Die Original-Öl-Eiweiss-Kost - Dr. Johanna Budwig-Stiftung - E-Book

Die Original-Öl-Eiweiss-Kost E-Book

Dr. Johanna Budwig-Stiftung

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Beschreibung

Dieses Grundlagen-Buch stellt eine Ergänzung und Fortführung zu Buch I "Basisrezepte aus der Öl-Eiweiß-Kost" dar und enthält in seinem umfassenden theoretischen Teil deutlich mehr Hintergrundwissen. Der Theorieteil setzt die grundlegenden Erkenntnisse der Krebs-Forscherin und Ernährungswissenschaftlerin Dr. Johanna Budwig in Bezug zu moderner wissenschaftlicher Forschung und stellt Erklärungsansätze für Patienten und Therapeuten dar. Der Praxisteil enthält viel Erklärendes zu den Inhalten der Öl-Eiweiß-Kost und liefert zum Einstieg einen 14-Tage-Plan mit anschließendem kurzen Rezept-Teil für diese 14 Tage.

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Seitenzahl: 292

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Dr. Johanna Budwig

Die Original-Öl-Eiweiss-Kost

Das Grundlagenbuch

Knaur e-books

Über dieses Buch

Dieses wegweisende Buch zur Vorbeugung von Krebs und anderen Krankheiten ist die Ergänzung und Fortführung zum erfolgreichen Vorgängerbuch »Basisrezepte aus der Öl-Eiweiß-Kost«. Der erste Teil belegt die grundlegenden Erkenntnisse der Krebsforscherin und Ernährungswissenschaftlerin Dr. Johanna Budwig anhand moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse. Der Praxisteil erklärt die Grundlagen und charakteristischen Bestandteile der Öl-Eiweiß-Kost und liefert zum Einstieg einen 14-Tage-Plan mit Rezeptteil.

 

Inhaltsübersicht

Vorwort1 Dr. Johanna Budwig – Stationen ihrer wissenschaftlichen ArbeitDie BiografieVom Wünschen und Werden einer jungen, wissenschaftlich orientierten FrauErfolgreiche Jahre im Dienste der FettforschungDie Entdeckung der Papier-ChromatographieDie Bedeutung der Verbindung von Fett und Eiweiß für eine intakte ZellatmungSchwierige Jahre – eine Wissenschaft, die der Wahrheit verpflichtet ist, fordert ihren PreisDie Papier-Chromatographie als KrebsnachweisKrebs – ein Fettproblem. Ernährungs- und Medizinkongresse weltweitHeilpraktikerin und Erfinderin2 Was ist Leben, oder: Wie Krankheit entstehtWelche Relevanz haben Ernährung und Lebensweise für Gesundheit und Krankheit?Wie Krankheit entstehtGesundheit – Krankheit: ein dynamisches GleichgewichtDie beeindruckende gesundheitliche Wirkung von Sport und BewegungWas passiert im Körper bei sportlicher Betätigung?Sport aktiviert die ZellatmungSport reduziert EntzündungenSport beeinflusst das HormonsystemChronischer Stress und seine AuswirkungenDauerstress überfordert Körper und SeeleStress – was passiert im Körper?Die Bedeutung der Darmflora für Gesundheit und WohlbefindenDer Mensch, ein Superorganismus?Die Bedeutung einer intakten DarmbarriereEs kommt nicht auf das einzelne Bakterium an – die gute Zusammenarbeit zählt!Störungen der BakterienbalanceDas BauchhirnWie ernähre ich mein Mikrobiom?3 Merkmale der Öl-Eiweiß-KostLeinsamen und Leinöl: Besondere Inhaltsstoffe – außergewöhnliche WirkungenWertvolle Inhaltsstoffe einer besonderen SaatWas sind Phytoöstrogene?WechseljahresbeschwerdenProstatagesundheitBrustgesundheitHerzgesundheitDie Einflüsse von Leinsamen und Leinöl auf den Blutzucker und den BlutdruckLeinöl hat zu allen Zeiten Wunder bewirktLeinöl, ein Geschenk für die HautDie Bedeutung für andere Organe und OrgansystemeSchwefelhaltige Eiweiße verbinden sich mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren – was steckt dahinter?Die schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystein4 Gute Fette – schlechte FetteDie guten Omega-3-FettsäurenDie problematische Seite der Omega-6-Fettsäuren und ihre Bedeutung für das EntzündungsgeschehenWas sagt uns das Omega-6/3-Verhältnis und was ist eine Fettsäureanalyse?Alpha-Linolensäure, eine lebenswichtige FettsäureEPA und DHA: Warum sie so wichtig sindEPA und DHA als ZellmembranbausteinEinflüsse auf entzündliche Prozesse, Zellproliferation und ApoptoseBlutdruckregulation durch DHAPositive Einflüsse auf das biologische Altern des MenschenMentale GesundheitSchädliche Transfettsäuren in der täglichen NahrungNegative Wirkungen auf die GesundheitWie kommt es zu den unterschiedlichen negativen Auswirkungen?5 Die Praxis der Öl-Eiweiß-KostDr. Budwigs ErnährungsvorschriftEinige ProduktentwicklungenPure, mit Honig ummantelte LeinsaatDas Streichfett OleoluxFermentgold oder die Bedeutung der EnzymeElektronen-Differenzierungs-Öle (Eldi-Öle)Die Qualität der modernen NahrungDie GrundnahrungsmittelWissenswertes zur LebensmittelauswahlMilch und MilchprodukteÖle und FetteObst, Gemüse, Salat, SprossenKartoffeln, Reis, Nudeln, Brot, Getreide und GetreideartigeNüsse und SteinfrüchteKräuter und GewürzeSüßungsmittelGetränkeAlkoholVom richtigen Umgang mit Obst, Gemüse, Ölen und GewürzenWorin unterscheiden sich Obst und Gemüse?Saisonkalender Obst und GemüseDie Kraft der Kräuter und GewürzeWarum Bitterstoffe gut und wichtig sindDie Basis der Öl-Eiweiß-Kost – die Budwig-CremeQuark aus eigener HerstellungMilchsauer eingelegtes Gemüse und fermentierte GetränkeDie ÜberleitungstageRezepteEin exemplarischer TagesplanFragen und Antworten zur Öl-Eiweiß-KostDie Anwendung der Eldi-ÖleGanzkörperanwendungenÖlwickelEinläufeDer 14-Tage-Plan6 Original-Rezepte der Öl-Eiweiß-KostDie Budwig-CremeQuark-Leinöl als MayonnaiseQuark-Leinöl als BrotaufstrichQuark-Leinöl als Chutney-BeilageQuark-Leinöl als Chutney, Standard-Grundmischung I und IIKümmel-ChutneyChutney à la Tscha-Tschi, Grundmischung ITscha-Tschi-Grundmischung IISalateRote Bete mit MeerrettichGurkensalat pikantTomatensalatTomatensalat indische Art ITomatensalat indische Art IITomatensalat mit MinzeChicoréesalat mit KresseGrüne Bohnen als SalatZwiebelsalat mit grünen BohnenMöhren für die RohkostplatteGurkensalatKarottensalat, gekochtSalatplatte mit gemischten SalatenLauch als SalatWeißkohlsalat, rohWeißkohlsalat indische ArtZwiebelsalat als BeilageKräutersalatSpargelsalat mit MayonnaiseLöwenzahnsalatBuchweizen, Reis und andere Cerealien, Kartoffeln, Hülsenfrüchte usw.Buchweizenbrei-StandardrezeptBuchweizengrütze »Kasha«Buchweizen körnigBuchweizengrütze als SuppeBuchweizen würzig, mit KokosraspelnSauerkrautsuppe russische ArtRote Grütze aus BuchweizenRumänische SuppeTomatenreis indische Art IDalmatinischer ReisReis süßLinsensuppeKartoffelnMazedonische KartoffelsuppeMaritza-SuppeKartoffeln mit KnoblauchGemüseSpinat, zweierlei ArtKlare GewürzbrüheLeinsaatklößchen als SuppeneinlageRosenkohl I, mit MajoranRosenkohl IIZwiebelsuppe nach Schweizer ArtArtischocken mit Knoblauchsauce IArtischocken mit Quark-Leinöl-Mayonnaise IISchwarzwurzeln mit MayonnaiseSpargel mit Mayonnaise, heiß oder kaltSauerkraut mit PaprikaschotenSauerkraut einfache ArtGrünkohlLauch als GemüseGrüne BohnenFenchel als GemüseSpinat ISpinat IIWeißkohlgemüse indische ArtGrundrezept Brennnesseln und BrennnesselbrüheBrennnesselgemüse mit SojasauceBrennnesseln als klares GemüseBrennnesseln mit Hefeflocken als GemüsePilzgerichtDessertsLinomel-VesuvFruchtschaumWeinschaumschneeLinovita in WeingeleeFujiya-Speise (benannt nach einem wunderschönen Hotel mit Blick auf den Berg Fujiyama)Verliebte LinovitaLinovita im FruchtmantelKakifrucht-SchmausRoter Mantel im SchneeVerliebte Linovita in WeingeleeQuark-Leinöl-Creme mit SanddornfüllungEisSpeiseeis mit Früchten oder FruchtsäftenSpeiseeis mit HeidelbeerenSpeiseeis mit Vanille (Vanilleeis)Speiseeis mit KakaozusatzSaucen und BeilagenSyrische Beilage ISyrische Beilage IINuss-Paprika-SauceCurrysauceMeerrettichsauceFruchtsaucen mit MuttersäftenTomatensauce mit oder ohne PaprikaShoyu-Salatsaucen süß-pikantTürkische SalatsauceApfelmus roh, verschiedene VariationenAnhangDie Untersuchung des Blutes zum KrebsnachweisDr. Johanna Budwig StiftungQuellen- und LiteraturverzeichnisBücher
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Vorwort

Als ich vor fast neun Jahren im Rahmen einer Stellenausschreibung auf die Naturwissenschaftlerin Dr. Johanna Budwig aufmerksam wurde, ahnte ich noch nicht, wie sehr mich die wissenschaftliche Arbeit dieser beeindruckenden Frau fesseln würde. Ich liebe es, in ihren Originalveröffentlichungen zu lesen. Das Gelesene erschließt sich dem Leser keinesfalls sofort, aber im Laufe der Jahre habe ich über die Faszination auch ein Verständnis für das Wissen hinter der Öl-Eiweiß-Kost entwickelt. Die Umsetzung dieser Ernährungsweise ist aus meiner Sicht recht einfach, erfordert allerdings eine eindeutige Entscheidung. Hat man diese getroffen und lebt die Prinzipien, ist die Wirkung immer wieder erstaunlich. Mittlerweile sind die Omega-3-Fettsäuren in aller Munde, aber die schädigende Wirkung von chemisch und physikalisch veränderten Fetten ist bei vielen Verbrauchern noch nicht angekommen.

Dr. Budwig hat die Erkenntnisse aus ihrer Forschungsarbeit über die gesundheitsfördernde Wirkung der lebenswichtigen Öle und Fette und der schädigenden Transfette schon zu Beginn der fünfziger Jahre veröffentlicht. Das erste Kochbuch Öl-Eiweiß-Kost erschien bereits im März 1953. Es war mir ein persönliches Anliegen, in der Arbeit an dem vorliegenden Buch die Gedankenexperimente, Forschungsergebnisse und Erfahrungen Dr. Budwigs in unsere Zeit zu übersetzen und mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu verknüpfen. Das ursprüngliche Praxis-Buch ist daher um einen großen theoretischen Teil erweitert worden. Ich wünsche mir, dass Johanna Budwig mit dem Buch in dieser Form einverstanden wäre, denn ich fühlte mich im Entstehungsprozess sehr mit ihr verbunden.

Und Ihnen wünsche ich viel Freude mit den Erkenntnissen der Forscherin und Erfinderin und den Rezepten zu der von ihr entwickelten Öl-Eiweiß-Kost. Mögen die Anregungen aus diesem Buch zu den Veränderungen führen, die Sie sich für Ihr Leben wünschen.

Kornelia Paßiel

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1Dr. Johanna Budwig – Stationen ihrer wissenschaftlichen Arbeit

Körper, die schwerer sind als Luft, können nicht fliegen. Auch bei der Hilfe für Krebskranke geht es darum, der Schwerkraft der Erde – relativ betrachtet – im Sinne der Einstein’schen These entgegenzuwirken. Elektronen, aus Photonen der Sonne gebildet, in Samenölen als Elektronen gespeichert, wirken der Schwerkraft der Erde entgegen. Sie unterstützen die Lebensfunktion.

Dr. Johanna Budwig:Der Tod des Tumors Bd. II,S. 121

Die Biografie

© Dr. Johanna Budwig Stiftung

Auf der ganzen Welt verbindet sich der Name Dr. Johanna Budwig mit Leinöl und Quark und der von ihr entwickelten Öl-Eiweiß-Kost. Dr. Budwigs Öl-Eiweiß-Kost ist eine aufbauende, kraftspendende Ernährungsform. Und Johanna Budwig selbst war ein Fels in der Brandung. Sie war unumstößlich in ihren Ansichten, leidenschaftlich und vehement in der Diskussion, wenn es um die Frage nach den richtigen, die Gesundheit erhaltenden Ölen und Fetten ging. Kraftvoll und unnachgiebig zeigte sie sich auch in der Auseinandersetzung um die Frage, welche Auswirkungen chemisch veränderte Fette, sogenannte Transfette, auf den menschlichen Organismus haben.

Vom Wünschen und Werden einer jungen, wissenschaftlich orientierten Frau

Johanna Budwig wurde am 30. September 1908 in Essen an der Ruhr geboren, in einem Jahr, in dem eine wichtige politische Entscheidung getroffen wurde. Als letzter deutscher Bundesstaat gab Preußen seinen Widerstand gegen das Frauenstudium auf. Mit Beginn des Wintersemesters 1908/09 waren Frauen auch in Preußen und damit erstmals im gesamten Deutschen Reich zum regulären Studium zugelassen. Der Grundstein zum späteren naturwissenschaftlichen Studium von Johanna Budwig war damit gelegt.

Johanna war erst zwölf Jahre alt, als ihre Mutter starb und ihr Vater sie in die Obhut des Waisenhauses der Diakonissenanstalt Kaiserswerth gab. 1924, mit sechzehn Jahren, beschloss Johanna, dem Orden in Kaiserswerth als Diakonissenschülerin beizutreten. Sie hatte ihr Ziel schon klar vor Augen. Sie wollte Naturwissenschaften studieren, um Forscherin und Erfinderin zu werden. Dazu benötigte sie eine erstklassige Ausbildung. Sie erkannte ihre Chance darin, über die Diakonissenanstalt diesen Weg gehen zu können. 1932, nach einem herausragenden Abitur auf dem Oberlyzeum und inzwischen als Diakonisse eingesegnet, begann Johanna eine pharmazeutische Grundausbildung in Berlin. Sie selbst sagte später: »Auf Anfrage des Mutterhauses entschloss ich mich – mit großer Freude – zum Apothekerberuf, da naturwissenschaftliche Fächer, besonders Chemie, mich schon immer sehr interessierten.«

1934 begann Johanna ihr Studium in Königsberg und wechselte ein Jahr später nach Münster. Das war ein schicksalsträchtiger und bedeutungsvoller Schritt. Denn im Rahmen ihres Pharmaziestudiums traf sie auf ihren späteren Mentor, Prof. Dr. Hans Paul Kaufmann. Prof. Kaufmann war damals schon international anerkannt auf dem Gebiet der Fettforschung. Seit 1931 war er ordentlicher Professor für pharmazeutische Chemie und Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Universität Münster. 1936 wurde Prof. Kaufmann Herausgeber der Fachzeitschrift Fettchemische Rundschau, die er in Fette und Seifen umbenannte und die heute als European Journal of Lipid Science and Technology bekannt ist. In dieser Zeitschrift wurden in den Jahren 1950–52 zahlreiche Forschungsarbeiten von Dr. Budwig veröffentlicht.

Doch dazu später mehr. Am 30. September 1936 bestand Johanna Budwig erst einmal ihre pharmazeutische Prüfung an der Universität Münster mit der Note »Sehr gut«. In den folgenden Jahren verfolgte Johanna Budwig zwei Wege der Qualifikation. Sie strebte die Approbation als Apothekerin an und versuchte, sich in der Forschung zu etablieren. Wie nicht anders zu erwarten, gelang ihr das mit Leichtigkeit. Von 1936 bis zum Mai 1938 arbeitete Johanna Budwig als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pharmazie und chemische Technologie an der Universität Münster bei Prof. Kaufmann, wo sie auch ihre Dissertation vorbereitete. Am 3. Juli 1939 promovierte sie und erhielt von der Universität Münster den Titel eines Dr. phil. nat., eines Doktors der Naturwissenschaften, verliehen.

In den nun folgenden Kriegsjahren führte der Weg Johanna Budwigs nochmals zurück in das Diakonissenmutterhaus nach Kaiserswerth. Auf Drängen des Mutterhauses übernahm sie die Leitung der Anstaltsapotheke, die sie bis ins Jahr 1948 innehatte. Wiederkehrende schwere Differenzen mit der neuen Anstaltsleitung führten dazu, dass Dr. Budwig die Apothekenleitung aufgab und im Folgejahr ihre Diakonissenschaft aufkündigte.

Erfolgreiche Jahre im Dienste der Fettforschung

Mit dem Austritt aus der Diakonissengemeinschaft 1949 vollzog Johanna Budwig einen klaren Schnitt. Sie kehrte mit großer Freude zu Prof. Kaufmann ins Chemische Landesuntersuchungsamt NRW und zu ihrer geliebten wissenschaftlichen Arbeit zurück. Ihre Forschungsstätte befand sich auch im Privathaus von Prof. Kaufmann, zu dessen umfangreicher Bibliothek Johanna Budwig schon während ihres Studiums uneingeschränkt Zutritt gehabt hatte. Schon damals genoss sie es, Zugriff auf all dieses Wissen zu haben. Namhafte Wissenschaftler aus Physik, Chemie, Medizin beeindruckten sie sehr. Darunter waren z.B. Hermann von Helmholtz, Professor für Physik und Medizin und Kenner biologischer Oxidationsvorgänge. Aus den Arbeiten von Prof. von Helmholtz leitete Dr. Budwig die These ab, dass eine Sauerstofftherapie immer mit einer Ernährungstherapie gekoppelt sein muss. Fehlen die essenziellen mehrfach ungesättigten Fettsäuren, ist der Körper nicht in der Lage, das hohe Sauerstoffangebot zu verwerten.

Es bereitete Dr. Budwig große Freude, in alten wissenschaftlichen Arbeiten Tierstudien zu überprüfen. In den Veröffentlichungen von O.W. Meyerhoff, einem Mitarbeiter von Prof. Dr. Otto Warburg, fand sie umfangreiches Material über die Versuche zur oxidativen Erholungsphase im Froschschenkel. Otto Warburg war Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin und hat sich intensiv mit der Energiegewinnung im Rahmen der Zellatmung und dem Stoffwechsel von Tumoren auseinandergesetzt. O.W. Meyerhoff beschrieb nach Dr. Budwigs Aussage in seinen Stoffwechselstudien, dass er die Ausschöpfung des Sauerstoffangebotes im Froschmuskel unter Anwendung der Leinölfettsäuren Linolsäure und Alpha-Linolensäure um ein Vielfaches steigern konnte. Die energetische Erholung des Muskels wurde durch die Aufnahme der essenziellen Fettsäuren enorm gefördert. Faszinierend war auch die 1911 veröffentlichte Arbeit des Biochemikers und Physiologen Torsten Thunberg über die Bedeutung der Schwefel-Wasserstoff-Gruppe, der Sulfhydrylgruppe, bei der Zellatmung.

Dr. Budwig verehrte zudem Leonardo da Vinci, seine Vielseitigkeit und sein Werk. Gerne zitierte sie den Universalgelehrten. Auf Grundlage seiner Auffassung von Naturforschung überprüfte sie ihre eigene wissenschaftliche Arbeit. »Das Experiment ist die Befragung der Natur im Hinblick auf eine im Voraus entworfene Theorie, um zu prüfen, ob diese durch das Experiment bestätigt oder widerlegt wird.«

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Oder Louis de Broglie, Physiker ersten Ranges, der für seine Erkenntnis zur Strahlungsfähigkeit der Materie den Nobelpreis erhielt. Johanna Budwig schreibt später in ihrem Buch Der Tod des Tumors Bd. II: »Ich gestehe offen, ich liebe die Ausführungen von L. de Broglie, wie er in Licht und Materie das wunderbare Wechselspiel im Dualismus des Photons beschreibt: Immer bereit, sich in die reinste Form der Energie zu verwandeln, als schnellster Bote von Stern zu Stern, immer bereit, als Korpuskel in Erscheinung zu treten.« Oder in ihrem Buch: Mensch sein – Atmung, Immunantwort im Würgegriff: »Meine neu gewonnene Erkenntnis über die hochungesättigten Fettsäuren mit ihren so wichtigen Pi-Elektronen wurde gestützt durch die herrlichen Arbeiten von Louis de Broglie über Licht und Materie, die Quantenmechanik begründend.«

Ein weiterer inspirierender Wissenschaftler war der Physiker Erwin Schrödinger mit seinen Gedanken zur Entropie, die das Bestreben eines Systems zu Unordnung hin beschreibt, und der Idee, dass bestimmte Lebensmittel ordnend in unseren Organismus eingreifen. Von 1951 an wird Dr. Budwig mit fester Gewissheit den Gedanken verfolgen, dass die mehrfach ungesättigten Fettsäuren den gesuchten Anti-Entropie-Faktor im Lebensprozess darstellen. Ein Anti-Entropie-Faktor wirkt dem Bestreben der Natur zu Unordnung und Chaos entgegen. Für Johanna Budwig jedenfalls war Leinöl ein Ordnungsstifter ersten Grades im menschlichen Körper. Ihre Forschung war immer in der Physik verankert. Albert Einstein, Max Planck, Niels Bohr – Physiker, die dafür sorgten, dass die Relativitätstheorie zum Allgemeingut wurde, lieferten das benötigte Wissen. In ihren einleitenden Worten zu ihrem Buch Der Tod des Tumors Bd. II schreibt Johanna Budwig später: »Gemäß dieser Relativitätstheorie sind wir immer Zuschauer und Mitspieler zugleich. Das Interesse für diese Zusammenhänge kann bei ›Vielen‹ noch nicht erwartet werden. So sage ich es mit Goethe und mit Heisenberg: Sagt es niemand, nur den Weisen, weil die Menge gleich verhöhnet.«

Die theoretischen Überlegungen und Versuche dieser und weiterer großartiger Wissenschaftler lieferten die solide Grundlage für Dr. Budwigs beeindruckende (Gedanken-)Experimente.

Die Entdeckung der Papier-Chromatographie

Im Jahr 1949 erschienen wissenschaftliche Arbeiten aus England und Amerika, in denen die Forscher versucht hatten, die Papier-Chromatographie auf dem Fettgebiet anzuwenden. Bisher war sie zur Charakterisierung von Proteinen eingesetzt worden. Die Papier-Chromatographie ist ein Verfahren zur Auftrennung von Molekülen. Proteine können in Aminosäuren aufgespalten werden, Fette in die Fettsäuren. Beide Forscherteams kamen allerdings zu dem Schluss, dass das Verfahren zur Trennung von Fettsäuren ungeeignet sei. Dr. Budwig schreibt später in ihrem Buch Das Fettsyndrom: »Diese Feststellungen reizten mich zu versuchen, ob es nicht gelingt, direkte Nachweismethoden zur Charakterisierung der einzelnen Fette und Fettsäuren zu entwickeln.«

Nach ersten Versuchen, die aus ihrer Sicht aber viel zu große Substanzmengen enthielten, um eine Analyse auf Papier durchführen zu können, kam ihr die zündende Idee. Ihre Suche nach einer reaktionsfähigen Substanz führte sie zu dem, wie sie es nannte, »flüssigen Chamäleon«, einer exakt eingestellten Kaliumpermanganat-Lösung. Vierzehn Tage verbrachte sie mit Experimenten rund um die Auftrennung und Sichtbarmachung von unterschiedlichen Fettsäuren auf Papier, bis ihr die Lösung im doppelten Sinne zur Verfügung stand. Das gesuchte Reagens einer Kaliumpermanganat-Lösung mit ausgewogenem pH-Wert und einem guten Reduktionsvermögen war gefunden. Mit dieser Lösung ließen sich die Fette gut sichtbar auftrennen.

Für Dr. Budwig war damit ein großer Schritt getan. In Diskussionen mit Kollegen brachte sie überzeugend hervor: »Diese Methode gibt es auf der ganzen Welt nicht.« Bisher waren fettchemische Untersuchungen am Menschen nicht möglich gewesen, obwohl man gerade mit ihnen Einblick in den Fettstoffwechsel erhalten hätte. Durch die Papier-Chromatographie war diese neue Möglichkeit zur Bestimmung unterschiedlicher Fettsäuren in kleinsten Mengen geschaffen. Johanna Budwig war glücklich mit den großartigen Möglichkeiten zur Erforschung der essenziellen, lebenswichtigen Fettsäuren. In den Instituten fand sie alles vor, um diese neuen Analysemethoden zu entwickeln und zu vertiefen. Das Bundesinstitut für Fettforschung stellte ihr reine Modellsubstanzen zur Verfügung.

Nachdem Johanna Budwig mit großem Engagement Prof. Kaufmann von den neuen Möglichkeiten überzeugt hatte, arbeiteten die beiden fieberhaft weiter, um die gewonnenen Erkenntnisse zu bestätigen und zu verbessern. In alten Schriften fand sie den Hinweis, dass Kupfer bei der Untersuchung physikalischer Vorgänge in nicht dissoziierten Lösungen in Gegenwart von unterschiedlichen Fettsäuren seine Farbe ändert. Das inspirierte sie zu weiteren Versuchen mit einer Kupferacetat-Lösung – mit Erfolg. Weitere erfolgreiche Experimente mit anderen, auch radioaktiven Metallen folgten. »Schön und erfolgreich war die Arbeit«, schreibt sie dazu. Auf dem internationalen Fettkongress in München 1950 stellte Prof. Kaufmann die Arbeiten unter dem Titel »Neue Wege in der Fettanalyse« vor. Die Welt hatte nun ein Verfahren zur Verfügung, mit dem Fette in ihre Bestandteile aufgespalten und deren Fettsäuren bestimmt werden konnten. Außerdem war die Medizin nun in der Lage, selbst kleinste Mengen Blut, von 0,1 bis 0,001 mg, auf ihre fettchemischen Bestandteile zu untersuchen.

Dr. Budwig fand sich jedoch bald in einem Zwiespalt bezüglich der Anwendung und Weiterentwicklung ihrer papierchromatographischen Analysemethoden. Obwohl die rein fettchemischen Untersuchungen noch viele ungeklärte Fragen offenließen und noch weiter vertieft werden mussten, folgte sie ihrem Drang nach Erkenntnis über die Fettsäuren des Blutes. Sie begann mit der Analyse kleinster Mengen menschlichen Blutes. Es musste doch möglich sein, pathologische Zusammenhänge im Fettstoffwechsel zu erkennen! Das klinische Untersuchungsmaterial stellten ihr das St.-Franziskus-Hospital und die Universitäts- und Städtischen Kliniken in Münster zur Verfügung. Dr. Budwig sah schon vor ihrem geistigen Auge die Möglichkeiten zur präventiven und therapeutischen Hilfe. Immer wieder bezog sie sich auf Ivar Bang, den großen Physiologen, der schon 1911 geschrieben hatte: »Fette sind die alle Lebenserscheinungen beherrschenden Substanzen.« Ivar Bang hatte sich schon damals intensiv mit der Bedeutung der Fette für die Sauerstoffverwertung der Zellen auseinandergesetzt. Er war nicht der Einzige, der der festen Überzeugung war, dass Fettsäuren und schwefelhaltige Aminosäuren eine Rolle spielen mussten. In der Zeit um die Jahrhundertwende, 1900 bis 1910, wurde die Bedeutung der schwefelhaltigen Aminosäuren von namhaften Wissenschaftlern der Zeit erforscht und erkannt. Allerdings konnte man der Bedeutung der Fette nicht auf die Spur kommen, solange die Bestimmungsverfahren fehlten, um Fettsäuren zu analysieren. So kam es auch, dass 1923 der Medizin-Nobelpreisträger Otto Warburg mit den falschen Fetten seine Experimente zum Stoffwechselproblem der Krebszelle machte und seine These zur Krebsentstehung nicht beweisen konnte.

Johanna Budwig war nun in der Lage, auf den Spuren Otto Warburgs weiterzuarbeiten. Sie war der festen Überzeugung, dass der Sauerstofftransport der Zelle über die Verbindung der mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit den schwefelhaltigen Aminosäuren lief. In dem Buch Das Fettsyndrom schreibt sie: »Ich unternahm ein kleines Experiment auf Papier, ob diese beiden Stoffe auch als Modellsubstanzen ohne Anwesenheit anderer Substanzen miteinander reagieren. Ich trug die so wichtigen hochungesättigten Fettsäuren in starker Verdünnung (0,1 mg) auf chemisch reines Papier auf und ließ die Eiweißsubstanz mit der schwefelhaltigen Gruppe, Cystein, in diesem Papier aufsteigen. Es ergab sich, dass beide Stoffe miteinander reagierten. Das war zunächst nicht vorauszusehen, da es sich um zwei Säuren handelte, eine Aminosäure und eine Fettsäure. Aber diese beiden Substanzen ergaben ein Reaktionsprodukt, das war unverkennbar und eindeutig feststehend […].« Ein Lipoprotein, eine Verbindung aus Fett (Lipos) und Eiweiß (Protos), war entstanden.

Johanna Budwigs erfolgreiche Arbeit führte dazu, dass sie 1951 zur Obergutachterin für Arzneimittel und Fette ernannt wurde. Fortan war sie im Auftrag des Bundesinstituts für Fettforschung tätig.

Die Bedeutung der Verbindung von Fett und Eiweiß für eine intakte Zellatmung

Fett-Eiweiß-Verbindungen und deren biologische Wirkungen waren ein wenig erforschtes Gebiet. Man schrieb ihnen eine zentrale Rolle bei der Zellteilung und beim Wachstum zu, aber man wusste nichts über ihre Beschaffenheit, ihre Bindungsfähigkeit, das Zustandekommen und die Art der Bindung dieser zwei bedeutenden Moleküle sowie ihren Einfluss auf den Zellstoffwechsel. Man vermutete Zusammenhänge bei der Energiegewinnung der Zelle, bei der Zellatmung. Schon Otto Warburg hatte erkannt, dass dort, wo viel Wachstum ist, auch viel Atmung stattfindet und viel Sauerstoff verbraucht wird. Er beobachtete, dass mit dem Zustandekommen der Befruchtung die Zellatmung um ein Vielfaches gesteigert wird. Dr. Budwigs Studien bestätigten die Vermutungen und Erkenntnisse zur Bedeutung der Fett-Eiweiß-Verbindungen bei allen Wachstumsprozessen. Erste Versuche mittels Papier-Chromatographie an jungen wachsenden Baumtrieben zeigten ihr den hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren und schwefelhaltigen Aminosäuren im Verbund als Lipoprotein in den knospenden Trieben. Im Tierversuch überprüfte sie ihre Einschätzung, dass diese Verbindungen für ein gesundes Zellwachstum unerlässlich sind, und übertrug ihre Erkenntnisse zuerst nur gedanklich auf die Prozesse in menschlichen Zellen: Fehlen diese essenziellen Stoffe im menschlichen Körper, so wirkt sich dies wachstumshemmend und schädigend aus. Das betrifft aus Sicht der Fettforscherin das Wachstum des kindlichen Organismus, die Zellerneuerung, aber auch die Reparatur- und Regenerationsprozesse im menschlichen Körper. Weitere Untersuchungen führten Dr. Budwig zur Betrachtung der Sekretionsvorgänge im Körper, abhängig von funktionsfähigen Drüsen, den Produktionsstätten zahlreicher steuernder Hormone. Aus ihrer Sicht erlahmt die gesamte Drüsenfunktion beim Fehlen dieser hochaktiven Stoffe, oder wenn der Körper anstelle der stoffwechselaktiven Fette die von der Lebensmittelindustrie durch Fetthärtung oder Hocherhitzung veränderten Fette zu sich nimmt. Diese »falschen« Fette können, einmal in die Zellmembran eingebaut, nicht ihre natürliche Funktion erfüllen und wirken als Hemmstoffe vielfältiger Stoffwechselfunktionen. Gestörte Wachstumsprozesse, eine verminderte Zellatmung und eine blockierte Hormondrüsenfunktion sind die Folge.

Schwierige Jahre – eine Wissenschaft, die der Wahrheit verpflichtet ist, fordert ihren Preis

Johanna Budwig beschäftigte sich tiefgreifend mit den schädigenden Wirkungen dieser sogenannten Transfette auf den Organismus. Und sie begann, sehr zum Leidwesen Prof. Kaufmanns, sich mit einem großen, einflussreichen Margarinehersteller anzulegen. Dieser war ihrer Einschätzung nach eindeutig ein Produzent transfetthaltiger, zellschädigender Margarine. Also wandte sie sich schriftlich an die Regierung und forderte diese auf, sich für die Volksgesundheit einzusetzen und Transfette aus der Nahrung zu verbannen. Verfahren, die gesundheitsschädigende Transfette erzeugen, dürften nicht zur Lebensmittelherstellung zugelassen sein. Mittlerweile hatte Dr. Budwig eigene Verfahren entwickelt, mit denen eine natürliche und gesunde Alternative zur Margarine erzeugt werden konnte. Allerdings legte sie großen Wert darauf, dass man die von ihr entwickelten wasserfreien Streichfette nicht als Margarineersatz betrachtete. Mit dem Kunstprodukt Margarine wollte sie nicht in Verbindung gebracht werden.

Dr. Budwig wurde nicht müde und war absolut nicht gewillt, ihr Wissen unter Verschluss zu halten. Sie fühlte sich der Wahrheit verpflichtet. Die Menschen sollten von dem wirklichen »Wert« der Margarine erfahren – nutzlos und gefährlich. Auf Vorträgen im In- und Ausland informierte sie meinungsstark und überzeugend über gute und über schlechte Fette.

Was macht man mit einer so unbequemen Mitarbeiterin? Prof. Kaufmann schätzte Dr. Budwig sehr. Deshalb versuchte er, sie aus der Schusslinie zu nehmen. Er hatte seinem Sohn eine Apotheke in Dissen gekauft. Als dieser das Geschenk wider Erwarten ablehnte, dachte Prof. Kaufmann an Johanna Budwig und ihre außergewöhnlichen Leistungen für das Institut und die Forschung. Eine eigene Apotheke würde ihr gut zu Gesicht stehen. Sie hatte es sich verdient. Für ihr Auskommen nach dem Ausscheiden aus dem Institut sollte gesorgt sein. Er wollte ihr die Apotheke zum Geschenk machen und sie zudem auch finanziell unterstützen, wenn sie sich ganz aus der Forschung zurückziehe. Die Bedingung: keine Veröffentlichungen mehr über Fett und Krebs.

Nach acht Tagen Bedenkzeit ließ sie sich darauf ein, ihre wissenschaftliche Arbeit und ihre Erkenntnisse zu überprüfen. Hatte sie einen Fehler gemacht? Stimmte ihre Beweisführung? Unterstützung holte sie sich bei ihrem Doktoranden Schmidt, der mit ihr zusammen ihre Beweisführung erneut überprüfte. Bis um Mitternacht saßen sie häufig in der Bibliothek und prüften nochmals die verarbeitete Literatur und ihre Experimente. Aber die Ergebnisse waren richtig, erkannt, bewiesen. Die Margarine enthielt Transfette. Transfette blockieren die Zellatmung, blockieren Zellfunktionen, wirken wachstumshemmend, machen krank.

»Echte wissenschaftliche Forschung fragt nur nach der Wahrheit, nicht nach wirtschaftlichen Erwägungen und ist nur möglich mit Opferbereitschaft […]«, schrieb sie später in ihrem Buch Der Tod des Tumors Bd. II. Nach reiflicher Überlegung lehnte sie das Angebot Prof. Kaufmanns ab. Dr. Budwig verließ das Bundesinstitut für Fettforschung und ging fortan unabhängig ihren Weg.

Die Papier-Chromatographie als Krebsnachweis

Johanna Budwig hielt Vorträge, verfasste und veröffentlichte ihr Wissen in Buchform und war auf Kongressen zu ihrem Fachgebiet ein mal gern, mal auch nicht so gern gesehener Gast. Mittlerweile waren Öle und Fette in aller Munde, die guten und die schlechten. In diesem Jahr, 1952, sandte der achtzigjährige Torsten Thunberg seine mit persönlicher Widmung versehene Arbeit über die biologische Bedeutung der Sulfhydrylgruppe an Dr. Budwig und beglückwünschte sie zu ihrer Veröffentlichung Die Papier-Chromatographie der Blutlipoide, Geschwulstproblem und Fettforschung. Der Biochemiker hatte in seiner Arbeit verdeutlicht, dass eines der größten Probleme der Medizin darin besteht, den Partner der schwefelhaltigen Eiweiße im System der Zellatmung zu identifizieren. Er ging davon aus, dass dieser Partner eine ungesättigte Fettsäure sein könnte. Johanna Budwig hatte nun diesen Partner gefunden und bewiesen, dass es sich um die hochungesättigten elektronenreichen Fettsäuren Linolsäure und Linolensäure handelt. Sie sah die Störung der Zellatmung begründet in einem Defekt des Cytochrom-C-Systems, einem Enzymkomplex in der inneren Mitochondrienmembran. Mitochondrien sind die kleinen Organe in unseren Zellen, in denen die Energiegewinnung im Rahmen der Zellatmung erfolgt. Bestimmte Teile dieses Systems können nur in einer reibungslosen Zusammenarbeit eine effektive Energiegewinnung in den Zellen sicherstellen. Eine Störung in diesem System wird mit unterschiedlichen Erkrankungen in Beziehung gebracht. Ein in der Medizin noch nicht allgemein anerkannter Zweig, die Mitochondrien-Medizin, befasst sich heutzutage mit diesen und weiteren Störungen im Mitochondrienstoffwechsel und den Möglichkeiten, über Mikronährstoffe, gesunde Öle und bestimmte Aminosäuren diesen Stoffwechsel in seine gesunde Funktion zurückzuführen. Gelingt dies, hat das Einfluss auf die Ausprägung und den Verlauf von Erkrankungen. Dr. Budwig hatte ihrer Meinung nach mit ihrer 1952 in der Zeitschrift Fette und Seifen veröffentlichten Arbeit bewiesen, dass die essenziellen Fettsäuren maßgeblich an der Elektronenübertragung und der Funktion des Cytochrom-C-Systems beteiligt sind. Eine Unterfunktion der Cytochrom-C-Oxidase konnte durch Zugabe von Linolsäure und Alpha-Linolensäure behoben werden.

Dr. Budwig nutzte die Papier-Chromatographie, um die von ihr vermuteten Zusammenhänge, auch in Bezug auf die Krebserkrankung, aufzuzeigen. Sie konnte anhand eines Tropfen Blutes, den sie auf Papier tropfte, die Störung in der Zellatmung sichtbar machen. Bei einer gestörten Zellatmung wanderte der Blutstropfen unter Entwicklung eines gelbgrünen Schweifes in der Indikatorlösung auf dem Papier nach oben. Erfolgte die Ausbildung des gelb-grünen Schweifes nicht, so vollzog sich ein Farbumschlag nach bläulich rot. Dieser war nach Erfahrung der Wissenschaftlerin ein Zeichen für eine gesunde Zellatmung. Mit diesem »Cauda-Test nach Budwig« konnten krebsgeschwürspezifische, aus der Krebszelle austretende und im Blut befindliche Lipide nachgewiesen werden. Diese Lipide wanderten infolge ihres hohen Molekulargewichts langsamer nach oben als die Lipide eines gesunden Menschen. Uneindeutige Ergebnisse ergab der Test bei Menschen mit Hepatitis, Leberzirrhose, Diabetes mellitus und bei Frauen während der Menstruation.

Für Dr. Budwig war die Beweisführung auf Papier eindeutig. Aus ihrer Sicht konnte man mittels Papier-Chromatographie eindeutige Hinweise auf das Vorliegen einer Krebserkrankung gewinnen. Sie beurteilte den von ihr entwickelten Test als einen Krebsnachweis, der zuverlässiger sei als alle bisher zu Verfügung stehenden Nachweise. Das brachte ihr neben Neid und Missachtung ihrer Erkenntnisse durchaus auch viel Anerkennung von Seiten der Wissenschaft ein. In Karl Windstossers Die Summationsdiagnostik auf Karzinom und Präkanzerose von 1982 wird der Cauda-Test folgendermaßen bewertet: »Seiner Einfachheit und Aussagefähigkeit wegen ist der Budwig-Test in der Verlaufskontrolle und als Screening brauchbar. Seine Ergebnisse decken sich häufig mit den Werten der Blutfette, übertreffen diese jedoch an Tumorspezifität.«

Krebs – ein Fettproblem. Ernährungs- und Medizinkongresse weltweit

Einige Jahre später, 1956, fand in Brüssel das 3. Internationale Kolloquium über Öle und Fette statt. Biochemiker und Mediziner aus siebzehn Nationen nahmen teil. Der englische Forscher Hugh Macdonald Sinclair bestätigte Johanna Budwigs Forschungsergebnisse. Er vertrat die Auffassung, dass ein Mangel an hochungesättigten Fettsäuren und die falschen Fette, gehärtete und hocherhitzte Fette eine entscheidende Rolle bei der Krebsentstehung spielen. Auch der dänische Forscher Johan E. Nyrop überzeugte die Fettwissenschaft mit seiner Arbeit über gehärtete Fette und Lungenkrebs. Es zeigte sich eine völlige Übereinstimmung beider wissenschaftlicher Arbeiten mit den Erkenntnissen von Dr. Budwig, für die sie bereits seit Jahren eintrat. Auf dem Kongress wurde deutlich, dass der physiologischen und pathologischen Bedeutung der Fette in Zukunft viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Parallel konnte Dr. Budwig ihre Erkenntnisse weiter vertiefen. Sie hatte im Jahr zuvor in Göttingen ein Medizinstudium aufgenommen. So hatte sie die Möglichkeit, weiterhin an Zellkulturen zu forschen und die von ihr entwickelte Öl-Eiweiß-Kost erfolgreich bei krebserkrankten Menschen anzuwenden.

Besondere Umstände zwangen Dr. Budwig nur einige Semester später, ihr Medizinstudium abzubrechen. Ihr wurde vorgeworfen, die ärztliche Heilkunst ausgeübt zu haben, ohne die dafür nötige Approbation als Ärztin zu besitzen. Die ehrgeizige Wissenschaftlerin wurde in einen Prozess verwickelt. Johanna Budwig wollte keinesfalls als Medizinstudentin vor dem Richter stehen, sondern als erfolgreiche Naturwissenschaftlerin mit Doktortitel. Es war nicht der erste Prozess, in den sie verstrickt wurde. Durch die eindeutige Darlegung ihrer wissenschaftlichen Arbeit und eine akribische Buch- und Beweisführung war es ihr aber immer wieder gelungen, die Richter zu überzeugen, so dass jegliche gegen sie erhobene Klage abgewiesen wurde.

Diesmal war das Opfer im Dienste der Wissenschaft allerdings groß. Sie konnte und wollte angesichts der Anfeindungen von Seiten der Ärzteschaft ihr Studium nicht zu Ende bringen. Sie rechnete auch weiterhin mit Ausgrenzungen und Anklagen, gerade weil sie mit ihrer Therapie erfolgreich war. Zu stark waren die Verbindungen der Ärzteschaft mit der etablierten üblichen Krebstherapie, der Chemo- und Strahlentherapie.

Dr. Budwig hat die in der Therapie eingesetzten Chemotherapeutika stets als Medikamente beschrieben, die die Zellatmung blockieren, und die eingesetzte kurzwellige Strahlung als lebensfeindlich betrachtet, da diese das Wachstum und die Regeneration von Zellen hemmt. Krebs war aus ihrer Sicht nicht Wucherung, nicht zu viel Wachstum, sondern Wachstumshemmung. Viel Masse war ihrer Meinung nach nicht gleichbedeutend mit viel Wachstum. Die in Teilung befindlichen Zellen konnten die vollständige Teilung nicht vollziehen. Es fehlten die lebenswichtigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit ihrem Elektronenreichtum. Alle Wachstumsprozesse sind aus Sicht der Fettforscherin abhängig vom elektrischen Potenzial in den Zellmembranen. Ein Mangel an lebenswichtigen Fettsäuren und ein hoher Anteil an gesättigten und gehärteten Fetten hemmen Wachstum und Regeneration, da ihnen die Fähigkeit zum Elektronentransport fehlt.

Mit ihrer Öl-Eiweiß-Kost konnte Dr. Budwig durch Anregung der Zellatmung Wachstum und Regeneration der Körperzellen fördern und die Krebszelle zur vollständigen ausgereiften Teilung bringen. Das konnte ihrer Aussage nach den Effekt haben, dass ein Tumor in den darauffolgenden zwei Wochen etwas an Größe zunahm, bevor er vom Körper abgebaut und vollständig ausgeschieden wurde.

 

Zurück zum Kongressgeschehen. Wir befinden uns im Jahr 1957. In Oxford fand der nächste Kongress zum Thema »Krebs, ein Fettproblem« statt. Auf diesem Kongress waren nur geladene Gäste vertreten, die unter Ausschluss der Presse ihre Erkenntnisse diskutierten. Dort sprachen Wissenschaftler aus aller Welt über ihre Forschungsergebnisse in Bezug auf den Einfluss der essenziellen Fettsäuren auf therapieresistente Hauterkrankungen, auf Blut, Plasma, Zellatmung, Gefäßerkrankungen, den Cholesterinspiegel, auf Krebs, Rheuma, Diabetes etc. Dr. Budwig sprach über die Normalisierung von Wachstum und Regeneration der Epithelzellen z.B. bei Karzinomen.

Die Konferenz in Oxford unterschied sich von vielen anderen Konferenzen dadurch, dass die angemeldeten Teilnehmer vollzählig bei allen Veranstaltungen zugegen waren. Die neu gewonnenen Erkenntnisse wurden ernsthaft diskutiert und von praktizierenden Ärzten aus Spanien, USA, Belgien und England bestätigt: »Die Umstellungen des Organismus und Besserungen der Symptome sind bei einer Änderung der Nahrungsfette so evident, so schnell wirksam, wie wir es sonst selbst bei Medikamenten nicht gewohnt sind. Es muss durch den Mangel eine Blockierung im Organismus vorliegen, die in dem Moment verschwindet, in dem die ungesättigten Fette gegeben werden«, beschreibt Dr. Budwig in Der Tod des Tumors Bd. II die Aussagen der Ärzte.

Kurze Zeit später trafen die »Essenz« aus Oxford und weitere neunhundert Teilnehmer in Paris zum 4. Internationalen Ernährungskongress zusammen. Das in Oxford begonnene wissenschaftliche Gespräch wurde fortgeführt. Am nächsten Tag informierte die Pariser Tagespresse tiefgreifend über die Themen des Kongresses. Schockierende Pressemitteilungen aus Paris oder London wie »La margarine sur la sellette« (Die Margarine auf der Anklagebank) und »The fat in your chip pan can kill« (Das Fett in der Pfanne kann tödlich sein) zeigten, dass die Diskussion um die Bedeutung der Fette für Gesundheit und Krankheit, insbesondere Krebs, in den Medien begonnen hatte. Johanna Budwig schreibt später in dem Buch Das Fettsyndrom: »In Oxford war ich glücklich, zu sehen, wie viele Fettforscher und Mediziner bereits die Perspektive vertraten, die ich seit 7 Jahren als die entscheidende gekennzeichnet habe, die Einbeziehung des Fettsyndroms mit der differenzierten Betrachtung der ungesättigten und der gehärteten Fette.«

Während 1956 auf dem Internationalen Kongress in Brüssel noch der »Clearing-Faktor« des Blutes bei erhöhten Blutfettwerten gesucht wurde, konnte ein Jahr später in Oxford schon über erste internationale Erfolge einer Behandlung mit Leinöl berichtet werden. Heute würde man sagen, dass Leinöl den Cholesterinspiegel in eine natürliche Balance bringen kann. Damals war Leinöl der »Clearing-Faktor« bei erhöhten Blutfettspiegeln.

Seit 2011 ist in der EU eine gesundheitsbezogene Aussage zu den diesbezüglichen Wirkungen der Alpha-Linolensäure, der Hauptfettsäure im Leinöl, erlaubt. Vierundfünfzig Jahre zuvor, in dem ereignisreichen Jahr 1957, veröffentlichte ein Mitarbeiter der statistischen Abteilung des Krebsforschungs-Instituts Nordrhein-Westfalen seine von den Vereinten Nationen in Auftrag gegebene Statistik zu den Korrelationen zwischen Krebssterblichkeit und Nahrungsfett. Grundlage der statistischen Berechnung lieferte das Datenmaterial aus neunundzwanzig Ländern. Nachdem die Ergebnisse dieser umfangreichen Arbeit sich mit den Ergebnissen anderer Forscher, darunter auch Budwig, deckte, sah sich dieser Mitarbeiter veranlasst, dies auch mitzuteilen. Er veröffentlichte seine Arbeiten, wandte sich mit einer ausführlichen Stellungnahme zu den Ergebnissen seiner Statistik und den Ergebnissen der Fettforschung sowohl ans Bundesministerium als auch an Dr. Budwig. In dieser sah er eine Verbündete und Mitstreiterin. Zwischen den beiden entstand ein reger Austausch. Im Ergebnis seiner statistischen Arbeit zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Krebshäufigkeit und dem Verzehr von tierischen Fetten einerseits und der krebshemmenden Wirkung insbesondere der Alpha-Linolensäure aus dem Leinöl andererseits.

Seine Versuche, die engagierte Forscherin in der Krebsforschung unterzubringen, scheiterten und führten letztendlich auch zum Abbruch des Kontakts. Aus dem Briefwechsel der beiden geht hervor, dass besagtem Mitarbeiter das Schweigen zu der Thematik und ein Abbruch des Kontakts zu Dr. Budwig nahegelegt wurden. Es gab fortan keine weiteren Veröffentlichungen des Statistikers. In Dr. Budwigs Augen wurde die Krebsforschung ein weiteres Mal von Industrie und Politik unterdrückt.

Der nächste Ernährungskongress wurde für 1960 in Washington geplant. Bis dahin war noch viel Zeit, die natürlich auch dazu genutzt wurde, die neuen Erkenntnisse weiter abzuschwächen und zu verwischen.

In den folgenden Jahren konzentrierte sich Dr. Budwig auf ihre Arbeit und war in regem Austausch auf internationaler Ebene auf Kongressen in Tokio (1960), Moskau (