Die schöne Frau in Nachbars Garten - Patricia Vandenberg - E-Book

Die schöne Frau in Nachbars Garten E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Mein Engel, du bist einfach bezaubernd.« Diese Worte hörte Denise Kilian dicht an ihrem Ohr, als sie in der Schlange an der Kasse des Schreibwarenladens anstand, um zu bezahlen. Gleichzeitig fühlte sie, wie sich ein Arm um ihre Schultern legte und sie jemand nah zu sich heranzog. Empört blickte sie auf und sah in zwei traurige dunkelbraune Augen, tief wie Seen, die zu einem markanten Männergesicht gehörten. »Was erlauben Sie sich?«, zischte sie ärgerlich und wollte sich losmachen. Doch der Griff des Mannes ließ keine Bewegung zu. Ganz im Gegenteil beugte er sich noch näher zu ihr. »Ich flehe Sie an, bleiben Sie an meiner Seite«, flüsterte er ihr ins Ohr und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Sein Blick wanderte dabei zu einer schlanken, todschick gekleideten Frau, die ganz in der Nähe an einem Zeitschriftenständer stand und scheinbar konzentriert das Sortiment prüfte. Ein Mann war bei ihr, den Arm besitzergreifend um ihre Hüfte gelegt. »Da drüben ist meine Frau mit ihrem neuen Freund. Sie hat mich vor ein paar Monaten wegen dieses Schnösels verlassen«, murmelte der Fremde an Denises Seite weiter. Und laut sagte er zu ihr: »Mein Schatz, darf ich dich nachher zum Käfer zum Essen einladen? Immerhin sind wir heute vier Wochen zusammen. Ich möchte mit dir die schönste Zeit meines Lebens feiern.« Demonstrativ sprach er dabei in Richtung seiner Frau. Denise konnte beobachten, wie sich die schicke Dame umdrehte, ein zorniges Funkeln in den Augen.

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Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane – 20 –

Die schöne Frau in Nachbars Garten

Doch Denise ist voller Widersprüche

Patricia Vandenberg

»Mein Engel, du bist einfach bezaubernd.« Diese Worte hörte Denise Kilian dicht an ihrem Ohr, als sie in der Schlange an der Kasse des Schreibwarenladens anstand, um zu bezahlen. Gleichzeitig fühlte sie, wie sich ein Arm um ihre Schultern legte und sie jemand nah zu sich heranzog. Empört blickte sie auf und sah in zwei traurige dunkelbraune Augen, tief wie Seen, die zu einem markanten Männergesicht gehörten.

»Was erlauben Sie sich?«, zischte sie ärgerlich und wollte sich losmachen. Doch der Griff des Mannes ließ keine Bewegung zu. Ganz im Gegenteil beugte er sich noch näher zu ihr.

»Ich flehe Sie an, bleiben Sie an meiner Seite«, flüsterte er ihr ins Ohr und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Sein Blick wanderte dabei zu einer schlanken, todschick gekleideten Frau, die ganz in der Nähe an einem Zeitschriftenständer stand und scheinbar konzentriert das Sortiment prüfte. Ein Mann war bei ihr, den Arm besitzergreifend um ihre Hüfte gelegt. »Da drüben ist meine Frau mit ihrem neuen Freund. Sie hat mich vor ein paar Monaten wegen dieses Schnösels verlassen«, murmelte der Fremde an Denises Seite weiter. Und laut sagte er zu ihr: »Mein Schatz, darf ich dich nachher zum Käfer zum Essen einladen? Immerhin sind wir heute vier Wochen zusammen. Ich möchte mit dir die schönste Zeit meines Lebens feiern.« Demonstrativ sprach er dabei in Richtung seiner Frau. Denise konnte beobachten, wie sich die schicke Dame umdrehte, ein zorniges Funkeln in den Augen. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

»Es scheint zu klappen«, kicherte sie leise, nun doch amüsiert und entschlossen, das Spiel mitzuspielen. Schon lange war in ihrem Leben nichts Aufregendes mehr passiert. Demonstrativ schmiegte sie sich daher an die Schulter des gut aussehenden Mannes. Sie schnupperte nach seinem Parfum. Ein herber, verführerischer Duft. »Sie schaut her. Und sieht aus, als würde Sie sie am liebsten gleich ermorden.«

»Perfekt.« Wieder war sein Mund ganz nah an ihrem Ohr. Denise fühlte, wie sich unwillkürlich ihre Nackenhärchen aufstellten und ihr ein Schauer über den Rücken fuhr. Wann hatte sie ihr Mann, der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Werner Kilian, zum letzten Mal so zärtlich berührt? Sie konnte sich nicht erinnern. »Darf ich Sie küssen?«

Noch ehe Denise antworten konnte, fühlte sie, wie sich zwei samtweiche, angenehm trockene Lippen zart auf ihren Mund legten. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Unwillkürlich schloss sie die Augen und genoss das angenehme Prickeln, das ihr über die Haut rann. Gleichzeitig hasste sie sich dafür, dass ihr die Berührungen des Fremden so viel Vergnügen bereiteten. Nicht einen einzigen Gedanken verschwendete sie daran, dass sie gesehen werden könnte. Diese Möglichkeit kam ihr gar nicht in den Sinn. Denise schwelgte in Glücksgefühlen, die jäh vertrieben wurden, als sich der Fremde abrupt von ihr löste. »Und weg ist sie.« Irritiert öffnete sie die Augen und sah über die Schulter, wie sich die Ladentür hinter der fremden Frau und ihrem Begleiter schloss. »Schade«, entfuhr es Denise. Beinahe sofort schoss ihr vor Scham eine heiße Röte ins Gesicht. Der Mann betrachtete sie und lachte freudlos.

»Wenn ich nicht so leiden würde, könnte ich mich glatt in Sie verlieben«, bemerkte er trocken und rückte ein Stück von ihr ab. Er sah sie aufmerksam an. Erst jetzt wurde Denise bewusst, dass sie noch die Kleider von der Gartenarbeit trug. Eine alte karierte Flanellhose und einen unscheinbaren, an den Bündchen ausgeleierten grauen Pullover. Augenblicklich schämte sie sich noch mehr.

»In mich? Gegen Ihre Frau bin ich doch nur ein unscheinbares Mauerblümchen.«

»Sie sind süß. Ich finde Sie wirklich reizend«, widersprach der Mann ohne rechte Überzeugung. »Ach, da fällt mir ein, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Winter. Gerhard Winter.«

Denise sah ihn verwundert an. Wie konnte ein gut aussehender Mann wie er einen so gewöhnlichen Namen tragen? »Denise Kilian«, stammelte sie. Seine Nähe verwirrte sie immer noch. »Was für ein hübscher Name. Genauso hübsch wie Sie. Vielen Dank für Ihr Entgegenkommen.« Gerhard griff in die Sakko-Tasche. »Hier ist meine Karte. Rufen Sie mich an, damit ich mich mit dem versprochenen Essen revanchieren kann.« Er drückte ihr die Visitenkarte in die Hand.

»Aber das ist doch nicht nötig. Es war mir ein Vergnügen.« Denise hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Was redete sie nur für dummes Zeug? Schließlich war sie eine verheiratete Frau mit zwei fast erwachsenen Kindern. Wo war ihr Anstand geblieben? Gerhard lachte. »Ganz meinerseits.« Er sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt los. Und falls Sie es sich doch noch anders überlegen, freue ich mich.« Er winkte ihr zu und war fort.

Gleich darauf kam die Reihe an Denise. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte die Verkäuferin.

»Wie bitte? Was?«

»Was wünschen Sie?«, wiederholte die Frau hinter dem Tresen ungeduldig. An diesem Samstagvormittag herrschte großer Andrang in dem Schreibwarengeschäft. Gedankenlose Kunden waren da ein einziger Störfaktor. Denises schlechtes Gewissen war riesengroß, als sie die Briefumschläge, Kugelschreiber und Paketpapier über den Tresen schob. »Tut mir leid.« Während die Verkäuferin die Preise in die Kasse tippte, versuchte sich, Denise zu konzentrieren. Was hatte Werner ihr noch aufgetragen? Sie hatte noch etwas besorgen sollen. Nicht aus dem Schreibwarenladen. Doch was war es gewesen? »Acht Euro und zwölf Cent.«

Denise konnte sich nicht erinnern und schob den Gedanken beiseite. Sie bezahlte und nahm wortlos die Tüte entgegen, die ihr die Verkäuferin reichte. Als sie das Geschäft verließ, ging sie wie auf Wolken. Gleichzeitig schämte sie sich, wie glücklich und zufrieden sie sich auf einmal fühlte.

Fassungslos starrte Arne Nagold seine Frau Margit an. Sie saß ihm gegenüber am Tisch und wich seinem Blick aus. Demonstrativ starrte sie an ihm vorbei aus dem Fenster, wo sich ihre kleine Tochter Chrissi am Gartenzaun mit dem Nachbarn unterhielt. Margit hatte den mürrischen alten Mann mit der Gärtnerei nie leiden können. Sie kaufte ihre Blumen stets woanders. Aber Chrissi schien anderer Meinung zu sein. Ihr kleines Gesicht strahlte.

»Es ist dein Ernst, nicht wahr?« Arnes Stimme war heiser, als er seine Frau aus ihren Gedanken holte. Margit atmete tief ein, als schöpfe sie aus der Luft Mut. »In der Zeit, die mir noch bleibt, will ich einfach nur leben. Das tun, was mir Spaß macht, was ich schon immer wollte.«

»Aber ist sich dein Arzt denn wirklich sicher, dass es Krebs ist?«

Margit zog die Stirn kraus. »Du tust es schon wieder.«

»Was denn?«

»Immer willst du andere davon überzeugen, dass du recht hast. Alle sind inkompetent. Nur du, du hast die Weisheit mit Löffeln gefressen und weißt immer genau, was zu tun ist.« Ihre Antwort war heftiger, als sie beabsichtigt hatte. Arne schwieg betroffen. Eine Weile war nur Chrissis munteres Geplauder zu hören.

»Du willst das alleine durchstehen«, stellte er schließlich vorsichtig fest, um nur ja nicht wieder einen Fehler zu machen. Seine Frau befand sich in einem seelischen Ausnahmezustand. Er musste behutsam mit ihr umgehen. Aber Margit funkelte ihn wütend an.

»Ich will endlich leben, verstehst du? Ohne deine ständigen Bevormundungen. Das tun, wonach mir der Sinn steht, ohne mir unentwegt deine Gegenvorschläge anhören zu müssen. Das ist mein größter, innigster Wunsch.« Sie erhob sich so abrupt, dass der Stuhl umfiel.

Dieses Geräusch zerriss Arnes Leben endgültig wie ein scharfer Messerschnitt.

»Und Chrissi? Nimmst du sie mit?«, fragte er heiser.

Margit sandte einen schmerzlichen Blick hinaus in den Garten. Langsam schüttelte sie den Kopf.

»Nein. Sag ihr erst mal, ich bin verreist. Bei Bekannten. Ich brauche ein wenig Ruhe wegen der Krankheit. Die Wahrheit sagen wir ihr Stück für Stück. Wenn es überhaupt nötig sein sollte.«

Arne wollte nicht widersprechen, um Margit nicht noch mehr gegen sich aufzubringen. Auch wenn er nicht wusste, wie es weitergehen sollte, gab er sich geschlagen.

»Also gut. So machen wir es.« Und nach einem Moment der Stille: »Was hast du jetzt vor?«

Margit haderte kurz mit sich. Wollte sie ihr weiteres Leben noch mit diesem Mann teilen? Seine erschütterte Miene machte sie weich.

»Ich habe ein lukratives Angebot aus München. Eine Rolle in einer Fernsehserie.«

Arne machte große Augen. »Ist das der Grund, warum du gehst? Willst du endlich die langersehnte Karriere machen?«, fragte er entsetzt. »Ist dir das wichtiger als deine Familie?«

Margit betrachtete ihn mit ihren großen blauen Augen. Auf einmal sah sie unendlich traurig aus.

»Du hast nichts verstanden. Noch nie.« Damit wandte sie sich ab und ging nach oben, um zu packen. Wenig später verließ sie das Haus. Chrissi und Arne standen Hand in Hand in der Tür und sahen ihr nach. »Mama ist krank und muss sich erholen. Nicht wahr, Papa?«, fasste das Mädchen voller Verständnis das vorangegangene Gespräch zusammen. Arnes Kehle zog sich zusammen vor Schmerz. Sein Herz war ein harter Klumpen, schwer wie Blei.

»Ja, meine Kleine, so ist es«, antwortete er heiser. Mehr konnte er nicht sagen. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er keine Lösung parat.

*

Das Lachen sollte der Hausfrau und Mutter Denise Kilian nach ihrem Erlebnis im Schreibwarenladen bald wieder vergehen. Als sie gedankenverloren nach Hause zurückkehrte, empfing sie ein heiliges Durcheinander. Die Fahrräder der Kinder lagen vor der Garageneinfahrt, und der Hund hatte die jungen Setzlinge, die sie Stunden zuvor erst gepflanzt hatte, wieder ausgegraben.

»Was soll das, Jasper?«, rief Denise außer sich vor Ärger und Enttäuschung. Der Garten war ihr großes Hobby, ihre einzige Leidenschaft, die sie sich neben Kindern, Haushalt und der Versorgung ihres Mannes gönnte. »Bettina, Thomas, habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt die Räder in die Garage räumen und auf den Hund aufpassen?« Sie unterdrückte ein Stöhnen, als sie die Tür aufschloss und dabei direkt ihrer Schwiegermutter in die Arme lief. Die Wirklichkeit hatte sie unweigerlich wieder.

»Hast du mir meine Tropfen aus der Apotheke besorgt?«, fragte Agathe unfreundlich statt einer Begrüßung. Denise seufzte.

»Tut mir leid, die Apotheke war schon geschlossen.«

Die ältere Dame musterte ihre Schwiegertochter durchdringend. »Was? Aber es ist doch erst kurz vor zwölf.«

Denise wusste, dass sie recht hatte. »Trotzdem.«

»Was ist mit dir? Du bist so durcheinander?« Agathe entging nichts.

Denise wand sich vor Verlegenheit und suchte krampfhaft nach einer Erklärung, als ihr beinahe erwachsener Sohn Thomas zu Hilfe eilte. »Hey Mum, hast du Müsli besorgt? Und die Briefe zur Post gebracht? Den Rasen gemäht und das Auto gerichtet?«, fragte er sie mit einem verschwörerischen Augenzwinkern, das Denise erleichtert erwiderte.

»Ich war nur schnell im Schreibwarenladen.«

»Was? Ist das alles?« Thomas’ Tonfall war scheinbar vorwurfsvoll. Agathe erkannte Thomas’ Sarkasmus nicht. Sie verzog zufrieden die Lippen. »Meine Rede. Du bist einfach schlecht organisiert, meine Liebe. Das hätte ich mir damals nicht erlauben dürfen. Aber ihr jungen Leute habt ja so ein schönes Leben. Da ist Planung nicht mehr nötig.« Sich ihrer Spitze wohl bewusst, mied sie den Blick ihrer Schwiegertochter. Denise schluckte ihren Ärger hinunter. »Thomas, fährst du für Oma in die Apotheke und holst ihre Tropfen?«, machte sie einen versöhnlichen Vorschlag und legte die Tüte mit den Schreibwaren auf die Anrichte. Thomas verdrehte die Augen. »Ich war schon beim Fußballspielen. Das war harte Arbeit genug.«

»Da sieht man mal. Das habt ihr jungen Leute nun von eurer modernen Erziehung«, schimpfte Agathe ärgerlich und wandte sich ab.

Als sie die Tür lautstark hinter sich zugeworfen hat, lächelte Denise ihren Sohn dankbar an.

»Vielen Dank für deine Hilfe. Manchmal denke ich, du bist der Einzige in diesem Haus, der mich versteht.« Sie betrachtete ihn zufrieden. Er war eine gelungene Mischung aus Vater und Mutter, wie sie fand. Die schlanke Figur, das widerspenstige blonde Haar, das immer in alle Richtungen abstand und die blitzblauen Augen machten ihn zu einem begehrten Objekt in der Mädchenwelt, das jetzt den Arm um ihre Schultern legte. »Oma ist gut zu Fuß. Ein biss-chen Bewegung schadet ihr nicht. Ganz im Gegenteil. Und du darfst dir das hier alles nicht so zu Herzen nehmen, Mama. Versuch doch mal, dein eigenes Leben zu leben. Geh aus, hab Spaß, unternimm was mit Freundinnen. Dann kannst du deine Familie mit viel mehr Gleichmut ertragen.« Seine Stimme war warm und freundlich.

Denise dachte nach. Freundinnen hatte sie schon seit Jahren nicht mehr. Seit Werner in ihr Leben getreten war, hatte sich zuerst alles nur um ihn und schließlich um die Kinder und seine Mutter gedreht. Daran hatte sich nichts mehr geändert. Bis jetzt. Auf einmal erschien ihr ihr Erlebnis im Schreibwarenladen wie ein Wink des Schicksals. »Stell dir vor, was mir vorhin passiert ist …«, wollte sie eben ein vertrauliches Gespräch mit ihrem Sohn beginnen, als sie von einem Schrei aus dem oberen Stockwerk unterbrochen wurde.

»Mamaaaa, wo ist mein schwarzer Minirock? Ich kann ihn einfach nicht finden.«

Denise seufzte.

»Wahrscheinlich in der Wäsche«, antwortete sie ihrer halbwüchsigen Tochter.

»Seit vier Wochen? Wieso tust du mir das an? Du weißt genau, dass das mein Lieblingsstück ist.« Bettina erschien in der Küchentür. Ihr hübsches Gesicht war kreidebleich vor Zorn. Auf diese Gelegenheit schien Agathe nur gewartet zu haben. Scheinheilig lächelnd gesellte sie sich wieder zu ihnen, um den Grund für den Ärger ihrer Enkelin zu erfahren. »Und was soll ich heute auf die Gartenparty anziehen?«

»Na komm, das wird sich schon finden. Zur Not wasche ich den Rock gleich mit der Hand durch. Und bis zum Nachmittag ist er trocken.« Denise öffnete den Kühlschrank. »Wo sind denn die Pralinen geblieben, die ich für die Mutter deiner Freundin gekauft habe? Als Mitbringsel.«

Bettina und ihre Großmutter warfen sich Blicke zu.