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Die Gedichte in diesem Buch entstanden in den Jahren 1980 bis 1992. Sie wurden 2018 überarbeitet und für die vorliegende erstmalige Veröffentlichung zusammengestellt. Einige Gedichte wurden komplett neu geschrieben. Das Spektrum reicht von Dada, Unsinn und Heiterem über Liebesgedichte bis hin zu düsteren Gedanken. Manches reimt sich und ist streng rhythmisch, anderes nicht.
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Seitenzahl: 28
Veröffentlichungsjahr: 2023
Torsten Kelsch
Grün sind alle meine Farben
Gedichte
Impressum
Verfasser:
Torsten Kelsch
Viktoriastraße 2
42853 Remscheid
Fotografie, Grafik, Umschlaggestaltung:
Torsten Kelsch
Druck:
epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Prinzessinnenstraße 20
10969 Berlin
Erscheinungsdatum: 15.11.2018
ISBN: 978-3-7467-8041-2
Ich habe meine Regenbogenfarben
getauscht gegen Schwarz und Weiß.
Mein Leben ist jetzt übersichtlicher,
einfacher, konkreter.
Aber schon beginne ich,
meinen alten Regenbogen zu vermissen.
Wenigstens Rot
will ich zurückhaben
und Grün
und Blau.
Ein Brandgeruch liegt auf der Stadt,
und Schwefel färbt den Himmel gelb.
Ich will durch grüne Gärten gehn,
ich hab das ganze Ocker satt.
Das Umbra sieht so hässlich aus,
wer hat die Häuser angemalt?
Ich kann nur Gelb und Braun noch sehn,
die hängen mir zum Hals heraus.
Wo kann das Paradies nur sein,
ich suche es zuletzt in mir.
Ich finde nichts, muss ich gestehn,
ich stelle mich auf Trauer ein.
Ich sollte malen.
Ich sollte mir alles von der Seele malen,
alles, was mich bedrückt,
ängstigt, belastet.
Ich sollte malen, ja.
Aber ich lasse die Farbtuben im Schrank,
ich hole die Pinsel gar nicht erst hervor.
Ich habe keine so große Leinwand.
In der nächtlichen Stadt,
als nur wenige Lampen leuchteten,
hielten wir uns in den Armen,
mit der Zärtlichkeit der Verzweifelten,
unfähig, uns gegenseitig zu helfen.
Wir gaben uns von dem Wenigen, das wir hatten:
Blicke, Worte, Berührungen.
Du botest mir ein goldgelbes Bonbon an.
Dir gefiel mein goldbraunes Hemd;
vielleicht schenke ich es dir einmal.
Ich habe schlaflose Nächte vor mir.
Ich wünschte, ich könnte deine Probleme für dich lösen.
Ich gehe spazieren.
Ich trinke Kaffee.
Ich male Kirchen, in Öl und in Aquarell.
Die Höhenflüge sind vorbei.
Mein Flugzeug stürzt ab,
ich halte mich an den Wolken fest.
Ich regne zur Erde hinunter,
mit dem Kopf zuerst, ich falle hart.
Um mich wird es schwarz.
Ich stehe wieder auf nach einer Zeit,
mit Kopfschmerzen zwar,
aber nicht mutlos.
Konfekt soll vom Himmel hageln,
Honig soll stromaufwärts fließen,
ich will das Paradies zurück.
Ich sagte: Jetzt erkenne ich,
welche Farbe deine Augen haben.
Und du sagtest:
Und welche Farbe haben sie?
Und ich sagte: Grün.
Und du sagtest: Ja!
Deine Haare sind nicht orange,
wie du gesagt hast!
Sondern?, fragtest du.
Gelb! Wir lachten.
Aber schon heute kann ich mir dein Gesicht
nicht mehr vorstellen.
Nur noch die Farbe deiner Augen
und Haare.
Oh, ich liebe die Nationalflagge
meines Landes:
schwarz wie die Nacht
und rot wie Blut;
aber golden wie Gold,
das macht ja alles wieder gut.
Im Falle eines Falles:
Deutschland, Deutschland über alles!
Aus einer großen
Wundertüte:
das Wirtschaftswunder
voll in Blüte!
Doch ist die Tüte plötzlich leer
nach einem – sagen wir – Jahrhundert,
ja was denn dann? – Das ist nicht schwer:
Dann hat sich’s eben ausgewundert!
Eine Veranda. Sonne.
Wie der Wind um die Ecken schleicht,
umherstreicht,
herumstreichelt, warm, zärtlich.
Blütenduft, das Grün des Laubes,
dieses intensive Grün, Leben.
Eine leichte Müdigkeit,
angenehme Schläfrigkeit. Der Kaffeeduft.
Jetzt umarme mich.
Ein Turm. Sonne.
Wie der Wind durchs Haar fühlt,
es durchwühlt, die Haut kühlt,
frisch, sanft, verspielt.
Weißer Sand, Sandberge,
Sandburgen, Sandbänke.
Jetzt halte mich.
Meine Gedanken versinken im Meer.
Jetzt umarme mich.
Vergissmeinnicht ist hässlich,
doch ich bin hübsch und
unvergesslich.
Vergiss doch meine Nelken,
hab mich im Kopf, lass
mich nie welken.