Die Schafzüchterin - Raymonde Graber - E-Book

Die Schafzüchterin E-Book

Raymonde Graber

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Beschreibung

Das Leben einer Schafzüchterin ist nicht immer einfach, noch weniger, wenn ein alkoholsüchtiger Ehemann einem den Alltag zur Hölle macht. „Ich halte das nicht mehr aus, jeden Tag das gleiche Drama, jeden Tag dieser Gestank, denkst du wenigstens einen Moment an unser Kind?“, schrie Maura. Franz schaute sie hasserfüllt an. „Du kannst ja verschwinden, nimm den Schreihals gleich mit.“ Maura entscheidet sich für einen anderen Weg und bringt damit nicht nur sich sondern auch den Hof und ihre Existenz in große Gefahr. Ein todbringendes Abenteuer beginnt …

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Ich

Über die Autorin Raymonde Graber:

Danksagung

Impressum

Edition Paashaas Verlag

Autorin: Raymonde Graber-SchiltzOriginalausgabe April 2016 Cover-Motiv: privat / pixabayCover designed by Michael Frädrich Lektorat: Manuela Klumpjan © Copyright Edition Paashaas Verlag www.verlag-epv.de Printausgabe: ISBN: 978-3-945725-58-0Die Handlung des Romans ist frei erfunden.

Sollte ein Ereignis oder ein Name im Buch erscheinen, welches bzw. welcher auf jemanden zutrifft, ist das ungewollter Zufall. Die Haftung jeglicher Art wird abgelehnt.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Schafzüchterin

1

„Ich halte das nicht mehr aus, jeden Tag das gleiche Drama, jeden Tag dieser Gestank, denkst du wenigstens einen Moment an unser Kind?“, schrie Maura.

Franz schaute sie hasserfüllt an.

„Du kannst ja verschwinden, nimm den Schreihals gleich mit.“

Er goss sich einen Schnaps ein, kippte ihn in einem Zug hinunter und paffte weiter an seiner Zigarre.

„Das hättest du wohl gerne“, sagte Maura etwas ruhiger, „das könnte dir so passen, aber der Hof gehört immer noch mir. Schafe habe ich schon gezüchtet, bevor ich dich kannte.“

Sie wickelte ihr Baby frisch und legte Mäxchen in seine Wiege. Dann nahm sie ein Messer aus dem Halter und schnitt das Gemüse damit klein.

„Hast du sonst nichts zu tun?“, fragte sie ihren Mann immer noch verärgert.

„Zuerst lese ich meine Zeitung, die Schafe rennen schon nicht davon, ich habe alles unter Kontrolle“, murrte er gereizt.

Maura hatte den etwas abgelegenen Hof mit der Herde Schafe von ihren Eltern geerbt. Sie hatte schon als Kind die meiste Zeit bei den Tieren verbracht. Aber als sie das erste Mal zusah wie ihr Vater ein Schaf geschoren hatte, glaubte sie das würde dem Tier Schmerzen bereiten, sie hatte damals laut geschrien vor Angst.

Ihre Mutter hatte sie beruhigt, ihr erklärt dass die Wolle wieder schnell wächst, genauso, wie ihre Haare auf dem Kopf.

Den Franz Ziller hatte sie beim Dorffest kennengelernt. Franz hatte damals schon getrunken, doch er sah so verführerisch aus, fast wie ein modellierter Adonis. Maura war seinem Charme verfallen, sie war damals sehr einsam, brauchte einen Menschen mit dem sie reden konnte, jemand der ihr Liebe schenkte.

Schon nach der ersten Nacht mit Franz, welche sie voller Leidenschaft auf dem Heuboden verbrachten, war sie schwanger geworden. Deshalb hatte sie ihn wenig später geheiratet. Sie hatte sich sehr auf das Kind gefreut und gehofft, dass ihr Mann sich nun ändern würde.

Neun Monate später, auf den Tag genau, kam der kleine Max gesund zur Welt. Ein unbeschreibliches, warmes Gefühl durchströmte ihr Herz, als die ihr Kind betrachtete.

Aber leider war alles anders gekommen, als Maura es sich in ihren Träumen ausgemalt hatte.

Sie war im Grunde genommen Pazifistin und ein logisch denkende Mensch. Solange ihr Mann trank, riskierte sie es aber nicht, einen Ehevertrag beim Notar aufsetzen zu lassen.

Ich werde ihm das Trinken schon noch abgewöhnen, dachte sie. Aber sie wusste nicht, dass es schon lange zu spät war. Er hatte diese unheimliche, zerstörende Sucht nicht mehr unter Kontrolle. Er wollte es nicht wahrhaben, aber er war abhängig. Die Krankheit Alkoholismus hatte ihn voll im Griff. Dass die Leute schon über ihn redeten, das störte ihn nicht im Geringsten. Er hatte jegliches Schamgefühl samt seinem männlichen Stolz verloren.

Maura stellte nun den Gemüseeintopf auf den Herd, schaute nach, ob alles in Ordnung war mit dem Kind, bevor sie ihr Tagebuch hervor nahm. Da sie niemand sonst hatte, um ihre täglichen Sorgen loszuwerden, schrieb sie auf, was sie bedrückte. Das in Leder gebundenes Buch bewahrte sie in einer kleinen geschnitzten Holztruhe auf. Sie hatte den Schlüssel dazu, oben auf dem Schrank, in der uralten Kaffeemühle versteckt, welche nur noch zur Zierde dort stand.

Arbeit gab es genügend auf dem Hof, es fehlten allerdings ein paar helfende Hände. Maura dachte daran, ein Mädchen einzustellen, das ihr bei der Hausarbeit zur Seite stehen könnte.

„Aber wo finde ich heutzutage eine Magd? Die jungen Dinger haben doch nur Party im Kopf“, redete sie vor sich hin.

Max fing zu weinen an, er hatte Hunger. Schnell eilte Maura zu ihm. Sie nahm ihren Sohn zärtlich an ihre Brust und stillte ihn.

Maura war so glücklich und stolz als Max geboren wurde. Ihr Mann war allerdings nicht bei ihr gewesen, er hatte es vorgezogen ins Wirtshaus zu gehen, wie so oft, um sich volllaufen zu lassen.

Erst am nächsten Tag, nach der Geburt, kam er in die Klinik. Ein flüchtiger Kuss, ein Blick in die Wiege, dann verschwand er wieder, wohin auch immer. Blumen hatte er ihr keine mitgebracht, auch kein „Ich liebe dich“ kam über seine Lippen. Er hielt nicht viel von Sentimentalität. Maura hatte lange ins Kissen hinein geweint. Sie war sehr enttäuscht und verletzt.

Die wahre große Liebe war es bei ihnen von Anfang an nicht gewesen, aber sie hatte Franz trotzdem geheiratet, weil sie auf die Liebe gehofft hatte. Ihr Kind sollte einen Vater haben. Ihre Freunde hatten sie gewarnt, aber sie hatte nicht auf sie gehört.

Da sich Maura immer mehr vor Franz ekelte, hatte sie nun ein Zimmer im Haus für sich allein eingerichtet. Seine Brutalität und den Gestank vom Alkohol, das alles konnte sie einfach nicht mehr ertragen.

Er hatte sie oft wieder bedrängt, aber sie hatte ihn immer von sich gestoßen, aber dann schlug er sie brutal zusammen. Sie hatte oft solche Schmerzen in allen Gliedern, dass sie fast nicht fähig war, die Hausarbeit zu erledigen.

Jede Nacht kam er mit schweren Schritten ins Schlafzimmer, riss ihr das Nachthemd vom Leib ... und benahm sich wie ein irrer Tyrann. Die Zimmertür, welche Maura dann abgeschlossen hatte, trat er mit einem Fußtritt ein.

Sie wehrte sich nicht mehr, sie wollte keine Schläge mehr einstecken, eine andere Lösung gab es für sie nicht. Sie hatte resigniert.

Der Alkohol fing an, sein Hirn zu zerstören, er hatte Gedächtnislücken und das nicht zu knapp.

Maura sagte warnend: „Deine teuflische Alkoholsucht kostet uns noch Haus und Hof, werde doch endlich vernünftig, sonst lasse ich dich in eine Entziehungsanstalt einweisen.“

Das hätte sie besser nicht sagen sollen, denn Franz schlug wieder zu ...

Ihre Tränen vermischten sich mit dem Blut, welches aus ihrer Nase quoll und auf das weiße Laken aus echtem Leinen tropfte.

Am nächsten Tag schien die Sonne, aber Maura nahm es nicht wahr, denn in ihrem Kopf brauten sich merkwürdige Gedanken zusammen.

Sie war auf dem Weg ins Dorf, den Kinderwagen vor sich herschiebend. Vorsichtig nahm sie ihr Kind auf den Arm und betrat den Lebensmittelladen.

Eine hilfsbereite, junge Angestellte fragte:

„Kann ich Ihnen helfen? Was brauchen Sie?“

„Oh, gern, das ist aber nett“, Maura schaute das Mädchen lächelnd an, dann gab sie ihr die Einkaufsliste.

Im Nu war alles beisammen, schon stand der Einkaufskorb an der Kasse bereit.

„Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll, so schnell wurde ich noch nie bedient“, sagte Maura. „Arbeiten Sie schon lange hier? Ich habe Sie noch nie im Laden gesehen.“

„Nein, noch nicht lange, ich habe erst letzte Woche angefangen.“

Die Verkäuferin griff nach dem Korb, nachdem Maura bezahlt hatte und begleitete sie nach draußen.

„Sie mögen Kinder wohl sehr?“

Etwas zurückhaltend bejahte die Verkäuferin die Frage. Maura legte ihren kleinen Sohn in den Kinderwagen, dann verabschiedete sie sich freundlich von dem Mädchen. Auf dem Heimweg fuhr Franz mit dem Fahrrad an ihr vorbei, er grinste nur.

Er war auf dem Weg zum Wirtshaus.

Ihr Herz machte einen erschrockenen Sprung.

„So geht das nicht mehr weiter, das Leben mit ihm wird zur Hölle. Ich hätte ihn lieben können, wenn er mit dem Saufen aufgehört hätte“, flüsterte die junge, hübsche Frau betrübt.

2

Maura bedeckte den Kinderwagen mit einem durchsichtigen Vorhang, damit keine Wespe ihren Max stechen konnte. Sie wollte im Garten arbeiten, das war wieder nötig. Der Regen ließ nicht nur das Gemüse wachsen, sondern auch das Unkraut schoss in die Höhe.

Die Kirschen begannen schon eine rötliche Farbe anzunehmen. Das zauberte ein Lächeln auf ihr trauriges Gesicht. Sie liebte diese Früchte besonders.

Früher gab es noch viel mehr Bäume auf dem Gruberhof. Ihre Mutter hatte die süßen Kirschen sogar auf dem Wochenmarkt verkauft.

Maura erinnerte sich gern an die unbeschwerte Zeit, als ihre Eltern noch lebten.

Etwas müde vom vielen Bücken setzte sie sich nun auf die gemütliche Holzbank und hing ihren Gedanken nach. Sie sah ein paar Rehe am Waldrand stehen. Kaum merklich zuckte wieder ein Lächeln über ihr sorgenvolles Gesicht. Ihre Blicke schweiften über die Wiese, wo ihre Schafe friedlich grasten.

An diesem Tag sah man die Berge sehr gut, sie genoss den traumhaften Ausblick.

„Meine Heimat Tirol ist doch der schönste Ort auf der ganzen Welt“, entfuhr es Maura. Ein wunderschöner Adler zog seine kunstvollen Kreise am blauen Himmel. Er suchte Nahrung für seine Jungen. Der Hahn stieß warnende, aufgeregte Laute aus. Zum Glück hat mein Vater vor langer Zeit, einen Maschendraht über den Platz der Hühner befestigt, sonst würde der Adler die Hennen und Küken packen, dachte sie.

Auch Füchse näherten sich oft in der Dämmerung und schlichen um den Hof.

„Den Tieren kann ich es ja nicht verdenken, auch sie haben Hunger“, sagte sie nun. Ihre eigenen Worte erinnerten sie daran, es war Zeit, das Essen zu kochen.

Sie holte noch rasch die frischgelegten Eier aus dem Stall und fuhr dann mit dem Kinderwagen ins Haus.

Erst am Nachmittag kam ihr Ehemann zu Fuß zurück, sein Fahrrad schiebend. Sie schüttelte den Kopf, als sie sah, dass er an der Stirne blutete, sein Rad sah aus wie eine Achterbahn.

„Ach, nun ist er gestürzt, das wird ihm eine Lehre sein“, murmelte sie.

Franz knallte das Fahrrad an das Scheunentor und kam wankend ins Haus.

„Komm her, ich reinige deine Wunde“, rief Maura, aber er war schon auf dem Weg zum Schlafzimmer, um seinen Rausch auszuschlafen. Er ließ sich einfach auf das Bett fallen, war nicht mal mehr fähig, die dreckigen Schuhe auszuziehen. Maura wollte noch ein paar Sachen im Dorfladen holen, sie hoffte das freundliche Mädchen zu treffen und hatte Glück. Die Verkäuferin war damit beschäftigt, frisches Brot ins Regal zu legen.

Spontan fragte Maura: „Gefällt Ihnen die Arbeit hier?“

„Nicht unbedingt“, war die vorsichtige Antwort.

„Möchten Sie bei mir auf dem Hof helfen?“, fragte Maura nun, „ich bezahle gut.“

Die Augen des Mädchens erhellten sich schlagartig. „Das wäre toll, ... ja, sehr gern.“

Dann senkte sie die Augen, „aber ich habe einen Bruder und muss für ihn sorgen, er hat leider noch keinen Job gefunden.“

Maura überlegte nicht lange: „Das ist ja wunderbar, bei mir gibt es Arbeit genug! Wenn er möchte und etwas von Schafen versteht, kann er gerne mitkommen. Überlegt es euch, ich komme morgen wieder, ... übrigens, mein Name ist Maura Gruber und mein kleiner Engel hier heißt Max.“ Spontan schüttelte sie Linas Hand.

Sie erfuhr, dass die Geschwister in einer Wohngemeinschaft zu Hause wohnten und vom Leben nicht gerade verwöhnt worden waren.

Als Maura nach Hause kam, war Franz in der Küche. Er saß am Tisch, vor ihm stand eine Bierflasche. Er fing sofort zu streiten an: „Verdammt, bekomme ich eigentlich nichts zu essen? Mit leerem Magen soll ich arbeiten, oder was?“

Sie öffnete stillschweigend den Kühlschrank, nahm den Teller heraus, den sie für ihn vorbereitet hatte, stellte ihn kurz in die Mikrowelle, dann auf den Tisch. „Messer und Gabel kannst du dir selber nehmen“, sagte sie ruhig.

Er zog die Schublade am Tisch auf, nahm sich knurrend das Besteck heraus, kaute mit offenem Mund und rülpste ein paar Mal laut.

Sie schwieg angeekelt und hatte Angst, dass er das Messer wieder nach ihr werfen würde, wenn sie den Mund auf machte.

Schnell ging sie hinaus an die frische Luft, damit sie ihn nicht mehr sehen musste. Plötzlich fing Max zu weinen an, er schrie immer lauter.

Maura rannte ins Haus zurück, sie konnte Mäxchen noch im letzten Moment dem Franz aus den Händen reißen. Er hatte das Kind wie ein Wahnsinniger geschüttelt, damit es mit Schreien aufhören sollte, mit dem er jedoch nur das Gegenteil erreichte.

„Bist du von Sinnen, du brichst ihm ja das Genick“, schrie sie aufgeregt. Sie nahm Max in ihre Arme und wiegte ihn beruhigend hin und her, doch der Kleine weinte noch eine Weile, nach dem Schock.

Ich muss einen Ausweg finden und das schnell, dachte sie entsetzt.

3

Die Verkäuferin Lina hatte mit ihrem Bruder Sepp gesprochen.

„Was sollen wir tun? Das Angebot von der Frau Gruber annehmen, oder willst du lieber weiter nach Arbeit suchen?“

„Wir können es ja versuchen. Den Gruberhof, den kenne ich, der liegt weiter oben“, meinte er.

„Gut, abgemacht“, erwiderte seine Schwester, „wenn ich die Frau wiedersehe, sage ich zu.“ Sepp nickte hoffnungsvoll.

Die Freunde in der Wohngemeinschaft werden bestimmt andere Mitbewohner finden, aber wir haben Arbeit und ein Dach überm Kopf, ganz sicher werden wir es gut haben, dachte Lina.

Sie strich mit einer Hand über ihren Bauch, so als wollte sie das Kind trösten, das in ihr wuchs.

Sie hatte einen Mann sehr geliebt und war so naiv gewesen, zu glauben, dass er sie auch liebte. Das tat er nicht, er hatte nur Sex gewollt. Als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, gab er ihr Geld, damit sie ihr Kind abtreiben sollte.

Dann meldete er sich nicht mehr bei ihr. Sie wusste nicht einmal seinen richtigen Namen, denn sie fand den Namen, den er ihr angegeben hatte, in keinem Telefonbuch. Lina konnte sich auch nicht entschließen, zu einem Arzt zu gehen.

„Du bist mein Kind, ich kann dich nicht töten, soll dein Vater doch bleiben, wo er ist“, hatte sie geflüstert und liebevoll mit beiden Händen ihren Bauch gestreichelt. „Ich werde allein für dich sorgen, das verspreche ich dir.“

Auf dem Gruberhof nahm alles seinen ungewöhnlichen, aber dennoch gewohnten Lauf.

Maura hatte Angst vor ihrem brutalen Mann, sie lud das Jagdgewehr und stellte es neben ihr Bett.

Sie stillte Max und legte ihn nachher schlafen.

Sie war fest entschlossen, auf Franz zu schießen, sollte er erneut angekrochen kommen. In ihrer Angst hatte sie keine Sekunde daran gedacht, dass sie somit vorhatte, einen vorsätzlichen Mord zu begehen.

Als hätte Franz etwas geahnt, ging er in dieser Nacht nicht zu ihr. Er nahm ein paar Flaschen Hochprozentiges aus der Vorratskammer und trottete zu den Schafen, um dort auf einem Heuhaufen zu pennen.

Maura hatte am Morgen sofort bemerkt, dass Kirschwasser fehlte, als sie ein Glas selbstgemachte Konfitüre holte.

Er säuft sich zu Tode, der Depp. Wenn es nicht bald geschieht, werde ich nachhelfen, schwirrten ihre Gedanken wie böse Geister in ihrem Kopf herum. Immer wieder sah sie den Franz vor sich, als er das Baby hasserfüllt geschüttelt hatte.

Sie erinnerte sich an das übriggebliebene Rattengift, das im Keller stand, verwarf den mörderischen Gedanken jedoch wieder, den sie hatte.

„Ich habe doch mal in der Zeitung gelesen, dass man die hochgiftigen Blätter von den Maiglöckchen nicht mit denen vom Bärlauch verwechseln soll“, überlegte sie halblaut.

Maura ging wie in Trance in ihren Garten, holte eine gute Portion von den grünen giftigen Blättern und Knospen und pflückte auch Bärlauch, der so fein nach Knoblauch duftete.

Am Mittag würde Franz zwar wohlschmeckenden, jedoch gemischten, vergifteten Spinat und Spiegeleier essen müssen.

Sie schälte noch ein paar Kartoffeln, um ihm dazu noch ein paar Fritten zu servieren.

Er kam, stank nach Stallmist und wie immer, nach Alkohol.

„Du hast mir Pommes gemacht?“, staunte er.

Maura nickte nur. Er nahm das Besteck aus der Schublade und angelte sich eine Bierflasche aus der Kiste, welche immer neben dem Tisch parat stehen musste.

Wortlos stellte sie ihm den gefüllten Teller hin.

Das ist deine Henkersmahlzeit, du elender Idiot, dachte sie.

Dann hob sie Max aus der Wiege, legte ihn sanft in den Kinderwagen, fuhr hinaus und setzte sich vors Haus auf die geschnitzte Holzbank.

---ENDE DER LESEPROBE---