Die richtige Diagnose in der Kleintierpraxis - Ad Rijnberk - E-Book

Die richtige Diagnose in der Kleintierpraxis E-Book

Ad Rijnberk

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Beschreibung

Die fachgerechte und systematische Untersuchung von Patienten ist die Basis einer sicheren und präzisen Diagnosestellung und Therapie. Professionelle diagnostische Fähigkeiten sind somit das größte Kapital jedes Tierarztes! Dieses Buch stellt systematisch den kompletten Untersuchungsgang bei Hund, Katze, kleinen Heimtieren und Vögeln dar. Die Autoren geben praktische Anleitungen für die einzelnen Untersuchungsmethoden und zeigen häufige Fehler. Sie beschreiben den Umgang mit den Instrumenten und gehen auf tierartliche Besonderheiten ein.

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Seitenzahl: 839

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Ad Rijnberk | Freek J. van Sluijs

Die richtige Diagnose in der Kleintierpraxis

Untersuchung und Befunderhebung

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de/ abrufbar.

ISBN 978-3-89993-080-1 (Print)ISBN 978-3-8426-8361-7 (PDF)

© 2011, Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

Alle Rechte vorbehalten.Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Titel der Originalausgabe: Anamnese en lichamelijk onderzoek bij gezelschapsdieren / Medical History and Physical Examination in Companion Animals, edited by A. Rijnberk and F.J. van Sluijs, 2. Auflage.© 2009 Elsevier Limited and Bohn Stafleu van Loghum BV, Houten, Niederlande.

Eine Markenbezeichnung kann warenzeichenrechtlich geschützt sein, ohne dass diese gesondert gekennzeichnet wurde. Die beschriebenen Eigenschaften und Wirkungsweisen der genannten pharmakologischen Präparate basieren auf den Erfahrungen der Autoren, die größte Sorgfalt darauf verwendet haben, dass alle therapeutischen Angaben dem derzeitigen Wissens- und Forschungsstand entsprechen. Darüber hinaus sind die den Produkten beigefügten Informationen in jedem Fall zu beachten.Der Verlag und die Autoren übernehmen keine Haftung für Produkteigenschaften, Lieferhindernisse, fehlerhafte Anwendung oder bei eventuell auftretenden Unfällen und Schadensfällen. Jeder Benutzer ist zur sorgfältigen Prüfung der durchzuführenden Medikation verpflichtet. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr.

Zeichnungen: B. Janssen, UtrechtFotos: J. Fama

Satz: Dörlemann Satz, LemfördeDruck und Bindung

Inhaltsverzeichnis

Autoren

Vorworte

1 Einleitung

2 Ziel der Problemorientierten Untersuchung

2.1 Ziel des Buches

2.2Aufbau der Untersuchung

2.3Wegweiser

3 Begriffsinventar und diagnostischer Prozess

3.1Begriffe

3.1.1Klinische Zeichen und Symptome

3.1.2Maßskalen

3.1.3Messfehler

3.1.4Prävalenz und Inzidenz

3.1.5Sensitivität, Spezifität und Vorhersagewert

3.2Diagnostischer Prozess

4 Methoden und Instrumente

4.1Methoden

4.1.1Adspektion

4.1.2Palpation

4.1.3Perkussion

4.1.4Auskultation

4.2Instrumente und diagnostische Hilfsmittel

4.2.1Perkussionshammer und Plessimeter

4.2.2Reflexhammer

4.2.3Phonendoskop

4.2.4Thermometer

4.2.5Techniken zur arteriellen Blutdruckmessung

5 Die Patientenakte

5.1Einleitung

5.2Funktion von Patientenakten

5.3Festlegung des Inhalts von Patientenakten

5.4Aufbau von Patientenakten

5.4.1Klare Strukturierung

5.4.2Vollständigkeit

5.4.3Verfügbarkeit der Akte

5.4.4Computergestützte Patientenakten

5.4.5Arbeitsaufwand und Kosten

5.5Problemorientierte Patientenakten

6 Die Anamnese

6.1Der Vorbericht

6.1.1Einleitung

6.1.2Kontaktaufnahme mit Tierhalter und Patient

6.1.3Das Gespräch

6.1.4Der Fahrplan für die Anamnese

6.2Dokumentation

6.3Ablaufschema

7 Gesamteindruck

7.1Zielsetzung

7.2Zum Begriff »Gesamteindruck«

7.2.1Anteilnahme an der Umgebung

7.2.2Verhalten

7.2.3Haltung

7.2.4Fortbewegung

7.2.5Körperbau

7.2.6Ernährungszustand

7.2.7Haarkleid

7.2.8Abnorme Geräusche

7.2.9Auffällige Besonderheiten

7.3Untersuchungstechnik

7.4Dokumentation

8 Allgemeinuntersuchung

8.1Zielsetzung

8.2Umgang mit dem Patienten

8.3Konzept der Allgemeinuntersuchung

8.3.1Atembewegungen

8.3.2Puls

8.3.3Körpertemperatur

8.3.4Haarkleid und Haut

8.3.5Schleimhäute

8.3.6Periphere Lymphknoten

8.3.7Andere auffällige Befunde

8.4Dokumentation

9 Atmungssystem

9.1Anamnese

9.1.1Symptome

9.1.2Haltungsbedingungen

9.1.3Frühere Erkrankungen

9.2Körperliche Untersuchung

9.2.1Atembewegungen und -geräusche

9.2.2Nase und Stirnhöhle

9.2.3Larynx und Trachea

9.2.4Thorax

9.3Dokumentation

9.4Weiterführende Untersuchungen

10 Herz-Kreislauf-System

10.1Anamnese

10.1.1Symptome

10.1.2Haltungsbedingungen

10.1.3Frühere Erkrankungen

10.2Körperliche Untersuchung

10.2.1Arterielles System

10.2.2Kapillarsystem

10.2.3Venöses System

10.2.4Herz

10.3Dokumentation

10.4Weiterführende Untersuchungen

11 Verdauungsapparat

11.1Anamnese

11.2Körperliche Untersuchung

11.2.1Kopf

11.2.2Ösophagus

11.2.3Abdomen

11.2.4Anus und Zirkumanalregion

11.2.5Rektum und angrenzende Strukturen

11.3Dokumentation

11.4Weiterführende Untersuchungen

12 Niere und harnableitendes System

12.1Anamnese

12.1.1Nieren

12.1.2Harnableitendes System

12.2Körperliche Untersuchung

12.2.1Kopf

12.2.2Abdomen

12.2.3Rektale Palpation

12.2.4Penis und Präputium

12.2.5Vulva und Vagina

12.3Weiterführende Untersuchungen

13 Weiblicher Geschlechtsapparat

13.1Anamnese

13.1.1Symptome

13.1.2Haltungsbedingungen

13.2Körperliche Untersuchung

13.2.1Äußere Untersuchung

13.2.2Innere Untersuchung

13.3Weiterführende Untersuchungen

14 Männlicher Geschlechtsapparat

14.1Anamnese

14.1.1Libido

14.1.2Fruchtbarkeit

14.1.3Haltungsbedingungen

14.1.4Vorausgegangene Erkrankungen

14.2Körperliche Untersuchung

14.2.1Libido

14.2.2Skrotum

14.2.3Hoden

14.2.4Nebenhoden

14.2.5Präputium

14.2.6Penis

14.2.7Akzessorische Geschlechtsdrüsen

14.3Spermagewinnung

14.4Weiterführende Untersuchungen

14.4.1Spermauntersuchung

14.4.2Ultraschall

14.4.3Hodenbiopsie

14.4.4Hormonbestimmungen

15 Haut, Haarkleid und Krallen

15.1Struktur und Funktion der Haut und Hautanhangsorgane

15.1.1Epidermis

15.1.2Epidermale Hautanhangsorgane

15.1.3Dermis

15.1.4Subkutis

15.2Anamnese

15.2.1Symptome

15.2.2Haltungsbedingungen

15.2.3Frühere Erkrankungen

15.3Körperliche Untersuchung

15.3.1Hautgeruch

15.3.2Haarkleid

15.3.3Haut

15.3.4Krallen, Ballen und Nasenspiegel

15.4Dokumentation

15.5Weiterführende Untersuchungen

15.5.1Hautgeschabsel

15.5.2Weitere Untersuchungen

16 Milchdrüse

16.1Anamnese

16.1.1Symptome

16.1.2Haltungsbedingungen

16.1.3Vorausgegangene Erkrankungen

16.2Körperliche Untersuchung

16.2.1Einleitung

16.2.2Untersuchungstechnik

16.3Dokumentation

16.4Weiterführende Untersuchungen

17 Bewegungsapparat

17.1Einleitung

17.2Anamnese

17.3Beobachtung in Ruhe und in der Bewegung

17.3.1Untersuchung in Ruhe

17.3.2Untersuchung in der Bewegung

17.4Untersuchung am stehenden Tier

17.4.1Vordergliedmaße

17.4.2Hintergliedmaße

17.5Untersuchung am liegenden Tier

17.5.1Vordergliedmaße

17.5.2Hintergliedmaße

17.6Untersuchung von Schädel und Wirbelsäule

17.7Weiterführende Untersuchungen

17.8Arthrozentese

17.8.1Einleitung

17.8.2Schultergelenk

17.8.3Ellbogengelenk

17.8.4Karpalgelenke

17.8.5Hüftgelenk

17.8.6Kniegelenk

17.8.7Tarsokruralgelenk

18 Nervensystem

18.1Anamnese

18.1.1Störungen der Futteraufnahme und des Schluckaktes

18.1.2Veränderte Lautäußerungen (Dysphonie).

18.1.3Störungen der Fortbewegung

18.1.4Veränderte Gewohnheiten oder Bewegungsabläufe

18.2Neurologische Untersuchung

18.2.1Einleitung

18.2.2Verhalten und Aufmerksamkeit

18.2.3Fortbewegung und Haltung

18.2.4Kopf

18.2.5Haltungs- und Stellreaktionen

18.2.6Spinalreflexe

18.2.7Schmerzempfinden

18.3Dokumentation

18.4Weiterführende Untersuchungen

19 Augen

19.1Anamnese

19.1.1Symptome

19.1.2Haltungsbedingungen

19.1.3Frühere Erkrankungen

19.2Untersuchungsort und -bedingungen

19.2.1Licht

19.2.2Position des Patienten während der Untersuchung

19.3Instrumente und diagnostische Hilfsmittel

19.4Untersuchung des Auges und seiner Adnexa

19.4.1Kopf und Schädel

19.4.2Augenumgebung

19.4.3Tränenfilm und Tränenproduktion

19.4.4Augenausfluss

19.4.5Augenlider (Palpebrae)

19.4.6Bindehäute und Nickhaut

19.4.7Augapfel (Bulbus oculi)

19.4.8Sklera

19.4.9Kornea

19.4.10Vordere Augenkammer

19.4.11Pupille

19.4.12Iris

19.4.13Hintere Augenkammer

19.4.14Linse

19.4.15Glaskörper

19.4.16Fundus (Retina und Chorioidea)

19.5Dokumentation

19.6Weiterführende Untersuchungen

20 Ohren

20.1Anamnese

20.1.1Symptome

20.2Untersuchung des Ohres

20.2.1Äußeres Ohr

20.2.2Trommelfell

20.2.3Mittelohr

20.2.4Hörvermögen

20.3Dokumentation

20.4Weiterführende Untersuchungen

21 Endokrine Drüsen

21.1Anamnese

21.1.1Haltungsbedingungen

21.1.2Frühere Erkrankungen

21.2Körperliche Untersuchung

21.2.1Atembewegungen

21.2.2Puls und Herzspitzenstoß

21.2.3Rektaltemperatur

21.2.4Haarkleid und Haut

21.2.5Abdomen

21.2.6Männlicher Geschlechtsapparat

21.2.7Weiblicher Geschlechtsapparat

21.2.8Skelett und Muskulatur

21.2.9Schilddrüsen und Nebenschilddrüsen

21.3Dokumentation

21.4Weiterführende Untersuchungen

22 Verhalten

22.1Aufnahme des Vorberichts beim Hund

22.1.1Das iatrotrope Problem

22.1.2Gegenwärtiges Verhalten/Funktion

22.1.3Alltagsmuster und Haltungsbedingungen

22.1.4Vorgeschichte

22.2Verhaltensuntersuchung

22.2.1Gehorsamkeits- und Dominanztest

22.2.2Provokationstests

22.2.3Konfrontation mit anderen Hunden und die Rolle des Besitzers

22.3Aufnahme des Vorberichts bei der Katze

22.3.1Das iatrotrope Problem

22.3.2Gegenwärtiges Verhalten/Funktion

22.3.3Haltungsbedingungen

22.3.4Vorgeschichte

23 Notfälle

23.1Ersteinschätzung: Kurze Anamnese

23.2Ersteinschätzung: Körperliche Untersuchung

23.2.1Kurzer Gesamteindruck

23.2.2A: Airway (Atemwege)

23.2.3B: Breathing (Atmung)

23.2.4C: Circulation (Kreislauf)

23.2.5D: Disability (Behinderung)

23.2.6E: Environment (Umwelt)

23.3Zweite Bewertung

24 Lagerung und Zwangsmaßnahmen

24.1Lagerung

24.1.1Stehen

24.1.2Sitzen

24.1.3Brustlage

24.1.4Seitenlage

24.1.5Hängen

24.2Zwangsmaßnahmen

24.2.1Manuelle Fixierung

24.2.2Maulkorb oder Maulschlinge

24.3Zwangsmaßnahme oder Sedierung

25 Probenahme für Laboruntersuchungen

25.1Vorbereitung, Verpackung und Versand

25.2Gerätschaften

25.2.1Harnkatheter

25.2.2Kanülen

25.2.3Spritzen

25.2.4Desinfektion

25.3Blut

25.3.1Venenpunktion

25.4Harn

25.4.1Entnahmetechniken

25.5Kot

25.5.1Entnahmetechniken

25.6Gewebezellen

25.6.1Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB)

25.6.2Probenahme

25.7Thorakozentese

25.7.1Technik

25.8Abdominozentese

25.8.1Technik

26 Narkosevoruntersuchung

26.1Grundsätzliches

26.2Basisuntersuchung

26.3Weiterführende Untersuchungen

26.4Risikogruppen

26.5Dokumentation

27 Gesundheitszeugnis

27.1Gesundheitszeugnis für Jungtiere und/oder Tiere, die den Besitzer wechseln

27.2Dokumentation

28 Vögel

28.1Anamnese

28.2Begutachtung des Käfigs oder der Voliere

28.3Körperliche Untersuchung: Einleitung

28.4Körperliche Untersuchung: Adspektion aus der Distanz

28.4.1Nervensystem und Bewegungsapparat

28.4.2Atmungsapparat

28.4.3Gefieder

28.5Körperliche Untersuchung: Handling

28.5.1Vorbereitung

28.5.2Untersuchungsraum

28.5.3Stress

28.5.4Handling von Brieftauben

28.5.5Handling von Käfig- und Volierenvögeln

28.5.6Handling von Fasanen

28.5.7Handling von Gänsen, Enten und Schwänen

28.6Untersuchung des fixierten Vogels

28.6.1Identifikation

28.6.2Ernährungszustand

28.6.3Kopf

28.6.4Hals

28.6.5Flügel

28.6.6Beine und Füße

28.6.7Rumpf

28.7Körpertemperatur und Thermoregulation

28.8Dokumentation

28.9Weiterführende Untersuchungen

29 Kleinsäuger

29.1Handling und Untersuchungstechniken

29.1.1Kaninchen (Oryctolagus cuniculus)

29.1.2Meerschweinchen (Cavia porcellus)

29.1.3Chinchilla (Chinchilla laniger)

29.1.4Goldhamster (Mesocricetus auratus)

29.1.5Maus (Mus musculus)

29.1.6Ratte (Rattus norvegicus)

29.1.7Gerbil (Merionus unguiculatus)

29.1.7Frettchen (Mustela putorius furo) und Nerz (Mustela vision)

29.2Anamnese

29.3Körperliche Untersuchung

29.3.1Gesamteindruck

29.3.2Allgemeinuntersuchung

29.3.3Atmungsapparat

29.3.4Verdauungsapparat

29.3.5Nieren und harnableitende Wege

29.3.6Geschlechtsapparat

29.3.7Nervensystem

29.3.8Augen

29.3.9Ohren

29.4Dokumentation

29.5Weiterführende Untersuchungen

30Reptilien

30.1Systematik

30.1.1Schildkröten

30.1.2Schlangen

30.1.3Echsen

30.2Gesetze und Verordnungen

30.3Signalement

30.3.1Geschlecht

30.3.2Alter

30.4Anamnese

30.4.1Iatrotropes Problem

30.4.2Derzeitige Funktionsfähigkeit

30.4.3Frühere Erkrankungen

30.4.4Haltungsbedingungen

30.5Handling und Zwangsmaßnahmen

30.6Körperliche Untersuchung

30.6.1Gesamteindruck

30.6.2Adspektion aus der Distanz

30.6.3Untersuchung des fixierten Tieres

30.7Kotuntersuchung

30.8Weiterführende Untersuchungen

Anhang

1: Leitlinien zur Unterbringung von Ratten, Gerbils, Hamstern, Meerschweinchen, Kaninchen sowie Frettchen als Labortiere

2: Systematik der Reptilien

3: Grundlegende Haltungsanforderungen für Reptilien (I)

Autoren

Department Geneeskunde van Gezelschapsdieren, Utrecht Universiteit, Niederlande

M. H. Boevé

W. E. van den Brom

S. C. Djajadiningrat-Laanen

A. M. van Dongen

J. de Gier

H. A. W. Hazewinkel

L. J. Hellebrekers

B. W. Knol

H. S. Kooistra

J. T. Lumeij

B. P. Meij

H. F. L’Eplattenier

J. J. van Nes

Ad Rijnberk

J. H. Robben

J. Rothuizen

G.R. Rutteman

A. C. Schaefers-Okkens

M. B. H. Schilder

Freek J. van Sluijs

F. C. Stades

A. A. Stokhof

E. Teske

L. F. H. Theyse

A. J. Venker-van Hagen

I. Westerhof

T. Willemse

M. A. Wisselink

Vakgroep Geneeskunde en klinische Biologie van de Kleine Huisdieren, Universiteit Gent, Belgien

A. De Rick

L. Van Ham

J. Declercq

E. Schrauwen

L. Verhaert

Vakgroep Medische Beeldvorming van de Huisdieren en Orthopedie van de kleine Huisdieren, Universiteit Gent, Belgien

B. Van Ryssen

DVD

Koordination: E. Teske, Utrecht

Technische Umsetzung: M. J. A. Mudde, Utrecht

Vertonung: P. Grinninger, Utrecht

Vorwort zur ersten niederländischen Auflage

Die Anamnese und körperliche Untersuchung sind die tragenden Säulen der klinischen Arbeit, und dennoch hat eine detaillierte Beschreibung der Methodik für Kleintiere bislang gefehlt. Mit diesem Buch wurde der Versuch unternommen, diese Lücke zu schließen.

Der Ansatz basiert auf den Methoden der veterinärmedizinischen Fakultäten zweier niederländisch-sprachiger Universitäten, in Utrecht (Niederlande) und Ghent (Belgien), und zeigt auch die Verbindung zwischen diesen Universitäten. Das Buch folgt einem Konzept, das im letzten Jahrzehnt mit Nachdruck entwickelt wurde: ein Untersuchungsgang, der so weit wie möglich an der Fragestellung orientiert ist. Der Untersucher lernt, mittels einer limitierten Untersuchung das vom Besitzer geschilderte Problem zu definieren und durch entsprechende Auswahlschritte seine Effizienz zu steigern. Auf diese Weise wird es möglich, die vorhandene Zeit hauptsächlich zur Problemlösung zu nutzen.

In vielen Kapiteln folgt die Beschreibung der Methoden diesem selektiven Ansatz. Am Ende zahlreicher Kapitel findet sich ein Formular, das die rasche Orientierung im Themengebiet erleichtert. Einige dieser Formulare werden schon seit Jahren erfolgreich eingesetzt; andere wurden neu entwickelt und noch nicht abschließend in der Praxis getestet.

Die Herausgeber danken den Autoren herzlich für ihre Beiträge und ihr Einverständnis, diese an das Buchformat zu adaptieren. Wenngleich bereits im Umschlagteil genannt, verdienen E. M. Klaasen-van Slobbe, BA (Assistenz des Herausgebers), Bert Janssen (Zeichnungen) und R. N. van Blokland, DVM (Formulare) besonderen Dank für ihre engagierte und kompetente Mitwirkung. Wir hoffen, dass dieses Buch den Weg zu seinen Lesern findet und zur Verbesserung der tierärztlichen Behandlung von Kleintieren beiträgt.

Frühling 1990

A. Rijnberk und H. W. de Vries

Vorwort zur zweiten niederländischen Auflage

Die erste Auflage des Buches erfreute sich großer Nachfrage. Auf die Veröffentlichung der niederländischen Originalausgabe im Jahr 1990 folgten fünf Nachdrucke. Wenngleich das Buch ursprünglich für einen niederländisch-sprachigen Leserkreis gedacht war, wurde schnell klar, dass eine detaillierte Beschreibung des veterinärmedizinischen »Handwerkszeuges« beim Kleintier auch in anderen Sprachen gebraucht wurde. Es folgten Übersetzungen ins Deutsche, Englische, Spanische und Japanische.

Das von den Autoren der ersten Auflage entwickelte Konzept ist auch Grundlage der zweiten Auflage. Das schließt ausdrücklich auch die Autoren ein, die aus unterschiedlichen Gründen bei der zweiten Auflage nicht mehr mitgewirkt haben: H. W. de Vries (Herausgeber), B. E. Belshaw, B. J. Biewenga, J. E. Gajentaan, R. P. Happé, H. Hoogenkamp, D. E. Mattheeuws, F. J. Meutstege, P. G. van Ooijen, R. A. A. van Oosterom, J. De Schepper, R. J. Slappendel, und G. C. van der Weijden. Wir danken auch Sylvie Daminet von der Universität Ghent für die Durchsicht von Kapitel 11.

Ebenso danken wir A. R. Janssen, Graphikdesigner aus Utrecht, für seine Mitwirkung. Viele seiner Abbildungen aus der ersten Auflage wurden beibehalten. Die Formulare, die ursprünglich von R. N. van Blokland erstellt und von Yvonne W. E. A. Pollak adaptiert wurden, befinden sich nicht mehr im Buch, sondern als pdf-Dateien auf der beiliegenden DVD.

Alle Kapitel dieses Buches wurden für die Neuauflage überarbeitet und ein völlig neues Kapitel über Reptilien wurde aufgenommen. Außerdem wurden zwei Kapitel aufgeteilt und erweitert. Farbfotografien von J. Fama und die von M. J. A. Mudde zusammengestellte DVD tragen zur zeitgemäßen Aufmachung des Buches bei. Wir hoffen, dass diese Ergänzungen das Lesevergnügen steigern und das Buch zu einem wertvollen Begleiter beim Lernen machen.

Wir wünschen uns, dass dieses Buch wie die erste Auflage den Weg zum Leser findet und so zur Verbesserung der tierärztlichen Behandlung von Kleintieren beiträgt.

Herbst 2004A. Rijnberk und F. J. van Sluijs

1 |  EinleitungA.Rijnberk

Anamnese und körperliche Untersuchung sind die Methoden, mit denen sich der praktizierende Tierarzt Zugang zur vom Besitzer beschriebenen Problematik bei einem Tier verschafft. Die dabei gewonnenen Informationen sind entscheidend für das weitere Vorgehen und dienen als Leitfaden für den klinischen Behandlungsplan. Diese Erfahrungswerte aus der Klinik wurden auch durch eine empirische Studie in der Humanmedizin bestätigt. Bei 26 von 100 Patienten führte die gründliche Untersuchung durch den behandelnden Arzt zu einer erheblichen Änderung der Diagnose und Behandlung.1

Der zielgerichtete Einsatz von biochemischen und biophysikalischen Prinzipien hat die Möglichkeiten der Labordiagnostik und bildgebenden Verfahren erheblich erweitert. Dennoch dienen Anamnese und körperliche Untersuchung nach wie vor als wichtigste Richtschnur für die weiterführenden Untersuchungen und die Kontrolle des Behandlungserfolgs. Ein breitflächiges Labor-Screening ist weit weniger ergiebig als eine gezielte Laboruntersuchung, die sich aus den Ergebnissen von Anamnese und körperlicher Untersuchung ableitet.2

Dieses Buch beschreibt die Methodik beim Kleintier so, dass es sich auch für die studentische Ausbildung eignet. Im Allgemeinen gilt der veterinärmedizinische Unterricht als Ausbildung in einer wissenschaftlichen Disziplin.3 Man kann diese Einschätzung zu einem gewissen Grad infrage stellen; zunächst muss man sich jedoch klarmachen, was Wissenschaft eigentlich bedeutet.

Die Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft (Pseudowissenschaft, Mythologie und Metaphysik) wurde insbesondere durch den Wissenschaftsphilosophen Karl Popper klar getroffen.4,5 Poppers kritischer Rationalismus ist eine rationelle Methode zur Lösung von Problemen,6 die im Wesentlichen folgende Vorgehensweise beinhaltet: Ein Problem wird erkannt. Zur Erklärung dieses Problems wird eine Theorie (Hypothese) formuliert. Von dieser Theorie werden mittels logischer Ableitung (Deduktion) angreifbare Basissätze abgeleitet, deren Gültigkeit durch Beobachtung und Experimente überprüft wird. Wenn die Ergebnisse mit den Voraussagen übereinstimmen, wird die Theorie vorläufig als bestmögliche Annäherung an die objektive Wahrheit akzeptiert. Wenn die Ergebnisse nicht mit den Voraussagen in Einklang stehen, ist die Theorie nicht gut (= angefochten und widerlegt) und muss verworfen werden. In der Folge ist das Problem noch einmal zu definieren und eine neue Theorie zu formulieren. Abbildung 1.1 stellt diesen Ablauf schematisch dar.

Die zentrale Frage der Wissenschaft lautet daher nicht, wie die mutmaßliche Wahrheit zu finden ist, sondern wie die Unwahrheit zu ermitteln und auszuschließen ist. Dabei gewinnt die stärkste Theorie. Die überlebende Theorie ist in diesem Moment die größtmögliche Annäherung an die Wahrheit und wird praktisch »nach bestem Wissen und Gewissen« bis auf Weiteres als Wahrheit angesehen. Theorien müssen so klar wie möglich formuliert sein, um so eindeutig wie nötig widerlegt (falsifiziert) werden zu können. So wird deutlich, welches Experiment sich eignet, die Theorie zu widerlegen. An diesem Punkt gelangt man an die Grenze zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft: Eine Theorie ist wissenschaftlich, wenn sie falsifizierbar ist. Es ist also unwissenschaftlich, Beweismaterial zu sammeln, um eine Theorie zu stützen; hierdurch würde die Theorie vielmehr den Charakter eines nicht anfechtbaren Glaubenssatzes (Religion) erhalten.

In Poppers Nachfolge haben andere, wie der Philosoph Kuhn mit seiner Paradigmentheorie, eine bedeutsame gedankliche Erweiterung der Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft unternommen. Kuhn hat unter anderem gezeigt, dass wissenschaftliche Entwicklungen langfristig nicht nur rationalen Gesetzmäßigkeiten folgen, sondern auch durch soziale, ökonomische, kulturelle, politische und religiöse Faktoren beeinflusst werden. Später stellte Lakatos wieder die Entwicklung oder Auswahl von Theorien in den Mittelpunkt, wobei Wissenschaft als rationale Tätigkeit gegen die irrationalen Elemente aus Kuhns Paradigmentheorie verteidigt wird.7 Dieser sogenannte Falsifikationismus kann als Erweiterung von Poppers rationalem Ablaufschema zum Ausschluss von Theorien angesehen werden.

Poppers naive Falsifikation kennt nur einen Weg: die Elimination des Schwachen. Im Gegensatz dazu geht bei der raffinierten Falsifikation der Ausschluss einer Theorie mit der Annahme einer Alternative einher. Beim raffinierten Falsifikationismus wird die wissenschaftliche Theorie T1 nur dann aufgegeben, wenn sie von einer Theorie T2 ersetzt wird, welche die folgenden Eigenschaften aufweist:

Abb. 1.1: Modell zur Lösung eines (klinischen) Problems

1. Der empirische Gehalt von T2 ist größer als der von T1; aus T2 sind neue Tatsachen ableitbar, die nach T1 unwahrscheinlich oder sogar unzulässig waren.

2. T2 erklärt den vorausgegangenen Erfolg von T1; alle nicht widerlegbaren Anteile von T1 werden von T2 übernommen.

3. Die neuen Anteile von T2 sind teilweise experimentell belegt.

Ein weiteres Merkmal von Lakatos' raffiniertem Falsifikationismus ist die gleichzeitige Entwicklung unterschiedlicher alternativer Theorien. Manchmal können unterschiedliche Theorien eine Zeitlang nebeneinander existieren. Die Entscheidung zwischen Ausschluss und Annahme kann nicht immer sofort getroffen werden. Zwischen dem Aufstellen der Theorie und der Entdeckung neuer Tatsachen kann Zeit verstreichen. Als wissenschaftlichen Maßstab verwendet Lakatos nicht die einzelne Theorie, sondern die Art und Weise, wie die zentralen Theorien aufeinander aufbauen, wobei er sie mit dem neu gefundenen Faktenmaterial in Beziehung setzt.

Der raffinierte Falsifikationismus scheint eine gute methodische Basis für klinische Entscheidungsprozesse zu sein. Wir werden in Kapitel 3 darauf zurückkommen. Allerdings wird schon jetzt darauf hingewiesen, dass nicht alle Diagnosen auf rein deduktiven Schlussfolgerungen beruhen.8 Oft spielt auch eine auf Wissen und Erfahrungen basierende Mustererkennung eine Rolle.9 Sie führt zur Entwicklung von Ideen, die dann überprüft werden.10

Auf den ersten Blick ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass Methodenbeschreibungen für körperliche Untersuchungsgänge wissenschaftliche Elemente enthalten. Das Problemelösen ist hier kein Thema, aber es werden kleine Exkurse in klinische Fragestellungen unternommen.

Das Buch selbst verdient es, auf wissenschaftliche Weise studiert zu werden. Der Stoff und die Aussagen wurden nach unserem besten Wissen sorgsam ausgearbeitet. Es stellt dar, was wir zurzeit als Wahrheit annehmen, da es der am wenigsten wackelige Sockel ist, den wir zur Verfügung haben. Natürlich sind alle darin enthaltenen Aussagen sehr geeignet für eine Falsifizierung. Dieser Ansatz ist hier besonderes wichtig, weil vieles auf Mitteilungen von Klinikern beruht und nicht systematisch getestet wurde. Diese Überprüfung könnte in den kommenden Jahren stattfinden.

Die Inhalte dieses Buches bieten sich als »Handwerkzeug« zur Lösung der Fälle an, mit denen Kleintierbesitzer an uns herantreten. Um die zur Verfügung stehende Zeit bestmöglich zur wissenschaftlichen Problemlösung zu nutzen, haben wir uns für eine Vorgehensweise entschieden, bei der die körperliche Untersuchung stark auf die Fragestellung fokussiert ist. Das Handwerkzeug kann auf effiziente Weise zur Eingrenzung der Fragestellung eingesetzt werden, um eine anschließende Konzentrierung auf die wissenschaftliche Problemlösung zu ermöglichen.

Literatur

1.Reilly BM (2003): Physical examination in the care of medical patients: an observational study. Lancet 362: 1100–1105.

2.Dzankic SD, Pastor C, Gonzalez C (2001): The prevalence and predictive value of abnormal preoperative laboratory tests in elderly surgical patients. Anesth Analg 93: 301–308.

3. Rapportage Werkgroep Ontwikkelingsplan Diergeneeskunde. 112th meeting. Veterinary Faculty Council, Utrecht University, 16 Oct, 1980.

4.Magee B: Popper. Aula-boek 533. Het Spectrum, Utrecht, 1974.

5.Popper KR: The logic of scientific discovery. Hutchinson, London, 1980. Originaltitel: Logik der Forschung, Erstausgabe Wien 1934.

6.Koningsveld H: Het verschijnsel wetenschap. Boom, Meppel, 1980.

7.Lakatos I: Wetenschapsfilosofie en wetenschapsgeschiedenis. De controverse tussen Popper en Kuhn. Boom, Meppel, 1974. (Originaltitel: Falsification and methodology of scientific research programmes. In: Lakatos I, Musgrave A (eds.): Criticism and the growth of knowledge. Cambridge University Press, Cambridge, 1970.)

8.Ridderikhoff J (1993): Problem-solving in general practice. Theor Med 14: 343–363.

9.McCormick JS (1986): Diagnosis: the need for demystification. Lancet 2: 1434.

10.Karhausen LR (1987): Diagnosis: the need for demystification. Lancet 1: 387.

2 |  Ziel der Problemorientierten UntersuchungA. Rijnberk und F. J. van Sluijs

2.1Ziel des Buches

Dieses Buch richtet sich an Studenten der Veterinärmedizin und an Tierärzte, die sich für Kleintierkrankheiten interessieren. Es ist auf das fachliche Profil eines Kleintierpraktikers in einer regulären Praxis abgestimmt, in der sich mindestens ein Tierarzt hauptsächlich mit der Behandlung von Kleintieren befasst.1 Dementsprechend beschränkt sich die Beschreibung der Untersuchungsmethoden auf das, was ein Praktiker mit Schwerpunkt Kleintier tatsächlich einsetzen würde. Methoden, die nur in spezialisierten Kliniken zum Einsatz kommen, werden in diesem Buch lediglich am Rande erwähnt, um aufzuzeigen, welche zusätzlichen diagnostischen Möglichkeiten beim Spezialisten existieren.

Das Buch befasst sich vornehmlich mit der Anamnese und körperlichen Untersuchung von Hund und Katze. Im Allgemeinen sind diese Methoden auch auf andere Spezies übertragbar. Tierartspezifische Besonderheiten für die Anamnese und körperliche Untersuchung von Vögeln, Kleinsäugern und Reptilien werden in eigenen Kapiteln abgehandelt.

Der Titel wurde gewählt, um stärker auf die Thematik hinzuweisen, als ältere Begriffe wie »Klinische Diagnostik« oder »Klinische Untersuchung« das tun, die lediglich betonen, dass es sich um einen Gegenstand aus dem Bereich der Diagnostik oder Untersuchung in einem klinischen Umfeld handelt. Dieser könnte schließlich auch Labordiagnostik oder Radiologie beinhalten.

Das Buch stützt sich auf die Annahme, dass der Tierarzt sich aus zwei Gründen mit der Anamnese und körperlichen Untersuchung befasst:

1. Um die Hintergründe eines vom Tierhalter geschilderten Problems auszuleuchten. Auf dieser Grundlage (Diagnose) kann der Tierarzt die Erwartungen des Besitzers erfüllen, die darin bestehen, dass er Erkenntnisse über Art und Schweregrad der Erkrankung gewinnen und nach Möglichkeit eine Behandlung verordnen soll.

2. Um einen konkreten Wunsch des Tierhalters anforderungsgerecht zu erfüllen, wie z. B. eine Impfung, das Ausstellen eines Gesundheitszeugnisses oder eine Untersuchung auf Zuchttauglichkeit.

Auch wenn diese Aufzählung vollständig erscheint, gibt es eine wichtige Einschränkung: Beim ersten Punkt würde eine Unregelmäßigkeit, die noch keine für den Tierhalter sinnfälligen Symptome hervorruft, nicht zwangsläufig entdeckt. Hierfür wären regelmäßige Gesundheits-Check-Ups besser geeignet als eine Untersuchung, die aus einem speziellen Anlass durchgeführt wird.

Die Untersuchung wird also in hohem Maß durch die Motive gelenkt, aus denen der Tierhalter den Rat des Tierarztes sucht. Deshalb wird hier ein Konzept gewählt, bei dem nur solche Untersuchungen durchgeführt werden, die im Hinblick auf das vom Besitzer dargestellte Problem tatsächlich gute Erfolgschancen haben.

2.2Aufbau der Untersuchung

Beim Blick in Bücher über die körperliche Untersuchung von menschlichen oder tierischen Patienten wird klar, dass die meisten Autoren großen Wert auf eine gründliche und vollständige Untersuchung als Grundlage für den weiteren Behandlungsplan legen.2 In der Praxis hingegen findet eine vollständige körperliche Untersuchung selten oder nie statt. Hier wird die Untersuchung mithilfe der Vorgeschichte und des ersten Eindrucks rasch auf den Bereich eingegrenzt, der wahrscheinlich am schnellsten zur genaueren Abklärung der Fragestellung führen wird.3

Es finden also zahlreiche Selektionsschritte statt, um die Effizienz einer Untersuchung zu steigern. Mit wachsender Erfahrung werden diese Auswahlschritte spezifischer, woraus sich meist sehr leistungsfähige Verfahren entwickeln. Allerdings ist diese Arbeitsweise dem Studierenden schlecht zu vermitteln, sodass wir Modelle für ein selektiveres Untersuchungskonzept gesucht haben. Es scheinen jedoch keine brauchbaren Modelle zu existieren, auch wenn es vereinzelt Ansätze gibt.4 Sogar die Literatur zum problemorientierten Herangehen an den Patienten beschreibt die körperliche Untersuchung als essenzielle Grundlage, ohne zu erläutern, dass diese Untersuchung durch die Anamnese und den ersten Eindruck vom Patienten beeinflusst wird.5 Es gibt auch Autoren, die eine selektivere Untersuchung ablehnen und die Auffassung vertreten, der Tierarzt müsse sich darin üben, alle Organsysteme angemessen zu untersuchen. Es wurde sogar behauptet, dass »der erfahrene Praktiker ein Tier mit Leichtigkeit in weniger als zehn Minuten gründlich untersuchen kann« und »eine vollständige körperliche Untersuchung nicht mehr als fünf bis acht Minuten dauern sollte«.7 Es muss klar sein, dass diese Einstellung zu einer flüchtigen Untersuchung oder, in der Praxis häufiger, zu einer Einschränkung der Untersuchung führt. Das Missverständnis scheint sich aus dem Begriff der »Routineuntersuchung« herzuleiten, der auch in der medizinischen Lehre verbreitet ist. Es gibt keine Routineuntersuchung. Die körperliche Untersuchung hat immer einen spezifischen Grund und ein bestimmtes Ziel.8

Seit 1971 wird an der Veterinärmedizinischen Fakultät Utrecht die körperliche Untersuchung so gelehrt, dass nach der allgemeinen Untersuchung die Entscheidung getroffen werden kann, nur eines oder wenige Organsysteme zu untersuchen.9 An dieses Konzept halten wir uns. Daraus hat sich in Verbindung mit dem problemorientierten Ansatz der Untersuchungsaufbau entwickelt, der in Abb. 2.1 dargestellt wird. Bei diesem Aufbau sind zwei wichtige Fragen zu beantworten:

1. Handelt es sich um einen Notfall?

Wenn der Eindruck besteht, die Situation könne ein Organ bedrohen oder lebensgefährlich sein, muss die Untersuchung vollständig nach dem in Kapitel 23 aufgezeigten Schema ablaufen. In den übrigen Fällen werden – soweit es sich um einen Erstkontakt mit dem Patienten handelt – erste Informationen vom Tierhalter eingeholt und das Signalement des Tieres dokumentiert (Kap. 5). Im Anschluss wird die Vorgeschichte erfragt (Kap. 6) und dann ein Gesamteindruck vom Tier gewonnen (Kap. 7).

2. Wurde das Problem mittels Anamnese und Feststellung des Gesamteindrucks so weit erfasst, dass spezielle Untersuchungen (anhand eines Leitfadens) durchgeführt werden können?

Diese Frage ist mit ja zu beantworten, wenn der Tierhalter ein konkretes Anliegen hat: z. B. eine Impfung oder das Ausstellen eines Gesundheitszeugnisses (Kap. 27). Gleiches gilt in der Regel für Fälle mit lokal begrenzten Veränderungen z. B. an Ohren und Augen, Lahmheiten oder oberflächlichen Läsionen und Schwellungen. Auch in anderen Fällen kann die Problemerfassung manchmal in diesem Stadium abgeschlossen und mit einer speziellen Untersuchung (mit oder ohne Leitfaden) fortgefahren werden.

Wenn das Problem mithilfe von Anamnese und Gesamteindruck nicht hinreichend erfasst werden kann und/oder Symptome einer Allgemeinerkrankung vorliegen, wird eine ausführlichere Allgemeinuntersuchung durchgeführt (Kap. 8), um Veränderungen zu finden, die im ersten Überblick nicht aufgefallen sind und helfen, das Problem zu verdeutlichen. Je nach Problemlage werden dann ein oder mehrere Organsysteme ganz oder teilweise untersucht (Kap. 9 und folgende).

Aus Abb. 2.1 geht hervor, dass der Ablauf der Untersuchung weitgehend durch die Aufgabenstellung festgelegt ist. Die Aufgabenstellung umfasst alles, was untersucht und/oder behandelt werden soll.10 Mit diesem Aufbau ist es möglich, das Problem zu einem frühen Zeitpunkt zu formulieren und durch die dann erhobenen Befunde weiter zu präzisieren. Die Dokumentation (Notierung) der Befunde wird in Kapitel 5 abgehandelt.

Für einige Fragestellungen steht ein »Leitfaden« zur Verfügung (siehe Kap. 2.6), anhand dessen die Untersuchung durchgeführt werden kann. Wenn während dieser Untersuchung neue Fragen auftauchen, können sie der Aufgabenliste hinzugefügt und im Anschluss angegangen werden (mit oder ohne Leitfaden). Natürlich kann auch eine spezielle Untersuchung, die sich direkt an die Anamnese und Feststellung des Gesamteindrucks anschließt, um Bestandteile der ausführlichen Allgemeinuntersuchung erweitert werden. Aus der Untersuchung kann der Vorschlag resultieren, einen chirurgischen Eingriff oder eine betäubungspflichtige weitere Untersuchung vorzunehmen. Hierzu muss das Tier nach der Anleitung in Kapitel 26 auf Narkosefähigkeit untersucht werden.

Mit diesem System wird versucht, die Untersuchungen auf das notwendige Maß zu beschränken, um die verfügbare Zeit so weit wie möglich zur Lösung des Problems zu nutzen, dessentwegen der Tierhalter das Tier vorgestellt hat. Mit einer gut durchgeführten limitierten Untersuchung soll das bestmögliche diagnostische Ergebnis erzielt werden. Dieses Ziel ist gegenüber der »vollständigen körperlichen Untersuchung« zu bevorzugen, die meist in einer Fahndung nach offensichtlichen Veränderungen endet.

Der Ansatz steht zur Diskussion. Man könnte anführen, dass eine Einschränkung der Untersuchung nicht zu rechtfertigen ist, weil die Selektion auf unvollständigen Informationen basiert. Für die Autoren spielte diese Überlegung bei der Erstellung des Kapitels über die Allgemeinuntersuchung (Kap. 8) eine Rolle. Hier wurde überlegt, weitere Komponenten der körperlichen Untersuchung aufzunehmen, um so viele Organsysteme wie möglich zu erfassen. Allerdings blieb es dann doch bei dem jetzigen Kapitelinhalt, da die vorgeschlagenen Erweiterungen (z. B. Abtasten des Abdomens) für eine schnelle, aber sehr sensitive Übersichtsuntersuchung ungeeignet sind. Solche Erweiterungen kosten bei korrekter Durchführung viel Zeit, die meist nicht zur Verfügung steht oder zu Lasten anderer Aspekte der Allgemeinuntersuchung geht.

Abb. 2.1: Flussdiagramm für den Aufbau der Anamnese und körperlichen Untersuchung.

2.3Wegweiser

Wie in Abb. 2.1 gezeigt kann dieses Konzept zu »speziellen Untersuchungen« führen. Nicht bei jedem Patienten muss eine spezielle Untersuchung Punkt für Punkt abgearbeitet werden. Bei vielen Fragestellungen hat sich ein Konsens herausgebildet, der hier als Wegweiser in Textform oder als Flussdiagramm (Algorithmus) dargestellt wird. Diese Thematik wird in Kapitel 3.2 ausführlicher diskutiert.

Das auch als »protokollarische Medizin« bezeichnete Konzept versucht dem Tierarzt einen Wegweiser für die Diagnose und/oder Behandlung an die Hand zu geben. Zusätzlich können diese Wegweiser auch zur Überprüfung der Kollegen dienen, denn es muss mit Nachdruck betont werden, dass sie ausschließlich auf Literaturangaben, theoretischen Überlegungen und klinischer Erfahrung beruhen und nicht systematisch getestet wurden. Ein Konsens leitet sich aus dem ab, was wir »nach bestem Wissen« sagen können, und wird sich in der Zukunft noch vielfach ändern.

In den letzten Jahren wurde großer Wert darauf gelegt, Entscheidungen in der Diagnostik und Behandlung so weit wie möglich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu stützen. Beispielsweise erschien im Jahr 2002 in der Humanmedizin eine neue Zeitschrift, die ausschließlich Standardprotokolle publiziert, die sich sehr stark auf Forschungsergebnisse stützen.11 Diese »Evidenzbasierte Medizin« (EbM) wird am Ende von Kapitel 3 kurz diskutiert.

Literatur

1. Nota Globale beroepsprofielen van de dierenarts en kwalitatieve kurrikulumprofielen van eerste en tweede fase (General report on professional profiles of the veterinarian and qualitative curriculum profiles of the first and second phase). Faculty of Veterinary Medicine, Utrecht University, September 1981.

2.McCurnin DM, Poffenbarger EM: Small animal physical diagnosis and clinical procedures. Philadelphia, Saunders, 1991, V.

3.Elstein AS, Shulman LS, Sprafka SA: Medical problem solving. An analysis of clinical reasoning. Harvard University Press, Cambridge, Massachusetts, 1978.

4.Kelly WR: Veterinary clinical diagnosis. 2nd edn. Baillière Tindall, London, 1974, 13.

5.Osborne CA (1975): The transition of quality patient care from an art to science: the problem oriented concept. J Am Anim Hosp Assoc 11:250.

6.Low DG, Osborne CA, Finco DR (1975): The pillars of diagnosis: history and physical examination. In: Ettinger SJ (ed.): Textbook of veterinary internal medicine, diseases of the dog and cat. Saunders, Philadelphia, 1975, Chapter 3.

7.Lorenz MD (1993): The problem-oriented approach. In: Lorenz MD, Cornelius LM (eds.): Small animal medical diagnosis. 2nd edn. Lippincott, Philadelphia, 1993, 1–12.

8.Pols J (1989): Wie heeft er aandacht voor de prostaat? (Who cares for the prostate?) Ned Tijdschr Geneeskd 133: 2521.

9. Syllabus Klinische diagnostiek van de huisdieren (Clinical diagnosis in domestic animals). Faculty of Veterinary Medicine, Utrecht University, 1971.

10.van Sluijs FJ (1983): De toepassing van het probleemgerichte medisch dossier in de diergeneeskunde (Use of the problem-oriented medical record in veterinary medicine). Tijdschr Diergeneesk 108: 520.

11.Cannon CP (ed.): Critical pathways in cardiology. A journal of evidence-based medicine. Lippincott, Williams & Wilkins, Philadelphia, 2002.

3 |  Begriffsinventar und diagnostischer ProzessA. Rijnberk und E. Teske

3.1Begriffe

Die bei der körperlichen Untersuchung benutzten Begriffe wurden bisher nicht standardisiert.1 Im Gegenteil, die zur Beschreibung von Beobachtungen verwendeten Bezeichnungen variieren von Lehrbuch zu Lehrbuch. Einige klinisch bedeutsame Begriffe, die gelegentlich zu Missverständnissen führen, werden hier erläutert.

3.1.1Klinische Zeichen und Symptome

In der Tierheilkunde werden die Begriffe »Symptome«, »Beschwerden« und »klinische Zeichen« manchmal synonym verwendet. Da unsere Patienten in der Regel nicht klagen, erscheint der Ausdruck »Beschwerden« in der Tiermedizin fehl am Platz. In der Humanmedizin wird der Ausdruck »Symptome« verwendet, um die Beobachtungen und Empfindungen des Patienten bezüglich des eigenen Körpers und seiner Produkte zu beschreiben. »Klinische Zeichen« sind die Befunde des Arztes während der körperlichen Untersuchung.1 In der Pädiatrie wird die Anamnese nicht vom Kind, sondern meist von den Eltern vorgetragen. Ähnlich präsentiert in der Tiermedizin der Besitzer oder Betreuer des Tieres die (Hetero-)Anamnese. Folglich kann man, ohne sich in semantischen Details zu verlieren, im Allgemeinen in der Tierheilkunde folgende Unterscheidung treffen:

1. Symptome sind die Veränderungen, die vom Tierhalter beobachtet werden.

2. Klinische Zeichen sind abweichende Befunde, die der Tierarzt während der körperlichen Untersuchung feststellt.

3.1.2Maßskalen

Bei der körperlichen Untersuchung spielt die Beobachtung eine tragende Rolle. Sie hat in vielen Fällen auch quantitativen Charakter und kann daher in Maßeinheiten ausgedrückt werden. In der Regel beinhaltet die Messung den Vergleich mit einer Menge derselben Art (Standard). Bei der Längenmessung bedienen wir uns einer Intervallskala,2 die auf einer Standardlänge basiert und bei der die Breite der Intervalle (Kalibrierung) die maximale Messgenauigkeit vorgibt. Bei der Gewichtsbestimmung vergleichen wir mit einem Standardgewicht.

Allerdings ist eine Intervallskala bei der körperlichen Untersuchung nicht immer zur Erhebung quantitativer Daten geeignet. Beispielsweise kann ein Knoten oder eine Umfangsvermehrung anhand der Größe und Beschaffenheit beschrieben werden. Die Größe kann durch sorgfältige Messung in drei Richtungen (je nach Zugänglichkeit) metrisch angegeben werden. Die Beschaffenheit kann mit bekannten Gegenständen oder Materialien verglichen werden, z. B. »wie Knetgummi«. Eine solche Beschreibung ist nicht quantitativ. Wir können sie aber mithilfe einer Ordinalskala in eine semiquantitative Rangfolge bringen.2 Eine Rangfolge für Beschaffenheiten könnte folgendermaßen aussehen: Die Beschaffenheit erinnert an (1) Wasser in einem Plastikbeutel, (2) Knetgummi, (3) Weichgummi, (4) Hartgummi oder (5) Stein.

Dieses Beispiel demonstriert auch das Problem von Ordinalskalen: die Exaktheit der Abgrenzung von Gruppen. Solche Skalen sind bisher in der Human- und Tiermedizin wenig verbreitet. In diesem Buch werden sie verwendet, wo sie angebracht erscheinen; z. B. werden in Kapitel 17.3.2 die Lahmheiten anhand einer Ordinalskala klassifiziert.

Wir fassen zusammen, dass sich Befunde in drei Maßskalen beschreiben und bewerten lassen: der Nominalskala, der Ordinalskala und der Intervallskala. Mithilfe einer Ordinalskala können nominale Beobachtungen in eine Rangfolge gebracht werden, indem ihnen eine Punktzahl zugeschrieben wird (z. B. eine Beschaffenheit von 4). Wenn die Abstände zwischen den Punktzahlen gleich sind, erhält man eine Intervallskala.

Die Messung von Symptomen und klinischen Zeichen bezeichnet man als Klinimetrie.3 Diese Methode vereinfacht die Dokumentation des Krankheitsverlaufs und Behandlungserfolges. Auch bei der Überweisung von Patienten wird die weiterführende Diagnostik und Behandlung für den nachfolgenden Arzt durch möglichst quantitative Aufzeichnungen erleichtert.

3.1.3Messfehler

Mehr noch als bei anderen Säulen der klinischen Untersuchung, z. B. der Labordiagnostik, ist die Messgenauigkeit bei der körperlichen Untersuchung beschränkt. Es gibt (1) zufällige und (2) systematische Messfehler. Ein Beispiel: Bei einer stationär aufgenommenen Katze beträgt die Körpertemperatur an sechs aufeinanderfolgenden Tagen zwischen 37,6°C und 37,8°C. Am siebten Tag wird die Temperatur von einem anderen Untersucher gemessen, der das Thermometer korrekt benutzt (weit genug einführt), und die Temperatur beträgt 38,2°C. Die Messreihe hatte also eine recht kleine Streuung und damit ziemlich große Präzision (= hohe Reproduzierbarkeit), aber einen systematischen Fehler, sodass die Ergebnisse auf einer Intervallskala eine geringe Genauigkeit aufweisen.

Dieselben Grundsätze gelten für Beobachtungen auf einer Nominalskala. Beispielsweise können mehrere unabhängige Untersucher einen Perkussionsklang als gedämpft bewerten. Dies ist eine präzise Beobachtung mit vollständiger Urteiler-Übereinstimmung (Interrater-Reliabilität). Wäre der eigentliche Perkussionsklang jedoch hohl gewesen, wäre ihre präzise Bewertung falsch. Es ist offensichtlich, dass eine falsche Zuordnung auf einer Ordinal- oder Nominalskala in der Regel ein schwerer Fehler ist.

Die Urteiler-Übereinstimmung spielt im klinischen Alltag eine große Rolle. Dies zeigt auch eine Studie, in der sechs Tierärzte die Herzen von 57 Hunden einer Rasse mit einer hohen Prävalenz an Klappendefekten auskultierten. Das Vorliegen des Klappendefekts war ultrasonographisch und phonokardiographisch bestätigt. Der Anteil von defekten Klappen mit Herzgeräusch, der von den Tierärzten entdeckt wurde, lag zwischen 63 und 88%. Hierbei erzielten die erfahrensten Untersucher die besten Ergebnisse.4

3.1.4Prävalenz und Inzidenz

3.1.5Sensitivität, Spezifität und Vorhersagewert

Von den 200 zuvor genannten Hunden mit chronischem Erbrechen lag in 40 Fällen sporadisches Erbrechen von Blut vor. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf ein Magenkarzinom. Zur Veranschaulichung der Situation eignet sich das Venn-Diagramm (Abb. 3.1). In diesem Diagramm steht U für das Universum, hier die Gesamtpopulation von Hunden mit chronischem Erbrechen. Die Patientengruppe mit der Erkrankung (Magenkarzinom) ist mit D gekennzeichnet. Die Gruppe mit dem nosographischen (= krankheitsbeschreibenden) Merkmal »Erbrechen von Blut« ist mit C gekennzeichnet. Nun können wir schauen, welche Aussage über D wir mithilfe von C treffen können.

Das Diagramm umfasst vier Untergruppen:

1. C ∩ D: Die Tiere, die Blut erbrechen und an einem Magenkarzinom leiden. Hier ergibt die Frage im Vorbericht nach dem Erbrechen von Blut ein »richtig positives« Ergebnis.

2. C ∩ D̅: Tiere mit »positivem Vorbericht«, aber ohne Magenkarzinom. Diese sind »falsch positiv«.

3. C̅ ∩ D: Tiere, die kein Blut erbrechen, aber dennoch an einem Magenkarzinom leiden. Sie sind »falsch negativ«.

4. C ∩ D̅: Tiere, die weder Blut erbrechen noch ein Magenkarzinom haben. Hier führt der Vorbericht zu einem »richtig negativen« Ergebnis.

Aus diesen Mengen und Teilmengen lassen sich mehrere bedingte und unbedingte Wahrscheinlichkeiten errechnen (siehe auch Tab. 3.1). Die unbedingte Wahrscheinlichkeit P(D) ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein erbrechender Hund ein Magenkarzinom aufweist. P(C) ist die unbedingte Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiger Hund Blut erbrechen wird. Allerdings bestand ja bei der Selektion die Bedingung »Hund erbricht«. P(D) und P(C) sind nur im gewählten »Universum« (Erbrechen) unbedingt. In großen epidemiologischen Studien nähert man sich den wirklich unbedingten Wahrscheinlichkeiten stärker an, wird sie aber niemals ganz erreichen.

Eine bedingte Wahrscheinlichkeit ist eine Wahrscheinlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen. Wenn z. B. die Voraussetzung »Bluterbrechen« erfüllt ist, welche Möglichkeiten bestehen dann? Hier wird auch nach diagnostischen und nosologischen Wahrscheinlichkeiten unterschieden.

Die nosologische Wahrscheinlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient Blut erbricht, unter der Voraussetzung, dass er ein Magenkarzinom hat bzw. nicht hat. Sie wird ausgedrückt als P(C/D). Die nosologische (= der Krankheit innewohnende) bedingte Wahrscheinlichkeit lässt sich aus Lehrbuchwissen ableiten; sie beinhaltet im Wesentlichen die Häufigkeit, mit der eine Auffälligkeit bei einer bestimmten Krankheit auftritt. Sie ist wenig relevant, wenn der praktische Tierarzt einer Fragestellung bei einem individuellen Patienten gegenübersteht.

Der Tierarzt ist hier mit einem anderen Problem konfrontiert: Der Patient erbricht Blut und es gilt herauszufinden, ob er an einem Magenkarzinom leidet. Deshalb ist die umgekehrte Wahrscheinlichkeit P(D/C) interessanter: die diagnostische Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient, der Blut erbricht, ein Magenkarzinom hat. Tabelle 3.1 fasst die verschiedenen bedingten und unbedingten Wahrscheinlichkeiten aus diesem Fallbeispiel unter Berücksichtigung der aktuellsten Terminologie zusammen.

Tab. 3.1

Bei sorgfältiger Betrachtung dieser Tabelle zusammen mit dem Venn-Diagramm wird vieles deutlich. Man erhält Einblick in zwei Eigenschaften eines Merkmals (einer Abweichung), nämlich in die Sensitivität und die Spezifität.1,5 Die Sensitivität P(C/D) gibt an, welcher Prozentsatz von Patienten, die an der Krankheit leiden, mithilfe einer bestimmten Diagnostik entdeckt werden. Die Spezifität P( C̅/D̅) gibt an, welcher Prozentsatz von Patienten, die die Krankheit nicht haben, auch wirklich negativ diagnostiziert wird. In obigem Zahlenbeispiel sind Sensitivität (0,83) und Spezifität (0,91) akzeptabel.

Der Vorhersagewert des Merkmals »Erbrechen von Blut« ist allerdings mittelmäßig (0,63), wohingegen der Vorhersagewert des Merkmals »kein Bluterbrechen« sehr hoch liegt (0,97). Daraus folgt, dass bei der Aufnahme des Vorberichts die Frage nach Bluterbrechen wertvolle Informationen zum Ausschluss eines Magenkarzinoms liefert, jedoch sehr viel weniger zur Diagnose eines Magenkarzinoms.

In der einschlägigen Literatur wird vielfach nur der nosologische Ansatz diskutiert, der – wie bereits erwähnt – nur von begrenztem klinischem Nutzen ist. Auch sind die Begriffe »falsch positiv« und »falsch negativ« doppelt belegt. Im Fallbeispiel liefert das Merkmal »Bluterbrechen« innerhalb der Patientengruppe ohne Magenkarzinom für den nosologischen Ansatz 9% falsch positive Daten, für den diagnostischen Ansatz hingegen 37%. In beiden Fällen spricht man von »falsch positiv«, was sehr missverständlich ist.

In diesem Anschauungsbeispiel wurde zunächst entschieden, welche nosographische Eigenschaft (»Erbrechen«) der Stichprobe betrachtet werden sollte. Dann wurde überlegt, welchen Vorhersagewert ein bestimmtes Merkmal (»Erbrechen von Blut«) für das Vorliegen eines Magenkarzinoms hat. In diesem Fall wurde zugunsten eines Merkmals aus der Anamnese entschieden; ebenso wäre natürlich ein Test wie die Untersuchung von Erbrochenem auf Hämoglobin oder sogar der Hämatokrit im peripheren Blut infrage gekommen.

In der oben dargestellten direkten Methode zur Ermittlung des Vorhersagewertes eines bestimmten Symptoms oder diagnostischen Tests hängt das Ergebnis von der Indikation und damit von der Zusammensetzung der Stichprobe ab. Wenn die Stichprobe z. B. anstelle der Patienten, bei denen chronisches Erbrechen das iatrotrope Problem darstellt, alle Patienten mit Vorbericht Erbrechen enthielte, würden mit ziemlicher Sicherheit andere Vorhersagewerte resultieren. Bei der direkten Methode kann also immer die relevanteste Patientenstichprobe ausgewählt werden.

Diese nosologischen Ergebnisse ermöglichen dem Tierarzt eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines positiven oder negativen Testergebnisses bei einem individuellen Patienten, der eine bestimmte Krankheit tatsächlich hat. Sie sind in der Praxis relativ irrelevant, da bei der Konfrontation mit einem Patienten genau das Gegenteil gefragt ist: die diagnostischen Wahrscheinlichkeiten P(D/C) und P(D̅/C̅). Der praktische Tierarzt kennt aus Lehrbüchern die nosologischen Wahrscheinlichkeiten und dreht sie im Alltag zu diagnostischen Wahrscheinlichkeiten um. Diese (oft unbewusste) Umkehr gehört zur »klinischen Erfahrung«. Sie kann auch exakter vorgenommen werden, nämlich mithilfe des Bayes-Theorem.* In seiner einfachsten Form und auf die vorliegenden Daten bezogen kann man es so darstellen:

d.h., eine bedingte Wahrscheinlichkeit lässt sich aus der umgekehrten bedingten Wahrscheinlichkeit und den beiden unbedingten Wahrscheinlichkeiten errechnen. Man kann nun umformen:

sodass der Vorhersagewert eines Tests errechnet werden kann, wenn seine Sensitivität und Spezifität sowie die Verbreitung der betreffenden Krankheit in der Population bekannt sind. Wie schon bei der direkten Methode hängt der Vorhersagewert auch hier stark von der Zusammensetzung der Stichprobe und damit von der Prävalenz P(D) der Erkrankung ab. Tabelle 3.2 veranschaulicht dies anhand einer fingierten Untersuchung über den Nutzen des peripheren Pulses zur Aufdeckung von (durch EKG bestätigten) Herzarrhythmien.

Diese Beispiele zeigen, dass die nosologischen Wahrscheinlichkeiten wenig nützen, wenn die unbedingte Wahrscheinlichkeit P(D), dass der Patient die Krankheit hat, unbekannt ist. Deutlich wird ferner, dass der Vorhersagewert eines diagnostischen Tests in einer großen Klinik mit vielen Patienten derselben Kategorie höher sein kann als in einer kleinen Praxis, in der diese Patientengruppe seltener auftritt. In Letzterer empfiehlt sich ein solcher Test eher zum Ausschluss dieser Krankheit.

Tab. 3.2

Tab. 3.3

Ein weiterer Einwand gegen die indirekte nosologische Methode bezieht sich auf die Zusammensetzung der Gruppen. Die Patientengruppe enthält manchmal besonders eindeutige Fälle, in denen ein positives Testergebnis früher auftritt als in weniger schweren Fällen. Eine Kontrollgruppe kann ebenso unrealistisch ausfallen, wenn sie nur gesunde Tiere enthält. Bedenken bestehen auch bei der Anwendung besonders invasiver diagnostischer Verfahren (z. B. Nierenbiopsie) an gesunden Tieren. Eine Kontrollgruppe erübrigt sich hingegen bei der direkten diagnostischen Methode, bei welcher der diagnostische Test aufgrund einer spezifischen Indikation durchgeführt wird. Dennoch muss gelegentlich auf den nosologischen Ansatz zurückgegriffen werden, insbesondere bei ersten Untersuchungen in einem neuen Gebiet. Bei sehr seltenen Krankheiten ist der Einsatz der direkten Methode manchmal nicht möglich.

Das zuvor Gesagte soll auch dazu anregen, sich mit Publikationen in veterinär- und humanmedizinischen Fachjournalen kritisch auseinanderzusetzen, in denen insbesondere bei der Erstbeschreibung neuer Methoden nur nosologische Wahrscheinlichkeiten angegeben werden. Diese können auf die beschriebene Weise in diagnostische Wahrscheinlichkeiten umgedreht werden und wie erläutert ist die direkte Methode zur Ermittlung des Vorhersagewertes eines diagnostischen Verfahrens meist zu bevorzugen. Zwar erscheint die Berechnung etwas kompliziert und die Informationen, die zur Berechnung dieser objektiven Wahrscheinlichkeiten gebraucht werden, sind oft (noch) nicht verfügbar. Doch das ist nicht das Entscheidende. Wichtiger ist, dass der Kliniker Einblick in das Zustandekommen mancher Ergebnisse gewinnt. So muss jedem klar sein, dass in einem Umfeld, in dem viele Patienten eine bestimmte Krankheit nicht haben, mit einer relativ großen Zahl von falsch Positiven zu rechnen ist. Wenn andererseits ein Großteil der Patienten die Krankheit hat, dann ist ein negatives Testergebnis weniger verlässlich und die Zahl der falsch Negativen steigt. Folglich hängen Test und Rahmenbedingungen voneinander ab. Im letztgenannten Fall (einer Universitätsklinik) ist ein Test mit einer hohen Sensitivität angemessen. In erstgenanntem Fall (einer kleinen Praxis) herrscht mehr Bedarf an einem schnellen Screening-Test mit hoher Spezifität zum Ausschluss einer Krankheit.

Bisher wurde hier nur das diagnostische Gewicht eines einzelnen nosographischen Merkmals betrachtet, doch ist dies eine allzu vereinfachte Darstellung des klinischen Entscheidungsprozesses. Fast immer fallen Entscheidungen aufgrund einer Vielzahl von nosographischen Merkmalen, wobei das Bayes-Theorem unbewusst auf subjektive Weise zur Entscheidungsfindung eingesetzt wird. Später können dann weitere Informationen dazukommen (z. B. Röntgenbilder, Biopsieergebnisse), die ebenfalls Unschärfen aufweisen und mit den bisherigen Befunden in Übereinstimmung gebracht werden müssen. Auch hier kann die Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Einsatz kommen.8–11 So denkt der Tierarzt bei einem Patienten mit einer Umfangsvermehrung an eine Entzündung, einen gutartigen oder einen bösartigen Tumor. Das Alter und Geschlecht des Patienten sowie Eigenschaften der Umfangsvermehrung könnten den Tierarzt veranlassen, die Wahrscheinlichkeiten für diese drei Diagnosen mit 0,65, 0,30 und 0,05 anzugeben. Hiermit leistet der Tierarzt eine integrierte Schätzung für drei komplexe diagnostische Wahrscheinlichkeiten [= P(D/C)]. Der Pathologe arbeitet bei der Beurteilung einer Biopsie anders. Er nutzt das Archiv oder sein eigenes Gedächtnis, um zu bewerten, wie ähnlich das histologische Bild demjenigen der drei erwähnten Differenzialdiagnosen ist [= P(C/D)]. Dann kann die Anfangswahrscheinlichkeit (A-priori-Wahrscheinlichkeit oder Meinung) des Praktikers mit der nosologischen Wahrscheinlichkeit des Pathologen multipliziert werden (Tab. 3.4). Damit wird die ursprüngliche Meinung durch den Beitrag des Pathologen gewichtet und das Ergebnis sind statistische Wahrscheinlichkeiten (A-posteriori-Wahrscheinlichkeiten). Das Überraschende daran ist, wie das Beispiel zeigt, dass am Ende oft ein Ergebnis steht, mit dem niemand gerechnet hat. Dieser Ansatz kann im diagnostischen Prozess außerordentlich nützlich sein.

Tab 3.4

3.2Diagnostischer Prozess

Der diagnostische Prozess ruht auf drei Säulen:1

1.Mustererkennung, bei der der Tierarzt mithilfe von Lehrbuchwissen das klinische Bild einer bekannten Krankheit erkennt. So kann z. B. die Hundestaupe aufgrund des Zusammentreffens einiger charakteristischer Symptome erkannt werden.

2.Kausale Annäherung, deren Kern das logische Denken und pathophysiologische Kenntnisse bilden. Die Ursache eines Ödems kann z. B. anhand der Pathophysiologie dieses Phänomens analysiert werden.

3.Wahrscheinlichkeitsdiagnose, wobei sich die Diagnose auf die Abschätzung von Wahrscheinlichkeiten stützt. Diese »Bayes-Diagnose« wurde oben beschrieben.

Oft wird die Diagnose mittels Interaktion dieser drei Komponenten gestellt, wobei die folgende Reihenfolge12 eingehalten wird (siehe auch Kap. 2):

Zusammenstellung der Befunde, diese führt zur

Formulierung des Problems.

Auflistung der infrage kommenden Ursachen (soweit pathophysiologisch möglich).

Zusammenstreichen dieser Liste, wobei vor dem Hintergrund der klinischen Manifestation des Problems die Wahrscheinlichkeit P(D/C) jeder Ursache betrachtet wird. Die Ursachen mit sehr geringen Wahrscheinlichkeiten werden von den weiteren Überlegungen ganz ausgeschlossen oder zeitweise zurückgestellt.

Aufstellen eines Untersuchungsplans zur Abklärung der verbliebenen Differenzialdiagnosen. Dieser diagnostische Plan beruht auf den pathophysiologischen Möglichkeiten; allerdings spielen bei seiner Ausarbeitung auch andere Faktoren wie z. B. die technischen Möglichkeiten der Praxis und finanzielle Erwägungen eine Rolle.

Beantwortung der Frage, ob sich alle klinischen Zeichen des Patienten mit der abschließenden Diagnose erklären lassen. Falls nein, erneute Problemformulierung und Wiederholung des Prozesses.

Dies ist im Wesentlichen die in Kapitel 1 beschriebene Methodik zur Problemlösung. Auf den klinischen Entscheidungsprozess bezogen kann das in Kapitel 1 (Abb. 1.1) dargestellte Schema zu dem in Abb. 3.2 gezeigten Schema erweitert werden. Ein bedeutsamer Unterschied zwischen diesem und dem in Kapitel 1 behandelten Schema ist das gleichzeitige Vorliegen mehrerer Theorien, die das Problem erklären könnten, und ihrer meist parallelen Überprüfung. Doch auch hier wird deduktiv für jede theoretisch mögliche Ursache ein bestimmtes Phänomen vorhergesagt, das dann überprüft wird. Beispielsweise kommen als Ursachen für eine Polyurie theoretisch unter anderem osmotische Diurese durch Niereninsuffizienz oder Diabetes mellitus in Betracht. In diesem Fall lässt sich vorhersagen, dass eine Isosthenurie (spez. Harngewicht von 1,010) oder eine Glukosurie vorhanden ist, und beide Phänomene können überprüft werden.

Abb. 3.2:Schematische Darstellung des klinischen Entscheidungsprozesses.

Ein weiterer Unterschied zu der Situation in Kapitel 1 liegt darin, dass aus den Befunden in der Regel mehrere Probleme abgeleitet werden. Außerdem wird im Anschluss an die Diagnose noch ein Schritt (Rückkehr zum Problem) eingefügt, der zu einer neuen Problemformulierung führen kann.

So ergibt sich ein Bild von der komplizierten Methodik, die der Kliniker zur Problemlösung anwenden muss. Wie erläutert lässt sich die Qualität des diagnostischen Prozesses prinzipiell durch Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung verbessern. Allerdings sind die dazu notwendigen Wahrscheinlichkeiten meist unbekannt. Im Gesamtablauf sind auch oft Zwischenentscheidungen zu treffen. Zusammengenommen erscheint es manchmal, als käme eine Diagnose eher durch einen diffusen Einfall zustande als durch logisches Denken.

Bis vor Kurzem fehlte dem Kliniker auch das sprachliche Rüstzeug, diese Gedankenprozesse auszudrücken, was als »wissenschaftliche Aphasie« bezeichnet wird.13 Chemiker und Physiker drücken ihre Gedankenmuster schon seit Langem in chemischen und mathematischen Formeln aus, wohingegen der Kliniker versucht, die Logik seiner Gedanken mit Worten zu beschreiben. Der Einsatz des Computers hat hier in den letzten Jahren eine Veränderung angestoßen. Weniger durch den Computer selbst als vielmehr durch computerbasierte Aufzeichnungsformate kann der Kliniker inzwischen den gedanklichen Ablauf genauer beschreiben. Hierzu dienen sogenannte Algorithmen, systematische Darstellungen der Abfolge von Schritten und/oder Entscheidungen, die notwendig sind, um ein Problem zu lösen. Zur Veranschaulichung dieses Sachverhaltes zeigt Abb. 3.3 ein Flussdiagramm zum Problem Mammatumor beim Hund. Solche Wegweiser sollen dem Tierarzt beim Aufstellen eines Untersuchungsplanes helfen, nachdem – wie im Ablaufschema erläutert – das Problem formuliert wurde. Nach diesem Ablaufschema und mit einem Untersuchungsplan verläuft die Annäherung an den Patienten stark heuristisch. Dieser heuristische Unterbau soll die Unzulänglichkeiten eines klinisch denkenden Verstandes, die man aus wissenschaftlichen Untersuchungen kennt, ausgleichen. Einige Ergebnisse aus Untersuchungen zur Psychologie klinischer Analysen14 seien hier kurz zusammengefasst:

Abb. 3.3:Algorithmus zum Mammatumor beim Hund.

Im Gegensatz zu dem, was Studenten seit Langem als richtiger Ansatz gelehrt wird, fängt der Kliniker schon in einem sehr frühen Stadium an, Hypothesen zu formulieren.

Die Zahl der gleichzeitig betrachteten Hypothesen ist in der Regel gering (selten mehr als fünf). Innerhalb dieses begrenzten Gedankenhorizontes können immer noch folgende Phänomene auftreten:

• Die Hypothese kann ungenau formuliert sein, um auch widersprüchliche Befunde zu erklären.

• Befunde können ignoriert werden, um nicht neue Hypothesen formulieren zu müssen.

• Befunde, welche die bestehende Hypothese stützen, könnten überproportional gewichtet werden.

Es gibt eine starke Neigung, Beobachtungen, die nicht zur Hypothese passen, einfach im Raum stehen zu lassen, anstatt eine neue Hypothese zu entwickeln. Dies scheint auf dem Bedürfnis des menschlichen Geistes zu beruhen, Schwierigkeiten auf eine Weise zu betrachten, die sie weniger schwierig erscheinen lassen.

Die Fähigkeiten der Kliniker schwanken je nach Beschaffenheit des Problems ziemlich stark. Eine Methode zur Beschreibung der Kompetenzen eines Klinikers sind Fähigkeitsprofile, die problem- und situationsbezogen die individuellen Fähigkeiten darstellen.

Die Fähigkeiten des Klinikers hängen zum Großteil von seinen Kenntnissen und Erfahrungen ab. Zusätzlich zu den Fachkenntnissen muss er vor allem über eine große Bandbreite an Erfahrungen mit ähnlichen Problemen verfügen, um zu entscheiden, welche Symptome und klinischen Zeichen im diagnostischen Prozess relevant sind. Der Stellenwert der Erfahrung bei der Lösung komplexer Probleme wurde schon in den 1960er Jahren in den klassischen Studien von De Groot15 deutlich. Seine Untersuchungen mit Schachspielern zeigten, dass Schachmeister sich von weniger guten Spielern nicht etwa in ihrer Fähigkeit zum vorausschauenden Denken unterschieden, sondern in ihrem Erinnerungsvermögen. Über die Qualität des Schachspiels entscheidet offenbar vor allem das Langzeitgedächtnis für die Anordnung der Figuren auf dem Brett.

Bei schwer kranken Patienten neigen Ärzte dazu, eine zu gute Prognose abzugeben.16 In der Tiermedizin wurde diese innere Haltung nicht untersucht; hier könnte das Ergebnis aufgrund der Möglichkeit zur Euthanasie anders ausfallen.

Der hier skizzierte Weg zur Problemlösung ist kein Allheilmittel für alle klinischen Fragen. Er versteht sich als Richtschnur, die – vor dem Hintergrund des zuvor Diskutierten – folgende Möglichkeiten offeriert:

Das Konzept der körperlichen Untersuchung und der Ablauf der diagnostischen Entscheidungsfindung erlauben eine frühe Formulierung von Hypothesen.

Die Algorithmen (Wegweiser) bieten zahlreiche Alternativen und verringern so die Gefahr einer zu starken gedanklichen Einschränkung.

Ein Kliniker mit weniger ausgeprägten Fähigkeiten hinsichtlich eines bestimmten Problems kann sich auf einen klaren Wegweiser verlassen.

Wir beschließen dieses Kapitel zu Recht mit einigen Anmerkungen über die zuvor angesprochenen Algorithmen. Diese Algorithmen sind meist auf den ersten Blick attraktiv; sie erscheinen als sehr rationaler Lösungsweg für das Problem. Wie bereits im vorausgehenden Kapitel erläutert, stellen sie jedoch im besten Fall das Ergebnis von Konsensgesprächen dar, d.h. Gesprächen zwischen Klinikern, die für das betreffende Gebiet eine Expertise ausweisen können. In den letzten Jahren gab es starke Bestrebungen, diagnostische Entscheidungswege auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung zu stützen. Diese evidenzbasierte Medizin verbindet die besten wissenschaftlichen Daten und klinische Expertise mit den Prioritäten, Sorgen und Erwartungen der Patienten (in der Humanmedizin) und Klienten (in der Tiermedizin).17,18

Literatur

1.Wulff HR: Rational diagnosis and treatment. An introduction to clinical decision-making. 2nd edn. Blackwell Scientific Publications, Oxford, 1981.

2.Stevens SS (1946): On the theory of scales of measurement. Science 103: 677.

3.Feinstein AR (1983): An additional basic science for clinical medicine. IV. The development of clinimetrics. Ann Intern Med 99: 843.

4.Pedersen HD, Haggstrom J, Falk T (1999): Auscultation in mild mitral regurgitation in dogs: observer variation, effect of physical maneuvers, and agreement with color Doppler echocardiography and phonocardiography. Vet Intern Med 13: 56.

5.Galen RS, Bambino SR: Beyond normality: the predictive value and efficiency of medical diagnosis. Wiley, New York, 1975.

6.Bulpitt CJ (1987): Confidence intervals. Lancet 1: 494.

7.Diem K, Lentner C: Wissenschaftliche Tabellen. Documenta Geigy 7. Georg Thieme, Stuttgart, 1975.

8.Diamond GA, Forrester JS (1979): Analysis of probability as an aid in the clinical diagnosis of coronary-artery disease. New Engl J Med 300: 1350.

9.Sackett DL, Haynes RB, Tugwell P: Clinical epidemiology. A basic science for clinical medicine. Little, Brown, Boston/Toronto, 1985.

10.Schwartz WB, Wolfe HJ, Pauker SG (1981): Pathology and probabilities. A new approach to interpreting and reporting biopsies. New Engl J Med 305: 917.

11.Vandenbroucke JT (1980): De regel van Bayes. Hart Bulletin 11: 77.

12.Eddy DM, Clanton CH (1982): The art of diagnosis. Solving the clinicopathological exercise. New Engl J Med 306: 1263.

13.Feinstein AR (1974): An analysis of diagnostic reasoning. III. The construction of clinical algorithms. Yale J Biol Med 47: 5.

14.Elstein AS, Schulman LS, Sprafka SA: Medical problem solving. An analysis of clinical reasoning. Harvard University Press, Cambridge, Massachusetts, 1978.

15.De Groot AD: Perception and memory versus thought. In: Kleinmuntz B (ed.): Problem solving: research, method and theory. Wiley, New York, 1966.

16.Christakis NA, Lamont EB (2000): Extent and determinants of error in doctor’s prognoses in terminally ill patients: prospective cohort study. Br Med J 320: 469.

17.Sackett DL, Straus SE, Richardson W: Evidence-based medicine. 2nd edn. Churchill Linvingstone, Edinburgh, 2000.

18.Cockcroft PD, Holmes MA: Handbook of evidence-based veterinary medicine. Blackwell, Oxford, 2003.

* Thomas Bayes (1702–1761). Presbyterianischer Pfarrer in England. Seine Schriften befassen sich mit Mathematik und Religion.

4 |  Methoden und InstrumenteA. Rijnberk und W. E. van den Brom

Die körperliche Untersuchung beruht auf unseren sensorischen Wahrnehmungen und manchmal wird unsere Wahrnehmung durch Zuhilfenahme von Instrumenten verbessert. Dieses Kapitel vermittelt grundlegende Informationen zu den Methoden, die bei sensorischen Beobachtungen zum Einsatz kommen.

Prinzipiell stehen uns der Geschmacks- und Geruchssinn, das Gehör, der Tastsinn und das Sehen zur Verfügung. Die Zeiten, in denen der Geschmackssinn eine Rolle spielte (süßer Geschmack von diabetischem Urin), liegen weit zurück. Der Geruchssinn spielt keine tragende Rolle bei der körperlichen Untersuchung. Lediglich bei Untersuchungen der Haut oder Maulhöhle kann ein besonderer Geruch bei der Erkennung einer spezifischen Krankheit helfen.

Heutzutage wird die körperliche Untersuchung vor allem mithilfe des Seh-, Tast- und Hörsinnes durchgeführt. Die Nutzung des Sehsinnes nennt man Adspektion, hier werden Form, Farbe und Bewegung erfasst. Mit dem Tastsinn werden Informationen über Form, Konsistenz und Temperatur des Untersuchungsgegenstandes gewonnen. Den Einsatz des Tastsinnes nennt man Palpation. Abgesehen von Geräuschen, die schon auf Distanz vernehmbar sind, wird der Hörsinn hauptsächlich zur Wahrnehmung von Lauten in der Brusthöhle eingesetzt. Diese Auskultation kann stattfinden, indem das Ohr an den Körper des Tieres gepresst wird, sie wird jedoch fast immer mithilfe eines Instruments durchgeführt, das den Schall zum Ohr des Untersuchers überträgt. Instrumente werden zum Teil auch bei der Adspektion und Palpation eingesetzt. Die Körpertemperatur wird nicht palpatorisch, sondern mittels eines Fieberthermometers ermittelt. Manchmal werden Reaktionen ausgelöst, die eine visuelle oder auditive Beurteilung erfordern, wie z. B. beim Patellarreflex oder dem Klopfen auf eine Körperhöhle (Perkussion).

Im Folgenden werden die Methoden und die dabei eingesetzten Instrumente und anderen Hilfsmittel beschrieben.

4.1Methoden

4.1.1Adspektion

Die Adspektion kann allgemein oder lokal sein. Die allgemeine Adspektion ist eine visuelle Betrachtung des gesamten Tieres oder großer Teile desselben (siehe Kap. 7). Sie muss immer bei guten Lichtverhältnissen durchgeführt werden.