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Die Gedichte in diesem Buch sind in den Jahren 1981 bis 1992 entstanden. Sie wurden in 2017 und 2018 überarbeitet (zum Teil, in Anlehnung an die Originale, sogar komplett neu geschrieben) und für die vorliegende Veröffentlichung zusammengestellt. Das Spektrum reicht von Dada und Unsinn über Liebesgedichte bis zu düsteren Gedanken. Manches reimt sich und ist streng rhythmisch, anderes nicht.
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Seitenzahl: 28
Veröffentlichungsjahr: 2018
Torsten Kelsch
Die Nacht ist dunkelblau,nicht schwarz
Gedichte
Impressum
Verfasser:
Torsten Kelsch
Viktoriastraße 2
42853 Remscheid
Fotografie, Grafik, Umschlaggestaltung:
Torsten Kelsch
Druck:
epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Prinzessinnenstraße 20
10969 Berlin
Erscheinungsdatum: 29.08.2018
ISBN 978-3-7467-5740-7
Ich habe Durst.
Ein kranker Mond geht auf.
Das Leitungswasser ist trüb.
Blumen welken im fahlen Licht der Nacht.
Bilder fallen von den Wänden.
Hunde beißen Fleisch aus meinem Leib.
Die Blumen knicken um.
Ich falle todmüde ins Bett.
Ich bin ein später Gast.
Ich komme, wenn es keinem passt.
Ich bin ein später Geist,
den man ein Nachtgespenst auch heißt.
Und später bin ich Greis,
an Weisheit reich, die Haare weiß.
Ich muss heute Nacht
mit jemandem sprechen.
Ich wähle eine Nummer
und warte, bis der Hörer abgenommen wird.
Aber zu meinem Entsetzen
bin ich es selbst, der sich am anderen
Ende der Leitung meldet.
Ich bin völlig verwirrt.
Darauf war ich nicht vorbereitet.
»Entschuldigung«, stammele ich,
»ich habe mich verwählt.«
Doch ich am anderen Ende sage zu mir:
»Schon gut,
reden wir eine Weile,
ich bin ein geduldiger Zuhörer.« –
»Nein, nein«, antworte ich hastig,
»ich bitte um Entschuldigung,
auf Wiederhören.« Ich lege auf.
Ich kann die ganze Nacht nicht schlafen:
Ich habe Angst, ich könnte
zurückgerufen werden.
Ich stehe angewurzelt, um mich blickend,
verharrend in der Magie des Augenblicks.
Die Sterne stehen tief heute Nacht,
schweben dicht überm Erdboden,
werden schließlich völlig verschluckt.
Nebel steigt auf von der Erde,
verdichtet sich, legt sich als Ring
um die Anhöhe, wo ich stehe.
Aber als ich warte, dass auch ich
eingehüllt werde vom feuchten Nebel
oder einsinke ins schlammige Erdreich,
wird die Erde unter meinen Füßen hart.
Wasser und Erde verstoßen mich.
Ich muss mein Glück
beim Feuer und bei der Luft
versuchen.
Alles war leicht.
Alles war einfach, wir vergaßen
die Kompliziertheit des Lebens.
Wir fuhren sehr ruhig über die
dunkle Autobahn, wir glitten –
wie im Raumschiff vielleicht durchs
luftleere All.
Es war Nacht, wir konnten Farben und Formen
nicht genau erkennen;
aber unsere Worte waren ganz deutlich,
unsere Berührungen.
Am Tag wäre alles schwieriger gewesen,
der Tag ist grell, laut und aufdringlich.
Aber es war Nacht, und alles war leicht.
Die Sterne waren sehr nah.
Wir waren im Hier und Jetzt,
im Paradies, im Himmel.
Wir brauchten keine Farben und Formen,
wir lachten in die Nacht hinein.
Alles war leicht.
Zur Schlafenszeit geh ich aufs Klo –
vorm Pennen noch mal kacken.
Ich denke nach, sinniere so;
ich hab halt meine Macken.
Ich sitze im Toilettenraum
und schaue aus dem Fenster –
da trau ich meinen Augen kaum
und glaub, ich seh Gespenster:
Ein Brontosaurus latscht vorbei.
Den würde ich gern fangen.
Dem Dino bin ich einerlei.
Der Mond ist aufgegangen.
Schlaf geschwind, jetzt schlaf, Kindchen, schlafe.
Wenn’s nicht klappt, zähl Wölfe und Schafe.
Oder zähl die Prostituierten;
träum schön von der hundertundvierten.
Denk an eine drahtige Bürste
oder an verdorbene Würste.
Zähle Kämpfe, Schlachten und Kriege,
schlafe endlich ein auf der Liege.
Schlaf schon ein bei offenem Fenster,
zähle Monster, Geister, Gespenster.
Zähl die vielen traurigen Stunden,
zähle deine Narben und Wunden.
Ausnahmsweise trink etwas Rotwein.
Nervensäge, kannst du nicht tot sein?
Die Nacht ist seltsam rund
sie dreht sich um den Kopf
in meinen Kopf hinein