Die Sache mit den Katzen - Hansjörg Martin - E-Book

Die Sache mit den Katzen E-Book

Hansjörg Martin

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Beschreibung

Wo sind Blacky und Gullebanz? Zwei Tage vermissen Hanna und Kerstin ihre Katzen schon. Weder im Tierheim noch im nahen Wald, wo manchmal Katzen wildern, sind die Ausreißer zu finden. Aber sind die beiden Katzen wirklich Ausreißer? Hanna und ihre Freunde haben einen Verdacht. Hat da vielleicht jemand die Hände im Spiel, der Hunde und Katzen verkauft an Leute, die Tierversuche machen? Hanna, Kerstin und die anderen sind auf der richtigen Spur – aber sie müssen ihren Verdacht auch beweisen …

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Hansjörg Martin

Die Sache mit den Katzen

Ein Krimi, weil es um ein Verbrechen geht, das manche Leute nicht für ein Verbrechen halten

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Wo sind Blacky und Gullebanz? Zwei Tage vermissen Hanna und Kerstin ihre Katzen schon. Weder im Tierheim noch im nahen Wald, wo manchmal Katzen wildern, sind die Ausreißer zu finden. Aber sind die beiden Katzen wirklich Ausreißer?

Hanna und ihre Freunde haben einen Verdacht. Hat da vielleicht jemand die Hände im Spiel, der Hunde und Katzen verkauft an Leute, die Tierversuche machen? Hanna, Kerstin und die anderen sind auf der richtigen Spur – aber sie müssen ihren Verdacht auch beweisen …

Über Hansjörg Martin

Hansjörg Martin (1920–1999) war ursprünglich Maler und Graphiker. Nach dem Krieg arbeitete er als Clown, war Bühnenbildner und Dramaturg, dann freier Schriftsteller. Er schrieb Kriminalromane und Kinder- und Jugendbücher.

Inhaltsübersicht

«Wer gegen Tiere ...1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel

«Wer gegen Tiere grausam ist,

kann kein guter Mensch sein.»

 

Schopenhauer

1

Die aufregende und unheimliche, ja, richtig schlimme Sache mit den Katzen fing am letzten Freitag im April an.

Es war ein schöner Frühlingstag mit Sonne und blauem Himmel, vor dem die über und über blühenden Forsythienbüsche wie gelbe Flammen leuchteten und die Weiden, Birken und Kastanien ihre noch durchsichtigen, hellgrünen Blätterkleider im sanften Wind wehen ließen … Kurzum, es war ‹ein Wetter zum Eierlegen›, wie der alte Waldhüter Oskar Hampel zu sagen pflegte, der immer und zu jedem Anlaß so komische Sprüche drauf hatte.

An List und Tücke, Betrug und Bedrohung, Tränen, Trübsinn, Tierquälerei oder gar Totschlag dachte jedenfalls bei soviel Himmelblau und Blütenbunt an diesem Frühjahrsfreitagnachmittag kaum jemand … Und die vier Kinder, die nachmittags vor dem Holzhaus am Rande der Weide saßen, dachten auch nichts Böses.

Im Gegenteil: Sie waren atemlos vor Albernheit und konnten sich nicht wieder fassen vor Gekicher, Gegacker und Gequietsche.

Das lag vor allem an Ulf oder vielmehr an dem Buch, das er mitgebracht hatte.

«Hör auf», kreischte Claudia. «Das hält ja keiner aus, Mann! Siebenundsiebzig Würstchen hintereinanderweg!»

«Aber es steht hier!» sagte Ulf. «Schwarz auf weiß! Und der Engländer George Barham hat am 21. November 1962 den Weltrekord im Eieressen aufgestellt. Rohe Eier. Er hat in 108 Sekunden – also in weniger als zwei Minuten – achtundvierzig rohe Eier …»

«Igitt!» rief Kerstin, schüttelte sich und verzog das Gesicht. «Ich könnte nicht eins runterkriegen!»

«Der muß ja den ganzen Bauch voll glibberigem Schleim gehabt haben», sagte Hanna. «Wehe, wenn er da hätte husten müssen!»

«Oder pupsen!» rief Claudia und schwankte zwischen Vergnügen und Ekel.

«Das ist alles noch gar nix», sagte Ulf. «In Australien hat einer den Weltrekord im Austernessen mit 480 Austern in einer Stunde geschafft!»

«Pfui Spinne!» entsetzte sich Hanna. «Austern sind noch viel glibberiger als Eier, glaube ich.»

«Hast du schon mal eine Auster gegessen?» fragte Kerstin.

«Nee», sagte Hanna, «aber ich habe zugeguckt. Als mein Onkel Hermann fünfzigsten Geburtstag hatte, da gab es ein kaltes Büfett oder wie das heißt. Lauter verrückte Sachen: Wachteleier und Gänseleberpastete und Kaviarbrötchen und Froschschenkel und lauter solches Zeug. Die Erwachsenen waren ganz wild danach und haben immer «Oh» und «Ah» gerufen und gemampft wie die Beknackten. Ich hab ’n paar so winzige Würstchen gegessen, nicht länger als mein kleiner Finger. Das war auch irgendwas Besonderes, haben sie gesagt. Ich weiß nicht mehr was. Die haben wie ganz normale Würstchen geschmeckt … na ja. Und so ein Kaviarbrötchen hab ich gekostet. Schmeckte bloß salzig und knirschte so komisch zwischen den Zähnen. Wenn’s möglich gewesen wäre, hätte ich es am liebsten irgendwohin ausgespuckt … Aber das ging nicht. Also hab ich’s mühsam runtergeschluckt. Doch dann hat’s mir den restlichen Appetit verschlagen, als mein Onkel gesagt hat, ich soll mal ’ne Auster schlürfen.»

«Schlürfen?» fragte Claudia.

«Ja, die werden geschlürft», erwiderte Hanna, machte ein Gesicht, als hätte sie eine Warzenkröte in der Hand, und fuhr fort:

«Er hat eine von der silbernen Platte genommen, wo die auf Eisstückchen lagen, und hat sie mit so einem Extramesser aufgemacht und mir zeigen wollen, wie man das anstellt. Dazu hat er ’ne Zitronenscheibe genommen und ein paar Tropfen auf den glasigen graugrünen Qualster gedrückt – und da hat das Zeugs gezuckt und –»

«Gezuckt? Wie denn gezuckt?» fragte Kerstin mit entsetzt aufgerissenen Augen. «Lebt das denn?»

«Ja, es lebt», sagte Hanna. «Je mehr es zuckt, desto frischer ist so eine Auster!»

«Ich werde wahnsinnig», flüsterte Kerstin. «Und das essen die Leute? So was, das zuckt?»

«Es soll eine, eine Deli … eine Delikatesse sein!» warf Ulf ein.

«Hast du auch so ein Zuckdings geschlürft?» wollte Claudia wissen.

«Nee», sagte Hanna, «nicht für hundert Mark hätte ich das runtergekriegt!»

«Ooch … hundert Mark …» meinte Ulf nachdenklich.

«Ich hab für jeden Löffel Lebertran, den ich geschluckt habe, fünf Pfennig gekriegt!»

«Aber der hat ja nicht gezuckt», sagte Kerstin.

«Wenn ich mir vorstelle, daß einer 480 solche lebendigen Dinger vertilgt …» sagte Hanna.

«Das hat der ja nicht gemacht, weil sie ihm geschmeckt haben», sagte Claudia, «sondern weil er einen Rekord brechen wollte.»

«Sicher hat er nach dem Rekordbrechen selber brechen müssen», spann Kerstin den Faden weiter. «Den ganzen glibberigen Klumpen wieder rückwärts raus … Puh!»

«Aber da hat nichts mehr gezuckt, glaub ich!» grinste Claudia.

«Jetzt reicht’s», sagte Hanna. «Könnten wir nicht von was anderem reden?»

 

In diesem Augenblick stieg nur sechshundertfünfzig Meter entfernt ein untersetzter Mann von einem klapprigen Motorrad, an dem ein ebenso klappriger Anhänger hing. Der Mann hatte das Fahrzeug an der großen Buchenhecke geparkt, die das Grundstück umgab, auf dem Dr. Eduard Korbels Haus unter einer mächtigen Kastanie stand. Dr. Korbel besaß die Apotheke neben dem Rathaus. Außerdem besaß er ein phantastisches altes Auto, das aber funkelnagelneu aussah, so geputzt und gewienert war es immer. Und weiter gehörten dem Apotheker sechzehn Apfelbäume und ein schneeweißer Kater namens Minnewitt. Herr und Frau Korbel liebten den Kater sehr.

Der Mann nahm von seinem Motorradanhänger einen derben, großen Leinensack. Er faltete ihn zusammen und rollte ihn so fest, daß er fast wie ein Holzscheit aussah. Dann steckte er eine faustgroße runde Blechschachtel in die Tasche seiner schäbigen Lederjacke und zog eine Plane über den Anhänger, so daß man nicht sehen konnte, was da noch lag. Er klemmte den gerollten Sack unter den Arm und schlenderte gemächlich an Korbels hoher Hecke entlang davon. Langsam lief er den Fasanenweg hinauf bis zur Birkenstraße und von da aus den Hasensteg hinüber zur Waldstraße.

Es war sehr still an diesem Freitagnachmittag in dem Stadtteil mit den hübschen Straßennamen, die fast alle nicht mehr der Wirklichkeit entsprachen, denn es gab hier schon seit vielen Jahren keine Rebhühner oder Fasanen mehr … von Hasen ganz zu schweigen. Der Wald bestand nur noch aus fünfundzwanzig räudigen Kiefern und dreizehn mickrigen Eichen am Rande der Siedlung, aber ein paar Birken wuchsen immerhin an der Birkenstraße …

Der untersetzte Lederjackenmann blieb jetzt neben den Birken stehen. Er zündete sich eine Zigarette an und sah sich um. Er wartete rauchend im Schatten der Bäume. Nichts geschah – und dennoch war das alles ziemlich unheimlich: Die stille Straße, der fast bewegungslos wartende Mann, das ferne Bellen eines Hundes …

Plötzlich – der Mann hatte gerade seinen Zigarettenrest weggeworfen und ausgetreten – fuhr er wie elektrisiert zusammen und blickte gebannt nach links, wo hinter einem der niedrigen Jägerzäune eine Katze entlangschlich. Es war eine grauschwarz getigerte Katze mit einem weißen Fleck unter der Kehle. Sie kam näher, ohne den Mann zu beachten.

«Miezmiezmiez!» rief der Mann halblaut, schnalzte lockend mit der Zunge, sah sich noch mal nach allen Seiten um und kauerte sich an den Zaun. Die Katze blieb stehen und schaute den Mann aus großen grünen Augen an.

Der Mann griff in die Tasche, holte die runde Blechdose hervor, öffnete sie, nahm eine kleine Fleischkugel heraus und rollte sie zu der Katze hin, die sich etwa fünf Meter entfernt gesetzt hatte und nun schnuppernd die Nase hob.

«Na, komm», sagte der Mann leise. «Komm schon her, mein Miezekätzchen, komm! Kriegst was Feines zu fressen, komm!»

Die Katze erhob sich tatsächlich, kroch durch den Zaun und ging vorsichtig auf die Fleischkugel zu.

Da knarrte hinter dem Mann eine Gartenpforte, und eine Frauenstimme rief:

«Kitty! – Kiiitty!»

Die Katze horchte. Der Mann richtete sich mit ärgerlichem Gesicht auf. Die Katze sprang auf das Fleischstück zu, packte es mit den Zähnen und witschte damit weg, zurück durch den Zaun, in den Garten. Weg war sie.

«Scheiße!» knurrte der Mann.

Eine dicke Frau trat durch die Gartenpforte auf die stille Straße. Als sie den Mann bemerkte, rief sie:

«Haben Sie wohl eben meine Katze gesehen? Eine grauschwarz getigerte. Sie ist gerade zur Haustür rausgehuscht … und sie soll nicht auf die Straße!»

«Eine Katze …? Nein!» sagte der Mann und wandte sich zum Gehen.

«Kitty!» rief die Frau noch mal – mit ganz langem i:

«Kiiiitty!»

Der Mann bog nach rechts in die Waldstraße ein, die in weitem Bogen, von hübschen Häusern gesäumt, zur Stadt führte. Er ging jetzt wieder sehr langsam und guckte sich suchend um.

 

Hanna, Kerstin, Claudia und Ulf waren noch immer beim Thema Rekorde.

«Möchtet ihr einen Weltrekord aufstellen?» fragte Hanna.

«Das kommt darauf an, was für einen» sagte Kerstin.

«Im Schuleschwänzen», schlug Claudia vor.

«Im Geldausgeben», meinte Ulf.

Sie fingen alle vier an, sich die verdrehtesten Weltrekorde auszudenken. Ihre Phantasie war erstaunlich. Das ging vom Weltrekord im Nasebohren über den Weltrekord im Männchenmalen bis zum Weltrekord im Katzenstreicheln.

«Hanna Lohwasser, 14, Deutschland», verkündete Ulf, «hat den Weltrekord im Katzenstreicheln übertroffen, indem sie ohne Unterbrechung 21 Tage, 9 Stunden und 24 Minuten ihre Katze streichelte!»

«Das hält keiner durch», sagte Kerstin lachend.

«Vor allem keine Katze!» meinte Claudia.

«Wo steckt eigentlich dein Mini-Tiger Gullebanz?» fragte Ulf. «Ich hab ihn ja vorhin gar nicht gesehen.»

«Ich weiß nicht», gab Hanna zurück. «Ich hab ihn auch seit gestern früh nicht gesehen.»

«Seit gestern früh?» fragte Kerstin.

«Das ist aber lange!» meinte Claudia.

«Hoffentlich ist er nicht überfahren worden!» sagte Ulf.

«Machst du dir keine Sorgen?»

«Du bist vielleicht ein Blödmann, Ulf!» schimpfte Claudia. «Gleich so was … überfahren! Kater streunen manchmal. Der kommt schon wieder!»

«Unser Blacky ist voriges Jahr mal vier Tage weggewesen», erzählte Kerstin. «Auch im Frühjahr. Dann kam er irre hungrig, struppig und dreckig wieder. Mein Vater hat gesagt, er wäre wohl auf Brautschau gewesen.»

«Brautschau …?» fragte Claudia.

«Na ja – verknallt oder so», erwiderte Kerstin kichernd.

«Aber das geht bei Gullebanz nicht», sagte Hanna. «Der ist kastriert.»

«Was ist denn ‹kastriert›?» wollte Ulf wissen.

«Das macht der Tierarzt», erklärte Hanna. «Es ist eine Operation. Nicht schlimm. Dann kriegen die keine Jungen mehr.»

«Kater kriegen sowieso keine Jungen», sagte Claudia.

«Du meinst, dann können sie keine mehr zeugen!»

«Genau», sagte Hanna. «Und deshalb glaube ich nicht, daß unser Gullebanz noch verknallt sein kann.»

«Aber Blacky ist auch kastriert», berichtete Kerstin. «Schon vor drei Jahren. Doch wenn irgendwo eine rollige Katze auftaucht, ist er gleich ganz verdreht und raunzt herum und frißt kaum noch.»

«Was ist denn nun schon wieder ’ne ‹rollige› Katze?» fragte Ulf kopfschüttelnd. «Ihr habt aber auch komische Ausdrücke!»

Kerstin lachte: «Eine Katze ist rollig, wenn sie gerne zum Kater will, also wenn sie verliebt ist. Du weißt aber auch gar nichts, Ulf!»

«Er ist ja auch erst zwölf», sagte Claudia.

Das hatte sie nicht spöttisch gemeint, aber Ulf ging hoch:

«Gib bloß nicht so an, mit deinen lächerlichen vierzehn!» motzte er Claudia an.