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Die US-Wahl 2024: Der ultimative Führer durch das Wahljahr 2024 ... und den Anfang vom Ende Das Buch von einem, der auszog, sich eine Meinung zu bilden und sich in den täglichen Irrungen und Wirrungen einer wahrhaftigen Trump-Soap verlor. Macht, Gier, Geld, Sex & Rache – vergessen Sie Dallas & den Denver Clan, vergessen Sie, was Sie bislang unter Reality-TV verstanden, die Trump-Soap sprengt alle Formen der Unterhaltung: ab Januar 2025 werden wir alle darin eine Rolle spielen. Was amazon für unseren Einzelhandel war, wird die zweite Regierung Trump für unsere politische Landschaft sein. Sein Schattenvize Elon Musk macht es uns bereits vor. Amerika hat einen Psychopathen zum Präsidenten gemacht, dessen erstes Ziel es sein wird, den ganzen Staat zum Instrument in der Hand des Präsidenten zu machen. Man sollte endllich aufhören, sich über den Mann lustig zu machen und ihn als die Gefahr für diesen Planeten erkennen, die er darstellt. Nehmen wir den Mann endlich ernst!
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Seitenzahl: 974
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Staffel 1: Das Wahljahr ’24
Eine wirre Geschichte von Geld, Gier, Sex, Macht, Dummheit und Arroganz
Bernhard Schmid
Die US-Wahl 2024: Der ultimative Führer durch die Trump-Soap ...
*
Von einem, der auszog, sich eine Meinung zu bilden, und sich in den täglichen Irrungen und Wirrungen einer wahrhaftigen Trump-Soap verlor. Macht, Gier, Geld, Sex & Rache – vergessen Sie Dallas & den Denver Clan, vergessen Sie, was Sie bislang unter Reality-TV verstanden, die Trump-Soap sprengt alle Formen der Unterhaltung: ab Januar 2025 werden wir alle darin eine Rolle spielen. Was amazon für unseren Einzelhandel war, wird die zweite Regierung Trump für unsere politische Landschaft sein. Hören wir endlich auf, uns über Donald Trump lustig zu machen. Der amerikanische Wähler hat zum zweiten Mal einen Psychopathen mit einer antidemokratischen Agenda auf den wichtigsten politischen Posten der Welt gesetzt.
Besser, wir nehmen diese Gefahr für unseren Planeten endlich ernst!
Text © 2025 by Bernhard SchmidUmschlaggestaltung © 2025 by Bernhard Schmidim SelbstverlagAnregungen: [email protected]
Herstellung: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin
Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]
Inhalt
Zum Geleit
… ein Schlusswort vorweg
Folge 1: #Die Oktober-Überraschung
Folge 2: #Gottes Orangener Sohn
Folge 3: #Der Psychopath
Folge 4: #as dumb as a box of rocks
Folge 5: #Lies, lies, lies
Folge 6: #Immunität – die Lizenz zum Mord
Folge 7: #Der Traum vom starken Mann – Diktator für einen Tag
Folge 8: #The Donald Ministry – Trump als Sektenführer
Folge 9: #Pro Life bis zum Tod
Folge 10: #Mehr als grenzwertig: The Border Deal
Folge 11: #Loyalität – Wer mich nicht mag, der nicht gewinnt!
Folge 12: #Donald Trumps letzte Instanz – The US Supreme Court
Folge 13: #Officer of the United States – Trump als Staatsdiener
Folge 14: #Alexei Nawalny
Folge 15: #Wladimir Wladimirowitsch Putin
Folge 16: #Faschismus
Folge 17: #Project 2025
Folge 18: #SCOTUS, Part 2
Folge 19: #Christlicher Nationalismus
Folge 20: #kognitiver Verfall
Folge 21: #Woke/Anti-woke – Glaubenskrieger unter sich
Folge 22: #Electoral College – Garant für Trumps Sieg?
Folge 23: #MAGA – Made America Go Gaga
Folge 24: #Der Name ist Trump – Donald »Broke« Trump
Folge 25: #Mike Pence
Folge 26: #Abtrünnige & Verräter
Folge 27: #Gerrymandering – US-Politiker wählen ihre Wähler
Folge 28: #Truth Social
Folge 29: #Jared Kushner
Folge 30: #January, 6th
Folge 31: #88 Problems, but the White House ain’t one
Folge 32: #Melania – Opfer oder Komplizin?
Folge 33: #Ivanka – die Prinzessin
Folge 34: #Steve Bannon
Folge 35: #Joe Bidens Mordkomplott
Folge 36: #Michael Cohen
Folge 37: #Rudy Giuliani
Folge 38: #unhinged – Der Typ dreht am Rad
Folge 39: #Wahl 2024? Alles Roger! Oder was?
Folge 40: #Heimkehr der verlorenen Schäfchen
Folge 41: #Trumps Projektionen – Ein Geständnis nach dem anderen
Folge 42: #Duell der Schwachköpfe – Erste & letzte Runde
Folge 43: #Blacks for Trump
Folge 44: #SCOTUS Pt. 3
Folge 45: #Militärgerichte für die »Feinde der Demokratie«
Folge 46: #Joe Biden – Das Schweigen der Lämmer bricht
Folge 47: #Shots fired! Schüsse auf Donald Trump
Folge 48: #JD Vance
Folge 49: #Palantir – Das i-Tüpfelchen auf dem autoritären Staat?
Folge 50: #Kamala Harris – Letzter Schnaufer der Demokratie oder Frischer Wind
Folge 51: #Die MAGA-Plattform
Folge 52: #Meme-Wars
Folge 53: #Tim Walz – Running-Mate
Folge 54: #Promis gegen Trump
Folge 55: #Donnie & Elon – Das »Interview«
Folge 56: #Gefühlte Wirtschaft
Folge 57: #Friede, Freude, Hoffnung und nicht viel mehr – der Nominierungsparteitag der Demokraten
Folge 58: #Das Attentat – Pt. 2
Folge 59: #Die Saat des Unheils – Zweifel an der Wahl 2024
Folge 60: #Lust auf Wahl oder das Erwachen der Wählerin?
Folge 61: #Das Interview
Folge 62: #Wer wird die Wahl – entscheiden: menschliche oder künstliche Intelligenz?
Folge 63: #Das Duell Pt. 1
Folge 64: #Das Duell Pt. 2
Folge 65: #Das Duell Pt. 3
Folge 66: #Republicans for Harris
Folge 67: #Donald, Hunter & Lev – Der russische Faktor
Folge 68: #Handverlesenes Chaos
Folge 69: #Endlösung à l’Américaine
Folge 70: #American Freak Show
Folge 71: #Lies, Lies, Lies – Die andere Seite
Folge 72: #Die Debatte der Zweiten Riege
Folge 73: #Das Geheimnis der 13 Schlüssel
Folge 74: #Grenzwertiges
Folge 75: #Trumps langer Schatten über den USA
Folge 76: #Harris’ Große Koalition
Folge 77: #Helene & Milton
Folge 78: #Abschied vom Mythos Trump
Folge 79: #Fake Electors – Die alternative Wahl
Folge 80: #Reboot der USA als Viertes Reich?
Folge 81: #Wie wird man Donald J. Trump
Folge 82: #Wahlkampf der Milliardäre
Folge 83: #Trump und die Gender-Gap
Folge 84: #Die Hitler-Keule & die amerikanische Arbeiterschaft
Folge 85: #Apocalypse Now?
Folge 86: #Künftige Dramatis Personae
Folge 87: #Der Sturz vom hohen Ross
Folge 88: #Trumps erstes Interview
Folge 89: #Sozialdemokratie à l’Américaine?
Folge 90: #Welcome to Trump-World!
Schlusswort
Christen, geht wählen. Nur dieses eine Mal noch. Danach ist das nicht mehr nötig … Vier weitere Jahre … dann ist alles wieder gerichtet … Ihr braucht dann nicht mehr zu wählen, meine schönen Christen … Ihr müsst zur Wahl gehen. In vier Jahren braucht es das nicht mehr.
– Donald J. Trump
Wir haben bei dieser Wahl die Gelegenheit, neu zu beginnen, einen Strich zu ziehen unter ein Jahrzehnt, in dem Donald Trump uns zu spalten und uns Angst voreinander zu machen versucht.
– Kamala Harris
Und [Mr. Trump] sagte, »Wahre Macht ist – ich möchte das Wort eigentlich gar nicht benutzen – ›Angst‹«. Genau das haben wir von dem Mann von dem Tag an gesehen … genau daran hält er sich. Er weiß, dass wahre Macht genau darin besteht: die Leute in Angst und Schrecken zu versetzen. Und das ist genau das, was wir heute sehen.
– Bob Woodward
Wir alle wissen, dass der Trumpismus in der amerikanischen Geschichte ein neues Kapitel aufschlägt, das mitsamt der Globalisierung sämtliche bisherigen Ansprüche Amerikas beiseite fegt. Sicher, Oligarchen aus dem Silicon Valley wie Elon Musk haben ihm beim Wahlsieg geholfen, aber schlussendlich, daran ist nicht zu rütteln, hat ihn der amerikanische Arbeiter wieder ins Weiße Haus geschickt. Und jetzt sehen wir uns in einer von Grund auf neuen politischen Welt …
– Steve Clemens, Al Jazeera
Unterm Strich ist in den USA nichts weiter passiert als der Rechtsruck quer durch alle Schichten, Geschlechter und Ethnien, wie wir ihn seit Jahren nach und nach bei uns in Europa sehen.
– der Autor
Zum Geleit
Das Buch von einem der auszog, sich eine Meinung zu bilden und dabei das Fürchten lernte …
Angedacht war eigentlich nur eine Blog-Serie mit Erklärungen einer Handvoll in einem Wahljahr allgegenwärtiger Begriffe aus der amerikanischen Politik: alte Kopfnüsse wie das electoral college oder die electors, deren Subspezies, die fake oder alternativeelectors, Trump zu trauriger Berühmtheit verholfen hat. Vielleicht mit einem Gupf Satire obenauf. Aber es war einfach unmöglich, sich mit dem Thema zu befassen, ohne mit Haut und Haaren der Trump-Soap zu verfallen, zu der die Wahl praktisch schon im Vorfeld geworden war. Und so begann ich nächtens deren täglich neue, mal mehr, mal weniger überraschende Windungen und Wendungen zu verfolgen.
Das war für mich doppelt interessant, weil jemand aus meiner Bekanntschaft die Frage in den Raum gestellt hatte, was denn eine zweite Amtszeit Trumps mit uns zu tun hätte? Nun, das hier vorwegzunehmen, würde den Rahmen eines Vorworts sprengen. Aber dazu immerhin so viel: Deutschland ist, wenigstens bundespolitisch, noch nicht ganz auf dem Sandkastenniveau, das Trump in die Politik eingebracht und auf das er den politischen Diskurs in den USA gedrückt hat: Lügen, Wahlbetrug, leere Versprechungen, Drohungen, Terror, Beleidigungen und publikumswirksame Spitznamen wie Lyin’ Ted Cruz, Little Mark Rubio, Sleepy Joe Biden, Crooked Hillary, Crazy Bernie, Stupid Kamala und Tampon Tim. Bis er sich schließlich zu der Bezeichnung nicht nur illegaler Einwanderer, sondern auch des politischen Gegners als »Ungeziefer« verstieg, dessen er künftig mithilfe des Militärs Herr zu werden gedenke. Was immer zur Spaltung – oder Polarisierung, wie das heute wohl unbedingt heißen muss – beiträgt, Trump ist das nur recht. Und nicht zu vergessen seine unverhohlene Bewunderung für Diktatoren und den autoritären Staat. Ganz so weit ist unsere Republik noch nicht. Aber wir machen den Amerikanern bekanntlich seit jeher alles nach. Apropos: Inwieweit hierzulande russische Propaganda wie in den USA die Spaltung der Nation befördert, ist noch schwer zu sagen,1 aber, um es gleich nochmal zu wiederholen, wie die Erfahrung lehrt, was immer in den USA passiert, wir hinken da nie sehr weit hinterher.
Nachtrag im Januar 2025
Und siehe da, Trump ist noch nicht einmal vereidigt, da trifft sein Schattenvize Elon Musk sich auf X mit der Chefin der AfD und mischt sich damit in den deutschen Wahlkampf ein. In Großbritannien geht er ebenfalls bereits zur Sache, fordert Haft für Keir Stamer und seine Follower auf X zur Abstimmung auf: Soll Amerika das britische Volk von der Tyrannei seiner Regierung befreien?2
Kurz gesagt: Auch deshalb sollten Sie über die hier zusammengetragenen Fakten informiert sein. Die übrigens nicht aus den anonymen Gedärmen der sozialen Medien gezerrt sind, sondern aus offiziellen, jederzeit überprüfbaren Quellen stammen. Es mag hier und da eine Meinung oder eine Vermutung darunter sein, aber Sie werden immer erfahren, wes Geistes Kinder die Ansichten in diesem Buch sind.
Sie müssen sich übrigens auch nicht meine zur eigenen Meinungsbildung mühsam zusammengetragenen, aber letztlich unmaßgeblichen Ansichten zu Eigen machen. Reiben Sie sich ruhig dran. Eines jedoch kann ich versichern: Mit der Lektüre dieses Buches bleiben Ihnen eine Menge eigene Recherchen erspart.
Hinweis
Einige der Kapitel wurden in den Wochen nach der Wahl leicht überarbeitet, nicht nur weil das angesichts der verwirrenden Entwicklungen in der Trump-Soap angezeigt schien, sondern auch weil es dem Verständnis hilft und Zeit spart, indem es gewisse, im Rückblick völlig unnötige Ungereimtheiten erst gar nicht aufkommen lässt.
Ob das Buch nun als Nachklapp für ein anstrengendes Wahljahr zu lesen ist oder als erste Einblicke in eine neue Ära entweder eines von neu erwachtem demokratischem Eifer erfüllten oder eines unter autoritärer Führung in die Vergangenheit zurückkehrenden Amerika, wird sich zeigen. Tatsache ist, dass die Liberalen ihren Schock weghaben und die Arbeiterschaft ein Machtwort gesprochen hat. Ob Letztere tatsächlich etwas haben wird von einem Präsidenten, der ein Problem mit Gewerkschaften hat und ihr durch seine Zollpolitik unterm Strich eine regressive Steuer und Staatsschulden in Rekordhöhe einbringen dürfte? Wirtschaftswissenschaftler bezweifeln es.3 Eine gewisse »Resistance« oder ein »Untergrund« scheint sich bereits zu formieren, nicht zuletzt mit der Kündigung so einiger Accounts auf X.
Und noch etwas: Ich habe durchaus beiden Seiten gerecht zu werden, etwas Gutes an Trump zu sehen versucht, aber jeder Hinweis seiner Anhänger auf seine Vorzüge platzt bei näherer Hinsicht wie eine Seifenblase. Und wenn er dann auch noch ankündigt, »ein Diktator« sein zu wollen, »nur am ersten Tag seiner Amtszeit«, versteht sich …
Die Republikanische Partei, die ich kannte … starb am 5. November.
– Anthony Scaramucci, Nov. 20244
Donald Trump lässt sich nicht länger als bloßer Schlenker im Kurs der US-Politik sehen. Seine Wiederwahl und sein erneuter Einzug ins Weiße Haus weisen eindeutig auf eine Kursänderung hin zu einer mehr nativistischen, isolationistischen und protektionistischen Politik. Was für die kommenden Jahre wirklich ernsthafte Fragen hinsichtlich der globalen Landschaft aufwirft.
– John Owen Brennan, ehemaliger Direktor der CIA5
Er meint jetzt, vom amerikanischen Volk ein Mandat für weiß Gott was zu haben – zum Beispiel sich aus der NATO zurückzuziehen und Auslandsmittel zu streichen. Nun, das ist empirisch nicht richtig … Sich für Trump zu entscheiden, weil vielen die Inflation aufstößt, heißt nicht, dass wir die internationale Ordnung in die Luft jagen wollen. Er bringt da was durcheinander, und das ist gefährlich. Nur bildet er sich jetzt ein Mandat dazu ein.
– Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Russland6
… ein Schlusswort vorweg
Die Amerikaner haben ihren Präsidenten gewählt und sich dabei buchstäblich für den »Kriminellen« entschieden und die Staatsanwältin verschmäht. Nicht unbedingt wider Erwarten, aber mit einer – außer von Trump selbst – kaum erwarteten Mehrheit. Welche Lehren lassen sich daraus ziehen? Nun, zunächst einmal die, dass all die hochdotierten Auguren durchaus seriöser und aufrichtig bemühter Medien nicht gescheiter waren als mein Bauch. Wobei ich gestehen muss, dass mich Professor Allan Lichtmans durchaus wissenschaftlich erarbeitete und bislang bewährte »13 Schlüssel zum Weißen Haus«7tatsächlich zum Glauben, wenn schon nicht an einen Sieg der Demokraten, so doch an ein Fotofinish verführten. Womit ich nicht allein war. Ich werde aber künftig lieber wieder auf meinen Bauch vertrauen.
Was denn auch schon mit der zweiten Lehre zu tun hat, die sich aus dieser Wahl ziehen lässt. Die Amerikaner haben mit dem Bauch gewählt. Und das in doppeltem Sinne. Im wörtlichen Sinne stellten sie den Preis für Bacon & Eggs über irgendwelche hehren Vorstellungen von Demokratie. Weniger wörtlich genommen, folgten sie ihrem Bauch, insofern sie Empathie empfanden mit ihrem von der »radikalen Linken« als empathielos geschmähten Führer. Was nicht schwer fällt, wenn man sich ständig von einer »überheblichen linken Elite« als dumm, zurückgeblieben und blind einem abgefeimten soziopathischen Hochstapler ergeben abgetan sieht. Wir sollten verstehen, dass Harris’ von uns meist beschmunzelte Spitzen gegen den Mann seine Schar nur umso fester zusammenschweißen musste. Dass seine Wahlveranstaltungen zunehmend schlecht besucht waren, wie es hieß, lag einfach daran, dass der harte Kern seiner Anhänger ohnehin weiß, wofür er steht, und für diesen nie ein anderer Kandidat in Frage kam. Mit Arroganz gegenüber offenbar bemitleidenswerten dummen Trump-Anhängern Politik zu machen, ist nicht viel besser, als Trumps Methode, Zwiespalt, Hass und Angst vor dem anderen zu sähen. Nicht nur ist sie weniger wirksam, sie muss wohl letztlich, so die Lehre daraus, nach hinten losgehen.
Eine der ganz großen Fragen ist, wieso auf der linken Seite niemand verstanden hat, dass man Trump mit Spott und Anwürfen nichts anhaben kann. Der Mann hat privat wie politisch alles getan, was dem Normalsterblichen Anstand, Einfühlungsvermögen, Vernunft oder was auch immer verbieten würden, von der Haftstrafe ganz zu schweigen. Der Mann ist ein Fabelwesen, ein Zentaur, ein Basilisk, ein Leviathan – Rabelais könnte ihn erfunden haben. Aber die Amerikaner wollen dieses Fabeltier nun mal als Staatsoberhaupt, weil es ihnen Hoffnung gegeben hat.
Wir könnten vielleicht auch sagen, dass die Amerikaner sich, sehr wohl demokratisch, ihre Vorstellung von Demokratie zurückgeholt haben, eine Demokratie, in der sie, die kleinen Leute, die nichts weiter wollen, als einer sinnvollen, sprich existenztragenden Arbeit nachzugehen, sich mit der Wahl Donald Trumps tatsächlich die Stimme zurückzuholen meinten, die ihnen in jahrzehntelanger wirtschaftlich neoliberaler marktfreundlicher Globalisierungspolitik abhandengekommen war. Und dann hoffen sie wohl auch, mit ihrer wiedergewonnenen Stimme dem gefühlten Zerfall der Gemeinschaft, der Zerschlissenheit des sozialen Gefüges entgegenzuwirken. Man sehnt sich danach, wieder Boden unter den Füßen zu spüren, einen Boden, auf dem sich stolz, gemeinsam und solidarisch stehen, streben und leben lässt.
Trump, so eine Variation dieser Ansicht, hat seinen Wählern sowohl eine Erklärung – sprich einen Schuldigen – als auch eine Lösung für ihre Misere gegeben. So fragwürdig diese Erklärung nebst Lösung auch sein mag, seine Wähler fühlten sich von ihm nicht als die urigen Witzfiguren abgefertigt, als die sie sich von demokratischen Politikern und deren Medien abgetan sahen. Ihrer Ansicht nach haben die Demokraten sich nie die Mühe gemacht, auf ihr Leben und ihre Probleme einzugehen. Das mag nicht ganz zutreffen, aber es kam bei der Kommunikation wohl nicht ganz durch. Selbst Bidens Auftritt bei einem Streik der Autoarbeiter kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Demokraten eben nicht mehr die Arbeiterpartei des New Deal, sondern längst die Partei des Establishments, der Intellektuellen, der bessergestellten Elite mit College-Abschluss sind – anders gesagt, die Partei der Überheblichen, die Partei des den Trump-Wählern verhassten Systems. Dieses hat sie ihrer Ansicht nach im Stich gelassen: Allen schönen Versprechungen Amerikas zum Trotz, es durch Arbeit zu etwas bringen zu können, reißen sie sich beide Beine aus, nur um – auf der Stelle tretend – über die Runden zu kommen. Und das Establishment, das ihnen mit Welthandelsabkommen den Boden unter den Füßen weggezogen hat, sagt ihnen, sie seien an ihrer Misere selbst schuld. Wären sie doch aufs College gegangen! Wie beleidigend muss das rüberkommen? Null Respekt vor unserer Hände Arbeit! Wenn sie überhaupt Arbeit haben, wo ihre Fabrik womöglich längst in China gelandet ist.
Man macht sich große Sorgen um die Inflation, und die Leute verstehen nicht, dass es sich bei der Inflation nach der Pandemie um ein weltweites Phänomen handelte. Die Leute möchten keine Inflation, Inflation war immer wieder ein Präsidentenkiller, die ganze amerikanische Geschichte über, und ich denke wir konnten bei dieser Wahl das Resultat von alledem sehen.
– Geoffrey Kabaservice8
Bei Trump meinen sie den Respekt gefunden zu haben, der ihnen als Salz der Erde zusteht. Ob der Mann von seiner psychischen Konstitution her überhaupt jemanden respektieren kann außer sich selbst, ist fraglich. Aber sie sehen das anders. Sie projizieren all die Eigenschaften auf Trump, die sie sich von einem Führer wünschen. Dass er der Kopf einer Gruppe steinreicher Oligarchen ist, deren maßlose Gier letztlich für ihr Schlamassel verantwortlich ist, scheint sie dabei nicht zu stören. Der Staat und sein System funktionieren für sie nicht. Die Demokraten haben versprochen, da ein bisschen dran zu schrauben, aber was sollte ihnen das bringen? Was kaputt ist, das ist kaputt. Und Trump hat kein Hehl aus diesem Umstand gemacht: Das System ist kaputt, da muss ein neues her. Amerika braucht ein hartes Reset.
Und ein weiterer Grund für die Wahlniederlage der Demokraten – das sollten sich hierzulande vor allem die hinter die Ohren schreiben, die meinen, sie könnten mit dem Gendern, einer Art linguistischen Krankengymnastik, einige Hunderttausend Jahre menschlicher Entwicklungsgeschichte exorzieren – ist wohl der, dass einen das Theater um 21+ Geschlechter eher irritiert als interessiert, wenn einem existentiell das Wasser bis zum Hals steht. Erstaunlicherweise erwies sich noch nicht einmal das Thema »Abtreibung« als so ausschlaggebend wie bei der Linken angenommen.
Natürlich drängt sich allen, die Trumps Wiederwahl befürchtet haben, der Gedanke auf, ob die Amerikaner diesem Fabelwesen nun Tag für Tag Opfer vor seine Höhle schleppen müssen, ohne je etwas dafür zu bekommen. Der Raubbau an eben der Bürokratie, die bislang für sie da war, hat ja sofort nach der Wahl begonnen. Immerhin haben nicht nur die fleißigen, aber darbenden kleinen Leute den Mann gewählt, sondern auch die mit dem großen Geld. Und die werden schon dafür sorgen, dass die Mittel, die ihre Steuererleichterungen finanzieren sollen, irgendwo eingespart werden. Meinen Sie etwa, Elon Musk wird einen Teil seiner fetten Staatsaufträge abgeben? Das Fabeltier möchte Diktator werden und formiert – wie sein vermeintlicher Spezi Putin – eine Riege von Oligarchen um sich. Es wird eine fette Zeit für die Kleptokratie. Überlegen Sie nur mal: Bereits am Tag nach der Wahl waren die zehn reichsten Leute der Welt um 64 Milliarden Dollar reicher geworden, und das noch vor den versprochenen Steuererleichterungen. Dem Rest der Amerikaner dagegen steht womöglich die Zeche für die versprochene Deportationsorgie ins Haus – geschätzte 88 Milliarden Dollar pro Million Illegaler und Jahr.9
Und die andere Seite wird zusehen und warten müssen, bis Trump das Land, das Klima und damit womöglich die ganze Welt gegen die Wand fährt wie seine Casinos. Aber selbst das ist nur die Annahme eines seit jeher »rot« wählenden Autors. Tatsache freilich ist, dass Trump, während dieser Autor letzte Hand an dieses Buch legt, bereits den Staat zu zerlegen und die Reste davon in die Hände von blutigen Amateuren zu geben beginnt, die sich einzig durch ihre Treue ihm gegenüber qualifizieren. Und wieder geht ein erstauntes Raunen durch die Reihen der Linken in den USA ob des Tempos, mit dem das jetzt schon – drei Monate vor der Amtsübergabe! – vonstattengeht.10 Fast möchte man sagen, wenn sich die ersten Journalisten als Landesverräter verfolgt sehen, wird man sich wieder fragen: Was, jetzt schon? Noch immer scheint das Phänomen Donald Trump niemandem so recht in den Kopf zu wollen. Trump beherrscht die Medien, als gäbe es die Regierung Biden/Harris bereits nicht mehr. Womöglich sind die Entscheidungen hinsichtlich seines Kabinetts deshalb so extrem, weil sich damit Schlagzeilen machen lassen; womöglich will er damit aber auch künftig auszuschaltende Gegner aus der Deckung locken.11
Es nimmt sich auf den ersten Blick merkwürdig aus, dass die ehemaligen Köpfe der republikanischen Partei sich heute als lediglich nominelle Republikaner stigmatisiert sehen … Ich denke, dass die Gemäßigten … Republikaner im Stil Dwight Eisenhowers waren, die an die Legitimität der durch den New Deal geschaffenen Ordnung glaubten … Reagan läutete dann die so genannte neoliberale Ära ein, auf die dann sogar die Demokraten einschwenkten … Bill Clinton operierte ja unter von Reagan geschaffenen Regeln. Donald Trump bewegt sich da womöglich in eine populistische Ära, die sich von allem, was bisher war, unterscheidet, sodass in diesem Sinne alle früheren republikanischen Modelle veraltet sind. Die Alten werden sich wohl entscheiden müssen, wo sie sich wohler fühlen, in Trumps populistischer Republikanischer Partei oder bei den Demokraten.
– Geoffrey Kabaservice12
Wie es weitergehen wird in den USA, ob die GOP sich aufspalten, ob man gar eine neue Republikanische Partei alter Prägung gründen wird, ob die Unzufriedenen zu den Demokraten überlaufen oder womöglich wieder in den Schoß der Partei zurückkehren und sich damit der MAGA-Diktatur anschließen, all das steht in den Sternen. Und ist außerdem Thema für ein anderes Buch, vielleicht eine 2. Staffel der Trump-Soap.
Nachtrag 1
Die Strafverfahren gegen Donald Trump, von denen weiter hinten die Rede sein wird, wurden Ende November 2024 auf Antrag von Sonderankläger Jack Smith persönlich eingestellt. Es geht dabei um die versuchte Unterminierung der Wahl 2020 sowie um die geheimen Dokumente, die Trump unerlaubterweise mit nach Mar-a-Lago nahm. Begründet hat Smith das damit, dass ein gewählter Präsident nicht vor Gericht gestellt werden könne. Trump selbst erklärt dies zum Sieg der Gerechtigkeit. Es ist wohl kaum davon auszugehen, dass die Verfahren nach seiner Amtszeit wieder aufgenommen werden.13
Nachtrag 2
Es mag sich wie eine skurrile Verschwörungstheorie anhören, ist aber Fakt. In den USA ist die Anzahl von Vasektomien um den Wahltermin herum um 1200% gestiegen.14Planned Parenthood (entspricht unserer Pro Familia) vermeldet diese Zahlen zusammen mit einem, wenn auch nicht ganz so hohen Anstieg von Terminen für Intrauterinpessare, Hormonstäbchen und geschlechtsangleichende Behandlungen. Das hat vermutlich weniger damit zu tun, dass man keine Kinder in eine von Trump regierte und veränderte Welt setzen möchte als damit, dass Trumps Regierung die Mittel für Planned Parenthood streichen dürfte; JD Vance hat so etwas ja bereits verlauten lassen.15 Darüber hinaus befürchten wohl viele, dass die Regierung Trump überhaupt auf exzessive Weise in ihre reproduktiven Rechte eingreifen wird.
Da ich mich nicht für gescheiter halte als die eingangs erwähnten Auguren und weiß, dass Meinungen sich immer um Gefühle kristallisieren, werden Sie in diesem Buch auch keine großartigen Analysen finden, sondern vielmehr seismographische Beobachtungen eines hilflosen Zeitgenossen, der den Finger 2024 am Puls des amerikanischen Wahnsinns hatte. Ad nauseam. Sie werden Vieles erfahren, womöglich Mühe haben, die Nase über Wasser zu halten in dem Ozean an Informationen, und am Ende vermutlich auch nicht mehr verstehen als ich. Aber was soll’s, die so genannten Fachleute lagen ja auch alle falsch. Was nicht heißt, dass man nicht informiert sein sollte. Falls ich es noch nicht deutlich genug gesagt habe: Uns steht Ähnliches bevor. Aber vergessen Sie bei alledem nie, dass Information an sich nicht gleich Wahrheit ist.16
Für sich genommen sind Menschen in der Regel daran interessiert, die Wahrheit über sich und die Welt herauszufinden, doch große Netzwerke arbeiten mit Fiktionen und Illusionen, um ihre Mitglieder an sich zu binden und für Ordnung zu sorgen … Wie George Orwell schon sagte: »Ignoranz ist Stärke.«
– Yuval Noah Harari17
Folge 1: #Die Oktober-Überraschung
Mit dem Begriff »Oktober-Überraschung« bezeichnet man in der amerikanischen Politik, besonders bei Präsidentschaftswahlen, ein überraschendes Ereignis mit potenzieller Wirkung auf das Ergebnis der Wahl im November. Liegt es in der Natur des in der breiten Masse eher schlicht gestrickten Wählers, sein Kreuzchen unter der Schockwirkung jüngster Ereignisse zu machen? Ein weiteres Thema für ein anderes Buch. Aber es sieht ganz so aus, als ließe sich in der Regel kaum mehr etwas gegen diesen entscheidungsändernden Schock tun. Es hat diese Oktober-Überraschungen seit 1840 immer wieder mal gegeben; 2024 jedoch blieb sie – bei allen Versuchen, aus Mücken Elefanten zu machen – schlicht und ergreifend aus.18
Richard Nixon schlug 1972 seinen demokratischen Gegner George McGovern nicht zuletzt dank Henry Kissingers überraschender Ankündigung der baldigen Beendigung des Kriegs in Vietnam.19 Im November 1980 dann, religiöse Fanatiker hatten genau ein Jahr zuvor die amerikanische Botschaft im Iran gestürmt und 53 Amerikaner als Geiseln genommen, kostete Jimmy Carter die Ankündigung, die Geiseln würden erst nach der Wahl freigelassen, die Präsidentschaft. Ronald Reagans Wahlkampfteam hatte durch langwierige Aufklärungsarbeit hinter den Kulissen in Erfahrung gebracht, dass eine Freilassung vor Januar 1981 wenig wahrscheinlich wäre, und öffentlich vor einer gegenteiligen Behauptung seitens der Demokraten gewarnt. Ronald Reagans Wahlkampfchef William Casey prägte damals den Begriff der Oktober-Überraschung.20 Bill Clinton gewann 1992 nicht zuletzt wegen der womöglich raffiniert getimten Anklage Caspar Weinbergers in der Iran-Contra-Affäre.21 Bei der Wahl 2000 veröffentlichte man wenige Tage vor dem Wahltag die »schockierende« Nachricht, George W. Bush hätte 1976 wegen Trunkenheit am Steuer Probleme gehabt. Bush rettete bei dieser Wahl nur das Wahlmänner-System; die Stimmenmehrheit der Wähler hatte sein Gegner Al Gore.22 Bei der nächsten Wahl kam die Oktober-Überraschung in Form einer Meldung der New York Times, der zufolge im Irak 377 Tonnen amerikanischen Sprengstoffs verschwunden waren.23 Bei der Wahl McCain gegen Obama 2008 musste Ende Oktober unbedingt rasch noch jemand darauf hinweisen, dass man 2004 den Asylantrag einer »Halb-Tante« Barack Obamas abgewiesen hatte.24 Als es 2016 Hillary Clinton gegen Trump hieß, tauchte am 7. Oktober das berüchtigte Access-Hollywood-Tape auf. Am selben Tag begann die Veröffentlichung von E-Mails der Demokraten auf WikiLeaks. Und noch am 28. Oktober kündigte FBI-Direktor James Comey eine Untersuchung von Hillary Clintons problematischer Nutzung eines privaten E-Mail-Servers an.25 Vier Jahre später dann versuchten die Medien erfolglos, einen Super-Spreader-Event im Weißen Haus und Hunter Bidens Laptop als Oktober-Überraschung zu deklarieren.26 Desgleichen war die dumme Bemerkung eines Standup-Comediens über Puerto Rico im Oktober 2024 bei einer Trump-Veranstaltung im Madison Square Garden rasch verpufft. Die Oktober-Überraschung bleibt aus.
Überhaupt haben wir es 2024 in der Person Donald Trumps mit einem Kandidaten mit übermenschlichen Abwehrkräften zu tun, dem anscheinend keine noch so schockierende Enthüllung etwas anhaben kann. Es gibt schlicht nichts, was der Mann noch nicht »verbrochen« hätte, seine Kernwählerschaft, Amerikas MAGA-Hälfte, ficht das nicht an. Bill Maher, Moderator der Talkshow Real Time, bringt es auf den Punkt: »Mal ehrlich, wie stellen Sie sich die Schlagzeile vor, die Donald Trump aus dem Rennen werfen könnte? Trump als Schwarzer an Halloween? Trump wischt sich Arsch mit Turiner Grabtuch? Trump zeugt mit minderjähriger Prostituierten Rosemarys Baby? Trump ist Rosemarys Baby?«27 Der Mann ist kugelfest …
… ganz im Gegensatz zu Kamala Harris, die noch niemand so recht kennt und deren Erfolge im Gespann mit Joe Biden keiner so recht wahrhaben will. The Economist ist nun wirklich kein linkes Blatt, und doch konstatiert die britische Wirtschaftszeitung Mitte Oktober 2024: »Eine Wirtschaft mit einer Arbeitslosenquote von 4% und einem Pro-Kopf-BIP von 85.000 Dollar braucht man nicht wieder großartig zu machen; sie ist großartig.«28 Dass bestimmte Preise für Alltagsgüter trotz Reparatur der Versorgungskette nach Covid oben bleiben, liegt womöglich nicht zuletzt an der Gier einiger Großkonzerne.29 Warum also sollte Harris sich, nur auf Drängen des politischen Gegners und der Medien, groß von ihrem Präsidenten distanzieren? Sie sollte allerdings, nach Ansicht so einiger ihrer Wähler, endlich aufhören, sich lediglich als »allemal besser als Trump« feilzubieten. Das scheint den Wählern nicht zu genügen. Sie würde doch ihren Präsidenten nicht in die Pfanne hauen, würde sie einfach sagen: »Ja, bei der Grenze wurden Fehler gemacht, aber wir haben aus ihnen gelernt.« Dann hätte Amerika womöglich doch noch die sehnlich erwartete Oktober-Überraschung bekommen.
Nachtrag
Das Problem damit, dass es der Wirtschaft gutgeht, ist heute, dass das nichts zu tun hat mit dem Wohlstand im Land. Es profitieren so offensichtlich immer weniger Menschen von einem Boom. Seit dem beginnenden Sieg der reinen Gier in den 1980ern funktioniert die Wirtschaft schlicht nicht mehr so wie in der Zeit, aus der all die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten stammen. Der Kapitalismus schaufelt sich fleißig sein eigenes Grab. Robert Reich, Bill Clintons Wirtschaftsminister, schreibt darüber in seinem Buch Rettet den Kapitalismus,30 der den Untertitel hätte tragen sollen »vor sich selbst«.
Folge 2: #Gottes Orangener Sohn
Wir befinden uns noch mitten im Wahljahr 2024. Trumps Chancen, noch einmal Präsident zu werden und damit als Diktator diese Welt – die Menschheit wie den Planeten selbst – ein paar Jahre früher gegen die Wand zu fahren, als es der Rest von uns in emsiger Kleinarbeit31 schaffen wird, stehen nach wie vor gut. Bestens sogar. Und wir sollten uns bannig Sorgen machen um die Signalwirkung einer zweiten Präsidentschaft dieses Mannes auf die Verhältnisse hierzulande. Da kann ein bisschen Aufklärungsarbeit nicht schaden.32
Zugegeben scheine ich mit meinen Befürchtungen um die Signalwirkung der amerikanischen Politik auf die unsere eher allein auf weiter Flur zu stehen. Meinte eine Bekannte von mir vor einiger Zeit auf meine Äußerung dieser Sorge hin doch tatsächlich: »Was hat Amerika mit uns zu tun?« Nun, da fiele einem so einiges ein, von Amazons Vernichtung unseres Einzelhandels über Starbucks’ Krieg gegen das gute alte Café an der Ecke nebst der guten alten ökologisch vertretbaren Tasse und – es muss ja nicht alles fragwürdig sein – Musik und Mode bis hin zur Episodenvöllerei auf Netflix & Co. Das kann man alles sehen, wie man will, aber was ist, wenn die USA die Unterstützung für die Ukraine streichen? Was, wenn Trump endgültig in den Schulterschluss mit seinen Idolen Putin, Xi Jinping, Kim Jong-un und Viktor Orbán geht? Geht ja gar nicht anders, so wie die – wenigstens seiner Ansicht nach – von ihm schwärmen. Was, wenn er seinen Traum von der Mauer und Deportationslagern, den »größten und effektivsten«, die die Welt je gesehen hat, wirklich macht?33 Wir sprechen hier von Konzentrationslagern! Vom Auftrieb von Millionen von Flüchtlingen durch bewaffnete Einheiten in ganz Amerika! Was, wenn er tatsächlich amerikanischen Muslimen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen versucht? Zu denken, dass all das mit uns nichts zu tun habe, ist gefährlich naiv – dafür stehen hierzulande zu viele mit ähnlich gearteten feuchten Träumen Gewehr bei Fuß.
Um nicht gleich Hals über Kopf ins tiefe Becken zu springen, beginnen wir mit dem ersten äußeren Eindruck, dem sich wohl niemand entziehen kann, der Donald J. Trump zum ersten Mal sieht: der Mann ist orange, und das bis zur Karikatur seiner selbst. Was im Laufe des Jahres zunehmend dadurch akzentuiert wird, dass er noch nicht einmal mehr für einen allmählichen Übergang zwischen orangefarbenem Gesicht und weißem Kopf sorgt. Und als er im Februar 2025 von der Annexion des Gaza-Streifens spricht, trägt er praktisch eine Panzerknacker-Maske, nur eben in Weiß. Aber während die einen sich darüber mokieren, sehen seine Anhänger darin durchaus ein Markenzeichen.
»The Orange Mafia«
Kelli Ward, immerhin eine ehemalige Vorsitzende von Arizonas Republikanern, brüstete sich anlässlich einer Parteiveranstaltung mal mit dem Bekenntnis: »Hey, alle aufstehen, die ihr ultra-MAGA seid! Hey, ich bin stolzes Mitglied der Orangenen Mafia!«
Man sollte sicher nicht jeden Scherz auf die Goldwaage legen, aber im Zusammenhang mit Trump, dessen Methoden und Geschäftsgebaren seit jeher an Mob-Taktiken erinnern – »Wenn du weißt, was gut für dich ist …«34 –, nimmt sich diese Aussage mehr als bedenklich aus. Natürlich ließe sich da auch argwöhnen, dass da einfach nur jemand die falschen Medikamente nimmt, aber stellen Sie sich mal vor, dass sich hier in Deutschland ein Politiker einer der großen Parteien hinstellt und sich mit der Zugehörigkeit zu einer wie auch immer gearteten Mafia brüstet. Sehen Sie? Wir sind doch schon fast so weit, was die Inhalte angeht. Wir hinken gerade mal ein paar Meter hinter Italien und den Niederlanden her. Aber sich mit unverhohlenem Stolz auf seine Nähe zu Verbrechern zu berufen?
Ich habe mehr Klagen am Hals als Alphonse Capone, der bösartigste Gangster überhaupt. Wenn der einen zum Essen eingeladen hat und man hat den falsch angeschaut, wenn man auch nur ein bisschen gelacht hat, dann dachte der womöglich, man lacht über ihn – und schon brachte er einen um. Der war einmal angeklagt. Ich viermal.
– Donald Trump in Fort Dodge35
»The Orange Jesus«
Folgendes Zitat stammt aus Liz Cheneys Erinnerungen Oath and Honor: A Memoir and a Warning,36 in denen die ehemalige republikanische Kongressabgeordnete unter anderem detailliert die Ereignisse am 6.1.2021 schildert. Es kam da zu einer außergewöhnlichen Szene, in der man die Republikaner unter den Abgeordneten aufforderte, die Anträge zur Ablehnung der Wahlergebnisse zu unterzeichnen. Und sie schreibt da über den Abgeordneten aus Tennessee Mark Green: »Als er in einer Reihe mit den anderen die diversen Papiere unterschrieb, meinte er kleinlaut, ohne an jemand Bestimmten gewandt: ›Was tun wir nicht alles für den Orangenen Jesus.‹«
Und auch der »Jesus« kommt nicht von ungefähr.
» … er ist ein Mann Gottes«
Zahllos sind die Aussagen von MAGA-Gläubigen, was die makellose Ethik ihres orangefarbenen Kandidaten angeht. Hier ein Beispiel aus einem YouTube-Clip:
Reporterin: »Ich will nicht sagen, dass er perfekt war, der einzige perfekte Mensch, der je auf dieser Erde gewandelt ist, war Jesus, aber er war wunderbar im Amt, vier Jahre lang, und das hat er bewiesen, was ist es also, was Sie an Trump so mögen?«
Antwortet eine Frau mit roter MAGA-Kappe:
»Also zuerst mal ist er ein Mann Gottes, er arbeitet für Gott, das steht schon mal bannig fest, und zweitens, ihm liegt wirklich was an uns, ihm liegt was dran, was aus unserm Land wird, er ist nicht gekommen, weil ihm was an Geld liegen würde, Geld hat er, er ist in Wirklichkeit hier, weil er das Werk Gottes tut. Er will uns helfen, er will, dass es uns … er will Amerika wieder groß machen, wissen Sie, und das stimmt, und ich glaub, dass er das Land gar noch größer machen wird. Ich denk mal, egal was die alles versuchen, um ihn aufzuhalten, er kommt wieder, er arbeitet für Gott und Gott ist auf seiner Seite.«37
Auf die quasireligiösen Aspekte des Phänomens Trump gehen wir später noch ein.
»Orange is the new black«
So unwahrscheinlich es ist, dass der Mann im Gefängnis landet, eine Menge kreativer Leute stellen sich Trump bereits in einer anderen Art von Orange vor: im orangefarbenen Knast-Overall und ohne seine alberne, mit zwei Dosen Haarspray fixierte Frisur.38 Träumen wird man wohl noch dürfen. Im Falle einer zweiten Amtszeit dürfte damit ohnehin Schluss sein. Bereits im Dezember verklagt Trump ein Umfrageinstitut, dessen Ergebnisse ihm nicht passen, und ein Lokalblatt, dessen Berichterstattung ihm nicht gefällt.
Jetzt brauchen Sie sich nur noch vorzustellen, dass bei uns hier eine so charismatische Figur auftaucht. Vergessen wir nicht, wir hatten schon mal so eine … Nur in braun.
Folge 3: #Der Psychopath
Für Mitte/Links und Links stellt sich die Situation im Wahljahr folgendermaßen dar: Die Entscheidung über Fortbestehen oder Ende der Demokratie weltweit steht unmittelbar bevor.39 Falls das amerikanische Verfassungsgericht die Handlungsweise eines zutiefst verhaltensgestörten Menschen am 6. Januar 2021 für verfassungskonform erklärt, werden wir als nächsten Präsidenten der USA einen Psychopathen haben, dem es um nichts anderes gehen wird als um sich selbst und der – umgeben von handverlesenen Speichelleckern – nach dem Muster seiner Idole Putin, Xi Jinping, Kim Jong-un und Viktor Orbán allem an den Kragen gehen wird, was nicht hundertprozentig in sein verzerrtes Weltbild passt. Das ständig wiederholte Versprechen, im Fall seiner Wiederwahl im Namen seiner Anhänger »Vergeltung« zu üben, ist ernst zu nehmen, auch wenn es ihm dabei weniger um seine Anhänger als um seine eigenen Rachegelüste geht.
Schon lange fällt in Interviews mit Zeitgenossen, die dem größenwahnsinnigen Ex-TV-Star nicht gewogen waren, das Wort »Narzisst«. Irgendjemand hatte den Begriff »Narzissmus« in den Raum gestellt und seither plappert ihn alle Welt nach. Nicht dass man so recht gewusst hätte, was genau das ist. Landläufig verstehen wir Laien darunter eine Persönlichkeit irgendwo zwischen jemandem mit dem dringenden Bedürfnis, immer und überall im Mittelpunkt zu stehen,40 und einem unter der »bösartigen« Form des Narzissmus Leidenden, der, völlig ungebrochen in seinem Auftreten, ganz in seiner Rolle aufgeht und so von seiner überlegenen Großartigkeit überzeugt ist, dass er andere, die ohnehin von Haus aus weniger wert sind als er, erst gar nicht braucht. Es sei denn, und das vermute ich jetzt mal als blutiger Laie, es handelt sich um die positiven Urteile von Menschen, zu denen er bewundernd aufblicken kann: in Trumps Fall unter anderem Putin, Xi Jinping, Kim Jong-un, Viktor Orbán und Hannibal Lecter,41 wie sich im Lauf des Jahres noch herausstellen wird.42
Keiner der Amerikaner von der Straße, die Trump einen »Narzissten« nannten, hätte, wenn überhaupt, mehr als eine der Eigenschaften nennen können, die einen solchen ausmachen:
• Selbstüberschätzung bzw. ein völlig übertriebenes Gefühl der eigenen Wichtigkeit oder Bedeutung
• fehlende Empathie (der Mangel an Mitgefühl für oder Einfühlungsvermögen gegenüber anderen)
• gestörtes Verhältnis zur Realität
• Unfähigkeit zur Reue
• Impulsivität43 (die spontane Reaktion ohne auch nur einen Gedanken an Konsequenzen auf Außenreize oder innere Impulse; man braucht sich nur Trumps Auftritte anzusehen, bei denen er hirnlos selbst auf Fliegen reagiert)
• antisoziales Verhalten: die völlige Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen und deren Rechte (von Menschenrechten ganz zu schweigen: Waterboarding ist für Trump keine Folter)
• der Hang zur Täuschung anderer (der Mann ist ein Hochstapler, ein Bauernfänger und ein Betrüger wie in dem New Yorker Prozess gegen ihn bewiesen wurde)
• Hang zu Destruktivität
• eine sadistische Ader
• Neigung zur »projektiven Identifikation«,44 was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass man anderen seine eigenen Macken unterstellt, was durchaus
• paranoide Züge (bis hin zum Selbstbild als geborenes Opfer) annehmen kann
Wie auch immer, wenn hier von »Psychopath« und »krank« die Rede ist, dann ist das – selbst von mir als blutigem Laien – nicht einfach so hingeworfen, so wie man jemanden rasch mal als »Patienten« bezeichnet, weil einem sein Verhalten oder seine Ansicht nicht passt. Mitnichten. Obwohl in seinem Fall selbst ein oberflächlicher Blick auf Verhalten und Äußerungen genügen würde, verlasse ich mich auf die Diagnosen und Warnungen anderer, die den Mann besser kennen und für derlei Urteile besser qualifiziert sind. Allen voran einer, der mehr Zeit mit Trump verbracht hat als sonst ein Zeitgenosse: Tony Schwartz, Co-Autor – sprich Ghostwriter – von Trumps Bestseller The Art of the Deal. Er sagte jüngst Folgendes:
Als [Donald Trump], kurz vor der Wahl 2016, sagte: ›Wenn ich auf der Fifth Avenue jemanden erschießen würde … würde man mich dafür nicht belangen‹ … Also, die Wahrheit dahinter ist, dass Donald Trump – und das sollten die Leute wissen – absolut willens wäre, herzugehen und auf Sie zu schießen, auf Sie oder mich oder Liz Cheney oder irgendjemanden, in dem er einen Feind sehen könnte, und das sind im Endeffekt alle außer den Medien vom rechten Flügel. Und das ohne auch nur die Spur von Gewissensbissen … weil … und ich habe das bereits gesagt, aber, Mann, ist das heute klarer denn je, er … klinisch … die richtige klinische Diagnose für Donald Trump ist Soziopath oder Psychopath, und ein Soziopath oder Psychopath hat kein Gewissen, und das macht ihn so besonders gefährlich …«45
Der Mann ist – gelinde gesagt – tatsächlich »nicht ganz sauber«. Dass Schwartz bereits im Vorfeld der Wahl 2016 vor Trump gewarnt hat, weist auf eine gewisse Realitätsresistenz der Wähler, an der sich nicht nur nichts geändert, nein, die sich im Gegenteil noch verstärkt hat.
Ein, zwei Jahre nach Schwartz’ erster Warnung haben dessen Beobachtungen mehr als zwei Dutzend Psychiater bestätigt. Sie brauchen dazu nur mal einen Blick in das – aus irgendeinem unerfindlichen Grund – unübersetzt gebliebene Buch – The Dangerous Case of Donald Trump: 27 psychiatrists and mental health experts assess a president, herausgegeben von Bandy X. Lee, zu werfen.46
Auch Tony Schwartz hat ein Kapitel zu diesem Buch – »I Wrote The Art of the Deal with Trump« – beigetragen, in dem er über seine einschlägigen Beobachtungen während der Arbeit mit Trump an The Art of the Deal spricht, und die dauerte immerhin ein geschlagenes Jahr. Er sah in Trump einen »Mangel an Selbstwertgefühl« von der Größe eines »schwarzen Lochs«, ein unfassbares Maß an »von Fakten ungetrübter Selbstrechtfertigung« und einen »inneren Zwang, Krieg gegen die Welt zu führen«.
Die Herausgeberin von The Dangerous Case of Donald Trump weist seit Jahren auf Trumps psychopathische Persönlichkeit hin:
Ja, wir [Amerikaner] sind tatsächlich nicht mehr nur um unser Ansehen beim Rest der Welt besorgt … das ist mit Sicherheit dahin … zumindest in Bezug auf die Autorität … die wir mal hatten, nein, wir sind jetzt besorgt um … das Überleben unserer Demokratie, wenn nicht gar der Nation selbst, ja, sogar um das Überleben der menschlichen Spezies an sich, wenn man überlegt, in welche Gefahr uns Donald Trump gebracht hat … nicht nur hinsichtlich dessen, was er als … Präsident getan hat, indem er seine psychischen Defekte … in die Präsidentschaft eingebracht hat, sondern auch hinsichtlich der … psychischen Symptome, für deren Verbreitung er gesorgt hat … Der Unterschied zwischen diesen Symptomen … dieser Pathologie und gesunden, lebensbejahenden Ansichten … welcher Art sie auch sein mögen … besteht darin, dass erstere zerstört … ja, sich letztlich zur Zerstörung getrieben sieht, und letztere … egal wie unsere jeweilige Veranlagung aussehen mag, das Leben bejahen.47
Interessanterweise besteht Doktor Lee darauf, man hätte in besagtem Buch Donald Trump keineswegs zu diagnostizieren versucht, weit gefehlt:
[W]ir haben nicht zu diagnostizieren versucht, nichts lag uns ferner. Wir warnten vielmehr vor der psychologischen Gefahr, die von ihm ausgeht, und vor der potenziellen Untauglichkeit für seinen Posten. Es ist doch so, dass jeder, von dem eine Gefahr für sich und andere ausgeht, automatisch ungeeignet ist für so ziemlich jeden Job in den Vereinigten Staaten – außer für ein gewähltes Amt. Daher hielten wir es für wichtig, die Öffentlichkeit zu warnen, da wir als Fachleute für psychische Gesundheit und als Mediziner für die öffentliche Gesundheit verantwortlich sind48 … Im Fall einer Person des öffentlichen Lebens, die eine Gefahr für andere oder die Öffentlichkeit an sich darstellt, wird das zu einer Frage der öffentlichen Gesundheit, bei der der Patient nicht eigentlich die Person des öffentlichen Lebens ist, sondern die Öffentlichkeit selbst, und in unseren ethischen Richtlinien heißt es, dass wir nicht nur gegenüber dem einzelnen Patienten, sondern auch der Gesellschaft gegenüber in der Verantwortung stehen.49
Sie spielt hier auf die Ansteckungsgefahr des »Trump-Virus« an, wie ich es mal nennen möchte; sie spricht von der Gefahr einer »psychologischen Epidemie«.
Das hat es in vielen anderen Kulturen gegeben, und auch die fortgeschrittenen Gesellschaften sind dagegen nicht immun. Genauso wie Individuen einer Krankheit verfallen können, und … nimmt die Krankheit erst einmal ihren Lauf, kann sie sich manchmal nur noch verschlimmern, wenn man nicht richtig eingreift, und genau das lässt sich in einer Gesellschaft beobachten. Ein bekanntes Beispiel ist die deutsche Gesellschaft, in der noch viele Menschen leben, die sich daran erinnern, was dort passiert ist. Die Deutschen hatten eine der fortschrittlichsten Kulturen überhaupt. Ihre Literatur, ihre Musik, ihre Wirtschaft und ihre Militärmacht mit … Bismarck, [die Deutschen waren] eine der mächtigsten Nationen, und doch erlagen auch sie einer Art Hitler- oder Nazi-Fieber, könnte man sagen. Man denkt ja oft, dass psychische Symptome auf das Individuum beschränkt sind, aber sie sind in Wirklichkeit psychosozial und können sich tatsächlich schneller ausbreiten als die … gewöhnlichen Infektionskrankheiten, an die wir denken, und das ist ein wichtiges Merkmal.50
Womit wir wieder bei der Befürchtung wären, die ich bereits angesprochen habe: die Signalwirkung auf unsere Breiten. Hier ist von einer »Ansteckungsgefahr« die Rede, und das aus dem Mund einer renommierten forensischen Psychologin, die obendrein für zahlreiche Kollegen spricht. Die Amerikaner hätten das in den letzten neun Jahren zur Kenntnis nehmen können, taten das aber nicht, im Gegenteil, die Symptome haben sich weiter ausgebreitet, Trump wird vermutlich auf der Wahlliste landen. Ich persönlich glaube nicht, dass ein weitgehend von ihm bestalltes Verfassungsgericht gegen ihn entscheiden wird, ein Gericht mit einem notorisch korrupten Vorsitzenden, der noch nicht einmal den Anstand hatte, sich wegen Befangenheit (seine Frau hatte mit dem Aufstand zu tun) der Stimme zu enthalten.
Und, um es noch einmal zu sagen: Bei uns ist die Saat ausgebracht, unsere gesellschaftlichen Probleme unterscheiden sich kaum von denen der Amerikaner, und die Masse von Leuten, die einander in ihrer jeweiligen Echokammer antidemokratische Parolen zuschreien, ist immens. Alles, was hierzulande noch fehlt, ist ein »charismatischer« Irrer wie Donald Trump. Und glauben Sie ja nicht, dass all die politisch korrekt gendernden Tugendbolde noch groß die Klappe aufreißen werden, wenn diese Saat tatsächlich aufgeht. So politisch korrekt sie sich auch wähnen mögen, Demokraten sind sie nämlich – gerade ihrer ebenso imaginären wie autoritären Erzieherrolle wegen – nicht.
Donald Trumps Nichte, die Psychologin Mary L. Trump, hat kein Problem damit, Donald als Narzissten zu bezeichnen, schließlich erfülle er, so schreibt sie, alle neun Kriterien der Definition im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5). Ihre Berufserfahrung jedoch habe ihr gezeigt, dass eine solche Diagnose nicht im Vakuum existiert. Sie sieht andere Symptome, andere Störungen, die seine Persönlichkeit womöglich besser erklären. So erfülle er ihrer Ansicht nach die Kriterien einer antisozialen Persönlichkeitsstörung, die in ihrer stärksten Ausprägung als Soziopathie gelte, sich aber auch auf »chronische Kriminalität, Arroganz und die totale Gleichgültigkeit gegenüber den Rechten anderer beziehen« könne. »Gibt es Begleiterkrankungen? Wahrscheinlich. Mag sein, dass Donald an einer abhängigen Persönlichkeitsstörung leidet, zu deren Kennzeichen die Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen oder Verantwortung zu übernehmen, gehören.« Außerdem würde sie eine nie diagnostizierte Lernbehinderung nicht ausschließen. Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn zum Beispiel fand es schlicht unmöglich, seinem Präsidenten auch nur die fundamentalsten ökonomischen Prinzipien zu erklären – trotz simpelster Analogien. Trump bestand Cohn zufolge auf Ansichten, die er schon immer gehabt hatte, obwohl sie schlicht nicht zu halten waren.51 »Tatsache ist«, so Mary L. Trump, »Donalds Pathologien sind so komplex und sein Verhalten ist oft so unerklärlich, dass es einer ganzen Batterie psychologischer und neuropsychologischer Tests bedürfte, denen er sich nie und nimmer unterziehen würde.« Sie schrieb dies während Trumps Zeit in einer »geschlossenen Anstalt«, womit sie den West Wing des Weißen Hauses meint. Andererseits, so ihr Fazit: »Donald war den größten Teil seines Erwachsenenlebens in der einen oder anderen geschlossenen Anstalt, so dass sich unmöglich sagen ließe, ob er auf sich gestellt in der wirklichen Welt gedeihen oder überhaupt überleben würde.«52
Folge 4: #as dumb as a box of rocks
Nachdem wir bereits festgestellt haben, dass der Mann a) orange und b) dem Dafürhalten von Fachleuten zufolge ein Psychopath ist, soll hier auf eine dritte Eigenschaft des nächsten – womöglich letzten? – Präsidenten der USA hingewiesen werden: die geradezu unglaubliche Dummheit, die man ihm unterstellt, seine Unfähigkeit, auch nur zwei seiner ohnehin schon fragwürdigen Aussagen so aneinanderzureihen, wie sie tatsächlich zusammengehören, ohne dazwischenzuschieben, was ihm gerade in den Sinn kommt. Und darauf hinzuweisen, ist deshalb wichtig, weil die vernagelten Anhänger des Kults um den Mann diesen Mangel schlicht nicht sehen wollen und es auch hierzulande genug Leute dieses Kalibers gibt, die nur auf einen von Gott53 gesandten »Simpel« wie Trump warten.
Ich weiß, es ist nicht die feine Englische, sich über geistig Zukurzgekommene lustig zu machen, aber a) mache ich mich nicht lustig (dazu macht mir der Mann viel zu viel Angst) und b) wenn so einer obendrein noch ein zertifizierter Psychopath ist, der die ganze Welt in die Tonne zu treten droht, dann kann man nicht oft genug darauf hinweisen, dass so eine trümmlige Type eben nicht nur nicht ganz sauber, sondern obendrein womöglich auch herzlich dumm ist. Dass er sich in einer Tour auf bösartigste Art und Weise über altersbedingte Schwächen seines Kontrahenten Joe Biden mokiert und später dann über die »blöde Kamala«, gibt einem überdies in dieser Hinsicht Carte blanche.
Es soll hier trotzdem darauf hingewiesen werden, dass es hier nicht um bloße Anwürfe auf Spielplatzniveau geht wie etwa, dass to trump oder trumping in Großbritannien »furzen«, »einen ziehen« oder »streichen lassen« bedeutet. Das ist ein linguistischer Zufall, der nicht eigentlich etwas mit dem Mann zu tun hat, selbst wenn seine Äußerungen zum Himmel stinken und er während seines New Yorker Prozesses in einem fort furzt.54 Ist aber hier nicht zielführend. Es geht hier um die Beweisführung, na schön, um Belege dafür, warum viele den Mann für dumm wie Bohnenstroh und auch seine Wähler für dumm – oder blind – halten, weil sie diesen Mangel nicht sehen.
Es gibt im Englischen eine witzige Wendung, die mehr als irgendeine auf Donald Trump zuzutreffen scheint: This guy fell out of the stupid tree and hit every branch on the way down. Ordentlich übersetzt heißt das: »Als Gott die Dummheit verteilte, stellte der Typ sich gleich zweimal an«. Aber sehen Sie selbst ein paar Beispiele/Belege dafür. So sagte er zur Corona-Debatte unter anderem:
… dann sehe ich da Desinfektionsmittel, die damit im Nu Schluss machen, im Handumdrehen. Und gibt es [fragt er an eine Ärztin gewandt] eine Möglichkeit, sowas zu machen, durch Eininjizieren oder … oder fast als würde man da was putzen, weil, sehen Sie, es gerät in die Lungen und richtet da enormen Schaden an … Es wäre also interessant, das mal auszuprobieren, da werden wir wohl Ärzte dransetzen müssen, oder? Aber es hört sich, also für mich hört sich das interessant an … wir werden also sehen.55
Man stelle sich vor, eine Merkel, ein Scholz hätte sich hingestellt und derart konfuses Gefasel verzapft – zu schweigen davon, auch nur anzuregen, der deutsche Bürger sollte sich Desinfektionsmittel »eininjizieren«. Übrigens warnte darauf der britische Hersteller von Lysol, Dettol und ähnlichen Mitteln in einer Presseverlautbarung dringend davor, sein Produkt egal wie in den menschlichen Körper zu praktizieren.56
Ein andermal spricht Trump tatsächlich davon, dass die Amerikaner im Unabhängigkeitskrieg 1776 (!) die Befestigungsanlagen überrannt und »Flughäfen« eingenommen hätten. Logisch, sie taten natürlich alles, was getan werden musste – ganz wie einer ihrer künftigen Präsidenten am 6.1.2021 und in den vier Jahren davor.57 Und, in ökologischer Hinsicht mit Blindheit geschlagen, setzt er wieder auf die gute alte Kohle:
Wir haben dem Krieg gegen schöne saubere Kohle ein Ende gemacht, und grade eben hat man bekannt gegeben, dass man, also man hat eine zweite brandneue Kohlengrube aufgemacht, wo man saubere Kohle rausholen wird, also man holt sie, man holt Kohle da raus und man reinigt die dann, also die macht jetzt auf.58
Und dann schlägt sein geballtes technisches Wissen gleich nochmal auf dem Gebiet der Militärtechnik zu:
F-35er, Kampfjets, die fliegen mit Tarnkappe, man kann die nicht sehen. Sag ich: Wie gut sind die denn … und man sagt mir: Sir, das Problem ist, man kann die nicht sehen, wenn man gegen sie kämpft. Ich sag denen, das hört sich nach einem großen Vorteil an, hab ich gesagt, und ich hab die gefragt: Wie machen die das denn, gegen die F-35 kämpfen, und die sagen mir, na ja, man kann die nicht sehen, man kann die buchstäblich nicht sehen, haben die mir gesagt, und gut, sag ich, schon, aber in einem Kampf, wissen Sie, so einem Luftkampf, wie ich das im Kino gesehen habe, wo sie so kämpfen, wie gut sind die denn da? Na ja, er gewinnt jedes Mal, weil der Feind ihn nicht sehen kann, sogar wenn er direkt neben einem ist, er kann die nicht sehen.59
Also, wenn der Oberbefehlshaber der größten Streitkräfte der Welt so einen unausgegorenen Quatsch absondert, na, dann, gute Nacht, Welt. Schauen Sie sich mal die Gesichter der hochdekorierten Uniformierten hinter ihm auf der Bühne an. Und ich bin sicher, die haben den Mann gewählt.
Ein bisschen Sprachunterricht noch, damit wir wenigstens etwas lernen aus all der Dummheit, die wir ihm unterstellen. Die Wendung as dumb as a box of rocks ist eine von einer Reihe nach diesem Muster gebildeten Wendungen für »dumm«, bei denen das as am Anfang meist weggelassen wird: as dumb as a mud fence, as dumb as a sack of hammers, as dumb as a stump, as dumb as dirt oder as dumb as two short planks. Wir haben das im Deutschen ja auch: »dumm wie Bohnenstroh«, »dumm wie Brot«, »dumm wie die Nacht finster«, »dumm wie die Sünde«, »dumm wie Straßendreck« oder etwas drastischer »dumm wie Schifferscheiße«.
Was Trumps wirre Art des Vortrags angeht, hält er sie übrigens für einen Ausdruck seines Genies. Er behauptet, seine Art zu sprechen, sei bewusst so gewunden, und er hat sogar einen Namen dafür: The Weave,60 eine geniale Art, Gedanken ineinander zu verweben, für die ihn schon Englischlehrer gelobt haben sollen. Tatsache ist, dass er ausspricht, was ihm gerade in den Sinn kommt, und einen Augenblick später nicht mehr weiß, was er gesagt hat. Da mischt sich Humoriges mit Geprotze, Superlativ mit Vulgarität, Anekdotisches mit weinerlichem Gejammer, vollmundigen Versprechungen und geradezu fantastischen Unwahrheiten. Nicht zu vergessen die Beigaben, mit denen er seinen Bewusstseinsstrom garniert, vernichtende Beleidigungen für seine Gegner etwa oder der kindliche Stolz auf jedes reale oder eingebildete Lob. Und wenn er tatsächlich wieder mal dort landet, wo er angefangen hat, ist das reiner Zufall. Mit Rhetorik jedenfalls hat das – außer in seiner Fantasie – nichts zu tun.
Irgendwie nimmt jeder seiner Sätze sich aus wie ein Mikrokosmos des Chaos, das der Mann auch sonst zu verbreiten versucht, eine Überlast an Informationen, die den Adressaten betäuben soll. Er müllt die Leute zu, bis niemand mehr wirklich hinhört, um dann in dem so geschaffenen Chaos zu triumphieren. Es mag sich wie Dummheit oder Wahnsinn anhören, aber irgendwie hat es denn doch Methode.
Aber jetzt mal alle Überheblichkeit beiseite. Donald Trump mag, wie seine Nichte, die Psychologin Mary L. Trump, mutmaßt, »seit langem an einer nie diagnostizierten Lernbehinderung leiden, die seit Jahrzehnten seine Fähigkeit zur Verarbeitung von Informationen beeinträchtigt«,61 er mag nicht auf andere eingehen können, reagiert aber mit einer instinktiven Intelligenz durchaus so, dass er den Schlagabtausch gewinnen wird. Er ist ein »Hundling«, wie man so einen bei uns in Bayern nennt: durchtrieben, ein schlauer Fuchs, ein gerissener Hund. Also vielleicht weniger dumb as a box of rocks als crazy like a fox (»schlau wie ein Fuchs«).
Folge 5: #Lies, lies, lies
Rekapitulieren wir: Der nächste – wenn nicht gar letzte? – Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist a) orange, b) ein Psychopath und c) nicht sehr gescheit. Nun, er ist außerdem d) ein pathologischer Lügner. Wer immer – und sei es auch nur beiläufig – verfolgt, was der Mann so absondert, wird es längst gemerkt haben: es ist so gut wie alles aus den Fingern gesogen. Der Mann lügt, wenn er den Mund aufmacht; er scheint gar nicht anders zu können. Und was noch schlimmer ist: Es gibt Millionen von offenbar hypnotisierten Amerikanern, die sich an dieser Sintflut von Unwahrheiten laben, sie gierig aufsaugen wie Nektar pur.
Wenn wir davon ausgehen, dass Donald Trump ein Psychopath ist, und die Fachwelt ist sich da einig, können wir auch davon ausgehen, dass er a) lügt wie gedruckt und dass er sich b) leicht damit tut.62 Psychopathen lügen nicht nur aus Veranlagung, sie tun sich auch leichter damit als unsereins.63 Und da sie nun mal ihre Macken zwanghaft auf andere projizieren, braucht es nicht weiter zu wundern, wenn Trump in einer Tour die fake news und lies seiner Gegner moniert. Deren Opfer er logischerweise ist, völlig klar.
Die Los Angeles Times bezeichnete das Ausmaß an Unwahrheiten schon bei der Wahl 2016 als beispiellos für einen modernen Präsidentschaftskandidaten.64 Man hat weder Lust noch Zeit, all dem Schwachsinn nachzugehen, den der Mann seither so verzapft hat, aber um der Feststellung willen, dass er lügt, bedarf es natürlich des einen oder anderen Belegs. Beginnen wir mit all den Flunkereien im Zusammenhang mit seinen geschäftlichen Unternehmungen. Aber da es nicht eigentlich die Lügen sind, die – mit Hinblick auf Deutschland – Anlass zur Sorge geben, seien sie hier nur am Rande erwähnt.
Mal angenommen, Sie sind arbeitslos, meinen aber, eine ganz gute Geschäftsidee zu haben, und möchten bei »Ihrer« Bank eine Hypothek aufnehmen. Viel Glück, wenn Sie kein Haus oder andere Sicherheiten haben, die die Bank Ihnen bei Nichterfüllung des Schuldendienstes wegnehmen könnte. Ein Donald Trump tut sich da leichter. Er bekommt auf jeden Fall einen Kredit. Aber er wäre jedoch nicht Donald Trump, würde er die von der Bank genannten Konditionen akzeptieren. Also hilft er bei der Benennung seiner Sicherheiten etwas nach. Und so bekommt er seine Kredite zu weit besseren Konditionen, als ihm eigentlich zustünden.
Trump selbst behauptet, mit seinen Lügen über die Höhe seines Vermögens gegenüber seinen Kreditgebern niemanden geschädigt zu haben. Die New Yorker Staatsanwaltschaft jedoch sah das anders und leitete ein Verfahren gegen ihn ein.65 Die bekanntesten dieser Lügen sind
a) die Überbewertung seines floridianischen Domizils Mar-a-Lago um – so Richter Engoron – bis zu 2300%.
b) Außerdem, so Engoron, habe Trump die Quadratmeterzahl seines dreistöckigen Penthouses im Trump Tower verdreifacht und das Penthouse mit 327 Millionen Dollar bewertet.66
Das sind nur einige der faustdicken Lügen Trumps, aber Geschäft ist vermutlich Geschäft – wer weiß, wer das sonst noch so macht. Halten wir einfach die »Lügen« als solche fest.
Etwas weiter freilich gehen die uralten Behauptungen hinsichtlich seines geschäftlichen Genies bzw. seiner Erfolge als Geschäftsmann, sprich die von ihm heute noch perpetuierte Legende des großen Dealmachers. Der Mann, der da die Klappe aufreißt, hat locker ein halbes Dutzend Riesenpleiten hinter sich. Passen Sie auf:
In den 1980ern setzte Trump als verwegener Immobilieninvestor auf den Aufstieg von Atlantic City, nachdem New Jersey dort das Glücksspiel erlaubt hatte. Er erwarb drei Casinos, die bis 1991 ihre Schulden nicht mehr bezahlen konnten. Das Taj Mahal meldete 1991 Konkurs an, das Trump Plaza und das Trump Castle 1992. Statt sie abzuwickeln, kam es zu einer Umschuldung und Trump brachte seine Casinobetriebe in eine neue Gesellschaft ein, die 2004 in Konkurs ging. Das Unternehmen, das aus dieser Umstrukturierung hervorging, meldete im Jahr 2009 Konkurs an. Trumps sechste Pleite war die des 1988 erstandenen Plaza Hotels, das bereits 1992 in Konkurs ging.67
Noch mehr? Okay, einer geht noch: Ein Gericht gestand den Studenten seiner Schwindel-Uni »Trump University« 25 Millionen Dollar Schadenersatz zu.68
Bei uns hier dürfte der Mann, soweit ich das sehe, ein Geschäft noch nicht mal mit der langen Stange führen. Gibt es eigentlich einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde für diese Art von Genie? Anders gesagt: Was immer der Mann anfasst, wird zu Kacke. Wir kommen später in dieser Serie noch zum amerikanischen Staat.
Nehmen wir um der Würze der Kürze willen gleich einen ganzen Schwung auf einmal: So titelten die Fact-Checker der Washington Post 2018: »Präsident Trump machte 2140 falsche oder irreführende Behauptungen im ersten Amtsjahr«.69 Das macht 5,9 Lügen oder irreführende Behauptungen pro Tag. Nun, da hat er seither aber gewaltig zugelegt.
Die New York Times schrieb im selben Monat Folgendes:
Als Präsident Trump vergangene Woche bei einer Benefizveranstaltung behauptete, er habe während eines Gesprächs mit dem kanadischen Premier eine Tatsache erfunden, war man weniger überrascht, dass Amerikas Staatschef etwas erfunden haben sollte, als dass er dies offen zugab.
Obwohl es »zugeben« vielleicht nicht ganz trifft. Er schien sich eher damit zu brüsten.
Im Fokus des Wirbels um seine Äußerungen standen deren Auswirkungen auf die Beziehungen zu Kanada und die Frage, ob die Behauptung des Präsidenten bezüglich des Handels stimmten oder nicht. Doch im Grunde beschreibt die Episode den Kern einer fundamentaleren Debatte über Herrn Trump: Wann weiß er, dass das, was er sagt, falsch ist, und wann ist er schlicht falsch informiert?70
Nun, mittlerweile ist auch dem Letzten klar, dass der Mann schlicht nicht zu informieren ist. Fakten interessieren ihn nicht. Seine Psyche hat sie nicht nötig.
Selbst die Wissenschaft kommt um Trumps lockeres Verhältnis zur Wahrheit nicht herum. So beschäftigte sich die hehre Fachzeitschrift American Ethnologist