Die Ordnung unserer Nahrung - Werner-und-Elisabeth- Kollath-Stiftung - E-Book

Die Ordnung unserer Nahrung E-Book

Werner-und-Elisabeth- Kollath-Stiftung

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Beschreibung

Kernpunkt von Kollaths Ernährungslehre ist die Auffassung, dass durch die Be- und Verarbeitung von Lebensmittelrohstoffen und Lebensmitteln deren Gehalt an naturgegebenen essenziellen Nahrungsinhaltsstoffen reduziert wird. Daraus entwickelte er konkrete Ernährungsempfehlungen und brachte Lebensmittel und Lebensmittelgruppen nach ihrer ernährungsphysiologischen Qualität in eine Rangordnung, an deren Spitze die naturbelassenen und nicht verarbeiteten "vollwertigen" Lebensmittel stehen. "Die Ordnung unserer Nahrung", Klassiker und unentbehrliches Standardwerk zugleich, ist eine praxisorientierte Einführung in die Vollwerternährung.

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Die Ordnung unserer Nahrung

Werner Kollath

26 Abbildungen, 17 Tabellen und 1 Tafel

17., unveränderte Auflage

Inhalt

Vorwort zur 17. Auflage

Vorwort zur 16. Auflage

Einführung

I. Teil – Theorie

Die Ordnung unserer Nahrung

Wie erfolgt die Nahrungswahl?

A. Die deduktive Nahrungs- und Ernährungsforschung

Grundsätzliche Begründung der Methodik

Die Natur und das Natürliche

Der Mensch ist den Naturgesetzen unterworfen

Das natürliche System der menschlichen Nahrung

Die menschliche Weltordnung der Nahrung

Lebensmittel – Nahrungsmittel

Natürliche Rangordnung und menschliche Wertordnung als Basis zur Beurteilung der Kostformen

Die Kostformen

Die Entstehung und Bewertung der Kostformen

Die 6 Wertgruppen unserer Nahrung und ihre Eigenschaften

Verzeichnis der wichtigsten Lebensmittel nach Rang- und Wertordnung

Die Eigenschaften der menschlichen Wertstufen

a) Natürliche Lebensmittel

b) Die mechanisch aufgeschlossene Nahrung

c) Fermentativ aufgeschlossene Nahrung

Zusammenfassung zu a–c: Lebensmittel

d) Erhitzte Nahrung

e) Konservierte Nahrung

f) Präparate

Zusammenfassung zu e) und f)

Der Vollwert-Begriff

Die „Teilwerte“

Die Prüfung der Produkte im Tierversuch

Besteht die Gefahr einer „abstrakten Nahrung“?

Die natürliche Ernährungslehre als Teil der Ökologie

B. Die induktive Nahrungs- und Ernährungsforschung

Die Entstehung unserer Nahrung

Welche Elemente sind für das Leben unentbehrlich?

Mineralstoffe

Ausblick

Über den Stoff- und Energie-Haushalt

Die Entwicklung der Stoffwechselfunktionen

Bedeutung der Redox-Systeme und Redox-Potenziale

Die unspezifischen Komplexe des Stoffwechsels

Vom Wesen der lebenden Zelle, „lebendes“ und „totes“ Eiweiß

Die Mesotrophielehre

„Spuren“-Hypothese oder Eiweiß-Denaturierung?

Ein geschichtlicher Rückblick zur Eiweißfrage

Die Wirkung „nativen“ Caseins (äther-extrahiert) mit reichlich Fett

Schädigung des Ernährungstrainings

Die Bedeutung des Zeitfaktors

Der „Stress-Komplex“ (Selye)

Übersicht über die Ernährungskrankheiten

Ein Vergleich

Folgerung aus diesen Ergebnissen für die Krankenernährung

Die Verdaulichkeit ist nicht der entscheidende Maßstab

Der Ernährungsvorgang oder die Mitarbeit des Organismus

Die Phasen des Ernährungsvorganges und ihre Beziehungen zu Erkrankungen

1. Hunger

2. Der Appetit

3. Das Kauen und die Zähne

4. Verdauungsruhe nach der Mahlzeit

5.–8. Eigentliche Verdauung

9. Resorption durch die Darmwand und 10. Transport zur Leber

11. Die Lunge als Atmungsorgan

12. Das Blut als flüssiges Transportmittel (-organ)

13. Austausch zwischen Blut und Gewebssäften

14. Austausch zwischen Gewebssäften und dem Zellinnern

15. Das antagonistische Geschehen im Zellinnern

16.–18. Die Ausscheidungsvorgänge

Das Leben im Kampf gegen die Schwerkraft

Die unendliche Wirkung des Lebendigen

Psychosomatische Medizin und Ernährung

Aufgaben der Gesundheitsforschung

II. Teil – Praxis

Eigenschaften und Bedeutung der wichtigsten Naturprodukte

1. Gruppe: Samen I (Hartschalenobst)

Ölfrüchte

2. Gruppe: Samen II (Getreide)

Einiges zur Geschichte der Getreide-Kultivierung

Die wissenschaftliche Untersuchung des Weizenkornes

Anatomie und Aufbau des Getreidekornes (Weizen)

1. Schematischer Bau des Weizenkornes

2. Beschreibung des Weizenkornes

3. Die einzelnen Teile des Weizenkornes

4. Die Zellschichten des Weizenkornes und ihre Zusammensetzung

5. Der anatomisch-botanische Vollkornbegriff

6. Das reife, ruhende Korn

7. Der Keimungsvorgang

8. Die Keimfähigkeit als Test für den Vollwert

9. Die Bewertung des Getreides nach der Keimfähigkeit

10. Anforderungen an Vollkorngetreide

Gebiet der Müllerei

Die Lagerung des Getreides

Die Reinigung des Getreides

Die mechanische Aufschließung des Getreides

Beachtung der kürzesten Lagerungszeit der Mahlprodukte

Die Lagerung der Mahl- usw. Produkte

Die Oxydationsvorgänge und ihre Auswirkungen

Gebiet der Bäckerei

Brei- und Brot-Getreide

Die Fladen- oder Flachbrote

Die Gärbrote

Vollkornbrote und Weißmehl-Feinbrote

Getreide und Ernährung

Urformen der Getreideernährung

Gekochte Breigerichte

Das Darren oder Dörren des Getreides

Eigene Versuche über den Wert der Getreidenahrung

Über die physiologischen und klinischen Wirkungen des „Kollath-Frühstücks“

Versuche im Kinderheim Lüdersen

Die Wirkungen auf die Zähne

Eigene Beobachtungen bei Fleckfieber und Typhus

Rezepte für die Frischkornbrei-Nahrung

Obst und Korn – Korn und Milch

Unterschied zum „Bircher-Müesli“

Zusammenfassende Beurteilung der Beobachtungen

Vollkornschrot in der Säuglings- und Kleinkinder-Ernährung

Andere Getreideverwendung

Bedenken gegen unzerkleinerte Getreidekörner als Nahrung

Bedenken gegen den Vollkorngebrauch

3. Gruppe: Früchte, Obst, Honig

Wertstufen a–c

Wertstufen d–f

4. Gruppe: Gemüse

Die einzelnen Gemüsearten

Rohkost oder Frischkost – Die „kalte“ oder „Salatküche“

Gemüselagerung

Gärgemüse

Kochgemüse

Pilze

Konserven

5. und 6. Gruppe: Tierische Produkte

Milch und Milchprodukte

Vitalstoffverluste beim Erhitzen und Eiweißveränderungen (Katzenversuche von POTTENGER und SIMONSEN)

Vitaminierung der Milch

Gesunde Rinderaufzucht

Sonstige animalische Nahrung

7. Gruppe: Wasser, Luft, Getränke

Unser Trinkwasser

Die Luft

Getränke

Genussmittel

III. Teil

Die Ordnung unserer Nahrung

Die Nahrungsmenge (Kalorienlehre)

Die individuellen Werte

Die Ernährung des Gesunden

Einige Ernährungsregeln

Beispiel eines Tagesplanes für einfache, gesunde Vollwertnahrung

Die Ernährung des Kranken

Der Gesamtkomplex „Ernährung“

Anhang

Die Vorbeugungskette

Programm der Ernährung und Gesundung

Das Leben und unsere Aufgabe

Verbesserungsvorschläge und Maßnahmen im Sinne der Vorbeugungskette

Die Nahrungsgewinnung

Die Bodenpflege

Bodenbakterien

Wasserhaushalt des Bodens

Das Düngeproblem

Ackerbau und Gartenbau

Bauer und Gärtner

Wirtschaftsfragen

Der Nahrungshandel

Die Förderung des Gartenbaus und der Gartenstädte

Die Massenverpflegung

Die Familienküche

Chemische Präparate als Nahrungsstoffe

Zusammenfassung

Schlusswort

Literatur

Eine Kommentierung der ernährungswissenschaftlichen Arbeitenvon Werner KollathB. Watzl und C. Leitzmann

Autorenverzeichnis

Sachverzeichnis

Verzeichnis der Tabellen

1 Lebensmittel – Nahrungsmittel

2 Gruppen der Lebens- und Nahrungsmittel

3 Die Ordnung unserer Nahrung

4 Unsere Lebensmittel aus dem Pflanzenreich

5 Redox-Prozesse in Physiologie und Pathologie

6 Lebensnotwendigkeit der Stoffe

7 Phasen des Ernährungsvorganges

8 Zusammensetzung der wichtigsten Samen und einiger Fette

9 Übersicht über den Mineralgehalt von Hülsenfrüchten, Nüssen und Getreiden

10 Zellschichten des Weizenkorns

11 Spektrographische Analyse der Fruchthaut des Weizenkornes

12 Bedeutung einiger Mineralien für die Ernährung

13 Milchveränderungen

14 Käsesorten

15 Die chemische Zusammensetzung der Nahrung – unter Berücksichtigung von Rang und Wert

16 Nahrungsverbrauch (Durchschnitt)

17 Nahrungsumsatz in Milliarden Mark

Verzeichnis der Abbildungen

Prof. Dr. med. Werner Kollath

1 Schema der Ordnung

2 Primitiv-Kost

3 Frühe „Urkost“

4 Frühe „Naturkost“– „Kulturkost“– „Industriekost“

5 Die üblichen Kalorienspender

6 Hausmannskost

7 Gasthauskost

8 Fleischlose Küche

9 Bester Gehalt an Vitalstoffen

10 Laktovegetabile Kost

11 Ideale Vollwertkost

12 Frischkost als Heilkost

13 Periodisches System der Elemente I

14 Leistungsgruppen der Elemente II

15 Schema der Wandlungen

16 Einfaches Schema einer Reduktions-Oxydationskette (Redox-Kette) in der lebenden Zelle

17 Zeitfaktor und Mangelkrankheiten

18 Mesotrophie und Stress

19 Weizenkorn: Oberhautzellen – Epidermis mit „Bärtchen“

20 Weizenkorn: Längszellenschicht (Epikarp)

21 Weizenkorn: Große Verbände von Querzellen – Mesokarp

22 Weizenkorn: Querzellen-Verbände (Mesokarp), darunter liegend Samenschale und Aleuronschicht (weiße Zellwände)

23 Weizenkorn: Querzellen (Mesokarp) mit darunter liegenden Schlauchzellen (Endokarp)

24 Weizenkorn: „Eigentliche“ Samenschale (Testa)

25 Weizenkorn: Aleuronschicht (oder Wabenschicht)

Vorwort zur 17. Auflage

Vor sieben Jahren ist die 16. Auflage der „Ordnung unserer Nahrung“ von Werner Kollath erschienen, die inzwischen vergriffen ist. Nun mögen sieben Jahre in unserer schnelllebigen Gesellschaft als ein sehr langer Zeitraum erscheinen; für ein Fachbuch jedoch, das erstmals vor 64 Jahren gedruckt wurde, ist es eher eine kurze Zeitspanne. Es gibt wohl kein anderes Buch zum Thema Ernährung, das über so viele Jahrzehnte nichts an seiner Aktualität eingebüßt hat. Im Gegenteil, es zeigt sich, dass die Grundideen von Werner Kollath über die Jahre Bestand haben, wie anhand aktueller wissenschaftlicher Daten zu erkennen ist. Seine damals geäußerten Prognosen für die nahe und ferne Zukunft sind größtenteils eingetroffen.

Meine Aussagen im Vorwort zur 16. Auflage haben weiterhin uneingeschränkte Gültigkeit. An dieser Stelle möchte ich mich aber gerne bei der Stiftung bedanken, die mit dem Lebenswerk von Kollath und seinem Einfluss in der heutigen Zeit und damit auch mit dem vorliegenden Buch eng verbunden ist.

Die seit 1981 bestehende Werner-und-Elisabeth-Kollath-Stiftung pflegt die Erhaltung, Erweiterung und Fortschreibung der wissenschaftlichen Arbeiten von Werner Kollath. Aufgabe der Stiftung ist die Förderung wissenschaftlicher Projekte im Bereich der ganzheitlich orientierten Ernährungs- und Gesundheitsforschung. Neben der Vergabe von Forschungsstipendien wird bei den regelmäßig stattfindenden Werner-Kollath-Tagungen zu unterschiedlichen Themen im zweijährigen Rhythmus der Werner-Kollath-Preis verliehen. Diese Aktivitäten haben auch durch das stets große Interesse der Medien zum Bekanntheitsgrad von Werner Kollath und seinem Schaffen erheblich beigetragen. Die veröffentlichten Tagungsberichte sind ein überzeugender Beweis für die Aktualität seiner wissenschaftlichen Konzepte und ganzheitlichen Überlegungen. Die Tagungsberichte können übrigens bei der Stiftung in Bad Soden angefordert werden.

In einer Zeit, in der Menschen fast täglich mit neuen Ernährungsempfehlungen konfrontiert werden, ist es sehr beruhigend zu wissen, dass die grundlegenden Aussagen von Werner Kollath weiterhin Gültigkeit besitzen. Die rasante Entwicklung im Ernährungssektor mit immer neuen, stark verarbeiteten, angereicherten, modernen Food-Kreationen hat bisher nicht zur Verbesserung der Gesundheit beigetragen, denn mehr Übergewicht und ernährungsabhängige Erkrankungen sind zu beobachten. Trotz einer immer größer werdenden Informationsflut war die Verunsicherung der Verbraucher noch nie so groß wie heute. Im Getöse der oft widersprüchlichen Empfehlungen, die erkennbar nicht selten durch persönliche, emotionale, kommerzielle und politische Motive geprägt sind, sucht der Mensch ruhende Pole – einer davon ist die Ordnung unserer Nahrung nach Werner Kollath.

Auch aus diesen Gründen wünsche ich der 17. Auflage dieses Klassikers genau soviel Erfolg wie den vorangegangenen Auflagen. Das Buch vermittelt Sicherheit und rät zum Natürlichen und Einfachen, ohne Verzicht auf Genuss und Freude beim Essen und Trinken. Es ist weiterhin eine Fundgrube von Erkenntnissen, die den Test der Zeit bestanden haben.

Gießen, im Januar 2005

Prof. Dr. Claus Leitzmann

Vorwort zur 16. Auflage

Das beeindruckende Lebenswerk von Werner Kollath ist in seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Büchern überzeugend dokumentiert und damit der Nachwelt erhalten. Von seinen zahlreichen Büchern ist keines so typisch für seine Konzepte wie das vorliegende Buch zur Ordnung unserer Nahrung, das als sein Standardwerk bezeichnet werden darf. Es war geradezu eine geniale Idee, Lebens- und Nahrungsmittel in ein Wertstufensystem einzuordnen, bei der die ernährungsphysiologische, d. h. gesundheitliche Qualität die Basis bildet.

Im Vordergrund steht der Verarbeitungsgrad der Lebensmittel, da die meisten Verfahren der Lebensmittelverarbeitung zu einer Verminderung essenzieller oder gesundheitsfördernder Inhaltsstoffe führen, z. B. Erhitzungsverfahren oder die Herstellung von Auszugsmehlen. Durch diese Maßnahmen wird die Nährstoffdichte der Nahrung vermindert und die Energiedichte der Kost erhöht, also genau das Gegenteil von dem bewirkt, was für eine körperlich inaktive Wohlstandsgesellschaft wünschenswert ist.

Das Fazit der Ordnung unserer Nahrung lautet: „Laßt unsere Nahrung so natürlich wie möglich.“ Diese oft zitierte und für den Laien verständliche Formel beinhaltet den Verzehr weitgehend naturbelassener Lebensmittel, die den vollen Wert der ursprünglich vorhandenen Inhaltsstoffe bereitstellen, unter Berücksichtigung hygienischer und toxikologischer Aspekte.

Auf dieser Basis ist auch der von Kollath geprägte Begriff Vollwert der Nahrung entstanden und zu verstehen. Diese Forderung wird am besten durch frische und unverarbeitete Lebensmittel erfüllt, die in ökologischer Landwirtschaft erzeugt wurden. „Habe Ehrfurcht vor der Natur und ihrer Gabe, deiner Nahrung“, sagte Kollath.

Seit der Entstehung von Kollaths Ordnung unserer Nahrung wurde eine Reihe weiterer Verfahren zur Lebensmittelverarbeitung eingeführt, die bestimmte Veränderungen in der von ihm aufgestellten Rangordnung erforderlich machten. Diese finden sich in verschiedenen Tabellen der Vollwert-Ernährung. Dadurch ist das ursprüngliche Prinzip jedoch keineswegs in Frage gestellt, sondern lediglich der heutigen Zeit angepasst. Es kann davon ausgegangen werden, dass Kollath selbst ähnliche Modifikationen vornehmen würde, wenn er heute die Möglichkeit dazu hätte. Stammt doch von ihm der Satz: „Wir lächeln oft über Erklärungen, die man vor hundert Jahren gab. Wie wird man in hundert Jahren über uns lachen!“

In der zeitgemäßen Anpassung der Grundidee von Kollath dienen als Einteilungskriterien neben dem Verarbeitungsgrad (bzw. den ernährungsphysiologischen Kriterien) auch ökologische und soziale Aspekte. Diese zusätzlichen Überlegungen, die auch von Kollath angedacht wurden, haben heute eine weitaus größere Bedeutung als noch vor 50 Jahren, da die Industrialisierung der Landwirtschaft und die Globalisierung der Weltwirtschaft sowohl drastische ökologische als auch massive soziale Probleme hervorgerufen haben.

Die Ordnung unserer Nahrung war und ist eine erhebliche Hilfe für Verbraucher zur Orientierung beim Einkauf und Verzehr von Lebensmitteln. Diese logisch nachvollziehbare und einfach merkbare Einteilung unserer Nahrung nach Wertstufen ist für den Verbraucher leicht verständlich und kann ohne wissenschaftliches Fachwissen und ohne umfangreiche Warenkenntnisse umgesetzt werden.

Es war das Anliegen Kollaths, den Verbraucher nicht durch wissenschaftliche Daten und Zahlen sowie Tabellenwerke zu beeindrucken oder zu verwirren, sondern durch einfache und verständliche Darstellungen der richtigen Zusammensetzung und Zubereitung der Kost zu motivieren, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Seine liberale Haltung kommt am Besten dadurch zum Ausdruck, dass er sowohl erhitzte als auch gekochte Nahrung und sowohl pflanzliche als auch tierische Lebensmittel zu einer vollwertigen Ernährung gezählt hat. Mit seinem Ordnungsprinzip wollte Kollath keine starre Ordnung aufstellen, sondern eine Anregung zum Denken und Forschen sowie zur eigenen Lebensgestaltung geben.

Die Ordnung unserer Nahrung nach Kollath hat in ihren Grundzügen heute noch ihre ungebrochene Gültigkeit. Besonders seine damalige Vorstellung, dass es noch nicht identifizierte, möglicherweise essentielle Wirkstoffe in unseren Lebensmitteln geben könnte (die er Auxone nannte), war eine Vision, die sich mit den Erkenntnissen über die gesundheitsfördernden sekundären Pflanzenstoffe geradezu prophetisch erfüllt hat.

Kollaths Schlusssatz in der Einführung zur 1. Auflage 1941 unterstreicht seinen Pragmatismus, seine Weitsicht und seine Geduld: „Sache der Gegenwart ist es, das Erreichbare durchzusetzen und das Erwünschte zu erstreben. Dann muß langsam eine Annäherung an das Ideal erreicht werden.“

Diese Aussage soll auch als Ermunterung dienen, sich mit dem von Kollath entwickelten Prinzip der Ordnung unserer Nahrung zu befassen. Für alle ernährungs- und gesundheitsbewussten Menschen dient die Lektüre dieses Buches immer noch als Fundgrube zeitloser Erkenntnisse sowie als Motivation, die eigene Ernährungsweise und den derzeitigen Lebensstil zu überdenken. In diesem Sinne wünsche ich dieser Auflage große Aufmerksamkeit und eine weite Verbreitung. Oder wie Kollath sagte: „Möge das Buch den ihm zugedachten Weg weiter gehen: sachlich und unaufdringlich im Sinne einer gesunden Ernährung zu wirken.“

Gießen, Februar 1998

Prof. Dr. Claus Leitzmann

Einführung

In dieser Arbeit wird der Versuch gemacht, die Lehre von der Ernährung auf eine allgemeinere und einfachere Basis zu stellen. Die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass der moderne Mensch in der Ernährung ein kaum lösbares Problem sieht. Nach und nach lernten wir die Wichtigkeit der Kalorien, sodann der Mineralien, schließlich der Vitamine kennen. Eigene Arbeiten des Verfassers bereicherten diese Gruppen von Nahrungsbestandteilen noch um folgende Begriffe: Aromastoffe, nahrungseigene Fermente und hitzestabile Wuchsstoffe.

Das Fehlen von Kalorien führt zu Hungerzuständen, das Fehlen von Mineralien zu höchst verschiedenen Ausfällen, das Fehlen von Vitaminen zu meist umkehrbaren Erkrankungen, den so genannten Avitaminosen. Fehlen von Aromastoffen nimmt der Nahrung einen wichtigen, das autonome Nervensystem beeinflussenden Bestandteil. Fehlen nahrungseigener Fermente hemmt wesentliche chemische Vorgänge im Darminnern, und das Fehlen von Wuchsstoffen wirkt der „Zellmauserung“ entgegen. Auf diesem Boden kann „Überalterung“ entstehen, wenn von allen Vitaminen nur das Vitamin B1, dessen Fehlen die Beriberi verhütet, anwesend ist. Und diese Überalterung führt zu irreversiblen „Alterskrankheiten“. Die Vorbeugung ist hier allein das einzig Wirksame und Mögliche, während bei den Mineralmangelkrankheiten sowie den Avitaminosen eine rechtzeitige Zufuhr immer noch Heilung auch schwerer Erkrankungen herbeizuführen vermag.

Man hat bisher versucht, die Ergebnisse in Tabellen zusammenzufassen in der Vorstellung, dass das für die Ernährung der vielen Millionen einzelner Haushalte eine praktische Bedeutung habe. Diese Kalorien-, Mineral- und Vitamintabellen müssten nun um Aromastoff-, Ferment- und Wuchsstofftabellen bereichert werden. Unmöglich wird damit eine Aufklärung, derart, dass jeder sich seine Nahrung mit bestimmtem Ziel zusammenzustellen vermag. Jede Tabelle vermittelt nur Teilwissen und birgt in sich die Gefahr von Einseitigkeiten.

Eine dauerhafte und praktisch brauchbare Ernährungslehre muss aber einfach sein. Sie darf nicht schwierige chemische oder gar physikalische Begriffe voraussetzen. Denn diese würden doch nur falsch verstanden werden. Und falsches Wissen ist schlimmer als Nichtwissen. Selbstverständlich dürfen die einfachen Lehren nicht mit wissenschaftlichen Tatsachen in Widerspruch stehen; sie müssen vielmehr gestatten, diese von einer neuen Beleuchtung zu sehen. Die richtige Ernährung muss so selbstverständlich Gemeingut werden, wie heute die Benutzung des elektrischen Stromes Gemeingut geworden ist, ohne dass auch nur die geringsten physikalischen Kenntnisse vorausgesetzt werden.

Auf dieser Grundlage der Einfachheit und Selbstverständlichkeit ist es vielleicht möglich, dass einst der verschüttete Nahrungsinstinkt wieder zutage treten kann.

Unter „Instinkt“ verstehe ich hier mit Wundt „Entwicklungserzeugnisse ursprünglich einfacher Reaktionsweisen, die sich im Laufe zahlloser Generationen durch allmählich hinzutretende, sich befestigende und vererbende individuelle Gewohnheiten immer mehr differenziert haben“. Infolge dieser Entstehung sind die „Instinkte“ nur unter bestimmten Verhältnissen, den gewohnten, natürlichen, zweckmäßig, werden aber unzweckmäßig bei Änderung dieser Verhältnisse. Instinkte können vervollkommnet werden, sie können auch abgeändert werden. Wenn man von „Instinktlosigkeit“ spricht, so meint man nicht den Verlust dieser Anlage, sondern die Tatsache, dass die ursprüngliche Anlage sich bei einer Änderung der Umweltverhältnisse nicht entsprechend angepasst hat. Das Wesen des Instinkts und eine zweckmäßige Leitung lassen es aber als wahrscheinlich erscheinen, dass dieses Zurück bleiben aufgeholt werden kann und dass neue, zweckmäßige Instinkthandlungen hervorgerufen, gewissermaßen gezüchtet werden können. Das ist die Aufgabe, der wir uns beim Menschen der hohen Kulturen gegenüber sehen, und um sie zu erreichen, müssen wir uns der einfachsten Mittel bedienen.

Während der Nichtarzt essen kann, ohne von den Teilwirkungen der Nahrungsbestandteile etwas zu verstehen, muss der Arzt das tiefste Wissen davon besitzen. Der Nichtarzt muss die richtige Auswahl aus der „Nahrung“ treffen, der Arzt muss neben der Zusammensetzung der Nahrung noch ein vollkommenes Wissen vom „Vorgang der Ernährung“ haben. Sonderbarerweise ist die sogenannte „neue Ernährungslehre“ (McCollum und Simmonds) eigentlich nur eine „Beschreibung der Nahrung“, worauf ja auch die Tabellen hinweisen. Der Ernährungsvorgang ist erst zum Teil erforscht. Hier bestehen große Lücken, auf die unten verwiesen werden wird.

Das bevölkerungspolitische Ziel, das ich mit dieser Nahrungslehre erstrebe, ist aber noch weiter gesteckt. Auf Grund der einfachen Lehre soll es auch möglich werden, eine landwirtschaftliche, gartenbauliche Gesamtplanung des Bedarfs unseres Volkes aufzustellen.

Ebenso werden die allmählich entstandenen Verfahren des Handels kritisch bewertet werden müssen. Sie entstanden auf der Grundlage des jeweils als sicher erkannten Wissens. Was nicht verboten war, war erlaubt. Es fehlte eine überragende Richtlinie, die etwa so zu formulieren wäre:

Auf dem Gebiet des Nahrungshandels dürfen nur solche Verfahren benutzt werden, deren Unschädlichkeit bewiesen ist.

Am vollkommensten erfüllt die Nahrung ihren Zweck im möglichst natürlichen Zustande: „Je unveränderter die Stoffe in den Körper gelangen, um so wahrscheinlicher erfüllen sie ihre physiologische Aufgabe.“ (Rubner, zitiert nach Ziegelmeyer, S. 15.)

Es ist selbstverständlich, dass das Ideal nie vollkommen erreicht werden kann. Trotzdem besteht es als Richtziel. Und deshalb wird man richtig handeln, wenn man die Gesundheitsforderungen stets über das dem Durchschnitt gerade Mögliche hinaus aufstellt. Sache der Gegenwart ist es, das Erreichbare durchzusetzen und das Erwünschte zu erstreben. Dann muss langsam eine Annäherung an das Ideal erreicht werden.

Rostock, den 16. März 1941

Prof. Dr. Werner Kollath

Werner Kollath bei der Brotprüfung während eines Fernsehvortrages über „Vollkorn und Vollkornbrot“, Südwestfunk Baden-Baden, Februar 1958 Foto C. A. Castagne – Presse Bildberichter, Haueneberstein bei Baden-Baden

I. Teil – Theorie

Die Ordnung unserer Nahrung

Wie erfolgt die Nahrungswahl?

Die Nahrungsaufnahme der Pflanzen erfolgt aufgrund der Möglichkeiten, die die chemische und klimatische Einheit des Bodens bietet; letzten Endes ist das Schicksal der Pflanze weitgehend an den Zufall gebunden.

Das Tier, das seine freie Beweglichkeit bekommen hat, ist gezwungen, seine Nahrung selbst aufzusuchen. Um die richtige zu finden, besitzt es eine beneidenswerte Einrichtung, den Instinkt, jenen rätselhaften biologischen Komplex an Stammeserfahrung, der „vererbt“ wird und ohne den das Tier sich nicht am Leben halten könnte.

Die Existenz des Menschen ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass er weder zwangsmäßig oder zufällig in eine für seinen Organismus besonders geeignete Gegend hineingeboren wurde, noch überhaupt für eine bestimmte Umwelt geschaffen ist. Die Forschungen von ADOLF PORTMANN haben ergeben, dass der Mensch auch sonst von Geburt an den ihm am meisten ähnlichen Affenarten gegenüber im Nachteil ist: Er ist eine physiologische Frühgeburt, da der neugeborene Mensch erst nach einem Jahr extrauterinen Lebens ungefähr jene Ausbildung der Organe erreicht, wie sie der neugeborene Affe mitbekommt. Aus dieser Unvollkommenheit entsteht die notwendige Bindung des Kindes an die Mutter, die Vorstufe späteren sozialen Verhaltens. Der Mensch ist ferner nicht „umweltgebunden“ oder für eine bestimmte Umwelt geformt, sondern muss seine Umwelten selbst formen und gestalten, wenn er am Leben bleiben will. Gehirn und Hand, Denken und Handeln, geben ihm die Möglichkeit dazu, als seine ihm besonders verliehenen natürlichen Eigenschaften.

Der Mensch ist aber nicht durch Geburt dazu gezwungen, den jeweils zweckmäßigsten Gebrauch von diesen natürlichen Eigenschaften zu machen, sondern kann auch völlig sinnwidrig, ja schädlich handeln; er dürfte das einzige Lebewesen sein, das nicht nur andere, sondern auch sich selbst umbringen kann1. Man kann in diesen Eigenschaften die höchste Form der ihm gegebenen „Freiheit“ sehen. Die Natur hat sie ihm gegeben. Was er damit anfängt, ist offenbar seine Sache.

Die Untersuchungen der vergleichenden Anatomie lassen erkennen, dass der Mensch ein Gebiss besitzt, das weder ein Raubtiergebiss noch ein Wiederkäuergebiss ist, vielmehr in der Mitte steht. Wir bezeichnen dies Gebiss als das Gebiss des Allesfressers, vielleicht eher noch des Früchteessers. Diese Beobachtungen von EVERS dürfen nicht dazu verleiten anzunehmen, dass der Mensch dies Gebiss dadurch erworben hat, dass er früher von Früchten lebte, sondern nur, dass er die körperliche Eignung zu dieser Ernährungsform von der Natur erhalten hat.

Aus der Vorgeschichte und Frühgeschichte der Ernährung müssen wir vielmehr feststellen, dass der früheste Mensch der Eiszeiten und der Altsteinzeit auf die Ernährung durch das Fleisch der Jagdtiere angewiesen war, und dass er nur im Sommer und Herbst gelegentlich etwas primitive Pflanzenkost ergänzend essen konnte.

Eine gewisse Vorstellung von dieser primitiven Ernährung können wir uns machen, wenn wir die Lebensgewohnheiten der einfachsten, heute noch lebenden Nomaden studieren. Es gibt hier eine sehr interessante Zusammenstellung von MATTHIAS HERMANN, „Die Nomaden von Tibet“ (1949), die uns über einen bereits vorgeschrittenen kulturellen Zustand berichtet, wie er etwa um 10 000 v. Chr. beim Übergang zur Jungsteinzeit geherrscht haben mag, als die damaligen Menschen vom Zustand des primitiven Wildbeutertums zur Viehzucht und zum ersten Ackerbau übergegangen waren. Die Menschen der Altsteinzeit konnten infolge Fehlens von Tongefäßen nicht kochen, sondern nur das Fleisch am offenen Feuer braten. Meist dürfte dies Fleisch, das kaum ausreichend abgelagert gewesen war, ziemlich zäh gewesen sein, wie es HERMANN z. B. bei seinen Nomaden schildert: „Beim Kauen tun einem bald die Backen weh, die Kaumuskeln werden stark entwickelt und beeinflussen die Kopfbildung, besonders auch die Überaugenwülste, die als Muskelwiderlager dienen“. Wenn diese Nomaden zum Ackerbau übergehen, weniger Fleisch und mehr Mehlspeisen essen, verändert sich der körperliche Habitus in einigen Generationen. Die Gesichtsformen werden weicher. Es können neue Phänotypen entstehen.

Erst um 10 000 v. Chr. hat sich der große Umschwung zum Ackerbau vollzogen; die Getreidekost tritt immer mehr hervor und wird zur Nahrungsgrundlage. Viel später, vielleicht zwischen 2000 und 1000 gelangt aus Ostasien der Gartenbau nach dem vorderen Orient, noch später nach Griechenland und über Rom ins römische Weltreich. Zwischen 200 und 100 v. Chr. gibt es viele Gartenpflanzen, Gemüse und Obst, meist wohl mit den Kriegen aus Asien importierte Pflanzen. Die Germanen besaßen um 1000 v. Chr. an Obst nur den Apfel. Die für uns wichtigsten Gemüse- und Gewürzpflanzen werden zwischen 500 und 1500 n. Chr. gezüchtet, und erst im letzten Jahrtausend gelangen wir zu dem Reichtum an Gartenpflanzen, den wir als „normal“ betrachten. Die Möglichkeit, neben der Getreidenahrung die Gartenprodukte zur Sicherung der Ernährung zu verwenden, ist also sehr jung. Es könnte aber sein, dass diese unzweifelhafte Tendenz von dem Fleisch der Jagdtiere über das Getreide zu den Gartenkulturen einer zwar sehr langsamen, aber scheinbar naturgegebenen, vom Menschen geförderten Bevorzugung der Pflanzenkost entspricht, derart, dass die vegetarische Kost zur Hauptnahrung bestimmt ist. Die historischen Daten würden der Bildung des Menschlichen Gebisses entgegenkommen, genau gesagt: Der zukünftige Mensch wäre Vegetarier in erster Linie. Ein solcher Prozess erscheint vom heutigen Standpunkt her betrachtet völlig unmöglich, zumal die „Erziehung“ der Verbraucher in Europa und Amerika unter dem Einfluss einer – physiologisch fehlerhaft begründeten (s. ▶S. 88 ff.) – Bevorzugung tierischen Eiweißes und der Wirtschaftsinteressen der produzierenden Gewerbe einer solchen Entwicklung mit allen Mitteln entgegenzuwirken bemüht ist. Besonders interessant ist dabei, dass eines der wichtigsten Argumente darin liegt, dass die Menschen um 1975 oder nach 2000 n. Chr. infolge ihrer dann „wahrscheinlich“ herrschenden Lebensbedingungen diesen hohen Eiweißbedarf haben würden. BAADE schätzt in seiner „Weltwirtschaftslehre“, dass bereits der heutige Mensch 2–3-mal so viel essen könne, wie er isst – dass er aber kaum das Vierfache würde essen können.

Die meisten essen aber schon heute etwa das Doppelte von dem, was ihnen zuträglich wäre!

Dabei leiden heute wohl immer noch etwa 2/3 der Menschheit an Hunger, haben eine nicht ausreichend produktive Landwirtschaft und sind – gemessen am europäisch-amerikanischen Standard – unterentwickelt. Hier liegen wohl die wichtigsten weltpolitischen Gegenwartsprobleme.

Die Grenze liegt also nach BAADE nicht in der Produktion, die heute bereits im europäisch-amerikanischen Bereich stärker angestiegen ist als die Bevölkerungszahl, sondern in der Absatzfähigkeit der Produkte.

Diese Ausführungen zeigen also, welche Sorgen man sich heute um die Ernährung der Menschen in 20–50 Jahren macht. Diese Art des Denkens und Handelns geht aber an der Frage vorbei, ob denn die heute lebenden Menschen schon so ausreichend und gut versorgt sind, dass wir Grund haben, uns die Köpfe über die Menschen der Zukunft zu zerbrechen. Der Arzt, der seinem heutigen Krebspatienten den Trost gibt, man würde seinen Krebs in 50 Jahren heilen können, dürfte kaum eine erfolgreiche Praxis bekommen. Wir haben uns also die Frage vorzulegen, ob denn wir alles getan haben, was wir unserer Gegenwart schulden. Diese Frage dürfte kaum zu bejahen sein. Eine solche Aufgabe aber soll eine leicht und allgemein verständliche Ernährungslehre erfüllen, die den uralten physiologischen Bedürfnissen der Menschen gerecht wird, ohne in Widerspruch zu sicher anerkannten Versuchsergebnissen zu geraten. Denn ohne diese doppelte Sicht – nach rückwärts und auf die Gegenwart – wird man kaum jene Zukunft erreichen, um deren Ernährungsprobleme die Menschen sich heute sorgen.

Dem Durchschnittsverbraucher ist es wahrscheinlich ziemlich gleichgültig, ob seine Nahrung die anerkannten Bestandteile enthält. Er will satt werden und nicht zu viel bezahlen; auch möchte er körperlich leistungsfähig bleiben. Von seiner ausreichenden geistigen Leistungsfähigkeit ist er natürlich überzeugt. Schließlich will er, dass ihm die Mahlzeiten schmecken; das pflegt dann der Fall zu sein, wenn er eine Mahlzeit bekommt, an die er von Kindheit an gewöhnt ist.

Diese Gewohnheitskost ist aber gerade jene Kost, die aufgrund der heutigen Erfahrungen als unzureichend anzusehen ist, und hier liegt das wichtigste Hemmnis einer Verbesserung der Essgewohnheiten. „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht“, dies Wort gilt auch für die meisten Städter. Auf dieser Erfahrung sind die Speisekarten der Gasthäuser aufgebaut.

Wenn die oben genannten Wünsche erfüllt sind, scheint alles in Ordnung, sofern die Nahrungsmittel frisch und schmackhaft sind; auch sollen sie appetitlich „aussehen“, wie man es gewohnt ist. Den Gehalt an Wirkstoffen kann man ebenso wenig schmecken wie den an künstlichen Zusatzstoffen, die in der Natur nicht vorkommen und die aus irgendwelchen Gründen der Nahrung beigemischt worden sind. Man kann mit Beziehung auf das einzelne Nahrungsmittel von „nahrungsfremden Stoffen“ sprechen, aber für jeden Fall besonders. Der jetzt gesetzlich eingeführte Begriff „Fremdstoffe“ ist nur geeignet, Verwirrung zu stiften im Interesse jener, die die „Grenzen zwischen dem Echten und Unechten nicht erkennbar halten wollen oder gar grundsätzlich unerkennbar machen wollen“ (SEDLMAYR, S. 11).

Ganz unsicher wird das Urteil des einzelnen Verbrauchers, wenn er entscheiden möchte, ob nicht wesentliche Bestandteile aus seiner Nahrung entfernt worden sind. Wem soll er glauben, „gewissen Kreisen“ der einen oder „gewissen Kreisen“ der andern Richtung? In solchen Fällen bleibt die alte Gewohnheit bestehen und eine Besserung erfolgt eigentlich nur, wenn der Verbraucher selbst krank wird und zufällig eine ärztliche Behandlung erfährt, bei der er ohne pharmazeutische Mittel allein dadurch gesund wird, dass er eine frische vegetarische Nahrung statt der Gewohnheitsnahrung essen lernt. Gemeint ist z. B. die Frischkosttherapie BIRCHER-BENNERs.

Aber auch dann ist der Dauererfolg noch nicht gesichert, wenn nachträglich die Heilung von einem später zugezogenen Arzt deshalb in Zweifel gezogen wird, weil dieser auf der Universität von dieser Möglichkeit einer Therapie nichts gehört hat.

Sowohl der Verbraucher wie der Arzt sollten in solchen Fällen die Möglichkeit haben, sich an Hand eines einfachen Ordnungsbildes von dem natürlichen Wert der Nahrung ein Bild zu machen, ohne die unübersehbare Fachliteratur zu Rate ziehen zu müssen. Denn trotz der gewaltigen Arbeit, die in diesen Experimenten steckt, pflegt man zu übersehen, dass jeder Tierversuch immer nur genau für die Bedingungen gelten kann, unter denen er angestellt worden ist. Das gilt z. B. für die angebliche Ätiologie der klassischen Mangelkrankheiten. Hier dürfte eine Ergänzung notwendig sein, die darin besteht, dass man untersucht, auf welche Weise „Gesundheit“ entsteht, und nicht, wie unter bestimmten Bedingungen bestimmte Krankheiten entstehen (▶S. 68, 86, 101). Die Medizin hat bisher aber fast ausschließlich Krankheitsforschung, aber kaum Gesundheitsforschung getrieben.

Wie unsicher und relativ die Unterlagen noch sind, geht aus der einen Überlegung hervor, dass die Versuche mit ganz wenig Ausnahmen sämtlich viel zu kurzfristig angestellt sind, dass sie sich niemals über mehrere Generationen erstrecken und dass man keine anerkannte diagnostische Methode für „Gesundheit“ besitzt. So ist dies für jeden von uns wohl wichtigste Problem praktisch unerforscht, sozusagen Neuland.

Oft hört man bei Besprechung bestimmter Lebensmittel die Behauptung: „Das soll doch so gesund sein.“ In Wirklichkeit ist kein einzelner Nahrungsbestandteil „absolut“ gesund oder schädlich, sondern wird es erst in Beziehung zu allen andern Stoffen und zu den konstitutionellen Möglichkeiten des einzelnen Organismus. Es bestehen die größten Unterschiede. Eine angeborene oder erworbene „Allergie“ kann die harmloseste Nahrung für den Betroffenen schädlich machen, z. B. Milch oder Eier oder andere, auch viele pflanzliche Stoffe. Wir wissen nicht, worauf eine Allergie zurückzuführen ist, wir glauben aber zu wissen, dass es kaum etwas zu geben scheint, wogegen nicht eine Allergie entstehen kann.

Auf einen Irrtum möge aufmerksam gemacht werden. Oft hört man: „Essen Sie pflanzliche Frischkost, dann werden Sie gesund durch diese Kost!“ Hier liegt im Fall einer Gesundung aber ein anderer Zusammenhang vor: Der Patient wird nicht durch die Frischkost gesund, sondern bei der genannten Kost. Denn nicht die Frischkost macht ihn gesund, wie ein Pharmakon, sondern sie erlaubt es dem Organismus, aus einer zum krankhaften Symptom führenden gestörten Stoffwechsellage von selbst aufgrund der noch vorhandenen Regulationsmöglichkeiten zu seiner Gleichgewichtslage zurückzukehren, von der er infolge fehlerhafter Ernährung abgewichen war. Praktisch bedeutet dies, dass man von solcher Nahrung nicht zu viel essen soll, in dem Glauben: „Viel hilft viel“, sondern eine zur Sättigung bis zur nächsten Mahlzeit gerade ausreichende Menge, eher weniger. Manche Misserfolge beruhen auf dieser Verwechslung von Ursachen, die nicht in der Diät, sondern im Organismus gelegen sind.

Recht schwierig ist auch, dass eine steigende Menge von Menschen durch die Veränderungen unserer Umwelt ungünstig beeinflusst wird; auch die Durchschnittsnahrung gehört zu diesen Umwelteinflüssen. Hier gibt es keine Regel mehr, sondern man muss probieren. Bei einer natürlichen, vollwertigen Kost darf man dies unbesorgt, weil mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Versuch nicht schädlich sein wird.

Es ließ sich nicht vermeiden, im Vorstehenden mehrfach das Adjektiv „natürlich“ zu verwenden. Gegen dieses Wort ist „von gewissen Kreisen“ in letzter Zeit geradezu Sturm gelaufen worden, insbesondere, weil es seit mehr als 20 Jahren als eine hygienische Devise vorgeschlagen worden ist und sich eingebürgert hat. Jedenfalls ist es mit meinem Namen verbunden, sodass ich die Verpflichtung habe, offen zu erklären, was ich unter „natürlich“ verstehe (▶S. 4).

Hier will ich dazu nur sagen, dass ich nie gesagt habe: „Laßt unsere Nahrung natürlich“, sondern stets „so natürlich wie möglich“. Der Komplex dieser vier Worte umfasst meine Devise. Entgegenstehende Darstellungen dürften wohl meist auf ungenügender Kenntnis meiner Arbeiten beruhen. Aber die Antwort auf diese Fragestellung möchte ich erst im Anschluss an den folgenden Hauptteil geben. Jedenfalls ist meine Auffassung von dem Begriff des Natürlichen nicht die, wie man sie vielfach trifft, dass dieser Begriff identisch sei mit „vom Menschen nicht berührt oder verändert“. Denn der Mensch gehört auch zur Natur und kann ohne Umgestaltung seiner Umwelt nicht existieren. Der Kernpunkt liegt eben in dem Zusatz „wie möglich“.

A. Die deduktive Nahrungs- und Ernährungsforschung

Grundsätzliche Begründung der Methodik

Seit über 100 Jahren gilt die chemische Analyse als der einzige zulässige wissenschaftliche Weg, um die Nahrung und unsere Ernährung zu erforschen und zu beurteilen. Letzten Endes führt diese Auffassung dahin, dass das natürliche Lebensmittel als Ganzes aus der Wissenschaft mehr und mehr verschwinden muss und dass an dessen Stelle eine Summe der chemisch identifizierten Teile tritt. Da nun aber die chemische Forschung niemals alle Teile eines Lebensmittels hat bestimmen können – denn andernfalls würden nicht immer wieder neue Teile und Eigenschaften gefunden werden – bleibt ein nicht näher zu bestimmender Teil des Ganzen unbestimmt, und infolgedessen auch unbeachtet. In der Praxis hat dies dahin geführt, dass eine Nahrung entstand, die nicht vollwertig und vollkommen war.

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