John - Raymonde Graber - E-Book

John E-Book

Raymonde Graber

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Beschreibung

Fußballprofi John Prinion musste wegen eines Unfalls seine Karriere aufgeben und schreibt ein biografisches Buch für seine Fans, die ihn nach wie vor unterstützen. Am Strand von Montpellier trifft der beliebte Star seine Traumfrau, die seinem Leben einen völlig neuen Sinn verleiht. Mit Mia und ihrem klugen Hund bezieht er ein wunderschönes Haus am Meer und übernimmt noch dazu ein Sportartikelgeschäft. Doch bereits während der Umbauarbeiten geschehen Dinge, die keiner erwartet hätte. John trifft einige merkwürdige Leute, enträtselt ein mörderisches Geheimnis und erlebt familiäre Turbulenzen. Stoff, den er in sein Buch einfließen lässt, das sich mehr und mehr zu einem Thrillerdrama entwickelt ...

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Edition Paashaas Verlag

Autorin: Raymonde Graber-Schiltz Cover-Motiv: Isabella Bühring / Filouino Cover designed by Manuela Klumpjan Lektorat: Harry Michael Liedtke, Manuela Klumpjan www.verlag-epv.de Printausgabe: ISBN: 978-3-945725-05-4

Die Handlung des Romans ist frei erfunden.

Sollte ein Ereignis oder ein Name im Buch erscheinen, welches bzw. welcher auf jemanden zutrifft, ist das ungewollter Zufall. Die Haftung jeglicher Art wird abgelehnt.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

John

1

Es war erst fünf Uhr am Morgen, als John am Strand entlang schlenderte. Die Schmerzen, welche ihn am Bein plagten, hatten ihn nicht länger schlafen lassen. Ein Vorteil war, dass er den Sonnenaufgang am Meer genießen konnte.

Am liebsten wäre er etwas schneller gejoggt, aber leider war die Verletzung, welche er sich vor drei Monaten beim Fußballspielen zugezogen hatte, noch nicht ganz verheilt. Wenigstens konnte er nun wieder ohne Stöcke gehen.

Er hätte eine große Zukunft vor sich, hatte der Coach ihm prophezeit.

Man hatte ihm immer zugejubelt, wenn er wieder ein Goal geschossen hatte. Er hatte sich jahrelang in seinem Ruhm gesonnt. Aber man ist schnell weg vom Fenster, jeder Spieler ist ersetzbar. Es hatte keinen Sinn, der Vergangenheit nachzutrauern. Er musste sich damit abfinden, dass es aus war mit Fußballspielen.

Ein Trost war, dass er noch etwas Geld gespart hatte aus seiner Glanzzeit. Er hatte sehr gut verdient in seinem Club.

Im „Hotel Mama“ wohnte er schon lange nicht mehr. Seitdem seine Eltern sich getrennt hatten, ging er seine eigenen Wege. Er hatte eine Wohnung in Frankreich gekauft. Sie lag zwar nicht direkt am Meer, aber auch nicht weit entfernt, und sie war sehr gemütlich ausgestattet.

Seine Mutter Josefa war damals etwas beleidigt gewesen, als er auszog, doch er war bei seinem Entschluss geblieben.

John war nicht der Mann, der sich ein Leben lang bedienen lassen wollte. Er zog es vor, auf eigenen Beinen zu stehen. So hatte es ihn nach Montpellier verschlagen. Dort hatte er früher einige Semester an der Uni studiert. Die Stadt gefiel ihm und natürlich auch das Meer, das hatte er so richtig vermisst.

Nun hatte er mit Schreiben angefangen. Etwas Besseres war ihm nicht eingefallen, um die Zeit totzuschlagen. Die Schriftstellerei würde nun seine Tage ausfüllen – wenigstens so lange, wie sein Bein noch Probleme machte. Er hatte ja eine Menge Fans, welche die vielen Anekdoten lustig finden würden und sein Buch sicher haben wollten. Wer weiß, vielleicht würde es ja ein Bestseller werden. Bei diesem Gedanken musste er grinsen.

Eine Freundin, die ihn bemutterte, hatte er nicht. Aber viele Frauen schrieben ihm Liebesbriefe. Er fand das eigentlich komisch und absurd, da er ja die Damen gar nicht kannte.

Seine Nachbarin hatte ihm freundlich angeboten, beim Putzen zu helfen. Er hatte zugestimmt, zahlte ihr aber einen Stundenlohn, obwohl sie ihm umsonst zur Hand gegangen wäre. Sie war etwas älter als er, auch alleinstehend, aber er wollte nicht, dass sie sich irgendwelche Hoffnungen machte. Darum blieb er auf Distanz.

Er suchte keine Abenteuer, er fand es auch nicht in Ordnung, Frauen mit nach Hause zu schleppen. Die große Liebe war ihm einfach noch nicht begegnet, so blieb er lieber Single.

Als er vom Strand nach Hause kam, ging er zuerst ins Bad. Dann machte er sich ein feines Frühstück. Kochen war ein Hobby von ihm. Wenn er Gäste hatte, rieten ihm alle, er solle Koch werden, die Leute würden ihm die Bude einrennen.

Er stellte den Fernseher an, um das Neueste vom Tage zu sehen, während er genüsslich seine zweite Tasse Kaffee schlürfte.

Der Briefträger klingelte.

„Wie geht es Ihnen denn heute?“

Das fragte er jeden Tag.

Ihm kam ein amerikanische Spielfilm in den Sinn: „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Dankend nahm John seine Post entgegen, wieder waren einige Liebesbriefe von Fans und wie fast immer auch eine Rechnung dabei. Er legte die Briefe zur Seite. Er hatte keine Lust, sie jetzt zu lesen, lieber wollte er an die Arbeit. Wobei, er empfand Schreiben eigentlich nicht als Arbeit. Seit er damit angefangen hatte, schrieb er mit Freude und Begeisterung.

Er haute in die Tasten, so als wenn er das schon immer getan hätte.

Langsam wurde es dunkel. John saß immer noch am Computer. Er schrieb seine Geschichte als Fußballspieler und über sein Leben und seine Wünsche, wie es weiter verlaufen sollte.

Sein Magen knurrte. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen, sondern nur Tee getrunken. John beschloss, Feierabend zu machen und zum Essen ausnahmsweise ins Restaurant zu gehen.

Oben an der Flaniermeile vom Strand hatte ein Mann aus Spanien ein Restaurant neu eröffnet. Das war eine gute Gelegenheit noch mal an die frische, salzige Luft zu kommen. Er zog ein sauberes T-Shirt über und machte sich auf den Weg.

Musik drang aus dem Lokal. Guantanamera. Er kannte das Lied. Seine Mutter hatte es oft gespielt, auf dem alten Plattenspieler. Er war damals noch ein kleiner Junge gewesen. Das Lied war in Mexiko entstanden, eine Art Klagelied, es wurde ein richtiger Ohrwurm, das auch in Spanien und in ganz Europa beliebt war. John summte ein paar Sätze mit.

Yo soy un hombre sincero,

de donde crece la palma,

y antes de morirme quiero

echar mis versos del alma ...

Ich bin ein aufrichtiger Mensch,

von da, wo die Palme wächst,

und bevor ich sterbe, möchte ich

mir meine Verse von der Seele singen ...

Als John ins Restaurant eintrat, kam sofort ein Ober zu ihm, um nach seinen Wünschen zu fragen. Der Kellner zeigte ihm einen leeren Platz in einer kleinen Nische und reichte ihm die Speisekarte. Mehrere spanische Spezialitäten wurden angeboten, er entschied sich für das Carne Guisada. Dieses Gericht hatte seine Mutter immer so fein zubereitet, er liebte es. Sie war in Spanien geboren und hatte etliche Rezepte von Gerichten aus ihrer Heimat von Hand in ein Heft geschrieben.

Er bestellte ein Glas Rotwein dazu, das konnte sicher nicht schaden. Andererseits ... John behielt eigentlich am liebsten immer einen klaren Kopf. Er hatte in der Stadt schon manche Männer gesehen, auf dem Boden sitzend oder liegend, neben sich eine Flasche billigen Rotwein und vor sich eine rostige Büchse, um Geld zu sammeln. Es gab Touristen die etwas Kleingeld hinein warfen, es gab auch Leute, welche den Bettlern ein belegtes Brot schenkten. Mitleid hatte er auch mit solchen Menschen, oft schenkte er ihnen ein paar Euro. Aber, ob diese Betrunkenen jemals ihre Krankheit besiegen würden, das war fraglich. Sich das Gehirn vollzudröhnen, löst auch keine Probleme. Im Gegenteil, die Hirnzellen sterben ab. Er hatte schon zugesehen, wie ein Alkoholiker über eine belebte Straße „gekrochen“ war, da er nicht mehr aufrecht gehen konnte, um sich im Spirituosenladen Nachschub zu besorgen. Der Mann war früher ein angesehener Architekt gewesen. Einfach unverständlich. Niemand wusste genau, warum er so abgestürzt war.

Man wird schneller süchtig, als man denkt, das ist eine bewiesene Tatsache. Auch kann niemand seine Sorgen mit Schnaps ertränken, das ist keine Lösung. Einige schaffen es, vom Alkohol loszukommen, andere gehen daran zugrunde. Es ist sehr schwer, diesen Menschen helfen zu wollen. Aber ganz allein wieder aus dieser Hölle herauszukommen, das schafft fast niemand. Dazu muss man schon einen sehr starken Willen haben, denn es wird Folter pur. Darum sollte man sich fragen: Warum damit anfangen, wenn es nur Schaden anrichtet?

Der Kellner brachte das Essen und wünschte ihm einen guten Appetit. Hm, ja, es schmeckte wie bei seiner Mutter zu Hause. Nun tönte leise aus dem Lautsprecher: „Chanson d'amour“. Der Wirt musste ein Romantiker sein.

Eine junge, sehr hübsche Frau stand plötzlich vor dem Tisch und fragte, ob noch ein Platz frei wäre. Er nickte einladend. Sie gab ihrem Hund den Befehl, sich in die Ecke niederzulegen. Der gehorchte ihr aufs Wort.

Etwas unsicher sah die Frau sich die Speisekarte an, dann fragte sie ihn: „Sorry, was würden Sie mir empfehlen?“

Er sagte, dass das Carne Guisada ihm sehr gut geschmeckt hatte. Sie bedankte sich für den Tipp und bestellte das gleiche Gericht beim Kellner. Sie wechselten noch ein paar Worte über das Wetter, dann verabschiedete sich John. Er wollte noch etwas spazieren gehen.

Zu Hause öffnete er seine Briefe vom Morgen, las sie schnell durch, aber er wollte keine Autogramme mehr verschicken, denn den Fußballberuf hatte er endgültig an den Nagel gehängt.

Ein Brief machte ihm etwas Sorgen. Eine Stalkerin schrieb: „Ich liebe dich und werde dich besuchen.“

Er schüttelte den Kopf über so viel Dreistigkeit, vergaß es aber wieder. Er schaute noch schnell seine Emails durch, Mama hatte wieder geschrieben, nach dem Motto „Junge, komm bald wieder nach Haus“. Er antwortete ihr sofort und erzählte, wie gut er heute gegessen hatte und dass er sie liebe. Es war doch schön, dass seine Mutter Sehnsucht hatte. Er schrieb dass er bald zu Besuch kommen würde.

Die andere Nachricht war von seiner Jugendfreundin Zoe. Sie kannten sich seit dem Kindergarten. Er war ein paar Mal mit ihr ausgegangen, als er noch sehr jung gewesen war. Sie hatten sich geküsst. Sie hatte ihn mit nach Hause genommen, damals waren beide knapp sechzehn Jahre alt gewesen. Dann hatte sie den scheuen John verführt.

Als er Fußballspielen zu seinem Beruf gemacht hatte, vergaß er Zoe fast ganz. Sie schrieben einander nur zum Jahreswechsel ein paar Worte. Nun wollte sie ihre Ferien am Meer verbringen, zusammen mit ihrem Sohn Jimi. Vorher hatte sie nie etwas von einem Sohn erwähnt, sie hatte nur kurz mitgeteilt, dass sie geschieden sei.

Er empfahl ihr ein gutes Hotel in Strandnähe.

Eben wollte er den Fernseher einschalten, da klingelte es an der Tür. Seine Nachbarin hatte eine Flasche Rotwein in der Hand und fragte, ob er ihr beim Öffnen helfen könne. Er konnte, aber sie hereinbitten und mit ihr anstoßen, das lehnte er ab. Er erfand die Ausrede, dass er schrecklich müde sei.

Was war denn heute bloß mit den Damen los. Er zuckte mit den Schultern. Den Krimi im TV wollte er aber noch genießen, bevor er schlafen ging.

Dem Briefträger sagte er am Morgen, er müsse nicht mehr klingeln, denn die paar Schritte zum Briefkasten könne er nun selbst gehen, da seine Verletzung bald ganz geheilt wäre. Der Mann hatte wirklich ein gutes Herz, nicht jeder hätte sich die Mühe gemacht, die Briefe zur Tür zu bringen.

Auch den Lieferdienst vom Lebensmittelgeschäft bestellte er ab, er wollte wieder selbst einkaufen gehen. John fühlte sich nun gesundheitlich gut, er dachte ernsthaft über einen Job nach. Das gesparte Geld aus seiner glanzvollen Fußballzeit würde nicht ewig reichen.

Taxifahrer wurden gesucht ... Das wäre etwas für den Anfang. Er nahm sich vor, bei dem Unternehmen vorbeizuschauen. Den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen, das widerstrebte ihm, er suchte einen Job mit Bewegung und Abwechslung. Ein Sportgeschäft ganz in der Nähe hatte Ausverkauf. Der Mann, der es führte, war schon älter, er wollte wahrscheinlich in Rente gehen. Es war ein altes, aber sehr schönes Haus. John wollte es sich diese Woche noch genauer ansehen. Vielleicht wollte der Mann das Haus ja verkaufen, das Gebäude war genau das was er suchte.

Nun brauchte er noch etwas Meereswind. Für ihn war es das Schönste vom Tag. Einfach gute salzige Luft einatmen, das Meer beobachten, das jeden Tag anders aussah, manchmal wild und tobend und dann wieder ruhig, gleichmäßig wellend oder glitzernd in der Sonne. Die Möwen kreischten und stritten sich um einige Brotkrümel, die jemand für sie ausgeleert hatte auf dem Gehweg. Wenn er früh am Morgen zum Strand ging, fand er manchmal ganz seltene Muscheln, die nahm er mit nach Hause.

An diesem Morgen waren nicht viele Leute unterwegs, es war trüb und der Wetterbericht hatte Regen gemeldet. Eine Frau mit Hund überholte John, sie grüßte freundlich. Verblüfft schaute er sie an. Sie verlangsamte ihren Lauf und sagte: „Ich bin die Tischnachbarin von gestern, das Carne Guisada war lecker!“

Winkend lief sie weiter. John war so in Gedanken versunken gewesen, dass er sie fast übersehen hätte. Er rief ihr einen Gruß hinterher. Er stellte fest, dass sie schöne Beine hatte. Aber was nützt eine gute Figur, wenn das Herz nicht auf dem rechten Fleck sitzt, dachte er. Er kannte die Frau ja nicht, doch er hoffte dass sie sich noch mal begegneten, dann würde er seine Scheu überwinden und mit ihr reden, denn er wollte sie sehr gerne kennenlernen.

Zu Hause schrieb er weiter an seinem Roman. Er war gut gelaunt und irgendwie inspiriert, konnte sich plötzlich gut vorstellen, mit einer Frau zusammenzuleben, oder sogar zu heiraten. Seine Mutter hatte ihn schon oft verkuppeln wollen, aber das hatte nie geklappt.

Plötzlich kam ihm in den Sinn dass sie morgen Geburtstag hatte. Es wäre schlimm, das zu vergessen. Ob sein Vater auch daran dachte? Er machte sich Vorwürfe, dass er sich schon lange nicht mehr bei ihm gemeldet hatte. So rief er einfach an. Eine Frau sagte: „Hallo.“

Als John nach seinem Vater fragte, sagte sie: „Moment bitte, ich hole Herrn Prinion ans Telefon.“

Sein Vater war erstaunt, freute sich dann aber. Nein, den Geburtstag hätte er nicht vergessen, und nein, er würde nicht kommen, sondern seiner Exfrau eine SMS schreiben. John dachte, dass dies auch besser sei, denn seine Eltern würden doch nur streiten und seine Mutter würde wieder weinen.

Am Morgen fuhr er schon früh los, er musste noch ein Geschenk besorgen. Er holte einen Gutschein aus einer Parfümerie und kaufte einen bunten Blumenstrauß. Seine Mutter freute sich, als er ankam, sie strahlte richtig. Sie hatte Freunde eingeladen, eine hübsche Tochter war auch dabei.

Hey, sie will mich doch hoffentlich nicht schon wieder verkuppeln, dachte er. Sie unterhielten sich über alle möglichen Dinge und er erzählte von seinen Plänen. Seine Mutter war entsetzt. Sie meinte, dass Taxi fahren doch gefährlich sei, ein Sportgeschäft wäre sicher eine bessere Idee.

Helene, die Tochter der Bekannten seiner Mutter, flötete, dass sie Verkäuferin gelernt hätte und gerne bei ihm arbeiten würde. John versprach, sich zu melden, falls das mit dem Geschäft klappen und er Hilfe brauchen würde. Helene lächelte in Vorfreude.

Er fand es an der Zeit zu gehen, ihm war etwas unwohl von dem vielen Kuchen, den er gegessen hatte, und auch Helenes Aufdringlichkeit passte ihm nicht so ganz. Seine Mutter umarmte ihn zum Abschied. Sie war happy, sie hatte sich schon längst damit abgefunden, dass ihr Sohn nicht mehr zu Hause wohnte. Das war ja auch nicht mehr zu ändern. Kinder werden halt erwachsen.

Endlich war John wieder bei sich zu Hause angekommen. Er war mit seinem Auto in den Feierabendverkehr geraten, da waren die Straßen immer verstopft und es war anstrengend zu fahren.

Der Briefkasten war wieder gefüllt, dieses Mal lag ein kleiner Teddybär darin mit dem Sticker: „I love you.“ Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Da steigerte sich jemand in eine Obsession hinein ... unfassbar.

Er kochte sich einen Magentee und schrieb noch ein wenig an seinem Roman. Aber er konnte sich schlecht konzentrieren, so ließ er es lieber bleiben.

„Morgen ist auch noch ein Tag“, murmelte er halblaut vor sich hin. Er öffnete noch alle Fenster, er wollte gut durchlüften, bevor er sich hinlegte. Da flog ein Stein in sein Schlafzimmer, fast wäre er getroffen worden. Schnell beugte er sich hinaus, aber er sah nur noch, wie ein Fahrrad schnell um die Ecke bog. Dann schaute er sich den Stein an, ein Herz war mit roter Farbe darauf gemalt. Ein unschöner Fluch kam über seine Lippen. Zuerst der Brief, dann der Teddybär, nun ein Stein.

Er beschloss, etwas dagegen zu unternehmen. Das Ganze wurde ihm nun doch etwas zu blöd.

In der Nacht hatte er einen Alptraum, in dem große Bären ihn angriffen und ihn mit Steinen bewarfen. Er erwachte schweißgebadet. Nun zögerte er nicht mehr, sondern ging zur Polizei. Der Kommissar hörte sich alles an. Er wollte das Haus unauffällig observieren lassen.

John ging danach nicht nach Hause, sondern blieb am Strand und vertrieb sich die Zeit mit einem Buch. Gegen Abend zog es ihn wie magisch zum „Spanier“. Er wollte etwas Leichtes essen und sich bei der Gelegenheit nach der Frau mit den schönen Beinen umsehen. Er kannte ja nicht einmal ihren Namen. Er bestellte das Tagesgericht und ein Wasser. Dann las er noch die Zeitung die der Wirt für seine Gäste dort liegen hatte.

„Guten Abend, Fremder.“

SIE war gekommen.

John faltete sofort die Zeitung zusammen und begrüßte die junge Frau. Er erhob sich, reichte ihr die Hand und stellte sich vor: „Ich freue mich, Sie zu sehen. Mein Name ist John Prinion.“

Sie sagte lächelnd: „Mia Zech, ich freue mich auch.“

Sie bestellte den Fitnessteller beim Kellner. Während sie auf das Essen wartete, erzählte sie von ihrem Vater, bei dem sie zu Besuch war. Dass er endlich mit dem Geschäft aufhören wollte, das er allein geführt hatte seit dem Tod ihrer Mutter. Sie hätte ihm schon lange zugeredet, seinen Lebensabend zu genießen.

Er hörte aufmerksam zu.

„Sie meinen doch sicher das Sportgeschäft unten in der Straße, oder?“, fragte er.

Mia bejahte dies. Nun fragte er, ob ihr Vater das ganze Haus verkaufen wolle, er habe gesehen, dass alles ausverkauft würde.

„Ja, darum bin ich hier, um ihm ein wenig dabei zu helfen“, erwiderte sie und lächelte.

John dachte: „Sie hat das schönste Lächeln der Welt.“ Als er dann sagte, dass er sich für das Haus interessieren würde, machte Mia große Augen. Das war ja ein Zufall. Sie hatte im Internet das Geschäft angepriesen, doch nur ein einziger Mann hatte sich gemeldet, der wollte aber nicht viel bezahlen für das Haus, das immerhin einen guten Schätzwert hatte.

Ihr Vater hatte schon eine Dreizimmerwohnung in Aussicht in der Stadt, ganz in ihrer Nähe. Mia hoffte, dass sie ihm gefallen würde.

Sie verabredeten sich für den nächsten Tag, damit John sich das alte Haus ansehen konnte.

Nach dem Essen gingen sie noch ein Stündchen am Meer entlang, auf der Promenade spazieren. John erzählte von sich, vom Fußballspielen, von den vielen Reisen, die er mit dem Club gemacht hatte, er wunderte sich selbst, dass er ihr so viel preisgab aus seinem Leben, das tat er sonst nie. Mia war eine gute Zuhörerin. Sie lächelte wieder, als sie ihm zum Abschied die Hand reichte.

Zu Hause dachte er die ganze Zeit an Mia, er freute sich darauf, sie wiederzusehen und ihren Vater kennenzulernen.

Am Morgen ging es ihm super, er pfiff ein Lied vor sich hin, währenddem er seine Wohnung putzte und aufräumte. Dann ging er zu dem Sportgeschäft, wie vereinbart. Herr Leon Zech erwartete ihn und Tochter Mia war auch schon anwesend. Zuerst zeigte sie ihm das Grundstück, es war nicht sehr groß. Das Haus war aber freistehend. Hinten befand sich sogar ein kleiner Garten, ein Tisch und ein paar Stühle standen dort im Schatten dreier wunderschöner Palmen. Mia zeigte John alles, vom Keller bis zum Dachboden.

Das Haus faszinierte ihn auf eine seltsame Art.

Nach der Besichtigung setzten sie sich ins Büro und redeten über das Geschäftliche. Es war zum Glück nicht viel Betrieb im Laden. John hatte nicht das Gefühl, dass der Preis zu hoch war. Er wollte aber noch einiges umbauen lassen, bevor er neu eröffnen würde, und einen Freund, einen Architekten, bitten, sich alles anzusehen. Mia brachte Kaffee und feine Croissants. Leon bot das Du an, er meinte, dass sie sich ja nun öfters sehen würden. Ihm gefiel der junge Mann. Er dachte: „So jemand wäre doch der perfekte Schwiegersohn.“

---ENDE DER LESEPROBE---