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Vom »Diktator am ersten Tag« zum Despoten, der sich auf seinem Weg zur Selbstzerstörung anschickt, die bestehende Weltordnung gegen die Wand zu fahren. Dieses Buch ist der ultimative Führer durch die ersten 100 Tage der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps. Erfahren Sie alles über das Abgleiten der USA in einen autoritären Staat. Kurz-und-bündige Informationen über Trumps Kabinett, Trumps Zollkrieg, Trumps Rachefeldzug, Trumps erbitterten Kampf gegen die Demokratie. Die zweite Staffel der Weltuntergangsserie von einem, der auszog, sich eine Meinung zu bilden, und sich in den täglichen Irrungen und Wirrungen einer wahrhaftigen Trump-Soap verlor. Hatte sich im November 2024 bereits angedeutet, was da kommen würde, kam es im Januar 2025 noch schlimmer, als selbst Kassandra sichdas hätte ausmalen können ... Der neue alte Präsident der Vereinigten Staaten scheint es darauf angelegt zu haben, auf seinem goldgepflasterten Weg der Selbstzerstörung den Rest der Welt mitzunehmen ...
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Die Präsidenten-Show
Donald J. Trump: Die ersten 100 Tage
Der ultimative Führer durch den Anfang vom Ende
Bernhard Schmid
Der ultimative Führer durch die ersten 100 Tage der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps
*
Vom »Diktator am ersten Tag« zum Despoten, der sich auf seinem Weg zur Selbstzerstörung anschickt, die bestehende Weltordnung gegen die Wand zu fahren.
Dieses Buch ist der ultimative Führer durch die ersten 100 Tage der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps. Erfahren Sie alles über das Abgleiten der USA in einen autoritären Staat. Kurz-und-bündige Informationen über Trumps Kabinett, Trumps Zollkrieg, Trumps Rachefeldzug, Trumps erbitterten Kampf gegen die Demokratie.
Die zweite Staffel der Weltuntergangsserie von einem, der auszog, sich eine Meinung zu bilden, und sich in den täglichen Irrungen und Wirrungen einer wahrhaftigen Trump-Soap verlor.
Text © 2025 by Bernhard Schmid
Umschlaggestaltung © 2025 by Bernhard Schmidim SelbstverlagAnregungen: [email protected]
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Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]
Zum Geleit
Vorwort
Der Protagonist der Präsidenten-Show: Wir rekapitulieren …
Was bisher geschah …
Episode 1: Zeitachse 1
Episode 2: Weiteres Personal der Präsidenten-Show: Trumps Regierung
Episode 3: Eene meene muh …
Episode 4: #Trumps Narziss-Daily vor dem Hintergrund des Zeitgeists
Episode 5: Zeitachse 2
Episode 6: Facetten eines psychopathischen Führungsstils: Chaos, Angst & Vergeltung
Episode 7: Zeitachse 3
Episode 8: Kampf den traditionellen Einrichtungen der Demokratie
Episode 9: Zeitachse 4
Episode 10: Zollwut – Trumps Handelskrieg
Episode 11: O Canada – The True North strong and free!
Episode 12: Zeitachse 5
Episode 13: Zollwut
Episode 14: Zeitachse 6
Episode 15: Mein ist die Rache!
Episode 16: Zeitachse 7
Episode 17: Habeas Corpus? Wozu?
Episode 18: Die dritte Amtszeit
Episode 19: Zeitachse 8
Episode 20: Amerikas Chef-Abzocker – Donald »The Don« Trump
Episode 21: Zeitachse 9
Episode 22: Mit der Kettensäge gegen die Ärmsten
Episode 23: Wahlversprechen? Was für Wahlversprechen?
Episode 24: Elon Musk & Trump
Episode 25: Zeitachse 10
Episode 26: Hype, Hype, Hurrah!
Episode 27: 100 Tage Korruption
Schlusswort
Index
Meine Regierung hat jeden einzelnen Tag was geleistet für unsere großartigen Bürger. Wir lösen ein Versprechen nach dem anderen ein. Und offen gesagt, die Menschen sind wirklich froh darüber ... Wirklich, meiner Ansicht nach waren die ersten 100 Tage meiner Regierung so ziemlich die erfolgreichsten in der Geschichte unseres Landes.
— Donald J. Trump, 29. April 2025
Das Geniale an Mr. Trump ist … dass er, ohne das zu durchschauen … spürt, dass wir – warum auch immer – weit hinausgehen müssen über alles, was bisher getan wurde, weil sich unsere Not als Gesellschaft zu zeigen beginnt.
— Richard D. Wolff
So gut wie alles, was Donald seit dem Tag seiner Amtseinsetzung 2017 getan hat: die mutwilligen Grausamkeiten, die peinlichen Auftritte vor der Weltöffentlichkeit, die Straftaten, die Einschüchterungsversuche, die endlosen Abstecher auf seine Golfplätze, die pubertären Tweets, all das hat seinen Tribut gefordert, vom Einzelnen wie von der Gesellschaft an sich. Die politische Kluft zwischen uns schien sich zu verbreitern bis hin zum völligen Bruch, aber darüber hinaus schien nichts von alledem die fundamentale Landschaft der amerikanischen Demokratie an sich zu bedrohen. Nein, der eigentliche Schaden entstand woanders … Nur der versierteste (oder besessenste) Beobachter wäre darauf gekommen, dass der Tsunami an außenpolitischen Schnitzern und Lügen, die zur Schau gestellte Inkompetenz, Vetternwirtschaft und unrechtmäßige Bereicherung uns nur von der eigentlichen Gefahr ablenken sollten – der systematischen Demontage eben der Institutionen, die uns im Falle einer unerwarteten Machtübernahme von Menschen wie Donald schützen sollen.
— Mary L. Trump1
Ich regiere das Land und die Welt.
— Donald J. Trump im April 20252
Wir sprechen hier von drei sich überschneidenden Interessen. Unterschiedlichen Motiven, aber überschneidenden Interessen dreier mächtiger Gruppen. Das ist einmal Putin, das ist einmal Trump und das ist einmal Musk und die Tech-Oligarchen in den USA. Alle haben sie das Ziel, die liberale Demokratie, den demokratischen Rechtsstaat zu zerstören. Und die Interessen sind so gelagert, dass sie im Moment übereinander liegen. Die Tech-Bros wollen Europa und auch Amerika von innen zerstören, weil sie alle Regulierungen loswerden wollen. Das haben sie immer wieder gesagt, und die folgen da tatsächlich einem Plan. Putin möchte Europa spalten, weil es dann schwächer ist und besser zu kontrollieren. Und er möchte Europa von Amerika abspalten. Und Trump möchte … den demokratischen Rechtsstaat auch abschaffen, weil er selber unkontrolliert Macht ausüben will. Und wir sehen das jeden Tag – wie Gerichtsentscheidungen ignoriert werden, wie Behörden … Regulierungsbehörden zerschlagen werden. Das ist im Interesse aller drei Gruppen …
— Johannes Hano3
Zum Geleit
Auch diese zweite Staffel der Präsidenten-Show, wie die Trump-Soap fortan heißen wird, ist die Arbeit eines eher naiven Zeitgenossen, der zu verstehen versucht, was da auf der anderen Seite des großen Teichs gerade passiert – nicht zuletzt, weil er weiß, dass was immer dort passiert auch auf uns zukommen wird. Glauben Sie nicht? Nun, es gibt hierzulande noch im Mai 2025 Menschen, die tatsächlich der Ansicht sind, Präsident Trump sei im Begriff, die USA zu »sanieren«? Und im nächsten Augenblick maulen sie über steigende Preise. Den Zusammenhang zwischen einem US-Präsidenten, der alte Bündnisse zerschlägt und die Weltwirtschaft ausbremst, und dem was hier passiert, sehen sie ebenso wenig wie, dass man unter all dem Zolltohuwabohu systematisch die amerikanische Demokratie demontiert. Und auch dazu werden bei uns die Grundsteine gelegt, sei es von den »Rechten«, die zunehmend auf Journalisten losgehen, sei es von den »Linken«, die Sprache und Literatur säubern, Bilder abhängen und Künstler ausladen, die etwas gesagt haben, was nicht ins Konzept dieser quasireligiösen Eiferer passt.
Ich sprach im ersten Teil Der Präsidenten-Show von einem »Buch von einem der auszog, sich eine Meinung zu bilden und das Fürchten lernte«. Gemeint war damit die Erkenntnis, dass bei all der mühevollen Beschäftigung mit einem Thema eben doch nicht die ersehnte schwarz-weiße Wahrheit herauskommt und jedes weitere in Erfahrung gebrachte Detail den Sachverhalt nur kompliziert. Und was daran wirklich zum Fürchten ist, das ist die Erkenntnis, um wieviel leichter und tröstlicher es sein muss, irgendwelche aus den Tiefen des Internets gezogene Verschwörungstheorien unklarer Provenienz zur Wahrheit zu erklären. Dann braucht man bloß noch alles, wofür tatsächlich ein namentlich genannter Autor in einem der – immerhin offen zur Diskussion stehenden – »Mainstreammedien« geradesteht, als Lüge abzutun und nur noch mit Menschen zu verkehren, die sich gegenseitig in diesen abstrusen Wahrheiten bestärken. Ach ja, nicht zu vergessen den Deus ex Machina, den gottgleichen »starken Mann«, den Magier, der alle Probleme – »Besen, Besen, sei’s gewesen!« – zu richten versteht. Der Gegensatz zwischen der Einfachheit dieses Verfahrens und der Komplexität der Realitäten, der macht wirklich Angst.
Übrigens, was den Titel Die Präsidenten-Show angeht? Nun, nicht nur hat Donald Trump in dieser seiner zweiten Amtszeit die Welt endgültig zur Kulisse seiner Reality-TV-Serie gemacht, die Art, wie er uns tagtäglich mit seinen Schwachheiten zuballert (nichts anderes meint Steve Bannon mit flooding the zone), ist genau das Prinzip, mit denen die typische Reality-Show seine Zuschauer in Bann hält.
Fakt ist, das Weiße Haus ist ein »Sack Ratten, die einander auf Leben und Tod bekämpfen«4; Fakt ist, wir stehen, während ich dieses Buch druckfertig mache, vor einem drohenden heißen Krieg zwischen Pakistan und Indien; Fakt ist, dass die Huthi nicht kapituliert haben, wie Trump eben noch behauptet hat; Fakt ist, dass der Nahe Osten praktisch in Flammen steht; Fakt ist, wir befinden uns mitten in einem weltweiten Handelskrieg, der zwangsläufig existierende militärische Spannungen erhöhen muss.
Fakt ist auch, dass Sie hier – wie schon in der 1. Staffel – so ziemlich alles finden, was Sie wissen müssen, um sich selbst eine Meinung über all das zu bilden, ohne sich all die Arbeit machen zu müssen, die ich hier reingesteckt habe.
Vorwort
Drehte sich in der ersten Staffel der Präsidenten-Show alles um das Chaos des amerikanischen Wahlkampfs 2024, soll es in dieser zweiten Staffel um den Beginn von Trumps zweiter Amtszeit gehen. Der Mann legt einen Start hin, der sich noch rasanter gestaltet, als es seine frühe Benennung eines Kabinetts und seiner engsten Mitarbeiter erahnen ließ. Vor allem aber verblüfft er die Welt damit, nicht nur die Konflikte im Land selbst zu eskalieren, sondern vom Fleck weg für ganz neue internationale Konflikte zu sorgen, mit denen er engste Partner und Verbündete brüskiert. Was denkt sich der Mann dabei? Diese Frage, die sich bei jedem anderen aufdrängen würde, ist bei ihm völlig fehl am Platz. Diese Clockwork-Orange tickt nicht wie wir. Dass ihn das Wohl seiner Wähler nicht interessiert, ergibt sich aus seiner psychologischen Konstitution, die ihn nur seine eigenen Bedürfnisse sehen lässt, seine Politik, allen voran seine Zölle, ergibt sich aus seiner konstitutionellen Unbelehrbarkeit, aber das große Geheimnis, dessen Lüftung alle von seiner Reality-Show Gefesselten harren, lautet: Warum wechselt er die Seiten, lässt Verbündete fallen und kollaboriert mit dem Erbfeind der USA? Warum befiehlt Trump seinen Geheimdiensten, von einer weiteren Abwehr russischer Cyber-Maßnahmen abzusehen?5 Hat Putin tatsächlich etwas gegen Trump in der Hand? Oder will Trump einfach nur nach dem Vorbild seiner Idole – Putin, Xi Jinping, Kim Jong-un und Viktor Orbán – völlig unkontrolliert regieren? Interessanter fast noch: Was ist mit all den Republikanern, die alles abnicken, was »ihr Mann« macht? Hat Trump etwa etwas gegen sie in der Hand?
Die Gegenpartei in unserer Präsidenten-Show, die Demokraten sind immer noch dabei, sich wieder aufzurappeln nach dem vernichtenden Knockout letzten November; sie können sich offenbar immer noch nicht entscheiden, ob sie endlich wieder Politik fürs breite Volk machen oder weiterhin elitär-wokes Larifari über die Bedürfnisse aller Amerikaner stellen wollen. Lichtblicke gibt es. So etwa die Reden der Senatoren Murphy und Schiff über die ungenierte Korruptheit von Trumps Regierung; wichtiger womöglich der Erfolg des Teams Bernie Sanders/AOC (Alexandria Ocasio-Cortez), das auf ihrer »Fighting Oligarchy Tour« im Frühjahr 2025 abräumt wie mittlere Rockstars.
Wie auch immer, es ist alles noch offen nach diesen ersten 100 Tagen. Keiner könnte sagen, wie diese Seifenoper für Amerika und den Rest der Welt ausgehen wird. Meine persönliche Ansicht ist noch immer dieselbe: An Trump wird nichts hängen bleiben, der Mann ist in Kevlar gepacktes Teflon; der harte Kern seiner Wähler gibt ihm als »Mann Gottes« (man of God) immer wieder Recht und eine weitere Chance. Ich kann nicht ausschließen, dass etwas Unerwartetes von Trumps Kaliber passieren wird, wüsste aber nicht, was das sein sollte, vor allem wenn der ohnehin bereits fadenscheinige Rechtsstaat über kurz oder lang vor ihm ebenso kapituliert wie die Medien, die ihm Schadenersatz in Millionenhöhe dafür zahlen, ihn nicht in dem Maß gelobt zu haben, wie ihm das seiner Ansicht nach zusteht.
Der Protagonist der Präsidenten-Show: Wir rekapitulieren …
… was die Welt endlich verstehen sollte
• Donald J. Trump ist ein empathieloser Psychopath; außer seiner orangenen Wenigkeit & deren eigenen Vorteil interessieren ihn niemand & nichts
• Donald J. Trump ist als bösartiger Narzisst auf dem Weg zur Selbstzerstörung und wird dabei den Rest der Welt mit in den Abgrund ziehen
• Donald J. Trump hat als Kind gelernt, dass man entweder frisst oder gefressen wird; die Angst, gefressen zu werden macht ihn gefährlich und gewalttätig
• Donald J. Trump ist ein Sektenführer; seine hypnotisierten Anhänger sind sein verlängerter Arm, der ausführt, was immer er ihnen suggeriert
• Donald J. Trump betreibt die Demontage des liberalen Rechtsstaats, um nach dem Vorbild autoritärer Herrscher unkontrolliert Macht ausüben zu können
• Donald J. Trump muss zwanghaft im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, regiert schon allein deshalb mittels Schlagzeilen & sucht den Eklat, den Aufschrei der Entrüstung, in der er sich suhlt
• Donald J. Trump ist ein notorischer Lügner, wobei ihm meist noch nicht einmal bewusst ist, dass er lügt, da er nur sagt, was ihm gerade in den Sinn kommt, um aus dem jeweiligen Augenblick als Sieger hervorzugehen
• Donald J. Trump ist kein Politiker; dazu fehlt es ihm an geistiger Wendigkeit, Gespür für andere & – wichtiger noch – an diplomatischem Geschick
• Donald J. Trump ist ein lausiger Geschäftsmann, dessen Pleiten Legende sind; der große »Deal-Maker« ist ein von ihm selbst & seinem Ghostwriter Tony Schwartz mit The Art of the Deal geschaffener Mythos, den The Apprentice dann zementierte
• Donald J. Trump ist nicht der Hellste; er ist lernunfähig, überhaupt unfähig zuzuhören bzw. auf jemanden zu hören & hat – buchstäblich – keinen Plan
• Donald J. Trump ist ein Bully; von Kindesbeinen an zählt für ihn nur das Recht des Stärkeren
• Donald J. Trump ist ein so besessener wie instinktiv-genialer Selbstdarsteller; er sieht sich auch im Weißen Haus als Star einer Reality-Show; und er hat das Gespür des Schauspielers für sein Publikum
• Donald J. Trump verfügt sowohl über die Bösartigkeit als auch die Empfindlichkeit des Psychopathen; entsprechend vergisst er keinen Tort, auch keinen eingebildeten, er sieht sich zeitlebens als Opfer und sinnt auf Rache
• Donald J. Trump ist »zurückgeblieben«; er hat sich zeitlebens nicht geändert, geschweige denn weiterentwickelt
• Donald J. Trump hat nur Zweckbeziehungen, duldet nur loyale und unterwürfige Speichellecker, respektiert nur Machtmenschen, verlangt absolute Unterwerfung und Loyalität
• wenn Donald J. Trump sagt, dass es illegal sein sollte, auf »unfaire« Art über ihn zu berichten, dann ist das als einer der »Anfänge« all des Bösen zu werten, das im 20. Jahrhundert Millionen von Menschen das Leben gekostet hat
Um das etwas auszuführen
Man dürfe Donald Trump, so sein Biograf Michael Wolff,6 nicht als Politiker sehen. Man sehe in ihm besser einen Showman oder, noch besser, einen Schauspieler mit einem untrüglichen Gespür für ein Publikum, das es zu bedienen gilt. Vergessen wir nicht, dass Trump 14 Jahre lang Star von The Apprentice, einer immens erfolgreichen Reality-Show im Fernsehen war – eine Ausbildung, von der Politiker nur träumen können. Trump, so Wolff, sei im selben Maße Schwachkopf wie Genie. Grund für Ersteres sei nicht nur sein Mangel an Wissen, sondern darüber hinaus eine anhaltende Informationsresistenz, die Unfähigkeit sich von irgendjemandem etwas sagen zu lassen. Trump habe irgendwann seine Lernunfähigkeit konstatiert und wehre sich nun zeitlebens gegen jede Art von Information; seine unüberlegten Äußerungen funktionierten als eine Art verbales Sperrfeuer, er sei immer auf Sendung, nie intellektuell auf Empfang. Gleichzeitig jedoch habe er ein feines Gespür dafür, wie man auf ihn reagiert; die Fühler stets in Richtung Publikum gerichtet, sondiere er dieses nach einem verbindenden Punkt. Darin, so Wolff, bestehe sein Genie, gerade für jemanden, der in einem Medienzeitalter wie dem unseren operiert.
Eine Agenda, wie wir sie von einem Politiker oder Gesetzgeber erwarten, habe Donald Trump jedoch nicht. Politik an sich interessiere ihn nicht. Und so habe er sich auch all die Jahre über nicht verändert. Der Donald Trump von 2016 sei der Donald Trump von The Apprentice gewesen; der Donald Trump aus Mar-a-Lago unterscheide sich nicht von dem jetzigen Donald Trump im Weißen Haus. Ereignisse, so Wolff, könnten Trump nicht verändern, noch nicht einmal eine Präsidentschaft. Trump, so Wolff, plane grundsätzlich nicht, er spiele nur seine Rolle und improvisiere dabei. Für so etwas habe er ein Gespür.
Wolff kann die Bedeutung von Trumps Zeit bei einer Reality-Show nicht genug betonen. Reality-Shows bauten alle auf ein und dasselbe Prinzip, den Konflikt. Ohne diesen hält man das Publikum nicht bei der Stange, und wenn es keine Konflikte gibt, muss man eben welche erfinden.
Trumps Blick, so Wolff, sei nie nach außen gerichtet; er beschäftige sich letztlich nur mit sich selbst. Was den Rest der Welt angehe, verfüge Trump bestenfalls über kindliches Postkartenwissen. Das Vereinigte Königreich, um ein Beispiel zu nennen, hat einen König; da gab's mal eine Königin, und jetzt gibt es da einen König.
Trump sei hoffnungslos überfordert. Er regiere mittels Schlagzeilen, nicht Politik, die ihn nicht die Bohne interessiere; ihm gehe es nur darum, Tag für Tag Schlagzeilen zu machen. Aber der Konflikt, den er ständig suche, dürfte ihm früher oder später ein Bein stellen. Noch genieße er eine gewisse positive Aufmerksamkeit, aber Wähler seien nun mal notorisch launisch, und was er da Tag für Tag inszeniere, werde die Amerikaner eine Menge Geld kosten, wodurch die positive Aufmerksamkeit unweigerlich in eine negative umschlagen würde.
Wie wird man Donald J. Trump?
Donald John Trump, für die eine Hälfte der amerikanischen Wähler der gottgesandte Erlöser, die Rettung Amerikas, für die andere das Ende der Welt, wie wir sie kennen, kam am 14. Juni 1946 in New York zur Welt. Sein psychopathischer Vater hatte deutsche, seine kränkelnde Mutter schottische Wurzeln. Mary Trump war auf Aufmerksamkeit und sozialen Status und so sehr auf Geld bedacht, dass sie persönlich die Waschmaschinen und Trockner in den Kellern Trumpscher Mietskasernen leerte, auf dass ja kein Groschen verloren ging.7
Fred Trump und meine Großmutter hatten fünf Kinder, und man könnte wohl jedes einzelne von ihnen als kaputten Menschen bezeichnen. Wir sehen das an Donald, der das Produkt einer Kindheit in einer Familie ist, in der es keine Liebe, keine echte Zuneigung gab, das Produkt einer Familie, in der – offen gesagt – Geld die einzige Währung war.
— Mary L. Trump8
Donalds Vater war extrem streng, eitel und unnachgiebig in seinen Forderungen gegenüber seinen Söhnen. Seine Enkelin, die Psychologin Mary L. Trump, bezeichnet ihn als Soziopathen, und zwar durchaus im klinischen Sinne.9 Außerdem war er ein Betrüger, der die Regeln bis zum Zerreißen dehnte, um aus den staatlichen Zuschüssen für seine Wohnungen für Veteranen und Mittelschichtamerikaner den größtmöglichen Profit zu schlagen. Besonders kreativ war er beim Aufbau undurchschaubarer Firmengebilde, die verbergen sollten, was er mit den staatlichen Zuschüssen machte. Zur Rechenschaft gezogen, stand er zu seiner Gier. Sein unziemliches Verhalten rechtfertigte er mit dem Hinweis auf das System: Solange es nicht direkt illegal war, konnte es auch nicht unmoralisch sein, den Geist vom Steuerzahler bezuschusster Wohnungen kreativ zu umgehen.10 Nicht zu vergessen, dass ihm der Staat den Prozess machte, weil er seine Wohnungen nicht an Afro-Amerikaner vermieten wollte.
All das bläute er beizeiten Fred Junior und dem Donald ein, auf dass sie den Killerinstinkt entwickelten, der sie zu Königen machen sollte. Donalds älterer Bruder zerbrach daran; Donald wurde beides, »Killer« und »King«. Es überrascht denn auch nicht, dass er schon als kleiner Junge ein streitsüchtiger, körperlich übergriffiger Bully war. Womit er sich praktisch bis heute nicht geändert hat. Etwas, dessen er sich durchaus bewusst zu sein scheint: »Wenn ich mich in der ersten Klasse sehe und mit heute vergleiche, dann bin ich im Grunde derselbe. An meinem Temperament hat sich nichts geändert.«11
Man könnte das natürlich auch so sehen, dass er nie erwachsen wurde. Was so einigen in seiner Umgebung auffiel.12 »Das Kind wuchs heran zum Kind«, wie John W. Dean schreibt.13 Wie viele Bullys hatte auch Trump schon früh eine überzogen hohe Meinung von sich selbst, und, wie bei diesem Typus üblich, steckte dahinter eine unterschwellige Angst, letztlich doch nicht auf dem Niveau der anderen zu sein. Und nicht selten schneiden sie in der Schule schlecht ab.14 Was Trump besonders fuchste, weil seine ältere Schwester Maryanne die Einser-Schülerin war. Die Beurteilungen seiner Lehrer fielen entsprechend aus. Ein Marketing-Professor an der Wharton School of Business bezeichnete Trump als den »dümmsten Studenten, den ich je hatte«.15 An der Grundschule rebellierte er, tyrannisierte seine Lehrer. »Er war so eigensinnig wie stur. Er saß mit verschränkten Armen da, so einen Ausdruck auf dem Gesicht – mürrisch, würde ich mal sagen – und forderte einen geradezu heraus, irgendwas zu sagen, was ihm nicht passte.«16
Tony Schwartz gegenüber, dem Ghostwriter von Trumps Bestseller The Art of the Deal, behauptete er, einmal einem Musiklehrer ein blaues Auge verpasst zu haben.17 Was einem Siebenjährigen eher schwergefallen sein dürfte. Wie auch immer, sein Vater verlangte von ihm, der Beste zu sein, also war er das auch – seiner Ansicht nach. »Kinder mit einer überzogenen, unrealistischen Vorstellung von der eigenen Klugheit reagieren auf enttäuschende Noten oft damit, den Lehrer für dumm zu erklären.«18 Was denn auch für den politischen Gegner gilt. Man fühlt sich unweigerlich an einige seiner zunehmend aggressiven Wahlkampfreden von 2024 erinnert. Noch vierzehn Tage vor dem Stichtag bezeichnet er seine Gegnerin Kamala Harris als »absolut inkompetent«.19
Als den Erwachsenen seine Mätzchen zu bunt wurden, schickte man ihn an die New Yorker Militärakademie, wo es so spartanisch wie brutal zuging; es herrschte physische wie psychische Brutalität. Was Trump jedoch guttat und seine Weltsicht bestätigte: Wettbewerb und Siegen ist alles, der Bully setzt sich durch. Laut einem seiner Mentoren dort musste Trump in allem der erste sein, selbst beim Essenfassen in der Kantine.20
Während seiner Collegezeit absolvierte Trump ein Praktikum bei seinem Vater, lernte von diesem, wie man Connections knüpft und bei Politikern mit Geldgeschenken nachhilft. Und während viele junge Männer aus ärmeren Bevölkerungsgruppen oder Minderheiten nach Vietnam eingezogen wurden und womöglich dort starben, ging er all dem mit einem vom Vater gedeichselten ärztlichen Attest aus dem Weg.21
Nach dem College suhlte er sich im Sumpf des New Yorker Prominentenlebens und lernte aus erster Hand alles über die Korruptheit der New Yorker Lokalpolitik. Sein Mentor dabei war der Mob-Anwalt und politische Fixer Roy Cohn, unter dessen Anleitung Trump unter anderem lernte, wie man durch Manipulation der Presse ein falsches Image von Erfolg projiziert. Den Medien ist jede gute Story recht und Trump machte sich nicht schlecht auf Fotos.22 Unterm Strich lernte der junge Donald, dass man am besten fuhr, wenn man gegen »altmodische Vorstellungen von Anstand« verstieß. »In seinem New York der 1970er-Jahre tauschten Zeitungskolumnisten Aufmerksamkeit gegen Aufmerksamkeiten, Gangster erfreuten sich der Prominenz von Sportstars und Werte wie Treue und Aufrichtigkeit gehörten der Vergangenheit an.23
Je mehr Trump herauskehrte, was in ihm steckte, mit anderen Worten Eigennutz und ungebrochene Gier, desto mehr schien er zu gefallen. Mit Tony Schwartz heuerte er einen Autor an, der ihm ein Buch schrieb, mit dessen Urheberschaft Trump sich ungeniert brüstete. Es wurde ein Bestseller. »Er betrog öffentlich seine erste Frau und setzte mit dem folgenden Skandal seine Kinder dem höhnischen Gespött ihrer Umwelt aus. Seine Firmen führte er in vier massive Pleiten; eine ganze Reihe anderer geschäftlicher Unterfangen scheiterten. Und dann die zahllosen Prozesse. Artikeln und persönlichen Berichten zufolge schädigten er und seine Organisation Tausende von Investoren, Konsumenten und Unbeteiligte.«24
Was bisher geschah …
Wir schlossen die erste Staffel der Präsidenten-Show mit den Worten der anglikanischen Bischöfin von Washington Marianne Edgar Budde im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes am Tag nach der Vereidigung Donald Trumps:
Eine letzte flehentliche Bitte an Sie, Mr. President. Millionen setzen jetzt ihr Vertrauen in Sie. Und wie Sie der Nation gestern sagten, haben Sie die Hand der Vorsehung eines liebenden Gottes gespürt. Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie hiermit: Haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben …25
Für naivere Zeitgenossen nehmen sich die beherzten Worte der Bischöfin angesichts dessen, was nach Trumps Amtsübernahme passierte, nachgerade prophetisch aus. Aber um ehrlich zu sein, es brauchte wirklich keine Cassandra vor dem Hintergrund der Ereignisse gleich nach der Wahl.
Das Wahlergebnis
Mehr als 155 Millionen Amerikaner haben 2024 gewählt, 156.302.318 um genau zu sein. Das ist in absoluten Zahlen die zweithöchste Wahlbeteiligung in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Sie liegt mit 63,9 Prozent hinter den 66,6 Prozent bei der Wahl von 2020, der höchsten Wahlbeteiligung bei einer US-Präsidentschaftswahl seit 1900.
Trump erhielt 49,8 Prozent der abgegebenen Stimmen, die zweithöchste Stimmenzahl der US-Geschichte; nur Joe Biden brachte es 2020 auf mehr. Trump bekam 2024 3.059.799 Stimmen mehr als 2020 und 14.299.293 Stimmen mehr als 2016. Er hält damit den Rekord unter allen Präsidentschaftskandidaten, was den Stimmenzuwachs anbelangt, und übertrifft damit sogar Barack Obama. Kamala Harris bekam 48,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Sie lag mit 6.285.500 Stimmen hinter dem Ergebnis von Biden 2020, bekam aber immerhin 774.847 mehr als Trump im selben Jahr. Wie auch immer, Trumps Vorsprung vor Harris betrug 1,5 Prozentpunkte.
Der Erdrutsch, zu dem Trump ihn erklärte, war sein Sieg zwar nicht, aber sowohl die Wählerstimmen als auch die der Wahlleute (mit 312 bekam er nur sechs Stimmen mehr als Joe Biden 2020) ließen keinen Zweifel am Willen des amerikanischen Volks. Ein Erdrutsch war noch nicht einmal der Vorsprung von 53 Wahlleutestimmen für Obama 2008; man denke an Lyndon Johnsons Sieg von 1964 (486 Wahlleutestimmen), den Sieg Richard Nixons von 1972 (520), den Ronald Reagans von 1984 (525) oder den Franklin Delano Roosevelts, der 1936 auf 523 Wahlleutestimmen kam.26
Erdrutsch hin oder her, Donald Trump gewinnt die Wahl mit überzeugendem Vorsprung.
Episode 1: Zeitachse 1
Die ersten 12 Tage
Tag 1: 20.01.2025
Donald J. Trump wird als 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt; JD Vance legt als 50. Vizepräsident den Amtseid ab.27 Nach der Parade und einigen Worten an seine Anhänger unterzeichnet Trump die ersten Durchführungsverordnungen.28 Er hob dabei erst einmal 67 der Verordnungen seines Vorgängers auf. Mit als erstes kippt er die 2021 von Biden per Verordnung ins Leben gerufene CBP-One-App, über die sich an der Grenze zu Mexiko ein Asylantrag oder ein Einreiseantrag aus humanitären Gründen stellen ließ.29 Außerdem begnadigt er etwa 1500 der im Rahmen der Prozesse um den 6. Januar 2021 verurteilten Aufrührer.30 Er kippt Klimainitiativen, schafft DEI-Programme ab,31 verfügt einen Einstellungsstopp für Behörden.32 Außerdem tauft er den Golf von Mexiko in Golf von Amerika um und gibt Mount McKinley, dem man den indianischen Namen Denali gegeben hatte, seinen Namen zurück.33 Darüber hinaus entzieht er 50 Personen, darunter John Bolton, die Sicherheitsfreigaben.34 Nicht zu vergessen, kündigt Trump noch an diesem Tag, in seiner Antrittsrede, die territorialen Expansionsansprüche an, die in den kommenden Wochen weltweit für Empörung sorgen sollen.35 Er hatte bereits zuvor erklärt, Kanada annektieren zu wollen.
Tag 2: 21.01.2025
Trump gibt bekannt, 500 Milliarden Dollar in ein KI-Projekt namens Stargate von OpenAI, Oracle and SoftBank investieren zu wollen.36 Es handelt sich dabei um ein Joint-Venture für den zur Entwicklung von KI nötigen Bau von bundesweiter Infrastruktur.37 Wie im Wahlkampf versprochen, begnadigt er den zu lebenslanger Haft verurteilten Gründer der illegalen Handelsplattform »Silk Road« Ross Ulbricht.38 Er ordnet die Schließung sämtlicher für Diversität, Gleichheit und Inklusion zuständige DEI-Filialen des Bundes an.39 Die Regierung untersagt, allen Bundesgesundheitsbehörden die Kommunikation nach außen. Das Kommunikationsverbot gilt für von den Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention herausgegebene wissenschaftliche Berichte ebenso wie Gesundheitswarnungen wie alle Arten von Statistiken wie etwa die Zahl der Drogentoten.40
Tag 3: 22.01.2025
Trump schickt 1500 zusätzliche Soldaten an die mexikanische Grenze.41 Er erklärt die von Iran unterstützten Huthi zur ausländischen Terrororganisation.42 Drohungen aus dem Iran zum Trotz, verweigert Trump dem ehemaligen Außenminister und CIA-Chef Mike Pompeo sowie seinem Berater und Sondergesandten für den Iran Brian Hook künftig den Personenschutz.43 Trump cancelt eine Direktive Obamas, laut der Migranten in sensitiven Lokalitäten wie Krankenhäusern, Gotteshäusern, Gerichtssälen, Schulen sowie bei Hochzeiten und Begräbnissen geschützt waren.44 Die Regierung schickt 160 Leute aus dem Stab des Nationalen Sicherheitsrats nach Hause, um diesen auf Trumps Linie zu bringen.45 Er ernennt den Chef seines Secret-Service-Kontingents zum Direktor des Secret Service.46
Tag 4: 23.01.2025
Trump hat einen virtuellen Auftritt auf dem Weltwirtschaftsforum in der Schweiz,47 bei dem er die ersten 72 Stunden als »nichts weniger als eine Revolution des gesunden Menschenverstands« bezeichnet. »Unser Land wird bald stärker sein, wohlhabender und geeinter denn je, und als Ergebnis dieser unglaublichen Dynamik und dem, was wir tun und tun werden, wird der ganze Planet friedlicher und wohlhabender sein.«48 John C. Coughenour vom US-Bundesbezirksgericht für Washingtons Western District blockiert Trumps Versuch, das Geburtsortsprinzip zu kippen, mit der Begründung, er sei auf »flagrante Weise verfassungswidrig«.49 Trump erkennt per Dekret den Stamm der Lumbee in North Carolina als Native Americans an, ein vor allem von den Cherokee heftig kritisierter Schritt.50 Mit der Begründung, die Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz sollte frei von ideologischen Tendenzen erfolgen, nimmt Trump eine Durchführungsverordnung Joe Bidens von 2023 zurück, die diesbezüglich Leitlinien schaffen sollte.51 Trump entzieht dem ehemaligen Direktor des Bundesinstituts für Allergien und Infektiöse Krankheiten Anthony Fauci den Personenschutz.52 Und schließlich unterzeichnet er noch einen Erlass zur Freigabe bislang geheimer Ermittlungsakten zu den Attentaten auf John F. und Robert F. Kennedy und Martin Luther King Jr.53
Tag 5: 24.01.2025
Vor dem Hintergrund seiner Absicht, die Koordinationsbehörde für Katastrophenhilfe FEMA abzuschaffen, reist Trump nach North Carolina, um sich über die Schäden von Hurrikan Helene im September 2024 zu informieren; außerdem fliegt er nach Kalifornien, um nach den Fortschritten der Löscharbeiten im Gefolge der Flächenbrände vom Januar zu sehen.54 Trump unterzeichnet den Wiedereintritt in zwei internationale Anti-Abtreibungspakte, darunter einer, der ausländischen Organisationen US-Familienplanungsgelder entzieht, wenn sie Abtreibungen anbieten oder befürworten. Er griff dabei den »Mexico-City-Grundsatz«, eine auch als »weltweite Knebel-Vorschrift« bezeichnete Praxis, wieder auf, die – 1984 von Präsident Ronald Reagan eingeführt – abwechselnd von demokratischen Präsidenten aufgehoben und von republikanischen wieder eingeführt wurde. Sie besagt, dass allen NGOs, die auf Schwangerschaftsabbrüche bezogene Informationen und Dienstleistungen anbieten oder sich auch nur befürwortend dazu äußern, die finanziellen Mittel der US-Regierung zu streichen sind.55 Trump wiederholt seine Absicht, Kanada zum 51. Staat der USA zu machen.56 Trump feuert 17 unabhängige Generalinspektoren diverser Bundesbehörden.57
Tag 6: 25.01.2025
Pete Hegseth wird als Verteidigungsminister vereidigt;58 der Senat bestätigt Kristi Noem als Ministerin für Innere Sicherheit bzw. Heimatschutz.59 Trump verbürgt sich auf einer Veranstaltung in Las Vegas für die Abschaffung der Steuer auf Trinkgelder.60
Tag 7: 26.01.2025
Auf dem Golfplatz des Trump National Doral in Miami spielt Trump zum ersten Mal seit seiner Vereidigung eine Runde Golf61 und sorgt dabei für eine diplomatische Krise mit seiner Ankündigung von Einfuhrzöllen auf kolumbianische Produkte als Revanche für dessen Abweisung amerikanischer Deportationsflüge.62 Außenminister Rubio gibt Einschränkungen von Visa für kolumbianische Offizielle und deren Familien bekannt, »die für die Behinderung der Flüge im Rahmen der amerikanischen Rückführungsoperation verantwortlich waren«.63 Außerdem gibt Rubio die Freilassung einer amerikanischen Staatsbürgerin namens Anastasia Nuhfer aus einem Gefängnis in Belarus bekannt.64 Trumps Regierung verkündet die Verlängerung des Waffenstillstands zwischen Israel und dem Libanon bis 18. Februar.65
Tag 8: 27.01.2025
Das Amt für Verwaltung und Haushaltswesen (OMB) befiehlt allen Bundesbehörden »die vorübergehende Einstellung jedweder Vorgänge im Zusammenhang mit der Leistung oder Auszahlung finanzieller Hilfen des Bundes oder anderer einschlägiger Vorgänge, die von [Präsident Trumps] Durchführungsverordnungen betroffen sein könnten«, um jeder Behörde »die Möglichkeit zu einer umfassenden Analyse aller vom Bund gewährten Finanzhilfen in ihrem Amtsbereich zu geben, anhand derer sich Programme, Projekte und Vorgänge identifizieren lassen, die von irgendeinem der Erlasse des Präsidenten betroffen sein könnten«.66 Der kommissarische Oberstaatsanwalt von Washington DC leitet eine interne Überprüfung der Entscheidung des Justizministeriums ein, Hunderte der im Zusammenhang mit dem Angriff vom 6. Januar auf das Kapitol Inhaftierten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht zu stellen«.67 Der kommissarische Justizminister James McHenry feuert eine Reihe von Justizbeamte, die in Strafsachen gegen Donald Trump ermittelt haben.68 In ihrem Entlassungsschreiben heißt es, McHenry bezweifle, dass er ihnen »die Mitarbeit bei der getreuen Umsetzung der Agenda des Präsidenten anvertrauen« könne.69 Aus Dänemark heißt es auf Trumps Ankündigung, Grönland zu kaufen, man wolle 14,6 Milliarden Kronen für mehr Sicherheit in Arktis und Nordatlantik investieren.70 Der Senat bestätigt Scott Bessent als Finanzminister.71 Trump unterzeichnet einen Erlass zur Entwicklung der »Eisernen Kuppel für Amerika« (Iron Dome).72 Trump beendet per Erlass sämtliche Diversitätsprogramme beim US-Militär.73 Trump feuert die Justiziarin des für die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zuständigen National Labor Relations Board Jenifer Abruzzo.74
Tag 9: 28.01.2025
Trump unterzeichnet einen Erlass zur Beendigung »chemischer und chirurgischer Verstümmelung … durch Pubertätsblocker, einschließlich GnRH-Agonisten und anderen Eingriffen zur Verzögerung des Einsetzens oder Fortschreitens der normal verlaufenden Pubertät bei einer Person, die sich nicht ihrem Geschlecht entsprechend identifiziert«; darüber hinaus fordert er das Verbot der »Verwendung von Sexualhormonen wie Androgenblockern, Östrogen, Progesteron oder Testosteron zur Anpassung des körperlichen Erscheinungsbildes einer Person an ihre Geschlechtsidentität, die sich von ihrem Geschlecht unterscheidet«, sowie »chirurgische Verfahren zum Versuch, die körperliche Erscheinung einer Person so zu verändern, dass sie einer Geschlechtsidentität entspricht, die von ihrem Geschlecht abweicht, oder zum Versuch, die Geschlechtsorgane einer Person zu verändern oder zu entfernen, um ihre natürlichen biologischen Funktionen zu minimieren«. Gelten soll das Verbot für »Kinder, d.h. Personen unter 19 Jahren«.75 Verteidigungsminister Pete Hegseth informiert den ehemaligen Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs Mark Milley über den Entzug seines Personenschutzes sowie die Aufhebung seiner Sicherheitsfreigabe; außerdem ordnet er eine Untersuchung von Milleys Verhalten im Amt an, um dann entscheiden zu können, ob eine Degradierung angezeigt sei.76 Das Bundesamt für Personalwesen bietet 2,3 Millionen Beschäftigten per E-Mail die Fortzahlung ihrer Bezüge bis September 2025, wenn sie bis zum 6. Februar von sich aus kündigen.77 Der Senat bestätigt Sean Duffy als Verkehrsminister.78
Tag 10: 29.01.2025
Trump hebt das Memo des Bundesamts für Personalwesen vom 27. Januar auf, was jedoch, wie seine Sprecherin Karoline Leavitt erklärt, keine Aufhebung des Finanzierungsstopps an sich sei, sondern lediglich eine Aufhebung des diesbezüglichen Memos. Man reagiere damit nur auf die einstweiligen Verfügungen diverser Gerichte. Die Anordnung bezüglich der Fördermittel des Bundes an sich bleibe in Kraft.79 Trump unterzeichnet mit dem Laken Riley Act80 ein Gesetz, das Bundesbehörden ausdrücklich verpflichtet, Illegale auch für geringfügige Vergehen wie Ladendiebstahl in Einwanderungshaftzentren festzuhalten – vorher war dies nur bei schweren Straftaten der Fall«.81 Außerdem erklärt Trump, er würde die entsprechenden Behörden anweisen, Guantanamo Bay zur Internierung von Abzuschiebenden vorzubereiten.82 Angestellte des Bundes, so gibt Trump bekannt, müssten mit einer Entlassung rechnen, falls sie nicht bis 6. Februar wieder zur Arbeit erscheinen.83 Der Senat bestätigt Lee Zeldin als Bundesumweltminister.84 Trump einigt sich außergerichtlich mit Meta auf einen Schadenersatz in Höhe von 25 Millionen Dollar für die – seiner Ansicht nach – einer Zensur gleichkommenden Kündigung seiner Accounts auf Facebook und Instagram im Gefolge des Aufstands vom 6. Januar 2021.85 American Eagle-Flug 5342 kollidiert mit einem Hubschrauber der U.S. Army über dem Potomac River in Washington, DC; alle 67 Beteiligten kommen ums Leben.86
Tag 11: 30.01.2025
Trump gibt den Bemühungen um Diversität, Gleichheit und Inklusion eine erhebliche Mitschuld an der Flugzeugkatastrophe über dem Potomac; die Luftfahrtbehörde, so erklärt er, bevorzuge bei der Einstellung Personen mit Behinderungen anstatt »natürlich begabte Genies«.87 Mindestens 14 hochrangige FBI-Beamte, die gegen Trump ermittelt hatten, bekommen ein Ultimatum gestellt: Entweder sie treten in den kommenden Tagen zurück oder sie werden entlassen.88 Kritiker sprechen von einer politisch motivierten Säuberung. Der Senat bestätigt Doug Burgum als Bundesinnenminister.89
Tag 12: 31.01.2025
Die Sprecherin des Weißen Hauses Karoline Leavitt bestätigt die von der Regierung Trump für den 1. Februar angekündigten Zölle in Höhe von 25 % auf alle Einfuhren aus Kanada und Mexiko sowie 10 % auf Importe aus China.90 Trump erklärt, auch auf Einfuhren aus der EU Zölle erheben zu wollen.91 John J. McConnell Jr., Oberster Richter des Bundesbezirks Rhode Island, stellt sich hinter die Forderung von 22 Bundesstaaten, Trumps Stopp von Bundesfördermitteln mit einer einstweiligen Verfügung zu blockieren.92
Episode 2: Weiteres Personal der Präsidenten-Show: Trumps Regierung
Trump wählt für Kabinett und staatliche Toppositionen ausschließlich Leute vom rechten Rand, auf deren unerschütterliche Loyalität er zählen zu können meint; eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass sie nahezu alle herzlich unqualifiziert sind für ihr Amt.
Vizepräsident
Vizepräsident ist selbstredend Trumps Running-Mate JD Vance. Der ehemalige Senator aus Florida ist ein durchaus kluger, intelligenter Mann, der sich beruflich jedoch nicht unbedingt hervorgetan hat und seinen Posten letztlich wohl eher dem Tech-Milliardär Peter Thiel verdankt. Vance scheint, seine große Chance witternd, eine Entscheidung getroffen zu haben: Ich weiß, worauf ich mich da einlasse, und akzeptiere die Rolle des unterwürfigen Lakaien, die ich jetzt spielen muss. Ob er enden wird wie Mike Pence? Vermutlich, aber da er im Gegensatz zu diesem bislang weder Rückgrat noch Charakter gezeigt hat, wer weiß.
Außenminister
Marco Rubio, auch er ein Neo-Konservativer, ist womöglich einer der wenigen halbwegs qualifizierten Leute in Trumps zweitem Kabinett. Durch seine vierzehn Jahre im Senat, vor allem seine Arbeit in den Ausschüssen für die Geheimdienste und Auswärtiges, bringt er einschlägige Erfahrung mit. Er ist mit der amerikanischen Außenpolitik, vom Indopazifik über den Nahen Osten bis nach Lateinamerika bestens vertraut. Rubio ist ein Hardliner, vor allem gegenüber China, das ihm deshalb Einreiseverbot erteilt hat.93 Er plädiert für eine engere Beziehung zu den konservativen USA-freundlichen Regierungen Lateinamerikas, vor allem denen in Argentinien, El Salvador, Ecuador und Peru; die linksgerichteten Regierungen Brasiliens, Mexikos und Kolumbiens dagegen sollte man seiner Ansicht nach nicht länger »beschwichtigen«.94 Ein überzeugter Interventionist, schlug er 2018 die US-Invasion von Maduros Venezuela vor.95 In Sachen Gaza hält er es mit Trumps bedingungsloser Unterstützung Israels. Seine zunächst freundliche Haltung gegenüber der Ukraine änderte er; zuletzt stimmte er gegen weitere Hilfen für Kiew; da sollten, so meint er, die Europäer in Führung gehen. Er hält es bislang mit der NATO, aber auch hier sollten die USA nicht länger die Hauptlast tragen. Seine bislang harte Haltung gegenüber Russland könnte zum Problem mit Trump führen.96 Nach Mike Waltz’ Signal-Chat-Patzer machte Trump ihm kommissarisch zum Nationalen Sicherheitsberater.
Sondergesandter für den Nahen Osten
Steve Witkoff, offiziell Sondergesandter für den Nahen Osten, muss hier gleich nach Rubio erwähnt werden, weil schon wenige Wochen nach Trumps Vereidigung eine ganze Reihe von Kommentatoren den Rechtsanwalt und Immobilienentwickler als eigentlichen Außenminister Donald Trumps bezeichnen, was seinen großen Einfluss auf dessen Außenpolitik reflektiert.97 Als Trump Witkoff nach Moskau schickt, ist denn auch gleich von einem »Schatten-Außenminister« die Rede.98 Senator Adam Schiff bezeichnet seinen Einfluss und die Auswirkungen seiner inoffiziellen Diplomatie als »gefährlich«. Das beginnt nicht zuletzt mit der engen Beziehung der beiden New Yorker Immobilienhaie und Golfspezis Witkoff und Trump. In einem Interview mit Tucker Carlson schwärmt Witkoff geradezu von Putin als Herzensmenschen, legt praktisch die Hand für ihn ins Feuer. Außerdem kolportiert er das Narrativ einer vom Westen provozierten russischen Invasion in der Ukraine.99 Auch seine Beteiligung an den Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas sei hier erwähnt. Problematisch sind seine geschäftlichen Interessen sowohl in Russland als auch im Nahen Osten, auch wenn er seine Geschäfte seit Übernahme seines Amts von seinem Sohn leiten lässt.100
Finanzminister
Scott Bessent, Abkömmling französischer Hugenotten und offen schwules Kabinettsmitglied, war Partner bei Soros Fund Management, bevor er mit der Key Square Group einen eigenen Hedgefonds aufzog. Als Finanzminister beabsichtige er sich jedoch, davon zu trennen. Er hat Trump beim Wahlkampf großzügig unterstützt. Bessent sprach sich noch im November 2024 für Trumps anvisierte Zollpolitik aus;101 er sehe darin ein Mittel, sich für die Amerikaner stark zu machen.102 Noch im März 2025 verteidigte er Trumps Einfuhrzölle für Güter aus Kanada und Mexiko mit dem Argument, »das Wesen des amerikanischen Traums bestehe nicht im Zugang zu billigen Gütern«.103
Verteidigungsminister
Pete Hegseth,104 Co-Moderator von Fox & Friends Weekend, kam nach einer 50-50-Abstimmung nur durch JD Vances Stimme als Tie-Break in Trumps Kabinett. Selbst Veteran, übt Hegseth seit langem schon Kritik an einem Militär, dessen Führungskräfte ihm zu »woke« seien. Außerdem habe die Gleichstellung von Männern und Frauen das Militär geschwächt. Seine Ansicht, Frauen gehörten nicht an die Front, nahm er allerdings wieder zurück. Trotzdem wolle er den Initiativen für Diversität, Gleichheit und Inklusion beim Verteidigungsministerium ein Ende machen. Er wies das Pentagon an, den Verteidigungshaushalt in den nächsten fünf Jahren um jeweils acht Prozent zu kürzen. Noch im Februar entließ er eine Reihe hochrangiger Offiziere, darunter Admiralin Lisa Franchetti, die erste Frau, die das Amt des Chefs der Marineoperationen innehatte. Diese Maßnahmen dienten dazu, es »einer neuen Führung zu ermöglichen, unser Militär auf seine Kernaufgabe zu konzentrieren, nämlich Kriege zu verhindern, zu führen und zu gewinnen«.105
Justizministerin
Pam Bondi, die bereits in Florida Justizministerin gewesen war, versprach, das Justizministerium nicht für politische Zwecke einzusetzen, schloss aber Ermittlungen gegen den ehemaligen Sonderankläger des Justizministeriums Jack Smith nicht aus. Außerdem benannte sie mehrere Staatsanwälte, die Anklage gegen Donald Trump erhoben hatten. Darüber hinaus würde das Justizministerium Diversitäts-Gleichheits-und-Inklusionsprogramme einstellen, die sie für illegal halte. Und schließlich versprach sie, der Finanzierung von Zufluchtsstädten (sanctuary cities) durch den Bund ein Ende zu machen.
Innenminister
Doug Burgum läutete seine Amtszeit mit einer ersten Runde von Ministerialerlassen »zur Freisetzung amerikanischer Energie« ein, um »Amerikas volles Potenzial in Bezug auf Energiedominanz und wirtschaftliche Entwicklung freizusetzen, das Leben für die amerikanische Familie erschwinglicher zu machen und gleichzeitig der Welt die Stärke von Amerikas natürlichen Ressourcen und Innovationen vorzuführen«. Die einzelnen Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele: die Bewältigung des nationalen Energie-Notstands; die Förderung von Exploration und Produktion auf Staatsebene sowie in bundeseigenen Gewässern; die sofortige Preiserleichterung für amerikanische Familien und die Bekämpfung der Lebenshaltungskostenkrise; die Durchsetzung von Präsident Trumps Widerruf des unrechtmäßigen Ausschlusses des äußeren Kontinentalschelfs von der Öl- und Gasverpachtung durch die Biden-Regierung; die Durchsetzung der Deregulierungsagenda von Präsident Trump, deren Ziele neben dem Abbau der Bürokratie, die Stärkung der nationalen Sicherheit sowie die Verbesserung der Lebensqualität amerikanischer Bürger sind; die Entfesselung von Alaskas außerordentlichem Ressourcenpotenzial.
Nationaler Sicherheitsberater
Mike Waltz, ehemaliger Green Beret, Sicherheitsexperte und republikanischer Kongressabgeordneter für Florida, wurde von Trump bereits im November 2024 zum Nationalen Sicherheitsberater ernannt. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Gestaltung der US-Außenpolitik beteiligt, u. a. an den Friedensverhandlungen zwischen den USA und Russland zum Ukraine-Konflikt; außerdem beaufsichtigte er Cyber-Operationen gegen feindlich gesinnte Nationen wie Russland. Während Pete Hegseth, CBS News zufolge, die Cyber-Operationen gegen Russland vorübergehend aufzuheben gedachte, versicherte Waltz, man würde die Sicherheit der Vereinigten Staaten nie und nimmer kompromittieren.106 Dennoch sollte er sich nur 101 Tage im Amt halten. Nachdem er versehentlich den Journalisten Jeffrey Goldberg zu einem Signal-Gruppenchat bezüglich eines geheimen Militärschlags gegen die Huthi im Jemen »einlud«, machte Trump ihn zum Botschafter bei den Vereinten Nationen. Außerdem tauchten Berichte auf, wonach Waltz ohne Trumps Wissen mit Netanjahu Gespräche über mögliche militärische Aktionen gegen den Iran geführt hat.107 Trump übergab den Posten des Sicherheitsberaters kommissarisch an Marco Rubio.
Berater für Innere Sicherheit
Stephen Miller, ein erzkonservativer Falke, schloss sich Trumps Präsidentschaftswahlkampf 2016 als leitender politischer Berater und Redenschreiber an und trug zu wichtigen Reden bei, darunter die Antrittsrede 2017. Ab 2025 hat Miller zwei einflussreiche Positionen inne; er war Trumps stellvertretender Stabschef für Politik und Berater für Innere Sicherheit. In diesen Funktionen ist er maßgeblich an der Gestaltung und Umsetzung der Innen- und Einwanderungspolitik beteiligt. So war Miller eine treibende Kraft hinter mehreren der umstrittensten Einwanderungsinitiativen der Regierung, etwa der Null-Toleranz-Politik, die zu Familientrennungen an der Grenze zu Mexiko führte, dem Reiseverbot gegen mehrere überwiegend muslimische Länder, den Bemühungen um die Abschaffung des Bodenprinzips; darüber hinaus kamen von ihm Vorschläge zur Aussetzung der Habeas-Corpus-Rechte (eine Art Haftprüfungsprinzip) für Migranten mit dem Argument, dass der derzeitige Zustrom eine »Invasion« darstelle.108 Anfang Mai 2025 ist er als Nachfolger von Mike Waltz als nationaler Sicherheitsberater im Gespräch.
Landwirtschaftsministerin
Brooke Rollins, Leiterin des einflussreichen konservativen Thinktanks America First Policy Institute, bekleidete bereits während der ersten Amtszeit Trumps diverse Positionen im Weißen Haus. Ihre erste Aufgabe besteht wohl im Senken der horrenden Preise für Eier. Aber »der Präsident steht hinter unseren Landwirten«, beteuert sie, räumt aber ein, dass die nächste Zukunft eher unberechenbar sein dürfte. Langfristig freilich werde es den Landwirten womöglich besser gehen als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt zu unseren Lebzeiten.109
Handelsminister
Der milliardenschwere Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald Howard Lutnick soll sowohl Trumps Pläne für Zölle auf Importe aus bestimmten Ländern umsetzen als auch Arbeitsplätze in der Fertigungsindustrie wieder in die USA zurückholen. Interessanter freilich ist, dass Trumps langjähriger Freund und Gönner die Akzeptanz von Krypto-Währungen (Trumps nächste Abzocke) fördern soll. Lutnick ist für einen harten Kurs gegenüber China.
Gesundheitsminister
Robert F. Kennedy Jr. ist mit der umstrittenste von Trumps Picks. Einst ein durchaus verdienter Umweltanwalt, der sich bei der Reinigung des Hudson River hervortat, entwickelte er sich zum erklärten Impfgegner und Anhänger einer ganzen Reihe abstruser Verschwörungstheorien.110 Selbst drei seiner Verwandten warnten während der Masernepidemie von 2019 in einem gemeinsamen Artikel vor der Gefährlichkeit seiner Aversion gegen Impfungen. Masern hatte man im Jahr 2000 in den USA für endgültig besiegt erklärt. Im Frühjahr 2025 kommt es abermals zu einer Epidemie, vor allem in Gegenden mit hohen Anteilen an Ungeimpften. Außerdem vertritt Kennedy öffentlich die längst widerlegte Ansicht, Impfungen in der Kindheit könnten zu Autismus führen. Und Covid-19, so erklärte er, sei womöglich bewusst so entwickelt, dass das Virus vornehmlich Weißen und Schwarzen schade, Juden und Chinesen aber verschone.111
Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung
Scott Turner, ehemaliger Football-Profi, möchte erschwinglichen Wohnraum schaffen und Bauwillige von der Last unnötiger Regulierung befreien. Während seiner Zeit als Gesetzgeber in Texas freilich unterstützte Turner einen Gesetzentwurf, der es Vermietern erlaubte, Bewerbern Wohnungen zu verweigern, wenn sie staatliche Wohnbeihilfen erhielten. Außerdem lehnte er ausgerechnet einen Gesetzentwurf zum Bau erschwinglicher Mietwohnungen ab. Er stimmte gegen die Finanzierung öffentlich-privater Partnerschaften zur Unterstützung von Obdachlosen und gegen zwei Gesetzentwürfe, die Obdachlosigkeit unter Jugendlichen und Veteranen zu untersuchen. Hinter seiner Haltung steckt eine tiefe Skepsis gegenüber dem Sinn staatlicher Bemühungen zur Linderung der Armut. So bezeichnete er Sozialhilfe als »gefährlich« und »schädlich« und »mit das Verheerendste für die Familie«. Der Bezug von staatlicher Unterstützung halte deren Empfänger in einer »Knechtschaft«, »die schlimmer ist als die Sklaverei«.112
Verkehrsminister
Sean Duffy, ein weiterer Fox-Moderator, saß für Wisconsin im US-Abgeordnetenhaus. Bei seiner Anhörung vor dem Kongress am 15. Januar 2025 versprach der ehemalige Staatsanwalt unter anderem, etwas gegen die hohe Zahl der Verkehrstoten zu tun und die Zahl der Fluglotsen bei der Bundesluftfahrtbehörde (FAA) zu erhöhen. Trumps Ansicht nach werde er, den Blick auf »Sicherheit, Effizienz und Innovation« gerichtet, »unseren Himmel wieder sicher machen, indem er DEI (Diversität, Gleichheit and Inklusion) bei Piloten und Fluglotsen ein Ende macht«, und Amerika in »das Goldene Zeitalter des Reisens« führen.113 Er wird sich auch mit Elon Musks Forderung nach Deregulierung für autonomes Fahren zu beschäftigen haben.
Energieminister
Chris Wright kommt aus der Gasbranche und hatte nie ein politisches Amt inne. 2010 gründete er den börsennotierten Ölfeld-Dienstleister Liberty Energy, der für 20 % des Onshore-Frackings in den USA verantwortlich ist. Das 3-Milliarden-Dollar-Unternehmen ist, Wrights eigenen Angaben zufolge, an nahezu 10 % der gesamten Energieproduktion der Vereinigten Staaten beteiligt. Wright hat mehrfach die Bemühungen gegen den Klimawandel mit unbewiesenen Behauptungen kritisiert. »Es gibt weder eine Klimakrise, noch befinden wir uns in einer Energiewende«, sagte Wright letztes Jahr.114
Bildungsministerin
Linda McMahon, Mitgründerin und langjährige Chefin von World Wrestling Entertainment (WWE), saß gerade mal ein Jahr in Connecticuts Staatlicher Schulverwaltung, bevor sie unter Trump etwa zwei Jahre das Bundesamt für Kleinunternehmen (SBA) leitete. 2019 übernahm sie den Vorsitz des Trump-freundlichen Super-PAC America First Action und ist derzeit in leitender Funktion beim Thinktank America First Policy Institute (AFPI) tätig.115 McMahon hat sich für ein stärkeres Mitspracherecht der Eltern bei der Schuldbildung und gegen »politische Indoktrination im Klassenzimmer« ausgesprochen. Eines ihrer Ziele ist es, das Mitspracherecht der Schulbehörden vor Ort zu fördern und die Bundesbildungsbürokratie abzubauen. Es ist durchaus denkbar, dass sie letztlich nur die Demontage ihres eigenen Ministeriums überwachen wird.
Minister für Veteranenangelegenheiten
Doug Collins ist Anwalt, Oberst der Luftwaffenreserve und baptistischer Geistlicher mit einem Master in Theologie; er war elf Jahre lang Pastor und zwei Jahre Seelsorger bei der US-Marine. 2007 wählte man ihn in das Repräsentantenhaus von Georgia, wo er drei zweijährige Amtszeiten absolvierte. Immer wieder sah sich der erzkonservative Abgeordnete Vorwürfen ausgesetzt, er sei nicht konservativ genug. Als ranghohes Mitglied des Justizausschusses im US-Repräsentantenhaus verteidigte Collins Trump während Robert Muellers Ermittlungen um die Vorwürfe russischer Einflussnahme auf Trumps Wahlsieg 2016. Er schrieb außerdem ein Buch über Trumps erstes Amtsenthebungsverfahren, bei dem man dem damaligen Präsidenten vorwarf, der Ukraine Militärhilfe vorzuenthalten, um sie zu einer Intrige gegen Joe Biden zu zwingen. Die Demokraten, so argumentierte er, hätten sich nur für Hillary Clintons Wahlniederlage rächen wollen.116
Ministerin für Heimatschutz
Kristi Noem, ehedem Gouverneurin von South Dakota, machte sich weithin unbeliebt, als sie die Nationalgarde ihres Staats an die Grenze zu Mexiko schickte, um der illegalen Einwanderung Herr zu werden, aber den Einsatz der Truppe bei der Katastrophenhilfe verweigerte, als ihr Staat von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht wurde. Außerdem hat sie Hausverbot bei allen neun Indianerstämmen South Dakotas, denen sie vorgeworfen hatte, mit mexikanischen Drogenkartellen im Bunde zu sein. Sie versprach, als Ministerin das Land von »kriminellen Ausländern und Gangs« zu befreien sowie »unsere Südgrenze zu sichern und unser kaputtes Einwanderungssystem zu reparieren«.117
Umweltminister
Lee Zeldin ist Anwalt und saß für New York im US-Repräsentantenhaus und gehörte zum Team, das Trump im Amtsenthebungsverfahren verteidigte. Als Abgeordneter stimmte er wiederholt gegen Gesetze zum Klimaschutz. Während seiner erfolglosen Kandidatur um das Gouverneursamt von New York verbürgte er sich 2022 dafür, New Yorks Fracking-Verbot abzuschaffen. Zeldin erkennt den Klimawandel zwar an, pocht aber auch auf die Notwendigkeit, die Wirtschaft zu stärken. Außerdem sei in Amerika die Verschmutzung während der letzten zwanzig Jahre zurückgegangen; die Schuld an deren Zunahme trügen andere.118 Während er selbst betont, man könne nie genug tun, um »dafür zu sorgen, dass unser Wasser und unsere Luft sauber, sicher und gesund bleiben«, stehe laut dem Sierra Club, Amerikas ältesten Umweltschützern, den Amerikanern »der Ausverkauf unserer sauberen Luft und unseres sauberen Wassers« bevor.119
Direktor des Amts für Verwaltung und Haushaltswesen (OMB)
Russell Vought, Gründer des rechtslastigen Non-Profits Center For Renewing America und federführend am Project 2025 beteiligt, bereitet künftig den Haushalt des Präsidenten vor und überwacht dann die Umsetzung der vom Kongress genehmigten Version. Die Demokraten im Senat bezeichneten Vought als den »gefährlichsten« von Trumps Picks. Das Center war Trump auch beim Abfassen seiner Durchführungsverordnungen behilflich.120 Voughts eigenes Kapitel im Project 2025 erörtert die Rolle des Amts für Verwaltung und Haushaltswesen bei der Durchführung von Trumps Agenda; er sieht es als Fluglotsensystem »mit der Aufgabe und der Kompetenz, für den synchronen Flug aller politischen Initiativen zu sorgen, und der Befugnis, Flugzeuge sowohl starten zu lassen als auch, falls nötig, vom Kurs abweichende Maschinen wieder zur Landung zu zwingen«. Anders ausgedrückt bestehe seine Aufgabe darin, sich an einer »bestmöglichen und umfassenden Annäherung an die Absichten des Präsidenten hinsichtlich seiner politischen Agenda« zu versuchen. Er sprach von einer »existenziellen Notwendigkeit, die weitreichenden Befugnisse der Exekutive aggressiv dafür zu nutzen, die Macht ... an das amerikanische Volk zurückzugeben«. Letztlich gehe es darum, den Staatshaushalt um Milliarden zusammenzustreichen, auch Hilfs- und Bildungsprogrammen für Geringverdiener, Hilfen bei Wohnungsbau und Stadtentwicklung, Medicaid und Medicare.121
Director of National Intelligence (Geheimdienstkoordinatorin)
Tulsi Gabbard, von 2013 bis 2021 noch demokratische Abgeordnete für Hawaii im US-Repräsentantenhaus, hatte 2016 noch Bernie Sanders’ Präsidentschaftskandidatur unterstützt. 2020 bemühte sie sich selbst um die Nominierung als Kandidatin der Demokraten, stellte sich dann aber hinter Joe Biden. Zwei Jahre später kehrte sie einer Partei den Rücken, die ihrer Ansicht nach unter der Fuchtel einer »elitären Kabale von Kriegstreibern« und »woken« Ideologen stünden. In der Folge machte sie Wahlkampf für mehrere Republikaner und wurde Mitarbeiterin bei Fox News. Als Geheimdienstkoordinatorin obliegt ihr nun die Aufgabe, die Geheimdienste des Landes im Sinne Trumps zu überarbeiten – eines Mannes also, der eben diese Geheimdienste des Versuchs bezichtigte, seine erste Regierung und seinen Wahlkampf zu untergraben. Und dann sind sie für Trump natürlich Teil des Deep-State. Sie muss nun »all die korrupten Akteure in unserem nationalen Sicherheits- und Geheimdienstapparat aus dem Weg räumen«, wie Trump es ausdrückte. »Alle Abteilungen und Behörden, die zu Waffen gemacht wurden, werden komplett überholt.«122
Direktor des CIA
John Ratcliffe123 war einer der glühendsten Verteidiger Trumps bei der Affäre um die mutmaßlich erpresserische Einbehaltung der Militärhilfe für die Ukraine 2020. In Trumps erster Amtszeit Geheimdienstkoordinator, ist er nun Chef des Auslandsgeheimdienstes und ist damit einer der wenigen von Trumps Picks, die zumindest Erfahrung für den Posten mitbringen, auf den er sie setzt. Was nicht heißt, dass er nicht umstritten ist. So wies er etwa die Behauptung Dutzender Ex-Geheimdienstler zurück, der zufolge die Veröffentlichung von E-Mails von einem Laptop, den Hunter Biden zur Reparatur gegeben habe, alle Merkmale einer russischen Desinformationskampagne aufweise. Außerdem warf man ihm die Politisierung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse vor, als er Dokumente russischer Geheimdienste freigab, angeblich in der Hoffnung, dass sie für die Demokraten schädliche Informationen über die Wahl von 2016 enthielten.124 Sein Hauptaugenmerkt dürfte wohl China gelten, das er für die größte Bedrohung hält, nicht nur für die USA: »Das Nachrichtenmaterial ist eindeutig«, schrieb er 2020, »Peking beabsichtigt die USA und den Rest der Welt wirtschaftlich, militärisch und technologisch zu dominieren.« Was nach außen hin wahrzunehmen sei, sei oft nur ein Deckmantel für Aktivitäten von Chinas KP.125
US-Handelsbeauftragter
Jamieson Greer, ehedem Anwalt bei der Air Force und heute Partner bei King & Spalding, einer international tätigen Kanzlei für Handelsrecht, war während Trumps erster Amtszeit Stabschef von dessen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. In dieser Eigenschaft war Greer an den Gesprächen mit China beteiligt, als die beiden größten Volkswirtschaften der Welt einander im größten Handelskrieg seit den 1930er-Jahren Zölle aufbrummten.126 Greer half außerdem bei der Überarbeitung des US-Mexiko-Kanada-Abkommens und brachte es zusammen mit den Demokraten durch den Kongress. Greer, dem das steigende Handelsdefizit der USA Sorgen macht, wünscht sich ausgewogene Handelsbeziehungen mit China, befürwortet Trumps Schutzzölle zur Eindämmung der Fentanyl-Schwemme, fordert andere Länder zum Abbau ihrer Handelsbarrieren auf, um Zugang zum US-Markt zu erhalten, und möchte Märkte für US-Agrarprodukte öffnen, wobei er Indien und die Türkei als Beispiele nennt.127
Bundesamt für Kleinunternehmen (SBA)
Kelly Loeffler, ehedem für Georgia im US-Senat, ist, einer Kollegin aus dem Senat zufolge, »eine erfolgreiche Geschäftsfrau, Unternehmerin, Philanthropin und engagierte Staatsdienerin … Von ihrer Kindheit auf einer Farm in Illinois über die Arbeit auf den Sojafeldern und in den Rindermastanlagen ihrer Familie bis hin zu den Herausforderungen durch die Vorschriften für das Fuhrunternehmen ihrer Familie entwickelte sie eine starke Arbeitsmoral und eine Wertschätzung für den amerikanischen Traum.«128 Wichtiger noch, spendete Loeffler fast fünf Millionen Dollar für Trumps zweite Wahlkampagne und half beim Wahlkampf in Georgia mit. Trump sieht Loefflers vorrangige Aufgabe darin, den Steuerzahlern gegenüber Verantwortung zu zeigen, indem sie »gegen Verschwendung, Betrug und Überregulierung vorgeht«.
Stabschefin im Weißen Haus
Susie Wiles (The »Ice Maiden«) gilt als kühle Strategin und Architektin von Trumps Wiederwahl 2024, entsprechend war sie auch die erste, die von allen hier Genannten Trumps Zuschlag bekam. Die studierte Anglistin war bereits 1980 bei Ronald Reagans Wahlkampf mit von der Partie; 2010 war sie unter Floridas politischen Insidern bereits eine Legende.129 Als sie dort 2018 Ron DeSantis zum Sieg bei den Gouverneurswahlen verhalf, wurde Trump auf sie aufmerksam. Es dürfte interessant werden, wie sie mit dem durch Trump garantierten Chaos im Weißen Haus fertig wird. Susie Wiles ist übrigens ein Paradebeispiel für Trumps Unfähigkeit, anderer Menschen Talente anzuerkennen, anders gesagt für die »Harthörigkeit seines politischen Instinkts«, wie der Autor Michael Wolff das nennt. So reagierte er 2016 auch auf Susie Wiles aus dem Bauch heraus und wollte sie gefeuert sehen, weil sie »wie ein Kühlschrank mit Perücke« aussehe. Hätte man sie gefeuert, Trump hätte in Florida verloren.130
Chef des Amts für Staatliche Effizienz
Elon Musk, der reichste Mann der Welt, der sich mit über 270 Millionen Dollar und viel Reklame für Trump auf seiner Social-Media-Plattform X ins Weiße Haus eingekauft hat, ist Chef einer Behörde, die es nicht wirklich gibt – und die Trump zufolge noch nicht einmal einen Chef hat. Auch wenn er nicht zum Kabinett gehört, verspricht er die zweitwichtigste Figur dieser zweiten Staffel der Präsidenten-Show zu werden. (Siehe dazu Episode 22)
Episode 3: Eene meene muh …
Neben der Senkung der Lebenshaltungskosten war die illegale Einwanderung das zweite große Thema von Trumps Wahlkampf. Während seine republikanischen Wähler Umfragen von Reuters/Ipsos Mitte März 2025 zufolge in Sachen Lebenshaltungskosten nur zu 69 % mit ihm zufrieden sind, kommt seine Abschiebungspolitik bei 86 % der Republikaner und Unabhängigen, mit anderen Worten recht gut an. Grundsätzlich überschatten beim Wähler in diesem Zeitraum wirtschaftliche Sorgen die Bedenken hinsichtlich seiner Einwanderungspolitik. Auf heftige Kritik und rechtliche Bedenken stößt diese freilich bei Bürger- und Menschenrechtsorganisationen.131 Unterm Strich haben die Amerikaner eine härtere Haltung gegenüber dem Thema Einwanderung angenommen, seit Trump 2015 erstmals die nationale politische Bühne betrat.
Eine Zeitleiste gibt einen knappen Überblick darüber, was in dieser Hinsicht bisher geschah. Beginnen wir dabei in seiner ersten Amtszeit, da hier bereits härter durchgegriffen wurde als unter den Demokraten. Im Gegensatz zu heute hatte man damals freilich noch keinen umfassenden Plan.
25. Januar 2017: Trump unterzeichnet eine Durchführungsverordnung, die die Prioritäten der Strafverfolgung erweitert und der zufolge so gut wie alle Einwanderer ohne Papiere abgeschoben werden sollen, nicht nur die Vorbestraften. Noch im Laufe des Februars kommt es zu einer ersten »Durchsetzungswelle«; die zuständige Behörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) verhaftet knapp 700 Einwanderer ohne Papiere bei Razzien im ganzen Land.
6. März 2017: Man überarbeitet das »Einreiseverbot« und schränkt die Einreise aus sechs mehrheitlich muslimischen Ländern ein.
Im April 2017 führt man die »Null-Toleranz«-Politik ein, was zu einer Zunahme von Abschiebungen und Familientrennungen führt.
5. September 2017: Trump kündigt das Ende von DACA (Deferred Action for Childhood Arrivals) an, wovon etwa 800.000 so genannte »Dreamers« betroffen sind.
2018 kommt es bei Abschiebungen verstärkt zu Familientrennungen.
Im April 2018 eskaliert die »Familientrennungskrise« aufgrund des strengen Durchgreifens an der Grenze zu Mexiko. Über 2800 Kinder werden von ihren Eltern getrennt.
20. Juni 2018: Trump unterzeichnet nach einem öffentlichen Aufschrei eine Durchführungsverordnung, die die Trennung von Familien zurücknimmt.
Im Oktober 2018 veranlasst die »Krise um die Migrantenkarawanen« Trump, Soldaten an die Südgrenze zu schicken und die Abschiebemaßnahmen auszuweiten.
2019 kommt es zunehmend zu Gegenreaktionen der Öffentlichkeit und rechtlichen Anfechtungen von Trumps Abschiebepolitik.
Im Juni 2019 ordnet Trump im ganzen Land ICE-Razzien an, um Millionen von Einwanderern ohne Papiere abzuschieben, aber Behörden und Politiker vor Ort spielen nicht mit.
Im September 2019 segnet der Oberste Gerichtshof eine Regelung ab, die Asylsuchenden die Einreise verweigert, die den Umweg über Drittländer genommen haben.
Im Oktober 2019 greift die »Remain in Mexico«-Politik, die Asylsuchende in Mexiko zu bleiben zwingt, während sie auf ihre Gerichtsverfahren warten.
Im Wahljahr 2020 kommt es zu einer Verlangsamung der Abschiebungen.
Im März 2020 verschärft man COVID-19-bedingt die Grenzpolitik; Title 42 tritt in Kraft, das unter Berufung auf die Gesundheitskrise die Abschiebung ohne Bearbeitung von Asylanträgen gestattete.
Im November 2020 verliert Trump die Wahl an Joe Biden, der die Zurücknahmen zahlreicher einwanderungspolitischer Maßnahmen verspricht.
Im Mai 2023 fällt der Pandemie-Paragraph Title 42, der die sofortige Abschiebung von Migranten erlaubte.
Die Beendigung der »Remain in Mexico«-Regelung erlaubt Asylbewerbern während der Bearbeitung ihrer Fälle den Aufenthalt in den USA. Biden stoppt den weiteren Ausbau der Grenzmauer. Man für Title 8 wieder ein, den Paragraphen, der im Falle eines illegalen Grenzübertritts die sofortige Abschiebung und ein fünfjähriges Wiedereinreiseverbot vorsieht. Neue Bewährungsprogramme für eine legale Einwanderung erlauben monatlich 30.000 Migranten aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela die Antragstellung. Asylbewerber müssen ihren Antrag online oder über einen legalen Einreisehafen stellen, andernfalls kann ihnen das Asyl verweigert werden.
Insgesamt wird auch unter Joe Biden hart durchgegriffen und abgeschoben. Es kam sogar zu Rekorden: Biden erhöhte die Zahl der Abschiebungen und schickte Hunderttausende zurück in ihre Heimat. Die Grenzpatrouillen werden verstärkt, sowohl durch mehr Personal als auch durch verbesserte Technologie. Dennoch kommt es unter Biden/Harris zur größten Einwanderungswelle in der Geschichte der USA. Nicht zuletzt auch, weil die Republikaner im Kongress eine von den Demokraten eingebrachte Einwanderungsreform blockieren.
Trump verspricht im Wahlkampf 2024 Massenabschiebungen, wie das Land sie noch nie gesehen hat; auch das Militär soll dabei eingesetzt werden; außerdem will er das Verbot der Familientrennung wieder aufheben und die »Remain in Mexico«-Politik wieder einführen.
20. Januar 2025: Noch am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit unterzeichnet Trump unter anderem die »Executive Order 14159« mit dem Titel »Schutz des amerikanischen Volks vor Invasion«, die weitreichende Veränderungen in der Einwanderungspolitik vorsieht: die erweiterte Anwendung der beschleunigten Abschiebung ohne gerichtliche Anhörung; der Entzug von Bundesmitteln für »Sanctuary Jurisdictions«, d.h., Städte, Countys oder Bundesstaaten, in denen Einwanderer ohne Papiere besonderen Schutz genießen; straf- und zivilrechtliches Vorgehen gegen Einwanderer ohne Papiere, die sich nicht registrieren lassen; die Aufstockung des Personals zur Durchsetzung der Einwanderungsbestimmungen, also der Einwanderungs- und Zollbehörden (ICE) sowie der Zoll- und Grenzschutzbehörden (CBP); Einschränkung des Zugangs zu öffentlichen Leistungen für Einwanderer ohne Papiere; Ausweitung der 287(g)-Vereinbarungen über eine verstärkte Partnerschaft zwischen Bundeseinwanderungs- und lokalen Strafverfolgungsbehörden; verstärkte Strafverfolgung auf Bundesebene für einwanderungsbezogene Straftaten.