oder die Tinktur einzunehmen wird gegen die Zahnschmerzen rein gar nichts ausrichten, auch auf den getrockneten Blättern zu kauen wird nicht helfen. Zur Linderung von Zahnschmerzen wird nämlich der blassviolett gefärbte Teil der frischen jungen Blätter eingesetzt, der ein lokal wirkendes Analgetikum enthält. Zur Behandlung von Zahnschmerzen werden die frischen jungen Blätter einfach gekaut. Wie Sie sehen, ist es für eine effektive Anwendung der Kräuterheilkunde wichtig zu wissen, wie die Pflanze verarbeitet werden muss und wie sich die jeweilige Zubereitungsform auf die Indikation dieser Heilpflanze auswirkt.

Viele Informationen über die richtige Verarbeitung und Verabreichung von Heilkräutern gehen verloren, weil sich die Menschen zunehmend auf kommerzielle, fertige Kräuterprodukte verlassen. Kräuterkundige bewahren das traditionelle Wissen über die Verarbeitung und Anwendung der Heilpflanzen und halten es lebendig. Ziel dieses Buches ist es, Ihnen unterschiedliche Methoden zur Herstellung und Anwendung von Heilpflanzen vorzustellen, damit Sie nicht nur in der Lage sind, die richtige Arzneipflanze auszuwählen, sondern auch wissen, welche Form der Zubereitung die gewünschte Heilwirkung am besten in die Wege leitet. Wir hoffen, dass es Ihnen dabei helfen wird, neue und kreative Wege im Umgang mit Heilpflanzen zu gehen.

1FDA (Food and Drug Administration): Behörde in den USA, die für die Zulassung von Lebens- und Arzneimitteln zuständig ist.

Kapitel 1

ZUM EINSTIEG

Grundlegende Konzepte der Kräuterheilkunde

Foto © Chamille White

In diesem Buch dreht sich alles um die Herstellung pflanzlicher Arzneien. Wenn Sie Kräuterpräparate herstellen möchten, die wirklich helfen und heilen können, sollten Sie sich mit ein paar grundlegenden Konzepten vertraut machen.

Die Energetik der Heilkräuter

Die Hauptbestandteile, die den Heilpflanzen ihre unterschiedlichen Wirkweisen verleihen, können mithilfe unserer menschlichen Sinnesorgane erfasst werden. Die Auswirkungen dieser Grundbestandteile können wir in unserem eigenen Körper spüren und beobachten. Es sind diese Beobachtungen und Wahrnehmungen, die moderne westliche Kräuterheilkundige als Energetik bezeichnen.

Heilkräuter können in breitgesteckte energetische Kategorien zusammengefasst werden, abhängig von ihrem Geschmack, ihren Inhaltsstoffen und ihren grundlegenden Wirkungen auf den Körper. Das Erlernen dieser Kategorien ist vergleichbar mit dem Erlernen des Alphabets oder der Musiknoten: Sie bilden die Grundlage für das Verstehen der Kräutersprache. Genauso wie Musiknoten so angeordnet werden können, dass sie eine unendliche Vielfalt an Melodien erzeugen, verbinden sich die energetischen Eigenschaften der Heilpflanzen, um Tausende von einzigartigen Heilkräuterportraits entstehen zu lassen.

Im Folgenden werden wir Ihnen zwölf grundlegende Kategorien vorstellen, in die wir Heilkräuter einordnen können und die einige wesentliche Merkmale gemeinsam haben. Diese Eigenschaften betrachten wir aus energetischer Sicht und ordnen sie zum besseren Verständnis in drei Gruppen ein.

WIE HEILKRÄUTER DIE ENERGIEGEWINNUNG BEEINFLUSSEN

•Wärmend bezieht sich auf Heilkräuter, die den Stoffwechsel anregen oder beschleunigen, die Energiegewinnung und Wärmeproduktion hochfahren und somit die Durchblutung und Vitalität in Gewebestrukturen anregen, die ansonsten kühl und blass sind.

•Kühlend nennen wir Heilkräuter, die den Stoffwechsel verlangsamen oder herunterfahren, um die Energiegewinnung zu reduzieren, während sie gleichzeitig gereiztes Gewebe und Rötung beruhigen.

•Neutrale Heilkräuter sind weder warm noch kalt. Sie haben keine starke Auswirkung auf Kreislauf oder Stoffwechsel.

WIE HEILKRÄUTER DIE BESCHAFFENHEIT DES GEWEBES BEEINFLUSSEN

•Befeuchtende Heilpflanzen erhöhen den Flüssigkeitsgehalt einer Gewebestruktur, d. h. sie wirken als eine Art Schmiere und machen trockenes, sprödes oder verhärtetes Gewebe weich.

•Trocknend nennt man Heilkräuter, die dem Gewebe überschüssige Flüssigkeit entziehen, dieses fester und dichter machen und somit Schwellungen und Flüssigkeitsansammlungen (Feuchtigkeit) lindern.

•Ausgleichend wirken Heilkräuter, die sowohl trockenes als auch feuchtes Gewebe regulieren und im Gewebe das Gleichgewicht zwischen Feuchtigkeit und festen Anteilen (Mineralien) wiederherstellen.

WIE HEILKRÄUTER MUSKELTONUS, FLIEßEIGENSCHAFTEN UND ABSONDERUNGEN BEEINFLUSSEN

•Zusammenziehende Heilpflanzen erhöhen den Tonus oder die Anspannung in Muskeln und anderen Geweben, was überschießende Absonderungen und Flüssigkeiten zum Stillstand bringt. Diese Heilkräuter wirken belebend auf Gewebestrukturen, die zu schlaff oder schwach geworden sind und die keine Flüssigkeit mehr abgeben können, zum Beispiel Blut oder Schleim.

•Entspannende Heilkräuter lockern Muskelkrämpfe und Spasmen, indem sie das Gewebe von überschießender Anspannung befreien. Dadurch kann alles besser fließen, kommt wieder in Bewegung und fehlende Absonderungen können wiederhergestellt werden.

•Nährend nennt man Heilkräuter, die essenzielle Nährstoffe einschleusen, um die Heilung im Gewebe zu unterstützen und die Gewebestruktur und -funktion zu stärken.

Die zwölf Kategorien der Heilkräuter

Mit diesem wesentlichen Verständnis der energetischen Begriffe können wir nun die zwölf Kategorien näher betrachten, denen die Heilkräuter in diesem Buch zugeordnet werden.

SCHARFE HEILKRÄUTER

Scharfe Heilkräuter sind streng oder kräftig im Geschmack und haben typischerweise ein beißendes Aroma. Die betreffenden Pflanzen verleihen jeder Speise eine gewisse Intensität, einige Beispiele sind Capsicum (Cayennepfeffer), Ingwer, Senf und Zwiebeln. Der scharfe Geschmack dieser Gewürzpflanzen ist auf die darin enthaltenen Harze, Alkamide, Allylsulfide oder Monoterpene der ätherischen Öle zurückzuführen.

Heilkräuter mit kräftig scharfem Geschmack sind wärmend und trocknend. Sie bewegen Blut und Energie aufwärts in Richtung Kopf und vom Körperinneren nach außen zur Haut und den Schleimhäuten. Das heißt, sie tragen dazu bei, Stagnation zu beseitigen, die Schweißproduktion anzukurbeln und den Blutkreislauf anzuregen. Sie erhöhen die Darmperistaltik und haben eine verdauungsfördernde, appetitanregende und windtreibende Wirkung.

Ein übermäßiger Verzehr dieser Gewürzpflanzen erschöpft die Energiereserven des Körpers und kühlt den Körper aus. Bei manchen Menschen wirken sie als Irritans (Reizmittel) im Verdauungstrakt und werden nicht vertragen. Scharfe Heilkräuter sind kontraindiziert bei Menschen, die zu Wärmestau, Hitzewallungen und Reizbarkeit neigen. Diese Menschen haben zudem oft eine gerötete Gesichtshaut.

AROMATISCHE HEILKRÄUTER

Aromatische Heilkräuter enthalten flüchtige Öle (auch ätherische Öle genannt), die verdunsten oder sich verflüchtigen, sobald sie Wärme und Licht ausgesetzt sind. Ähnlich wie die scharfen Kräuter werden auch die aromatischen Heilpflanzen zum Würzen von Speisen eingesetzt. In den botanischen Familien, zu denen auch die Minzen- und Möhrengewächse gehören, findet man viele aromatische Kräuter, darunter Dill, Pfefferminze und Zitronenmelisse.

Aromatische Heilkräuter sind in der Regel ebenfalls wärmend und trocknend, haben aber eine mildere Wirkung als die ausgesprochen scharfen Gewürzkräuter. Üblicherweise haben sie eine starke Wirkung auf das Nervensystem, wo sie entweder anregen oder beruhigen. Viele ätherische Öle sind auch antimikrobiell, sodass die aromatischen Heilkräuter gut zur Bekämpfung von Infektionen eingesetzt werden können. Als heißer Tee getrunken, wirken Aromapflanzen schweißtreibend, regen die Durchblutung an und treiben Blähungen im Darm aus.

Aromatische Heilkräuter sind sehr sicher in der Anwendung. Reine ätherische Öle sollten jedoch fast ausschließlich zur lokalen, äußerlichen Anwendung eingesetzt werden und selbst dann sollten sie gut verdünnt werden. Bei ätherischen Ölen handelt es sich um hochkonzentrierte Extrakte, die weitaus häufiger zu unerwünschten Reaktionen führen können als die ganze Pflanze.

EINFACHE BITTERKRÄUTER (OHNE ALKALOIDE)

Als einfache Bitterkräuter werden Heilpflanzen bezeichnet, deren bittere Geschmacksrichtung darauf zurückzuführen ist, was in den alten Kräuterschriften als „Bitterstoffe“ beschrieben wurde. Heute kennen wir diese Verbindungen als Diterpene und Glykoside unterschiedlichster Art. Anthrachinone sind für die Wirkung von stimulierenden Abführmitteln verantwortlich, die eine Unterkategorie der einfachen Bitterstoffe darstellen. Zu den Nicht-Alkaloid-Bitterstoffen gehören Artischockenblätter, Enzian, Wilder Lattich, Grünkohl und Hopfen. Zu den stimulierenden Abführmitteln gehören der Amerikanische Faulbaum, der Arznei-Rhabarber, Kreuzdorn, Butternussrinde und Aloe-Blätter (nicht das Gel).

Die meisten Bitterstoffe, die keine Alkaloide enthalten, sind kühlend und trocknend. Einige wenige enthalten aromatische Verbindungen, die sie wärmend und trocknend machen, darunter Dong Quai und Kurkuma.

Bitterstoffe bewirken, dass die Energie nach unten (zu den Ausscheidungsorganen) und nach innen (zu den Verdauungsorganen) fließt. Nicht-Alkaloid-Bitterstoffe wirken tendenziell entgiftend. Einige haben sedierende oder beruhigende Wirkungen und einige sind analgetisch, das heißt, sie können Schmerzen lindern. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört es, die Bildung von Salzsäure, Galle und Pankreasenzymen anzuregen. Bitterkräuter, die mit Süßungsmitteln versetzt oder in Kapseln geschluckt werden, können die Produktion von Verdauungssäften nicht anregen.

Kühlende Bitterstoffe können mit der Zeit die Verdauung schwächen. Traditionelle Magen- und Verdauungstonika enthalten wärmende Bitterstoffe und aromatische oder scharfe Kräuter, um die schwächende Wirkung der kühlenden Bitterstoffe zu mildern. Bitterstoffe sollten von mageren, schwachen, ausgemergelten und trockenen Menschen gemieden werden.

BITTERKRÄUTER MIT ALKALOIDEN

Bei diesen Bitterkräutern sind es die Alkaloide, die für den bitteren Geschmack ausschlaggebend sind. Diese chemischen Verbindungen enden oft mit der Silbe -in, wie zum Beispiel Koffein, Nikotin und Berberin.

Kaffee und Schokolade sind alkaloidhaltige Bitterpflanzen. Kanadische Gelbwurz2, Gewöhnliche Mahonie und Kalifornischer Mohn gehören zu den Heilkräutern, die Alkaloide enthalten.

Wie die Nicht-Alkaloid-Bitterpflanzen wirken auch die alkaloidhaltigen Bitterkräuter kühlend und trocknend. Viele haben eine entgiftende Wirkung und werden zur Anregung des Verdauungssystems und der Leber eingesetzt. Bittere Alkaloide, wie zum Beispiel das Berberin aus der Gewöhnlichen Mahonie und der Kanadischen Gelbwurz3, kommen auch bei Infektionen zum Einsatz. Alkaloide haben eine sehr spezifische Wirkung auf das Nervensystem und die Drüsen. Sie können Hormone und Neurotransmitter nachahmen und bestimmte Prozesse im Körper anregen oder hemmen.

Für alkaloidhaltige Bitterkräuter gelten die allgemeinen Gegenanzeigen wie für Nicht-Alkaloide-Bitterstoffe. Von Menschen mit mageren, geschwächten, ausgemergelten und trockenen Konstitutionen sollten sie nicht eingenommen werden und können bei übermäßigem Gebrauch austrocknend und erschöpfend wirken. Achten Sie bitte bei jeder Heilpflanze aus dieser Kategorie auf die spezifischen Indikationen und Kontraindikationen.

AROMATISCHE BITTERKRÄUTER

Diese Bitterkräuter sind eine Kreuzung zwischen einfachen Bitterstoffen und aromatischen Verbindungen. Ihre Hauptinhaltsstoffe sind Sesquiterpenlactone und Triterpene. Beispiele für aromatische Bitterkräuter sind Alant, die Rinde der Schwarzen Walnuss, Wermut, Rainfarn und der Mexikanische Traubentee (Epazote).

Aromatische Bitterkräuter sind wärmend und trocknend. Sie werden zur Anregung der Verdauung und des Appetits in kleinen Mengen verabreicht. Viele werden auch zur Ausleitung von Parasiten eingesetzt. Die meisten aromatischen Bitterkräuter sind in der Schwangerschaft kontraindiziert und viele sind für eine langfristige Einnahme nicht geeignet. Darüber hinaus gelten die gleichen Gegenanzeigen wie für die anderen beiden Bitterstoffgruppen.

GALLIGE BITTERKRÄUTER

Gallige Bitterkräuter haben einen typisch bitteren, unangenehmen, ätzenden Geschmack, der an erbrochene Galle erinnert. Diese Heilkräuter enthalten Harze (wie die scharfen Gewürzkräuter) und Alkaloide (wie die Alkaloid-Bitterkräuter). Die besten Beispiele für diese Geschmacksrichtung sind die Lobelie4 und Kava-Kava5. In geringerem Maße ist diese Eigenschaft auch in der Traubensilberkerze, dem Kalifornischen Germer und dem Blauen Eisenkraut zu finden.

Gallige Bitterkräuter haben in der Regel eine entspannende Wirkung, d. h. sie öffnen Blutgefäße und Lymphe, damit die Energie fließen und das Gewebe durchdringen kann. Sie können auch kühlend und trocknend wirken. Im Vordergrund steht die antispasmodische Wirkung, d. h. sie sind krampflösend. Man verwendet sie, um „störende Winde“ zu beseitigen, wie es in manchen traditionellen medizinischen Systemen genannt wird. Dazu gehören Beschwerden mit wechselhaften Zuständen, wie z. B. Fieber und Schüttelfrost oder Durchfall und Verstopfung. Auch Schmerzen, die von einer Körperregion zur anderen wandern, gehören in das Konzept der „störenden Winde“. Gallige Bitterkräuter lösen in der Regel Brechreiz und Erbrechen aus, wenn sie in größeren Mengen eingenommen werden. Eine hohe Dosierung oder langfristige Einnahme kann sich nachteilig auf die Nerven auswirken.

ADSTRINGIERENDE HEILKRÄUTER

Adstringierende Kräuter sind Heilpflanzen, die Gerbsäure enthalten. Die Gerbsäure verleiht den Pflanzen einen leicht bitteren Geschmack und verursacht ein austrocknendes, leicht prickelndes Gefühl im Mund. Grüner Tee ist adstringierend. Andere adstringierende Heilkräuter sind die Rinde der Amerikanischen Weißeiche, Bärentraubenblätter und Salbei.

Adstringierende Kräuter ziehen das Gewebe zusammen und trocknen es aus. Sie werden eingesetzt, um überschüssige Absonderungen zu stillen, schlaffes Gewebe zu straffen, Schwellungen zu reduzieren und die Blutgerinnung zu fördern. Äußerlich angewendet wirken sie als Gegengift bei Bissen und Stichen. Innerlich eingenommen verlangsamen sie die Darmperistaltik (stoppen dünnen, wässrigen Stuhl) und straffen die Darmmembranen.

Da sie die Verdauungssäfte in der Regel reduzieren und die Mineralstoffaufnahme beeinträchtigen können, werden Adstringenzien am besten zwischen den Mahlzeiten eingenommen. In hoher Dosierung können sie Verstopfung verursachen und eine langfristige Einnahme kann Haut und Schleimhäute reizen.

SAURE HEILKRÄUTER

Viele Beeren und Früchte haben einen sauren Geschmack, der auf verschiedene Fruchtsäuren (Zitronensäure, Apfelsäure und Ascorbinsäure) zurückzuführen ist, die meist zusammen mit Flavonoiden vorhanden sind. Flavonoide sind Antioxidantien und fiebersenkend.

Saure Kräuter sind kühlend und nährend. Sie können ausgleichend, leicht befeuchtend oder leicht austrocknend wirken. Sie werden eingesetzt, um Gewebeentzündungen und -reizungen zu lindern und Schäden durch freie Radikale zu reduzieren (die als Ursache für Alterung und degenerative Erkrankungen gelten). Sie können die Integrität der Kapillaren stärken und schwaches Gewebe kräftigen. Saure Kräuter gelten als gesund für die Leber und die Augen – zwei Organe, die mehr Antioxidantien verbrauchen als alle anderen Organe zusammen. Sie gelten als unbedenkliche Nahrungsmittel und haben keine Gegenanzeigen.

SALZIGE HEILKRÄUTER

Der salzige Geschmack von Pflanzen lässt sich nicht mit dem Geschmack von Kochsalz vergleichen. Es handelt sich um eine subtilere Geschmacksrichtung, die eher grasig oder nach Grünem schmeckt. Denken Sie an den Geschmack von Sellerie oder Spinat. Der subtil salzige Geschmack in diesen Lebensmitteln ist auf Mineralsalze zurückzuführen: Magnesium, Kalium, Natrium und Kalzium. Zu den salzigen Heilkräutern gehören grüne Kräuter wie Alfalfa, Königskerze und Seetang.

Salzige Heilpflanzen haben eine ausgleichende und nährende Wirkung. Sie können trockenes Gewebe befeuchten und feuchtes Gewebe trocknen. Sie sind nahrhaft, weil sie Mineralien liefern, die zur Stärkung und Heilung des Gewebes beitragen. Sie reinigen die Lymphgefäße, regen den Lymphfluss an, lösen Schleim und machen geschwollene Lymphknoten weich. Viele salzige Heilkräuter sind milde, nicht reizende Diuretika. Sie nähren die Nieren und unterstützen die Nierenfunktion. Im Allgemeinen sind sie sanft in der Wirkung und haben keine Gegenanzeigen.

SÜßE HEILKRÄUTER

Süße Kräuter sind nicht süß wie Zucker oder Honig. Man kann sie eher mit einer Tafel dunkler Schokolade vergleichen. Diese süße Geschmacksrichtung ist auf Polysaccharide oder Saponine zurückzuführen. Bekannte Beispiele für süße Heilkräuter sind Lakritze und Stevia sowie viele tonische und adaptogene Heilmittel wie Amerikanischer oder Koreanischer Ginseng. Auch Codonopsis (Dang Shen) und Astragalus sind Heilpflanzen mit süßlichem Geschmack.

Süße Heilkräuter sind eher befeuchtend und neutral, können aber auch leicht wärmend oder kühlend wirken. Sie werden zum Aufbau geschwächter Zustände eingesetzt, um einer Auszehrung entgegenzuwirken, die Drüsen zu stärken und die Energiereserven wieder aufzufüllen. Sie reduzieren Trockenheit und verlangsamen die Alterung des Gewebes. Viele von ihnen sind immunstärkend und haben eine stimulierende oder ausgleichende Wirkung auf die Immunfunktion.

Die meisten süßen Heilkräuter sind sehr gut verträglich und in kleiner Dosierung auch für eine langfristige Anwendung geeignet. Größere Dosierungen können den Körper überstimulieren und werden oft auf die gleiche Weise missbraucht wie andere Stimulanzien (Kaffee). Das trifft vor allem auf jüngere Menschen zu. Süße Heilkräuter wirken oft besser in Kombination mit anderen Kräutern als Teil einer Rezeptur. Als Einzelmittel sind sie oft nicht so effektiv.

SCHLEIMIGE HEILKRÄUTER

In den meisten Büchern wird der Begriff „schleimig“ nicht verwendet, im Allgemeinen spricht man von Heilpflanzen, die Schleimstoffe enthalten oder auch von Demulzenzien. Wir wählen dieses Wort aber bewusst. Schleimige Heilkräuter schmecken eher fade oder leicht süßlich, das herausragende Merkmal dieser Pflanzen ist jedoch ihre Konsistenz. Sobald sie mit Flüssigkeit in Kontakt kommen, werden sie glitschig und schleimig. Das ist auf die hydrophilen (wasserliebenden) Polysaccharide oder Mucopolysaccharide, wie zum Beispiel Gummi, Schleimstoffe oder Pektin zurückzuführen. Darüber hinaus können sie auch Glykosaminoglykane enthalten.

Okra ist zum Beispiel eine schleimige Heilpflanze. Auch Aloe vera, Rotulmenrinde und Kelp-Seetang gehören in diese Gruppe. Schleimige Heilkräuter sind befeuchtend, kühlend und nährend. Sie werden zur Linderung bei heißem, gerötetem, trockenem und gereiztem Gewebe eingesetzt. Innerlich eingenommen versetzen sie die Darmausscheidungen mit wasserlöslichen Ballaststoffen; wenn sie mit sehr viel Wasser eingenommen werden, wirken sie zudem als abführende Quellstoffe. Außerdem können sie Durchfall stoppen. Schleimige Kräuter nähren und fördern die gesunden Bakterien im Darm und wirken stärkend auf die Darmgesundheit. Sie absorbieren die von Galle und Leber abgesonderte Gallenflüssigkeit und senken so das Cholesterin und wirken entgiftend. Schleimstoffhaltige Pflanzen schützen die Darmschleimhaut und können äußerlich als Wickel oder Kompresse angewendet werden, um gereizte oder verletzte Haut zu beruhigen und den Heilungsprozess zu fördern. Wegen ihrer absorbierenden Eigenschaften sollten sie nicht zusammen mit anderen Nährstoffen und Medikamenten eingenommen werden. Ein übermäßiger Verzehr kann die Verdauung beeinträchtigen und zu sehr herunterkühlen. Diesem Umstand kann man vorbeugen, indem man sie zusammen mit einer kleinen Menge an aromatischen oder scharfen Heilkräutern einnimmt. Schleimige Kräuter müssen mit viel Wasser eingenommen werden, damit sie ihre volle Wirkung entfalten können.

ÖLIGE HEILKRÄUTER

Ölige Kräuter – überwiegend Samen – sind wegen ihres Anteils an Fettsäuren ölig in Geschmack und Beschaffenheit. Zu den öligen Heilpflanzen zählen Leinsamen, die Samen der Nachtkerze und die Kokosnuss.

Ölige Heilkräuter sind nährend und kühlend. Sie versorgen den Körper mit Fettsäuren, die zur Energiegewinnung und zur gesunden Funktion von Immun-, Nerven- und Drüsensystem benötigt werden. (Borretsch- und Nachtkerzenöl werden im Handel als prostaglandin wirksame Mittel angeboten.) Ölige Kräuter befeuchten trockenes Gewebe und machen es flexibler. Einige dieser Kräuter haben leicht abführende Eigenschaften und machen den Stuhl weicher, damit er einfacher ausgeschieden werden kann. Für ölige Heilkräuter gibt es keine Gegenanzeigen.

Die sechs Gewebezustände

Das Konzept der sechs Gewebezustände oder Terrains wurde ursprünglich von dem Kräuterkundler Matthew Wood ausgearbeitet. Sie beziehen sich auf die Gewebe des Körpers und sind komplementär zu den energetischen Eigenschaften der Heilkräuter, die wir am Anfang des Kapitels vorgestellt haben. Ein Ungleichgewicht im Terrain eines Gewebes kann systemischer oder organ- bzw. gewebespezifischer Natur sein. Wenn man erkennt, in welchem Zustand (Terrain) sich das Gewebe befindet und Heilkräuter verabreicht, die das Gleichgewicht im Gewebe wiederherstellen, wird man bessere Ergebnisse erzielen, als wenn man versucht, Heilpflanzen an Krankheitsbilder anzupassen.

Zu den Gewebezuständen gehören auch drei grundlegende Gewebeeigenschaften, die jeweils in gegensätzliche Pole eingeteilt werden. Der erste dieser Faktoren ist die Stoffwechselrate, die vorgibt, wie schnell oder langsam Energie im Gewebe produziert wird. Ein Gewebe kann überaktiv (hyperaktiv oder Überfunktion/Hyperfunktion) oder unteraktiv (unteraktiv oder Unterfunktion/Hypofunktion) sein. Sie entsprechen hier den Eigenschaften Hitze (überaktiv) und Kälte (unteraktiv). Der überaktive Zustand wird als Irritation oder Reizung bezeichnet, der unteraktive Zustand als Depression, Unterdrückung oder Schwäche.

Die zweite Gewebeeigenschaft ist die Dichte, die sich auf das Verhältnis von soliden (mineralischen) Elementen zu flüssigen Elementen (Wasser und Fette) bezieht. Wenn der Anteil an Flüssigkeit die festen Bestandteile übersteigt, befindet sich das Gewebe in einem Zustand der Stagnation, vergleichbar mit einem Sumpf. Gewinnen die festen Elemente die Oberhand, wird das Gewebe hart und trocken, diesen Zustand bezeichnet man als Atrophie. Diese beiden Gewebezustände werden auch feucht (Stagnation) und trocken (Atrophie) genannt.

Die dritte Gewebeeigenschaft bezieht sich auf die Spannung. Hier geht es um den Tonus der Gewebe im Allgemeinen und den Muskeltonus im Spezifischen. Überschießende Anspannung führt zu Konstriktion/Zusammenziehung, ein Mangel an Spannung führt zu dem atonischen Zustand der übermäßigen Entspannung oder Erschlaffung.

Diese sechs wesentlichen Faktoren in einem Körper, der nicht im Gleichgewicht ist – Irritation (Hitze), Depression (Kälte), Stagnation (Feuchtigkeit), Atrophie (Trockenheit), Konstriktion (Anspannung) und Erschlaffung (Atonie) – können allein oder in Kombination auftreten (wie z. B. Irritation mit Konstriktion oder Feuchtigkeit mit Depression). Am besten fangen Sie mit einfachen Ungleichgewichten an und Sie werden mit der Zeit auch komplexere Zusammenhänge erkennen können.

ENERGIEGEWINNUNG

In Bezug auf Irritation und Depression geht es um den Stoffwechsel und die Energiegewinnung. Bei einer Irritation ist die Energiegewinnung überschüssig; bei der Depression hingegen unzureichend.

Die Irritation ist eng verbunden mit Oxidation, Entzündung und Fieber, weshalb die traditionelle Kräuterheilkunde hier auch von „Hitze“ spricht. Gereiztes oder irritiertes Gewebe ist rot und fühlt sich warm an. Die Irritation geht häufig mit stechenden Schmerzen einher. Weitere Anzeichen von Hitze oder Irritation sind eine gerötete Zunge, ein rotes Gesicht, schneller Puls und Hyperaktivität.

Eine Irritation kann von chemischen oder infektiösen Reizstoffen oder Abfallprodukten des Stoffwechsels verursacht werden. Die Gewebe im Körper versuchen, die Energiegewinnung hochzufahren, damit der Reiz überwunden werden kann. Die Irritation ist der Mechanismus, mit dem die Zellen eine Entzündung und damit den Heilungsprozess in Gang bringen. Aufgabe der Entzündung ist es auch, beschädigte Zellen zu zerstören und die Immun- und Stammzellen zur Gewebereparatur an die Einsatzstelle zu locken. Eine akute Irritation ist nicht per se schlecht; Probleme entstehen dann, wenn das Gewebe chronisch gereizt ist.

Eine Irritation kann durch kühlende und befeuchtende Heilkräuter ausgeglichen werden. Die wichtigsten Pflanzen für diesen Zweck sind die sauren Heilkräuter, aber auch schleimige und ölige Heilkräuter, süße Tonika und einige Bitterkräuter haben eine kühlende Wirkung auf gereiztes Gewebe.

Die Depression ist das Gegenteil von Irritation. Gewebe, die geschwächt sind und in denen eine Unterdrückung stattfindet, fühlen sich kühl an und sind blass, aus diesem Grund spricht die traditionelle Kräuterheilkunde hier auch von „Kälte“. Falls dieser Zustand mit Schmerzen einhergeht, sind diese eher dumpf und wund schmerzend. Weitere Anzeichen für eine Depression im Gewebe sind Unterfunktionen, eine blasse Gesichtsfarbe, blasse Zunge und ein langsamer Puls.

Eine Gewebeschwäche oder -depression ist meist schwierig zu behandeln, weil sie ähnliche Zustände hervorruft wie die falsche Kälte einer Schilddrüsenunterfunktion oder einer Anämie. Auch können Infektionen in geschwächten/unterdrückten Geweben falsche Hitze auslösen. Eine echte Depression im Gewebe kann man an einem allgemeinen Schwächegefühl, einer blassen oder dunkelvioletten Zunge und einem langsamen Puls erkennen.

In der Kräuterheilkunde wird die Depression mit wärmenden Mitteln ausgeglichen. Zu den Hauptkräutern gehören aromatische und scharfe Heilpflanzen, aber auch wärmende aromatische Bitterkräuter können hilfreich sein.

Achten Sie auf die Energetik der Beschwerden und wenden Sie dann Heilkräuter mit den entsprechenden Eigenschaften an. Wenn Sie heiße (gereizte) Beschwerden mit wärmenden Kräutern oder kalte (deprimierte) Beschwerden mit kühlenden Kräutern behandeln wollen, werden Sie kein gesundes Gleichgewicht im Körper herstellen können.

MINERALIEN UND FLÜSSIGKEITEN

Stagnation und Atrophie beziehen sich auf den Flüssigkeitshaushalt des Körpers bzw. das Gleichgewicht zwischen den festen (mineralischen) und flüssigen Bestandteilen (Wasser und Fett) im Körper. Bei einer Stagnation gibt es zu viel Flüssigkeit mit einem zu geringen Mineralanteil, der diese Flüssigkeit in Bewegung hält. Bei einer Atrophie ist der Mineralgehalt zu hoch und es gibt nicht genügend Flüssigkeit, um die Lösung stabil zu halten.

Bei der Stagnation sammelt sich Flüssigkeit im Gewebe. Dies kann sich in Form von Ödemen oder geschwollenen Lymphknoten äußern, die Körperflüssigkeiten fließen nur träge. In der traditionellen Kräuterkunde wird die Stagnation oft als „Feuchtigkeit“ bezeichnet. Gewebe, die eine Stagnation aufweisen, fühlen sich weich und schwammig oder hart und geschwollen an. Die Zunge ist blass und feucht, auch am Puls kann man eine Kongestion fühlen, er wird mitunter als schlüpfrig wahrgenommen.

Stagnation wurde von den Eklektikern Mitte des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts als Torpor (Dumpfheit) bezeichnet. Kräuter, die den Torpor beseitigen, wurden Alterans (Umstimmungsmittel) oder Blutreinigungsmittel genannt. Umstimmungsmittel verändern die extrazelluläre Flüssigkeit um die Zellen herum, indem sie die Immunität anregen oder den Blut- und Lymphfluss verbessern. Bittere Kräuter brechen Stagnation auf. Aromatische, scharfe und adstringierende Kräuter helfen, die Feuchtigkeit in der Stagnation auszutrocknen.

Atrophie liegt vor, wenn das Gewebe hart und spröde wird. Wenn in einem Gewebe gute Fette und Wasser fehlen, wird es hart und unflexibel oder spröde. In der traditionellen Kräuterkunde wird dieser Gewebezustand als „Trockenheit“ bezeichnet. Viele Alterserscheinungen sind trocken, darunter Knochensporne, Arterienablagerungen, die Steifheit der Arthritis und der Elastizitätsverlust der Lunge beim Emphysem. Die trockene, faltige Haut, die zum Älterwerden gehört, und die brüchigen Knochen der Osteoporose sind Beispiele für Atrophie. Die Zunge ist tendenziell trocken und welk, der Puls wird dünn und schwach.

Heilkräuter, die man zur Behandlung von atrophen Zuständen verwendet, werden manchmal auch als Tonika bezeichnet. Sie geben einem geschwächten und kränkelnden Menschen wieder Kraft. Süße, schleimige und ölige Kräuter helfen, eine Atrophie auszugleichen.

Trocknende Kräuter sind bei Atrophie nicht sinnvoll und befeuchtende Kräuter helfen nicht, wenn eine Stagnation vorliegt. Es gibt neutrale Heilpflanzen, die bei Atrophie oder Stagnation eingesetzt werden können, um die festen und flüssigen Bestandteile im Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wir bezeichnen sie als ausgleichend.

DER GEWEBETONUS

Das letzte Paar der gegensätzlichen Pole im körperlichen Ungleichgewicht hat mit der Muskelspannung oder dem Muskeltonus zu tun. Die Muskeln kontrollieren den Fluss von Energie und Flüssigkeiten im Körper. Sind die Muskeln angespannt, wird dieser Fluss gehemmt oder unterbrochen. Ist der Muskeltonus aber zu schlaff oder das Gewebe ist verletzt, können Flüssigkeiten aus dem Gewebe abfließen oder auslaufen. Bei einer Konstriktion sind die Muskeln angespannt; eine Erschlaffung tritt ein, wenn die Muskeln locker werden oder das Gewebe verletzt ist und Flüssigkeit austritt.

Eine Konstriktion ist typisch, wenn zum Beispiel die Muskeln durch Überbeanspruchung müde werden. Muskeln verbrauchen Energie, wenn sie sich zusammenziehen und bauen Energie wieder auf, wenn sie sich entspannen. Sobald die Muskeln entweder durch übermäßige Beanspruchung oder durch Ernährungsmängel ermüden, verkrampfen sie sich. Dies kann zu starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Eine Konstriktion findet man auch bei manchen Formen des Bluthochdrucks, Spannungskopfschmerzen, Asthmaanfällen und einem Reizkolon vor.

Eine Konstriktion kann sich periodisch immer wieder entspannen, sodass der Damm bricht und es zu übermäßigen Absonderungen oder Sekretion kommt. Durchfall und Verstopfung im Wechsel, abwechselnd Fieber und Schüttelfrost und wandernde, wechselnde Schmerzen sind Beispiele hierfür. In einigen traditionellen Medizinsystemen werden diese Zustände als Winderkrankungen bezeichnet.

Bei Konstriktion werden antispasmodische (krampflösende) Heilkräuter eingesetzt. Antispasmodika sind in erster Linie scharf, aber es gibt auch aromatische, entspannende Heilpflanzen, die in der Regel auch das Nervensystem stärken.

Erschlaffung tritt auf, wenn das Gewebe wegen einer Verletzung oder einem schlaffen Muskeltonus Flüssigkeiten nicht mehr halten kann. Diesen Zustand der Entspannung sehen wir bei Durchfall, dem Leaky-Gut-Syndrom, übermäßiger Schleimproduktion, Blutungen, Harninkontinenz und übermäßigem Schwitzen. Adstringierende Kräuter wirken dieser Erschlaffung entgegen.

Mehr über die Gewebezustände erfahren Sie in Matthew Woods Buch The Practice of Traditional Western Herbalism und in seinem zweibändigen Werk The Earthwise Herbal.

Wie Sie das gewünschte Ergebnis erreichen

Um gute Ergebnisse erzielen zu können, müssen Sie die korrekte Diagnose stellen und die Situation richtig beurteilen. Darüber hinaus müssen Sie das richtige Heilmittel aussuchen, was unter anderem auch die richtige Form der Verabreichung und die passende Dosierung beinhaltet.

SCHRITT 1: DIE RICHTIGE BEURTEILUNG

Das wachsende Interesse an ganzheitlicher Gesundheit hat zu einem regelrechten Boom in der Anwendung von Heilkräutern geführt. Die meisten Menschen nehmen Heilkräuter aber losgelöst von den traditionellen Konzepten der Diagnostik ein. Die westliche medizinische Diagnostik ist nützlich, fokussiert aber oft auf die Entlastung von Symptomen anstatt auf echte Heilung der eigentlichen Ursache.

Menschen, die Heilkräuter einnehmen, um Symptome lediglich zu lindern, sind häufig von den Ergebnissen enttäuscht. Heilpflanzen sind keine isolierten chemischen Wirkstoffe oder Wundermittel und die meisten Kräuter zielen nicht auf spezifische biochemische Reaktionen ab, um eine schnelle Veränderung der Symptome zu bewirken, wie dies bei Medikamenten der Fall ist. Kräuter enthalten – wie alle anderen Nahrungsmittel auch – Tausende von chemischen Verbindungen, die auf äußerst komplexe Weise mit dem Körper interagieren. Es gibt Heilkräuter, die im Körper eine sehr starke Wirkung zeigen, darunter auch einige giftige Pflanzen, aber selbst diese Heilpflanzen wirken komplexer als die isolierten chemischen Verbindungen, die in der modernen Medizin eingesetzt werden.

Die gute Nachricht ist, dass sie dadurch relativ frei von Nebenwirkungen sind. Zum Nachteil ist jedoch, dass Heilkräuter bezüglich einer bloßen Linderung der Symptome nicht gut abschneiden, was eigentlich gar nicht so schlecht ist, wenn Sie darüber nachdenken. Heilkräuter stellen das Gleichgewicht im Körper wieder her, wie wir gerade in unserer Diskussion über die wesentlichen Kategorien der Heilkräuter und das biologische Terrain erläutert haben. Heilkräuter wirken am effektivsten, wenn man sie mit einer Ernährungsumstellung und einer Änderung des Lebensstils kombiniert, die die zugrunde liegenden Krankheitsursachen angehen.

Das führt uns zu einer weiteren guten Nachricht. Alle traditionellen Medizinsysteme, wie z. B. die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), die ayurvedische Medizin aus Indien, indigene Medizintraditionen und sogar die traditionelle westliche Kräuterheilkunde haben Methoden entwickelt, die darauf ausgelegt sind, umfassende und ursächliche Muster in einem Ungleichgewicht zu erkennen. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Diagnosesysteme auf die Wirkweisen der Heilpflanzen ausgerichtet sind. Ein gut ausgebildeter Kräuterheilkundiger versteht und kennt diese Konzepte und kann Ihnen helfen herauszufinden, welche pflanzlichen Heilmittel für Ihre Situation am besten geeignet sind. Das höchste Ziel eines Kräuterheilkundigen (oder eines anderen gut ausgebildeten Naturheilkundlers) ist es, die gesundheitlichen Probleme eines Menschen möglichst umfassend zu betrachten. Therapeuten, die mit Heilpflanzen arbeiten, verbringen in der Regel mehr als eine Stunde damit, ihren Klienten zuzuhören. Sie schauen sich den allgemeinen Gesundheitszustand an, erfassen die Krankheitsgeschichte und berücksichtigen Ernährung, Lebensstil und die mentale und emotionale Verfassung. Das Erkennen der zugrunde liegenden Ungleichgewichte, auf die die gesundheitlichen Beschwerden eines Menschen zurückzuführen sind, ist ein komplizierter und zeitaufwendiger Prozess, für ein gutes Ergebnis jedoch unerlässlich.

Es gibt kein spezifisches pflanzliches Heilmittel für chronische Müdigkeit. Das liegt daran, dass Müdigkeit viele Ursachen haben kann, zu denen Probleme wie Stress, emotionale Depression, Nährstoffmangel oder mitochondriale Dysfunktion gehören. Dasselbe Prinzip gilt für alle komplexen Gesundheitsprobleme, einschließlich Depressionen, Angstzustände und Autoimmunerkrankungen. Um etwas anderes als eine symptomatische Linderung zu erreichen, müssen die zugrunde liegenden Ursachen ermittelt werden.

Viele Menschen eignen sich genügend Wissen an, damit sie Heilkräuter als Erste-Hilfe-Maßnahmen einsetzen können oder um den Heilungs- und Genesungsprozess bei gewöhnlichen, selbstlimitierenden Krankheiten zu beschleunigen. Wenn Sie ernste gesundheitliche Beschwerden haben, empfehlen wir Ihnen, sich von einem professionellen Heilpflanzentherapeuten beraten zu lassen.6

Suchen Sie sich einen Kräuterspezialisten, dem Sie vertrauen. Die Beziehung zwischen Heiler und Patient ist ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses. Kräuterkundige stehen in der Regel nicht unter Zugzwang und müssen sich keine Sorgen über hohe Praxisausgaben machen oder darüber, wie viele Klienten sie in einer Stunde behandeln müssen. Sie nehmen sich viel Zeit, um eine Beziehung zu jedem Klienten aufzubauen.

All dies soll nicht bedeuten, dass Sie nicht auch einen Arzt aufsuchen dürfen. Wir arbeiten mit der modernen Medizin, nicht gegen sie. Obwohl das moderne Medizinsystem die meisten Ärzte in ein Praxismodell zwingt, das ihnen nicht genug Zeit lässt, um die Ursachen der Gesundheitsprobleme ihrer Patienten zu erforschen, stehen den Ärzten fortschrittliche diagnostische Instrumente und andere Ausstattungen zur Verfügung. Ernste gesundheitliche Beschwerden sollten immer von einem kompetenten Arzt überwacht werden.

SCHRITT 2: DIE WAHL DES PASSENDEN HEILMITTELS

Sobald Sie die Situation gründlich begutachtet haben und korrekt einschätzen können, ist es an der Zeit, sich dem passenden Heilmittel zuzuwenden. Das richtige Heilmittel muss nicht unbedingt eine Heilpflanze sein. Heilkräuter können Schlafmangel, Dehydrierung oder eine schlechte Ernährung mit hoch verarbeiteten Lebensmitteln nicht einfach so ausgleichen. Das Blaue Eisenkraut ist nicht die passende Heilpflanze für Angstzustände, die durch einen Magnesiummangel verursacht werden. Wählen Sie die Therapieform, die die gewünschten Ergebnisse auf dem für Sie sanftesten und nebenwirkungsfreien Weg erzielen kann. Die moderne Medizin ist auf starke, schnell wirkende Medikamente und Methoden ausgerichtet. Sie führen eine schnelle Veränderung der Symptome herbei, wirken sich aber langfristig negativ auf die Gesundheit aus. Menschen, die an schnelle Ergebnisse gewöhnt sind, denken vielleicht, eine potente Heilpflanze ist besser als eine milde oder gehen davon aus, dass die Menge der ausschlaggebende Faktor für den Behandlungserfolg sein muss.

Das ist aber nicht die Art und Weise, wie die traditionelle Heilkräuterkunde funktioniert. Den traditionellen Ärzten im alten Bagdad wurde die Marktlizenz entzogen, wenn sie ein starkes Heilmittel einsetzten, wo ein sanftes ausgereicht hätte oder ein sanftes Heilmittel verordneten, wo das Problem durch eine Ernährungsumstellung oder Veränderungen in der Lebensführung hätte behoben werden können.

Das richtige Mittel muss auf die richtige Art und Weise verabreicht werden. Viele Bücher über Heilkräuter enthalten keine Informationen über Darreichungsformen oder Methoden der Anwendung. Bei Halsschmerzen einfach eine Kapsel mit Süßholzwurzel zu schlucken wird nicht helfen. Süßholz muss mit dem Rachen in Kontakt kommen, d. h. Sie müssen das Pulver einnehmen, einen Tee trinken oder den Extrakt in niedriger Dosierung und kurzen Abständen einnehmen.

Das Thema Dosierung wird unter Heilkräuterkundigen kontrovers diskutiert. Es gibt Kräuterspezialisten, die Kräuter in kleinen Tropfenmengen verabreichen. Im Gegensatz hierzu ist es in der Traditionellen Chinesischen Medizin üblich, die Kräuter in großen Mengen zu dosieren. Manche Menschen reagieren schnell auf kleine Dosen, während andere größere Mengen benötigen, um eine Veränderung festzustellen. Um die für Sie geeignete Dosis zu finden, müssen Sie vielleicht ein wenig experimentieren. In Kapitel 11 finden Sie weitere Informationen zum Thema Rezepturen und Dosierungen.

2 Die Kanadische Gelbwurz (Hydrastis canadensis) ist in Deutschland rezeptpflichtig. Frei verkäuflich sind homöopathische Produkte ab Potenzierungsstufe D2.

3 Nur in homöopathischer Dilution erhältlich.

4 In Deutschland ist die Lobelie in der Regel nur in homöopathischer Form erhältlich.

5 Kava-Kava ist in Deutschland nicht erhältlich.

6 Im deutschsprachigen Raum helfen Portale wie https://heilpraktiker-direktsuche.de/, https://www.bdh-online.de/patienten/therapeutensuche/ oder http://www.zaen.org/aerzte.html und https://www.naturheilkunde.de/ bei der Therapeutensuche.

Kapitel 2

PFLANZLICHE HEILMITTEL

Die vielen Möglichkeiten der Zubereitung und Verwendung von Heilkräutern

Ob Sie nun pflanzliche Heilmittel selbst herstellen wollen oder fertige Produkte im Handel erwerben möchten, ein Verständnis der unterschiedlichen Herstellungsmethoden und Anwendungsmöglichkeiten ist in jedem Fall von Vorteil. Die folgenden Methoden sind für bestimmte Heilkräuter und Situationen geeignet. Jede hat ihre Vorund Nachteile. Lassen Sie uns also mit einem Überblick über das Thema beginnen.

Frische Heilkräuter

Die einfachste Art, Heilkräuter einzusetzen, ist die Verwendung des frischen Pflanzenmaterials. Heilkräuter können wild gesammelt oder im Garten angebaut werden. Kräuter wie Knoblauch, Ingwer, Basilikum und andere Küchenkräuter können Sie sogar frisch in jedem Supermarkt kaufen. Frische Kräuter zu verwenden, funktioniert genauso wie die Verarbeitung von frischem Obst und Gemüse. Wir wissen, dass je frischer das Obst und Gemüse ist, desto höher ist in der Regel auch der Nährwert. Das Gleiche gilt im Allgemeinen – aber nicht immer – für Heilkräuter. Je frischer das Pflanzenmaterial, desto wirksamer ist die Medizin.

Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Einige Kräuter können in frischem Zustand zu stark oder sogar leicht giftig sein, werden aber durch Trocknung oder Reifung in ihrer Wirkung gemildert. Die abführende Heilpflanze Cascara sagrada ist ein gutes Beispiel dafür. In frischem Zustand ist es ein starkes Emetikum und wirkt abführend, d. h. die frische Rinde löst heftiges Erbrechen und schweren Durchfall aus. Cascara muss getrocknet und mindestens ein Jahr lang gelagert werden, um seine Wirkung abzuschwächen. Die allgemeine Regel lautet jedoch, dass frisches Pflanzenmaterial immer besser ist.

Das Problem ist, dass nur sehr wenige Kräuter das ganze Jahr über frisch erhältlich sind. Um also ganzjährig verfügbar zu sein, muss frisches Pflanzenmaterial irgendwie verarbeitet werden, um es haltbar zu machen, entweder durch Trocknen des Pflanzenmaterials oder durch Extraktion in einem Medium, um es zu konservieren.

Mehr über die Verwendung frischer Kräuter erfahren Sie in Kapitel 3.

Das Trocknen ist die älteste und einfachste Methode, Heilkräuter haltbar zu machen. Die meisten Pflanzeninhaltsstoffe werden dadurch gut konserviert, sodass auch ein Großteil der medizinischen Eigenschaften der Pflanze erhalten bleiben. Getrocknete Kräuter lassen sich einfach lagern, indem Sie sie in einem luftdichten Behälter aufbewahren und vor Licht, Hitze und Feuchtigkeit schützen, die das Pflanzenmaterial ansonsten zersetzen würden. Die meisten getrockneten Heilkräuter behalten ihre Wirkung für mindestens ein bis zwei Jahre, einige sogar noch länger.

Generell gilt, dass Blüten, Blätter und andere empfindliche Pflanzenteile nach dem Trocknen schneller ihre Wirkung verlieren als härtere Pflanzenteile wie Rinden und Wurzeln. Bei aromatischen Heilkräutern ist der Verlust am größten, weil die ätherischen Öle mit der Zeit verdunsten und verloren gehen. Daher sollten aromatische Heilkräuter innerhalb von etwa einem Jahr aufgebraucht werden. Auf der anderen Seite können adstringierende Rinden und Wurzeln ihre Wirksamkeit auch noch nach zehn Jahren oder länger entfalten.

Getrocknete Kräuter können auf unterschiedlichste Weise eingesetzt werden. Wie weiter unten erläutert, können sie in loser Form verwendet oder zu Kapseln oder Tabletten verarbeitet werden. Mehr über das Trocknen von Kräutern und ihre Anwendung in getrockneter Form erfahren Sie im Abschnitt „Heilkräuter ernten und trocknen“ in Kapitel 3.

Getrocknete Heilkräuter

Getrocknete Heilkräuter sind in verschiedenen Verpackungsgrößen von wenigen Gramm bis zu einem Kilogramm oder mehr im Handel erhältlich. Ja nach Ausgangsmaterial können Sie eine Heilpflanze entweder als Pulver, geschnitten und gesiebt oder als ganze Pflanze kaufen. Der Beschreibung „geschnitten und gesiebt“ bedeutet, dass das Pflanzenmaterial in kleine Stücke geschnitten und anschließend gesiebt wurde, damit die zerkleinerten Pflanzenteile eine möglichst einheitliche Größe haben.

Wenn Sie die Heilpflanze für längere Zeit aufbewahren wollen, empfehlen wir, geschnitten und gesiebte oder ganze Heilpflanzen zu kaufen anstatt Pflanzenpulver. Je mehr Oberfläche vorhanden ist, die mit Luft in Berührung kommen kann, desto schneller verliert das Pflanzenmaterial seine Wirkung. Das trifft vor allem auf die aromatischen Heilkräuter zu, da sich die ätherischen Öle aus dem Pulver schneller verflüchtigen. Sollten Sie das Pflanzenmaterial zu einem späteren Zeitpunkt pulverisieren wollen, können Sie das mit einer guten Mühle selbst tun.

Getrocknete Heilkräuter können auf vielfältige Weise verwendet werden. Pulverisierte Heilkräuter können in Lebensmittel eingerührt und eingenommen werden oder lassen sich zur äußerlichen Anwendung zu Umschlägen und Wickel verarbeiten. Kräuterpulver können zu Tabletten gepresst oder in Kapseln abgefüllt werden. Getrocknete Heilpflanzen können auch für Tees aufgebrüht oder zur Herstellung verschiedener Kräuterextrakte verwendet werden.

KAPSELN

Heilkräuter werden inzwischen sehr gern in Kapselform eingenommen, weil es eine einfache und bequeme Darreichungsform ist. Pulverisierte und getrocknete Heilkräuter werden in Gelatinekapseln gefüllt, damit das Pulver einfach geschluckt werden kann. Einer der größten Vorteile der Kapseln ist, dass sie geschmacksneutral sind. Das macht sie besonders wertvoll für die Einnahme von unangenehm schmeckenden, bitteren oder galligen Heilkräutern. Außerdem bleibt das gesamte Pflanzenmaterial vollständig erhalten, einschließlich der Pflanzenfasern.

Die meisten Gelatinekapseln werden aus tierischen Nebenprodukten hergestellt, was für Vegetarier oder Veganer ein Problem darstellen kann, im Handel gibt es aber auch rein pflanzliche, vegetarische Alternativen. Wenn Sie bereit sind, ein wenig Mühe auf sich zu nehmen, können Sie sogar die Kapseln und das Pulver getrennt kaufen und Ihre eigenen Kapseln abfüllen.

Kapseln haben allerdings auch einige Nachteile. Erstens ist es bei Kapseln schwieriger, die Dosierung einzustellen, was besonders auf stark wirksame Pflanzenstoffe zutrifft. Bei der Einnahme einer alkoholischen Tinktur können Sie die Dosis Tropfen für Tropfen anpassen, aber es ist schwierig, eine Kapsel zu halbieren oder gar zu vierteln. Heilkräuter wie Lobelia, Traubensilberkerze und andere stark wirkende oder leicht giftige Pflanzen werden daher am besten in flüssiger Form eingenommen, um eine genauere Dosierung zu ermöglichen. Wenn Sie dagegen mehrere Teelöffel eines Kräuterpulvers (z. B. Flohsamenschalen oder Ulme) für eine wirksame Dosis benötigen, sind das eine Menge Kapseln, die Sie schlucken müssen.

Auch der Geschmacks- und Geruchsverlust bei dieser Art der Einnahme erschwert die Dosierung. Ihr Geschmacks- und Geruchssinn sind Wächter, die Ihnen helfen zu entscheiden, was Sie Ihrem Körper zuführen oder auch nicht. Obwohl industrielle, raffinierte Lebensmittel diese Wächter mithilfe von Geschmacksstoffen, Zucker, Salz und verarbeiteten Fetten austricksen, wird der Verzehr von naturbelassenen Nahrungsmitteln von Ihren Sinnesorganen gut reguliert. Sobald Sie eine bestimmte Menge eines natürlichen Lebensmittels wie Äpfel oder Karotten gegessen haben, fällt es Ihnen plötzlich sehr schwer, mehr zu essen. Ihr Körper sagt, genug ist genug.

Das Gleiche gilt für die Einnahme eines Heilkräutertees oder -extrakts. Selbst wenn er unangenehm schmeckt, werden Sie sich dazu überwinden können, eine bestimmte Menge einzunehmen; sobald Ihr System aber gesättigt ist, wehrt der Körper die weitere Einnahme ab und es wird zunehmend schwerer, den Tee oder den Extrakt zu schlucken. Geschmack und Geruch helfen Ihnen also, die genaue Dosis zu regulieren, die Ihr Körper braucht, was bei Kapseln nicht möglich ist.

Es gibt noch einen weiteren, eher unbekannten Nachteil bei der Verwendung von Kapseln (und Tabletten). Heilkräuter haben eine primäre Wirkung, die über die Sinnesorgane läuft und über das Nervensystem eine unmittelbare Wirkung auf den Körper hat. Sobald Ihre Geschmacksknospen zum Beispiel würzige Speisen oder scharfe Heilpflanzen wie Cayennepfeffer wahrnehmen, entsteht im Körper fast unmittelbar ein wärmendes Gefühl. Das Gesicht kann rot werden und Schweißperlen können auf Ihre Stirn treten. Vielleicht bemerken Sie auch, dass vermehrt Schleim aus den Nebenhöhlen läuft oder sich in der Lunge löst.

Dies sind keine Reaktionen, die auf der Verdauung, Absorption und Verwertung der Pflanzenwirkstoffe beruhen. Es handelt sich um Reaktionen des Nervensystems, die in Gang kommen, weil die Sinnesorgane angeregt wurden. Wenn Sie nun die gleichen scharfen Heilkräuter in einer Kapsel schlucken, treten diese primären Wirkungen nicht auf. Sie profitieren dann nur von den sekundären Wirkungen, die auftreten, nachdem die Inhaltsstoffe der Pflanze vom Körper aufgenommen wurden. Die sekundären Wirkungen treten innerhalb von fünfzehn Minuten bis zu mehreren Stunden nach der Einnahme der Heilpflanze auf.

Bei Heilkräutern gibt es bestimmte Aspekte in der Heilwirkung, die fast ausschließlich von der primären Wirkung abhängen. Zum Beispiel regt das Schmecken von Bitterstoffen die Verdauungssäfte an, wie z. B. die Salzsäure im Magen. Aus diesem Grund werden auch die einfachen Bitterstoffe des Enzians als verdauungsförderndes Mittel fünfzehn bis zwanzig Minuten vor dem Essen in flüssiger Form eingenommen, um die Verdauungsfunktion zu verbessern. Sie könnten nicht annähernd die gleiche Wirkung erzielen, wenn Sie den Enzian in einer Kapsel einnehmen.

Ebenso wirken schweißtreibende Mittel wie die Schafgarbe am besten, wenn sie als heißer Aufguss oder als Extrakt mit reichlich warmem Wasser eingenommen werden, um das Schwitzen anzuregen. Wenn Sie die Schafgarbe in einer Kapsel schlucken, hat sie nicht dieselbe Wirkung.

Es sind auch diese primären Wirkungen, die dafür sorgen, dass viele Heilkräuter schneller zu wirken scheinen, wenn sie in flüssiger Form eingenommen werden. Ein weiterer Grund ist, dass der Körper Zeit braucht, um eine Kapsel aufzulösen, das getrocknete Pulver zu rehydrieren und die Inhaltsstoffe der Pflanze aufzunehmen. Heilkräuter in flüssiger Form stehen für eine sofortige Aufnahme zur Verfügung.

Es gibt allerdings eine Möglichkeit, von der primären Wirkung einer Heilpflanze auch dann noch zu profitieren, wenn sie in Kapsel abgefüllt eingenommen wird. Sie können mehrere der mit Pulver gefüllten Kapseln vorsichtig öffnen und das Pulver in den Behälter mit den restlichen Kapseln streuen. Anschließend verschließen Sie das Glas und drehen es langsam in verschiedene Richtungen, bis alle Kapseln mit dem Pulver bedeckt sind. Auf diese Weise können Sie bei jeder Einnahme etwas von dem Kräuterpulver schmecken und die Geschmacksrezeptoren auf Ihrer Zunge aktivieren. So können Sie von der primären Wirkung der Pflanze profitieren und den Großteil des Heilkrautes aber einnehmen, ohne dass Sie es schmecken müssen.

TABLETTEN

Obwohl Tabletten häufiger für Nahrungsergänzungsmittel als für phytotherapeutische Produkte verwendet werden, sind einige Heilkräuter auch in Tablettenform erhältlich. Sie sind immer noch die bevorzugte Darreichungsform für viele patentierte Kräuterprodukte aus der chinesischen Medizin. Zur Herstellung von Tabletten werden Kräuterpulver mit einer Substanz gemischt, die als Bindemittel dient. Anschließend werden sie gerollt oder gepresst, um die Tabletten zu formen.

In China werden rundliche Kräutertabletten hergestellt, indem das Kräuterpulver zuerst in eine rotierende Trommel gegeben wird. Anschließend wird Sirup in die Trommel geträufelt, der bewirkt, dass das Kräuterpulver zusammenklebt und kleine runde „Tabletten“ formt. Diese werden dann nach Größe sortiert und getrocknet. In den Vereinigten Staaten wird das Pulver im Allgemeinen gemischt und dann zu länglichen Tabletten gepresst.

Presslinge werden häufig mit einem Überzug versehen, um sie vor Feuchtigkeit zu schützen und sie lagerfähig zu machen. Das Überzugsmittel ist oft ein durchsichtiger pflanzlicher Schellack.

Tabletten haben so ziemlich die gleichen Vor- und Nachteile wie Kapseln. Auch hier können Sie unangenehmen Geschmack vermeiden und die Dosierung schwerer beeinflussen. Abhängig von den verwendeten Bindemitteln und Überzügen können Presslinge schwerer verdaulich sein als Kapseln. Man weiß, dass manche Menschen Tabletten weitgehend unverdaut wieder ausscheiden. Außerdem sind auf dem Etikett möglicherweise nicht alle Füllstoffe, Bindemittel und Überzüge aufgelistet.

Flüssige Heilkräuterauszüge (Extrakte)

Sobald Sie eine Pflanze ernten, beginnt die Zersetzung ihrer Bestandteile. Da dem Menschen das Enzym Cellulase fehlt, das man braucht, um die Zellwandstruktur von Pflanzen aufzubrechen, könnte man argumentieren, dass Sie durch das bloße Zerkauen einer frisch geernteten Pflanze niemals deren volle medizinische Wirkung erschließen können. Aus diesem Grund werden aus Heilkräutern in der Regel medizinisch wirksame Flüssigextrakte gewonnen, traditionell geschieht dies mit Wasser, um Aufgüsse (Tees) und Abkochungen herzustellen.

Die Flüssigkeit, mit der die Wirkstoffe aus der Pflanze extrahiert werden, wird Lösungsmittel oder Menstruum genannt. Menstruum ist ein alter alchemistischer Begriff für eine Substanz, die einen Feststoff auflöst. Die Lösungsmittel oder Menstrua, die wir in diesem Buch besprechen werden, sind Wasser, Sirup (Wasser und Zucker), Alkohol, Glycerin, Essig und Öl. Bei industriellen Verfahren zur Herstellung standardisierter Extrakte können auch chemische Lösungsmittel wie Aceton verwendet werden.

Für jedes Menstruum gilt, dass es Wirkstoffe gibt, die es sehr gut extrahieren kann und Wirkstoffe, die es nicht so gut extrahieren kann. Wasser ist ein schlechtes Lösungsmittel für Harze, aber ein großartiges Lösungsmittel für Kohlenhydrate; Alkohol ist ein sehr gutes Lösungsmittel für viele medizinisch wirksame Pflanzenstoffe, aber nicht für Schleimstoffe; und Glycerin allein (ohne Hitze und Wasser) ist ein schlechtes Lösungsmittel für die meisten Inhaltsstoffe außer ätherischen Ölen.

Im Folgenden möchte wir Ihnen eine Einführung geben in die Herstellungsverfahren der Flüssigextrakte, die wir in diesem Buch besprechen. Weitere Informationen über Lösungsmittel und Löslichkeit finden Sie in Kapitel 5 und die Anleitungen zur Herstellung dieser verschiedenen Extrakte in Kapitel 6.

WÄSSRIGE EXTRAKTE

Wasser ist das älteste Extraktionsmittel für Heilkräuter und immer noch eine der einfachsten und leichtesten Methoden, um Kräuter in flüssige Form zu bringen. Im Grunde genommen gibt es zwei unterschiedliche Formen der wässrigen Extrakte: Aufgüsse und Abkochungen (Dekokte).

Aufgüsse sind auch als Kräutertees oder Tisanes (ein Begriff aus dem Französischen) bekannt. In der Regel stellt man sie her, indem man eine Heilpflanze mit kochendem Wasser übergießt und für eine bestimmte Zeit ziehen lässt, bevor man sie abseiht. Es gibt auch kalte Aufgüsse, bei denen Sie das Kraut einfach in Wasser einweichen, wie zum Beispiel bei der Zubereitung eines Sonnentees. Aufgüsse werden im Allgemeinen für empfindlichere Pflanzenteile wie Blüten und Blätter verwendet. Man bereitet vor allem aromatische und wohlschmeckende Heilkräuter auf diese Weise zu.

Abkochungen unterscheiden sich von Aufgüssen insofern, dass man hier die Heilpflanze in Wasser köcheln lässt. Man bringt Wasser zum Kochen, gibt die Heilkräuter in das Wasser, reduziert die Hitze und lässt das Ganze eine bestimmte Zeit lang simmern. Abkochungen können Inhaltsstoffe herausziehen, die sich nicht so leicht aus dem Pflanzenmaterial lösen lassen. Durch Abkochungen kann man mehr Mineralien, Gerbstoffe und Bitterstoffe extrahieren, als dies bei Aufgüssen möglich ist.

Sowohl Aufgüsse als auch Abkochungen sind preiswert und einfach herzustellen. Sie sind auch eine wirksame Art, die meisten unserer Heilkräuter einzunehmen. Sie können mehrere Tage im Kühlschrank aufbewahrt und je nach Bedarf eingenommen werden. Da man den Tee schluckweise genießt und die Pflanze tatsächlich schmeckt, können die Sinnesorgane des Körpers die richtige Dosierung leicht regulieren.

Tees und Abkochungen eignen sich nicht für unangenehm schmeckende Kräuter und darüber hinaus gibt es einige Inhaltsstoffe, die nicht wasserlöslich sind. Sie sind also nicht für jede Situation geeignet, aber sie gehören zu den wichtigsten, fundamentalen Heilkräuterextrakten überhaupt.

SIRUPE

Ein Sirup ist eine Extraktion auf Wasserbasis, die auf die gleiche Weise wie ein Dekokt hergestellt wird, aber mit einer Mischung aus Wasser und einem Süßungsmittel, typischerweise Rohzucker oder Honig. Das Verhältnis ist normalerweise 50 % Zucker oder Honig zu 50 % Wasser. Sirupe sind eine gute Möglichkeit, den Geschmack von bitteren Kräutern zu überdecken und werden normalerweise als Erkältungs- und Hustenmittel verwendet. Sie sind nährend und befeuchtend und eignen sich hervorragend zur Behandlung von Halsschmerzen, Husten und Verdauungsbeschwerden.

Honig hat selbst heilende Eigenschaften und steigert den medizinischen Wert eines Sirups. Allerdings ist Honig für Kinder unter zwölf Monaten nicht geeignet. Sirupe sind eine ausgezeichnete Darreichungsform für Kinder und ältere Menschen, aber ihr hoher Zuckergehalt ist problematisch bei Diabetes oder anderen Situationen, in denen Zucker vermieden werden muss. Sirupe besitzen außerdem eine kurze Haltbarkeit. Gekühlt kann man sie etwa einen Monat lang aufbewahren. Die Haltbarkeit eines Sirups kann jedoch durch die Zugabe von Alkohol verlängert werden.

ALKOHOLISCHE EXTRAKTE (TINKTUREN)