Die Schwarzen und die Weißen - Anja Buchmann - E-Book

Die Schwarzen und die Weißen E-Book

Anja Buchmann

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Beschreibung

Joliandas Dorf wird des Nachts vom Namenlosen Grauen überfallen. Sie scheint wie alle anderen Bewohner dem Tod geweiht. Als Matt in diese Katastrophe katapultiert wird, glaubt er zunächst an einen Traum. Doch er begreift den Ernst der Lage und rettet Jolianda und sich vor dem sicher scheinenden Tod. Gemeinsam mit ihr beschließt er, Terra vor den Monstern zu retten. Die Weißen, gottähnliche Wesen, sind ihre einzige Hoffnung. Eine lange Reise durch Terra beginnt. Ein Fantasyabenteuer für Leser ab 10.

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Seitenzahl: 72

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Inhaltsverzeichnis

DIE SCHWARZEN UND DIE WEIßEN

ERDE – Sommer 2012

TERRA – Sommer 2078 (nach der Erd-Zeitrechnung)

ERDE – Sommer 2012

TERRA – Sommer 2078

ERDE – Sommer 2012

ERDE – Sommer 2078

TERRA – Sommer 2078

TERRA – Frühjahr 2080

TERRA – Zwei Mondzyklen später

DIE STADT DER WEIßEN

DIE INSEL DER ERKENNTNIS

DIE AUTORIN

Impressum

DIE SCHWARZEN UND DIE WEIßEN

Ein Fantasyabenteuer

von

Anja Buchmann

ERDE – Sommer 2012

»Na, Matthias, ist doch gar nicht so schlecht hier, oder?«

Warum konnte seine Mutter ihn nicht Matt – amerikanische Aussprache bitte –, oder Matze nennen? Wenn sie ihm schon so einen Namen ausgesucht hatte, konnte sie ihm wenigstens diesen Gefallen tun. Aber es ging sowieso nie nach ihm, die Tatsache, dass er jetzt hier durch den Thüringer Wald wandern durfte, statt am Strand von Mallorca Spaß zu haben, war der beste Beweis dafür.

Er verkniff sich einen bissigen Kommentar, murmelte nur: »Geht so.«

Seine Mutter hatte ihre Aufmerksamkeit glücklicherweise schon wieder seinem Vater zugewandt und ging nicht weiter darauf ein.

Missmutig kickte er einen Ast aus dem Weg. So hatte er sich seine Sommerferien nicht vorgestellt.

Auf den Beistand seiner großen Schwester hatte er diesmal nicht setzen können. Diese hatte ihre Eltern nämlich davon überzeugen können, dass sie mit ihren achtzehn Jahren alt genug war, um alleine in den Urlaub zu fahren. Jetzt waren sie und ihre Freundinnen in Rimini; Sonne, Strand und Party statt Bäume, Wandern und Eltern.

Nicht, dass er es Tascha, die eigentlich Natascha hieß, nicht gegönnt hätte. Ihre Abwesenheit machte den Urlaub jedoch noch unerträglicher. So wenig sie im Alltag miteinander unternahmen, im Urlaub war es stets besonders gewesen. Da hatte es Kissenschlachten gegeben und Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Duelle, die bis tief in die Nacht dauerten.

Diesmal würden die Abende in dem kleinen Ferienhäuschen sicher lang werden. Nicht einmal einen Fernseher gab es. Gestern hatte er dies noch nicht zu spüren bekommen. Als sein Vater den Familien-Volvo auf den Stellplatz lenkte, war es kurz vor Mitternacht gewesen. Nun, wenn ihm seine Eltern zu sehr auf den Geist gingen, würde er halt freiwillig ins Bett gehen. Lieber wollte er in seinem Minizimmer im Spitzboden hocken, als mit seinen Eltern Scharade zu spielen.

Gegen Mittag erreichten sie das erste Etappenziel der heutigen Wanderung, eine Baude irgendwo im Nirgendwo. Im Grunde genommen war es nur ein stinknormaler Imbiss, doch nach der körperlichen Anstrengung schmeckte ihm die Thüringer Bratwurst ausnehmend gut.

Am Nachmittag gab es dann eine positive Überraschung für ihn. Erst wollte er die Sommerrodelbahn als Kinderkram abtun, doch dann machte es ihm so viel Spaß, dass seine Eltern ihn nicht überreden mussten, eine zweite und dritte Abfahrt zu wagen.

In Hochstimmung bewältigte er die letzten drei Kilometer bis zum Stellplatz des Autos.

Schon auf dem Rückweg zur Ferienwohnung fielen ihm die Augen zu. »Das macht die frische Luft«, sagte seine Mutter.

In der Nacht schlief er tief und fest.

Als Matt am Morgen aufwachte, vernahm er sogleich das Trommeln des Regens auf dem Dach. So ein Mist, schlechtes Wetter!, dachte er. Seine Lust, über aufgeweichte Wanderwege zu trampeln, ging gegen Null. Am liebsten hätte er sich die Decke über den Kopf gezogen und den ganzen Tag verschlafen. Als seine Mutter zum Frühstück rief, quälte er sich dennoch aus dem Bett. Der Duft der Pfannkuchen war einfach zu verführerisch.

Sein Vater schaffte es, ihm selbst diesen Genuss zu vermiesen. »Ich war kurz draußen«, sagte er, »und es sieht nicht so aus, als würde der Regen bald aufhören. Was haltet ihr davon, wenn wir uns für heute das Bergbau-Museum vornehmen?«

»Museum, muss das sein?«

»Ach, komm schon, Matthias, zum Museum gehört ein alter Bergbaustollen. Den kann man besichtigen. Das ist bestimmt interessant.« Das kam von seiner Mutter.

Er wusste, gegen die vereinte Front seiner Eltern konnte er nicht bestehen, also rang er sich ein halbwegs enthusiastisches Nicken ab und hoffte, die Zeit würde schnell vergehen. Immerhin konnte er auf der Autofahrt dorthin Musik hören. Zumindest, wenn er sich bei der Senderwahl durchsetzen konnte.

Sein mp3-Player hatte er zu Hause lassen müssen, genauso wie sein Handy und seinen Nintendo. Er hatte also nichts, womit er sich die Zeit vertreiben konnte. Mal so richtig ausspannen ohne diese elektronischen Ablenkungen, so hatten seine Eltern es genannt. Sein Vater hatte sein Smartphone natürlich mitnehmen dürfen. Für den Notfall, hatten sie gesagt. Matt fragte sich, wo der Notfall war, der seinen Vater am Frühstückstisch Mails checken ließ. Er sagte nichts, schließlich musste er es noch fast zwei Wochen mit seinen Eltern aushalten. Da wollte er nicht gleich am zweiten Tag für schlechte Stimmung sorgen.

Für miese Stimmung schien ohnehin das Wetter zuständig zu sein. Wenn ihn seine Ohren nicht trogen, hatte der Regen sogar noch zugenommen. Auf Mallorca wäre ihnen das sicher nicht passiert.

Das Museum war ein Reinfall, der Stollen wegen Einsturzgefahr geschlossen. Außerdem hatte der Nachrichtensprecher des regionalen Radiosenders verkündet, ihnen stünden auch in den nächsten Tagen ergiebige Regenfälle bevor. Na toll, noch mehr Museen!

Es war noch früher Nachmittag, als sie in die Hütte zurückkehrten. Er konnte also nicht einfach ins Bett verschwinden. Er setzte sich auf einen Küchenstuhl und starrte aus dem Fenster. Nebenbei schob er sich den Inhalt einer halben Tüte Chips in den Mund.

»Matthias, hör auf aus Langeweile zu essen. Wenn dir langweilig ist, können wir gerne was spielen.« Der Vorschlag kam von seiner Mutter.

»Nein danke.«

»Ich dulde nicht, dass du so ein Gesicht ziehst und nachher wieder behauptest, wir hätten Schuld, dass der Urlaub öde war.«

Wann hatte er das je behauptet? Gerne hätte er ihr widersprochen, kam nicht dazu, denn sie hatte schon einen neuen Vorschlag parat. »Du könntest was lesen.«

»Hab kein Buch eingepackt.«

»Dann ist es ja gut, dass ich eins für dich mitgenommen habe. Natascha hat dir doch dieses Fantasy-Buch zum Geburtstag geschenkt, das habe ich dir in deinen Koffer getan.«

Er ging, es zu holen. Gerne wäre er einfach sitzen geblieben und hätte sich in seiner Langeweile gesuhlt, doch bei seiner Mutter galt das gleiche Prinzip wie bei den Borg: Widerstand ist zwecklos! Wenn er so tat, als läse er, würde sie ihn hoffentlich in Ruhe lassen.

Er war kein begeisterter Leser, viel lieber spielte er Computer oder sah fern. Er konnte nicht verstehen, wie seine Schwester ganze Wochenenden damit zubringen konnte, ihre Nase in Bücher zu stecken. Zumindest konnte er hoffen, dass das Buch nicht allzu schlecht war, Tascha hatte es schließlich ausgesucht. Die wenigen Bücher, die er, abgesehen von der Schul-Pflichtlektüre, in seinem Leben zu Ende gelesen hatte, waren Empfehlungen von ihr gewesen.

Das Buch lag unten im Koffer. Jetzt, da er alle Sachen schon mal rausgeholt hatte, konnte er sie genauso gut ins Regal stapeln. Danach machte er sein Bett, obwohl er schon bald wieder hineinklettern würde. Wenigstens hatte er so etwas Zeit totgeschlagen. Danach gab es nichts mehr zu tun. Er schnappte sich das Buch und ging nach unten.

Er setzte sich in den bequemsten Sessel und schwang die Beine über die Armlehne. Er klappte das Buch auf und begann zu lesen:

Jolianda fluchte. Schon wieder war sie gestolpert. Etwas Wasser schwappte aus dem Eimer. Ihre Füße und der Saum ihres Kleides waren inzwischen klitschnass. Hoffentlich war der Bottich bald voll. Warum musste immer sie den Wäscherinnen zu Hand gehen? Ihre Brüder durften auf die Jagd gehen, sie hingegen musste innerhalb des eingefriedeten Dorfes bleiben. Noch nie hatte sie zum Tor hinausgehen dürfen. Und das alles nur, weil sie ein Mädchen war. Sicher, sie lebten in einem Land voller Gefahren, die Männer riskierten ihr Leben täglich. Die Frauen jedoch wurden hinter den hölzernen Palisaden eingesperrt.

Als sie mit ihrer Arbeit fertig war, ging sie zu ihrer Mutter ins Haus. Diese hatte schon begonnen, das Abendessen zuzubereiten. Wieder würde es nur Getreidebrei geben. Die Männer hatten schon lange kein Jagdglück mehr gehabt. Die einzige Abwechslung auf dem Speiseplan waren die Kräuter, die innerhalb der Mauern des Dorfes wuchsen. Es war Sommer, bis zur nächsten Getreideernte war es glücklicherweise nicht mehr lange, denn die Vorräte waren fast erschöpft. Viel bauten sie nicht an, denn der Boden war karg. Wild machte immer ein Großteil ihrer Nahrung aus.

Früher, so erzählten die Alten, hatte es Fleisch im Überfluss gegeben. Dann waren die Monster aufgetaucht. Seitdem mussten die Jäger länger fortbleiben und kehrten selbst dann bisweilen mit leeren Händen zurück.

Es waren die Monster, die Jolianda und die anderen Frauen des Stammes zu einem Leben hinter den Mauern verdammten. Sie konnte nicht verstehen, warum man Frauen nicht die Handhabung von Waffen lehrte, damit sie sich selbst gegen die Monster verteidigen konnten. Warum sollten sie es den Männern nicht gleichtun, statt wie wehrloses Vieh eingesperrt zu sein? Was wäre, wenn einmal ein Angriff auf das Dorf erfolgte, während ein Großteil der Männer auf der Jagd war?

Nicht, dass das Tragen einer Waffe viel bringen würde, wenn man sich einem Monster gegenübersah. Noch nie hatte jemand die Begegnung mit einem der Ungeheuer überlebt. Die Männer verschwanden spurlos. Meist waren es ein oder zwei pro Jahr, die dieses Schicksal erlitten. Bisweilen fand man blutverschmierte Teile ihrer Kleidung oder eines ihrer Schmuckstücke, meist gab es überhaupt keine Spuren. In diesem Jahr waren sogar schon drei Männer verschwunden und das, obwohl gerade erst Sommer war.

Obschon keiner der Erwachsenen darüber sprach, wusste sie dennoch, wie tief beunruhigt sie alle waren. Jeder fragte sich, wie schlimm es noch werden würde. Wie lange würde der Stamm noch gegen die Monster bestehen können?