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Die Novellierung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) im Jahr 2019 wird eine Vielzahl von für die bauliche Praxis wichtigen Änderungen mit sich bringen. Durch eine Gegenüberstellung der alten und der neuen Vorschriften soll das Werk dem Leser ermöglichen, sich einen schnellen und umfassenden Überblick über die Neuerungen zu verschaffen. In einer Einführung werden darüber hinaus die wesentlichen Änderungen prägnant kommentiert, wobei auch auf die gesetzgeberischen Ziele eingegangen und weiterführende Anwendungshinweise gegeben werden.
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Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Synopse mit einer erläuternden Einführung
von
Wolfgang SteinMinisterialrat, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und WohnungsbauBaden-Württemberg
Verlag W. Kohlhammer
1. Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-038104-9
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-038105-6
epub: ISBN 978-3-17-038106-3
mobi: ISBN 978-3-17-038107-0
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Die Novellierung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) im Jahr 2019 wird eine Vielzahl von für die bauliche Praxis wichtigen Änderungen mit sich bringen. Durch eine Gegenüberstellung der alten und der neuen Vorschriften soll das Werk dem Leser ermöglichen, sich einen schnellen und umfassenden Überblick über die Neuerungen zu verschaffen. In einer Einführung werden darüber hinaus die wesentlichen Änderungen prägnant kommentiert, wobei auch auf die gesetzgeberischen Ziele eingegangen und weiterführende Anwendungshinweise gegeben werden.
Wolfgang Stein, MR im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit u. Wohnungsbau Baden-Württemberg.
Am 17. Juli 2019 hat der baden-württembergische Landtag das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg beschlossen. Damit hat er nach den in den Jahren 2010 und 2015 verabschiedeten umfassenden Novellierungen und den beiden begrenzten Änderungen zur Neuordnung des Bauproduktenrechts (§§ 16a bis 25, § 73a LBO) sowie zur Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie der EU (§§ 51 und 55) im Jahr 2017 eine weitere umfangreiche Überarbeitung der Landesbauordnung vorgenommen.
Die neuerliche Änderung der Landesbauordnung hat nicht nur wichtige baurechtliche Anforderungen modifiziert, sondern sie hat auch für die baubehördlichen Verfahren in der Praxis teilweise erhebliche verfahrensmäßige Neuerungen mit sich gebracht.
Dieses Buch soll all jenen, die sich beruflich mit dem Bauordnungsrecht befassen, aber auch Bauherren und anderen Interessierten helfen, sich in möglichst kurzer Zeit einen umfassenden Überblick über die Neuerungen der Landesbauordnung 2019 zu verschaffen. Um dies zu erreichen, wird der neue Wortlaut des Gesetzes, wie es seit dem 1. August 2019 gilt, in Form einer Synopse dem Wortlaut der bisherigen Fassung gegenübergestellt.
Der Synopse vorangestellt wird eine Einführung, in der alle wichtigen Neuregelungen erläutert werden und auf wichtige Rechtsfolgen hingewiesen wird. Im Rahmen dieser Einführung werden auch die wesentlichen Passagen aus der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf wiedergegeben.
Ich hoffe, dass dieses Buch damit alles Notwendige enthält, um dem Leser eine wertvolle Hilfe für den schnellen Zugang zur neuen Landesbauordnung 2019 zu sein.
Stuttgart, im August 2019Wolfgang Stein
Vorwort
Einführung
Landesbauordnung 2019 (Synopse)
Stichwortverzeichnis
Hinweise:
§§ ohne Angabe des Gesetzes sind solche der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO).
Textpassagen in Kursivschrift sind Ausführungen der offiziellen Begründung zu dem Gesetzentwurf.
Diese Ausführungen sind enthalten in folgenden Drucksachen des Landtags von Baden-Württemberg:
– Drucksache 16/6293 (Gesetzentwurf zur Änderung der Landesbauordnung),
– Drucksache 16/6477 (Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses).
Übersicht
A.
Allgemeines zur Novellierung der Landesbauordnung
B.
Die wesentlichen Änderungen im Einzelnen
1.
Materiell-rechtliche Änderungen
1.1
Ermöglichung dickerer Wärmedämmung im Gebäudebestand (§ 5 Absatz 6 Satz 2)
1.2
Geringere Abstandsflächen bei urbanen Gebieten (§ 5 Absatz 7 Nummer 2)
1.3
Vereinfachung der Kinderspielplatzpflicht (§ 9 Absatz 2; § 74 Absatz 4 Nr. 2)
1.4
Beschränkung von Werbeanlagen in Dorfgebieten (§ 11 Absatz 4)
1.5
Barrierefreiheit bei Wohnungen (§ 35 Absatz 1)
1.5.1
Wohnungen in allen Arten von Gebäuden (§ 35 Absatz 1 Satz 1)
1.5.2
Wohnungen in mehreren Geschossen (§ 35 Absatz 1 Satz 1)
1.6
Erleichterungen bei der Schaffung von Wohnraum im Gebäudebestand (§§ 35, 37)
1.7
Modifizierung der Fahrradstellplatzpflicht bei Wohnungen (§ 35 Absatz 4 Satz 1, § 37 Absatz 2)
1.8
Streichung der Flächen zum Wäschetrocknen (§ 35 Absatz 4 Satz 2)
1.9
Erweiterte Verwendung der Ablöse für Kfz-Stellplätze (§ 37 Absatz 6 Satz 2)
1.10
Sonderbaueigenschaft ambulant betreuter Wohngemeinschaften (§ 38 Absatz 2)
1.11
Sonderbaueigenschaft von Gewächshäusern (§ 38 Absatz 2)
1.12
Regelung des Bestandsschutzes bei Tierhaltungsanlagen (§ 62 Absatz 3)
1.13
Abbruch im Verfall begriffener baulicher Anlagen (§ 65 Absatz 2)
2.
Verfahrensmäßige Änderungen
2.1
Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren bei kleineren Wohngebäuden (§ 51 Absatz 5)
2.2
Digitalisierung des baurechtlichen Verfahrens
2.2.1
Aufhebung der gesetzlichen Schriftform (§ 53 Absatz 2 u. a.)
2.2.2
Baugenehmigung und Teilbaugenehmigung in elektronischer Form (§ 58 Absatz 1 Satz 3, § 61 Absatz 1 Satz 1)
2.3
Weitergabe der Bauvorlagen durch die Gemeinden (§ 53 Absatz 3)
2.4
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 53 Absatz 2 Satz 1)
2.5
Verfahrensbeschleunigung durch neue Fristenregelungen (§ 54)
2.5.1
Präzisierung der Möglichkeit der Zurückweisung des Bauantrags aus formalen Gründen (§ 54 Absatz 1 Satz 2)
2.5.2
Neuregelung der Fristen bei Nachforderung fehlender Unterlagen (§ 54 Absatz 1 Satz 3)
2.6
Einschränkung der Möglichkeit der Fristverlängerung im vereinfachten Verfahren (§ 54 Absatz 6)
2.7
Änderung der Liste verfahrensfreier Vorhaben (Anhang zu § 50 Absatz 1)
2.7.1
Gebäude für das Fernmeldewesen
2.7.2
Verfahrensfreiheit von Ladestationen für Elektrofahrzeuge
3.
Klarstellende Änderungen und Anpassungen
3.1
Geltung der LBO für Krananlagen (§ 1 Absatz 2 Satz 2)
3.2
Nachrüstung mit Rauchmeldern (§ 15 Absatz 7 Satz 3)
3.3
Rauchdichtigkeit bei brennbaren Konstruktionen (§ 26 Absatz 3)
3.4
Einheitliche Schreibweise „Fahrradstellplätze“ (§ 37 Absatz 1)
3.5
Ordnungswidrigkeiten (§ 75)
3.5.1
Verstöße gegen vollziehbare Anordnungen (§ 75 Absatz 3 Nummer 1)
3.5.2
Änderungen redaktioneller Art (§ 75 Absätze 5 und 6)
4.
Organisatorische Änderungen
4.1
Zuständige Stelle für die Erteilung von Ausführungsgenehmigungen (§ 69 Absatz 3)
4.2
Verordnungsermächtigung zur Förderung der Elektromobilität (§ 73 Absatz 1 Nummer 6)
4.3
Ermächtigung zu kommunalem Ortsbaurecht zur Kinderspielplatzpflicht (§ 74 Absatz 4)
4.4
Generelle Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift (§ 77 Absatz 1)
Mit dem Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung, das der Landtag am 17. Juli 2019 beschlossen hat und das zum 1. August 2019 in Kraft getreten ist, verfolgte der Gesetzgeber vor allem das Ziel, das Bauen einfacher und schneller und damit kostengünstiger zu gestalten, um die Schaffung von neuem Wohnraum zu fördern. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden verschiedene bauliche Standards abgebaut oder modifiziert (z. B. die Pflichten zur Schaffung von Fahrradstellplätzen, Kinderspielplätzen und Flächen zum Wäschetrocknen). Gleichzeitig wurden verfahrensmäßige Änderungen vorgesehen, wie insbesondere die Regelung zu den Fristläufen bei den gesetzlichen Verfahrensfristen, die das baurechtliche Verfahren weiter beschleunigen sollen. Mit dem Änderungsgesetz wurden zudem die meisten gesetzlichen Schriftformerfordernisse aufgehoben, da es ein weiteres Ziel der Novellierung der Landesbauordnung war, die Digitalisierung des baurechtlichen Verfahrens voranzubringen. Nicht zuletzt sollte die Landesbauordnung auch nachhaltiger werden, weshalb insbesondere der Holzbau sowie angemessene Wärmedämm-Maßnahmen im Gebäudebestand erleichtert und die rechtlichen Voraussetzungen für untergesetzliche Regelungen zur Elektromobilität geschaffen wurden.
Durch die Änderung wird erreicht, dass eine nachträgliche Wärmedämmung auf Außenwänden nicht nur bis 0,25 m, sondern nun bis 0,30 m abstandsflächenrechtlich unbeachtlich bleibt. Dadurch soll eine energetisch sinnvolle, dickere Wärmedämmung im Gebäudebestand bei grenznaher Bebauung ermöglicht werden. Im Wortlaut der Regelung soll zudem klargestellt werden, dass in diesem Maß auch die Bekleidung (Putz, Klinker, Platten etc.) der Außenwandfassade enthalten ist.
Die nachträgliche Dachdämmung ist bisher im Gesetz nicht bzw. nicht eindeutig geregelt. Die Ergänzung im Gesetz soll dem Gebäudeeigentümer ermöglichen, die Außenwanddämmung mit einer Aufsparren-Dachdämmung zu kombinieren, was aus energetischer Sicht regelmäßig sinnvoll ist. Bisher erfordert eine solche nachträgliche Dachdämmung jedoch zusätzliche Abstandsflächen, deren Erbringung im Gebäudebestand oft nicht möglich ist. Es soll daher eine Regelung in das Gesetz aufgenommen werden, die eine nachträgliche Dachdämmung, die zu einer größeren Wandhöhe führt und daher eigentlich zusätzliche Abstandsfläche erfordern würde, ohne abstandsflächenrechtliche Anforderung zulässt, soweit diese Abstandsfläche auf das Maß von 0,30 m, das abstandsflächenrechtlich unbeachtlich ist, angerechnet wird. Damit wäre z. B. eine Dachdämmung, die mit einer Dachanhebung von 10 cm verbunden ist, im Regelfall (wenn also die Wandhöhe mit dem Faktor 0,4 zu multiplizieren ist, vgl. § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1) mit 0,04 m auf das Maß von 0,30 m anzurechnen, eine Außenwanddämmung wäre in diesem Fall noch bis 0,26 m abstandsflächenrechtlich unschädlich möglich.
Die neuen Erleichterungen wirken sich vor allem dann aus, wenn Gebäude bereits nur den gesetzlichen Mindestabstand zur Grenze oder zu anderen baulichen Anlagen einhalten.
Durch die Änderung wird eine verdichtete Bebauung in urbanen Gebieten ermöglicht, indem die geringeren Abstandsflächen verlangt werden, die auch in Kerngebieten Anwendung finden, mit denen urbane Gebiete baurechtlich vergleichbar sind. Die Änderung ist ein Beitrag zur effektiveren Flächenausnutzung.
Die Verpflichtung zur Anlage von Kinderspielplätzen wird in mehreren Punkten geändert:
In § 9 Absatz 2 wird die Pflicht zur Herstellung von Kinderspielplätzen im Wohnungsbau vereinfacht, indem
– der Schwellenwert für den Eintritt der Herstellungspflicht auf Gebäude mit mehr als drei Wohnungen angehoben wird (bislang: mehr als zwei), wobei aber die Kommunen zur Änderung des Schwellenwerts nach oben oder unten ermächtigt werden sollen (vgl. die Ermächtigung in § 74 Absatz 4 Nummer 2),
– die gesetzliche Pflicht auf die Freihaltung einer ausreichend großen Spielfläche von baulichen Anlagen, Bepflanzung (außer Rasen oder anderen Grasflächen) und sonstiger Nutzung, auf der im Bedarfsfall dann feste oder mobile Spielgeräte aufgestellt werden können, beschränkt wird. Der Bedarfsfall kann eintreten, wenn z. B. in einer oder mehreren Wohnungen Kinder bis 6 Jahre nicht nur vorübergehend wohnen und von Seiten einzelner Mieter oder Wohnungseigentümer ein Spielplatzbedarf geltend gemacht wird. Im Bedarfsfall lebt die Herstellungsverpflichtung insoweit wieder auf, so dass der Gebäudeeigentümer bzw. die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Ausstattung der Freiflächen mit Spielgeräten vorzunehmen hat. Die Formulierung im Gesetz, wonach die Freifläche bei Bedarf mit Spielgeräten belegt werden „kann“, stellt die Ausstattung nicht in das Belieben der Gebäudeeigentümer, sondern definiert nur die Eignung der Freifläche. Liegt ein Bedarfsfall vor, steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde die Erfüllung dieser Herstellungspflicht in Bezug auf die Ausstattung der Freifläche einzufordern.
Der bisherige Satz 2, der die Bauherren von Gebäuden mit einem Gemeinschaftskinderspielplatz in unmittelbarer Nähe von der Verpflichtung des § 9 Absatz 2 Satz 1 freistellte, wird durch die Neuregelung in Absatz 3 (Ausbau eines kommunalen Kinderspielplatzes in der Nähe) entbehrlich. Durch die Streichung wird erreicht, dass nun jeder Bauherr eines Gebäudes mit mehr als drei Wohnungen in gleicher Weise von der Kinderspielplatzpflicht erfasst wird, indem er entweder einen Kinderspielplatz anlegt, die Freiflächen dafür freihält oder aber zur Finanzierung der Schaffung oder des Ausbaus einer Gemeinschaftsanlage in der Nähe beiträgt.
Der bisherige Satz 3 kann aufgehoben werden, da diese Regelung die Herstellung von Kinderspielplätzen insbesondere bei Hanggrundstücken wesentlich erschwert und zu Problemen bei der Verkehrssicherheit führt.
Der bisherige Satz 4 zur Zahl, Art und Größe der Kinderspielplätze entspricht dem neuen Satz 2.
Satz 5 wird gestrichen, da sich diese Regelung, die der Baurechtsbehörde die Möglichkeit gab, bei Bestandsgebäuden im Einzelfall das Anlegen eines Kinderspielplatzes anzuordnen, in der Praxis nicht bewährt hat und zu Problemen mit dem baulichen Bestandsschutz führt. Weiterhin möglich bleibt jedoch, dass die Gemeinden nach § 74 Absatz 4 Nummer 1 für das Gemeindegebiet oder Teile hiervon durch Satzung bestimmen, dass für bestehende Gebäude unter den bereits bisher geltenden Voraussetzungen Kinderspielplätze nach § 9 Absatz 2 Satz 1 anzulegen sind.
In Absatz 3 werden die Modalitäten einer Ablösung der Pflicht zur Herstellung eines Kinderspielplatzes durch Zahlung eines Geldbetrags an die Gemeinde geregelt. Diese muss der Ablösung zustimmen, da der Weg der Ablösung nur eröffnet sein soll, wenn der Geldbetrag von ihr zur Errichtung oder den Ausbau eines kommunalen Kinderspielplatzes in der Nähe verwendet werden kann. Die Mittel dürfen nicht für Instandhaltung und Betrieb eines bestehenden Kinderspielplatzes verwendet werden.
Die Dorfgebiete werden in die Verbotsregelung des § 11 Absatz 4 mit aufgenommen. Diese gesetzliche Ergänzung ist erforderlich, da zunehmend in kleineren ländlichen Gemeinden großflächige Werbeanlagen erstellt werden, die von der dort wohnenden Bevölkerung als störend empfunden werden und dadurch zu einer Vielzahl von bauaufsichtlichen Verfahren mit erheblichem Verwaltungsaufwand führen. Eine Steuerung hinsichtlich Aufstellungsort oder Gestaltung durch die Gemeinden selbst im Wege einer örtlichen Gestaltungssatzung nach § 74 Abs. 1 ist in der Praxis schwierig, da der Erlass einer solchen Regelung nur zur Verfolgung enger Schutzzwecke gesetzlich zulässig ist. Mit der Änderung wird erreicht, dass nicht nur in reinen und allgemeinen Wohngebieten und in Kleinsiedlungsgebieten, sondern künftig auch in Dorfgebieten Werbeanlagen nur an der Stätte der Leistung zulässig sind.
Bisher wurden Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit nur an Wohnungen in Wohngebäuden im Sinne des § 2 Absatz 3 gestellt. Durch die Änderung gelten die Anforderungen nun in sämtlichen Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen. Damit sind auch neue gemischt-genutzte Nichtwohngebäude – also Gebäude, die neben Wohnungen z. B. auch ein Ladengeschäft im Erdgeschossen enthalten – im Anwendungsbereich der Vorschrift und müssen barrierefrei erreichbare und nutzbare Wohnungen im geforderten Umfang aufweisen.
Bisher gab das Gesetz vor, dass in den der Vorschrift unterfallenden Gebäuden die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein müssen. Die Neuregelung ermöglicht nun, dass sich die barrierefrei erreichbaren Wohnungen auch in mehreren Geschossen befinden dürfen. Ziel ist die Erhöhung der Flexibilität bei der Umsetzung der Vorschrift. Es ist oft kostensparender für den Bauherrn, die barrierefreien Wohnungen übereinander bauen zu können. Der Bauherr hat aber insgesamt barrierefrei erreichbare Wohnungen mit mindestens der Grundfläche der Nutzungseinheiten des Erdgeschosses herzustellen – also z. B. die Fläche aller Wohnungen oder Ladengeschäfte im Erdgeschoss ohne gemeinschaftliche Flächen insbesondere für Flure, Foyers oder Fahrradräume. Durch die Anforderung einer Mindestgrundfläche soll sichergestellt werden, dass durch die Wahlmöglichkeit das Angebot an barrierefreiem Wohnraum nicht verringert wird.
Aufstockungen oder ähnliche Maßnahmen (Anbau, Ausbau, Nutzungsänderung, Wohnungsteilung) zur Schaffung von Wohnraum im Gebäudebestand sollen erleichtert werden, indem keine neuen Anforderungen an die Barrierefreiheit im Gebäude und die Anzahl von Fahrrad- und Kfz-Stellplätzen ausgelöst werden. Zu diesem Zweck werden zwei Änderungen vorgenommen:
– Wenn durch die Aufstockung etc. der Schwellenwert des § 35 Absatz 1 Satz 1 von zwei Wohnungen im Gebäude überschritten wird und daher die gesetzliche Pflicht zur Schaffung eines barrierefreien Geschosses entsteht, wird hiervon generell abgesehen.
– Die Änderungen in § 37 Absatz 3 Satz 2 sollen die Schaffung von Wohnraum durch Aufstockung und ähnliche Maßnahmen im Gebäudebestand erleichtern: Es soll künftig direkt im Gesetz geregelt werden, dass die Pflicht zur Herstellung (zusätzlicher) Kfz- und Fahrradstellplätze für die neu geschaffenen Wohnungen nicht gilt. Voraussetzung für diese gesetzliche Ausnahme soll nur sein, dass die Baugenehmigung oder Kenntnisgabe für das Bestandsgebäude bereits mindestens fünf Jahre zurückliegt, wodurch eine Umgehung von Satz 1 verhindert werden soll. Die Änderung des Absatzes 3 dient dem gleichen Ziel wie die Anfügung des § 35 Absatz 1 Satz 4.
Durch die Aufhebung von § 35 Absatz 4 Satz 1 entfällt an dieser Stelle die Fahrradstellplatzpflicht bei Wohnungen und damit ein baulicher Standard. Die starre Anforderung, wonach grundsätzlich zwei Fahrradstellplätze für jede Wohnung herzustellen sind, gilt damit nicht mehr. Fahrradstellplätze bei Wohnungen unterfallen seit dem 1. August 2019 der Regelung in § 37 Absatz 2, die für alle baulichen Anlagen gelten soll.
Durch die Neufassung des § 37 Absatz 2 wird aus dem Gesetzeswortlaut nunmehr deutlich, dass die Anzahl der Fahrradstellplätze sich am Bedarf auszurichten hat. Dieses bedarfsorientierte Modell des Absatzes 2 ist künftig auch auf die Fahrradstellplätze bei Wohnungen anzuwenden. Die bisherige Regelung der festen Stellplatzzahl für das Fahrradparken an Gebäuden mit Wohnungen in § 35 Absatz 4 Satz 1 kann daher entfallen (s. oben…). Die Vorgaben hinsichtlich der Erreichbar- und Zugänglichkeit der Fahrradstellplätze sind künftig flexibler und können damit auch bei schwierigen Grundstücksituationen angemessene Lösungen ermöglichen. Konkretisierende Vorgaben zur Durchführung der Bedarfsfeststellung nach § 37 Abs. 2 bei Wohnungen sind in der Verwaltungsvorschrift über notwendige Stellplätze (VwV Stellplätze) vorgesehen. Auch in der Neuregelung bleibt der Wetterschutz bei Fahrradstellplätzen für Wohnungen ebenso weiterhin erforderlich wie die Anforderungen an einen wirksamen Diebstahlschutz.
Es besteht wegen der fortgeschrittenen technischen Ausstattung der Haushalte kein gesetzlicher Regelungsbedarf mehr für Flächen zum Wäschetrocknen. Die Anforderung kann daher zum Zwecke der Flächeneinsparung entfallen.
Durch die Ergänzung der Nummer 2 in Absatz 6 Satz 2 soll ermöglicht werden, dass Geldbeträge aus der Ablösung von Kfz-Stellplätzen auch für die Herstellung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge verwendet werden können.
Durch die Einfügung wird klargestellt, dass ambulant betreute Wohngemeinschaften im Sinne des § 4 des Gesetzes für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz – WTPG) vom 20. Mai 2014 nicht als Sonderbauten gelten, wenn sie nicht mehr als acht Personen ohne Intensivpflegebedarf umfassen. Diese Einrichtungen haben wohnungsähnlichen Charakter.
Durch die Änderung werden alle Gewächshäuser einheitlich nicht als Sonderbauten behandelt, so dass an sie keine besonderen Anforderungen im Einzelfall gestellt werden können. Dies ist gerechtfertigt, da bei Gewächshäusern regelmäßig keine spezifischen baulichen Gefahren bestehen und sie daher auch nach Nummer 1d des Anhangs zu § 50 Abs. 1 verfahrensfrei gestellt sind.
Die Neuregelung sieht vor, dass die Baugenehmigung von Tierhaltungsanlagen hinsichtlich der Nutzung erlischt, wenn diese mehr als 6 Jahre durchgehend unterbrochen wurde. Auf Antrag kann die Frist um zwei Jahre verlängert werden und um weitere zwei Jahre, dann aber nur, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung der Nutzung der Anlage zur Tierhaltung vorliegt.